SCHWERPUNKT DIGITALE TRANSFORMATION

SCHWERPUNKT DIGITALE TRANSFORMATION Auf der Website zum Innovationsindikator finden Sie einen ausführlichen Methodenbericht sowie weiteres Hintergru...
Author: Hermann Böhmer
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SCHWERPUNKT DIGITALE TRANSFORMATION

Auf der Website zum Innovationsindikator finden Sie einen ausführlichen Methodenbericht sowie weiteres Hintergrundmaterial. Außerdem können Sie dort mit „Mein Indikator“ individuell Volkswirtschaften vergleichen. Die Website ist auf allen Endgeräten vom Desktop-PC bis zum Smartphone nutzbar. www.innovationsindikator.de

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Inhalt 4 Vorwort 6 Zentrale Befunde 8 Zusammenfassung 12 Ansatzpunkte für die Innovationspolitik Ergebnisse 15

Über den Innovationsindikator Methoden und Indikatoren

18

Deutschland ohne echte Spitzenwerte Vierter

35 Volkswirtschaften im Innovationsvergleich

Fokus 29

Die digitale Transformation Analysen, Studien und erste Befunde

30

Neue Technologien machen die Welt smarter Digitalisierung und Innovationen

35

Deutschland weit weg von der Spitzengruppe Ergebnisse des Digitalisierungsindikators

41

Digitale Infrastruktur mit Schwächen

Die Situation in Deutschland

46

Mit Industrie 4.0 in die Zukunft

Chancen und Herausforderungen

52

Den digitalen Wandel gemeinsam gestalten

Deutschlands Transformationsfähigkeit

Anhang

3

57

Projektpartner

58

Impressum

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Vorwort Der Innovationsindikator 2017 zeigt: Deutschlands Innovationssystem steht auf den ersten Blick gut da. Wirklich abheben können wir uns im internationalen Wettbewerb aber nicht. In einem zentralen zukünftigen Handlungsfeld, der digitalen Transformation, scheinen gerade die USA und Großbritannien einen erheblichen Vorsprung zu haben. Darauf weist der für diesen Bericht eigens erstellte Digitalisierungsindikator hin. Die anhaltend gute Konjunktur, die Exportkraft der Industrie und die geringe Arbeitslosigkeit in Deutschland dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen. Angesichts der Geschwindigkeit und Radikalität des technologischen Wandels könnten frühere Erfolgsrezepte schnell der Vergangenheit angehören. Die meisten Branchen werden einen Strukturwandel erleben, bei dem „weiter so“ keine zukunftsfähige Option für Unternehmen darstellt. Dabei geht es keineswegs nur um den Einsatz neuer Technologien. Genauso kommt es auf eine Unternehmens- und Arbeitsorganisation an, die Kreati­vität, Agilität und Vernetzung im Innovationsprozess fördert. Die Visionen von Industrie 4.0, Smart-Service-Welt und lernenden Systemen bieten Orientierung für die digitale Transformation. Die konsequente Umsetzung ist allerdings kein Selbstläufer. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind vielfach noch nicht auf den Zug aufgesprungen. Ausund Weiterbildung, IT-Sicherheit und neue Geschäftsmodelle sind zentrale Herausforderungen. Ebenso die internationale Kooperation bei Standards und Interoperabilität. Der Innovationsindikator kann Anhaltspunkte für den Dialog von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bieten, wie wir gemeinsam die Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland sichern können. Gerade im Jahr der Bundestagswahl ist es uns ein besonderes Anliegen, die zen­trale Bedeutung von Innovationen für Wohlstand und Beschäftigung hervorzu­heben. Wir wünschen Ihnen in diesem Sinne eine anregende Lektüre.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

4

Henning Kagermann

Dieter Kempf

Präsident

Präsident

acatech – Deutsche Akademie der

Bundesverband der Deutschen Industrie

Technikwissenschaften

5

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Zentrale Befunde Innovationsindikator Deutschland gehört zu den innovationsstärksten Ländern der Welt und belegt mit einem Indexwert von 55 unverändert Rang vier im Innovations­indikator. Allerdings erreicht das deutsche Innovationssystem in keinem der fünf untersuchten Teilbereiche Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Staat und Gesellschaft eine Topplatzierung.

Deutschland im Vergleich zu ausgewählten Volkswirtschaften und zum

75

Benchmark Schweiz. Ein Ranking aller 35 Volkswirtschaften finden Sie

Schweiz Rang 1

auf Seite 19.

 Benchmark 

52 UK Rang 6

55 Deutschland Rang 4

51 USA Rang 11

50 Südkorea Rang 13

42 Japan Rang 20

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

6

Digitalisierungsindikator Gemessen am Digitalisierungsindikator, der für diese Aus­gabe der Studie gesondert erstellt wurde, liegt Deutschland mit einem Indexwert von 44 auf Platz 17 deutlich hinter anderen Industrie­nationen. Besonders groß ist der Abstand zu Großbritannien und den USA. Handlungsbedarf besteht vor allem beim Breitbandausbau, der Digitalisierung der öffentlichen Ver­waltung, in Teilen des Bereichs Forschung und Technologie sowie bei digitalen Geschäftsmodellen.

Deutschland im Vergleich zu ausgewählten Volkswirtschaften und zum Benchmark Finnland. Ein Ranking

64 49 Südkorea Rang 12

7

Finnland Rang 1

UK Rang 4

 Benchmark 

aller 35 Volkswirtschaften finden Sie

70

auf Seite 36.

62 USA Rang 9

44

44

Deutschland Rang 17

Japan Rang 18

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

01

Zusammenfassung

Deutschland gehört zu den innovationsstärksten

Zurückgegangen sind dagegen der deutsche

Ländern der Welt und belegt unverändert Rang

Handelsbilanzsaldo bei Hochtechnologiegü-

vier im Innovationsindikator – allerdings erreicht

tern, der Beschäftigtenanteil in wissensinten-

das deutsche Innovationssystem in keinem der

siven Dienstleistungen und die Wagniskapi-

Teilbereiche Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung,

talinvestitionen in Relation zum BIP. Anders

Staat und Gesellschaft eine Topplatzierung.

als in den meisten anderen Industrienationen verzichtet der Staat bislang auf eine steuerliche

Die mit Abstand höchsten Werte im Innova-

Förderung von Forschung und Entwicklung

tionsindikator erreichen auch dieses Jahr die

(FuE); die direkte Förderung von FuE in Unter-

Schweiz und Singapur. Die Schweiz ist das

nehmen durch Zuschüsse oder FuE-Aufträge

einzige Land, für das der Innovationsindikator

der öffentlichen Hand fällt ebenfalls vergleichs-

in allen fünf Teilbereichen des Innovationssys-

weise gering aus.

tems sehr hohe Werte ausweist. Die größte Stärke der USA liegt in der Inno Deutschland liegt im Gesamtranking des Inno-

vationskraft amerikanischer Unternehmen,

vationsindikators mit den anderen großen In-

insbesondere im Bereich der digitalen Wirt-

dustrienationen USA, Großbritannien, Südko­

schaft, die zu den innovativsten und höchst-

rea und Frankreich quasi gleichauf. Innerhalb

bewerteten weltweit zählen. Weitere Stärken

der fünf Teilbereiche des Innovationssystems

des Wirtschaftssystems sind die hohe Inten-

zeigen die Länder zum Teil aber sehr unter-

sität des heimischen Wettbewerbs, die hohe

schiedliche Leistungen.

Arbeitsproduktivität, ein hoher Anteil staatlich finanzierter FuE und der hoch entwickelte

Die Stärken des deutschen Innovationssystems

Wagniskapitalmarkt. Schwächer bewertet wird

liegen nach wie vor in einer guten beruflichen

das Wissenschaftssystem: Die Tatsache, dass

Ausbildung und einem hohen Anteil von Akade-

einige der weltweit führenden Universitäten in

mikern mit Spitzenqualifikationen in den MINT-

den USA beheimatet sind, darf nicht darüber

Fächern (Promotion), einem hohen Beitrag der

hinwegtäuschen, dass das Hochschulsystem

Hochtechnologiebranchen zur Wertschöpfung,

in der Breite nur ein mittleres Leistungsni-

einer relativ hohen staatlichen Finanzierung des

veau erreicht. Im Vergleich zu vielen anderen

Wissenschaftssystems und einer hohen Anzahl

Ländern sind wissenschaftliche Einrichtungen

von Patentanmeldungen je Einwohner. Die Be-

und Unternehmen zudem bei der Technolo-

wertung des Bildungssystems hat sich über die

gieentwicklung in deutlich geringerem Umfang

vergangenen Jahre nach dem PISA-Schock im

international vernetzt.

Jahr 2000 kontinuierlich verbessert.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

8

Teilbereiche des Innovationsindikators Deutschland und ausgewählte Volkswirtschaften im Vergleich  Benchmark  66

100

59

56

54

50

45

50

0

Schweiz

Südkorea

USA

Deutschland

Japan

UK

Rang 1

Rang 2

Rang 6

Rang 7

Rang 12

Rang 15

62

54

Indexwert Wirtschaft

97 100

50

47

34

50

0

Dänemark

Deutschland

UK

USA

Südkorea

Japan

Rang 1

Rang 11

Rang 14

Rang 17

Rang 18

Rang 20

84

100

55

51

50

41

36

50

0

Singapur

Südkorea

UK

Deutschland

Japan

USA

Rang 1

Rang 4

Rang 7

Rang 8

Rang 16

Rang 19

56

53

50

49

86

Indexwert Bildung

100

42

50

0

Singapur

Deutschland

Japan

USA

Südkorea

UK

Rang 1

Rang 8

Rang 10

Rang 12

Rang 13

Rang 17

85

80

Indexwert Staat

100

51

50 30

21

50

0

9

Indexwert Wissenschaft

Australien

UK

USA

Deutschland

Japan

Südkorea

Rang 1

Rang 2

Rang 12

Rang 13

Rang 21

Rang 23

Indexwert Gesellschaft

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Das Innovationssystem in Großbritannien hat

Gemessen am Digitalisierungsindikator, der für

seine Leistungsfähigkeit über die vergangenen

diese Ausgabe des Innovationsindikators erstellt

fünf Jahre kontinuierlich verbessert. Beson-

wurde, liegt Deutschland deutlich hinter ande­

dere Stärken sind die günstigen gesellschaft-

ren Industrienationen zurück (Rang 17). Das gilt

lichen Rahmenbedingungen für Innovationen

besonders für die Bereiche Forschung/Technolo­

und ein gutes Bildungssystem. Das Wissen-

gie (Rang 16), Bildung (Rang 17) und Infrastruk­

schaftssystem zeichnet sich durch eine hohe

tur/Staat (Rang 19).

