Schwieriger Change bei Mitarbeitern

Interview mit Daniel Münch, Projektleiter Strategische Projekte, und Sebastian Zeiss, Vice President Automatisierung und Bereichsentwicklung, Deutsche...
Author: Kevin Ziegler
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Interview mit Daniel Münch, Projektleiter Strategische Projekte, und Sebastian Zeiss, Vice President Automatisierung und Bereichsentwicklung, Deutsche Telekom Technischer Service

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Detecon Management Report dmr • 2 / 2016

300 Roboter befinden sich bereits im Technischen Service der Deutschen Telekom. Im Gespräch mit Detecon-Berater Michael Gerke geben Daniel Münch und Sebastian Zeiss Einblicke in ihr gemeinsames Projekt: die DTTS Frontend-Assistenten.

DMR: Für welche Prozesse und Aufgaben nutzen Sie Roboter? D. Münch: Eigentlich nutzen wir die Roboter für alle möglichen Prozesse – sowohl Kernprozesse als auch eher optionale Prozesse. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Wir haben ­einen Prozess automatisiert, um den Kunden mit einer SMS zu informieren, wenn er eine Störung bei uns einstellt und wir ihn telefonisch nicht erreichen. In dieser SMS bitten wir dann den Kunden: „Bitte melde dich bei uns. Wir haben dich nicht erreicht“. Diese SMS wird von einem Roboter verschickt, das muss kein Mensch mehr machen. Der Mitarbeiter muss nach dem nichterfolgreichen Kundenversuch einfach nur in das Ticket schreiben: „Bitte SMS versenden“ und der Rest läuft automatisiert. S. Zeiss: Um das noch ein bisschen zu generalisieren: Ein Roboter muss nicht zwingend 100 Prozent eines Prozesses lösen. Wir können uns an vielen Stellen auch wunderbar vorstellen, dass ein Roboter den nicht wertschöpfenden Teil an einer Tätigkeit macht, damit sich der Mitarbeiter auf den wertschöpfenden Anteil konzentrieren kann. Stellen wir uns den SMS-Prozess vor: Vorgelagert ist ein Kundenkontakt, also ein Gespräch, das ein Mitarbeiter mit dem Kunden führt. Nur dieser letzte Prozessschritt wird durch den Roboter erledigt. Insofern – und das macht das Ganze so attraktiv – kann man mit diesen Robotern einfache Prozesse, die sehr strukturiert sind, komplett abbilden und andere Prozesse, die viel Interpretationsspielraum lassen und Entscheidungen erfordern, in kleine Häppchen aufteilen. Was Herr Münch gesagt hat, ist dann absolut zutreffend: Man kann fast JEDEN Prozess durch einen Roboter automatisieren.

DMR: Gibt es trotzdem Prozesse, die mehr oder weniger geeignet sind? Nach welchen Kriterien suchen Sie diese aus? D. Münch: Es sind verschiedene Kriterien. Mit Blick auf die Entwicklungskosten ist eine wichtige Frage sicherlich, wie häufig der Prozess vorkommt. Kleinvolumige Prozesse lohnen sich nicht. Grundsätzlich haben wir allerdings noch keinen Prozess gefunden, den wir nicht hätten automatisieren können, denn notfalls kann man den Prozess umdenken. Auch da ein Beispiel: Wenn unsere Außendiensttechniker eine ­Serienoder Materialnummer beim Kunden einsetzen, wird dies derzeit handschriftlich gemacht. Hier hat der Roboter natürlich Grenzen, weil er zwar eine OCR-Texterkennungssoftware besitzt, aber Handschrift nicht lesen kann. Man könnte aber den Außendiensttechniker bitten, diesen Prozessschritt nicht mehr handschriftlich zu machen, sondern beispielsweise über eine SMS, so dass wieder eine Anbindungsmöglichkeit an den ­Roboter gegeben ist. Hier ist Kreativität gefragt, um Prozesse umzudesignen und umzuarbeiten, damit sie robotertauglich sind. DMR: Das könnte auch über ein IT-System passieren. Sind diese Roboter nicht nur ein Workaround, um IT-Systeme zu schließen? S. Zeiss: Klare Antwort: Ja, sind sie. Wir sehen Roboter oder Frontend Assistenten nicht als Alternative zu einer großen ITProzesstransformation, sondern als Quick Win auf dem Weg zur Transformation. Es gibt viele Dinge, die man mit IT-Systemen kurzfristig nicht lösen kann, weil sie entweder zu komplex sind oder es zu viele Abhängigkeiten gibt. In diesem Moment kommt ein Roboter ins Spiel, denn wir sagen: Wenn wir diese

