SCHWERPUNKT DIGITALE TRANSFORMATION
Auf der Website zum Innovationsindikator finden Sie einen ausführlichen Methodenbericht sowie weiteres Hintergrundmaterial. Außerdem können Sie dort mit „Mein Indikator“ individuell Volkswirtschaften vergleichen. Die Website ist auf allen Endgeräten vom Desktop-PC bis zum Smartphone nutzbar. www.innovationsindikator.de
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Inhalt 4 Vorwort 6 Zentrale Befunde 8 Zusammenfassung 12 Ansatzpunkte für die Innovationspolitik Ergebnisse 15
Über den Innovationsindikator Methoden und Indikatoren
18
Deutschland ohne echte Spitzenwerte Vierter
35 Volkswirtschaften im Innovationsvergleich
Fokus 29
Die digitale Transformation Analysen, Studien und erste Befunde
30
Neue Technologien machen die Welt smarter Digitalisierung und Innovationen
35
Deutschland weit weg von der Spitzengruppe Ergebnisse des Digitalisierungsindikators
41
Digitale Infrastruktur mit Schwächen
Die Situation in Deutschland
46
Mit Industrie 4.0 in die Zukunft
Chancen und Herausforderungen
52
Den digitalen Wandel gemeinsam gestalten
Deutschlands Transformationsfähigkeit
Anhang
3
57
Projektpartner
58
Impressum
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Vorwort Der Innovationsindikator 2017 zeigt: Deutschlands Innovationssystem steht auf den ersten Blick gut da. Wirklich abheben können wir uns im internationalen Wettbewerb aber nicht. In einem zentralen zukünftigen Handlungsfeld, der digitalen Transformation, scheinen gerade die USA und Großbritannien einen erheblichen Vorsprung zu haben. Darauf weist der für diesen Bericht eigens erstellte Digitalisierungsindikator hin. Die anhaltend gute Konjunktur, die Exportkraft der Industrie und die geringe Arbeitslosigkeit in Deutschland dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen. Angesichts der Geschwindigkeit und Radikalität des technologischen Wandels könnten frühere Erfolgsrezepte schnell der Vergangenheit angehören. Die meisten Branchen werden einen Strukturwandel erleben, bei dem „weiter so“ keine zukunftsfähige Option für Unternehmen darstellt. Dabei geht es keineswegs nur um den Einsatz neuer Technologien. Genauso kommt es auf eine Unternehmens- und Arbeitsorganisation an, die Kreativität, Agilität und Vernetzung im Innovationsprozess fördert. Die Visionen von Industrie 4.0, Smart-Service-Welt und lernenden Systemen bieten Orientierung für die digitale Transformation. Die konsequente Umsetzung ist allerdings kein Selbstläufer. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind vielfach noch nicht auf den Zug aufgesprungen. Ausund Weiterbildung, IT-Sicherheit und neue Geschäftsmodelle sind zentrale Herausforderungen. Ebenso die internationale Kooperation bei Standards und Interoperabilität. Der Innovationsindikator kann Anhaltspunkte für den Dialog von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bieten, wie wir gemeinsam die Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland sichern können. Gerade im Jahr der Bundestagswahl ist es uns ein besonderes Anliegen, die zentrale Bedeutung von Innovationen für Wohlstand und Beschäftigung hervorzuheben. Wir wünschen Ihnen in diesem Sinne eine anregende Lektüre.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
4
Henning Kagermann
Dieter Kempf
Präsident
Präsident
acatech – Deutsche Akademie der
Bundesverband der Deutschen Industrie
Technikwissenschaften
5
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Zentrale Befunde Innovationsindikator Deutschland gehört zu den innovationsstärksten Ländern der Welt und belegt mit einem Indexwert von 55 unverändert Rang vier im Innovationsindikator. Allerdings erreicht das deutsche Innovationssystem in keinem der fünf untersuchten Teilbereiche Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Staat und Gesellschaft eine Topplatzierung.
Deutschland im Vergleich zu ausgewählten Volkswirtschaften und zum
75
Benchmark Schweiz. Ein Ranking aller 35 Volkswirtschaften finden Sie
Schweiz Rang 1
auf Seite 19.
Benchmark
52 UK Rang 6
55 Deutschland Rang 4
51 USA Rang 11
50 Südkorea Rang 13
42 Japan Rang 20
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
6
Digitalisierungsindikator Gemessen am Digitalisierungsindikator, der für diese Ausgabe der Studie gesondert erstellt wurde, liegt Deutschland mit einem Indexwert von 44 auf Platz 17 deutlich hinter anderen Industrienationen. Besonders groß ist der Abstand zu Großbritannien und den USA. Handlungsbedarf besteht vor allem beim Breitbandausbau, der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, in Teilen des Bereichs Forschung und Technologie sowie bei digitalen Geschäftsmodellen.
Deutschland im Vergleich zu ausgewählten Volkswirtschaften und zum Benchmark Finnland. Ein Ranking
64 49 Südkorea Rang 12
7
Finnland Rang 1
UK Rang 4
Benchmark
aller 35 Volkswirtschaften finden Sie
70
auf Seite 36.
62 USA Rang 9
44
44
Deutschland Rang 17
Japan Rang 18
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
01
Zusammenfassung
Deutschland gehört zu den innovationsstärksten
Zurückgegangen sind dagegen der deutsche
Ländern der Welt und belegt unverändert Rang
Handelsbilanzsaldo bei Hochtechnologiegü-
vier im Innovationsindikator – allerdings erreicht
tern, der Beschäftigtenanteil in wissensinten-
das deutsche Innovationssystem in keinem der
siven Dienstleistungen und die Wagniskapi-
Teilbereiche Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung,
talinvestitionen in Relation zum BIP. Anders
Staat und Gesellschaft eine Topplatzierung.
als in den meisten anderen Industrienationen verzichtet der Staat bislang auf eine steuerliche
Die mit Abstand höchsten Werte im Innova-
Förderung von Forschung und Entwicklung
tionsindikator erreichen auch dieses Jahr die
(FuE); die direkte Förderung von FuE in Unter-
Schweiz und Singapur. Die Schweiz ist das
nehmen durch Zuschüsse oder FuE-Aufträge
einzige Land, für das der Innovationsindikator
der öffentlichen Hand fällt ebenfalls vergleichs-
in allen fünf Teilbereichen des Innovationssys-
weise gering aus.
tems sehr hohe Werte ausweist. Die größte Stärke der USA liegt in der Inno Deutschland liegt im Gesamtranking des Inno-
vationskraft amerikanischer Unternehmen,
vationsindikators mit den anderen großen In-
insbesondere im Bereich der digitalen Wirt-
dustrienationen USA, Großbritannien, Südko
schaft, die zu den innovativsten und höchst-
rea und Frankreich quasi gleichauf. Innerhalb
bewerteten weltweit zählen. Weitere Stärken
der fünf Teilbereiche des Innovationssystems
des Wirtschaftssystems sind die hohe Inten-
zeigen die Länder zum Teil aber sehr unter-
sität des heimischen Wettbewerbs, die hohe
schiedliche Leistungen.
Arbeitsproduktivität, ein hoher Anteil staatlich finanzierter FuE und der hoch entwickelte
Die Stärken des deutschen Innovationssystems
Wagniskapitalmarkt. Schwächer bewertet wird
liegen nach wie vor in einer guten beruflichen
das Wissenschaftssystem: Die Tatsache, dass
Ausbildung und einem hohen Anteil von Akade-
einige der weltweit führenden Universitäten in
mikern mit Spitzenqualifikationen in den MINT-
den USA beheimatet sind, darf nicht darüber
Fächern (Promotion), einem hohen Beitrag der
hinwegtäuschen, dass das Hochschulsystem
Hochtechnologiebranchen zur Wertschöpfung,
in der Breite nur ein mittleres Leistungsni-
einer relativ hohen staatlichen Finanzierung des
veau erreicht. Im Vergleich zu vielen anderen
Wissenschaftssystems und einer hohen Anzahl
Ländern sind wissenschaftliche Einrichtungen
von Patentanmeldungen je Einwohner. Die Be-
und Unternehmen zudem bei der Technolo-
wertung des Bildungssystems hat sich über die
gieentwicklung in deutlich geringerem Umfang
vergangenen Jahre nach dem PISA-Schock im
international vernetzt.
Jahr 2000 kontinuierlich verbessert.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
8
Teilbereiche des Innovationsindikators Deutschland und ausgewählte Volkswirtschaften im Vergleich Benchmark 66
100
59
56
54
50
45
50
0
Schweiz
Südkorea
USA
Deutschland
Japan
UK
Rang 1
Rang 2
Rang 6
Rang 7
Rang 12
Rang 15
62
54
Indexwert Wirtschaft
97 100
50
47
34
50
0
Dänemark
Deutschland
UK
USA
Südkorea
Japan
Rang 1
Rang 11
Rang 14
Rang 17
Rang 18
Rang 20
84
100
55
51
50
41
36
50
0
Singapur
Südkorea
UK
Deutschland
Japan
USA
Rang 1
Rang 4
Rang 7
Rang 8
Rang 16
Rang 19
56
53
50
49
86
Indexwert Bildung
100
42
50
0
Singapur
Deutschland
Japan
USA
Südkorea
UK
Rang 1
Rang 8
Rang 10
Rang 12
Rang 13
Rang 17
85
80
Indexwert Staat
100
51
50 30
21
50
0
9
Indexwert Wissenschaft
Australien
UK
USA
Deutschland
Japan
Südkorea
Rang 1
Rang 2
Rang 12
Rang 13
Rang 21
Rang 23
Indexwert Gesellschaft
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Das Innovationssystem in Großbritannien hat
Gemessen am Digitalisierungsindikator, der für
seine Leistungsfähigkeit über die vergangenen
diese Ausgabe des Innovationsindikators erstellt
fünf Jahre kontinuierlich verbessert. Beson-
wurde, liegt Deutschland deutlich hinter ande
dere Stärken sind die günstigen gesellschaft-
ren Industrienationen zurück (Rang 17). Das gilt
lichen Rahmenbedingungen für Innovationen
besonders für die Bereiche Forschung/Technolo
und ein gutes Bildungssystem. Das Wissen-
gie (Rang 16), Bildung (Rang 17) und Infrastruk
schaftssystem zeichnet sich durch eine hohe
tur/Staat (Rang 19).
Leistungsfähigkeit in der Grundlagenforschung aus – wenngleich sich die Forschungsleistung
Der Digitalisierungsindikator weist für die
häufig auf einige wenige Eliteuniversitäten
USA in allen Teilbereichen außer im Bereich
konzentriert. Defizite bestehen dagegen in der
Gesellschaft einen höheren Wert aus als für
geringen Anwendungsorientierung und im Wis-
Deutschland. Aber auch die Werte für Groß
sens- und Technologietransfer. Der Anteil der
britannien übertreffen – mit Ausnahme des
öffentlichen Forschungsausgaben in Relation
Bereichs Forschung und Technologie – deut-
zum BIP fällt vergleichsweise gering aus.
lich die Werte für Deutschland.
Die Innovationskraft der südkoreanischen
Die niedrige Bewertung Deutschlands im
Wirtschaft hat sich gemessen an den Bewer-
Bereich Infrastruktur/Staat ist vor allem auf
tungskriterien des Innovationsindikators in den
eine unzureichende Breitbandversorgung und
vergangenen Jahren deutlich verbessert. Im
einen geringeren Digitalisierungsgrad der öf-
entsprechenden Teilbereich erreicht Südkorea
fentlichen Verwaltung zurückzuführen.
Rang zwei und damit eine höhere Bewertung als die USA. Die Stärken des Innovationssys-
Im Bereich Forschung/Technologie weist
tems drücken sich in hohen FuE-Ausgaben in
der Digitalisierungsindikator für Deutschland
Relation zum BIP (zuletzt 3,36 Prozent), einer
ebenfalls einen deutlich niedrigeren Wert aus
hohen Anzahl von Patentanmeldungen in den
als beispielsweise für Südkorea, die USA oder
USA sowie einem hohen Beitrag der Hoch-
Japan. Bei der Durchdringung mit digitalen
technologiebranchen zur Wertschöpfung aus.
Technologien (zum Beispiel Softwarelösungen,
Eine weitere Stärke ist die Leistungsfähigkeit
Cloud-Computing) liegen deutsche Unterneh-
des Bildungssystems. Die Werte im Teilbereich
men lediglich im Mittelfeld. Bei kleinen Un-
Wissenschaft fallen angesichts eines relativ
ternehmen ist die Durchdringung besonders
niedrigen Outputs und einer geringen interna-
gering. Großbritannien, Japan und die USA
tionalen Kooperationsneigung innerhalb des
liegen im Teilbereich Wirtschaft des Digitali-
Wissenschaftssystems dagegen niedriger aus.
sierungsindikators deutlich vor Deutschland. Im Bereich digitaler Geschäftsmodelle ist der
Das Innovationssystem Chinas weist – in der
Abstand zu den USA und Großbritannien so-
Breite – im Vergleich zu den anderen großen
gar noch größer. Im Teilbereich Bildung liegen
Industrienationen immer noch eine deutlich
Großbritannien und Südkorea deutlich vor
geringere Leistungsfähigkeit auf. In einzelnen
Deutschland.
Branchen dagegen (zum Beispiel Internet- und Telekommunikation) konkurrieren chinesi-
Den höchsten Wert für Deutschland weist der
sche Firmen weltweit auf Augenhöhe. Zudem
Digitalisierungsindikator im Bereich Gesell
steigt die Qualität der wissenschaftlichen
schaft auf. Ein vergleichsweise hoher Nut-
Forschungsergebnisse. Chinesische Unter-
zungsgrad digitaler Lösungen/Technologien in
nehmen beteiligen sich außerdem bereits in
der Bevölkerung kann ein Gradmesser für die
hohem Maße an der Finanzierung von FuE an
gesellschaftliche Aufgeschlossenheit bezie-
Hochschulen.
hungsweise Akzeptanz der Digitalisierung sein. Unter den großen Industrienationen zeigt nur Großbritannien höhere Werte als Deutschland.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
10
Teilbereiche des Digitalisierungsindikators Deutschland und ausgewählte Volkswirtschaften im Vergleich Benchmark 90 57
57
53
100
42
29
50 0
Israel
UK
Japan
USA
Deutschland
Südkorea
Rang 1
Rang 2
Rang 6
Rang 7
Rang 12
Rang 15
55
51
48
93
100
33
26
50 0
Finnland
Südkorea
USA
Japan
Deutschland
UK
Rang 1
Rang 6
Rang 7
Rang 9
Rang 16
Rang 20
88
78
61
51
44
21
Australien
UK
Südkorea
USA
Deutschland
Japan
Rang 1
Rang 3
Rang 6
Rang 10
Rang 17
Rang 31
85
85 57
57
54
50
USA
USA
Südkorea
UK
Japan
Deutschland
Rang 1
Rang 1
Rang 8
Rang 9
Rang 11
Rang 19
58
50
Indexwert Infrastruktur/Staat
100
46
44
32
50 0
Norwegen
UK
Deutschland
USA
Südkorea
Japan
Rang 1
Rang 6
Rang 12
Rang 16
Rang 17
Rang 21
92
83
83 56
49
47
Indexwert Gesellschaft
100 50 0
Niederlande
USA
UK
Südkorea
Deutschland
Japan
Rang 1
Rang 2
Rang 3
Rang 11
Rang 15
Rang 16
11
Indexwert Bildung
100
39
0
78
Indexwert Forschung/Technologie
100
0
93
Indexwert Wirtschaft
Indexwert Geschäftsmodelle
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
02
Ansatzpunkte für die Innovationspolitik
Im Licht der Ergebnisse des Innovationsindikators erweisen sich die jüngsten Empfehlungen des Hightech-Forums der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der Hightech-Strategie (Mai 2017) und der Expertenkommission Forschung und Innovation (Jahresgutachten 2017) als reichhaltige Quelle guter Ansatzpunkte für die künftige Innovationspolitik. Die Herausgeber des Innovationsindikators möchten vor allem die drei folgenden übergeordneten Stoßrichtungen besonders hervorheben, die gerade angesichts der digitalen Transformation von zentraler Bedeutung für die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Wissenschaft sind.
1 Bildung, Forschung und Wissenstransfer auf zukünftige Herausforderungen ausrichten
Nationales Kompetenz-Monitoring etablieren,
Hochschulen beim Wissenstransfer in Wirt-
um Schlüsselkompetenzen für Zukunftstech-
schaft und Gesellschaft (sogenannte dritte
nologien in Wirtschaft, Wissenschaft und
Mission) stärken. Auf virtuellen und realen
Gesellschaft schneller und systematischer
Transfer- und Experimentiercampi sollten
erfassen und international vergleichen und
Wissenschaft und Wirtschaft unbürokratisch in
entwickeln zu können.
innovativen Ökosystemen zusammenarbeiten können. Transferstellen und Gründerzentren
Gemeinsam mit Stakeholdern aus Wissen-
sollten mit passenden Beratungs- und Vernet-
schaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eine
zungsangeboten die Unternehmen dazu befä-
ressortübergreifende neue nationale MINT-
higen, in Zukunft vermehrt auf Plattformmärk-
Strategie formulieren, die nicht zuletzt einen
ten und in digitalen Ökosystemen zu agieren.
Schwerpunkt auf die Themen Qualitätssicherung, Talentförderung und Bildung in der digitalen Transformation legt.
Grundfinanzierung der Hochschulen ver bessern und Bund-Länder-Programm zur Hochschulfinanzierung („Hochschulpakt“)
Digitale Bezugspunkte in allen Schulfächern
sowie den Pakt für Innovation und Forschung
fest verankern, um die Kompetenzen junger
für außeruniversitäre Forschungsorganisa
Menschen für die Gestaltung und die Teilhabe
tionen auch über das Jahr 2020 hinaus fort-
an der digitalen Transformation zu fördern. Eine
setzen.
informationstechnische Grundbildung sowie die Kenntnis neuer Arbeitsmethoden (zum Beispiel
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Duales Prinzip auch an Hochschulen fördern
agile Arbeit, Kreativitätstechniken, evidenzba-
und ein gemeinsames/übergreifendes Bil
siertes Management) müssen als neue gleich-
dungskonzept für die Berufs- und Hochschul-
berechtigte Kulturtechniken begriffen werden.
bildung von morgen entwickeln.
12
2 Regulatorische Überforderung innovativer Ge-
Enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und
schäftsmodelle vor allem in der neu entstehen-
Wirtschaft bei der Entwicklung von industrie-
den Datenökonomie vermeiden und einheit
spezifischen europäischen/internationalen
liche Wettbewerbsbedingungen für etablierte
Standards und Normen für das Internet der
und neue Marktakteure schaffen.
Dinge, Daten und digitale Dienstleistungen fördern.
Den Aufbau einer neuen Unternehmerkultur Den europäischen digitalen Binnenmarkt
fördern. Schulen und Hochschulen sollten entsprechende Werte, Leitbilder und Kom-
zügig verwirklichen, um einheitliche Wettbe-
petenzen wie Kreativität, Risikobereitschaft,
werbsbedingungen für die digitale Transforma-
Projektmanagement, Unternehmensführung,
tion in Europa zu schaffen und Unternehmen
unternehmerische Grundkenntnisse und
das schnelle Skalieren digitaler Geschäftsmo-
das Lernen an Fehlern stärker fördern.
delle zu ermöglichen.
Wettbewerb als vorrangiges Entdeckungsprinzip für neue Ideen und Innovationen stärken
3 Finanzierungsmöglichkeiten für Innovationen
Raum, um eine digitale Spaltung der Regionen
verbessern. Öffentliche Projektförder- und
zu vermeiden – und die digitale Transformati-
Finanzierungsprogramme erreichen einen
on der öffentlichen Verwaltung beschleunigen
Teil forschender kleiner und mittelständischer
(E-Government und Open Government Data).
Unternehmen nicht. Die meisten Industrieländer setzen daher zusätzlich auf indirekte,
Regulatorische Experimentierräume schaffen.
steuerliche FuE-Anreize. In Deutschland fehlt
Unternehmen sollten die Möglichkeit haben,
ein solches Instrument bisher. Dieser interna-
innovative Technologien und neue Arbeits-
tionale Standortnachteil sollte ausgeglichen
und Organisationsformen in zeitlich und
werden. Darüber hinaus muss Deutschland als
räumlich begrenzten Experimentierräumen
Investitionsstandort für privates Wagniskapital
zunächst frei von innovationshemmenden
attraktiver werden.
Regularien zu entwickeln und zu testen.
Das Innovationsprinzip in die nationale Ge
Unternehmen gesetzliche Freiräume lassen,
setzesfolgenabschätzung einführen. Innova-
um eigene Strukturen schnell und flexibel an
tionshemmende Wirkungen neuer Gesetze
die neuen Anforderungen der digitalen Arbeits-
könnten so bereits frühzeitig im Gesetzge-
welt anpassen zu können. Die Betriebspartner
bungsverfahren identifiziert werden.
können die konkreten unternehmerischen
Staatliche Rahmenbedingungen für Innovationen verbessern und Strukturveränderungen vorantreiben
Bedarfe sowie die individuellen Präferenzen der Ausbau leistungsfähiger Breitbandverbin dungen vorantreiben – vor allem im ländlichen
13
Beschäftigten hinsichtlich „guter Arbeit“ zielgenauer adressieren als pauschale Regelungen.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
03
Über den Innovationsindikator
Neue Produkte, Prozesse und Dienstleistungen,
sationen die Position Deutschlands im weltweiten
die sich auf Märkten durchsetzen, oder auch die
Innovationswettbewerb einschätzen und verorten
qualitative Verbesserung bestehender Produk-
können. Nur so können sie Maßnahmen ergreifen,
te und Prozesse werden in volkswirtschaftlicher
die die Situation sichern oder verbessern. Dazu
Hinsicht als Innovationen bezeichnet. Innovatio-
sind eine differenzierte Analyse und ein internatio-
nen sind für die meisten Unternehmen und ganze
naler Vergleich unumgänglich.
Branchen der Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Deutschland ist auf besondere
Der Innovationsindikator hat genau das zum Ziel.