Leistungsfähigkeit in der Grundlagenforschung aus – wenngleich sich die Forschungsleistung

Der Digitalisierungsindikator weist für die

häufig auf einige wenige Eliteuniversitäten

USA in allen Teilbereichen außer im Bereich

konzentriert. Defizite bestehen dagegen in der

Gesellschaft einen höheren Wert aus als für

geringen Anwendungsorientierung und im Wis-

Deutschland. Aber auch die Werte für Groß­

sens- und Technologietransfer. Der Anteil der

britannien übertreffen – mit Ausnahme des

öffentlichen Forschungsausgaben in Relation

Bereichs Forschung und Technologie – deut-

zum BIP fällt vergleichsweise gering aus.

lich die Werte für Deutschland.

Die Innovationskraft der südkoreanischen

Die niedrige Bewertung Deutschlands im

Wirtschaft hat sich gemessen an den Bewer-

Bereich Infrastruktur/Staat ist vor allem auf

tungskriterien des Innovationsindikators in den

eine unzureichende Breitbandversorgung und

vergangenen Jahren deutlich verbessert. Im

einen geringeren Digitalisierungsgrad der öf-

entsprechenden Teilbereich erreicht Südkorea

fentlichen Verwaltung zurückzuführen.

Rang zwei und damit eine höhere Bewertung als die USA. Die Stärken des Innovationssys-

Im Bereich Forschung/Technologie weist

tems drücken sich in hohen FuE-Ausgaben in

der Digitalisierungsindikator für Deutschland

Relation zum BIP (zuletzt 3,36  Prozent), einer

ebenfalls einen deutlich niedrigeren Wert aus

hohen Anzahl von Patentanmeldungen in den

als beispielsweise für Südkorea, die USA oder

USA sowie einem hohen Beitrag der Hoch-

Japan. Bei der Durchdringung mit digitalen

technologiebranchen zur Wertschöpfung aus.

Technologien (zum Beispiel Softwarelösungen,

Eine weitere Stärke ist die Leistungsfähigkeit

Cloud-Computing) liegen deutsche Unterneh-

des Bildungssystems. Die Werte im Teilbereich

men lediglich im Mittelfeld. Bei kleinen Un-

Wissenschaft fallen angesichts eines relativ

ternehmen ist die Durchdringung besonders

niedrigen Outputs und einer geringen interna-

gering. Großbritannien, Japan und die USA

tionalen Kooperationsneigung innerhalb des

liegen im Teilbereich Wirtschaft des Digitali-

Wissenschaftssystems dagegen niedriger aus.

sierungsindikators deutlich vor Deutschland. Im Bereich digitaler Geschäftsmodelle ist der

Das Innovationssystem Chinas weist – in der

Abstand zu den USA und Großbritannien so-

Breite – im Vergleich zu den anderen großen

gar noch größer. Im Teilbereich Bildung liegen

Industrienationen immer noch eine deutlich

Großbritannien und Südkorea deutlich vor

geringere Leistungsfähigkeit auf. In einzelnen

Deutschland.

Branchen dagegen (zum Beispiel Internet- und Telekommunika­tion) konkurrieren chinesi-

Den höchsten Wert für Deutschland weist der

sche Firmen weltweit auf Augenhöhe. Zudem

Digitalisierungsindikator im Bereich Gesell­

steigt die Qualität der wissenschaftlichen

schaft auf. Ein vergleichsweise hoher Nut-

Forschungsergebnisse. Chinesische Unter-

zungsgrad digitaler Lösungen/Technologien in

nehmen beteiligen sich außerdem bereits in

der Bevölkerung kann ein Gradmesser für die

hohem Maße an der Finanzierung von FuE an

gesellschaftliche Aufgeschlossenheit bezie-

Hochschulen.

hungsweise Akzeptanz der Digitalisierung sein. Unter den großen Industrienationen zeigt nur Großbritannien höhere Werte als Deutschland.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

10

Teilbereiche des Digitalisierungsindikators Deutschland und ausgewählte Volkswirtschaften im Vergleich  Benchmark  90 57

57

53

100

42

29

50 0

Israel

UK

Japan

USA

Deutschland

Südkorea

Rang 1

Rang 2

Rang 6

Rang 7

Rang 12

Rang 15

55

51

48

93

100

33

26

50 0

Finnland

Südkorea

USA

Japan

Deutschland

UK

Rang 1

Rang 6

Rang 7

Rang 9

Rang 16

Rang 20

88

78

61

51

44

21

Australien

UK

Südkorea

USA

Deutschland

Japan

Rang 1

Rang 3

Rang 6

Rang 10

Rang 17

Rang 31

85

85 57

57

54

50

USA

USA

Südkorea

UK

Japan

Deutschland

Rang 1

Rang 1

Rang 8

Rang 9

Rang 11

Rang 19

58

50

Indexwert Infrastruktur/Staat

100

46

44

32

50 0

Norwegen

UK

Deutschland

USA

Südkorea

Japan

Rang 1

Rang 6

Rang 12

Rang 16

Rang 17

Rang 21

92

83

83 56

49

47

Indexwert Gesellschaft

100 50 0

Niederlande

USA

UK

Südkorea

Deutschland

Japan

Rang 1

Rang 2

Rang 3

Rang 11

Rang 15

Rang 16

11

Indexwert Bildung

100

39

0

78

Indexwert Forschung/Technologie

100

0

93

Indexwert Wirtschaft

Indexwert Geschäftsmodelle

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

02

Ansatzpunkte für die Innovationspolitik

Im Licht der Ergebnisse des Innovationsindikators erweisen sich die jüngsten Empfehlungen des ­Hightech-Forums der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der Hightech-Strategie (Mai 2017) und der Expertenkommission Forschung und Innovation (Jahresgutachten 2017) als reichhaltige ­Quelle ­guter Ansatzpunkte für die künftige Innovationspolitik. Die Herausgeber des Innova­tionsindikators möchten vor allem die drei folgenden übergeordneten Stoßrichtungen besonders hervorheben, die gerade angesichts der digitalen Transformation von zentraler Bedeutung für die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Wissenschaft sind.

1 Bildung, Forschung und Wissenstransfer auf zukünftige Heraus­forderungen ausrichten

Nationales Kompetenz-Monitoring etablieren,

Hochschulen beim Wissenstransfer in Wirt-

um Schlüsselkompetenzen für Zukunftstech-

schaft und Gesellschaft (sogenannte dritte

nologien in Wirtschaft, Wissenschaft und

Mission) stärken. Auf virtuellen und realen

Gesellschaft schneller und systematischer

Transfer- und Experimentiercampi sollten

erfassen und international vergleichen und

Wissenschaft und Wirtschaft unbürokratisch in

entwickeln zu können.

innovativen Ökosystemen zusammen­arbeiten können. Transferstellen und Gründerzentren

Gemeinsam mit Stakeholdern aus Wissen-

sollten mit passenden Beratungs- und Vernet-

schaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eine

zungsangeboten die Unternehmen dazu befä-

ressortübergreifende neue nationale MINT-

higen, in Zukunft vermehrt auf Plattformmärk-

Strategie formulieren, die nicht zuletzt einen

ten und in digitalen Ökosystemen zu agieren.

Schwerpunkt auf die Themen Qualitätssicherung, Talentförderung und Bildung in der digitalen Transformation legt.

Grundfinanzierung der Hochschulen ver­ bessern und Bund-Länder-Programm zur Hochschulfinanzierung („Hochschulpakt“)

Digitale Bezugspunkte in allen Schulfächern

sowie den Pakt für Innovation und Forschung

fest verankern, um die Kompetenzen junger

für außeruniversitäre Forschungsorganisa­

Menschen für die Gestaltung und die Teilhabe

tionen auch über das Jahr 2020 hinaus fort-

an der digitalen Transformation zu fördern. Eine

setzen.

informationstechnische Grundbildung sowie die Kenntnis neuer Arbeitsmethoden (zum Beispiel

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Duales Prinzip auch an Hochschulen fördern

agile Arbeit, Kreativitätstechniken, evidenzba-

und ein gemeinsames/übergreifendes Bil­

siertes Management) müssen als neue gleich-

dungskonzept für die Berufs- und Hochschul-

berechtigte Kulturtechniken begriffen werden.

bildung von morgen entwickeln.

12

2 Regulatorische Überforderung innovativer Ge-

Enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und

schäftsmodelle vor allem in der neu entstehen-

Wirtschaft bei der Entwicklung von industrie-

den Datenökonomie vermeiden und einheit­

spezifischen europäischen/internationalen

liche Wettbewerbsbedingungen für etablierte

Standards und Normen für das Internet der

und neue Marktakteure schaffen.

Dinge, Daten und digitale Dienstleistungen fördern.