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Daniel Münch, Projektleiter Strategische Projekte, DTTS

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Roboter aufbauen, haben wir das ganz klare Ziel, diese auch wieder abzubauen. Nämlich dann, wenn die IT eine ­finale ­Lösung dafür gebaut hat. Sie nennen es Workaround, wir nennen es Pflaster auf einem Prozess, das man mal a­ ufkleben kann, das aber auch irgendwann wieder runter muss. Da wir auf der e­ inen Seite langfristige IT-Entwicklungen haben, passt das auch in unsere Strategie hinein. Auf der anderen Seite wollen wir aber auf viele Dinge nicht so lange warten, bis sie von der IT entwickelt sind. Hier kommen die Roboter ins Spiel. ­Sicherlich gibt es auch Themen, bei denen die IT am Ende keine Lösung bauen wird, weil das Volumen vielleicht zu klein ist und es sich nicht lohnt, eine IT-Systemlösung zu implementieren. Hier kann ein Roboter auch eine langfristige Lösung sein. DMR: Betrachten wir die Robotersysteme. Was waren die Kriterien für die Auswahl der Robotersysteme? S. Zeiss: Das wichtigste und entschiedenste Kriterium für uns war die Beantwortung dieser Frage: Können die Systeme, die die verschiedenen Hersteller anbieten, mit unserer Systemwelt umgehen? Diese Welt ist sehr heterogen gewachsen und hat unglaublich viele verschiedene Systeme. Systeme, die vielleicht web-basiert sind, oder Systeme, die noch in einer ganz uralten Welt verhaftet sind. Wir brauchen natürlich auch Anbieter und Hersteller, die in der Lage sind, Großkonzerne zu verstehen und mit unseren durchaus komplexen und manchmal verworrenen Entscheidungswegen klarkommen und unsere Anforderungen erfüllen können. Das dritte Kriterium, das für uns sehr wichtig ist: Wir wollen natürlich nicht, dass Daten unser Haus verlassen. Deswegen muss ein Hersteller in der Lage sein, bei uns onsite zu entwickeln. DMR: Wie lange dauert es, bis Sie einen Roboter so einsatzfähig haben, dass er einen Prozess automatisiert abarbeiten kann? D. Münch: Das ist ein Stück weit abhängig von der Komplexität des Prozesses und auch von der Frage, ob das System, das automatisiert wird, bereits in einem anderen Prozess automatisiert worden ist. Die Zeit, über die wir reden, ist die von der Identifikation bis zum Go Live eines Prozesses. Sie beträgt zwischen acht und 12 Wochen, manchmal auch nur sechs bis acht Wochen. Damit sind wir deutlich schneller als mit der Standard-IT. Wir schauen uns gerade allerdings Prozesse an, die eine sehr lange Laufzeit von bis zu einer Stunde haben. Hier kommt diese Teilprozessautomatisierung, die Sebastian Zeiss gerade angesprochen hat, zum Tragen, und dann werden die Zeiträume länger.