Weise auf Innovationen angewiesen, um ange-
Im Auftrag von acatech – Deutsche Akademie der
sichts des demografischen Wandels das Wachstum
Technikwissenschaften und des Bundesverbands
von Wirtschaft und Wohlstand sowie die Hand-
der Deutschen Industrie (BDI) werden 35 Volks-
lungsfähigkeit der öffentlichen Hand zu sichern.
wirtschaften daraufhin untersucht, wie innova
Innovationen sind der Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Diese Studie nimmt 35 Volkswirtschaften in den Blick und zeigt, wie innovationsfähig sie sind.
tionsorientiert und -fähig sie sind. Der InnovationsAus ökonomischer Perspektive gibt es eine Vielzahl
indikator wird vom Fraunhofer-Institut für System-
von Faktoren und Einflüssen, die die private Inno-
und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe in Zu-
vationstätigkeit fördern oder gar erst ermöglichen.
sammenarbeit mit dem Zentrum für Europäische
So werden zum Beispiel sogenannte user-led
Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim erstellt.
innovations von zahlreichen Akteuren vorange-
Er vergleicht die Innovationsleistung von 35 Län-
trieben – Unternehmen, Forschungseinrichtun-
dern anhand von 38 Einzelindikatoren.
gen, Forschungsförderern, Bildungsinstitutionen, aber auch den Innovationsfinanzierern sowie
Grundprinzipien des Innovationsindikators sind:
den Abnehmern und Nutzern von Innovationen,
1. Modellgestützter Ansatz bei der Indikatoren-
die Dienstleistungen und Produkte häufig selbst
auswahl: Jeder einzelne der 38 Indikatoren
verbessern und anpassen. Das Zusammenspiel
wurde auf Basis seines statistisch überprüften
dieser Faktoren, Einflüsse und Akteure bildet das
Erklärungswerts für die nationalen Innova
nationale Innovationssystem.
tionsleistungen ausgewählt. Auf diese Weise wird sowohl eine Übersichtlichkeit als auch die
Ein gut funktionierendes Innovationssystem ermöglicht, dass Unternehmen innovativ sein kön-
Relevanz der Ergebnisse sichergestellt. 2. Unterteilung der Indikatoren nach Input/
nen und sichert so Arbeitsplätze und Wohlstand.
Output und Subsystemen (Wirtschaft, Bil-
Allerdings befinden sich die Unternehmen als
dung, Wissenschaft, Staat, Gesellschaft): Dies
Anbieter von innovativen Gütern und Dienstleis-
ermöglicht detaillierte Analysen der Stärken
tungen im Wettbewerb – und das gilt im weiteren
und Schwächen einzelner Länder und somit
Sinn somit auch für die Innovationssysteme. Da-
zielgerichtete Handlungsempfehlungen.
bei ist es wichtig, dass Unternehmen und Verbän-
3. Einbeziehung harter und weicher Indikatoren:
de ebenso wie die Politik oder öffentliche Organi-
Innovationstätigkeiten hängen sowohl von
15
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Hauptelemente des Innovationsindikator-Modells INPUT
GESELLSCHAFT
INPUT
INPUT
WIRTSCHAFT
INPUT
OUTPUT
BILDUNG OUTPUT
OUTPUT
WISSENSCHAFT
OUTPUT
INPUT
STAAT OUTPUT
Quelle: eigene Darstellung
direkt messbaren Faktoren wie zum Beispiel
Herausforderungen der Messung
den zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen ab als auch von
Der Innovationsindikator ist ein sogenannter
eher weichen, nicht unmittelbar messbaren
Kompositindikator, bei dem einzelne, für das
Faktoren wie etwa gesellschaftlichen Einstel-
Innovationssystem relevante Teilindikatoren durch
lungen. Der Innovationsindikator sammelt
Gewichtung zu einer zusammenfassenden Maß-
auch relevante Daten dieser weichen Faktoren,
zahl verdichtet werden. Der Indikator verwendet
um Innovationssysteme in ihrer Gesamtheit
dabei eine Gleichgewichtung, um die Berechnung
abzubilden. Das unterscheidet ihn von vielen
transparent und nachvollziehbar zu halten. Den-
ähnlich gelagerten Indikatorensystemen.
noch wären auch andere Gewichtungsverfahren
4. Hohe Aktualität der Ergebnisse durch Verwen-
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
denkbar und sind in vergleichbaren Analysen
dung von Prognose und Hochrechnungsver-
zum Einsatz gekommen. Um die Robustheit der
fahren (Nowcasting) für die Einzelindikatoren:
Ergebnisse gegenüber abweichenden Gewichtun-
Alle Indikatoren beziehen sich auf 2015.
gen zu analysieren, bedienen sich die Autoren der
16
Studie moderner statistischer Simulationsmetho-
die explizit sowohl den aktuellen Politikkontext
den. Dabei zeigen sich die Ergebnisse als äußerst
als auch mögliche zukünftige Entwicklungen zu
robust und die Einordnungen der Analyse somit
berücksichtigen suchen.
als verlässlich. So führen zwar unterschiedliche Gewichtungs-
Struktur des Berichts
verfahren zu geringfügigen Unterschieden im konkreten Abschneiden der Länder. Allerdings
Das folgende Kapitel fasst die Ergebnisse zusam-
bilden sich weitgehend unabhängig von der
men und verweist auf zukünftige Herausforde-
jeweiligen Gewichtung deutlich erkennbare
rungen für die Innovationspolitik beziehungsweise
Zuordnungen zu gewissen Gruppen an Volks-
das Innovationssystem.
wirtschaften heraus. Es lässt sich also mit großer Sicherheit sagen, dass ein Land zum Beispiel
Im Fokus des Innovationsindikators 2017 steht die
zu der Verfolger- oder der Spitzengruppe zählt.
digitale Transformation der deutschen Wirtschaft.
Dementsprechend wird sich die Interpretation
Das Thema wird aus unterschiedlichen Perspek-
der Rangplätze im Wesentlichen auf diese Grup-
tiven beleuchtet, beispielsweise einem interna
penzugehörigkeit und stabile langfristige Ent-
tionalen Vergleich. Ein weiterer Schwerpunkt liegt
wicklungstrends konzentrieren. Kleinere Verände-
auf der digitalen Infrastruktur in Deutschland.
rungen zu den Vorjahren sowie geringe Abstände
Außerdem wird Deutschlands Position in Bezug
zwischen einzelnen Ländern sollten dabei nicht
auf die Zukunft der Produktion, insbesondere
überinterpretiert werden.
die Industrie 4.0, untersucht. Ein abschließendes Kapitel analysiert die Transformationsfähigkeit
Dynamisches Umfeld Innovationssysteme sind hochgradig dynamisch: Sie verändern sich unablässig und häufig in
Deutschlands mit Blick auf Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.
Website mit mehr Informationen
schwer vorhersehbarer Weise. Diese Veränderungen können einen gravierenden Einfluss
Der vorliegende Bericht beinhaltet die wichtigsten
auf die Funktionsweise des Innovationssystems
Ergebnisse der für das Referenzjahr 2015 durch-
ausüben. Dies stellt wiederum Messmodelle wie
geführten Analysen. Profile für einzelne Länder,
den Innovationsindikator vor große Herausfor-
die Entwicklung von Einzelindikatoren sowie Ver-
derungen, da dieser die volkswirtschaftlichen
gleiche zwischen verschiedenen Ländern können
Innovationsfähigkeiten auf Basis eines vorab
auf der Internetseite selbst erstellt werden. Dort
definierten Indikatorensets erfasst. Unerwartete
findet man auch eine ausführliche Dokumentation
Entwicklungen sowie strukturelle Veränderun-
der Methoden und der verwendeten Indikatoren
gen, wie sie beispielsweise im Zuge der digitalen
im elektronisch verfügbaren Methodenbericht.
Transformation der Wirtschaft zu erwarten sind, erfordern zum einen eine ständige kritische
www.innovationsindikator.de
Auseinandersetzung mit der Angemessenheit der verwendeten Indikatoren. Zum anderen muss der rein quantitative Indikatorenansatz immer durch qualitative Einschätzungen ergänzt werden, die darauf abzielen, Entwicklungen zu antizipieren, die sich möglicherweise erst in Jahren in Zahlen messbar niederschlagen. Aus diesen Gründen folgt der Innovationsindikator dem Ansatz, die quantitativen Ergebnisse gezielt um qualitative Einschätzungen zu ergänzen,
17
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
04
Deutschland ohne echte Spitzenwerte Vierter
Die Schweiz hat das stärkste Innovations system. Frankreich und Großbritannien legen zu. Die USA liegen im Mittelfeld. China zeigt nur punk tuelle Stärken.
Der Innovationsindikator misst die Leistung von
Jahren ausbauen konnte, reicht es in keinem der
35 Volkswirtschaften hinsichtlich ihrer Fähigkei-
fünf Teilbereiche an die etablierten Innovations
ten, Innovationen hervorzubringen und zu nutzen.
nationen heran.
Er berücksichtigt dabei sowohl Investitionen in das Innovationssystem (Input) als auch Ergebnisse innovationsorientierter Aktivitäten (Output).
Schweiz an der Spitze
Gemessen am Innovationsindikator schneidet die Schweiz am besten ab. Sie liegt in allen fünf
Die Schweiz kann die Spitzenposition behaupten
Teilbereichen – Wirtschaft, Wissenschaft, Bil-
und hat gemessen am Innovationsindikator das
dung, Staat und Gesellschaft – unter den vier
leistungsfähigste Innovationssystem. Sie erreicht
bestplatzierten Ländern. Dahinter folgen Singapur
als einziges Land sehr hohe Werte in allen fünf
und Belgien. Beide Länder zeigen ebenfalls ein
Teilbereichen des Innovationsindikators. In der
gut balanciertes Innovationssystem mit Stärken
Wirtschaft nimmt die Schweiz den ersten Platz im
in allen fünf Bereichen. Deutschland befindet
Ranking ein, im Bereich Bildung liegt das Land
sich auf dem vierten Rang. Es weist in allen fünf
auf Rang zwei. In den Bereichen Wissenschaft
Teilbereichen gute, jedoch nirgends Spitzenwerte
und Gesellschaft steht es jeweils an dritter Stelle.
auf. Belgien und Deutschland führen eine größere
Die innovationsorientierten Aktivitäten des Staates
Gruppe von Ländern an, die sich in ihrer Innova
werden im internationalen Vergleich ebenfalls sehr
tionsleistung nur wenig unterscheiden.
gut bewertet. Dies liegt allerdings nicht an einer direkten staatlichen Förderung von Innovationen
Die USA befinden sich im Mittelfeld dieser Län-
in Unternehmen, denn diese fehlt in der Schweiz.
dergruppe und haben sich damit deutlich von
Vielmehr sind es das sehr gut ausgestattete und
ihrem früheren Spitzenplatz entfernt. 2005 lagen
überwiegend staatlich finanzierte Bildungssystem
die USA noch auf Rang drei. Das ist vor allem
und die hohen staatlichen Investitionen in die
auf eine in der Breite schwächere Leistung des
wissenschaftliche (Grundlagen-)Forschung, die die
Wissenschafts- und Bildungssystems zurück-
Schweiz auch in diesem Teilbereich des Innova
zuführen. Japan liegt am Ende dieser Gruppe.
tionsindikators vorne platzieren. Generell zählt das
Negativ wirkt sich dort die geringe Offenheit des
Wissenschaftssystem, in dem die Universitäten
Innovations- und Wissenschaftssystems aus, ab-
eine zentrale Rolle spielen, zu den herausragen-
zulesen an einer niedrigen Kooperationsneigung
den Stärken der Schweiz.
sowohl mit internationalen Wissenschaftspartnern
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
als auch zwischen Unternehmen und Wissen-
Bei den meisten Wissenschaftsindikatoren weist
schaftseinrichtungen im Land selbst. China
sie den höchsten Wert unter allen untersuchten
befindet sich weiterhin deutlich hinter der Gruppe
Ländern auf. Dies gilt sowohl für die Anzahl der
der innovationsintensiven Länder. Obwohl China
Publikationen aus der öffentlichen Forschung
seine Innovationsleistung in den vergangenen
gemessen an der Bevölkerung als auch für die
18
Qualität der Forschung. Schweizer Wissenschafts-
Deutschland ist Vierter
einrichtungen kooperieren zudem international so intensiv wie wenige vergleichbare Institutionen in
Deutschland belegt Rang vier im Ländervergleich.
anderen Ländern. Die Schweiz verfügt auch über
Der Abstand zu den folgenden Ländern ist aller-
ein gut ausgebautes System zum Wissens- und
dings gering, sodass der jeweilige Rang innerhalb
Technologietransfer: Es existieren gut funktionie-
dieser Gruppe wenig aussagekräftig ist. Jedoch
rende Schnittstellen zwischen Wissenschaft und
gibt es in allen Teilbereichen Länder, die vor
Wirtschaft, die eine Überführung von Forschungs-
Deutschland liegen. Die Innovationsleistung der
ergebnissen in Produkte und Dienstleistungen
deutschen Wirtschaft fällt beispielsweise hinter die
unterstützen. Die Schweiz verfügt zudem über
Südkoreas oder der USA zurück. Das Bildungssys-
eine hervorragende Infrastruktur. Schließlich profi-
tem hat trotz Verbesserungen in den vergangenen
tieren Start-ups von den hohen Privatvermögen in
Jahren immer noch einen erheblichen Abstand zu
der Schweiz, die auch in innovative Unternehmen
den bestplatzierten Ländern wie Südkorea oder
investiert werden. In der Schweiz sind viele wett-
Finnland. Die Leistung des Wissenschaftssystems
bewerbsfähige Unternehmen im Hochtechnologiebereich ansässig, was sich beispielsweise in einem Handelsüberschuss bei Hochtechnologiegütern niederschlägt. Die hohe Punktzahl von Singapur, das den zweiten Rang im Innovationsindikator 2017 belegt, ist insbesondere auf umfangreiche staatliche Förderaktivitäten zurückzuführen. Dazu zählen eine großzügige direkte staatliche Forschungsförderung, eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Unternehmen sowie eine hohe staatliche Nachfrage nach neuen Technologien, die Anreize für Innovationen setzt. Beim Anteil der Beschäftigten mit Hochschulabschluss und bei Indikatoren zur Qualität des Bildungssystems und den Bildungsergebnissen erreicht Singapur im internationalen Vergleich die höchsten Werte. Das Wissenschaftssystem wird als das zweitbeste hinter der Schweiz eingestuft. Vor allem die Qualität des wissenschaftlichen Outputs erreicht hohe Werte. Sie wird daran gemessen, wie oft wissenschaftliche Publikationen eines Landes im Durchschnitt zitiert werden. Neben der hohen Sichtbarkeit wissenschaftlicher Publikationen tragen aber auch die Unternehmen zu Singapurs Innovationssystem maßgeblich bei. Die Stärke der Wirtschaft in Singapur liegt vor allem in ihrer internationalen Vernetzung und schlägt sich in einem positiven Handelsbilanzsaldo bei Hochtechnologiegütern nieder.
Gesamtergebnis des Innovationsindikators Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
Indexwert Schweiz Singapur Belgien Deutschland Finnland Großbritannien Dänemark Schweden Österreich Niederlande USA Irland Südkorea Norwegen Frankreich Australien Israel Kanada Taiwan Japan Tschechien Portugal Spanien Ungarn China Italien Russland 12 Polen 11 Griechenland 8 Südafrika 4 Türkei 3 Indonesien 1 Mexiko 0 Indien 0 Brasilien 0 0
19
10
75 70 58 55 54 52 52 52 51 51 51 51 50 49 48 47 46 45 43 42 29 26 23 20 19 18
20
30
40
50
60
70
80
90
100
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
ist zwar besser als die der anderen großen Indus-
Neuausrichtung der Forschungs- und Innovations-
trieländer, jedoch bei Weitem nicht so gut wie die
politik mit der Hightech-Strategie haben merkliche
kleinerer Länder. So haben Dänemark, die Nieder-
Verbesserungen gebracht. Sie haben dazu beige-
lande oder Schweden ihre Stärken unter anderem
tragen, dass Deutschland seit 2010 nie schlechter
in einer hohen internationalen Vernetzung.
als auf Rang sechs platziert war.
Die gute Platzierung Deutschlands im Innova
Zu den Stärken des deutschen Innovationssys-
tionsindikator ist letztlich darauf zurückzuführen,
tems zählen zum einen strukturelle Merkmale wie
dass es in keinem Teilsystem schlecht abschnei-
der hohe Beitrag der Hochtechnologiebranchen
det. Dies war keineswegs immer so. Noch Mitte
zur Wertschöpfung, der hohe Anteil von Personen
der 2000er-Jahre lag Deutschland in den Teilbe-
mit einer guten beruflichen Ausbildung sowie die
reichen Bildung und Staat in der unteren Hälfte
intensive Kooperation zwischen Wirtschaft und
des Länderrankings mit großem Abstand zur
Wissenschaft. Das zeigt sich unter anderem am
jeweiligen Spitzengruppe. Die Anstrengungen in
hohen Anteil von Forschung und Entwicklung
der Bildung nach dem PISA-Schock sowie die
(FuE) an Hochschulen und öffentlichen Forschungseinrichtungen, der von Unternehmen finanziert wird. Auch die steigende Anzahl hochrangiger Publikationen deutscher Wissenschaftler
Gesamtranking der Länder 2000–2015 Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
2000 Schweiz Schweden USA Finnland Belgien Singapur Israel Kanada Frankreich Deutschland Niederlande Dänemark Großbritannien Norwegen Japan Australien Österreich Irland Südkorea Taiwan Tschechien Russland Ungarn Spanien Indien Italien Polen Indonesien China Griechenland Portugal Brasilien Mexiko Türkei Südafrika
2005 Schweiz Schweden USA Finnland Singapur Niederlande Kanada Dänemark Belgien Deutschland Norwegen Großbritannien Österreich Israel Frankreich Australien Irland Japan Südkorea Taiwan Tschechien Spanien Ungarn Indien Italien China Russland Polen Portugal Griechenland Südafrika Indonesien Brasilien Mexiko Türkei
2010 Schweiz Singapur Schweden Deutschland Finnland Niederlande Norwegen Österreich USA Belgien Kanada Taiwan Dänemark Frankreich Großbritannien Australien Irland Südkorea Israel Japan Tschechien Ungarn Spanien Portugal China Italien Indien Russland Polen Griechenland Indonesien Südafrika Brasilien Mexiko Türkei
2014 Schweiz Singapur Finnland Belgien Deutschland Irland Niederlande USA Österreich Schweden Dänemark Großbritannien Südkorea Norwegen Australien Israel Kanada Frankreich Taiwan Japan Tschechien Portugal Spanien Ungarn Italien China Polen Russland Griechenland Türkei Südafrika Indonesien Brasilien Indien Mexiko
und ein beachtlicher Anteil ausländischer Stu2015 Schweiz Singapur Belgien Deutschland Finnland Großbritannien Dänemark Schweden Österreich Niederlande USA Irland Südkorea Norwegen Frankreich Australien Israel Kanada Taiwan Japan Tschechien Portugal Spanien Ungarn China Italien Russland Polen Griechenland Südafrika Türkei Indonesien Brasilien Indien Mexiko
dierender schlagen positiv zu Buche. Die hohe Anzahl von Patentanmeldungen je Einwohner spiegelt die große technologische Kompetenz von Unternehmen und Wissenschafts-/Forschungseinrichtungen wider. Über einen sehr langen Zeitraum zählte der Bildungsbereich zu den größten Schwächen im deutschen Innovationssystem. Betrachtet man die für Innovationen relevanten Faktoren, so hat sich das deutsche Bildungssystem in den vergangenen Jahren verbessern können. Im Detail zeigen die Einzelindikatoren, dass Deutschland bei der Bewertung des Erziehungssystems als Ganzes gut abschneidet. Schon seit Langem konnte es sich bei den Spitzenqualifikationen hervortun, gemessen an der Anzahl Promovierter in den MINT-Fächern in Relation zur Bevölkerung. In der jüngeren Vergangenheit hatte auch der internationale Schülervergleichstest PISA für Deutschland bessere Werte ergeben: Deutschland erzielte 2016 erneut Werte in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen, die deutlich über dem OECD-Schnitt liegen. Allerdings haben sich die Ergebnisse der Naturwissenschaften in den Gymnasien zuletzt verschlechtert. Ferner sinkt das Interesse der Schüler an Naturwissenschaften in allen Schulformen kontinuierlich seit 2006. Daneben kann aus den vorliegenden Daten abgeleitet werden, dass die relative Attraktivität des deutschen Bildungssystems für ausländische Studierende zwar noch nicht wieder das
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
20
Niveau wie in den 1990er-Jahren erreicht hat, sie
sitätsrankings stets auf den vordersten Plätzen zu
zuletzt aber etwas gestiegen ist.
finden sind. Die Forschungsleistung der britischen Hochschulen insgesamt ist allerdings – von
Den Indikatoren zufolge hat sich die gesellschaft-
einzelnen Fachbereichen abgesehen – häufig nur
liche Offenheit gegenüber Innovation erhöht. Es
durchschnittlich. An vielen Hochschulen wird
gibt allerdings auch Indikatoren, bei denen sich
wegen der Konzentration der Forschungsmittel
die Werte für Deutschland verringert haben. Dazu
auf einige ausgewählte Einrichtungen nur in sehr
zählen der Handelsbilanzsaldo bei Hochtechno-
begrenztem Umfang geforscht, sodass dort die
logiewaren, der Beschäftigtenanteil in wissensin-
Lehre von der Forschung losgelöst ist. Zu der
tensiven Dienstleistungen und die Wagniskapital-
Konzentration der Mittel kommen auch niedrige
investitionen gemessen am BIP. Anders als in den
Gesamtausgaben gemessen als Anteil der öffent-
meisten anderen Industrienationen verzichtet der
lichen Forschungsausgaben am Bruttoinlands-
Staat bislang auf eine steuerliche Förderung von
produkt. Mit 0,58 Prozent erreicht diese Quote
FuE. Die direkte Förderung von FuE in Unterneh-
nur gut die Hälfte des Werts von Dänemark oder
men durch Zuschüsse oder FuE-Aufträge der
Schweden. Weitere Probleme sind die geringe An-
öffentlichen Hand fällt ebenfalls vergleichsweise
wendungsorientierung, Defizite im Wissens- und
gering aus.
