Seminararbeit High-Frequency Trading and Probability Theory

Seminararbeit High-Frequency Trading and Probability Theory anhand des gleichnamigen Werkes von Zhaodong Wang und Weian Zheng Florian Ostendorf 4. Fe...
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Seminararbeit High-Frequency Trading and Probability Theory anhand des gleichnamigen Werkes von Zhaodong Wang und Weian Zheng

Florian Ostendorf 4. Februar 2018

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Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort

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2 Einleitung 2.1 Markt¨ ubersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 2

3 Grundlegende HFT Strategien 3.1 Arbitrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Einfaches Beispiel und Risiken . . . . 3.1.2 Typen von Spread-Ordern . . . . . . 3.1.3 Anwendung von Arbitrage . . . . . . 3.1.4 Optimierung der Orderdurchf¨ uhrung 3.1.5 Durchf¨ uhrung in der Praxis . . . . . 3.2 Ticker Tape Trading . . . . . . . . . . . . . ¨ 3.2.1 Uberpr¨ ufung der Signale . . . . . . . 4 Modelle fu ¨ r den Preisprozess 4.1 Martingale . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Zeitreihenanalyse . . . . . . 4.1.2 Beispiel f¨ ur das Handeln mit 4.2 Stationarit¨at und Ergodizit¨at . . .

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. . . . . . . . . . . . . . Indikatoren . . . . . . .

5 HFT eines einzelnen Assets 5.1 Stochastisches Intelgral . . . . . . . . . . 5.2 Konvergenz des logarithmischen Returns 5.2.1 Praxisbezogene Anmerkungen . . 5.3 Sharpe-Ratio-Test f¨ ur HFT . . . . . . .

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Vorwort

Meine Arbeit basiert im Wesentlichen auf dem Buch ”High-Frequency Trading and Probability Theory” [5] und ist in zwei große Abschnitte gegliedert. Der erste Teil soll einen kurzen Einblick in den chinesischen Futuresmarkt geben, auf dem auch meine Quelle basiert. Danach bespreche ich Arbitrage und Ticker Tape Trading, zwei wichtige Handelsstrategien f¨ ur HFT, und eine m¨ogliche Umsetzung. Der zweite Teil geht mehr auf den mathematischen Kern des Themas ein. Zuerst werden m¨ogliche Modellierungen f¨ ur den Preisprozess aufgez¨ahlt und kurz vorgestellt. In der Folge wird anhand der aufgebauten Theorie die Existenz einer Arbitragestrategie mit nur einem Asset gezeigt. Zum Schluss beschreibe ich eine Art, wie man das Risiko seines Portfolios beurteilen kann.

2 2.1

Einleitung Marktu ¨ bersicht

In den Anwendungen dieser Arbeit wird der Handel von Futures an einer der vier chinesischen Future-B¨orsen betrachtet. Ein Future ist ein Vertrag, welcher den K¨aufer, sowie den Verk¨aufer verpflichtet, Ware oder ein Finanzinstrument zu einem zu Beginn bestimmten Zeitpunkt und Preis zu kaufen bzw. verkaufen.[2] Futurevert¨age haben immer eine festgelegte Laufzeit. Beispielsweise ist der CSI 300 Future ein Aktienindex, welcher aus 300 Aktien besteht, eine Laufzeit von 3 Monaten aufweist und am dritten Freitag des Monats ausl¨auft. Handelszeiten an den chinesichen B¨orsen sind meist von 9:15 bis 11:30 und 13:00 bis 15:15. Jeder Handelstag beginnt mit einer Auktion um einen passenden Er¨offnungspreis zu ermitteln: Nachdem alle Teilnehmer ihre Kauf- und Verkaufspreise abgegeben haben, wird jener Preis gew¨ahlt, welcher die meisten Handelsm¨oglichkeiten bietet. Im Anschluss startet der kontinuierliche Handel. Nach der Abgabe einer Order wird diese durch die B¨orse gepr¨ uft. Im Falle einer ung¨ ultigen Order erh¨alt der betreffende Teilnehmer eine Nachricht u ber den Abbruch. Andernfalls wird eine passende Gegenorder ¨ gesucht und der Handel durchgef¨ uhrt. Ist keine vorhanden oder kann die Order nicht zur G¨anze ausgef¨ uhrt werden, wird die Order in das Orderbuch eingetragen. Es gibt zwei Orderb¨ ucher: eines f¨ ur Kauf- und eines f¨ ur Verkauforder. Jede Order verbleibt im Orderbuch bis sie durch den Marktteilnehmer zur¨ uckgezogen wird oder eine passende Gegenorder gefunden wird. Die Priorit¨at beim Abgleich der B¨ ucher liegt erst auf dem Preis und in der Folge auf dem Eintragungszeitpunkt. Die Marktdaten werden von allen chinesischen Future-B¨orsen im 0,5 Sekunden Takt an die Marktteilnehmer ausgesendet. Das heißt alle Marktbewegungen, die nach der letzten Aussendung eingetreten sind, werden gesammelt in der n¨achsten halben Sekunde ¨ bereitgestellt. Die Ubermittlung der Daten findet im Broadcast-Modus statt, wobei die B¨orse ihre Nachrichten an alle Teilnehmer sendet. Weiters gibt es den Dialogmodus, u ¨ber den private Nachrichten, wie Orderaufgabe, -abbruch und die darauffolgenden Antworten durch die B¨orse, gesendet werden. Im Falle eines Verbindungsabbruchs des Teilnehmersystems k¨onnen Nachrichten im Dialogmodus nicht wiederhergestellt werden. Daher gibt es noch einen dritten Modus, den privaten Modus, in dem nur Nachrichten bez¨ uglich 2

der Order und Handelsdurchf¨ uhrungen der B¨orse u ¨bermittelt werden k¨onnen. Durch eine Nummerierung k¨onnen diese Nachrichten wiederhergestellt werden. Um die Wahrscheinlichkeit von Zahlungsunf¨ahigkeiten zu verringern wird die ”Mark to Market” Regel angewandt. Hierf¨ ur wird am Ende jeden Tages ein Settlement-Preis von der B¨orse bestimmt, nach dem der Profit bzw. Verlust individuell zu berechnen ist. Jeder Anleger, der eine offene Verkaufsposition h¨alt, wird aufgefordert den entsprechenden Verlust an die Zentrale Gegenpartei (CCP = Centralized Counterparty), welche alle Gewinne und Verluste verwaltet, zu u ¨berweisen. Andererseits erh¨alt jeder Anleger, der eine offene Kaufposition h¨alt, den sogenannten Positionsprofit von der Zentralen Gegenpartei. Beim Schließen der Position des K¨aufers (evt. nach mehreren Tagen) ergibt die Summe der Positionsprofite die Differenz von Kauf- und Verkaufspreis. Beim Verk¨aufer funktioniert es analog. Des Weiteren ist die Margin-Regel zu erw¨ahnen: Jeder Anleger hat abh¨angig von der Gr¨oße seiner Position einen gewissen Geldbetrag, die sogenannte Margin, bei der CCP zu hinterlegen um potenzielle Verluste des n¨achsten Tages auszugleichen.