DMR: Wie kompliziert ist die Konfiguration dieser Roboter? Ist eine Programmierung notwendig? D. Münch: Wenn der Prozess einmal live und von einem Hersteller automatisiert worden ist, haben wir die Möglichkeit, über Steuerungscockpits die Konfiguration ein Stück weit zu verändern oder bestimmte Ticketlaufzeiten anzupassen. Der Roboter arbeitet mit einem Datenkollektor, sodass die Häufigkeit, mit der der Datenkollektor durch die Ticketsysteme läuft, angepasst werden kann. Da kann man durchaus verschiedene Dinge konfigurieren. Wenn sich größere Prozessänderungen ergeben, dann ist über einen klassischen Change Request eine Anpassung durch den Hersteller notwendig, die sich die Prozesse gegebenenfalls anschauen, beispielsweise wenn Systeme sich ändern, auf die der Roboter zugreift. Dann ist das unter Umständen nicht nur über eine Konfiguration möglich, sondern man muss über eine Programmierung gehen. Wenn der Prozess einmal steht, ist das aber in der Regel eine Sache von zwei bis drei Tagen. Das geht schnell und komplikationslos. DMR: Wie stellen Sie sicher, dass Änderungen in den Robotern einhergehen mit den Änderungen in der IT-Landschaft? Sind Change Requests darin eingebunden? S. Zeiss: Wir sind extrem intensiv eingebunden in den Change-Prozess bei der IT. Das heißt, wir werden sehr frühzeitig darüber informiert, wenn sich Änderungen in den IT-Systemen ergeben. Und gehen dann sehr zeitnah in die Bewertung, ob das einen Einfluss auf unseren Frontend-Assistenten oder Roboter hat. Wenn dem so ist, geben wir das sehr bald in die Programmierung. Darüber hinaus haben wir mit der IT vereinbart, dass wir an den Business User Tests teilnehmen. Das heißt, noch bevor das offizielle Release kommt, können wir schon testen, ob unsere Roboter noch tatsächlich funktionieren. Gleichzeitig haben wir uns mit den Kollegen aus dem Prozessmanagement abgestimmt und werden auch dort frühzeitig informiert, wenn sich Prozesse ändern, sodass wir mögliche Änderungen in den Robotern nachziehen können. DMR: Worauf mussten Sie bei der Einführung der Roboter­ systeme besonders achten? S. Zeiss: Aus meiner Sicht waren das zwei große Dinge: Das eine war die sehr enge Abstimmung mit der IT. Wir mussten außerdem sehr klar und deutlich machen, dass wir mit den Robotern keine Konkurrenzveranstaltung aufbauen, sondern eine Unterstützung schaffen. Wir haben gesagt: Das hilft euch! Und da uns das auch wirklich gelungen ist, arbeiten wir dort Hand in Hand.

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Das andere – und das war und ist vielleicht sogar das Schwierigste –, ist der Change bei den Mitarbeitern selbst. Denn bei der Entwicklung von Robotern bin ich zwingend auf das fachliche Know-how von Mitarbeitern angewiesen. Ich muss mit denjenigen Mitarbeiter reden, die vor den Maschinen sitzen und den Prozess momentan bearbeiten. Und sie müssen bereit sein, ihr Wissen weiterzugeben. Das ist natürlich für den Mitarbeiter an der Stelle unglaublich schwierig, da er darin Gefahren sieht, durch den Roboter ersetzt zu werden. Deshalb muss es mir irgendwie gelingen, dem Kollegen die Angst zu nehmen und ihm die Chancen aufzuzeigen. Und die Chance liegt darin, diesen Change Prozess aktiv mitzugestalten, denn nur dann kann ich viel erreichen. Das waren für uns die entscheidenden Dinge: die IT abholen und Mitarbeiter auf diesen Weg mitnehmen. DMR: Wie zuverlässig ist denn die Arbeit der Roboter, und wie steuern Sie diese? Gibt es KPIs? D. Münch: Die Arbeit der Roboter ist aus verschiedenen Gründen sehr zuverlässig. Zum einen habe ich natürlich eine Standardisierung der Arbeitsweise, die nach einem bestimmten Schema abläuft. Das gibt es beim Mitarbeiter nicht, denn wo Menschen arbeiten, da passieren Fehler. Die kann ich bei einer standardisierten Maschinenabarbeitung weitestgehend ausschließen. Den Anteil der Geschäftsfälle, bei denen Unsicherheit besteht, steuern wir aus. Als Daumengröße gilt: Ein Prozess ist dann erfolgreich automatisiert, wenn ich einen Automatisierungsgrad von 80 Prozent habe, wenn ich also 80 Prozent der Geschäftsfälle automatisiert abarbeite. An all den Stellen, an denen ich unsicher bin und ein gewisses Restrisiko sehe, steuere ich weiter zum Mitarbeiter aus. Dadurch kann ich auch das Know-how der Mitarbeiter weiter nutzen. Zum anderen gibt es eine Reihe von Prüfschleifen in dieser Prozessautomatisierung, durch die sich der Roboter immer wieder versichert: Steht in dem Feld das drin, was drin stehen soll? Auf diese Art und Weise stelle ich auch sicher, dass nur das geklickt wird, was geklickt werden soll. Das wirkt sich positiv auf die Prozessgenauigkeit und Zuverlässigkeit aus. Die KPIs, nach denen wir steuern, sind der Automatisierungsgrad und die Prozesslaufzeiten. Wenn wir hier Veränderungen feststellen, ist das ein Grund, einzugreifen. Wenn ich also auf einmal statt 20 ausgesteuerten Tickets 40 habe, dann muss ich entsprechend eingreifen und schauen, was der Grund für die Aussteuerungsquote ist.