Technologietransfer oder auch die niedrige Anzahl von Patenten aus der öffentlichen Forschung.
Großbritannien und Frankreich im Aufwärtstrend
An diesen Schwächen versucht die Politik verstärkt zu arbeiten. Hierzu wurde unter anderem das Catapult-Programm eingerichtet. In acht
Die Innovationssysteme in Großbritannien und
Technologiefeldern (Energiespeicher, Materialien,
Frankreich haben ihre Leistungsfähigkeit gemes-
Big Data, Satelliten, Robotik/autonome Syste-
sen am Innovationsindikator zuletzt gesteigert.
me, synthetische Biologie, regenerative Medizin,
Großbritannien setzte den seit 2010 zu beobach-
Agrartechnologien) wurden Innovationszentren
tenden Aufwärtstrend weiter fort. Zu den briti-
eingerichtet, in denen Unternehmen und Wissen-
schen Stärken zählen günstige gesellschaftliche
schaftler gemeinsam an neuen technologischen
Rahmenbedingungen für Innovationen und ein
Lösungen arbeiten. Gleichzeitig setzt Großbritan-
gutes Bildungssystem. In den vergangenen Jah-
nien aber auch auf nichttechnische, nicht pri-
ren führten mehr britische Unternehmen Neue-
mär auf Forschung und Entwicklung abzielende
rungen ein und auch die Ausgaben für Forschung
Innovationen, etwa im Bereich der Kreativwirt-
und Entwicklung stiegen. Seit dem Jahr 2000 (für
schaft oder der Finanzdienstleistungen (Fintechs).
KMU) und seit 2002 (für Großunternehmen) un-
Welche Entwicklung das britische Innovationssys-
terstützt die Regierung Forschung und Entwick-
tem in Anbetracht des Brexits nehmen wird, ist
lung in Unternehmen unter anderem mit einer
aus heutiger Sicht noch nicht absehbar.
Deutschland verfügt über einen hohen Beitrag der Hochtechnologiebranchen zur Wertschöpfung.
steuerlichen Förderung. Damit sollen die niedrigen Ausgaben der Unternehmen für Forschung
Frankreich konnte seinen Indexwert im Innova
und Entwicklung erhöht werden. Dies ist bis heute
tionsindikator steigern. Verantwortlich hierfür sind
aber nur zum Teil geglückt. Der Anteil der FuE-
verbesserte Indikatorwerte im Bildungsbereich
Ausgaben der Unternehmen am BIP liegt mit
(Anteil der Promovierten, Qualität der schulischen
1,1 Prozent weiterhin erheblich unter dem Niveau
Bildung), im Wissenschaftssystem (Anteil an den
der anderen großen Industrieländer wie den USA
am häufigsten zitierten Fachaufsätzen, Patent
(2,0 Prozent), Japan (2,7 Prozent) oder Deutsch-
anmeldungen durch öffentliche Forschungsein-
land (2,0 Prozent).
richtungen) sowie in der staatlichen Förderung von Forschung und Innovation. Die Qualität der
Das Wissenschaftssystem Großbritanniens bleibt
wissenschaftlichen (Grundlagen-)Forschung konn-
im internationalen Vergleich zurück. Zwar verfügt
te gesteigert werden. Dass Frankreich sich im
Großbritannien mit Oxford und Cambridge über
Innovationsindikator dennoch in der unteren Hälf-
zwei Eliteuniversitäten, die in weltweiten Univer-
te der innovationsorientierten Industrienationen
21
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
befindet, liegt vor allem an einem niedrigen
werteten Unternehmen der Welt, die das Gesche-
Beitrag der Hochtechnologiebranchen zur Wert-
hen in vielen Märkten – allen voran in der digitalen
schöpfung, einer schlechten Position auf inter-
Wirtschaft – bestimmen. Wie die Einzelindikatoren
nationalen Märkten für Hochtechnologiegüter,
zeigen, zeichnet sich die amerikanische Wirtschaft
geringen Patentaktivitäten der Unternehmen
durch einen intensiven einheimischen Wettbe-
sowie einer geringen Kooperationsneigung von
werb, eine hohe Nachfrage der Unternehmen
Wirtschaft und Wissenschaft.
nach technologischen Produkten sowie eine hohe Wertschöpfung je Arbeitsstunde aus. Beim Input
Dem Staat kommt in Frankreich eine prominen-
ist der Anteil der staatlich finanzierten FuE-Ausga-
tere Rolle im Innovationssystem zu als in anderen
ben von Unternehmen zu nennen: Er liegt deutlich
großen Volkswirtschaften. Dies zeigt sich an einem
höher als beispielsweise in Deutschland. Der hoch
hohen staatlichen Finanzierungsbeitrag zu den
entwickelte Risikokapitalmarkt in den USA bietet
FuE-Ausgaben der Unternehmen und einer hohen
umfangreiche Finanzierungsmöglichkeiten für
staatlichen Nachfrage nach neuen Technologien.
Start-ups aus den Hightech-Branchen und junge
Beim Thema E-Government, gemessen am Anteil
Unternehmen mit guten Wachstumsaussichten.
der Bürger/Unternehmen, die mit Behörden per Internet in Kontakt treten, liegt Frankreich besten-
Im Wissenschaftssystem beherbergen die USA
falls im Mittelfeld.
zwar viele der weltweit führenden Universitäten, aber auch eine sehr große Zahl an Hochschu-
Reformen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit
len, die deutlich schwächere Ergebnisse erzie-
der Forschungs- und Innovationsakteure wurden in
len. Gemessen an der Landesgröße erreicht
Frankreich nicht konsequent umgesetzt. Ein Bei-
das US-amerikanische Wissenschaftssystem im
spiel ist die Etablierung der Instituts Carnots. Diese
Innovationsindikator nur einen mittleren Wert. Die
Forschungseinrichtungen sollten die anwendungs-
Forschungseinrichtungen belegen im Durchschnitt
orientierten Fraunhofer-Institute in Deutschland
keine Spitzenstellung mehr, etwa bei der – jeweils
institutionell kopieren. Allerdings ist man hier auf
an der Landesgröße normierten – Anzahl der For-
halbem Wege stehengeblieben: Anstatt neue Ins-
schenden, der Anzahl der wissenschaftlich-techni-
titute aufzubauen, hat man lediglich bestehende
schen Zeitschriftenartikel, der Zahl der Zitierungen
Einheiten mit dem zeitlich befristeten Carnot-Titel
dieser Artikel und der Anzahl der Patente aus der
versehen. Dies erscheint eher wie eine Marketing-
öffentlichen Forschung. Hinzu kommt, dass die
maßnahme als wie der systematische Versuch, die
USA einen eher geringen Grad der internationalen
anwendungsorientierte Forschung zu stärken. Im
Vernetzung in Wissenschaft und Technologieent-
Jahr 2005 wurde die Forschungsförderung stärker
wicklung aufweisen und stärker binnenorientiert
dezentralisiert, indem mit der Agence Nationale
sind. Da internationale Offenheit und Kooperation
de la Recherche (ANR) eine Organisation ähnlich
jedoch zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren von
der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
Innovationssystemen zählen, drückt dies den
geschaffen wurde. Dort werden beispielsweise
Indexwert für die USA nach unten. Mit der neuen
die Förderentscheidungen auf Basis von Gutach-
Regierung unter Donald Trump, die eher auf Ab-
terverfahren getroffen und nicht über den Staat.
schottung als auf stärkere internationale Öffnung
Auch mit den Pôles de Compétitivité, vergleichbar
setzt, ist auf diesem Feld keine Verbesserung zu
mit den deutschen Spitzenclustern, versuchte die
erwarten. Im Teilbereich Bildung stechen die USA
Regierung, neue Akzente hin zu einer leistungs
durch hohe Bildungsausgaben je Studierenden
orientierten Fördermittelvergabe zu setzen.
und einen hohen Anteil von Beschäftigten mit tertiärer Bildung weiterhin hervor. Die übrigen In-
USA im Mittelfeld
dikatoren – beispielsweise auch der Anteil ausländischer Studierender – weisen deutlich niedrigere Werte auf als für die meisten anderen untersuch-
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Die größte Stärke der USA liegt in der Innovations-
ten Länder. Bei der digitalen Transformation liegen
kraft ihrer Unternehmen. Die USA sind Heimat ei-
die USA dagegen auf dem ersten Platz unter den
niger der innovativsten und gleichzeitig höchstbe-
großen Volkswirtschaften (siehe Fokus-Kapitel).
22
Apple war Ende 2016 an der Börse 589 Milliarden Euro wert. Der Technologiekonzern zählt neben der Google-Holding Alphabet und Microsoft zu den wertvollsten Unternehmen der Welt.
Südkoreas Wirtschaft stark
Die zweite Stärke ist das Bildungssystem. Hier nimmt Südkorea den vierten Platz im internationa-
Südkorea erreicht einen ähnlichen Indexwert wie
len Vergleich ein. Hervorzuheben sind dabei die
die USA, jedoch bei deutlich anderen Strukturen
Anteile der Beschäftigten mit mindestens einem
des Innovationssystems. Das südkoreanische In-
Abschluss der Sekundarstufe II und die Anzahl
novationssystem ist stark auf einige wenige, global
der Hochschulabsolventen in Relation zu den
führende Unternehmen ausgerichtet. Ihre Innova-
Beschäftigten, die 55 Jahre oder älter sind. Für
tionskraft bringt Südkorea auf den zweiten Rang
ein leistungsfähiges Bildungssystem sprechen
im Teilbereich Wirtschaft. Die Innovationsfähigkeit
auch die Ergebnisse der PISA-Untersuchungen.
der südkoreanischen Wirtschaft hat sich in den
Südkorea liegt mit seinen Ergebnissen in den
vergangenen Jahren nach den hier verwendeten
Naturwissenschaften, der Lesekompetenz und
Bewertungskriterien deutlich verbessert. Stärken
der Mathematik deutlich über dem Durchschnitt
des südkoreanischen Systems sind den Einzelindi-
der OECD-Länder. In den Teilbereichen Gesell-
katoren zufolge unter anderem die hohe FuE-Quo-
schaft, Staat und Wissenschaft schneidet Süd
te – die FuE-Ausgaben in Relation zum BIP lagen
korea dagegen unterdurchschnittlich ab. Der
2014 bei 3,36 Prozent und werden nur von Israel
Output des Wissenschaftssystems ist gemessen
übertroffen – oder auch hohe Patentanmeldezah-
an der Bevölkerungszahl des Landes gering.
len am US-Patentamt, ebenso wie ein deutlich po-
Dies gilt auch für die Einbindung in internationale
sitiver Handelsbilanzsaldo und hohe Beiträge der
Wissenschaftskooperationen. Die Gesellschafts
Hochtechnologiebranchen zur Wertschöpfung.
indikatoren weisen ebenfalls auf Schwächen hin, insbesondere bei der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen oder der Berichterstattung über Fortschritte in Forschung und Entwicklung.
23
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Japan steht mit seiner insgesamt relativ niedrigen
Auf weitere Schwächen im japanischen Inno-
Bewertung der Innovationsleistung im Indikator
vationssystem weisen die niedrigen Werte im
am Ende der Gruppe der hoch entwickelten Indus-
Indikatorbereich Gesellschaft hin. Der Anteil der
trieländer. Nach einer Verbesserung der Indexwer-
berufstätigen Frauen liegt in Japan deutlich unter
te in den Jahren 2012 und 2013 erreicht Japan
dem Wert der meisten anderen untersuchten
zuletzt wieder geringere Werte.
Länder und wird nur noch von Indien, der Türkei oder Indonesien unterschritten. Zwar ist die
Ein Schwachpunkt ist die Leistungsfähigkeit des
fehlende Gleichstellung der Geschlechter kein
Wissenschaftssystems, dessen Anzahl an Publi-
generelles Problem in Japan – im Gender Inequa-
kationen je Einwohner hinter dem anderer gro-
lity Index des UN Development Programs liegt
ßer Industrieländer deutlich zurückbleibt. Auch
Japan im vorderen Mittelfeld –, jedoch ist gerade
verfügt Japan über eine geringe Einbindung in die
die Erwerbsbeteiligung von Frauen innovationsre-
der niedrigen Anzahl von gemeinsamen Publika
Nutzung kreativer Potenziale hindeutet. Ferner ist
Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin internationale Scientific Community, was sich an levant, weil ein niedriger Wert auf eine mangelnde tionen mit internationalen Partnern zeigt.
Rang
Indikatorenwerte der fünf Subindikatoren
AT (Österreich), AU (Australien), BE (Belgien), BR (Brasilien), CA (Kanada), CH (Schweiz), CN (China), CZ (Tschechien), DE (Deutschland), DK (Dänemark), ES (Spanien), FI (Finnland), FR (Frankreich), GB (Großbritannien), GR (Griechenland), HU (Ungarn), ID (Indonesien), IE (Irland), IL (Israel), IN (Indien), IT (Italien), JP (Japan), KR (Südkorea), MX (Mexiko), NL (Niederlande), NO (Norwegen), PL (Polen), PT (Portugal), RU (Russland), SE (Schweden), SG (Singapur), TR (Türkei), TW (Taiwan), US (USA), ZA (Südafrika)
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
die Wahrnehmung von Forschungs- und Entwick-
Indexwert Wirtschaft
Rang
Indexwert Wirtschaft CH KR BE SG TW US DE IE SE IL AT JP NO NL GB FR DK FI AU CA CZ HU ES CN PT RU TR IT ZA ID MX GR BR PL IN
Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
66 59 58 57 56 56 54 54 53 53 51 50 48 47 45 43 42 41 34 33 32 31 24 21 20 19 15 13 13 8 8 6 6 5 0 0
20
40
Indexwert Wirtschaft
60
80
100
Indexwert Wissenschaft DK SG CH NL FI SE BE NO AU AT DE FR IL GB CA IE US KR PT JP CZ TW ES GR IT HU ID ZA CN BR IN MX PL RU TR
97 96 93 74 74 73 70 64 63 63 62 58 58 54 53 51 50 47 39 34 34 29 23 22 20 17 9 9 1 0 0 0 0 0 0 0
20
40
60
80
100
24
lungsergebnissen in den Medien im internationa-
Die hohe FuE-Quote der Unternehmen und eine
len Vergleich gering.
überdurchschnittlich hohe Anzahl von Patentanmeldungen belegen dies. Der hohen Innovationskraft
Bei der Bildung erreicht das japanische Innova-
vieler großer japanischer Unternehmen, die in ihren
tionssystem durchschnittliche Ergebnisse. Die
Märkten meist zu den globalen Technologieführern
PISA-Ergebnisse fallen gut aus. Allerdings gibt
zählen, steht eine wenig innovative mittelständische
es langfristig womöglich einen Mangel an höher
Wirtschaft gegenüber. Die Ergebnisse der aktuel-
Qualifizierten, da die Zahl der Hochschulabsol-
len japanischen Innovationserhebung zeigen, dass
venten in Relation zu den altersbedingt ausschei-
im Zeitraum von 2012 bis 2014 nur 20 Prozent
denden Akademikern im internationalen Vergleich
der mittelständischen Unternehmen Innovationen
niedrig ist.
eingeführt haben.1 In Deutschland ist dieser Wert mit 43 Prozent mehr als doppelt so hoch. Hinzu
Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin Die Stärke Japans liegt eindeutig im Bereich der kommt, dass der Handelsbilanzsaldo bei HochtechWirtschaft. Die Unternehmen verfügen im Durchschnitt über eine hohe Technologieorientierung.
Rang
Indexwert Wirtschaft
Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
25
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
84 73 64 55 54 52 51 50 50 48 47 46 44 43 42 41 38 37 36 32 31 31 21 21 17 14 13 9 0 0 0 0 0 0 0 0
20
40
zu einem sinkenden Indexwert beiträgt.
Rang
Indexwert Wirtschaft
Rang
Indexwert Bildung SG CH FI KR IE CA GB DE BE AT TW AU FR DK NL JP NO PL US CN SE CZ PT RU IL IT HU ES BR GR ID IN MX TR ZA
nologiewaren in Japan seit 2012 rückläufig ist, was
60
80
100
Rang
Indexwert Staat SG FI BE CH NL FR CA DE NO JP AT US KR DK IE CZ GB PT SE TW AU CN PL RU ES HU IL TR IT IN ID BR GR MX ZA
Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
86 70 67 65 63 59 59 56 54 53 50 50 49 49 47 43 42 41 41 41 40 36 29 28 26 22 21 16 11 10 4 0 0 0 0 0
20
Indexwert Wirtschaft
40
60
80
100
Indexwert Gesellschaft AU GB CH FI CA IL SE BE FR NO DK US DE AT IT NL ES PT SG IE JP GR KR IN CZ CN PL BR HU ID MX RU TR TW ZA
85 80 73 68 68 67 64 60 55 53 53 51 50 49 47 46 45 33 30 30 30 27 21 11 9 2 1 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 10 20
20 40
30 60
40 80
50
100
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
6
China nur punktuell stark
werden, dass sich China stark auf transaktions orientierte Plattformfirmen wie Baidu oder
China will durch Förderanreize mehr Start-ups auf den Weg bringen.
China weist im Innovationsindikator weiterhin nur
Tencent fokussiert, während innovationsorien-
einen niedrigen Indexwert auf. Das liegt daran,
tierte Plattformfirmen überwiegend in Nordame-
dass dieser Indikator die Innovationskraft der ge-
rika beheimatet sind (zum Beispiel Oracle oder
samten Volkswirtschaft abbildet einschließlich des
Microsoft).2 Auch zeichnen sich große Teile der
kompletten Bildungs- und Wissenschaftssystems
chinesischen Wirtschaft durch geringe oder fak-
und nicht nur die Leistung einzelner international
tisch fehlende Innovationsaktivitäten aus.
erfolgreicher Akteure. So zählen einige chinesische Unternehmen wie Baidu im Bereich digitaler
Obwohl der Indexwert für China im Gesamt-
Plattformen mittlerweile zu den erfolgreichsten
indikator gegenüber dem Vorjahr unverändert
Anbietern und stehen damit auf Augenhöhe mit
geblieben ist, verzeichnet China bei einzelnen
den führenden Unternehmen aus den USA.
Output-Indikatoren merkliche Steigerungen, etwa
Auch gibt es nicht wenige chinesische Unterneh-
bei der Qualität der wissenschaftlichen For-
men, die in ihren Märkten technologisch so weit
schungsergebnisse. Auf der Input-Seite hingegen
aufgeholt haben, dass sie ein ernstzunehmender
stagnieren viele Indikatorwerte. Die Investitionen
Wettbewerber für europäische, ostasiatische und
in Wissenschaft und Forschung beispielsweise
US-amerikanische Marktführer sind.
sind in Relation zum BIP zuletzt nicht gestiegen. Hinzu kommt, dass China – wie viele andere
Würde man zum Beispiel die Internet- und Tele
Schwellenländer auch – zwar innovative Schwer-
kommunikationsbranche separat betrachten,
punkte in einzelnen Branchen und Technolo-
würde China eine auch weltweit betrachtet starke
giefeldern aufweist; in der Breite ist das Innova
Position erreichen. Allerdings muss berücksichtigt
tionssystem dagegen nicht gut aufgestellt. Große
Auf Augenhöhe mit der Konkurrenz aus den USA: Chinas IT-Gigant Baidu hat mit dem Suchroboter Xiaodu einen sprachgesteuerten Assistenten entwickelt, der sich mit Siri, Alexa und Co. messen kann.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
26
Teile der Hochtechnologieproduktion sind in der
die Anteile von Staatsunternehmen sollen zurück-
Montage von Endprodukten angesiedelt, während
gefahren werden. Außerdem soll die chinesische
die eigentlichen Hochtechnologiekomponenten
Wirtschaft unabhängiger von der internationalen
importiert werden.
Konjunktur und den Exportmärkten werden. Die Regierung strebt deswegen an, den Binnenkon-
Dezidiertes Ziel der chinesischen Regierung ist
sum und die Dienstleistungswirtschaft zu stärken.
daher, die Volkswirtschaft stärker auf Innovationen und qualitativ hochwertige Produkte mit hohen
China setzt sich im Innovationsindikator deutlich
Wertschöpfungsanteilen umzustellen. Mit dem
von den anderen vier BRICS-Ländern ab. Un-
13. Fünfjahresplan und insbesondere dem im Juli
ter diesen schneidet Russland noch am besten
2016 vom Staatsrat verabschiedeten Innovations-
ab, wozu einzelne Bildungsindikatoren sowie ein
plan für die Jahre 2016 bis 2020 wurden die Ziele
hohes staatliches Engagement in der Forschungs-
hoch gesetzt. So strebt man beispielsweise eine
finanzierung beitragen. Südafrika kann ebenfalls
FuE-Quote von 2,5 Prozent des BIP an sowie die
bei einzelnen Indikatoren punkten, etwa beim
Verdoppelung der Patentanmeldungen pro Kopf.3
international offenen und durchaus leistungsfä-
Die flankierende Strategie zu „Internet Plus“, der
higen Wissenschaftssystem oder einer günstigen
Digitalisierungsstrategie Chinas, sieht unter ande-
Experteneinschätzung zur Innovationskraft der
rem einen Kompetenzaufbau in der Digitalisierung
Wirtschaft. Mit null Punkten stehen Indien und
der Finanzwelt, der Gesundheitsversorgung und
Brasilien am Ende der Liste der 35 Länder, da
der Personenbeförderung, aber auch zusätzli-
sie bei keinem der Indikatoren besser als das
che Maßnahmen bei Logistik, E-Commerce und
schlechteste Land in der Benchmarkgruppe
E-Government bis hin zu Energie, Ökologie und
sind. Diese beiden bevölkerungsreichen Länder
Landwirtschaft vor.
haben zwar einzelne Innovationsschwerpunkte wie Software im Fall Indiens oder Luftfahrt im Fall
Außerdem verfolgt China mit „Made in China
Brasiliens. Diese sind aber zu klein, um fehlende
2025“ einen sehr ähnlichen Ansatz wie Deutsch-
Innovationsvoraussetzungen in den größten Teilen
land mit seiner Industrie-4.0-Strategie. Erste
von Wirtschaft und Gesellschaft aufzuwiegen.