3 3.1

Grundlegende HFT Strategien Arbitrage

Arbitrage bezeichnet die Wahrscheinlichkeit auf risikolosen Gewinn und ist die beliebteste Strategie f¨ ur HFT. In ihren Urspr¨ ungen wurden Preisdifferenzen zwischen gleichen Finanzinstrumenten auf unterschiedlichen M¨arkten genutzt um Gewinne zu erzielen, indem man auf dem Markt mit dem niedrigeren Preis kauft und auf jenem mit dem h¨oheren Preis verkauft (deterministische Arbitrage). Diese Art ist auf chinesischen Handelspl¨atzen nicht m¨oglich. Daher betrachten wir eine andere Form: die statistische Arbitrage. Dabei wird ein Portfolio nach einem festgelegten Algorithmus wiederholt gehandelt um einen akkumulierten Profit mit einer positiven stabilen Rate zu erwirtschaften. Wie sp¨ater in Abschnitt 5 beschrieben, muss das Portfolio nicht notwendigerweise aus einer Vielzahl von Assets bestehen, sondern es gen¨ ugt mit einem einzelnen zu handeln. 3.1.1

Einfaches Beispiel und Risiken

Als Beispiel betrachte den Goldpreis auf dem US-Markt (CME = Chicago Mercantile Exchange) in Feinunzen und jenen des chinesischen Marktes (SHFE = Shanghai Futures Exchange) in Gramm. Die Annahme, dass diese beiden Preise stark korreliert sind, d.h. sie teilen dieselben Marktbewegungen, ist plausibel. Dennoch k¨onnen kurzfristige Diffenenzen auftreten. Angenommen die Wechselrate CNY/USD zwischen dem chinesischen Renminbi und dem US-Dollar betr¨agt 6,2 und der amerikanische Goldpreis steigt um 20$, so m¨ usste der chinesische Preis um 20

CNY Feinunze CNY USD × 6, 2 × 0, 0311 = 3, 99 Unze USD Gramm Gramm

steigen. Wenn jedoch der chinesische Preis lediglich um 2 CNY/Gramm steigt, passen die zwei Preisbewegungen nicht zusammen. In diesem Moment ist unbekannt, welcher der beiden Preise der ”richtige” ist - es ist m¨oglich, dass der amerikanische Preis zu 3

hoch oder der chinesische Preis zu gering ist (oder beides). Nun kauft man im chinesichen Markt und verkauft im amerikanischen Markt. Dadurch kann man einen Gewinn erzielen, falls der Preis im chinesischen Markt steigt und/oder im amerikanischen Markt sinkt. Offensichtlich erh¨alt man daher einen Gewinn, wenn sich die beiden Preise wieder ann¨ahern und in weiterer Folge beide Positionen gleichzeitig geschlossen werden. Es ist zu beachten, dass einige Risiken in dieser Art des Handelns bestehen. Erstens kann sich die Wechselrate ¨andern. Wenn im obigen Beispiel die Rate kurz nach dem ¨ Offnen der Positionen pl¨otzlich sinkt, sinkt auch der Profit oder es entsteht sogar ein Verlust. Weil die Positionen jedoch nur sehr kurz gehalten werden und die Wechselrate ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor ist, ist die Wahrscheinlichkeit des Eintretens dieses Falles sehr gering. Zweitens ist es denkbar, dass sich die zwei Preise f¨ ur lange Zeit nicht mehr ann¨ahern und sich keine M¨oglichkeit ergibt die offenen Positionen zu schließen. Dies ist essentiell f¨ ur statistische Arbitrage, jedoch ist dieses Risiko (in unserem Fall) gering: Da der Wert von Gold sehr hoch ist und es relativ g¨ unstig ist dieses zu transportieren (im Vergleich zu anderen Rohstoffen), sind Banken auf beiden Seiten daran interessiert, dass die Goldpreise nahe beieinander liegen. Ansonsten k¨onnte man leicht aus der Differenz Gewinn machen. Drittens unterscheiden sich die gehandelten Einheiten. Eine Einheit (Lot) des Goldkontraktes auf dem US-Markt betr¨agt 100 Feinunzen, also 3 110 Gramm, und viele chinesische Goldkontrakte werden in 1 000 Gramm Einheiten gehandelt. Wenn 3 Lot von chinesischem Gold gekauft und 1 Lot amerikanisches verkauft werden, wurden 110 Gramm auf dem amerikanischen Markt zu viel gehandelt. Erh¨ohen sich die amerikanischen Prei¨ se, so sind 3 000 Gramm gesichert und der Uberschuss bringt einen Verlust. Dieser kann mitunter h¨oher sein als der durch Arbitrage erzielte Gewinn. Bei einem Fallen der Preise entsteht Gewinn. Laut Statistik sollten diese beiden Ereignisse gleich h¨aufig auftreten. F¨ uhrt man daher die gleiche Transaktion oft genug aus, sollten akkumulierter Gewinn und Verlust sich n¨aherungsweise aufheben. Zuletzt ist die Schwierigkeit der gleichzeitigen Orderabgabe zu erw¨ahnen. Es gibt zwei M¨oglichkeiten nach einer abgelehnten Order zu agieren: Entweder man schließt die offene Position sofort oder gibt erneut eine Order ab, welche oft einen weniger guten Preis hat. Im ersten Fall betr¨agt der Verlust den ”Bid-Ask-Spread” zuz¨ uglich Kosten. Im zweiten ist es m¨oglich, dass kein Gewinn durch Arbitrage erzielt werden kann. Man kann versuchen die Ausfallrate durch bessere Handelsprozesse und IT-Methoden in den Griff zu bekommen. Eine Missachtung dieses Risikos kann jedenfalls das totale Versagen von statistischer Arbitrage in der Strategie bedeuten. In der Praxis werden meist mehrere Produkte gleichzeitig verwendet um Arbitrage zu erzielen. Als Motivation f¨ ur den darauffolgenden Abschnitt seien ein paar Konstellationen erl¨autert. 3.1.2

Typen von Spread-Ordern

Eine Spread-Order bezeichnet eine Kombination aus mehreren Ordern (im Weiteren als Legs bezeichnet) um eine Handelsstrategie zu erstellen. Prinzipiell k¨onnen alle Instrumente kombiniert werden, solange ihre Preise einen stabilen Zusammenhang aufweisen. ”Stabil” bedeutet, dass die Preisdifferenzen von Bid Price (Angebot), Ask Price (Nachfrage) und Last Price (zuletzt gehandelter Preis) nahe zusammenliegen. Man kann 3 Arten 4

unterscheiden: den Calendar-Spread, den Cross-Market-Spread und den Cross-Product-Spread.