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DMR: Haben Sie eine Übersicht über die Fehler, die die Roboter machen? D. Münch: Ja, es gibt ein Qualitätsmonitoring, so dass ich mir auch einzelne Geschäftsfälle anschauen kann. Natürlich ist das datenschutzrechlich anonymisiert. Zumindest aber kann ich nach den Gründen suchen, warum ein Ticket ausgesteuert wird. Wir haben auch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, so dass wir an der Anpassung der Workflows arbeiten können, um den Automatisierungsgrad möglichst zu steigern. Ziel ist natürlich immer 100 Prozent, wobei das nur bedingt realistisch ist. DMR: Herr Münch, Sie leiten das Projekt. Hinter dem Thema Roboter steht ja aber ein ganzes Team. Wie groß ist dieses Team? Wie viel Aufwand steht hinter der Betreuung von Robotern? D. Münch: Wir haben das Projekt auf zwei Säulen gestellt mit Sebastian Zeiss als Projektauftraggeber. Ein Kollege leitet das Thema Prozessautomatisierung und führt die Mitarbeiter, die an der Prozessautomatisierung arbeiten. Den Betrieb leitet ein weiterer Kollege, der quasi dafür sorgt, dass die Prozesse, wenn sie an den Betrieb übergeben worden sind, entsprechend weiter laufen. Er überprüft auch, ob die Automatisierungsquoten noch stimmen. Insgesamt sind wir ein Team von 15 Mitarbeitern. Davon sind zwei Drittel Prozessautomatisierer, ein Drittel ist im Betrieb tätig. Mit der Anzahl der automatisierten Prozesse wird sich das Verhältnis noch ein bisschen verändern wird. Wir schauen, dass wir eine 50:50-Lösung finden. DMR: Welche Kompetenzen sind erforderlich, um einen Roboter zu betreiben? S. Zeiss: Ich glaube, man muss es wieder zwei teilen. Man braucht einmal die Menschen, die die Prozesse entwickeln und vorantreiben. Das ist das Skillprofil „harter Hund mit Feingefühl“. Denn auf der einen Seite muss er in der Lage sein, gegen Widerstände – und die gibt es bei diesen Themen logischerweise – umzugehen. Auf der anderen Seite muss er das notwendige Feingefühl haben, gerade die operativen Mitarbeiter mitzutragen, sie nicht zu überrollen und sie wirklich zum Mitwirken zu gewinnen. Denn zwingen kann ich sie kaum, ich kann sie nur dafür gewinnen. Deswegen „harter Hund mit Feingefühl“. Ich brauche aber auch Menschen, die die Prozesse betreiben. Da braucht man Leute, die ein tiefes technisches Verständnis haben, die sich in Prozessen hinein denken können, die auch mal Lust haben, ganz tief in so ein Ticket ein-

zusteigen und zu verstehen, was da wirklich passiert, um zu sehen, ob es auch so funktioniert, wie es funktionieren soll. Und in der Lage sind – und das ist das Entscheidende – in eine Sprache zu übersetzen, die jemand wie ich auch versteht. Dieser Skill ist an dieser Stelle unverzichtbar. Bei der Deutschen Telekom sind wir in der glücklichen Lage, dass wir eine Tochter haben, die Rechnerwartung ganz professionell macht – die RSS. Wenn wir das nicht hätten, bräuchten wir Menschen, die diese Clients betreuen. DMR: Wenn wir in die Zukunft schauen, was sind ihre Ziele zum Thema Roboter? Wie viele Roboter planen Sie in Zukunft einzusetzen? S. Zeiss: Da gibt es tatsächlich eine Zahl, die wir uns vorgenommen haben. Wir möchten in Zukunft 500 Clients haben. 500 Clients, die wir auch gerne voll auslasten wollen und die dann ihre entsprechende Arbeitsleistung bringen. Und wenn man das Bigger Picture betrachtet, dann wollen wir auch dort hinkommen, dass wir diese Roboter nicht nur für bestehende Prozesse einsetzen, sondern sehen ein riesiges Potenzial dafür, Prozesse einfach besser zu machen. Wir denken an Dinge wie: Wie kann ich Kunden proaktiv informieren, zum Beispiel, wenn bestimmte Dinge schiefgehen, wenn es irgendwo Verzögerungen gibt. Also Dinge, die ein Mitarbeiter nicht leisten kann, weil wir dafür aktuell gar nicht die Workforce haben. Mit einem Roboter ginge das. Perspektivisch ist unser Ziel, zu fragen: Wie können wir nicht nur Bestandsprozesse automatisieren, sondern wie können wir innovative Ideen, insbesondere zur Steigerung der Kundenzufriedenheit, umsetzen? DMR: In welchen Bereichen sehen Sie innerhalb des Technischen Service das größte Potenzial? D. Münch: Meine These ist, dass es keinen Bereich gibt, in dem es dafür kein Potenzial gibt. Je mehr Schnittstellen, je mehr manueller Aufwand und je älter die Systeme, die eingesetzt werden, umso größer ist das Potenzial. Dort, wo ich eine zerklüftete IT-Welt mit vielen Schnittstellen habe, dort habe ich in der Regel auch großes Potenzial. Aber ich sehe genauso wie Sebastian Zeiss in der Zukunft die Möglichkeit, innovativer zu denken. Ideen sind zum Beispiel ein Mitarbeiterchat, in dem ein Roboter mit einem Mitarbeiter arbeitet, oder der Einsatz von Apps. Diese Einsatzmöglichkeiten analysieren wir momentan. Potenziale sind also überall da, wo ich die Systemschnittstellen habe, und zukunftsgerichtet in sehr innovativen Bereichen, wo momentan noch überhaupt keine IT-Unterstützung vorhanden ist.