Demonstrationszentren wurden eingerichtet und es wurde ein großes Volumen an öffentlicher Förderung für staatliche und private Unternehmen zur Verfügung gestellt – vor allem auch für Startups. Dem Markt soll mehr Freiheit gegeben und
1 K. Motohashi, T. Ichichi, K. Ikeuchi, Y. Ikeda, Y. Yonetani, H. Imai: Report on the Fourth Round of the Japanese National Innovation Survey (J-NIS 2015) (NISTEP Report No. 170), Tokio 2016. 2 P. Evans, A. Gawer: The Rise of the Platform Enterprise, www.thecge.net/wp-content/uploads/2016/01/ PDF-WEB-Platform-Survey_01_12.pdf 3 www.uscc.gov/sites/default/files/Research/The%2013th%20Five-Year%20Plan.pdf
27
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
05
Die digitale Transformation
Im Fokus des diesjährigen Innovationsindikators
nehmen und ganze Wertschöpfungsstrukturen
steht die digitale Transformation. Sie wird durch
zu erwarten. Sie können innerhalb bestehender
eine immer stärkere Vernetzung von Personen
Indikatorensysteme nicht verlässlich prognostiziert
und Objekten über das Internet vorangetrieben.
beziehungsweise abgebildet werden.
Dieser Schwerpunkt hat zum Ziel, einen Überblick
Nach einem kurzen Überblick zur Rolle der
über den aktuellen Stand der Transformation zu
Digitalisierung als Transformationsmotor werden
geben und die Fähigkeit der Akteure zu bewerten,
vier Aspekte der Digitalisierung näher beleuchtet:
die Potenziale der Transformation erfolgreich zu
Zunächst wird diskutiert, inwieweit Unterneh-
nutzen. Dabei wird in erster Linie auf bestehende,
men, Staat und Bürger die aktuellen Trends der
teilweise qualitative Analysen und Studien aufge-
Digitalisierung aufgegriffen haben und wie sich
setzt. An einigen Stellen werden eigene empiri-
die digitale Transformation in Deutschland im in-
sche Befunde eingebracht, die jedoch kursorisch
ternationalen Vergleich darstellt. Danach wird auf
bleiben müssen.
das zentrale Thema der Infrastrukturausstattung
Die Digitalisierung birgt vielfältige Innovationschancen. Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft müssen sie gemein sam nutzen.
eingegangen. Angesichts der großen Bedeutung,
Prognosen schwierig
die die Industrie 4.0 für die Digitalisierung in der deutschen Wirtschaft spielt, widmet sich ein eigener Abschnitt diesen Herausforderungen.
Viele Entwicklungen lassen sich mit verfügbaren Indikatoren und Methoden nur schwer erfassen.
Das Kapitel schließt mit Empfehlungen, wie Wis-
Dies liegt einerseits an der zeitlichen Perspektive,
senschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
denn viele technologische Entwicklungen stehen
die digitale Transformation gemeinsam gestalten
erst am Anfang. Deshalb besteht noch keine
können.
Basis für belastbare Trendanalysen. Zudem sind im Zuge der Digitalisierung disruptive Veränderungen gerade für Geschäftsmodelle von Unter-
29
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
06
Neue Technologien machen die Welt smarter
Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie Innova tionen entstehen. Unternehmen müssen umdenken, um in der Industrie 4.0 und der Plattformökonomie nicht den Anschluss zu verlieren.
Neue digitale Technologien, eine neue Dimension
Mit der intelligenten digitalen Vernetzung von
der Informationsverfügbarkeit und neue Mög-
Teilsystemen haben Unternehmen viel mehr
lichkeiten der Vernetzung im Internet der Daten,
Möglichkeiten, ihre Produktivität zu steigern,
Dienste und Dinge – all dies erlaubt Unterneh-
die Qualität von Produkten und Dienstleistun-
men, noch schneller und präziser auf die Bedürf-
gen zu verbessern oder neue Service-Ange-
nisse von Kunden einzugehen und ihre Angebote
bote zu entwickeln. Die digitale Vernetzung
im Wettbewerb unterscheidbarer zu machen.
umfasst Prozesse, Produkte und Geschäfts-
Neue datengetriebene Geschäftsmodelle hel-
modelle. Unter der Bezeichnung Industrie 4.0
fen, neue Umsatzpotenziale zu erschließen. Sie
werden vielfältige Ansätze der digitalen Trans-
brechen zum Teil binnen kürzester Zeit etablierte
formation im Produktionssektor zusammenge-
Wertschöpfungsstrukturen auf.
fasst, die zu einer flexiblen, selbstgesteuerten und dienstleistungsorientierten Produktion
Drei große Trends prägen die gegenwärtige digi-
personalisierter Produkte führen. In dieser
tale Transformation:
sogenannten Smart Factory sind alle Wertschöpfungsstufen über den Lebenszyklus von
Neue digitale Technologien können Infor-
Produkten digital integriert und es eröffnen
mationen in ganz neuer Art erfassen, verar-
sich völlig neue Formen der Interaktion zwi-
beiten, speichern, verteilen, analysieren und
schen Produzenten und Nutzern. Die intelli-
bewerten. Sie können Informationen auch
gente Zusammenführung großer Datenmengen
mit physischen Prozessen verknüpfen. Den
(Smart Data) ermöglicht es, Informationen neu
Unternehmen stehen zum Teil radikal neue
zu interpretieren, und führt zu Lösungen mit
Technologien zur Verfügung, zum Beispiel
deutlich höherem Nutzen. Die Vernetzung in
Cloud-Computing, künstliche Intelligenz,
den Bereichen Bildung, Energie, Gesundheit,
maschinelles Lernen, Analysewerkzeuge für
Verkehr und Verwaltung verspricht zusätzliche
Big Data, Leichtbauroboter, cyber-physische
Wachstumspotenziale und mögliche Effizienz-
und autonome Systeme sowie flexible, de-
steigerungen zum Beispiel durch autonomes
zentralisierte und individualisierte Fertigungs-
Fahren, E-Health-Anwendungen oder vernetz-
techniken. Die neuen Technologien strahlen
te Geräte der Energiesteuerung.4
in nahezu alle wirtschaftlichen Tätigkeitsfelder aus und erfassen weite Bereiche der Arbeitswelt und unseres sozialen Umfelds.
Digitale Plattformen sind internetbasierte Foren für Interaktion und Transaktion. Sie nutzen neue digitale Technologien und digitale Vernetzung, um verschiedene Nutzergruppen und Leistungsanbieter zusammenzuführen und auf den Plattformen Leistungen anzubieten, die den Nutzern zusätzlichen Mehrwert bringen.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
30
Dieser Mehrwert rührt häufig aus individualisierten, datenbasierten Angeboten. Die digi-
Entstehung einer Plattform ökonomie
talen Plattformen werden immer mehr zu den zentralen Orten für den wirtschaftlichen und
Aufgrund von Netzwerkeffekten setzen sich für
sozialen Austausch. Sie ermöglichen neue We-
bestimmte Angebote meist nur einige wenige
ge, um Marktteilnehmer zusammenzubringen
Plattformen oder sogar nur eine einzige durch. Für
oder Güter effizienter zu nutzen – Stichwort
kleinere Unternehmen ist ein offener Zugang zu
Sharing-Economy. Außerdem entsteht durch
Plattformen und den ihr zugrunde liegenden Tech-
die Plattformen ein neuer Typus von Unterneh-
nologien ein zentrales Kriterium, um an den Chan-
men: die Plattform-Entrepreneure. Plattformen
cen der Digitalisierung teilhaben zu können. Dabei
sind meist die Basis für neue Geschäftsmo-
spielen der Schutz von Inhalten und die Möglich-
delle. Sie bündeln datenzentriert digitale und
keit, sich Innovationserträge aneignen zu können,
digital vernetzte Produkte mit kunden- und
eine große Rolle. Wenn die innovativen Zulieferer
produktspezifischen Dienstleistungen zu
an der Plattformperipherie keinen Anteil an dem
neuartigen Produkt-Service-Paketen. Diese
durch sie geschaffenen Mehrwert der Plattform-
werden mithilfe von nutzerspezifischen Apps
funktionalität erhalten, kann der Zufluss an neuen
ausdifferenziert und weiterentwickelt. Um eine
Ideen und Lösungen rasch versiegen. Das Ökosys-
solche Plattform herum entstehen in der Folge
tem einer Plattform trocknet aus. Für Unterneh-
digitale Ökosysteme, die bestimmen, wie sich
men wird die Besetzung von Plattformen zu einem
Plattformen weiterentwickeln. Ein Schichten-
erfolgskritischen Wettbewerbsfaktor. In erster Linie
modell in der folgenden Abbildung beschreibt
haben nämlich die Anbieter von Plattformen, die
die Verbindung von technischer Infrastruktur,
ein großes Ökosystem umgibt, eine gute Chance,
Plattformen und darauf aufbauenden intel-
Leitanbieter digitaler Geschäftsmodelle zu werden
ligenten Angeboten von Smart Spaces bis
und damit auch in Zukunft auf den plattformre-
Smart Services.5
levanten Märkten erfolgreich zu sein. Andernfalls
Schichtenmodell digitaler Infrastrukturen Innovationsorientierte Rahmenbedingungen SMART TALENT Unternehmen, digitales Ökosystem
Systemplattformen
SMART SERVICES
Softwaredefinierte Plattformen
SMART DATA
Vernetzte physische Plattformen
SMART PRODUCTS
Technische Infrastruktur
SMART SPACES
Quelle: DKFI/acatech/Accenture; eigene Darstellung
31
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
werden Intermediäre diese Position einnehmen
technische Eigenschaften, Design, Haltbarkeit,
und die Kunden- und damit Datenschnittstelle zu
Bedienungsfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit. In
den intelligent vernetzten Diensten und Produkten
einer Plattformökonomie entsteht der Mehrwert
besetzen. Wenn die Plattformen, auf denen Indus-
durch die Verbindung von Produkten, Dienstleis-
trie 4.0 aufbaut, technologisch und organisatorisch
tungen und digitalen Prozessen auf Basis nutzer-
von internationalen Plattformunternehmen aus der
spezifischer Daten.
IT-Industrie dominiert werden, können wesentliche Stärken des bisherigen deutschen industriellen In-
Die neue Smart-Service-Welt beruht wesent-
novationsmodells verloren gehen. In der Plattform
lich auf der raschen und nutzerspezifischen
ökonomie können branchenfremde Plattformbe-
Auswertung großer Datenmengen, aus denen
treiber die Schnittstelle zum Kunden besetzen und
wettbewerbsrelevante Informationen generiert
etablierte Unternehmen aus dem Fertigungsbe-
werden. Auf diese Weise wird aus Big Data dann
reich zu reinen Zulieferern degradieren.
Smart Data. Aus der Verknüpfung verschiedener Datenquellen und den daraus gewonnenen
Unternehmen müssen sich neu positionieren.
Insgesamt erfordert die Plattform-Ökonomie ein
Informationen können neue Dienstleistungs-
Umdenken in den Unternehmen. Es gilt, statt
angebote entstehen. Nutzer können jederzeit
einer produktzentrierten Optimierung die Inno-
und ortsunabhängig ein auf sie zugeschnittenes
vationsbemühungen und Geschäftsmodelle am
Produkt-Dienstleistungs-Paket erwarten.8 Für die
Nutzer und seinen Bedürfnissen auszurichten.
Unternehmen bedeutet diese neue Welt, dass sie
Die Unternehmen können ihre Kunden durch eine
sich im Markt neu positionieren müssen. Gefragt
datenbasierte zielgenaue Ansprache mit exakt
sind neue Geschäftsmodelle, die auf der Basis
zugeschnittenen Produkten und Dienstleistun-
von digitalen Serviceplattformen Smart Services
gen versorgen und neuartige Nutzererfahrungen
entwickeln.9 Die Smart-Service-Welt transformiert
ermöglichen. Solche individualisierten Angebote
nicht nur die Dienstleistungssektoren, sondern
können dabei zum Preis eines Massenprodukts
vor allem auch viele industrielle Anwendungen
angeboten werden. Viele Unternehmen stehen
sowie die öffentliche Verwaltung. Dort geht es
in dieser Hinsicht noch am Anfang der digitalen
dann um die Neuorganisation der Nutzung städ-
Transformation.6
tischer Infrastruktur auf Basis digitaler Technolo gien, auch Smart City genannt.
Dabei ist die vorhandene starke Kundenorientierung vieler Unternehmen eine gute Voraussetzung, um sich in der Smart-Service-Welt gut zu positio-
Veränderte Innovationsprozesse
nieren. Allerdings ist ein Strategiewandel nötig. Der sollte von der ausschließlich technischen Perfek-
Die Digitalisierung verändert auch die Art und
tionierung einzelner Komponenten und Produkte
Weise, wie Innovationen entstehen und zugäng-
wegführen und zu einer Entwicklung flexibler
lich gemacht werden. Die digitale Interaktion
Produkt-Service-Pakete unter Nutzung aller Mög-
zwischen Nutzern und Produzenten und die Auf-
lichkeiten der Digitalisierung leiten.7
lösung der bisherigen Trennung zwischen Produkt und Dienstleistung bei Smart Services bringt neue
Die Smart-Service-Welt
Innovationsprozesse mit sich: User-led, User-driven und User-integrated
In der Plattformökonomie kommt es zu einer
Innovationen bezeichnen Neuerungen, bei de-
Verschiebung der Wertschöpfungsanteile, die weg
nen die Nutzer Innovationen wesentlich mitent
von Produkten hin zu Dienstleistungen als zen
wickeln, zu Koproduzenten oder sogenannten
trale Wettbewerbsfaktoren führt. Daneben tritt
Prosumenten werden.
ein neuer entscheidender Produktionsfaktor auf: Daten. Die primären Leistungsmerkmale vieler
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Rund um digitale Plattformen entwickeln sich
traditioneller physischer Produkte, die über Markt
Innovationsökosysteme. Dabei nutzen Platt-
erfolg oder -misserfolg entschieden haben, sind
formbetreiber einen Pool von externen Inno-
32
Viel Technik und Infrastruktur aus einem Guss: Songdo, ein Stadtteil der südkoreanischen Millionenstadt Incheon, gilt weltweit als Vorzeigeprojekt, wenn es um die Smart City geht.
vationsquellen um eine Plattform, um diese
der profitieren. Diese Entwicklung beeinflusst
kontinuierlich weiterzuentwickeln. Gleichzei-
auch die Arbeitsteilung zwischen Wissenschaft
tig können externe Innovatoren mit eigenen
und Wirtschaft im Innovationssystem. Sie ver-
Lösungen an diese Plattformen andocken und
langt von der Wissenschaft, sich dem Thema
zu einer stetigen Veränderung und Ausweitung
der Digitalisierung in seiner ganzen Breite zu
ihrer Funktionalität und ihrer Nutzungsmög-
öffnen und es von unterschiedlichen Diszipli-
lichkeiten beitragen. Das Ökosystem einer
nen aus zu bearbeiten.
Plattform entscheidet ganz wesentlich über die Attraktivität des Plattformangebots und generiert häufig erst den Nutzen für die End kunden. Kooperationen zur Entwicklung und Einfüh-
Digitalisierung in Bildung und Gesellschaft Die Digitalisierung erfordert und fördert agile
rung neuer Angebote werden immer wichtiger
Arbeitsweisen und bedarfsorientiertes Lernen.
und immer komplexer. Die klassische Inno-
Sie ermöglicht auch neue flexiblere Arbeitsfor-
vationskooperation entlang technologischer
men – von Teleworking bis hin zum autonomen
Entwicklungsphasen wird durch die gemeinsa-
Arbeiten.10 Durch die Digitalisierung wird die
me Entwicklung von Lösungen für den Kunden
Verantwortung dezentralisiert und eine höhere
innerhalb eines innovativen Ökosystems abge-
Selbstständigkeit von den Beschäftigten gefordert,
löst. An die Stelle von strukturierten Innovati-
etwa wenn es um die Interaktion mit Kunden im
onsprojekten mit vordefinierten Schritten tre-
Rahmen von Smart Services geht. Diese Flexibili-
ten offene Prozesse, in denen die Beteiligten
sierung der Arbeit setzt ein hohes Maß an Selbst-
ihr Wissen und ihre Ideen teilen und voneinan-
bestimmung und Selbstorganisationsfähigkeit
33
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
voraus. Sie verlangt neue Organisationsformen in
Mit der Digitalisierung entstehen neue digitale Le-
den Betrieben. Gleichzeitig führt die Digitalisie-
benswelten. Digitale Kommunikationsplattformen,
rung im Rahmen von Industrie-4.0-Konzepten zu
die Social Media, gestalten die Beziehungen zwi-
einem Wandel in der Fertigungswelt.
schen Menschen neu und verändern Kommunikation, Informationsbeschaffung und soziale Inter-
Dies erfordert auch Anpassungen im Bildungssys-
aktion. Durch die Nutzung von Online-Plattformen
tem. Akademische Qualifikationen werden weiter
verändern sich Konsummuster grundlegend und
an Bedeutung gewinnen. Die berufliche Bildung
es entstehen neue Kauferlebnisse. Die Digitalisie-
muss sich stärker für neue Schlüsselkompetenzen
rung ermöglicht neue Formen des Familienlebens
wie Organisations- und Kommunikationsfähigkeit
und der Freizeitgestaltung, bedarfsgerechtere,
sowie die Urteilsfähigkeit in komplexen Situatio-
individualisierte und transparentere Konsummög-
nen öffnen. Gleichzeitig können neue Assistenz-
lichkeiten, eine bessere Gesundheitsversorgung
systeme und andere Formen der Mensch-Ma-
und neue Möglichkeiten des Lernens in allen
schine-Interaktion auch Beschäftigte mit geringer
Phasen des Lebens.
Qualifikation bei der Ausübung komplexer Tätigkeiten unterstützen und neue berufliche Möglichkeiten für diese Qualifikationsgruppe eröffnen.11
4 BMWi (Hrsg.): Strategie Intelligente Vernetzung, Berlin 2016. 5 acatach (Hrsg.): Smart Service Welt. Digitale Serviceplattformen – Praxiserfahrungen aus der Industrie. Best Practices, München 2016. 6 So ist der Mehrheit der Manager der Begriff Plattformökonomie noch nicht vertraut, siehe www.bitkom.org/Presse/ Presseinformation/Digitale-Plattformen-sind-vielen-Top-Managern-kein-Begriff.html 7 Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 8 Arbeitskreis Smart Service Welt/acatech (Hrsg.): Smart Service Welt – Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Internetbasierte Dienste für die Wirtschaft. Abschlussbericht, Berlin 2015. 9 acatech (Hrsg.): Smart Service Welt: Digitale Serviceplattformen – Praxiserfahrungen aus der Industrie. Best Practices, München 2016. 10 acatech (Hrsg.): Die digitale Transformation gestalten – Was Personalvorstände zur Zukunft der Arbeit sagen. Ein Stimmungsbild aus dem Human-Resources-Kreis von acatech und Jacobs Foundation (acatech IMPULS), München 2016. 11 acatech (Hrsg.): Innovationspotenziale der Mensch-Maschine-Interaktion (acatech IMPULS), München 2016. Fachforum Autonome Systeme im Hightech-Forum (Hrsg.): Autonome Systeme – Chancen und Risiken für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Abschlussbericht, Berlin 2017. Anknüpfend an die Arbeit des Fachforums Autonome Systeme wird das BMBF ein neues Zukunftsprojekt „Lernende Systeme“ starten: https://www.bmbf.de/de/kuenstliche-intelligenz-richtig-erforschen-4187.html
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
34
07
Deutschland weit weg von der Spitzengruppe
Dort, wo sich traditionelle Märkte zu Plattform-
gie, Wirtschaft, Gesellschaft, Staat und Infrastruk-
märkten wandeln, führt die Digitalisierung häufig
tur, Bildung sowie Geschäftsmodelle. Insgesamt
zur Disruption etablierter Wertschöpfungsstruktu-
kommen 66 Einzelindikatoren zum Einsatz.12 Sie
ren und kann bisher erfolgreiche Geschäftsmodel-
sind angelehnt an Indikatorlisten, die von anderen
le kannibalisieren. Alte Strukturen lösen sich auf
Studien mit ähnlichen Zielsetzungen verwendet
und Neues entsteht, oft durch neue Wettbewerber
werden.13 Es werden dieselben 35 Länder wie
wie Start-ups oder Unternehmen aus dem Aus-
beim Innovationsindikator betrachtet.
land, die Digitalisierungschancen schneller aufgreifen. In einzelnen Branchen, die sich vielleicht
Anders als dort liegt Deutschland im Digitalisie-
weniger radikal verändern, werden Prozesse,
rungsindikator im Mittelfeld (17. Rang). Vor allem
Produkte und Dienstleistungen schrittweise um
weist Deutschland einen bedeutenden Abstand
digitale Anwendungen erweitert und allmählich zu
zu einer Gruppe von elf Ländern auf, die bei die-
digitalen Angeboten umgestaltet.
sem Indikator eine signifikant höhere Bewertung
Die Digitalisierung birgt großen Chancen. Doch noch hat sich Deutschland in vielen Bereichen nicht gut genug aufgestellt.
zeigen. Zu dieser Gruppe zählen die vier skandiIn jedem Fall sind Unternehmen, Beschäftigte,
navischen Länder, die USA, Großbritannien und
Bürger und der Staat gefordert, sich den neuen
Australien, die Niederlande, die Schweiz sowie
Entwicklungen zu stellen und die Chancen der
Israel und Singapur. Aber auch Südkorea liegt um
Digitalisierung zu nutzen. In diesem Kapitel wird
mehrere Punkte vor Deutschland. Gleichauf mit
untersucht, wie gut sie darauf vorbereitet sind.
Deutschland befinden sich Frankreich und Japan.
Dabei wird zunächst ein Blick auf Indikatoren zur Verbreitung von Digitalisierung im internationalen
Eine Betrachtung der Ergebnisse nach den sechs
Vergleich geworfen. Solche Indikatoren können
Teilbereichen des Digitalisierungsindikators zeigt,
allerdings nur erste grobe Anhaltspunkte liefern,
dass Deutschland fast überall deutlich niedrigere
da sich die Kennzahlen zwischen Ländern zwar
Werte als die USA aufweist. Besonders groß ist
vergleichen lassen, sie wichtige Trends der Digita-
der Abstand in der Kategorie Infrastruktur/Staat.
lisierung aber nur unzureichend abbilden.