Calendar-Spread Der Calendar-Spread gr¨ undet auf der Annahme, dass die erwarteten Preise von gleichen Produkten mit unterschiedlichen Ablaufdaten dieselben Bewegungen aufweisen. In der Praxis trifft dies in den meisten F¨allen zu. Abbildung 1 zeigt die PreisdifAbbildung 1: Calendar-Spread [5] ferenzen von IF1303 und IF1302 am 1.Februar 2013 gehandelt an der SHFE. Dieses Beispiel illustriert die kleinen Unterschiede zwischen den jeweiligen Preisdifferenzen. Weil sich diese fortlaufend a¨ndern, ergeben sich einige Handelsm¨oglichkeiten f¨ ur eine Arbitragestrategie. Cross-Market-Spread Bei einem Cross-Market-Spread werden gleiche oder einander ¨ahnliche Produkte auf unterschiedlichen M¨arkten gehandelt. Abbildung 2 zeigt die Preisdifferenz der Futures au1306 (SHFE) und GCJI13 (CME) dividiert durch 5. Auch hier zeigt sich das soeben beschriebene, gew¨ unschte Schema.

Abbildung 2: Cross-Market-Spread [5]

Cross-Product-Spread Die Cross-Product-Arbitrage nutzt Zusammenh¨ange zwischen verschiedenen Produkten. Im Futures-Handel werden oft Produkte verwendet, die in einem Produktionsprozess gemeinsam genutzt werden. Ein Beispiel hierf¨ ur ist die Produktion von Soja¨ol: Aus einem Großteil der Sojabohnen wird Soja¨ol gepresst, wobei Sojamehl als Nebenprodukt u ¨brig bleibt.

Abbildung 3: Cross-Product-Spread [5] 5

Alle drei Produkte k¨onnen an der DCE gehandelt werden. Es k¨onnen (laut einer Information der Industrie) aus 5 Einheiten Sojabohnen eine Einheit Soja¨ol und 4 Einheiten Sojamehl gewonnen werden. Um ein geeignetes Instrument zu erhalten werden daher der Preis f¨ ur Soja¨ol (y1305) und das Vierfache des Preises f¨ ur Sojamehl (m1305) addiert und das F¨ unffache des Preises f¨ ur Sojabohnen (a1305) abgezogen. Wie in den vorigen Abbildungen ist die Stabilit¨at in Abbildung 3 gut zu erkennen. Jedoch ist die Schwankungsbreite der Preisdifferenzen gr¨oßer als bei den vorigen Beispielen, was bedeutet, dass zumindest diese Anwendung der Cross-Product-Arbitrage weniger stabil ist. 3.1.3

Anwendung von Arbitrage

Im Folgenden wird die Durchf¨ uhrung einer m¨oglichen Arbitragestrategie vorgestellt. Im ersten Schritt wird ein Pseudoinstrument, eine Kombination aus verschiedenen Instrumenten, erstellt. Zur Illustration diene wieder das Beispiel aus Abschnitt 3.1.2: Angenommen es stehen folgende Daten zu diesem Zeitpunkt bereit: Instrument ID IF1303 IF1302

Last Price 2 699,6 2 689,6

Bid Price 2 699,4 2 686,6

Bid Volume 2 5

Ask Price 2 699,8 2 686,8

Ask Volume 7 20

Um auf Basis der Kombination von IF1302 und IF1303 handeln zu k¨onnen, muss zuerst eine Definition erfolgen: Der Last Price der Kombination soll der zuletzt gehandelte Preis sein, hierf¨ ur w¨ahlt man die Differenz der beiden. ¨ Der Definition des Bid und Ask Price geht folgende Uberlegung voraus: Um eine Einheit der Kombination zu verkaufen, verkaufe eine Einheit von IF1303 und kaufe eine Einheit von IF1302. Der Kauf der Kombination bedeutet: kaufe eine Einheit von IF1303 und verkaufe eine Einheit von IF1302. Wenn bei den Transaktionen jeweils die Preise der Gegenpartei akzeptiert werden, ergibt sich mit BP := Bid Price und AP := Ask Price: BP = BP IF1303 − AP IF1302 AP = AP IF1303 − BP IF1302 Bid Volume (BV ) und Ask Volume (AV ) sollten die maximalen Verkaufs- und Kaufvolumen der Kombination darstellen. Daher: BV = min(BV IF1303, AV IF1302) AV = min(AV IF1303, BV IF1302) F¨ ur das obige Beispiel ergeben sich die Marktdaten: Last Price 13

Bid Price 12,6

Bid Volume 2

Ask Price 13,2

Ask Volume 5

Mit diesen (neuen) Marktdaten ist es m¨oglich Analysen durchzuf¨ uhren und wie mit einem einzelnen Instrument zu handeln. Im allgemeinen Fall werden mehr als zwei Underlyings betrachtet (vgl. das Beispiel aus Abschnitt 3.1.2) und m¨oglicherweise weichen die Lotgr¨oßen voneinander ab. Daher ist 6

es notwendig einen Leg-Multiplikator einzuf¨ uhren um eine stabile Kombination zu finden. Ebenso sollte ein Marktdaten-Multiplikator bei der Berechnung des Preises der einzelnen Instrumente einfließen. Im obigen Beispiel basiert dieser auf der Instrumentgr¨oße und der W¨ahrungs-Wechselrate. Es seien f¨ ur eine Kombination aus n Legs f¨ ur jeden Leg i folgende Parameter definiert: Ii Di Li Mi C

... ... ... ... ...