Den Aufbau einer neuen Unternehmerkultur Den europäischen digitalen Binnenmarkt

fördern. Schulen und Hochschulen sollten entsprechende Werte, Leitbilder und Kom-

zügig verwirklichen, um einheitliche Wettbe-

petenzen wie Kreativität, Risikobereitschaft,

werbsbedingungen für die digitale Transforma-

Projektmanagement, Unternehmensführung,

tion in Europa zu schaffen und Unternehmen

unternehmerische Grundkenntnisse und

das schnelle Skalieren digitaler Geschäftsmo-

das Lernen an Fehlern stärker fördern.

delle zu ermöglichen.

Wettbewerb als vorrangiges Entdeckungsprinzip für neue Ideen und Innovationen stärken

3 Finanzierungsmöglichkeiten für Innovationen

Raum, um eine digitale Spaltung der Regionen

verbessern. Öffentliche Projektförder- und

zu vermeiden – und die digitale Transformati-

Finanzierungsprogramme erreichen einen

on der öffentlichen Verwaltung beschleunigen

Teil forschender kleiner und mittelständischer

­(E-Government und Open Government Data).

Unternehmen nicht. Die meisten Industrieländer setzen daher zusätzlich auf indirekte,

Regulatorische Experimentierräume schaffen.

steuerliche FuE-Anreize. In Deutschland fehlt

Unternehmen sollten die Möglichkeit haben,

ein solches Instrument bisher. Dieser interna-

innovative Technologien und neue Arbeits-

tionale Standortnachteil sollte ausgeglichen

und Organisationsformen in zeitlich und

werden. Darüber hinaus muss Deutschland als

räumlich begrenzten Experimentier­räumen

Investitionsstandort für privates Wagniskapital

zunächst frei von innovationshemmenden

attraktiver werden.

­Regularien zu entwickeln und zu testen.

Das Innovationsprinzip in die nationale Ge­

Unternehmen gesetzliche Freiräume lassen,

setzesfolgenabschätzung einführen. Innova-

um eigene Strukturen schnell und flexibel an

tionshemmende Wirkungen neuer Gesetze

die neuen Anforderungen der digitalen Arbeits-

könnten so bereits frühzeitig im Gesetzge-

welt anpassen zu können. Die Betriebspartner

bungsverfahren identifiziert werden.

können die konkreten unternehmerischen

Staatliche Rahmenbedingungen für Innovationen ­verbessern und Strukturveränderungen vorantreiben

Bedarfe sowie die individuellen Präferenzen der Ausbau leistungsfähiger Breitbandverbin­ dungen vorantreiben – vor allem im ländlichen

13

Beschäftigten hinsichtlich „guter Arbeit“ zielgenauer adressieren als pauschale Regelungen.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

03

Über den Innovationsindikator

Neue Produkte, Prozesse und Dienstleistungen,

sationen die Position Deutschlands im weltweiten

die sich auf Märkten durchsetzen, oder auch die

Innovationswettbewerb einschätzen und verorten

qualitative Verbesserung bestehender Produk-

können. Nur so können sie Maßnahmen ergreifen,

te und Prozesse werden in volkswirtschaftlicher

die die Situation sichern oder verbessern. Dazu

Hinsicht als Innovationen bezeichnet. Innovatio-

sind eine differenzierte Analyse und ein internatio-

nen sind für die meisten Unternehmen und ganze

naler Vergleich unumgänglich.

Branchen der Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Deutschland ist auf besondere

Der Innovationsindikator hat genau das zum Ziel.

Weise auf Innovationen angewiesen, um ange-

Im Auftrag von acatech – Deutsche Akademie der

sichts des demografischen Wandels das Wachstum

Technikwissenschaften und des Bundesverbands

von Wirtschaft und Wohlstand sowie die Hand-

der Deutschen Industrie (BDI) werden 35 Volks-

lungsfähigkeit der öffentlichen Hand zu sichern.

wirtschaften daraufhin untersucht, wie innova­

Innovationen sind der Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Diese Studie nimmt 35 Volkswirtschaften in den Blick und zeigt, wie innovationsfähig sie sind.

tionsorientiert und -fähig sie sind. Der InnovationsAus ökonomischer Perspektive gibt es eine Vielzahl

indikator wird vom Fraunhofer-Institut für System-

von Faktoren und Einflüssen, die die private Inno-

und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe in Zu-

vationstätigkeit fördern oder gar erst ermöglichen.

sammenarbeit mit dem Zentrum für Euro­päische

So werden zum Beispiel sogenannte user-led

Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim erstellt.

innovations von zahlreichen Akteuren vorange-

Er vergleicht die Innovationsleistung von 35 Län-

trieben – Unternehmen, Forschungseinrichtun-

dern anhand von 38 Einzelindikatoren.

gen, Forschungsförderern, Bildungsinstitu­tionen, aber auch den Innovationsfinanzierern sowie

Grundprinzipien des Innovationsindikators sind:

den Abnehmern und Nutzern von Innovationen,

1. Modellgestützter Ansatz bei der Indikatoren-

die Dienstleistungen und Produkte häufig selbst

auswahl: Jeder einzelne der 38 Indikatoren

verbessern und anpassen. Das Zusammenspiel

wurde auf Basis seines statistisch überprüften

dieser Faktoren, Einflüsse und Akteure bildet das

Erklärungswerts für die nationalen Innova­

nationale Innovationssystem.

tionsleistungen ausgewählt. Auf diese Weise wird sowohl eine Übersichtlichkeit als auch die

Ein gut funktionierendes Innovationssystem ermöglicht, dass Unternehmen innovativ sein kön-

Relevanz der Ergebnisse sichergestellt. 2. Unterteilung der Indikatoren nach Input/

nen und sichert so Arbeitsplätze und Wohlstand.

Output und Subsystemen (Wirtschaft, Bil-

Allerdings befinden sich die Unternehmen als

dung, Wissenschaft, Staat, Gesellschaft): Dies

Anbieter von innovativen Gütern und Dienstleis-

ermöglicht detaillierte Analysen der Stärken

tungen im Wettbewerb – und das gilt im weiteren

und Schwächen einzelner Länder und somit

Sinn somit auch für die Innovationssysteme. Da-

zielgerichtete Handlungsempfehlungen.

bei ist es wichtig, dass Unternehmen und Verbän-

3. Einbeziehung harter und weicher Indikatoren:

de ebenso wie die Politik oder öffentliche Organi-

Innovationstätigkeiten hängen sowohl von

15

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Hauptelemente des Innovationsindikator-Modells INPUT

GESELLSCHAFT



INPUT

INPUT



WIRTSCHAFT

INPUT



OUTPUT

BILDUNG OUTPUT

 

 

OUTPUT



WISSENSCHAFT

 

 

OUTPUT

INPUT

STAAT OUTPUT

Quelle: eigene Darstellung

direkt messbaren Faktoren wie zum Beispiel

Herausforderungen der Messung

den zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen ab als auch von

Der Innovationsindikator ist ein sogenannter

eher weichen, nicht unmittelbar messbaren

Kompositindikator, bei dem einzelne, für das

Faktoren wie etwa gesellschaftlichen Einstel-

Innovationssystem relevante Teilindikatoren durch

lungen. Der Innovationsindikator sammelt

Gewichtung zu einer zusammenfassenden Maß-

auch relevante Daten dieser weichen Faktoren,

zahl verdichtet werden. Der Indikator verwendet

um Innovationssysteme in ihrer Gesamtheit

dabei eine Gleichgewichtung, um die Berechnung

abzubilden. Das unterscheidet ihn von vielen

transparent und nachvollziehbar zu halten. Den-

ähnlich gelagerten Indikatorensystemen.

noch wären auch andere Gewichtungsverfahren

4. Hohe Aktualität der Ergebnisse durch Verwen-

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

denkbar und sind in vergleichbaren Analysen

dung von Prognose und Hochrechnungsver-

zum Einsatz gekommen. Um die Robustheit der

fahren (Nowcasting) für die Einzelindikatoren:

Ergebnisse gegenüber abweichenden Gewichtun-

Alle Indikatoren beziehen sich auf 2015.

gen zu analysieren, bedienen sich die Autoren der

16

Studie moderner statistischer Simulationsmetho-

die explizit sowohl den aktuellen Politikkontext

den. Dabei zeigen sich die Ergebnisse als äußerst

als auch mögliche zukünftige Entwicklungen zu

robust und die Einordnungen der Analyse somit

b­erücksichtigen suchen.

als verlässlich. So führen zwar unterschiedliche Gewichtungs-

Struktur des Berichts

verfahren zu geringfügigen Unterschieden im konkreten Abschneiden der Länder. Allerdings

Das folgende Kapitel fasst die Ergebnisse zusam-

bilden sich weitgehend unabhängig von der

men und verweist auf zukünftige Herausforde-

jeweiligen Gewichtung deutlich erkennbare

rungen für die Innovationspolitik beziehungsweise

Zuordnungen zu gewissen Gruppen an Volks-

das Innovationssystem.

wirtschaften heraus. Es lässt sich also mit großer Sicherheit sagen, dass ein Land zum Beispiel

Im Fokus des Innovationsindikators 2017 steht die

zu der Verfolger- oder der Spitzengruppe zählt.

digitale Transformation der deutschen Wirtschaft.

Dementsprechend wird sich die Interpretation

Das Thema wird aus unterschiedlichen Perspek-

der Rangplätze im Wesentlichen auf diese Grup-

tiven beleuchtet, beispielsweise einem interna­

penzugehörigkeit und stabile langfristige Ent-

tionalen Vergleich. Ein weiterer Schwerpunkt liegt

wicklungstrends konzentrieren. Kleinere Verände-

auf der digitalen Infrastruktur in Deutschland.

rungen zu den Vorjahren sowie geringe Abstände

Außerdem wird Deutschlands Position in Bezug

zwischen einzelnen Ländern sollten dabei nicht

auf die Zukunft der Produktion, insbesondere

überinterpretiert werden.

die Industrie 4.0, untersucht. Ein abschließendes Kapitel analysiert die Transformationsfähigkeit

Dynamisches Umfeld Innovationssysteme sind hochgradig dynamisch: Sie verändern sich unablässig und häufig in

Deutschlands mit Blick auf Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.