DMR: Welche innovativen Themen könnten für den technischen Service interessant sein? S. Zeiss: Wir denken gerade in drei Richtungen. Die erste ist der chattende Roboter – wir stellen uns vor, dass ein Roboter tatsächlich mit einem Mitarbeiter kommuniziert und ihm eine Frage stellt. Der Roboter bearbeitet einen Auftrag und weiß an irgendeiner Stelle nicht, wie er ein Problem interpretieren soll. Dann fragt er den Mitarbeiter, ob er nach links, rechts oder geradeaus gehen oder etwas vielleicht gar nicht bearbeiten soll. Der Mitarbeiter beantwortet ihm diese Frage und das Charmante daran ist, dass der Roboter sich die Antwort auf genau diese Frage merkt und das nächste Mal sofort Bescheid weiß. Dann sind wir derzeit mit einem unserer Lieferanten in der Diskussion, inwieweit wir künstliche Intelligenz einsetzen können. Das heißt, dass wir nicht mehr nur hart verdrahtete Entscheidungen machen, sondern mit Wahrscheinlichkeiten Probleme bearbeiten können, so wie das ein Mitarbeiter auch tut. Auf dieser Basis können wir ein selbstlernendes System bauen. Unser dritter Gedanke ist eine Besonderheit bei uns: Wir haben eine sehr große Außendienstorganisation, die sich natürlich – weil sie beim Kunden vor Ort ist – schwer tut, mit einem Roboter zu kommunizieren, ihm Aufträge zu geben. Wir überlegen gerade, wie wir so einen Roboter über eine App ansteuern können, um dann bestimmte Dinge, die die Kollegen sonst im telefonischen Kontakt oder im Nachgang erledigen müssen, eben sehr direkt über einen Klick erledigen können. Das sind die drei Richtungen, in die wir gerade denken. DMR: Was sind die Lessons Learned? S. Zeiss: Für mich ist die größte Lessons Learned, dass man den Change-Aspekt bei den Mitarbeitern nicht unterschätzen darf. Wir sind ein bisschen blauäugig herangegangen und haben in operativen Einheiten wirklich gefragt: „Wo seht ihr denn Potenziale dafür?“ Die Antwort, die wir meistens bekommen haben, war: „Also bei uns gar nicht, bei den anderen vielleicht, aber bei uns ganz schwierig“. Und die zweite Erkenntnis war, dass Kollegen, die kurz vor dem Ruhestand sind, immer ganz klar Auskunft geben. Den Change-Aspekt mit den ­Fragen „Wie nehme ich Mitarbeiter mit und wie nehme ich ihnen die Angst vor diesem Thema?“, hätten wir viel intensiver zu Beginn betrachten müssen. Ein anderes Learning ist, zu Beginn ein richtig gutes Projektteam zusammenstellen, mit den richtigen Leuten an Board, die das Thema wirklich vorantreiben. Nebenbei funktioniert das nicht. Man braucht Leute, die fokussiert daran arbeiten und richtig Lust darauf haben.

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