Instument des Legs i Richtung des Legs i, 1 bei Kauf, -1 bei Verkauf Leg-Multiplikator des Legs i, Li > 0 Marktdaten-Multiplikator des Legs i, Mi ∈ R Kombination aller Legs

Bei Vertauschen der Werte von Di , das heißt auf -1 bei Kauf und 1 bei Verkauf, f¨ ur alle Legs i ¨andert sich nichts an der Strategie, da einfach alle anderen Vorzeichen vertauscht werden k¨onnen. Deshalb kann D1 = 1 festgesetzt werden. Die Marktdaten f¨ ur die Kombination C lassen sich wie folgt berechnen: Data: Ii , Di , Li , Mi i = 1, ..., n begin C.LastPrice = 0 C.BidPrice = 0 C.AskPrice = 0 C.BidVolume = maximum integer C.AskVolume = maximum integer for i=1,...,n do if Di = 1 then C.LastPrice = C.LastPrice + Ii .LastPrice×Mi C.BidPrice = C.BidPrice + Ii .BidPrice×Mi C.AskPrice = C.AskPrice + Ii .AskPrice×Mi C.BidVolume = min(C.BidVolume, Ii .BidVolume/Li ) C.AskVolume = min(C.AskVolume, Ii .AskVolume/Li ) end else C.LastPrice = C.LastPrice - Ii .LastPrice×Mi C.BidPrice = C.BidPrice - Ii .AskPrice×Mi C.AskPrice = C.AskPrice - Ii .BidPrice×Mi C.BidVolume = min(C.BidVolume, Ii .AskVolume/Li ) C.AskVolume = min(C.AskVolume, Ii .BidVolume/Li ) end end end Es ist zu beachten, dass nicht alle m¨oglichen Kombinationen sinnvoll sind. Ein gute Definition sollte sicherstellen, dass der wahre Profit des Handelns mit jenem des aus den Marktdaten der Kombination berechneten u ¨bereinstimmt. Um die Definition zu versch¨arfen bezeichne M Pi die Anzahl der gehandelten Instrumente Ii und Ei sei die Wechselrate von Ii zu einer bestimmten Standardw¨ahrung. OPi und CLi seien die 7

¨ Offnungsund Schließpreise der Position eines Lots von Ii . Der wahre Profit ergibt sich aus n X wahrer Profit = Di × (CLi − OPi ) × Li × M Pi × Ei . i=1

Open und Close Price der Kombination sind n n X X OP = Di × Mi × OPi und CL = Di × Mi × CLi i=1

i=1

Wenn M P c die Anzahl der gehandelten Kontrakte der Kombination bezeichnet, gilt n X Profit aus Kombination = Di × Mi × (CLi − OPi ) × M P c. i=1

Setzt man die beiden Profite gleich, folgt aus Koeffizientenvergleich von (CLi − OPi ) Mi × M P c = Li × M Pi × Ei f¨ ur alle i = 1, ..., n. Zeichnet man Leg 1 mit D1 = M1 = E1 = 1, das heißt von I1 wird ein Lot in Standardw¨ahrung gekauft, und setzt den Kontraktmultiplikator mit jenem des ersten Legs gleich, M P c = M P1 , m¨ ussen die Marktdatenmultiplikatoren Mi = (Li × M Pi × Ei )/M P1

(3.1.1)

erf¨ ullen. Insbesondere gilt M1 = 1. 3.1.4

Optimierung der Orderdurchfu ¨ hrung

Wie schon in Abschnitt 3.1.1 erw¨ahnt, ist es notwendig sich zu u ¨berlegen, wie die Ausfallrate der Order bzw. der daraus resultierende Verlust m¨oglichst klein gehalten werden kann. Um die Wahrscheinlichkeit der (vollst¨andigen) Durchf¨ uhrung von Ordern einer Arbitragestrategie mit kombinierten Produkten zu erh¨ohen ist es naheliegend zu AskPreisen zu kaufen und zu Bid-Preisen zu verkaufen. Dadurch wird jedoch der Gewinn jedes Handels bei HFT sehr klein, genauer gesagt stimmt er mit dem Bid-Ask-Spread, der Differenz zwischen den Preisen f¨ ur den sofortigen Kauf (ask) und den sofortigen Verkauf (bid) u ¨berein. Es gibt auch eine andere M¨oglichkeit, denn die Wahrscheinlichkeit der Ausf¨ uhrung h¨angt nicht nur von den Preisen der Order, sondern auch von dem Ausf¨ uhrungszeitpunkt ab. In der folgenden Tabelle sind anhand des Beispiels der CSI 300 Futures 2012 die Erfolgswahrscheinlichkeiten f¨ ur die Durchf¨ uhrung von Ordern in Abh¨angigkeit von Preis und Zeit angegeben. Order Bid-0.2 Ask+0.2 Bid Ask Bid+0.2 Ask-0.2 Bid+0.4 Ask-0.4

Typ Sell Buy Sell Buy Sell Buy Sell Buy

1 sec 99.8 99.82 99.44 99.46 81.82 82.24 52.46 52.63

2 sec 99.91 99.92 99.73 99.74 88.3 88.73 62.16 62.61 8

3 sec 99.93 99.94 99.8 99.81 90.78 90.92 67.54 68.03

4 sec 99.94 99.95 99.83 99.83 91.83 92.25 70.75 71.24

5 sec 99.95 99.95 99.84 99.85 92.62 93 73.39 74.07

Man kann gut erkennen, dass eine Annahme einer Order mit fortschreitender Zeit wahrscheinlicher wird. Interessanterweise ist durch teureres Kaufen und g¨ unstigeres Verkaufen als zu Bid- und Ask-Preisen kaum eine Verbesserung zu erzielen. Weiters ist in der Branche wohlbekannt, dass es ein (ungef¨ahr) proportionales Verh¨altnis zwischen dem Handelsvolumen und der Handelsspanne, dem Kursbereich, in dem das Produkt u ¨ber eine bestimmte Periode gehandelt wird[1], gibt. Wenn man also das Handelsvolumen f¨ ur den n¨achsten Moment vorhersagen kann, ist es m¨oglich g¨ unstiger zu kaufen und teurer zu verkaufen. Die Prognose des Handelsvolumens soll nicht Teil dieser Arbeit sein. 3.1.5

Durchfu ¨ hrung in der Praxis

Die zuvor gewonnenen Erkenntnisse kann man in zwei Vorgehensweisen anwenden. Removal Bei Ersterer werden jeweils die Preise der Gegenpartei verwendet, d.h. es wird versucht zu Ask-Preisen zu kaufen und zu Bid-Preisen zu verkaufen. Das Hauptproblem bei diesem Handeln ist, dass nicht alle Order der einzelnen Legs gleichzeitig ausgef¨ uhrt werden k¨onnen. Wenn Order auf einem Leg durchgef¨ uhrt werden k¨onnen und auf anderen nicht, sollte ein niedriger Preis f¨ ur die nicht gehandelten Legs verwendet werden um einen Ausgleich in den Positionen laut der Strategie m¨oglichst schnell zu erreichen. Falls das Orderbuch eines Legs d¨ unn ist, d.h. nicht viele Order eingetragen sind, kann es eine große Differenz zwischen dem besten Bid- und Ask-Preis geben, wodurch ein großer Verlust entstehen kann. Daher ist es sinnvoll den Leg mit dem d¨ unnsten Orderbuch zu identifizieren und auf diesem zuerst zu handeln. Ist die Order erfolgreich gewesen, wird auf den anderen Legs gehandelt. Anderenfalls wird die Order zur¨ uckgezogen und keine weitere Order ausgef¨ uhrt. Somit macht man keinen Verlust auf diesem Leg, sondern verpasst h¨ochstens eine Chance zu handeln. Die Bestimmung der Dicke des Orderbuchs kann meist aus den Marktdaten erfolgen. Passive Trading Die zweite Methode ist eine Order zum gew¨ unschten Preis ins Orderbuch einzutragen und darauf zu warten, dass sich eine Gegenpartei findet, die zu diesem Preis handeln m¨ochte. Man kann dies auf jedem Leg der Kombination versuchen, jedoch ist es aus zuvor beschriebenen Gr¨ unden sinnvoll Passive Trading auf dem Leg mit dem d¨ unnsten Orderbuch durchzuf¨ uhren.