Hier erreicht Deutschland nur 39 Punkte, die USA dagegen 85. Auch Japan liegt mit 54 Punkten
Digitalisierungsindikator
deutlich vor Deutschland. Ein wichtiger Grund für die mittlere Position Deutschlands ist die geringe Breitbandversorgung. Außerdem ist die Digitali-
Um einen ersten Eindruck zur Verbreitung von
sierung der öffentlichen Verwaltung bei Weitem
Digitalisierung in Deutschland im internationalen
noch nicht so stark implementiert wie in vielen
Vergleich zu erhalten, werden analog zum Innova-
anderen Ländern.14 So belegt Deutschland bei der
tionsindikator sechs Teilindikatoren betrachtet und
Verbreitung von E-Government in der EU nur den
zu einem Gesamtindikatorwert zusammengeführt.
19. Rang.15
Die Teilindikatoren sind Forschung und Technolo-
35
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Aber auch im Bereich Forschung und Technolo-
Das deutsche Innovationssystem mit seinen
gie, der die Ausgaben für Forschung und Entwick-
Unternehmen, Universitäten und Forschungs-
lung (FuE) sowie Patentanmeldungen und wissen
einrichtungen ist bei der Entwicklung von neuer
schaftliche Publikationen im Bereich digitaler
Hardware zur Digitalisierung wie Kommunikations
Technologien erfasst, ist der Rückstand beträcht-
technik, Computertechnik und Mikroelektronik
lich. In diesem Teilsystem schneiden allerdings
zwar leistungsfähig, gemessen an der Wertschöp-
auch die USA und Japan nicht gut ab. Dies liegt
fung ist dieser Bereich aber relativ klein. Im Be-
vor allem an der starken Spezialisierung einiger
reich Software und Informatik ist die Position des
kleinerer Länder auf die Software- und Technolo-
deutschen Innovationssystems, im Hinblick auf die
gieentwicklung für digitale Anwendungen (Finn-
Höhe der FuE-Ausgaben, besser, der Abstand zu
land, Israel, Taiwan, Singapur).16
den führenden Ländern wie den USA oder Israel, aber auch Finnland, Singapur oder der Schweiz ist beträchtlich. Hier gilt jedoch hervorzuheben, dass das deutsche Innovationssystem insbesondere bei Embedded Software, also in die Hardware eingebetteten Softwaresteuerungen, eine gute
Digitalisierungsindikator Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
Wettbewerbsposition hat.17 Demgegenüber haben deutsche Unternehmen Schwächen bei Betriebs-
Indexwert Finnland Schweden Israel Großbritannien Australien Dänemark Niederlande Norwegen USA Schweiz Singapur Südkorea Kanada Irland Taiwan Frankreich Deutschland Japan Österreich Belgien Tschechien Spanien Portugal Ungarn China Indien Italien Polen Russland Griechenland Mexiko Türkei Brasilien Indonesien Südafrika
systemen, digitalen Geschäftsmodellen und Inter-
69,5 66,4 65,4 64,1 63,2 62,4 62,1 62,0 61,8 61,2 57,6
netanwendungen. Ein Pluspunkt in Deutschland ist der hohe Nutzungsgrad digitaler Lösungen und Technologien in der Gesellschaft. Mit 58 Punkten ist dies der Teilindikator mit dem höchsten Wert im Vergleich zu den anderen Teilbereichen. Ausschlaggebend dafür ist der hohe Anteil der Bevölkerung, der online einkauft – mit 80 Prozent erreicht Deutschland hier
49,0 48,6 48,1 45,1 44,4 44,3 44,3 41,6 41,4 38,2 34,4
den dritthöchsten Wert – und die hohe Internetausstattung der Haushalte. Im Vergleich zu den skandinavischen Ländern mit 80 bis 90 Punkten ist der Abstand zur Spitze aber auch hier beträchtlich. Beim Teilindikator Wirtschaft ist die Nutzung von verschiedenen Digitalisierungsanwendungen durch Unternehmen in Deutschland – vom Softwareeinsatz über die Beschäftigung von
29,6 29,0
IT-Spezialisten und Online-Lösungen bis hin zu
20,9 19,8 19,7 19,1 18,5 16,1 14,6 12,5 10,3 9,8 3,7 0
10
20
Cloud-Computing – mit 42 Punkten nur durchschnittlich. Gerade bei den kleinen Unternehmen und in den wenig technologieintensiven Branchen ist die Durchdringung mit digitalen Anwendungen gering. Und auch die Informationalisierung von Produktionsprozessen ist keineswegs so intensiv, wie es die Intensität der öffentlichen Diskussion über Industrie 4.0 vermuten lassen würde. 30
40
50
60
70
80
0
10
20
30
40
Bei den Indikatoren zu digitalen Geschäftsmodel-
len liegen die Werte für Deutschland mit 49 PunkQuelle: Berechnungen ISI und ZEW; eine Übersicht der Einzelindikatoren finden Sie auf www.innovationsindikator.de
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
ten im Mittelfeld. Die höchsten Werte haben die
36
Niederlande mit 92 Punkten sowie die USA und
können. Dabei kommt es aber auf Geschwin-
Großbritannien mit jeweils 83 Punkten. Südkorea
digkeit an, denn es besteht die Gefahr, dass
liegt vor Deutschland.
branchenfremde Wettbewerber möglicherweise schneller digitale Plattformen im Markt etablieren
Im Teilbereich Bildung ist der Wert Deutschlands
können. Mit der Entstehung einer Plattformökono-
mit 44 Punkten niedriger als in den meisten
mie in diesen Branchen können zudem bisherige
Vergleichsländern. Der hohe Anteil von Absol-
Kernkompetenzen etwa im Maschinenbau obsolet
venten in den Studienfächern Mathematik und
oder die Unternehmen in eine Zulieferposition mit
Informatik, die IT-Weiterbildungsbeteiligung von
sinkenden Wertschöpfungsanteilen abgedrängt
Lehrern und die Softwareausstattung der Schulen
werden.19 Die größten Herausforderungen werden
schlagen positiv zu Buche. Erhebliche Defizite
in den folgenden drei Bereichen gesehen:
zeigen sich dagegen bei der Nutzung von OnlineWeiterbildung in der Bevölkerung, dem Einsatz
Generell ist ein stärkeres Denken in Ge-
des Internets im Schulunterricht und der Compu-
schäftsmodellen notwendig. Hier liegen die
ter-Hardwareausstattung an Schulen.
deutschen Unternehmen nach Experteneinschätzung deutlich hinter den USA, aber auch
Im Folgenden werden die Ergebnisse des Digitali-
den ostasiatischen Ländern. Statt vom Produkt
sierungsindikators mit Ergebnissen aus aktuellen
und seinen technischen Eigenschaften aus-
Studien zu zentralen Themenfeldern der Digita-
zugehen, müssen Geschäftsmodelle von den
lisierung ergänzt. Hierzu gehören beispielsweise
Kundenbedürfnissen her entwickelt werden.
Plattformen, die Smart-Service-Welt und die Di-
Dabei sind an allen Stellen die Möglichkeiten
gitalisierung in der Gesellschaft. Dadurch soll die
von Smart Services zu berücksichtigen, um so
Position Deutschlands bei diesen Trends stärker
Kundenbindung zu stärken, Produktdifferen-
unter qualitativen Gesichtspunkten betrachtet
zierung voranzutreiben, aber auch um Effi
werden.
zienzgewinne und Zugang zu neuen Märkten zu realisieren.
Digitale Plattformen noch selten Basis neuer Geschäftsmodelle
Auf der technologischen Seite ist zum einen die Integration digitaler Technologien wie künstliche Intelligenz, Big Data und Smart Data,
Viele Studien zur Position Deutschlands in der
maschinelles Lernen, autonome Systeme und
Plattformökonomie bestätigen, dass die deut-
IT-Sicherheit voranzutreiben. Hierfür muss ins-
sche Wirtschaft nicht zu den führenden Ländern
besondere in entsprechende digitale Fähigkei-
bei der Nutzung neuer Geschäftsmöglichkeiten
ten der Mitarbeiter investiert werden. Gleich-
durch digitale Plattformen zählt. Zwar sind auch
zeitig muss aber eine rein technologiezentrierte
in Deutschland immer wieder erfolgreich Plattfor-
Denkweise vermieden werden. Im Mittelpunkt
men gegründet worden und eine große Zahl von
müssen auch hier der Kundennutzen und die
Start-ups befasst sich mit Plattformlösungen.18
Realisierung von Smart Services stehen.
Doch die großen Player weltweit kommen aus den USA und China.
Bei den strategischen und organisatorischen Fähigkeiten, die für die Nutzung der Chancen
Gute Voraussetzungen, um eine starke Stellung in
einer Plattformökonomie erforderlich sind, sind
der Plattformökonomie einzunehmen, bestehen
die Unternehmen des Automobil- und Ma-
für Deutschland in den industriellen Kernbran-
schinenbaus nach Expertenmeinung dagegen
chen des Automobil- und Maschinenbaus sowie
bereits gut aufgestellt. Sie sollten in der Lage
in der Logistik. Hier verfügen viele Unternehmen
sein, die Herausforderungen der Plattform-
über integrierte Wertschöpfungsketten, die die
ökonomie zu bewältigen. Die größten Chancen
Basis für digitale Ökosysteme bilden können, in
werden deutschen Unternehmen dabei im
denen deutsche Unternehmen als Plattformbetrei-
B2B-Bereich zugesprochen. Defizite werden
ber die künftige Entwicklung wesentlich gestalten
aber in der Logistik gesehen.
37
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Zu den Hemmnissen auf dem Weg zu einer
kurrenten in anderen Ländern in der Anwendung
Plattformökonomie zählen in Deutschland unter
von Cloud-Computing und Big-Data-Ansätzen
anderem der Mangel an Spitzen-IT-Spezialisten
hinterherhinken. Software, digitale Technologien
und Fachleuten mit hybriden Kompetenzen wie
und neue Geschäftsmodelle würden zu oft als
Ingenieure mit Software-/Datenkompetenz und
Kostentreiber und zu selten als Chancen für eine
betriebswirtschaftlichen Kenntnissen. Weitere
aussichtsreiche Positionierung im Wettbewerb
Hemmnisse betreffen die IT-Sicherheit und recht-
gesehen.21 Gerade bei kleinen und mittleren Un-
liche Regelungen sowie die Frage, wie mit der
ternehmen (KMU) bestünden noch große Defizite,
notwendigen Offenheit von Schnittstellen umge-
da sie die Bedeutung der Veränderungen durch
gangen werden soll.20
die Digitalisierung noch unterschätzten.
Die Expertenkommission Forschung und Innovation kommt in ihrem Gutachten 2016 zu dem Schluss, dass deutsche Unternehmen ihren Kon-
Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin Rang
Digitalisierungsindikator nach Teilbereichen – große Länder im Vergleich Benchmark
Indexwert Wirtschaft
Rang 1 6 7 9 12 14 16 Rang 20
Rang
Forschung/Technologie FI KR US JP FR CN DE GB
Indexwert Wirtschaft
Rang 1 10 11 13 15 19 21 Rang
93 55 51 48
Wirtschaft IL GB JP US DE FR KR
90 57 57 53
Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin 37 35 Indexwert Wirtschaft 33
42 35 29Indexwert Wirtschaft
26 0
20
40
60
80
100
0
20
40
60
80
100
0 Rang 1 6 12 13 16 17 21 Rang 31
Gesellschaft NO GB DE FR US KR JP CN
Rang 93 78
1 8 9 11 16 19 21 Rang
Infrastruktur/Staat US KR GB JP FR DE CN
85 57 57 54
58 Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin 57 46 44 Indexwert Wirtschaft 32 2 0 AU (Australien) CN (China) DE (Deutschland) FI (Finnland) FR (Frankreich) GB (Großbritannien) IL (Israel) JP (Japan) KR (Südkorea) NL (Niederlande) NO (Norwegen) US (USA)
44 39 36Indexwert Wirtschaft
20
40
60
80
100
0
20
40
60
80
100
0 Rang 1 3 6 10 11 17 31 34
Bildung AU GB KR US FR DE JP CN
Rang 1 2 3 11 15 16 17 25
88 78 61 51 51 44 21 5 0
20
40
60
80
100
Geschäftsmodelle NL US GB KR DE JP FR CN
92 83 83 56 49 47 46 20 0
20
40
60
80
100
0
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
38
Transformation in klassischen Industrien
die Schaffung von softwaredefinierten Produkten von großer Bedeutung. Diese sind wiederum ein kritisches Element für Smart Services.
Große Unternehmen befassen sich bereits mit der Entwicklung von Smart Products, Serviceplatt
Allerdings wächst bei den KMU das Interesse
formen und der digitalen Transformation von Ge-
derzeit nur langsam. Vielen Unternehmen ist die
schäftsmodellen.22 Am weitesten vorangekommen
strategische Bedeutung des aktuellen Wandels
sind in Deutschland bisher die Automobilindustrie
für ihre eigene Geschäftstätigkeit entweder noch
und Mobilitätsbranche. In der Produktions- und
nicht bewusst oder ihnen mangelt es an den
Automatisationstechnik sind es vor allem große
organisatorischen, finanziellen und personellen
Unternehmen wie Siemens, Bosch, Thyssen-
Ressourcen, um die Herausforderungen einer
Krupp oder Trumpf, die Plattformen und daten-
umfassenden Digitalisierung zu meistern.25 Den
zentrierte Dienstleistungen über das Internet an-
KMU fehlen oft die Vorbilder, die zeigen, wie sie
bieten. Eine große Herausforderung ist dabei die
in die Smart-Service-Welt einsteigen können,
Skalierbarkeit der Angebote: „Nur wenn disrup-
welche Kompetenzen sie dafür intern aufbauen
tive Smart-Service-Geschäftsmodelle mit hoher
müssen und welche externe Unterstützung sie
Geschwindigkeit wachsen, können sie etablierte
benötigen. Das BMWi hat daher ein Förderpro-
Wertschöpfungsketten durchdringen und innova
gramm „Smart Service Welt“ aufgelegt, das KMU
tive Wertschöpfungsnetzwerke schaffen.“23
bei der Entwicklung und Nutzung von Smart
Mittelständische Unternehmen gehen das Thema Digitalisierung halbherzig an.
Services unterstützt. Die Voraussetzungen in Deutschland für einen erfolgreichen Weg in die Smart-Service-Welt sind
Hemmnisse, die mittelständische Unternehmen
gut. Die Weltmarktführerschaft im Bereich Ma-
am häufigsten bei der Digitalisierung nennen, sind
schinenbau, Engineering und Produktionstech-
Fragen der IT-Sicherheit, mangelndes eigenes
nik sowie bei der Herstellung von intelligenten,
Know-how, die Problematik von Schnittstellen und
komplexen Produkten verschafft den Unterneh-
Standards sowie die technische Infrastruktur wie
men eine günstige Ausgangsposition. Sie können
die Breitbandausstattung.26 Die Finanzierung wird
produktionsbezogene Smart Services mit einer
von den Unternehmen nicht als ein wesentliches
globalen Anwendungsperspektive einführen,
Hindernis gesehen.27 Dies kann daran liegen,
rasch eine Skalierbarkeit erreichen und eine aktiv
dass viele, vor allem kleinere Unternehmen den
gestaltende Funktion in den entstehenden Platt-
Investitionsbedarf für Digitalisierungsprojekte als
formökosystemen einnehmen. Das vorhandene
niedrig einschätzen.28 Der Grund dafür kann wie-
Systemwissen über Wertschöpfungsnetze erleich-
derum darin bestehen, dass viele Unternehmen
tert es, kombinierte Smart Services aufzubauen.
die Kosten-Nutzen-Relation von Digitalisierungs-
Deutschlands Stärke bei vernetzten physischen
projekten ungünstig bewerten.29 Sie verfolgen
Systemen kann genutzt werden, um diese mit
daher vorrangig kleine Projekte und nur selten
hilfe von softwaredefinierten Technologien zu di-
eine grundlegende digitale Transformation ihrer
gitalen Serviceplattformen weiterzuentwickeln.24
Geschäftstätigkeit.
Im internationalen Vergleich ist Deutschland daneben bei den Themen Sensornetze und cyberphysikalische Systeme, Big Data und semantische Technologien gut aufgestellt. Bei CloudComputing haben vor allem die USA eine dominante Marktposition, außerdem sind China und Singapur wichtige Player. Die Dominanz der USA bei Cloud-Lösungen wird vor dem Hintergrund der Themen Rechtsrahmen, Datenschutz und Datensicherheit oft kritisch gesehen. Die Entwicklung eigener Cloud-Lösungen ist insbesondere für
39
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
12 Eine Tabelle der 66 Indikatoren sowie die Ergebnisse für alle sechs Indikatorenbereiche finden sich auf www.innovationsindikator.de 13 World Economic Forum: Global Information Technology Report 2016, Genf 2016. ITU: Measuring the Information Society, Genf 2015. OECD: Digital Economy Outlook 2015, Paris 2016. Europäische Kommission: Digital Economy and Society Index (DESI), Brüssel 2016. S. C. Müller, M. Böhm, M. Schröer, A. Bakhirev, B.-C. Baiasu, H. Krcmar, I. M. Welpe: Geschäftsmodelle in der digitalen Wirtschaft (Studien zum deutschen Innovationssystem 13-2016), Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.), Berlin 2016. 14 Vgl. Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 15 Vgl. J. Fromm, C. Welzel, L. Nentwig, M. Weber: E-Government in Deutschland: Vom Abstieg zum Aufstieg. Kompetenzzentrum Öffentliche IT (Hrsg.), Berlin 2015. 16 Die technologischen Schwerpunkte der Länder sind dabei unterschiedlich: Bei Finnland dominiert die Netzwerktechnik, bei Israel die Softwaretechnik, bei Taiwan die Mikroelektronik und bei Südkorea die Nachrichtentechnik. 17 R. Frietsch, P. Neuhäusler, K.-J. Melullis, O. Rothengatter, S. Conchi: The economic impacts of computerimplemented inventions at the European Patent Office, 4iP Council (Hrsg.), München 2015. R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innovations chancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 18 S. C. Müller, M. Böhm, M. Schröer, A. Bakhirev, B.-C. Baiasu, H. Krcmar, I. M. Welpe: Geschäftsmodelle in der digitalen Wirtschaft (Studien zum deutschen Innovationssystem 13-2016), Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.), Berlin 2016. 19 Fortiss (Hrsg.): Wie Informations- und Kommunikationstechnologie etablierte Branchen grundlegend verändern. Der Reifegrad von Automobilindustrie, Maschinenbau und Logistik im internationalen Vergleich, München 2016. 20 BMWi (Hrsg.): IT-Sicherheit für die Industrie 4.0. Produktion, Produkte, Dienste von morgen im Zeichen globalisierter Wertschöpfungsketten. Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Technischer Überblick: Sichere Identitäten. Ergebnispapier, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Technischer Überblick: Sichere unternehmensübergreifende Kommunikation. Ergebnispapier, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Digitalisierte Industrie – Analoges Recht? Ein Überblick der Handlungsfelder. Ergebnispapier, Berlin 2016. 21 Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 22 Accenture: Digitalisierung entzaubern. Wie die deutschen Top500 digitale Blockaden lösen, 2016. 23 acatech (Hrsg.): Smart Service Welt: Digitale Serviceplattformen – Praxiserfahrungen aus der Industrie. Best Practices, München 2016, S. 9. 24 acatech (Hrsg.): Smart Service Welt: Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Internetbasierte Dienste für die Wirtschaft, Berlin 2014. 25 M. Astor, C. Rammer, C. Klaus, G. Klose: Innovativer Mittelstand 2025 – Herausforderungen, Trends und Handlungsempfehlungen für Wirtschaft und Politik. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, Berlin und Mannheim 2016. 26 V. Demary, B. Engels, K.-H. Röhl, C. Rusche: Digitalisierung und Mittelstand. Eine Metastudie, IW-Analysen, Nr. 109, 2016. 27 C. Rammer, M. Berger, T. Doherr, M. Hud, P. Hünermund, Y. Iferd, B. Peters, T. Schubert: Innovationsverhalten der deutschen Wirtschaft. Indikatorenbericht zur Innovationserhebung 2016, Mannheim 2017. 28 M. Saam, S. Viete, S. Schiel: Digitalisierung im Mittelstand: Status Quo, aktuelle Entwicklungen und Heraus forderungen, Mannheim 2016. 29 S. Wischmann, L. Wangler, A. Botthof: Industrie 4.0. Volks- und betriebswirtschaftliche Faktoren für den Standort Deutschland. Eine Studie im Rahmen der Begleitforschung zum Technologieprogramm AUTONOMIK für Industrie 4.0, Berlin 2015.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
40
08
Digitale Infrastruktur mit Schwächen
Um die Chancen und Innovationsmöglichkeiten
Schnelle und verlässliche Anbindungen ans
der Digitalisierung zu nutzen, sind leistungsfä-
Internet, seien sie leitungsgebunden (DSL, Ka-
hige Datennetze unverzichtbar. Entsprechend
belmodem, Glasfaser), portabel (WLAN) oder
betonen alle an der Digitalen Agenda beteiligten
mobil (4G, LTE, 5G), sind wesentliche Voraus-
Akteure die Bedeutung des Netzausbaus und
setzungen für digitale Anwendungen und neue
der Erneuerung der Netzinfrastrukturen. Sowohl
digitale Geschäftsmodelle. Dies gilt sowohl für den
beim Nationalen IT-Gipfel 2015 in Berlin als auch
Geschäfts- als auch den Endkundenbereich. Eine
2016 in Saarbrücken stand der Breitbandausbau
gute Internetanbindung erlaubt es auch Unterneh-
ganz oben auf der Agenda. Bei allen Akteuren in
men im ländlichen Raum, digitale Prozesse zur
Politik, Wirtschaft und Wissenschaft besteht eine
Leistungserbringung zu nutzen.
Eine digitale Zukunft ist ohne leistungsfähige Datennetze nicht denkbar. Deutschland hat hier noch Nachholbedarf.