Website mit mehr Informationen

schwer vorhersehbarer Weise. Diese Veränderungen können einen gravierenden Einfluss

Der vorliegende Bericht beinhaltet die wichtigsten

auf die Funktionsweise des Innovationssystems

Ergebnisse der für das Referenzjahr 2015 durch-

ausüben. Dies stellt wiederum Messmodelle wie

geführten Analysen. Profile für einzelne Länder,

den Innovationsindikator vor große Herausfor-

die Entwicklung von Einzelindikatoren sowie Ver-

derungen, da dieser die volkswirtschaftlichen

gleiche zwischen verschiedenen Ländern können

Innovationsfähigkeiten auf Basis eines vorab

auf der Internetseite selbst erstellt werden. Dort

definierten Indikatorensets erfasst. Unerwartete

findet man auch eine ausführliche Dokumentation

Entwicklungen sowie strukturelle Veränderun-

der Methoden und der verwendeten Indikatoren

gen, wie sie beispielsweise im Zuge der digitalen

im elektronisch verfügbaren Methodenbericht.

Transformation der Wirtschaft zu erwarten sind, erfordern zum einen eine ständige kritische

www.innovationsindikator.de

Auseinandersetzung mit der Angemessenheit der verwendeten Indikatoren. Zum anderen muss der rein quantitative Indikatorenansatz immer durch qualitative Einschätzungen ergänzt werden, die darauf abzielen, Entwicklungen zu antizipieren, die sich möglicherweise erst in Jahren in Zahlen messbar niederschlagen. Aus diesen Gründen folgt der Innovationsindikator dem Ansatz, die quantitativen Ergebnisse gezielt um qualitative Einschätzungen zu ergänzen,

17

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

04

Deutschland ohne echte Spitzenwerte Vierter

Die Schweiz hat das stärkste Innovations­ system. Frankreich und Großbritannien legen zu. Die USA liegen im Mittelfeld. China zeigt nur punk­ tuelle Stärken.

Der Innovationsindikator misst die Leistung von

Jahren ausbauen konnte, reicht es in keinem der

35 Volkswirtschaften hinsichtlich ihrer Fähigkei-

fünf Teilbereiche an die etablierten Innovations­

ten, Innovationen hervorzubringen und zu nutzen.

nationen heran.

Er berücksichtigt dabei sowohl Investitionen in das Innovationssystem (Input) als auch Ergebnisse innovationsorientierter Aktivitäten (Output).

Schweiz an der Spitze

Gemessen am Innovationsindikator schneidet die Schweiz am besten ab. Sie liegt in allen fünf

Die Schweiz kann die Spitzenposition behaupten

Teilbereichen – Wirtschaft, Wissenschaft, Bil-

und hat gemessen am Innovationsindikator das

dung, Staat und Gesellschaft – unter den vier

leistungsfähigste Innovationssystem. Sie erreicht

bestplatzierten Ländern. Dahinter folgen Singapur

als einziges Land sehr hohe Werte in allen fünf

und Belgien. Beide Länder zeigen ebenfalls ein

Teilbereichen des Innovationsindikators. In der

gut balanciertes Innovationssystem mit Stärken

Wirtschaft nimmt die Schweiz den ersten Platz im

in allen fünf Bereichen. Deutschland befindet

Ranking ein, im Bereich Bildung liegt das Land

sich auf dem vierten Rang. Es weist in allen fünf

auf Rang zwei. In den Bereichen Wissenschaft

Teilbereichen gute, jedoch nirgends Spitzenwerte

und Gesellschaft steht es jeweils an dritter Stelle.

auf. Belgien und Deutschland führen eine größere

Die innovationsorientierten Aktivitäten des Staates

Gruppe von Ländern an, die sich in ihrer Innova­

werden im internationalen Vergleich ebenfalls sehr

tionsleistung nur wenig unterscheiden.

gut bewertet. Dies liegt allerdings nicht an einer direkten staatlichen Förderung von Innovationen

Die USA befinden sich im Mittelfeld dieser Län-

in Unternehmen, denn diese fehlt in der Schweiz.

dergruppe und haben sich damit deutlich von

Vielmehr sind es das sehr gut ausgestattete und

ihrem früheren Spitzenplatz entfernt. 2005 lagen

überwiegend staatlich finanzierte Bildungssystem

die USA noch auf Rang drei. Das ist vor allem

und die hohen staatlichen Investitionen in die

auf eine in der Breite schwächere Leistung des

wissenschaftliche (Grundlagen-)Forschung, die die

Wissenschafts- und Bildungssystems zurück-

Schweiz auch in diesem Teilbereich des Innova­

zuführen. Japan liegt am Ende dieser Gruppe.

tionsindikators vorne platzieren. Generell zählt das

Negativ wirkt sich dort die geringe Offenheit des

Wissenschaftssystem, in dem die Universitäten

Innovations- und Wissenschaftssystems aus, ab-

eine zentrale Rolle spielen, zu den herausragen-

zulesen an einer niedrigen Kooperationsneigung

den Stärken der Schweiz.

sowohl mit internationalen Wissenschaftspartnern

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

als auch zwischen Unternehmen und Wissen-

Bei den meisten Wissenschaftsindikatoren weist

schaftseinrichtungen im Land selbst. China

sie den höchsten Wert unter allen untersuchten

befindet sich weiterhin deutlich hinter der Gruppe

Ländern auf. Dies gilt sowohl für die Anzahl der

der innovationsintensiven Länder. Obwohl China

Publikationen aus der öffentlichen Forschung

seine Innovationsleistung in den vergangenen

gemessen an der Bevölkerung als auch für die

18

Qualität der Forschung. Schweizer Wissenschafts-

Deutschland ist Vierter

einrichtungen kooperieren zudem international so intensiv wie wenige vergleichbare Institutionen in

Deutschland belegt Rang vier im Ländervergleich.

anderen Ländern. Die Schweiz verfügt auch über

Der Abstand zu den folgenden Ländern ist aller-

ein gut ausgebautes System zum Wissens- und

dings gering, sodass der jeweilige Rang innerhalb

Technologietransfer: Es existieren gut funktionie-

dieser Gruppe wenig aussagekräftig ist. Jedoch

rende Schnittstellen zwischen Wissenschaft und

gibt es in allen Teilbereichen Länder, die vor

Wirtschaft, die eine Überführung von Forschungs-

Deutschland liegen. Die Innovationsleistung der

ergebnissen in Produkte und Dienstleistungen

deutschen Wirtschaft fällt beispielsweise hinter die

unterstützen. Die Schweiz verfügt zudem über

Südkoreas oder der USA zurück. Das Bildungssys-

eine hervorragende Infrastruktur. Schließlich profi-

tem hat trotz Verbesserungen in den vergangenen

tieren Start-ups von den hohen Privatvermögen in

Jahren immer noch einen erheblichen Abstand zu

der Schweiz, die auch in innovative Unternehmen

den bestplatzierten Ländern wie Südkorea oder

investiert werden. In der Schweiz sind viele wett-

Finnland. Die Leistung des Wissenschaftssystems

bewerbsfähige Unternehmen im Hochtechnologiebereich ansässig, was sich beispielsweise in einem Handelsüberschuss bei Hochtechnologiegütern niederschlägt. Die hohe Punktzahl von Singapur, das den zweiten Rang im Innovationsindikator 2017 belegt, ist insbesondere auf umfangreiche staatliche Förderaktivitäten zurückzuführen. Dazu zählen eine großzügige direkte staatliche Forschungsförderung, eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Unternehmen sowie eine hohe staatliche Nachfrage nach neuen Technologien, die Anreize für Innovationen setzt. Beim Anteil der Beschäftigten mit Hochschulabschluss und bei Indikatoren zur Qualität des Bildungssystems und den Bildungsergebnissen erreicht Singapur im internationalen Vergleich die höchsten Werte. Das Wissenschaftssystem wird als das zweitbeste hinter der Schweiz eingestuft. Vor allem die Qualität des wissenschaftlichen Outputs erreicht hohe Werte. Sie wird daran gemessen, wie oft wissenschaftliche Publikationen eines Landes im Durchschnitt zitiert werden. Neben der hohen Sichtbarkeit wissenschaftlicher Publikationen tragen aber auch die Unternehmen zu Singapurs Innovationssystem maßgeblich bei. Die Stärke der Wirtschaft in Singapur liegt vor allem in ihrer internationalen Vernetzung und schlägt sich in einem positiven Handelsbilanzsaldo bei Hochtechnologiegütern nieder.

Gesamtergebnis des Innovationsindikators Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Indexwert Schweiz Singapur Belgien Deutschland Finnland Großbritannien Dänemark Schweden Österreich Niederlande USA Irland Südkorea Norwegen Frankreich Australien Israel Kanada Taiwan Japan Tschechien Portugal Spanien Ungarn China Italien Russland 12 Polen 11 Griechenland 8 Südafrika 4 Türkei 3 Indonesien 1 Mexiko 0 Indien 0 Brasilien 0 0

19

10

75 70 58 55 54 52 52 52 51 51 51 51 50 49 48 47 46 45 43 42 29 26 23 20 19 18

20

30

40

50

60

70

80

90

100

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

ist zwar besser als die der anderen großen Indus-

Neuausrichtung der Forschungs- und Innovations-

trieländer, jedoch bei Weitem nicht so gut wie die

politik mit der Hightech-Strategie haben merkliche

kleinerer Länder. So haben Dänemark, die Nieder-

Verbesserungen gebracht. Sie haben dazu beige-

lande oder Schweden ihre Stärken unter anderem

tragen, dass Deutschland seit 2010 nie schlechter

in einer hohen internationalen Vernetzung.

als auf Rang sechs platziert war.