3.2

Ticker Tape Trading

Ticker Tape Trading ist eine weitere wichtige Strategie f¨ ur HFT. Der Name hat seinen Ursprung in den ”ticker tapes”: Marktdaten wurden fr¨ uher u ¨ber Telegrafen verbreitet. Die Strategie baut auf den Daten der ”ticker tapes” auf und h¨angt ausschließlich von den Marktdaten ab. Es besteht die Annahme, dass es m¨oglich ist durch Erkennen von gewissen Mustern in den Marktdaten Kurzzeitprognosen u unftige Marktbewegungen ¨ber zuk¨ abzugeben. Beispiele f¨ ur solche Annahmen sind: 9

• Eine große Anzahl an Ordern im Orderbuch w¨ urde anzeigen, dass der zuk¨ unftige Preis den Orderpreis nur schwer u urde und sogar zur¨ uckginge, wenn er ¨bersteigen w¨ diesen ber¨ uhrte. • Ein großes Handelsvolumen w¨ urde eine baldige Preisumkehr bedeuten. Jeder Markt besteht aus einer Gruppe von Investoren, wobei jeder einzelne ein anderes (stabiles) Verhalten zeigt. Die Summe dieser Verhalten bestimmt den Markt, wonach sich Regeln und somit Indikatoren aus den vergangenen Marktdaten ableiten lassen. Weil sich die Gruppe der Marktteilnehmer jedoch mit der Zeit (leicht) ver¨andert, ist es notwendig diese Indikatoren - und somit die eigene Strategie - anzupassen. 3.2.1

¨ Uberpr u ¨ fung der Signale

Die G¨ ultigkeit von Handelssignalen l¨asst sich mit folgenden zwei Methoden analysieren: Die erste nennt sich Assumption with Validation. Hierbei stellt der H¨andler Vermutungen, die auf seiner Erfahrung und seinem Wissen beruhen, auf und versucht diese auf m¨oglichst viele Arten in den einzelnen M¨arkten zu best¨atigen. Die gr¨oßte Schwierigkeit dieser Methode besteht in der klaren Definition der Annahmen. Wie w¨ urde man beispielsweise eine ”schnelle Preisbewegung” formalisieren? Man m¨ usste eine mathematische Definition finden, welche die Geschwindigkeit der Bewegung beschreibt. Ebenso m¨ ussten irrelevante Marktdaten eliminiert werden, wie Fehler, die von anderen H¨andlern begangen wurden und zu pl¨otzlichen Bewegungen f¨ uhren. Ein weiteres Problem, welches sich bei diesem Verfahren ergibt, ist die Bestimmung der Effizienz der gefundenen Signale. Hierf¨ ur k¨onnen Marktsimulationen oder Analysen der vergangen Marktdaten (”Backtesting”) hilfreich sein. Die zweite Methode Mining with Interpretation geht den umgekehrten Weg: große Mengen an Marktdaten werden untersucht um m¨ogliche Muster zu finden. Danach werden diese von Analysten interpretiert und sie versuchen nachzuweisen, dass diese stabil sind. Als Hilfsmittel seien hier der Granger-Kauslit¨ atstest (im Falle linearer Korre¨ lationen) und Machine-Learning-Algorithmen (nicht linear) genannt. Uber eine anschließende Interpretation der gefundenen Indikatoren gibt es geteilte Meinungen. Diese ist bei Langzeitprognosen wesentlich wichtiger als bei Kurzzeitprognosen. W¨ahrend einige Hedge Fonds Interpretationen durchf¨ uhren, unterlassen andere diese mit der Begr¨ undung, dass durch die kurze Haltedauer der Positionen ohnehin ein geringes Risiko best¨ unde. Welche Methode besser ist, l¨asst sich nur schwer beurteilen. Unabh¨angig davon auf welches Art die - m¨oglicherweise zahlreichen - Signale gefunden wurden, ist es aus folgenden Gr¨ unden nicht ratsam alle in seine Strategie einzubauen: • Die Genauigkeit, also Treffsicherheit, variiert in der Regel. • Die H¨aufigkeit, mit der sie auftreten, ist unterschiedlich und kann auch mit der Genauigkeit zusammenh¨angen. Um genaue, nicht so h¨aufige Signale verwenden zu k¨onnen, ist es m¨oglicherweise notwendig sie mit h¨aufigeren, aber nicht so genauen, Signalen zu verbinden. • Signale die einander stark ¨ahneln sollten nicht mehrfach gez¨ahlt werden, sondern vielmehr als einzelnes Signal gewertet werden. 10

• Wie geht man mit einander ausschließenden Signalen um? Soll man das st¨arkere akzeptieren oder beide ignorieren? ¨ • Sollten unterschiedliche Signale f¨ ur das Offnen und das Schließen einer Position ver¨ wendet werden? M¨oglicherweise Starke zum Offnen und Schwache zum Schließen? Es gibt kein Standardverfahren f¨ ur die Auswahl der Signale und jeder H¨andler hat seine eigene L¨osung. Das Zusammenfassen der einzelnen Signale ergibt dann die finalen Handelssignale.

4

Modelle fu ¨ r den Preisprozess

Um Preisprozesse mathematisch zu studieren, ist es von Vorteil diese zu zerlegen und getrennt zu untersuchen. Im folgenden Kapitel betrachten wir kurz Methoden dies zu tun.