Sensibilität für die Bedeutung der IT-Infrastruktur. Eine Studie 34 für das Büro für TechnikfolgenDer flächendeckende Glasfaserausbau würde
Abschätzung beim Deutschen Bundestag aus
in Deutschland nach Schätzungen des TÜV
dem Jahr 2014 kommt zu dem Schluss, dass
Rheinland Investitionen von insgesamt rund 100
die weitere Verbreitung von Cloud-Diensten von
Milliarden Euro erfordern.30 Die Umsetzung dieser
einer besseren Breitbandversorgung abhängig
Investitionen verspricht eine zusätzliche Wert-
ist. Cloud-Dienste gelten als Schrittmacher für
schöpfung von 60 bis 120 Milliarden Euro pro
eine weitergehende Digitalisierung in beinahe
Jahr.31
allen Branchen. Eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur ist darüber hinaus Voraussetzung für
Eine Expertenkommission des Bundesministe-
technologische Innovationen. Und sie dient dem
riums für Wirtschaft und Energie zur Stärkung
Ziel der Digitalen Agenda der Bundesregierung,
von Investitionen in Deutschland kommt zu dem
nämlich Deutschland zum Technologieführer bei
Schluss, dass der Breitbandausbau noch nicht
der Digitalisierung und zum Vorreiter bei den digi-
weit genug gediehen ist und auch nicht schnell
talen Märkten zu machen.
genug voranschreitet.32 Insbesondere beim Ausbau der zukunftssicheren Glasfaserinfrastruktur
Tatsächlich sind leistungsfähige Netze die unver-
bleibt Deutschland im internationalen Vergleich
zichtbare Grundlage für digitale Geschäftsmodelle
deutlich zurück.33 Dadurch ergeben sich Wettbe-
und Smart Services.35 Gerade die intelligente Ver-
werbsnachteile für die deutsche Wirtschaft. Als
netzung in Anwendungsgebieten mit einer großen
Grund für die bisher schleppenden Investitionen
Nutzerzahl – von Energie und Mobilität bis hin zu
in Hochgeschwindigkeitsnetze wird vor allem ein
Gesundheit, Bildung und staatlichen Dienstleis-
fehlender Investitionsschutz genannt.
tungen – erfordert zuverlässige und rasche Datenkommunikation. So setzt die nächste Stufe der Energieeinsparung und -optimierung auf smarte Geräte und intelligente Energiesteuerungen. Auch
41
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
die derzeit diskutierten Chancen aus der inte
gehalten werden muss. Bei einem künftigen flä-
grierten Informationsnutzung im Bereich Gesund-
chendeckenden Einsatz von Car-to-Car-Systemen
heit – Stichwort: elektronische Patientenakte –
und autonomem Fahren ist eine Informationsin-
erscheinen enorm.
frastruktur Voraussetzung, die deutlich über das hinausgeht, was derzeit verfügbar ist.
Im Bereich Mobilität werden Internetverbindungen in Zukunft ebenfalls von entscheidender Bedeu-
Auch in anderen Bereichen wie dem E-Learning
tung sein. Zwar benötigen die heutigen Fahreras-
oder auch im privaten Konsumbereich muss die
sistenzsysteme noch keine Internetverbindung,
Netzinfrastruktur verbessert werden, um neue
künftige Car-to-Car-Systeme sind jedoch ohne
Anwendungen realisieren zu können.
schnelle und verlässliche mobile Internetkommunikation nicht denkbar. Und auch das autonome Fahren erfordert schnelle Internetverbindungen, da hochpräzise Karten ständig aktualisiert werden
Breitbandausbau um Glasfasernetz ergänzen
müssen und der Kontakt mit anderen Fahrzeugen In Deutschland besteht eine weitgehende Versorgung mit Internetanschlüssen im mittleren Bereich, also rund 30 Megabits pro Sekunde
Mittlerer Breitbandausbau im Länderüberblick
(Mbit/s). Einige ländliche Gebiete gelten allerdings
Land
Zahlen der Europäischen Kommission weisen
selbst hier noch als unterversorgt. Die aktuellen
Angaben in Prozent
Malta Schweiz Belgien Niederlande Litauen Luxemburg Dänemark Portugal Island Lettland Ukraine Österreich Estland Zypern Deutschland Irland Norwegen Slowenien Ungarn Spanien Schweden Finnland Tschechien Bulgarien Rumänien EU 28 Slowakei Polen Kroatien Frankreich Italien Griechenland
100,0 99,0 98,9 98,3 97,5 94,4 91,7 90,9 90,8 90,7 90,5 88,8 86,4 84,0 81,4 79,7 79,6 78,8 78,2 76,6 76,4 75,1 72,9 71,8 71,6 70,9 67,1 60,7
20
30
81,4 Prozent aus. Diesen mittleren Mbit/s-Bereich nennt die Kommission NGA Coverage (NGA = Next Generation Access Networks). Sie hat in ihrer Digitalen Agenda das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2020 allen europäischen Haushalten Zugang zu Internetanschlüssen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 30 Mbit/s zu ermöglichen. Betrachtet man die ländlichen Gebiete, zeigt sich eine Verfügbarkeit von 30 Mbit/s nur noch bei 36,4 Prozent der Haushalte in Deutschland. Ein noch kritischeres Bild ergibt sich, wenn man die hochbitratigen, glasfasergestützten Anschlüsse Fiber to the Home (FTTH) und Fiber to the Property (FTTP) betrachtet. Glasfaseranschlüsse ermöglichen Geschwindigkeiten von 100 Mbit/s bis in den Gigabit/s-Bereich und erfüllen dabei sehr hohe Qualitätsanforderungen wie Up-Downloadsymmetrie, Echtzeitfähigkeit und Stabilität. Für viele künftige Internetanwendungen im priEigenschaften immer wichtiger. Deswegen gilt die Versorgung mit Glasfaseranschlüssen als Indikator
36,3 10
mit Breitbandtechnologien um die 30 Mbit/s von
vaten und geschäftlichen Umfeld werden diese
52,0 44,8 43,9 0
für ganz Deutschland einen Versorgungsgrad
für die Zukunftsfähigkeit der Internetinfrastruktur 40
50
60
70
80
90
100
in einem Land . Bei den Glasfaseranschlüssen findet sich Deutschland jedoch in allen Statistiken
Quelle: Broadband Coverage in Europe 2015, S. 27.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
in der Gruppe der am schlechtesten versorgten
42
Länder in Europa. In der genannten Studie der
Vielmehr sind die veranschlagten Fördermittel für
Europäischen Kommission belegt Deutschland
Ausbauprojekte vorgesehen, die einen Mix aus
zum Beispiel Platz 28 von 32.
Technologien und Optimierungsverfahren wie dem Vectoring verfolgen. Auf Bundesebene stehen
Aktuell hat die Bundesregierung das Ziel, dass bis
derzeit zirka 1,3 Milliarden Euro aus den Lizenzver-
2018 in ganz Deutschland Breitbandanschlüsse
steigerungen und weitere 1,4 Milliarden Euro aus
mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 50
dem Haushalt zur Verfügung.38 Zuletzt hatte das
MBit/s zur Verfügung stehen. Viele Unternehmen
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infra-
wünschen sich aber bereits heute höhere Band-
struktur (BMVI)39 ein Investitionsvolumen von ins-
breiten, um neue Geschäftsmodelle zu realisieren.
gesamt 4 Milliarden Euro für den Breitbandausbau
Verschiedene Studien, wie die Studie des Voda
avisiert und über das Bundesförderprogramm zum
fone-Instituts 36 für Gesellschaft und Kommunika-
flächendeckenden NGA-Ausbau bereitgestellt.
tion, sehen das aktuelle Ziel der Bundesregierung
Das BMVI fordert in seinem Aktionsprogramm
deshalb lediglich als Etappenziel. Um längerfristig
Digitalisierung sogar 10 Milliarden Euro, mit denen
zukunftsfähig zu sein, empfehlen sie ambitionier-
ein Zukunftsinvestitionsfonds für den Ausbau in
tere Ziele, die sich an den Spitzennachfragern und nicht am breiten Durchschnitt orientieren. Auch eine Studie im Auftrag des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI)37 kommt zu dem Schluss, dass ein industriefähiges Internet – das heißt symmetrisch, stabil und mit geringer Latenz – eine wesentliche Voraussetzung für die Diffusion der Digitalisierung in Deutschland ist. Die Notwendigkeit, den Aufbau von Glasfasernetzen in Deutschland stärker zu unterstützen, wird inzwischen vielfach gesehen. So fordert beispielsweise das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in seiner Digitalen Strategie 2025, dass die bestehende deutsche Breitbandstrategie, die im Wesentlichen auf die Bereitstellung asymmetrischer Anschlüsse abzielt, um einen Glasfaseransatz über das Jahr 2018 hinaus ergänzt werden muss.
Bundesförderung auf Technologie mix konzentriert Die aktuellen Fördermaßnahmen des Bundes orientieren sich jedoch nach wie vor an erreichbaren Übertragungsgeschwindigkeiten, derzeit mindestens 50 Mbit/s im Download. Ein Infrastrukturziel, das sich konkret auf Glasfaserleitungen festlegt, wie dies derzeit zum Beispiel in Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern versucht wird, ist auf Bundesebene derzeit nicht
Glasfaseranschlüsse im Länderüberblick Land
Angaben in Prozent
Litauen Lettland Portugal Estland Rumänien Dänemark Schweden Island Spanien Slowakei Zypern Luxemburg Slowenien Norwegen Finnland Bulgarien Niederlande Schweiz Ungarn EU 28 Italien Tschechien Frankreich Malta Kroatien Polen Österreich Deutschland Irland Großbritannien Griechenland Belgien
95,1 85,0 75,4 73,1 61,0 57,0 56,4 53,4 52,8 50,4 49,3 47,1 45,0 41,1 37,4 32,2 29,7 27,0 21,5 20,9 19,6 17,3 15,5 10,4 10,1 9,0 7,1 6,6 4,5 1,4 0,4 0,4 0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
in der Diskussion. Quelle: Broadband Coverage in Europe 2015, S. 29.
43
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
ländlichen Regionen und Randlagen ausgestattet
munalen Glasfasernetz können prinzipiell unter-
werden sollte.40 Die konkreten Umsetzungsschritte
schiedliche Diensteanbieter gleichzeitig zum Zuge
für den Netzausbau wurden kürzlich von der Netz-
kommen. So können die Nutzer zum Beispiel
allianz veröffentlicht, einem Zusammenschluss von
zwischen zwei Internetdienstleistern wählen, denn
investitions- und innovationswilligen Telekommuni-
die Kommunen sind auf das genannte Open-
kations- und Netzunternehmen unter der Leitung
Access-Network-Modell festgelegt.
des BMVI und unter Beteiligung der Bundesnetz-
Auch im ländlichen Raum ist ein enormes Wachstum beim Datenverkehr zu erwarten.
agentur, verschiedener Verbände und der Wis-
Beide Modelle werden derzeit in Deutschland ge-
senschaft.41 Demnach ist das Ziel erreichbar, bis
nutzt, um die Versorgung zu verbessern, sei dies
Ende 2018 alle Haushalte an mindestens 50 Mbit/s
in ländlichen Gebieten oder dort, wo es keine oder
anzuschließen. Allerdings wird auch die Notwen-
nur eingeschränkte privatwirtschaftliche Ausbau-
digkeit gesehen, neue Glasfaserleitungen in bisher
aktivitäten gibt. Auch im ländlichen Raum ist ein
unterversorgte Gewerbegebiete zu verlegen. Der
enormes Wachstum beim Datenverkehr und der
Ausbau soll bis 2025 weiter vorangetrieben und
Aufbau von Kapazitätsreserven bei großflächiger
dazu insbesondere die nächste Mobilfunkgenera-
Abdeckung zu erwarten.
tion einbezogen werden. Dann soll die vollständige Versorgung mit 5G erreicht sein und eine umfassende „gigabitfähige konvergente Infrastruktur“ zur Verfügung stehen.
Fördermittel für Wirtschaftlichkeits lücke und für Netzausbau
Netzausbau in ländlichen Regionen sinnvoll Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Netzkapazitäten durch die Marktkräfte alleine zustande kommen. Fiber-to-Home und insbesondere die Anbindung an Unternehmen wird daher
Laut Netzallianz bemüht sich das BMVI, 10 Pro-
vermutlich zunächst in den Ballungsräumen re-
zent der Bundesnettoinvestitionen für die digitale
alisiert, bevor es großflächig im ländlichen Raum
Infrastruktur bereitzustellen, was jährliche Förder-
verfügbar wird. Für Bemühungen, die schnellen
gelder in Höhe von rund 3 Milliarden Euro bedeu-
Netze auch aufs Land zu bringen, spricht, dass
ten würde. Die Bundesregierung stellt Mittel für
viele innovative Firmen ihren Sitz nicht in Groß-
den Netzausbau zur Verfügung, die nach einem
städten haben.
vorgegebenen Verfahren von den Kommunen ausgegeben werden können.42 Zu unterscheiden sind
Gleichzeitig müssen aber auch Investitionen in
Mittel, die die Wirtschaftlichkeitslücke privater Un-
den Ballungsräumen tatsächlich ausgelöst werden,
ternehmen schließen, und Mittel für den Ausbau
denn hier wird zu verhältnismäßig geringen Kosten
in kommunaler Regie. Die Wirtschaftlichkeitslücke
die größte Abdeckung erreicht. Außerdem werden
entsteht, weil Telekommunikationsunternehmen
in kürzerer Frist größere Effekte möglich wie erhöh-
den Ausbau in ländlichen Gebieten nicht in dem
te Technologienachfrage, neue Geschäftsmodelle
Maße refinanzieren können, wie dies in Ballungs-
oder Skalenerträge. Hierzu bedarf es der Investiti-
räumen der Fall ist. Um die Unternehmen den-
onssicherheit, beispielsweise bei Vectoring versus
noch zum Ausbau zu bewegen, übernimmt der
Glasfaser, und guter Rahmenbedingungen, wie bei
Staat den Differenzbetrag zum Ausbau in dichter
der Regulierung von Baumaßnahmen. Auch dies
besiedelten Gebieten.
sieht die Digitale Strategie des BMWi vor: „Um den Ausbau des Gigabitnetzes zu forcieren, müssen
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Das andere Modell ist das sogenannte Betreiber-
Verfahren vereinfacht, langwierige Planungen
modell: Hier beauftragt die Kommune selbst den
beschleunigt und Baukosten reduziert werden kön-
Ausbau der technischen Infrastruktur, meist Glas-
nen.“43 Jetzt geht es darum, dieses Vorhaben auch
fasernetze, und finanziert dies mithilfe öffentlicher
zu verwirklichen. So betont auch die BITKOM-
Fördergelder. Anschließend verpachtet sie das
Studie die Bedeutung der Koordination der Akteure
Netz an kommerzielle Anbieter von Diensten wie
und vor allem der rechtlichen und regulatorischen
Internet, Telefonie, Fernsehen. In einem kom-
Rahmenbedingungen für die Investitionen.
44
Die Versorgung mit Glasfaseranschlüssen kann nicht schnell genug vorangehen. Kabelnetzbetreiber Unitymedia hat in einem Pilotprojekt in Lauchringen erstmals auf das sogenannte Micro trenching gesetzt. Damit verlegt das Unternehmen Leerrohre schneller und ohne aufwendige Tiefbauarbeiten.
30 TÜV Rheinland zitiert nach BMWi: Digitale Strategie 2025, Berlin 2016, S. 14. 31 S. van Baal, B. Beckert, R. Bertenrath, M. Fritsch, K. Lichtblau, A. Millack, T. Schleiermacher, M. Stadlbauer, K. Weyerstraß, R. Wiegand: Der Weg in die Gigabitgesellschaft. Wie Netzausbau zukünftige Innovationen sichert, Vodafone Institut (Hrsg.), Berlin 2016. 32 Expertenkommission im Auftrag des BMWi: Stärkung von Investitionen in Deutschland, Berlin 2016. 33 siehe bspw. www.ftthconference.eu/images/Banners/Conference2016/Media%20downloads/ 20160217PressConference_presentation.pdf 34 T. Leimbach, D. Bachlechner: Big Data in der Cloud, TAB-Hintergrundpapier Nr. 19, Büro für TechnikfolgenAbschätzung beim Deutschen Bundestag (Hrsg.), Berlin 2016. 35 Netzallianz: Zukunftsoffensive Gigabit-Deutschland, BMVI (Hrsg.), Berlin 2017. 36 S. van Baal, B. Beckert, R. Bertenrath, M. Fritsch, K. Lichtblau, A. Millack, T. Schleiermacher, M. Stadlbauer, K. Weyerstraß, R. Wiegand: Der Weg in die Gigabitgesellschaft. Wie Netzausbau zukünftige Innovationen sichert, Vodafone Institut (Hrsg.), Berlin 2016. 37 R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innovations chancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 38 www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-21-breitbandausbau.html, zuletzt aufgerufen am 14.12.2016. 39 http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/dobrindt-investitionen-breitbandausbau.html 40 BMWi: Aktionsprogramm Digitalisierung. 12 Punkte für die Digitale Zukunft, Berlin 2016, S. 2. 41 Netzallianz: Zukunftsoffensive Gigabit-Deutschland, BMVI (Hrsg.), Berlin 2017; http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/Presse/029-dobrindt-netzallianz-zukunftsoffensive.pdf?__ blob=publicationFile 42 vgl. BMVI: Leitfaden zur Umsetzung der Richtlinie „Förderung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in der Bundesrepublik Deutschland“ (Version 3 v. 3.8.16). www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/Digitales/leitfaden-zumbundesfoerderprogramm.pdf?__blob=publicationFile. 43 BMWi: Digitale Strategie 2025, Berlin 2016, S. 15 und 30.
45
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
09
Mit Industrie 4.0 in die Zukunft
In Deutschland herrschen günstige Startbedingungen für die Industrie 4.0. Doch der Wandel braucht bessere Rahmenbedingungen vor allem für mittelständische Unternehmen.
Die digitale Vernetzung und drahtlose Kommuni-
Neben der Veränderung der Produktionsabläufe
kation von Maschinen und Anlagen wird in den
und der verstärkten Automation ergeben sich die
kommenden Jahren eine der großen Herausforde-
Potenziale in erster Linie durch zusätzliche Daten
rungen für die industrielle Produktion sein. Die so-
und deren Auswertung in Echtzeit. Durch die
genannte Industrie 4.0 birgt für Industriebetriebe
Verbindung von Menschen, Objekten und Syste-
große Innovations- und Wettbewerbspotenziale.
men entstehen dynamische, echtzeitoptimierte
Insbesondere für Deutschland als traditionellem
und sich selbst organisierende, unternehmens-
Industriestandort ergeben sich dadurch weitrei-
übergreifende Wertschöpfungsnetzwerke, die sich
chende Chancen. Der Standort profitiert unter
nach unterschiedlichen Kriterien optimieren las-
anderem von einer starken technologischen Basis
sen. Teile der Vision von Industrie 4.0 sind bereits
in der industriellen Produktion, einem hohen In-
heute realisiert. Die vollständige Umsetzung wird
dustrieanteil, einer auf hohe Prozesseffizienz aus-
die Unternehmen in den kommenden Jahren aber
gerichteten Produktion, einem hohen gesellschaft-
noch vor erhebliche Herausforderungen stellen.
lichen Stellenwert von Produktionsaktivitäten, einem guten Ausbildungsniveau durch das duale System, einer starken Orientierung der Industrie am Thema Nachhaltigkeit sowie einer hohen inter-
Deutschland als Leitmarkt und Leitanbieter
nationalen Ausrichtung und Vernetzung.44 Ziel der Evolution im verarbeitenden Gewerbe hin Vor allem die gut etablierten Wertschöpfungsnetz-
zur Industrie 4.0 in Deutschland ist einerseits,
werke in Deutschland und die starke Kunden
einen Leitmarkt zu etablieren, also eine intensive
orientierung der Unternehmen, die auf industrielle
Nutzung und Umsetzung der Technologien und
Prozesstechnologien spezialisiert sind, stellen
Prozesse zu erreichen. Daraus ergibt sich zum ei-
günstige Bedingungen für eine rasche Umsetzung
nen die Chance, Leitanbieter von Hardware-Kom-
von Industrie-4.0-Konzepten dar. Für die globale
ponenten für die Industrie 4.0 zu werden sowie
Durchsetzung von „Industrie 4.0 made in Ger-
zum anderen die Chance für neue Geschäftsmo-
many“ spricht außerdem, dass Deutschland den
delle und Dienstleistungen im Zusammenhang
Begriff international etablieren konnte: Es wird in
mit zukünftigen Produktionstechnologien. Auch
vielen Ländern als der entscheidende Pilot- bezie-
Software- und Plattformlösungen gehören also
hungsweise Leitmarkt angesehen.45 Dies erleich-
zu den zukünftigen Angeboten aus Deutschland
tert auch die Etablierung von internationalen
für den Weltmarkt. Die starke Marktposition46 im
Industrie-4.0-Standards.