Die gute Platzierung Deutschlands im Innova­

Zu den Stärken des deutschen Innovationssys-

tionsindikator ist letztlich darauf zurückzuführen,

tems zählen zum einen strukturelle Merkmale wie

dass es in keinem Teilsystem schlecht abschnei-

der hohe Beitrag der Hochtechnologiebranchen

det. Dies war keineswegs immer so. Noch Mitte

zur Wertschöpfung, der hohe Anteil von Personen

der 2000er-Jahre lag Deutschland in den Teilbe-

mit einer guten beruflichen Ausbildung sowie die

reichen Bildung und Staat in der unteren Hälfte

intensive Kooperation zwischen Wirtschaft und

des Länderrankings mit großem Abstand zur

Wissenschaft. Das zeigt sich unter anderem am

jeweiligen Spitzengruppe. Die Anstrengungen in

hohen Anteil von Forschung und Entwicklung

der Bildung nach dem PISA-Schock sowie die

(FuE) an Hochschulen und öffentlichen Forschungseinrichtungen, der von Unternehmen finanziert wird. Auch die steigende Anzahl hochrangiger Publikationen deutscher Wissenschaftler

Gesamtranking der Länder 2000–2015 Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

2000 Schweiz Schweden USA Finnland Belgien Singapur Israel Kanada Frankreich Deutschland Niederlande Dänemark Großbritannien Norwegen Japan Australien Österreich Irland Südkorea Taiwan Tschechien Russland Ungarn Spanien Indien Italien Polen Indonesien China Griechenland Portugal Brasilien Mexiko Türkei Südafrika

2005 Schweiz Schweden USA Finnland Singapur Niederlande Kanada Dänemark Belgien Deutschland Norwegen Großbritannien Österreich Israel Frankreich Australien Irland Japan Südkorea Taiwan Tschechien Spanien Ungarn Indien Italien China Russland Polen Portugal Griechenland Südafrika Indonesien Brasilien Mexiko Türkei

2010 Schweiz Singapur Schweden Deutschland Finnland Niederlande Norwegen Österreich USA Belgien Kanada Taiwan Dänemark Frankreich Großbritannien Australien Irland Südkorea Israel Japan Tschechien Ungarn Spanien Portugal China Italien Indien Russland Polen Griechenland Indonesien Südafrika Brasilien Mexiko Türkei

2014 Schweiz Singapur Finnland Belgien Deutschland Irland Niederlande USA Österreich Schweden Dänemark Großbritannien Südkorea Norwegen Australien Israel Kanada Frankreich Taiwan Japan Tschechien Portugal Spanien Ungarn Italien China Polen Russland Griechenland Türkei Südafrika Indonesien Brasilien Indien Mexiko

und ein beachtlicher Anteil ausländischer Stu2015 Schweiz Singapur Belgien Deutschland Finnland Großbritannien Dänemark Schweden Österreich Niederlande USA Irland Südkorea Norwegen Frankreich Australien Israel Kanada Taiwan Japan Tschechien Portugal Spanien Ungarn China Italien Russland Polen Griechenland Südafrika Türkei Indonesien Brasilien Indien Mexiko

dierender schlagen positiv zu Buche. Die hohe Anzahl von Patentanmeldungen je Einwohner spiegelt die große technologische Kompetenz von Unternehmen und Wissenschafts-/Forschungseinrichtungen wider. Über einen sehr langen Zeitraum zählte der Bildungsbereich zu den größten Schwächen im deutschen Innovationssystem. Betrachtet man die für Innovationen relevanten Faktoren, so hat sich das deutsche Bildungssystem in den vergangenen Jahren verbessern können. Im Detail zeigen die Einzelindikatoren, dass Deutschland bei der Bewertung des Erziehungssystems als Ganzes gut abschneidet. Schon seit Langem konnte es sich bei den Spitzenqualifikationen hervortun, gemessen an der Anzahl Promovierter in den MINT-Fächern in Relation zur Bevölkerung. In der jüngeren Vergangenheit hatte auch der internationale Schülervergleichstest PISA für Deutschland bessere Werte ergeben: Deutschland erzielte 2016 erneut Werte in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen, die deutlich über dem OECD-Schnitt liegen. Allerdings haben sich die Ergebnisse der Naturwissenschaften in den Gymnasien zuletzt verschlechtert. Ferner sinkt das Interesse der Schüler an Naturwissenschaften in allen Schulformen kontinuierlich seit 2006. Daneben kann aus den vorliegenden Daten abgeleitet werden, dass die relative Attraktivität des deutschen Bildungssystems für ausländische Studierende zwar noch nicht wieder das

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

20

Niveau wie in den 1990er-Jahren erreicht hat, sie

sitätsrankings stets auf den vordersten Plätzen zu

zuletzt aber etwas gestiegen ist.

finden sind. Die Forschungsleistung der britischen Hochschulen insgesamt ist allerdings – von

Den Indikatoren zufolge hat sich die gesellschaft-

einzelnen Fachbereichen abgesehen – häufig nur

liche Offenheit gegenüber Innovation erhöht. Es

durchschnittlich. An vielen Hochschulen wird

gibt allerdings auch Indikatoren, bei denen sich

wegen der Konzentration der Forschungsmittel

die Werte für Deutschland verringert haben. Dazu

auf einige ausgewählte Einrichtungen nur in sehr

zählen der Handelsbilanzsaldo bei Hochtechno-

begrenztem Umfang geforscht, sodass dort die

logiewaren, der Beschäftigtenanteil in wissensin-

Lehre von der Forschung losgelöst ist. Zu der

tensiven Dienstleistungen und die Wagniskapital-

Konzentration der Mittel kommen auch niedrige

investitionen gemessen am BIP. Anders als in den

Gesamtausgaben gemessen als Anteil der öffent-

meisten anderen Industrienationen verzichtet der

lichen Forschungsausgaben am Bruttoinlands-

Staat bislang auf eine steuerliche Förderung von

produkt. Mit 0,58 Prozent erreicht diese Quote

FuE. Die direkte Förderung von FuE in Unterneh-

nur gut die Hälfte des Werts von Dänemark oder

men durch Zuschüsse oder FuE-Aufträge der

Schweden. Weitere Probleme sind die geringe An-

öffentlichen Hand fällt ebenfalls vergleichsweise

wendungsorientierung, Defizite im Wissens- und

gering aus.

Technologietransfer oder auch die niedrige Anzahl von Patenten aus der öffentlichen Forschung.

Großbritannien und Frankreich im Aufwärtstrend

An diesen Schwächen versucht die Politik verstärkt zu arbeiten. Hierzu wurde unter anderem das Catapult-Programm eingerichtet. In acht

Die Innovationssysteme in Großbritannien und

Technologiefeldern (Energiespeicher, Materialien,

Frankreich haben ihre Leistungsfähigkeit gemes-

Big Data, Satelliten, Robotik/autonome Syste-

sen am Innovationsindikator zuletzt gesteigert.

me, synthetische Biologie, regenerative Medizin,

Großbritannien setzte den seit 2010 zu beobach-

Agrartechnologien) wurden Innovationszentren

tenden Aufwärtstrend weiter fort. Zu den briti-

eingerichtet, in denen Unternehmen und Wissen-

schen Stärken zählen günstige gesellschaftliche

schaftler gemeinsam an neuen technologischen

Rahmenbedingungen für Innovationen und ein

Lösungen arbeiten. Gleichzeitig setzt Großbritan-

gutes Bildungssystem. In den vergangenen Jah-

nien aber auch auf nichttechnische, nicht pri-

ren führten mehr britische Unternehmen Neue-

mär auf Forschung und Entwicklung abzielende

rungen ein und auch die Ausgaben für Forschung

Innovationen, etwa im Bereich der Kreativwirt-

und Entwicklung stiegen. Seit dem Jahr 2000 (für

schaft oder der Finanzdienstleistungen (Fintechs).

KMU) und seit 2002 (für Großunternehmen) un-

Welche Entwicklung das britische Innovationssys-

terstützt die Regierung Forschung und Entwick-

tem in Anbetracht des Brexits nehmen wird, ist

lung in Unternehmen unter anderem mit einer

aus heutiger Sicht noch nicht absehbar.