4.1

Martingale

Sei {Ft }t=0,...,T eine Filtration mit F0 = {∅, Ω} und FT = F. Definition 1. Ein adaptierter Prozess {M (t)}, d.h. M (t) ∈ Ft , mit E(|M (t)|) < ∞ f¨ ur alle t > 0 heißt Martingal, falls f¨ ur alle s < t E(M (t)|Fs ) = M (s). Definition 2. Seien {A(t)} und {M (t)} zwei Ft -adaptierte Prozesse, wobei A(t) von beschr¨ankter Variation (l¨asst sich als Differenz zweier wachsender Prozesse schreiben) und M (t) ein Martingal ist. Ein stochastischer Prozess Y (t) heißt Semimatingal, wenn Y (t) = A(t) + M (t)

(4.1.1)

f¨ ur alle t > 0. Angenommen der Preisprozess eines bestimmten Portfolios {P (t)} ist ein Semimartingal und hat die Zerlegung P (t) = K(t) + Z(t),

(4.1.2)

wobei Z(t) ein station¨ares ”Rauschen” bezeichnet und A(t) sich ”langsamer” bewegt als Z(t). Es liegt die Frage nahe, ob die Zerlegung (4.1.2) bereits jener eines Semimartingals entspricht. Dies ist laut Voraussetzung nicht m¨oglich, da ein Martingal M (t) genau dann station¨ar ist, wenn M (t) ≡ M (0), d.h. M konstante Pfade hat. Um also eine Darstellung (4.1.1) zu erhalten, kann man versuchen einen Prozess Q(t) zu finden, sodass P (t) = [A(t) − Q(t)] + [Q(t) + M (t)], [Q(t) + M (t)] ein station¨ares Rauschen ist und sich schneller bewegt als [A(t) − Q(t)]. Aufgrund der Datenlage sind Zeitreihen von praktischer Bedeutung: 11

4.1.1

Zeitreihenanalyse

Weil wir jeweils nur einen Pfad von stochastischen Prozessen betrachten k¨onnen, ist die Stationarit¨at von großer Bedeutung (siehe sp¨ater Kapitel 4.2). Daher m¨ ussen wir nichtstation¨are Daten in station¨are umwandeln. Eine m¨ogliche Vorgehensweise ist die Zerlegung einer Zeitreihe X(n) in X(n) = m(n) + S(n) + (n), wobei m(n) eine sich langsam ¨andernde deterministische Funktion (Trendkomponente), P S(n) eine deterministische d-periodische Funktion, d.h. S(n) = S(n+d) und dk=1 S(k) = 0 (saisonale Komponente) und (n) ein schwach station¨arer Prozess mit E((n)) = 0 (zuf¨alliges Rauschen) ist. Mit Hilfe des Lag-Operators ∆d (∆d X(n) = X(n) − X(n − d) f¨ ur n > d − 1) ist es m¨oglich die saisonale Komponente zu entfernen: ∆d X(n) = ∆d m(n) + ∆d (n).

(4.1.3)

Gleichung (4.1.3) ¨ahnelt jener (4.1.2), ist dennoch nicht gleich, da wir nicht angenommen haben, dass K(t) deterministisch ist. Kointegration ist eine statistische Eigenschaft von Zeitreihen: zwei oder mehr Zeitreihen heißen kointegriert, wenn sie die gleiche Trendkomponente (in Proportion zu ihren Werten) haben und die lineare Kombination ihrer zuf¨alligen Rauschen ebensfalls ein zuf¨alliges Rauschen ist. Mit Gleichung (4.1.3) gilt daher f¨ ur zwei kointegrierte Zeitreihen X(t) und Y (t), sowie einer Konstanten c: (X(t) − cY (t)) − (X(0) − cY (0)) = ψ(t). ψ(t) ist ein station¨arer Prozess und besitzt Erwartungswert 0. Betrachten wir wieder die Arbitragestrategie mit einer Kombination von zwei Assets. Der Theorie zufolge kann man Profit machen, indem man die Kombination kauft, wenn ψ(t) klein ist und verkauft, wenn ψ(t) groß ist. In der Praxis ist die Annahme, dass die beiden Prozesse dieselbe Trendkomponente haben, zu stark. Daher betrachten wir a(t)X(t) − b(t)Y (t) = m(t) + s(t)M (t). Hierbei sind a(t) und b(t) positive Ausgleichsfunktionen, m(t) der Langzeittrend, s(t) die Standardabweichung des Rests und M (t) der standardisierte Rest. Haben wir eine solche Zerlegung gefunden, vgl. (4.1.3), so kann anhand der Hochs und Tiefs von M(t) gehandelt werden. 4.1.2

Beispiel fu ¨ r das Handeln mit Indikatoren

Im Folgenden wird ein Indikator namens MACD (Moving Average Convergence-Divergence) betrachtet. Dieser wird aus zwei MA (Moving Average) mit unterschiedlich langem Horizont berechnet und beschreibt im Grunde die Differenz zwischen dem langen MA und dem kurzen MA. Er ist ein Indikator f¨ ur den Trend, sowie das Moment des Preisprozesses und bewegt sich ober- und unterhalb der Nulllinie: Ein die Nulllinie schneidender und 12

wachsender MACD indiziert die Tendenz zu einem wachsenden Preis. Ein die Nulllinie schneidender und fallender MACD indiziert die Tendenz zu einem fallenden Preis. Weil der MACD kein station¨arer Prozess ist, berechnen wir X(t) =

M ACD(t) , P (t − k)

mit dem Preisprozess P (t) und einer positiven Konstante k. Man kann zeigen, dass X(t) ein station¨arer Prozess ist, falls die logarithmischen Returns ∆p(t) station¨ar sind. Da P (t) positiv ist, haben X(t) und M ACD(t) dasselbe Vorzeichen. Daher ist ein ”kleiner” Wert von X(t) ein Kaufsignal und ein ”großer” Wert ein Verkaufssignal. Das Vorgehen lautet dann: 1. Bestimme zwei Schranken a < 0 und b > 0. 2. Kaufe, wenn X(t) a von unten erreicht und verkaufe, falls X(t) = 0 oder X(t) = 1, 2a (was zuerst eintritt). 3. Verkaufe, wenn X(t) b von oben erreicht und verkaufe, falls X(t) = 0 oder X(t) = 1, 2b (was zuerst eintritt).