Maschinenbau, bei Produktionstechnologien, bei Logistik sowie wie bei eingebetteten Systemen47 bietet hier eine gute Ausgangsbasis für die Entwicklung hin zu einem Leitanbieter.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
46
Technischer Kern und wesentliche Innovations
ren, zu engagieren. Hier sind vor allem Bildungs-
treiber der Industrie-4.0-Zukunftsvision sind soft-
und Ausbildungsanstrengungen notwendig. In den
ware- und datenintensive, auf modernen Informa-
Bereichen Mikroelektronik, Sensorik, Aktorik und
tions- und Kommunikationstechniken basierende,
Embedded Software sollten Forschung und Wis-
eingebettete, mechatronische Produktionssyste-
senstransfer gestärkt werden.51 Die Expertenkom-
me. Diese Systeme werden als cyber-physische
mission Forschung und Innovation appelliert an
Systeme (CPS) bezeichnet.48 Mithilfe der digitalen
die Wirtschaft, gerade bei Cloud-Computing und
Vernetzung sollen Maschinen und Anlagen in
Big-Data-Ansätzen den Abstand zu den internatio-
Echtzeit miteinander kommunizieren. Die sich
nal führenden Ländern zu verringern.52
derzeit in der Entwicklung befindenden technischen Lösungen einer digitalen Fabrik sollen
Denn: Industrie 4.0 ermöglicht gerade durch
dazu beitragen, Produktionssysteme und kom-
die horizontale Vernetzung und die Entstehung
plette Wertschöpfungsnetze durch eine intelligen-
von Wertschöpfungsnetzwerken vollkommen
te horizontale und vertikale digitale Vernetzung in
neue, teils disruptive Geschäftsmodelle, die auf
den Wertschöpfungsprozessen zu planen, auszu-
der Nutzung von Daten beruhen und auf Platt-
gestalten und zu steuern. Durch die Vernetzung
formtechnologien aufbauen. Dienstleistungen
werden grundlegende Fortschritte in Produktivität
rund um Produktion und Produkte werden ein
und Flexibilität erwartet, die zu sprunghaften Ver-
deutlich höheres Gewicht erlangen. Stärker als
besserungen in der Produktion führen sollen.
bisher beträfe das die Bereitstellung von Produktionskapazitäten beziehungsweise die Produktion
Der hohe Veränderungsdruck in Leitbranchen der
als Dienstleistung. Maschinenbauer verkaufen
deutschen Industrie wie Maschinen- und Automo-
in Zukunft nicht mehr Maschinen, sondern die
bilbau und der fortschreitende Trend zur Indivi-
Nutzungszeiten der Maschinen mit allen dar-
dualisierung von Produkten sind wichtige Treiber
an anknüpfenden Aspekten. Dazu gehören die
der Industrie 4.0 in Deutschland. Hinzu kommt,
vorausschauende Wartung, softwarebasierte
dass produzierende Unternehmen kontinuierlich
Umrüstung und somit kurze Rüstzeiten bei
ihre Effizienz steigern müssen, um ihre internatio-
hoher Flexibilität bis hin zu autonomen oder
nale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Gerade für
teilautonomen Produktionsvorgängen, die durch
KMU ist dies ein wichtiger Impulsgeber, sich mit
die horizontale Integration von Zulieferern und
dem Thema systematisch zu befassen.
Abnehmern mit dem produzierenden Betrieb möglich werden.
Voraussetzungen im internationalen Vergleich
Analysen auf Basis einer breiten Befragung bei produzierenden Unternehmen belegen: Zwar sind IT-nahe oder IT-gestützte Prozesse schon vor Jah-
Die Position der deutschen Wirtschaft bei einigen
ren, teilweise sogar vor Jahrzehnten in der indus-
zentralen Technologien ist zwar gut, aber es finden
triellen Praxis angekommen. Von einer vernetzten
sich ähnliche technologische Schwerpunkte auch
Produktion im Sinne der Vision einer Industrie 4.0
in anderen Ländern. Daher sieht beispielswei-
kann bei der großen Mehrheit der Betriebe aber
se eine Vorausschau-Studie von acatech49 zum
bisher nicht gesprochen werden. Der Verbrei-
internationalen Vergleich gerade bei Südkorea
tungsgrad von Industrie-4.0-nahen Technologien
und auch bei Japan deutliche Chancen, ebenfalls
ist je nach Technologie und Unternehmenstyp
zu wichtigen Akteuren der Ausrüsterindustrie zu
sehr unterschiedlich. Während Softwaresysteme
werden oder dies zu bleiben. Bezogen auf Schlüs-
zur Produktionsplanung und -steuerung eine sehr
seltechnologien sieht eine ZVEI-Studie50 besonde-
weite Verbreitung haben, werden beispielsweise
ren Handlungsbedarf auf Seiten der Fördergeber
Product-Lifecycle-Management-Systeme eher
und auch der Wirtschaft, sich verstärkt gerade bei
selten eingesetzt.53
Netzkommunikation und Datenanalyse, insbesondere Big Data Analytics und semantische Verfah-
47
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Die drahtlose Mensch-Maschine-Kommunikation
Cyber-physikalische Systeme wie echtzeitnahe
ist in Form von Visualisierung in zahlreichen In-
Produktionsleitsysteme, die Automatisierung der
dustriebetrieben bereits Realität, während Pro-
internen Logistik oder auch der digitale Datenaus-
grammier- und Bediengeräte noch einen deutlich
tausch mit Kunden und Lieferanten sind ver-
geringeren Verbreitungsgrad aufweisen. Die draht-
gleichsweise weit verbreitet. Sichere Mensch-Ma-
lose Mensch-Maschine-Kommunikation wird zwar
schine-Kooperationen werden seltener eingesetzt.
bereits von einem relevanten Anteil an Betrieben eingesetzt, allerdings besteht auch hier ein hohes
Seit 2005 ist eine stetige Verbreitung aller Techno-
ungenutztes Anwenderpotenzial.54
logien zu verzeichnen. Nur noch wenige Betriebe funktionieren heute ohne digitale Produktionsplanung und -steuerung. Die Nutzerquote der meisten betrachteten Digitalisierungstechnologien hat sich in dieser Zeit vervielfacht. Lediglich die Diffusion der sicheren Mensch-Maschine-Kooperation hat erst im Jahr 2010 begonnen. Mit 3 Prozent steckt die Technologie noch in den Kinderschuhen der industriellen Anwendung.
Stetige Verbreitung der Technologien für Industrie 4.0
Dynamik bei der Verbreitung der Technologien der digitalen Fabrik
In der nebenstehenden Abbildung wird über die
Anteil der Betriebe, die vorbereitende Industrie-4.0-Technologien nutzen, Angaben in Prozent
gestrichelte Linie auch eine prospektive Entwicklung dargestellt. Sie bezieht sich auf die Betriebe,
80
80
die einen Einsatz entsprechender Technologien bis 2018 planen. Hieraus geht hervor, dass insgesamt weiterhin mit einer Weiterentwicklung zu
70
rechnen ist. Allerdings wird auch deutlich, dass
60
kein sprunghafter Anstieg bei den Anwenderquoten zu erwarten ist, der Wandel zur Industrie 4.0
60
sich also nicht in kurzer Frist vollziehen wird. Der I4.0-Readiness-Index55 von IW Consult zeigt, dass
40
sich erst die Hälfte der Industrieunternehmen mit
50
der Thematik beschäftigt und nur sehr wenige bereits fundierte Erfahrungen mit der Umsetzung von Technologien gemacht haben, die der Indus 20
trie 4.0 ähnlich sind.
40
Bei einer Befragung des Zentrums für Europäi-
30
sche Wirtschaftsforschung (ZEW) aus dem Jahr 2015 kannten lediglich 18 Prozent der Unter
0 2000
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
2016
2018
nehmen den Begriff Industrie 4.0 und nur 4 Pro-
20
zent nannten laufende oder geplante Projekte Software zu PP
Mobile Endgeräte
in diesem Kontext. Dies waren insbesondere
Digitale Visualisierung
Echtzeitnahes PLS
Großunternehmen und einzelne Unternehmen
Automatisierte Logistikprozesse
PLM Systeme
aus den Branchen IT und Telekommunikation,
Digitaler Datenaustausch
Mensch-Maschine-Kommunikation
Elektroindustrie und Maschinenbau. In den an-
10
deren Branchen war die Verbreitung deutlich Quelle: Erhebung Modernisierung der Produktion 2015, Fraunhofer ISI
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
niedriger.
0 48
Insgesamt lässt sich aus den derzeitigen Ergeb-
Vergleich beim möglichen Beharren auf gegen-
nissen schließen, dass die Mehrzahl der unter-
wärtigen Ansätzen und Vorgehensweisen, wäh-
suchten Technologien sich durchaus im verar-
rend die Chancen neuer Geschäftsmodelle zu we-
beitenden Gewerbe verbreiten und dort in den
nig gesehen und angegangen werden. Daneben
vergangenen Jahren schon eine gewisse Dynamik
nennt die Zukunftsstudie auch eine Gefahr des
entfaltet haben. Weite Teile dieser Betriebe nutzen
Overengineerings, also einer zu ausdifferenzierten
folglich bereits vereinzelt Technologien für eine
und zu stark problem- statt lösungsorientierten
Digitalisierung ihrer Produktionsprozesse und be-
Perspektive. Drittens spielen die Themen Daten-
finden sich damit auf dem Weg zur Industrie 4.0.
schutz und Datensicherheit eine wichtige Rolle.
In den nächsten Jahren ist allerdings zunächst nur
Entsprechend betont auch eine Studie im Auftrag
mit moderaten Zuwächsen zu rechnen.
des ZVEI,60 dass eine vorauseilende und umfassende gesetzliche Regelung beispielsweise der
Hinsichtlich der Umsetzung und einer Realisie-
Nutzung maschinell erzeugter Daten zum jetzigen
rung der digitalen und vollständig horizontal inte-
Zeitpunkt unter Umständen innovationshemmend
grierten Produktion besteht in weiten Teilen des
statt -fördernd wirken könne. Der Wettbewerb
verarbeitenden Gewerbes noch großes Potenzial.
könnte zu Ungunsten deutscher Akteure verzerrt
Die Verkürzung von Industrie 4.0 auf Effizienz
werden.
steigerungsaspekte in vielen Unternehmen stellt gleichzeitig aber auch eine Gefahr dar.56 Bei Industrie 4.0 geht es nicht primär um die Neuorganisation von Produktionsabläufen, sondern um die
Regulatorische Rahmenbedingun gen und Herausforderungen
Nutzung vernetzter, intelligenter Systeme für eine Neupositionierung des Unternehmens im Markt.
Eine weitere Herausforderung wird in der Gewähr-
Gerade bei dienstleistungsbasierten Geschäfts-
leistung des Informationsschutzes für digitale
modellen in der Produktion werden hier noch
Daten und Inhalte gesehen. Vor allem kleine und
deutliche Entwicklungsmöglichkeiten für Deutsch-
mittelgroße Unternehmen fürchten einen Know-
land gesehen.57
how-Abfluss. Umfragen machen deutlich, dass Lösungen für die IT-Sicherheit als entscheidend
Insbesondere für kleine und mittlere Betriebe
für den Erfolg von Industrie 4.0 betrachtet wer-
werden niedrigschwellige Lösungen benötigt, um
den.61 Dies ist insofern wichtig, als das verarbei-
Hürden überwinden zu können sowie passende
tende Gewerbe in Deutschland einen hohen Anteil
Industrie-4.0-Technologien zu entwickeln und
von KMU aufweist, die häufig damit überfordert
einzusetzen. Hierzu können KMU-spezifische
sind, direkt ein ganzheitliches IT-Sicherheitskon-
Förderprogramme, aber auch Netzwerk- und
zept zu entwickeln und umzusetzen.62
Nur noch wenige Betriebe funktionieren heute ohne digitale Produktionsplanung.
Kooperationsförderung mit Wissenschaft und Großunternehmen beitragen. Große Betriebe kön-
Zu den neuen Risiken und Herausforderungen
nen hingegen von technologischen Pilotlösungen
zählen insbesondere folgende Aspekte:63
profitieren.
58
Die Vernetzung von Industrieanlagen wird
Gute Startposition, aber auch große Herausforderungen
künftig nicht nur organisations- und länder übergreifend, sondern vor allem auch dynamischer stattfinden als bisher. Um die IT-Sicherheit zu gewährleisten, müssen Vertrauen und
In einer Vorausschau-Studie59 werden Deutsch-
Verlässlichkeit zwischen allen Akteuren des
land gute Startmöglichkeiten attestiert, die in
Wertschöpfungsnetzwerks hergestellt werden.
erster Linie auf den bestehenden Stärken im Maschinenbau und den Produktionstechnologien
Die Menge an Daten, die aus funktionalen
aufbauen. Auch andere Untersuchungen kommen
Gründen zwischen den Akteuren ausgetauscht
zu diesem Befund. Offensichtlich große Heraus-
werden, nimmt erheblich zu. Darunter befin-
forderungen bestehen gerade im internationalen
den sich auch solche Daten, die nicht nur aus
49
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Sicht eines einzelnen Unternehmens als Ge-
geeignet. Durch die Überwindung von Unterneh-
schäftsgeheimnis gelten, sondern an die auch
mensgrenzen entstehen jedoch zahlreiche neue
hohe rechtliche Anforderungen in Bezug auf
Schnittstellen und neue Prozesse werden benö-
die Vertraulichkeit gestellt werden.
tigt. Es bedarf organisatorischer Maßnahmen, die in ihrer Gesamtheit am ehesten zu erfassen sind,
Entscheidungen werden bei Industrie 4.0
wenn der bevorstehende Wandel als zentrales
zunehmend autonom von den technischen
Innovationsthema im Unternehmen betrachtet
Systemen selbst getroffen. Diese Entscheidun-
und aus allen Perspektiven gleichrangig angegan-
gen und die daraus resultierenden Änderungen
gen wird.
von Abläufen und Teilnehmer-Konfigurationen können sich aufgrund von Ereignissen aus un-
Regulierung: Rechtliche Perspektive
terschiedlichsten Domänen und Partnersyste-
Fragestellungen, die derzeit aus rechtlicher
men ergeben sowie aus der Analyse von Daten
Sicht intensiver betrachtet werden, vor allem der
aus verschiedenen Quellen. Entscheidend für
Datenschutz, betreffen nur teilweise die tatsächli-
den Erfolg in diesem Aspekt von Industrie 4.0
chen Probleme bei der Umsetzung von Industrie
ist sowohl die Integrität als auch die Authentizi-
4.0. Vordringlich wäre eine Beschäftigung mit
tät der verwendeten Daten und Datenquellen.
Maßnahmen, die Unsicherheiten über konkrete Anforderungen beseitigen, wirksame Durchset-
Regulierung: Technische Perspektive
zungsmechanismen schaffen, zu einer einheitli-
Vorhandene technische IT-Sicherheitsmaßnah-
chen Vertragspraxis führen sowie Standards und
men können grundsätzlich einen guten Basis-
Zertifikate etablieren, auf deren Basis Unter
schutz im Kontext von Industrie 4.0 bilden. Dieser
nehmen ihre Leistungen anbieten und weiterent-
Basisschutz ist jedoch nach entsprechender
wickeln können.
Risikoanalyse immer in Abhängigkeit von der jeweiligen Sicherheitsarchitektur zu betrachten und
Das IT-Sicherheitsgesetz gibt Impulse für die Ent-
umzusetzen. Für einige dieser Maßnahmen gibt es
wicklung der IT-Sicherheitsregulierung. Es zeigt
derzeit aber weder entsprechende Produkte am
aber nicht zuletzt wegen seiner Lückenhaftigkeit
Markt noch vollumfängliche Konzepte, sondern oft
und Unbestimmtheit deutlich den Bedarf an einer
nur individuell geschaffene Speziallösungen.
Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens. Ein Beispiel wäre der gezielte Schutz von Informatio-
Bezüglich der Anforderungen an den Schutz der
nen einschließlich einer eindeutigen Klärung der
Daten sind notwendige Basistechnologien ver-
Rechte an Daten. Die auf einer gesetzlichen Re-
fügbar. Es ist aber beispielsweise noch ungeklärt,
gelung beruhende Zertifizierung von IT-Sicherheit
wie Verfügbarkeitsansprüche der Produktion mit
und insbesondere die Herausbildung von trans-
bestehenden IT-Sicherheitskonzepten verbun-
parenten, öffentlichen Standards wären geeignet,
den werden können. Darüber hinaus müssen
eine Verbesserung von IT-Sicherheit in der Fläche
Konzepte und Lösungen erarbeitet werden, wie
zu erreichen. Es fehlt derzeit aber sowohl an einer
der Aufbau und der Betrieb von Basistechnolo-
entsprechenden Zertifizierung als auch an einem
gien und -methoden in Produktionsumgebungen
einheitlichen internationalen Rechtsrahmen für
abgebildet werden können. Ähnlich sieht es im
die Zuordnung von Daten zu einem Rechtsobjekt
Bereich der hardwarebasierten Vertrauensanker
oder einem Nutzungsberechtigten.
für Produktionssysteme aus. Auch Ansätze zur kontinuierlichen IT-Sicherheitsüberwachung von
Regulierung: Standardisierung als Lösungsansatz
Produktionssystemen stehen eher am Anfang.
Hinsichtlich der Standardisierung sollte im Rahmen der Arbeiten zu einem Industrie-4.0-Referenz-
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Regulierung: Organisatorische Perspektive
modell das Thema IT-Sicherheit strukturiert und
Viele der organisatorischen IT-Sicherheitsmaß-
damit die notwendigen Standardisierungsarbeiten
nahmen, die heute für das industrielle Umfeld
klassifiziert werden. Zahlreiche Standards sind
empfohlen und dort auch vielfach bereits um-
auch auf den Bereich der industriellen Produktion
gesetzt sind, sind auch für die Industrie 4.0
übertragbar. Sie bedürfen allerdings der Fokus-
50
sierung auf das Zusammenspiel von IT-Sicher-
disierungsarbeiten müssen die globale Marktsitua-
heitsanforderungen und Schutzzielen mit anderen
tion der Industrie 4.0 berücksichtigen und können
nichtfunktionalen Anforderungen wie Ausfallsicher-
deshalb von vornherein nur in einem kooperativen,
heit, Echtzeit und Verfügbarkeit. Eine belastbare
international ausgerichteten Verbund von Industrie,
Bewertung der Relevanz bestehender technischer
Forschungseinrichtungen, Verbänden und politi-
IT-Sicherheitsstandards für den Bereich Industrie
schen Institutionen bearbeitet werden.
4.0 ist erst anhand der Struktur und den ausgewählten Technologien von Industrie-4.0-Referenzarchitekturen möglich. Regulierungs- und Standar-
44 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. 45 acatech (Hrsg.): Industry 4.0, Urban Development and German International Development Cooperation (acatech POSITION PAPER), München 2015. 46 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. 47 R. Frietsch, P. Neuhäusler, K.-J. Melullis, O. Rothengatter, S. Conchi: The economic impacts of computer-implemented inventions at the European Patent Office, 4iP Council (Hrsg.), München 2015. 48 Vgl. Bildstein, A.: Industrie 4.0-Readiness: Migration zur Industrie 4.0-Fertigung, in: T. Bauernhansl, M. ten Hompel, B. Vogel-Heuser (Hrsg.): Industrie 4.0 in Produktion, Automatisierung und Logistik, Wiesbaden 2014, S. 581–597. 49 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. 50 R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert, et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innovations chancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt: ZVEI 2016. 51 BMWi (Hrsg.): Erschließen der Potenziale der Anwendung von Industrie 4.0 im Mittelstand, Berlin 2015. 52 Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016, S. 78. 53 BMWi (Hrsg.): Erschließen der Potenziale der Anwendung von Industrie 4.0 im Mittelstand, Berlin 2015. 54 S. Kinkel, J. Rahn, B. Rieder et al.: Digital-vernetztes Denken in der Produktion; IMPULS-Stiftung des VDMA (Hrsg.), Karlsruhe 2016. R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innova tionschancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 55 IW Consult: Industrie 4.0-Readiness, Köln 2015. 56 Roland Berger Strategy Consultants/BDI: Die digitale Transformation der Industrie. Was sie bedeutet. Wer gewinnt. Was jetzt zu tun ist, München und Berlin 2015. Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 57 R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innova tionschancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 58 Fortiss (Hrsg.): Digitale Transformation – Wie Informations- und Kommunikationstechnologie etablierte Branchen grundlegend verändern, München 2016. 59 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. 60 R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innova tionschancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 61 Münchner Kreis et al. (Hrsg.): Digitalisierung. Achillesferse der deutschen Wirtschaft. Wege in die digitale Zukunft. Zukunftsstudie Münchner Kreis, Band VI, München 2014. 62 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (Hrsg.): Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2015. Bonn 2015. 63 D. Bachlechner, T. Behling, E. Bollhöfer et al.: IT-Sicherheit für die Industrie 4.0: Produktion, Produkte, Dienste von morgen im Zeichen globalisierter Wertschöpfungsketten, Berlin 2016, S. 10f.
51
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
10
Den digitalen Wandel gemeinsam gestalten
Für die digitale Trans formation gibt es keine Standardlösungen. Gefragt sind Experimentierfreude, die Bereitschaft zu lernen und innovationsfreund liche Rahmenbedin gungen.
Die Digitalisierung bietet vielfältige Innovations-
Wagniskultur eine zentrale Rolle. Aufbruch muss
möglichkeiten: Von Smart Products und Smart
ermuntert und Scheitern im Innovationsprozess
Services über neue Geschäftsmodelle und digital
darf nicht stigmatisiert werden. Da es für die
vernetzte Wertschöpfungsketten bis zu effiziente-
digitale Transformation keine Standardlösungen
rem Ressourceneinsatz durch digitale Anwendun-
gibt, sind Experimente notwendig. Hierfür braucht
gen im Mobilitäts-, Energie- oder Baubereich. Um
es entsprechende Freiräume und die Bereitschaft
diese Möglichkeiten zu nutzen und die Heraus-
zur Veränderung: Im Zuge der digitalen Trans-
forderungen zu bewältigen, die aus den teilweise
formation müssen Unternehmen vor allem einen
disruptiven Veränderungen resultieren, ist Trans-
Wandel der Organisation nach innen vollziehen.
formationsfähigkeit gefordert – von Unternehmen,
Neue Ansätze der Unternehmens- und Arbeits-
Bürgern und Staat. Dieser Abschnitt fasst die
organisation sowie der Führung müssen stärker
Ergebnisse von aktuellen Studien zusammen, die
auf die Förderung von Kreativität und Flexibilität
untersuchen, wie die Transformationsfähigkeit in
ausgerichtet werden. Die Voraussetzung dafür ist
Deutschland gestärkt werden kann.
Ambidextrie – die Fähigkeit einer Organisation, parallel in der alten und in der neuen, hier digita-
Bereitschaft zum Experimentieren
len Welt aktiv zu sein. Ein zweites zentrales Element der Transforma-
Die vielleicht wichtigste Voraussetzung für Trans-
tionsfähigkeit ist die Bereitschaft zu lernen und
formationsfähigkeit ist die Offenheit für Neues, ge-
eigene Kompetenzen weiterzuentwickeln. Dies gilt
paart mit Kreativität, Flexibilität und Experimentier-
für einzelne Menschen ebenso wie für Organisa
bereitschaft sowie die Öffnung von Unternehmen
tionen, ob nun in Wirtschaft und Wissenschaft,
hin zu externen Partnern. Diese für Innovationen
im Bildungssystem oder in Politik und Verwaltung.
generell zentralen Fähigkeiten erhalten im Zeitalter
Neue digitale Technologien sind dabei nicht nur
der Digitalisierung eine besondere Bedeutung.