Deutschland verfügt über einen hohen Beitrag der Hochtechnologiebranchen zur Wertschöpfung.

steuerlichen Förderung. Damit sollen die niedrigen Ausgaben der Unternehmen für Forschung

Frankreich konnte seinen Indexwert im Innova­

und Entwicklung erhöht werden. Dies ist bis heute

tionsindikator steigern. Verantwortlich hierfür sind

aber nur zum Teil geglückt. Der Anteil der FuE-

verbesserte Indikatorwerte im Bildungsbereich

Ausgaben der Unternehmen am BIP liegt mit

(Anteil der Promovierten, Qualität der schulischen

1,1 Prozent weiterhin erheblich unter dem Niveau

Bildung), im Wissenschaftssystem (Anteil an den

der anderen großen Industrieländer wie den USA

am häufigsten zitierten Fachaufsätzen, Patent­

(2,0 Prozent), Japan (2,7 Prozent) oder Deutsch-

anmeldungen durch öffentliche Forschungsein-

land (2,0 Prozent).

richtungen) sowie in der staatlichen Förderung von Forschung und Innovation. Die Qualität der

Das Wissenschaftssystem Großbritanniens bleibt

wissenschaftlichen (Grundlagen-)Forschung konn-

im internationalen Vergleich zurück. Zwar verfügt

te gesteigert werden. Dass Frankreich sich im

Großbritannien mit Oxford und Cambridge über

Innovationsindikator dennoch in der unteren Hälf-

zwei Eliteuniversitäten, die in weltweiten Univer-

te der innovationsorientierten Industrienationen

21

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

befindet, liegt vor allem an einem niedrigen

werteten Unternehmen der Welt, die das Gesche-

Beitrag der Hochtechnologiebranchen zur Wert-

hen in vielen Märkten – allen voran in der digitalen

schöpfung, einer schlechten Position auf inter-

Wirtschaft – bestimmen. Wie die Einzelindikatoren

nationalen Märkten für Hochtechnologiegüter,

zeigen, zeichnet sich die amerikanische Wirtschaft

geringen Patentaktivitäten der Unternehmen

durch einen intensiven einheimischen Wettbe-

sowie einer geringen Kooperationsneigung von

werb, eine hohe Nachfrage der Unternehmen

Wirtschaft und Wissenschaft.

nach technologischen Produkten sowie eine hohe Wertschöpfung je Arbeitsstunde aus. Beim Input

Dem Staat kommt in Frankreich eine prominen-

ist der Anteil der staatlich finanzierten FuE-Ausga-

tere Rolle im Innovationssystem zu als in anderen

ben von Unternehmen zu nennen: Er liegt deutlich

großen Volkswirtschaften. Dies zeigt sich an einem

höher als beispielsweise in Deutschland. Der hoch

hohen staatlichen Finanzierungsbeitrag zu den

entwickelte Risikokapitalmarkt in den USA bietet

FuE-Ausgaben der Unternehmen und einer hohen

umfangreiche Finanzierungsmöglichkeiten für

staatlichen Nachfrage nach neuen Technologien.

Start-ups aus den Hightech-Branchen und junge

Beim Thema E-Government, gemessen am Anteil

Unternehmen mit guten Wachstumsaussichten.

der Bürger/Unternehmen, die mit Behörden per Internet in Kontakt treten, liegt Frankreich besten-

Im Wissenschaftssystem beherbergen die USA

falls im Mittelfeld.

zwar viele der weltweit führenden Universitäten, aber auch eine sehr große Zahl an Hochschu-

Reformen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit

len, die deutlich schwächere Ergebnisse erzie-

der Forschungs- und Innovationsakteure wurden in

len. Gemessen an der Landesgröße erreicht

Frankreich nicht konsequent umgesetzt. Ein Bei-

das US-amerikanische Wissenschaftssystem im

spiel ist die Etablierung der Instituts Carnots. Diese

Innovationsindikator nur einen mittleren Wert. Die

Forschungseinrichtungen sollten die anwendungs-

Forschungseinrichtungen belegen im Durchschnitt

orientierten Fraunhofer-Institute in Deutschland

keine Spitzenstellung mehr, etwa bei der – jeweils

institutionell kopieren. Allerdings ist man hier auf

an der Landesgröße normierten – Anzahl der For-

halbem Wege stehengeblieben: Anstatt neue Ins-

schenden, der Anzahl der wissenschaftlich-techni-

titute aufzubauen, hat man lediglich bestehende

schen Zeitschriftenartikel, der Zahl der Zitierungen

Einheiten mit dem zeitlich befristeten Carnot-Titel

dieser Artikel und der Anzahl der Patente aus der

versehen. Dies erscheint eher wie eine Marketing-

öffentlichen Forschung. Hinzu kommt, dass die

maßnahme als wie der systematische Versuch, die

USA einen eher geringen Grad der internationalen

anwendungsorientierte Forschung zu stärken. Im

Vernetzung in Wissenschaft und Technologieent-

Jahr 2005 wurde die Forschungsförderung stärker

wicklung aufweisen und stärker binnenorientiert

dezentralisiert, indem mit der Agence Nationale

sind. Da internationale Offenheit und Kooperation

de la Recherche (ANR) eine Organisation ähnlich

jedoch zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren von

der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)

Innovationssystemen zählen, drückt dies den

geschaffen wurde. Dort werden beispielsweise

Indexwert für die USA nach unten. Mit der neuen

die Förderentscheidungen auf Basis von Gutach-

Regierung unter Donald Trump, die eher auf Ab-

terverfahren getroffen und nicht über den Staat.

schottung als auf stärkere internationale Öffnung

Auch mit den Pôles de Compétitivité, vergleichbar

setzt, ist auf diesem Feld keine Verbesserung zu

mit den deutschen Spitzenclustern, versuchte die

erwarten. Im Teilbereich Bildung stechen die USA

Regierung, neue Akzente hin zu einer leistungs­

durch hohe Bildungsausgaben je Studierenden

orientierten Fördermittelvergabe zu setzen.

und einen hohen Anteil von Beschäftigten mit tertiärer Bildung weiterhin hervor. Die übrigen In-

USA im Mittelfeld

dikatoren – beispielsweise auch der Anteil ausländischer Studierender – weisen deutlich niedrigere Werte auf als für die meisten anderen untersuch-

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Die größte Stärke der USA liegt in der Innovations-

ten Länder. Bei der digitalen Transformation liegen

kraft ihrer Unternehmen. Die USA sind Heimat ei-

die USA dagegen auf dem ersten Platz unter den

niger der innovativsten und gleichzeitig höchstbe-

großen Volkswirtschaften (siehe Fokus-Kapitel).

22

Apple war Ende 2016 an der Börse 589 Milliarden Euro wert. Der Technologiekonzern zählt neben der Google-Holding Alphabet und Microsoft zu den wertvollsten Unternehmen der Welt.

Südkoreas Wirtschaft stark

Die zweite Stärke ist das Bildungssystem. Hier nimmt Südkorea den vierten Platz im internationa-

Südkorea erreicht einen ähnlichen Indexwert wie

len Vergleich ein. Hervorzuheben sind dabei die

die USA, jedoch bei deutlich anderen Strukturen

Anteile der Beschäftigten mit mindestens einem

des Innovationssystems. Das südkoreanische In-

Abschluss der Sekundarstufe II und die Anzahl

novationssystem ist stark auf einige wenige, global

der Hochschulabsolventen in Relation zu den

führende Unternehmen ausgerichtet. Ihre Innova-

Beschäftigten, die 55 Jahre oder älter sind. Für

tionskraft bringt Südkorea auf den zweiten Rang

ein leistungsfähiges Bildungssystem sprechen

im Teilbereich Wirtschaft. Die Innovationsfähigkeit

auch die Ergebnisse der PISA-Untersuchungen.

der südkoreanischen Wirtschaft hat sich in den

Südkorea liegt mit seinen Ergebnissen in den

vergangenen Jahren nach den hier verwendeten

Naturwissenschaften, der Lesekompetenz und

Bewertungskriterien deutlich verbessert. Stärken

der Mathematik deutlich über dem Durchschnitt

des südkoreanischen Systems sind den Einzelindi-

der OECD-Länder. In den Teilbereichen Gesell-

katoren zufolge unter anderem die hohe FuE-Quo-

schaft, Staat und Wissenschaft schneidet Süd­

te – die FuE-Ausgaben in Relation zum BIP lagen

korea dagegen unterdurchschnittlich ab. Der

2014 bei 3,36 Prozent und werden nur von Israel

Output des Wissenschaftssystems ist gemessen

übertroffen – oder auch hohe Patentanmeldezah-

an der Bevölkerungszahl des Landes gering.

len am US-Patentamt, ebenso wie ein deutlich po-

Dies gilt auch für die Einbindung in internationale

sitiver Handelsbilanzsaldo und hohe Beiträge der

Wissenschaftskooperationen. Die Gesellschafts­

Hochtechnologiebranchen zur Wertschöpfung.

indikatoren weisen ebenfalls auf Schwächen hin, insbesondere bei der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen oder der Berichterstattung über Fortschritte in Forschung und Entwicklung.

23

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Japan steht mit seiner insgesamt relativ niedrigen

Auf weitere Schwächen im japanischen Inno-

Bewertung der Innovationsleistung im Indikator

vationssystem weisen die niedrigen Werte im

am Ende der Gruppe der hoch entwickelten Indus-

Indikatorbereich Gesellschaft hin. Der Anteil der

trieländer. Nach einer Verbesserung der Indexwer-

berufstätigen Frauen liegt in Japan deutlich unter

te in den Jahren 2012 und 2013 erreicht Japan

dem Wert der meisten anderen untersuchten

zuletzt wieder geringere Werte.

Länder und wird nur noch von Indien, der Türkei oder Indonesien unterschritten. Zwar ist die

Ein Schwachpunkt ist die Leistungsfähigkeit des

fehlende Gleichstellung der Geschlechter kein

Wissenschaftssystems, dessen Anzahl an Publi-

generelles Problem in Japan – im Gender Inequa-

kationen je Einwohner hinter dem anderer gro-

lity Index des UN Development Programs liegt

ßer Industrieländer deutlich zurückbleibt. Auch

Japan im vorderen Mittelfeld –, jedoch ist gerade

verfügt Japan über eine geringe Einbindung in die

die Erwerbsbeteiligung von Frauen innovationsre-

der niedrigen Anzahl von gemeinsamen Publika­

Nutzung kreativer Potenziale hindeutet. Ferner ist

Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin internationale Scientific Community, was sich an levant, weil ein niedriger Wert auf eine mangelnde tionen mit internationalen Partnern zeigt.