Abbildung 4: Beispiel f¨ ur X(t) berechnet anhand von IF1204 [5]

4.2

Stationarit¨ at und Ergodizit¨ at

Dieses Kapitel soll die Wichtigkeit der Stationarit¨at von Prozessen als zentrales Werkzeug von HFT zeigen. Im Folgenden (entnommen aus [3]) sei (Ω, F, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum. 13

Sei X = (X1 , X2 , ...) ein stochastischer Prozess auf (Ω, F, P) und X 0 ein zweiter Prozess auf (Ω0 , F 0 , P0 ). Wir sagen, dass X und X 0 dieselbe Verteilung besitzen, wenn ˆ P(B) := P(X ∈ B) = P0 (X 0 ∈ B) f¨ ur alle B ∈ B (∞) . Definition 3. Ein stochastischer Prozess {X} heißt (strikt) station¨ar, wenn ∀k X1 , X2 , ... dieselbe Verteilung wie Xk+1 , Xk+2 , ... besitzt. Es gilt also f¨ ur alle B ∈ B (∞) P((X1 , X2 , ...) ∈ B) = P((Xk+1 , Xk+2 , ...) ∈ B). Sei T : Ω → Ω eine Transformation auf (Ω, F, P). T heißt messbar, falls T −1 (A) ∈ F f¨ ur alle A ∈ F. Definition 4. Eine messbare Transformation T : Ω → Ω heißt maßerhaltend, wenn P(T −1 (A)) = P(A) f¨ ur alle A ∈ F. Mit Hilfe von maßerhaltenden Transformationen lassen sich station¨are Prozesse erzeugen: Proposition 1. Sei T eine maßerhaltende Transformation, X eine Zufallsvariable auf (Ω, F, P). Dann ist der durch Xn (ω) = X(T n−1 (ω)) n ∈ N beschriebene Prozess station¨ar. Beweis. F¨ ur alle n ∈ N ist Xn (ω) eine Zufallsvariable, da {Xn (ω) ∈ B} = {X(T n−1 ω) ∈ B}. Sei A := {X ∈ B}, dann gilt {X(T n−1 ω) ∈ B} = {ω : T n−1 ω ∈ A}. Weil T messbar ist, ist auch T n−1 messbar und daher T −n+1 A ∈ F. Sei nun A := {ω : (X1 (ω), X2 (ω), ...) ∈ B} = {ω : (X(ω), X(T ω), ...) ∈ B}, B ∈ B (∞) . Bezeichnet A1 = {ω : (X2 (ω), X3 (ω), ...) ∈ B} = {ω : (X(ω), X(T ω), ...) ∈ B}, dann ist ω ∈ A1 ⇐⇒ T ω ∈ A, also A1 = T −1 A. Weil T maßerhaltend ist, folgt P(A) = P(T −1 A) und daraus die Stationarit¨at von {Xn }. Xn wird als Prozess in diskreter Zeit bezeichnet. F¨ ur die Umkehrung gilt die Gleichheit nur f¨ ur die Verteilung. ˆ heißen ZuDefinition 5. F¨ ur x = (x1 , x2 , ...) ∈ R(∞) und eine gegebene Verteilung P (∞) (∞) ˆ mit ˆ1, X ˆ 2 , ... auf (R , B , P) fallsvariablen X ˆ n (x) = xn X Koordinatenprozess. Dieser Prozess besitzt dieselbe Verteilung wie der urspr¨ ungliche Prozess X, denn es gilt ˆ X ˆ ∈ B) = P(B) ˆ ˆ ∈ B) = P(x P( = P(X ∈ B) f¨ ur alle B ∈ B (∞)

14

Definition 6. Auf (R(∞) , B (∞) ) ist die Shift-Transformation S : R(∞) → R(∞) definiert durch S(x1 , x2 , ...) = (x2 , x3 , ...). ˆ n } mittels X ˆn = X ˆ 1 (S n−1 x) Laut Definition l¨asst sich ein Koordinatenprozess {X erzeugen. Außerdem gilt: ˆ Proposition 2. Die Transformation S ist messbar und falls X station¨ar ist, ist S Pmaßerhaltend. Beweis. Sei B := S −1 C = S −1 {x : x1 ∈ I1 , ..., xn = In } mit I1 , ..., In ∈ B und (Sx)k die k-te Komponente von Sx. Dann gilt wegen B = {x : (Sx)1 ∈ I1 , ..., (Sx)n = In } = {x : x2 ∈ I1 , ..., xn+1 ∈ In }, ˆ und dass B ein Element von B (∞) und S somit messbar ist. Da die Verteilungen von X ˆ damit station¨ar ist, folgt X u ¨bereinstimmen und X ˆ ˆ −1 C) = P( ˆ X ˆ X ˆ ˆ 2 ∈ I1 , ..., X ˆ n+1 ∈ In ) = P( ˆ 1 ∈ I1 , ..., X ˆ n ∈ In ) = P(C) P(B) = P(S f¨ ur alle B ∈ B (∞) . Daher ist S maßerhaltend. ˆ Wir haben somit gezeigt, dass es zu jedem station¨aren Prozess X einen Prozess X gibt, welcher dieselbe Verteilung besitzt und durch die Shift-Transformation beschrieben wird. Bei dynamischen Systemen stellt ω ∈ Ω einen Zustand zum Zeitpunkt t = 0 dar. Mit der Transformation Tt : Ω → Ω mit Tt (Tτ (ω)) = Tt+τ (ω) beschreibt Tt (ω) den Zustand zum Zeitpunkt t. Wird die Zeit diskretisiert und T = T1 angenommen, so ist T n (ω) der Zustand zum Zeitpunkt n. Definition 7. Eine Menge A ∈ F heißt invariant, wenn T −1 (A) = A. Ist A invariant, so gilt f¨ ur alle ω ∈ A, dass T (ω) ∈ A. Also ist auch Ac invariant. Daraus folgt: Proposition 3. Das Mengensystem aller invarianten Mengen ist eine Sigmaalgebra J . Definition 8. Sei T maßerhaltend auf (Ω, F, P). Dann heißt T ergodisch, wenn f¨ ur alle A ∈ J entweder P(A) = 0 oder P(A) = 1 gilt. Es l¨asst sich zeigen, dass der Shift-Operator S sogar ergodisch ist, wenn die Zufallsvariablen von X iid sind. [4] Satz 1 (starker Ergodensatz). Sei T maßerhaltend auf (Ω, F, P). Dann gilt f¨ ur jede Zufallsvariable X mit E(X) < ∞: n−1

1X lim X(T k ω) = E(X|J ) P-fast u ¨berall n→∞ n k=0 15

F¨ ur ergodische Transformationen gilt sogar: Korollar 1. Sei T maßerhaltend und ergodisch auf (Ω, F, P). Dann gilt f¨ ur jede Zufallsvariable X mit E(X) < ∞: n−1

1X X(T k ω) = E(X) P-fast u ¨berall n→∞ n k=0 lim

Sei X(t) ein station¨arer Prozess in diskreter Zeit, wie in Proposition 1. Wir haben gezeigt, dass der Koordinatenprozess von Definition 5 dieselbe Verteilung wie X(t) besitzt ˆ zu betrachten. Da die Shift Transformation ergodisch ist, folgt und es daher gen¨ ugt X insgesamt aus Korollar 1, dass n−1

1X ˆ k lim X1 (S ω) = E(X) P-fast u ¨berall. n→∞ n k=0 Fassen wir den Wert eines Portfolios von Assets V (t) als stochastischen Prozess V (t, ω) auf, ist die Wahrscheinlichkeit, dass V (t, ω) den beobachteten Pfad V˜ (t) annimmt gleich Null. Es macht daher keinen Sinn Statistik aufgrund dieses Pfades zu machen, außer V (t, ω) ist ein station¨arer Prozess. Da dies selten der Fall ist, untersuchen wir einen Prozess X(t), der station¨ar und in Verbindung mit V (t) steht, vgl. Abschnitt 4.1. Anschließend versuchen wir aus den gewonnenen Informationen Erkenntnisse u ¨ber den urspr¨ unglichen Prozess V (t) zu erhalten.