Anlass für Qualifizierungsanstrengungen, sondern
Die Innovationszyklen bei digitalen Produkten und
können auch Hilfsmittel für die Kompetenzerwei-
Anwendungen sind besonders kurz und technolo-
terung sein. So bieten digitale, vernetzte Bildungs-
gische Sprünge besonders häufig. Mit der Plattfor-
angebote neue Möglichkeiten des individualisier-
mökonomie und der Samrt-Service-Welt entstehen
ten und vernetzten Lernens.
für die Märkte zum Teil völlig neue Rahmenbedingungen, sodass etablierte Routinen und Innova
Außerdem können beispielsweise Assistenzsyste-
tionsansätze obsolet werden.
me die Kompetenzentwicklung von Menschen im Umgang mit neuen digitalen Technologien erleich-
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Um mit solchen disruptiven Ereignissen umzu-
tern und unterstützen. Beispiele für individuelle
gehen und sie aktiv zu gestalten, spielen Agilität,
Kompetenzen, auf die es in Zukunft ankommen
Veränderungsbereitschaft, Kreativität und eine
wird, sind Prozess-Know-how, hybride Kompe-
52
tenzen, Datenauswertung und -analyse, MINT-
die Hochschulen ermuntern und in die Lage
Kenntnisse, Selbstmanagement, Lernen lernen,
versetzen, ihre dritte Mission, also das En-
interdisziplinäres Denken und Handeln sowie
gagement für die Gesellschaft, verstärkt zu
Führungskompetenz.64
verfolgen. So können neues Wissen und neue Erkenntnisse aus der Forschung rasch in
Die Transformationsfähigkeit der Wirtschaft wird
Richtung kommerzieller Nutzung weiterent
auch von einer lebendigen Start-up-Szene und
wickelt werden. Dazu können auch Unterneh-
deren Integration in innovative digitale Ökosysteme
mensgründungen aus Hochschulen und ein
abhängen. Start-ups, die mit neuen Geschäfts-
stärkeres Engagement der Hochschulen in der
modellen in etablierte Märkte eindringen und
Weiterbildung beitragen.69
die Platzhirsche angreifen, können Treiber für disruptive Innovationen sein.65 Uber und AirBnB
einen regulativen Rahmen für Datenschutz
sind Beispiele für eine Reihe von insbesondere
und Datensicherheit schaffen, der sowohl
US-amerikanischen Start-ups, die in kurzer Zeit
Vertrauen stärkt als auch Freiraum für Inno-
zu dominanten Playern in der digitalen Wirtschaft
vationen lässt. Hierfür sollte der Europäische
wurden. In Deutschland fehlt es dabei nicht an
Datenschutzausschuss eine Interessenab-
Start-ups mit guten digitalen Geschäftsideen.
wägung und Folgenabschätzung anhand
Vielmehr schaffen es nur sehr wenige, in kurzer
der Eingriffsintensität vornehmen, die so-
Zeit ihre Geschäftsmodelle so zu etablieren und zu
wohl Betroffenenrechte wahrt als auch neue
skalieren, dass sie zu größeren Unternehmen mit
Industrie-4.0-Szenarien ermöglicht. Die tech-
einer bestimmenden Position in ihrem jeweiligen
nischen Möglichkeiten der Anonymisierung
Ökosystem werden. Ein Grund: Jungen, innovativen
und Pseudonymisierung sollten zum Schutz
Unternehmen fehlt in Deutschland nach wie vor
personenbezogener Daten bei gleichzeitiger
häufig das Kapital für die Wachstumsphase. Die
Ermöglichung von Big-Data-Analytics-Services
Expertenkommission Forschung und Innovation hat
genutzt werden. Außerdem sollten einheitliche
in diesem Zusammenhang die Einführung eines
rechtliche Pflichten zur IT-Sicherheit und prüf-
eigenen Börsensegments für junge Unternehmen
fähige Standards etablieren werden.70
mit digitalen Geschäftsmodellen angemahnt. Die 66
Deutsche Börse bietet seit März 2017 ein Segment
digitale Technologien und deren Nutzung
für junge Wachstumsunternehmen und für kleine
voranbringen, indem Forschungskooperatio-
und mittlere Unternehmen an.
nen unterstützt und die Voraussetzungen für unternehmerische Innovation wie Finanzierung
Beitrag der Politik
und Fachkräfte gesichert werden. Dafür ist eine zukunftsgerichtete Forschungsagenda zur Digitalisierung ein wesentlicher Baustein.71
Die Politik kann dazu beitragen, die Transformationsfähigkeit zu erhöhen und die Chancen der Digitalisierung besser zu nutzen. Sie sollte
ein qualitativ hochwertiges E-Government anbieten, um den Nutzen der Digitalisierung für Bürger zu demonstrieren und die Nachfrage
eine zukunftsfähige und innovationsfördernde digitale Infrastruktur bereitstellen.
anzukurbeln.72 Dabei spielen die Kommunen eine Schlüsselrolle, da sie es sind, mit denen die Bürger in erster Linie in Kontakt treten.
das Aus- und Weiterbildungssystem an die Anforderungen der digitalen Welt anpassen.67
Bund und Länder sollten die Kommunen mit Komponenten für ein E-Government sowohl fachlich wie finanziell unterstützen.73
im Arbeitsrecht neue Formen der Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung ermöglichen, die unter
Der wohl kritischste Punkt der digitalen Transfor-
anderem den Trend zu Individualisierung, mo-
mationsfähigkeit Deutschlands liegt in der Um-
biler Arbeit, Digitalarbeit und Freelancertum
orientierung der heutigen wirtschaftlichen Struk-
angemessen berücksichtigen.68
turen in Richtung Plattformökonomie und Smart
53
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
Services. Hier ist ein grundsätzliches Umdenken
Einrichtung von Kompetenzzentren für Smart-
gerade in den bisherigen Leitbranchen der deut-
Serviceplattformen und von Expertenforen zu
schen Wirtschaft gefordert. Lange Zeit beruhte die
den Leitbranchen Mobilität, Produktionstech-
starke Stellung deutscher Unternehmen im Welt-
nik, Logistik, Gesundheit und Energie. Hier
markt auf hoher technologischer Kompetenz und
sind sowohl Bund als auch Länder gefordert.
Innovationsvorsprüngen sowie einer Ausrichtung auf qualitativ anspruchsvolle Marktsegmente bei
Aufbau von Wissensplattformen für eine unter-
hocheffizienter Produktion. Nun gilt es, die Ge-
nehmensübergreifende Produkt- und Service-
schäftsmodelle vom Kunden her neu aufzurollen
entwicklung durch Verbände oder branchen-
und dabei individualisiert Produkt-Service-Pakete
spezifische Initiativen.
und offene Plattformansätze zu verfolgen. Außer-
Die Transformation kann nur gelingen, wenn in der Breite digitale Kompetenzen vorhanden sind.
dem müssen Innovationsprozesse neu aufgestellt
Gründung von industriekonvergenten, natio-
werden, und zwar viel offener und kollaborativer
nalen Kompetenzzentren für Smart-Service-
als in der Old Economy und vor allem mit einer
plattformen, etwa im Rahmen der Digitalisie-
deutlich höheren Geschwindigkeit.
rungsinitiativen des BMWi.
Die Transformation, die Unternehmen in der
Erarbeitung einer integrierten Forschungs-
Konsequenz jetzt unter Hochdruck vor allem
agenda für softwaredefinierte Plattformen
nach innen vornehmen müssen, stellt für viele
durch das BMBF.
Unternehmen in klassischen Industrien ebenso eine fundamentale Herausforderung dar wie für
Rasches Voranbringen eines digitalen Bin-
den Dienstleistungssektor. Dies gilt vor allem für
nenmarktes Europa durch die Europäische
Finanzen und Versicherungen, Handel, Medien,
Kommission.
Kommunikation und Verkehr. Um gerade auch für den Mittelstand den Weg
Industrie 4.0 bietet Chancen
in diese neue Welt zu ebnen, sind verschiedene Maßnahmen nötig:74
Ein vielversprechender Ansatzpunkt, um der Breite der mittelständischen Wirtschaft die Mög-
Förderung eines diskriminierungsfreien Zu-
lichkeiten und Chancen der Digitalisierung vor
gangs zu Plattformen und fairer Wettbewerbs-
Augen zu führen, ist die Industrie 4.0. Sie kann
bedingungen auf Plattformen im Rahmen
traditionelle Stärken des industriellen Mittelstands
des Wettbewerbsrechts. Hier sind Bund und
in Deutschland, etwa die Integration unterschied-
Europäische Kommission gefordert.
licher Technologien in komplexe Systeme und die Ausrichtung von Produktionsprozessen an spezifi-
Schneller Einstieg für den Mittelstand durch die Bereitstellung von Expertise im Aufbau di-
schen Kundenanforderungen, am leichtesten mit digitalen Geschäftsmodellen zusammenbringen.
gitaler Serviceplattformen von der Konzeption und Entwicklung datenbasierter Geschäftsmo-
Um die Industrie 4.0 im Mittelstand weiter voran-
delle über die Positionierung in branchenspe-
zubringen, schlagen aktuelle Studien verschiede-
zifischen Ökosystemen und die Entwicklung
ne Maßnahmen vor:75
digitaler Roadmaps bis hin zur Skalierung von Smart Services. Ein Instrument könnte eine
Akzeptanz fördern durch ein gemeinsames
sogenannte Onboarding-Factory für KMU sein,
Verständnis von Zielen und Chancen der In-
die beim Einstieg in die Plattformökonomie
dustrie 4.0.
Unterstützung anbietet. Solche Aktivitäten könnten von Wirtschaftsverbänden oder Initiativen der Bundesregierung getragen werden.
Ein ganzheitliches Industrie-4.0-Konzept vorantreiben und gleichzeitig pragmatische Lösungsansätze mit hoher Außenwirkung entwickeln.
acatech_BDI_Innovationsindikator 2017
54
Kompetenzen durch die Einrichtung einer Qua-
Schulen brauchen kein eigenes Fach Digitali-
lifikation Industrial Security und den Aufbau
sierung, sondern müssen gute informations-
von Big-Data-Kenntnissen ausbauen.
technische Grundlagen insbesondere in den MINT-Fächern mit entsprechenden Anwen-
Den Austausch zwischen Start-ups sowie die
dungsbezügen vermitteln. Weiterhin sollte die
Offenheit von Plattformen und Schnittstellen
Wissensverarbeitung und nicht so sehr die
fördern und die Schutzrechte für geistiges
Wissensanhäufung im Mittelpunkt stehen und
Eigentum im Bereich digitaler Produkte und
der digitale Dreh in alle Fächer Einzug halten.
Dienstleistungen anpassen.
Dazu gehört auch, selbstverständliche Nutzungsformen digitaler Technologien in den
Lösungen und Standards im Bereich der IT-
Unterricht zu integrieren. Den wichtigsten He-
Sicherheit etablieren, um Unsicherheiten auf
bel zur digitalen Transformation in der Bildung
Seiten der KMU abzubauen.
bilden allerdings Bereitschaft zur Veränderung, Agilität und Kreativität.
KMU über die Bedeutung kollaborativer Geschäftstätigkeit aufklären, etwa über Bera-
Das duale System muss durch inhaltliche An-
tungsprogramme und Awareness-Aktionen.
passung der Ausbildungsgänge, Ausstattung von Ausbildungsstätten mit dem aktuellen
Plattformen zu Industrial Content etablieren
Stand der Technik sowie Aus- und Weiterbil-
und so die Entwicklung neuer Geschäftsmo-
dung des Lehrpersonals gestärkt werden. Tra-
delle vorantreiben.
ditionelle Formen der Aus- und Weiterbildung müssen um digitale Methoden der Kompetenz
Die starke Marke Industrie 4.0 aktiv nutzen
entwicklung mit hohem Qualifizierungsbedarf
und die internationale Standardisierung als
bei Datenauswertung, Prozessmanagement
Katalysator für die Zusammenarbeit nutzen.
und Kundenbeziehungsmanagement erweitert werden.77
Eine aktive Lenkungsrolle in führenden internationalen Standardisierungsgremien anstreben.
Die akademische Ausbildung muss an die Bedarfe der digitalen Transformation angepasst
Die Vermarktung von Industrie-4.0-Lösungen
werden. Der Fokus liegt auf Datenanalyse,
vorantreiben, indem Referenzfabriken, Leucht-
Umgang mit digitalen Netzen, Entwicklung
turmprojekte, Testbeds und branchenspezifi-
innovativer Geschäftsmodelle und Systems
sche Integrationsplattformen entstehen.
Engineering. Wenig zielführend erscheinen Versuche, im Bildungssystem hauptamtliche
KMU den Weg auf internationale Märkte
„Industrie-4.0ler“ oder Digital Engineers zu
bereiten, etwa über Huckepackstrategien mit
entwickeln. Eine zu starke Spezialisierung
Konzernen.
widerspricht den Anforderungen der neuen Arbeitswelt, in der es auf Interdisziplinarität,
Digitale Kompetenzen von essenzieller Bedeutung Langfristig kann die Transformation zur digitalen
vernetztes Denken und Arbeiten, Customer Experience und Geschäftsmodellinnovationen ankommt. Das lebenslange Lernen muss bedarfsgerecht
Wirtschaft nur gelingen, wenn die notwendigen di-
und an individuellen Anforderungen ausgerich-
gitalen Kompetenzen in der Breite vorhanden sind.
tet gefördert werden.
Deshalb kommt der Bildungspolitik, der betrieblichen Weiterbildung und dem betrieblichen Kompetenzaufbau eine zentrale Bedeutung zu:76
Es müssen Beratungsangebote entstehen, die Strategien für die Einführung digitaler Geschäftsmodelle vermitteln.
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64 acatech (Hrsg.): Kompetenzentwicklungsstudie Industrie 4.0 – Erste Ergebnisse und Schlussfolgerungen, München 2016. 65 BDI (Hrsg.): Industrie-Startups stärken. Die nächste Unternehmensgeneration erfolgreich machen, Berlin 2016. 66 Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 67 Vgl. Nationales MINT Forum: Kernforderungen für den 4. Nationalen MINT Gipfel. Digitale Chancen ergreifen – Digitale Spaltung meistern, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Die digitale Transformation im Betrieb gestalten – Beispiele und Handlungs empfehlungen für Aus- und Weiterbildung. Wegweiser, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Arbeit, Aus- und Weiterbildung in den Anwendungsszenarien. Diskussionspapier, Berlin 2016. 68 J. C. Jacobs, H. Kagermann, D. Spath (Hrsg.): Arbeit in der digitalen Transformation – Agilität, lebenslanges Lernen und Betriebspartner im Wandel. Ein Beitrag des Human-Resources-Kreises von acatech und der Jacobs Foundation – Forum für Personalvorstände zur Zukunft der Arbeit (acatech DISKUSSION), München 2017. Vgl. Bitkom: Thesenpapier Arbeit 4.0. Die deutsche Arbeitswelt zukunftsfähig gestalten, Berlin 2016. acatech (Hrsg.): Kompetenzentwicklungsstudie Industrie 4.0 – Erste Ergebnisse und Schlussfolgerungen, München 2016. 69 Vgl. Nationales MINT BMWi (Hrsg.): Forum: Kernforderungen für den 4. Nationalen MINT Gipfel. Digitale Chancen ergreifen – Digitale Spaltung meistern, Berlin 2016. 70 BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Fokusthema: Daten im Kontext von Industrie 4.0. Ergebnispaper, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Industrie 4.0 – wie das Recht Schritt hält. Ergebnispaper, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): IT-Sicherheit für Industrie 4.0 Produktion, Produkte, Dienste von morgen im Zeichen globalisierter Wertschöpfungsketten, Berlin 2016. 71 Vgl. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0: Aspekte der Forschungsroadmap in den Anwendungsszenarien. Ergebnispapier, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0: Forschungsagenda Industrie 4.0 – Aktualisierung des Forschungsbedarfs. Ergebnispapier, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0: Fortschreibung der Anwendungsszenarien der Plattform Industrie 4.0. Ergebnispapier, Berlin 2016. 72 Vgl. Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 73 Vgl. J. Fromm, C. Welzel, L. Nentwig, M. Weber: E-Government in Deutschland: Vom Abstieg zum Aufstieg. Kompetenzzentrum Öffentliche IT (Hrsg.), Berlin 2015. 74 Arbeitskreis Smart Service Welt/acatech (Hrsg.): Smart Service Welt – Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Internetbasierte Dienste für die Wirtschaft. Abschlussbericht, Berlin 2014. acatech (Hrsg.): Smart Service Welt: Digitale Serviceplattformen – Praxiserfahrungen aus der Industrie. Best Practices, München 2016. 75 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. H. Kagermann, R. Anderl, J. Gausemeier, G. Schuh, W. Wahlster (Hrsg.): Industrie 4.0 im globalen K ontext. Strategien der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern (acatech STUDIE), München 2016. 76 acatech/Körber-Stiftung (Hrsg.): MINT Nachwuchsbarometer 2017. Fokusthema: Bildung in der digitalen Transformation. München/Hamburg 2017. acatech (Hrsg.): Die digitale Transformation gestalten – Was Personalvorstände zur Zukunft der Arbeit sagen. Ein Stimmungsbild aus dem Human-Resources-Kreis von acatech und Jacobs Foundation (acatech IMPULS), München 2016. acatech (Hrsg.): Kompetenzen für Industrie 4.0. Qualifizierungsbedarfe und Lösungsansätze (acatech P OSITION), München 2016. Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 77 M. Arntz, T. Gregory, S. Janssen, U. Zierahn: Tätigkeitswandel und Weiterbildungsbedarf in der digitalen Trans formation. Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung im Auftrag der acatech in Zusammenarbeit mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Mannheim 2016.
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Projektpartner
acatech – Deutsche Akademie der Technik wissenschaften
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung
acatech vertritt die deutschen Technikwissen-
Das Fraunhofer-Institut für System- und Innova-
schaften im In- und Ausland in selbstbestimmter,
tionsforschung analysiert Entstehung und Aus-
unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise.
wirkungen von Innovationen. Es erforscht die
Als Arbeitsakademie berät acatech Politik und Ge-
kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innova-
sellschaft in technikwissenschaftlichen und tech-
tionsprozessen und die gesellschaftlichen Auswir-
nologiepolitischen Zukunftsfragen. Darüber hinaus
kungen neuer Technologien und Dienstleistungen.
hat es sich acatech zum Ziel gesetzt, den Wissens
Auf dieser Grundlage stellt das Institut seinen
transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu
Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissen-
unterstützen und den technikwissenschaftlichen
schaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven
Nachwuchs zu fördern. Zu den Mitgliedern der
für wichtige Entscheidungen zur Verfügung.
Akademie zählen herausragende Wissenschaftler
www.isi.fraunhofer.de
aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. www.acatech.de
Der Innovationsindikator ist eine Kooperation von acatech – Deutsche Akademie der Tech nikwissenschaften und dem Bundesverband der Deutschen Indus trie. Das FraunhoferInstitut für System- und Innovationsforschung erarbeitet die Studie gemeinsam mit dem Zentrum für Euro päische Wirtschafts forschung.
Zentrum für Europäische Wirtschafts forschung Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsfor-
Bundesverband der Deutschen Industrie
schung (ZEW) ist ein gemeinnütziges wirtschafts-
Der BDI ist die Spitzenorganisation im Bereich
wissenschaftliches Forschungsinstitut. Es wurde
der Industrieunternehmen und industrienahen
1990 auf Initiative der baden-württembergischen
Dienstleister. Als Interessenvertretung der Industrie
Landesregierung, der Wirtschaft des Landes und
trägt der BDI bei seinen Mitgliedern zur Meinungs-
der Universität Mannheim gegründet und nahm
bildung und Entscheidungsfindung bei. Er bietet
im April 1991 die Arbeit auf. Seitdem hat sich das
Informationen für alle Bereiche der Wirtschaftspoli-
ZEW als eines der führenden deutschen Wirt-
tik an. Der BDI unterstützt so die Unternehmen im
schaftsforschungsinstitute mit hoher europäischer
intensiven Wettbewerb, den die Globalisierung mit
Reputation etabliert.
sich bringt.
www.zew.de
www.bdi.eu
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Impressum Herausgeber
Grafik und Layout
acatech – Deutsche Akademie der
SeitenPlan GmbH
Technikwissenschaften e. V.
Corporate Publishing,
Pariser Platz 4a
Dortmund
10117 Berlin www.acatech.de
Druck Druckerei Schmidt, Lünen
Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI)
Fotos
Breite Straße 29
Apple Inc., David Ausserhofer, Christian Kruppa,
10178 Berlin
Ian Lishman/Juice Media/Getty Images, CJ Natta-
www.bdi.eu
nai/Shutterstock, plainpicture/Westend61/Roger Richter, Reuters/Kim Kyung-Hoon, Unitymedia,
Projektteam
Westend61/Getty Images
Prof. Dr. Marion Weissenberger-Eibl, Dr. Rainer Frietsch, Prof. Dr. Torben Schubert, Dr. Daniel
Stand
Bachlechner, Dr. Bernd Beckert, Dr. Michael
Juni 2017
Friedewald, Dr. Christian Lerch (alle Fraunhofer ISI), Dr. Christian Rammer (ZEW)
Copyright acatech – Deutsche Akademie der
Verantwortlich
Technikwissenschaften e. V./Bundesverband der
Prof. Dr. habil. Michael Klein (acatech),
Deutschen Industrie e. V.
Iris Plöger (BDI) ISBN: 978-3-942044-86-8 Redaktion Dr. Rainer Frietsch (ISI), Dr. Christian Rammer,
acatech dankt dem Förderverein für die
Prof. Dr. Alfred Spielkamp (beide ZEW)
Unterstützung des Projekts.
Beratung Prof. Dr. Christoph M. Schmidt, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gausemeier, Dr. Thomas Lange (alle acatech), Felix Esser (BDI)
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Notizen
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