Rang

Indikatorenwerte der fünf Subindikatoren

AT (Österreich), AU (Australien), BE (Belgien), BR (Brasilien), CA (Kanada), CH (Schweiz), CN (China), CZ (Tschechien), DE (Deutschland), DK (Dänemark), ES (Spanien), FI (Finnland), FR (Frankreich), GB (Großbritannien), GR (Griechenland), HU (Ungarn), ID (Indo­nesien), IE (Irland), IL (Israel), IN (Indien), IT (Italien), JP (Japan), KR (Südkorea), MX (Mexiko), NL (Niederlande), NO (Norwegen), PL (Polen), PT (Portugal), RU (Russland), SE (Schweden), SG (Singapur), TR (Türkei), TW (Taiwan), US (USA), ZA (Südafrika)

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

die Wahrnehmung von Forschungs- und Entwick-

Indexwert Wirtschaft

Rang

Indexwert Wirtschaft CH KR BE SG TW US DE IE SE IL AT JP NO NL GB FR DK FI AU CA CZ HU ES CN PT RU TR IT ZA ID MX GR BR PL IN

Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

66 59 58 57 56 56 54 54 53 53 51 50 48 47 45 43 42 41 34 33 32 31 24 21 20 19 15 13 13 8 8 6 6 5 0 0

20

40

Indexwert Wirtschaft

60

80

100

Indexwert Wissenschaft DK SG CH NL FI SE BE NO AU AT DE FR IL GB CA IE US KR PT JP CZ TW ES GR IT HU ID ZA CN BR IN MX PL RU TR

97 96 93 74 74 73 70 64 63 63 62 58 58 54 53 51 50 47 39 34 34 29 23 22 20 17 9 9 1 0 0 0 0 0 0 0

20

40

60

80

100

24

lungsergebnissen in den Medien im internationa-

Die hohe FuE-Quote der Unternehmen und eine

len Vergleich gering.

überdurchschnittlich hohe Anzahl von Patentanmeldungen belegen dies. Der hohen Innovationskraft

Bei der Bildung erreicht das japanische Innova-

vieler großer japanischer Unternehmen, die in ihren

tionssystem durchschnittliche Ergebnisse. Die

Märkten meist zu den globalen Technologieführern

PISA-Ergebnisse fallen gut aus. Allerdings gibt

zählen, steht eine wenig innovative mittelständische

es langfristig womöglich einen Mangel an höher

Wirtschaft gegenüber. Die Ergebnisse der aktuel-

­Qualifizierten, da die Zahl der Hochschulabsol-

len japanischen Innovationserhebung zeigen, dass

venten in Relation zu den altersbedingt ausschei-

im Zeitraum von 2012 bis 2014 nur 20 Prozent

denden Akademikern im internationalen Vergleich

der mittelständischen Unternehmen Innovationen

niedrig ist.

eingeführt haben.1 In Deutschland ist dieser Wert mit 43 Prozent mehr als doppelt so hoch. Hinzu

Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin Die Stärke Japans liegt eindeutig im Bereich der kommt, dass der Handelsbilanz­saldo bei HochtechWirtschaft. Die Unternehmen verfügen im Durchschnitt über eine hohe Technologieorientierung.

Rang

Indexwert Wirtschaft

Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

25

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

84 73 64 55 54 52 51 50 50 48 47 46 44 43 42 41 38 37 36 32 31 31 21 21 17 14 13 9 0 0 0 0 0 0 0 0

20

40

zu einem sinkenden Indexwert beiträgt.

Rang

Indexwert Wirtschaft

Rang

Indexwert Bildung SG CH FI KR IE CA GB DE BE AT TW AU FR DK NL JP NO PL US CN SE CZ PT RU IL IT HU ES BR GR ID IN MX TR ZA

nologiewaren in Japan seit 2012 rückläufig ist, was

60

80

100

Rang

Indexwert Staat SG FI BE CH NL FR CA DE NO JP AT US KR DK IE CZ GB PT SE TW AU CN PL RU ES HU IL TR IT IN ID BR GR MX ZA

Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

86 70 67 65 63 59 59 56 54 53 50 50 49 49 47 43 42 41 41 41 40 36 29 28 26 22 21 16 11 10 4 0 0 0 0 0

20

Indexwert Wirtschaft

40

60

80

100

Indexwert Gesellschaft AU GB CH FI CA IL SE BE FR NO DK US DE AT IT NL ES PT SG IE JP GR KR IN CZ CN PL BR HU ID MX RU TR TW ZA

85 80 73 68 68 67 64 60 55 53 53 51 50 49 47 46 45 33 30 30 30 27 21 11 9 2 1 0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 10 20

20 40

30 60

40 80

50

100

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

6

China nur punktuell stark

werden, dass sich China stark auf transaktions­ orientierte Plattformfirmen wie Baidu oder

China will durch Förderanreize mehr Start-ups auf den Weg bringen.

China weist im Innovationsindikator weiterhin nur

­Tencent fokussiert, während innovationsorien-

einen niedrigen Indexwert auf. Das liegt daran,

tierte Plattformfirmen überwiegend in Nordame-

dass dieser Indikator die Innovationskraft der ge-

rika beheimatet sind (zum Beispiel Oracle oder

samten Volkswirtschaft abbildet einschließlich des

Microsoft).2 Auch zeichnen sich große Teile der

kompletten Bildungs- und Wissenschaftssystems

chinesischen Wirtschaft durch geringe oder fak-

und nicht nur die Leistung einzelner international

tisch fehlende Innovationsaktivitäten aus.

erfolgreicher Akteure. So zählen einige chinesische Unternehmen wie Baidu im Bereich digitaler

Obwohl der Indexwert für China im Gesamt-

Plattformen mittlerweile zu den erfolgreichsten

indikator gegenüber dem Vorjahr unverändert

Anbietern und stehen damit auf Augenhöhe mit

geblieben ist, verzeichnet China bei einzelnen

den führenden Unternehmen aus den USA.

Output-Indikatoren merkliche Steigerungen, etwa

Auch gibt es nicht wenige chinesische Unterneh-

bei der Qualität der wissenschaftlichen For-

men, die in ihren Märkten technologisch so weit

schungsergebnisse. Auf der Input-Seite hingegen

aufgeholt haben, dass sie ein ernstzunehmender

stagnieren viele Indikatorwerte. Die Investitionen

Wettbewerber für europäische, ostasiatische und

in Wissenschaft und Forschung beispielsweise

US-amerikanische Marktführer sind.

sind in Relation zum BIP zuletzt nicht gestiegen. Hinzu kommt, dass China – wie viele andere

Würde man zum Beispiel die Internet- und Tele­

Schwellenländer auch – zwar innovative Schwer-

kommunikationsbranche separat ­betrachten,

punkte in einzelnen Branchen und Technolo-

würde China eine auch weltweit betrachtet starke

giefeldern aufweist; in der Breite ist das Innova­

Position erreichen. Allerdings muss berücksichtigt

tionssystem dagegen nicht gut aufgestellt. Große

Auf Augenhöhe mit der Konkurrenz aus den USA: Chinas IT-Gigant Baidu hat mit dem Suchroboter Xiaodu einen sprachgesteuerten Assistenten entwickelt, der sich mit Siri, Alexa und Co. messen kann.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

26

Teile der Hochtechnologieproduktion sind in der

die Anteile von Staatsunternehmen sollen zurück-

Montage von Endprodukten angesiedelt, während

gefahren werden. Außerdem soll die chinesische

die eigentlichen Hochtechnologiekomponenten

Wirtschaft unabhängiger von der internationalen

importiert werden.

Konjunktur und den Exportmärkten werden. Die Regierung strebt deswegen an, den Binnenkon-

Dezidiertes Ziel der chinesischen Regierung ist

sum und die Dienstleistungswirtschaft zu stärken.

daher, die Volkswirtschaft stärker auf Innovationen und qualitativ hochwertige Produkte mit hohen

China setzt sich im Innovationsindikator deutlich

Wertschöpfungsanteilen umzustellen. Mit dem

von den anderen vier BRICS-Ländern ab. Un-

13. Fünfjahresplan und insbesondere dem im Juli

ter diesen schneidet Russland noch am besten

2016 vom Staatsrat verabschiedeten Innovations-

ab, wozu einzelne Bildungsindikatoren sowie ein

plan für die Jahre 2016 bis 2020 wurden die Ziele

hohes staatliches Engagement in der Forschungs-

hoch gesetzt. So strebt man beispielsweise eine

finanzierung beitragen. Südafrika kann ebenfalls

FuE-Quote von 2,5 Prozent des BIP an sowie die

bei einzelnen Indikatoren punkten, etwa beim

Verdoppelung der Patentanmeldungen pro Kopf.3

international offenen und durchaus leistungsfä-

Die flankierende Strategie zu „Internet Plus“, der

higen Wissenschaftssystem oder einer günstigen

Digitalisierungsstrategie Chinas, sieht unter ande-

Experteneinschätzung zur Innovationskraft der

rem einen Kompetenzaufbau in der Digitalisierung

Wirtschaft. Mit null Punkten stehen Indien und

der Finanzwelt, der Gesundheitsversorgung und

Brasilien am Ende der Liste der 35 Länder, da

der Personenbeförderung, aber auch zusätzli-

sie bei keinem der Indikatoren besser als das

che Maßnahmen bei Logistik, E-Commerce und

schlechteste Land in der Benchmarkgruppe

E-Government bis hin zu Energie, Ökologie und

sind. Diese beiden bevölkerungsreichen Länder

Landwirtschaft vor.

haben zwar einzelne Innovationsschwerpunkte wie Software im Fall Indiens oder Luftfahrt im Fall

Außerdem verfolgt China mit „Made in China

Brasiliens. Diese sind aber zu klein, um fehlende

2025“ einen sehr ähnlichen Ansatz wie Deutsch-

Innovationsvoraussetzungen in den größten Teilen

land mit seiner Industrie-4.0-Strategie. Erste

von Wirtschaft und Gesellschaft aufzuwiegen.