5

HFT eines einzelnen Assets

¨ Um die nachfolgenden Uberlegungen einfacher darstellen zu k¨onnen, sei kurz an das stochastische Integral erinnert:

5.1

Stochastisches Intelgral

Bekanntlich hat eine Funktion x(t) linke Limiten , wenn f¨ ur alle t > 0 und eine beliebige positive Folge (si )i∈I , welche gegen 0 konvergiert, der Grenzwert lim x(t − si ) existiert. Analog hat x(t) rechte Limiten, wenn der Grenzwert lim x(t+si ) existiert; den Rechtslimes an t bezeichnen wir mit x(t + 0). Eine Funkion x(t) heißt rechtsstetig, falls die rechten Grenzwerte existieren und x(t + 0) = x(t) f¨ ur alle t ≥ 0 gilt. Sei x(t) eine rechtsstetige Funktion mit linken Limiten f¨ ur t > 0 und h(t) eine rechtsstetige Treppenfunktion, das heißt es gibt 0 = t0 < t1 < ... < tm , sodass h(t) = h(ti ) f¨ ur ti < t < ti+1 . F¨ ur jedes positive t ist das Integral Z t m−1 X h(s)dx(s) = h(tk ) [x(tk+1 ) − x(tk )] + h(tm ) [x(t) − x(tm )] 0

k=0

definiert, wobei 0 = t0 < t1 < ... < tm < t ≤ tm+1 die Sprungstellen von h bis zu t sind. Der Limes dieses Integrals wird Ito-Summe genannt:      n−1  X (k + 1)t kt kt x −x lim h n→∞ n n n k=0 16

Dies motiviert folgende Definition: Definition 9. Seien H(t) und X(t) stochastische Prozesse auf (Ω, F, P) mit rechtsstetigen Pfaden und linken Limiten. Außerdem seien die Pfade von H(t) st¨ uckweise konstant. Dann nennen wir       n−1 X (k + 1)t kt kt X −X lim H n→∞ n n n k=0 das stochastische Integral von H bez¨ uglich X(t) und schreiben

Rt 0

H(s)dX(s).

Anzumerken ist, dass dieses Integral von dem Riemann-Integral abweicht: Es werden als St¨ utzstellen jeweils die Intervallanf¨ange kT verwendet und nicht beliebige Werte in N   (k+1)T kT , N . Es macht Sinn Ito-Riemannsummen heranzuziehen, da der H¨andler seine N Entscheidung u ¨ber den Hedge vor der Preis¨anderung vornehmen muss. In der Praxis ist H(t) der Hedge eines Assets und X(t) dessen Preisprozess. Wenn also P (t) der Preisprozess eines Assets zum Zeitpunkt t ist und H(t) die Anzahl der besessenen Anteile, dann l¨asst sich der gesamte Gewinn bzw. Verlust von Beginn bis t als Z t H(s)dP (s) 0

darstellen.

5.2

Konvergenz des logarithmischen Returns

Um eine Arbitrage-Strategie, wie in Kapitel 3.1 beschrieben, erfolgreich zu handeln, ist je nach Anzahl der unterliegenden Instrumente eine Vielzahl an Order n¨otig. Jedoch birgt jede Order das Risiko nicht oder nicht vollst¨andig ausgef¨ uhrt zu werden und kann somit die Strategie zu Fall bringen. Daher liegt die Frage nahe, ob es m¨oglich ist mit dem Handel eines einzigen Assets langfristig Profit zu machen. Die einzige Annahme dieses Abschnitts sei, dass der logarithmische Preis der betrachteten Instrumente st¨ation¨are Inkremente habe. Diese Annahme l¨asst sich empirisch nachweisen (zum Beispiel durch statistische Hypothesen-Tests) und ist in vielen Preismodellen vorzufinden. Im Weiteren bezeichne P (t) einen stochastischen Preisprozess und p(t) := log P (t). Dann heißt ∆p(t) := p(t) − p(t − δ) f¨ ur ein δ > 0 der logarithmische Return von P (t). Laut Annahme ist dieser strikt station¨ar. Wir betrachten folgendes Szenario: ein Investor kann sich in jedem Zeitschritt zwischen Bargeld und dem Halten eines bestimmten Assets entscheiden. Dieses Vorgehen wird als Simple-Hedge dieses Assets bezeichnet. Wir nehmen der Einfachheit halber an, dass der Anfangswert des Simple-Hedges mit jenem des Assets, also P (0), u ¨bereinstimmt und keine teilweisen K¨aufe oder Verk¨aufe m¨oglich sind. Konkret bedeutet dies: wenn ein Investor zu einem Zeitpunkt s sein Asset verkauft und daf¨ ur x an Bargeld erh¨alt, muss er zu einem sp¨ateren Zeitpunkt t dieselbe Summe x aufwenden um wieder Assets zu kaufen. Wir bezeichnen mit I(t) den rechtsstetigen Indikator f¨ ur das Ereignis, das Asset zu halten oder nicht. Die Stoppzeit Si sei der Anfangszeitpunkt des i-ten Handelszyklus und

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Ti dessen Endzeitpunkt, demnach wird bei Si gekauft und bei Ti vekauft. Wegen der Rechtsstetigkeit von I(t) ist ( 1 , t ∈ {[Si , Ti ) , i = 1, 2, ...} I(t) = , 0 , sonst wobei [Si , Ti ) ein zuf¨alliges ist. F¨ ur ein hinreichend großes N kann man anneh  Intervall h¨ o chstens eine Transaktion durchgef¨ uhrt wird. F¨ ur alle men, dass im Intervall Nj , j+1 N j j { N } ∈ ∪i [Si , Ti ) gilt I( N ) = 1 und P P

 !I ( Nj )

j+1 N  j N

       j j+1 j = exp I p −p . N N N

Die Gleichheit gilt auch f¨ ur { Nj } ∈ {∪i [Si , Ti )}c , I( Nj ) = 0. Somit ergibt sich der akkumulierte logarithmische Return ohne Transaktionskosten aus einem Asset zum Zeitpunkt T aus       X j j+1 j I p −p . (5.2.1) N N N j