Demonstrationszentren wurden eingerichtet und es wurde ein großes Volumen an öffentlicher Förderung für staatliche und private Unternehmen zur Verfügung gestellt – vor allem auch für Startups. Dem Markt soll mehr Freiheit gegeben und

1 K. Motohashi, T. Ichichi, K. Ikeuchi, Y. Ikeda, Y. Yonetani, H. Imai: Report on the Fourth Round of the Japanese National Innovation Survey (J-NIS 2015) (NISTEP Report No. 170), Tokio 2016. 2 P. Evans, A. Gawer: The Rise of the Platform Enterprise, www.thecge.net/wp-content/uploads/2016/01/ PDF-WEB-Platform-Survey_01_12.pdf 3 www.uscc.gov/sites/default/files/Research/The%2013th%20Five-Year%20Plan.pdf

27

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

05

Die digitale Transformation

Im Fokus des diesjährigen Innovationsindikators

nehmen und ganze Wertschöpfungsstrukturen

steht die digitale Transformation. Sie wird durch

zu erwarten. Sie können innerhalb bestehender

eine immer stärkere Vernetzung von Personen

Indikatorensysteme nicht verlässlich prognostiziert

und Objekten über das Internet vorangetrieben.

beziehungsweise abgebildet werden.

Dieser Schwerpunkt hat zum Ziel, einen Überblick

Nach einem kurzen Überblick zur Rolle der

über den aktuellen Stand der Transformation zu

Digitalisierung als Transformationsmotor werden

geben und die Fähigkeit der Akteure zu bewerten,

vier Aspekte der Digitalisierung näher beleuchtet:

die Potenziale der Transformation erfolgreich zu

Zunächst wird diskutiert, inwieweit Unterneh-

nutzen. Dabei wird in erster Linie auf bestehende,

men, Staat und Bürger die aktuellen Trends der

teilweise qualitative Analysen und Studien aufge-

Digitalisierung aufgegriffen haben und wie sich

setzt. An einigen Stellen werden eigene empiri-

die digitale Transformation in Deutschland im in-

sche Befunde eingebracht, die jedoch kursorisch

ternationalen Vergleich darstellt. Danach wird auf

bleiben müssen.

das zentrale Thema der Infrastrukturausstattung

Die Digitalisierung birgt vielfältige ­Innovationschancen. Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und ­Gesellschaft müssen sie gemein­ sam nutzen.

eingegangen. Angesichts der großen Bedeutung,

Prognosen schwierig

die die Industrie 4.0 für die Digitalisierung in der deutschen Wirtschaft spielt, widmet sich ein eigener Abschnitt diesen Herausforderungen.

Viele Entwicklungen lassen sich mit verfügbaren Indikatoren und Methoden nur schwer erfassen.

Das Kapitel schließt mit Empfehlungen, wie Wis-

Dies liegt einerseits an der zeitlichen Perspektive,

senschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft

denn viele technologische Entwicklungen stehen

die digitale Transformation gemeinsam gestalten

erst am Anfang. Deshalb besteht noch keine

können.

Basis für belastbare Trendanalysen. Zudem sind im Zuge der Digitalisierung disruptive Veränderungen gerade für Geschäftsmodelle von Unter-

29

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

06

Neue Technologien machen die Welt smarter

Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie Innova­ tionen entstehen. Unternehmen müssen umdenken, um in der Industrie 4.0 und der Plattformökonomie nicht den Anschluss zu verlieren.

Neue digitale Technologien, eine neue Dimension

Mit der intelligenten digitalen Vernetzung von

der Informationsverfügbarkeit und neue Mög-

Teilsystemen haben Unternehmen viel mehr

lichkeiten der Vernetzung im Internet der Daten,

Möglichkeiten, ihre Produktivität zu steigern,

Dienste und Dinge – all dies erlaubt Unterneh-

die Qualität von Produkten und Dienstleistun-

men, noch schneller und präziser auf die Bedürf-

gen zu verbessern oder neue Service-Ange-

nisse von Kunden einzugehen und ihre Angebote

bote zu entwickeln. Die digitale Vernetzung

im Wettbewerb unterscheidbarer zu machen.

umfasst Prozesse, Produkte und Geschäfts-

Neue datengetriebene Geschäftsmodelle hel-

modelle. Unter der Bezeichnung Industrie 4.0

fen, neue Umsatzpotenziale zu erschließen. Sie

werden vielfältige Ansätze der digitalen Trans-

brechen zum Teil binnen kürzester Zeit etablierte

formation im Produktionssektor zusammenge-

Wertschöpfungsstrukturen auf.

fasst, die zu einer flexiblen, selbstgesteuerten und dienstleistungsorientierten Produktion

Drei große Trends prägen die gegenwärtige digi-

personalisierter Produkte führen. In dieser

tale Transformation:

sogenannten Smart Factory sind alle Wertschöpfungsstufen über den Lebenszyklus von

Neue digitale Technologien können Infor-

Produkten digital integriert und es eröffnen

mationen in ganz neuer Art erfassen, verar-

sich völlig neue Formen der Interaktion zwi-

beiten, speichern, verteilen, analysieren und

schen Produzenten und Nutzern. Die intelli-

bewerten. Sie können Informationen auch

gente Zusammenführung großer Datenmengen

mit physischen Prozessen verknüpfen. Den

(Smart Data) ermöglicht es, Informationen neu

Unternehmen stehen zum Teil radikal neue

zu interpretieren, und führt zu Lösungen mit

Technologien zur Verfügung, zum Beispiel

deutlich höherem Nutzen. Die Vernetzung in

Cloud-Computing, künstliche Intelligenz,

den Bereichen Bildung, Energie, Gesundheit,

maschinelles Lernen, Analysewerkzeuge für

Verkehr und Verwaltung verspricht zusätzliche

Big Data, Leichtbauroboter, cyber-physische

Wachstumspotenziale und mögliche Effizienz-

und autonome Systeme sowie flexible, de-

steigerungen zum Beispiel durch autonomes

zentralisierte und individualisierte Fertigungs-

Fahren, E-Health-Anwendungen oder vernetz-

techniken. Die neuen Technologien strahlen

te Geräte der Energiesteuerung.4

in nahezu alle wirtschaftlichen Tätigkeitsfelder aus und erfassen weite Bereiche der Arbeitswelt und unseres sozialen Umfelds.

Digitale Plattformen sind internetbasierte Foren für Interaktion und Transaktion. Sie nutzen neue digitale Technologien und digitale Vernetzung, um verschiedene Nutzergruppen und Leistungsanbieter zusammenzuführen und auf den Plattformen Leistungen anzubieten, die den Nutzern zusätzlichen Mehrwert bringen.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

30

Dieser Mehrwert rührt häufig aus individualisierten, datenbasierten Angeboten. Die digi-

Entstehung einer Plattform­ ökonomie

talen Plattformen werden immer mehr zu den zentralen Orten für den wirtschaftlichen und

Aufgrund von Netzwerkeffekten setzen sich für

sozialen Austausch. Sie ermöglichen neue We-

bestimmte Angebote meist nur einige wenige

ge, um Marktteilnehmer zusammenzubringen

Plattformen oder sogar nur eine einzige durch. Für

oder Güter effizienter zu nutzen – Stichwort

kleinere Unternehmen ist ein offener Zugang zu

Sharing-Economy. Außerdem entsteht durch

Plattformen und den ihr zugrunde liegenden Tech-

die Plattformen ein neuer Typus von Unterneh-

nologien ein zentrales Kriterium, um an den Chan-

men: die Plattform-Entrepreneure. Plattformen

cen der Digitalisierung teilhaben zu können. Dabei

sind meist die Basis für neue Geschäftsmo-

spielen der Schutz von Inhalten und die Möglich-

delle. Sie bündeln datenzentriert digitale und

keit, sich Innovationserträge aneignen zu können,

digital vernetzte Produkte mit kunden- und

eine große Rolle. Wenn die innovativen Zulieferer

produktspezifischen Dienstleistungen zu

an der Plattformperipherie keinen Anteil an dem

neuartigen Produkt-Service-Paketen. Diese

durch sie geschaffenen Mehrwert der Plattform-

werden mithilfe von nutzerspezifischen Apps

funktionalität erhalten, kann der Zufluss an neuen

ausdifferenziert und weiterentwickelt. Um eine

Ideen und Lösungen rasch versiegen. Das Ökosys-

solche Plattform herum entstehen in der Folge

tem einer Plattform trocknet aus. Für Unterneh-

digitale Ökosysteme, die bestimmen, wie sich

men wird die Besetzung von Plattformen zu einem

Plattformen weiterentwickeln. Ein Schichten-

erfolgskritischen Wettbewerbsfaktor. In erster Linie

modell in der folgenden Abbildung beschreibt

haben nämlich die Anbieter von Plattformen, die

die Verbindung von technischer Infrastruktur,

ein großes Ökosystem umgibt, eine gute Chance,

Plattformen und darauf aufbauenden intel-

Leitanbieter digitaler Geschäftsmodelle zu werden

ligenten Angeboten von Smart Spaces bis

und damit auch in Zukunft auf den plattformre-

Smart Services.5

levanten Märkten erfolgreich zu sein. Andernfalls

Schichtenmodell digitaler Infrastrukturen Innovationsorientierte Rahmenbedingungen SMART TALENT Unternehmen, digitales Ökosystem

Systemplattformen

SMART SERVICES

Softwaredefinierte Plattformen

SMART DATA

Vernetzte physische Plattformen

SMART PRODUCTS

Technische Infrastruktur

SMART SPACES

Quelle: DKFI/acatech/Accenture; eigene Darstellung

31

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

werden Intermediäre diese Position einnehmen

technische Eigenschaften, Design, Haltbarkeit,

und die Kunden- und damit Datenschnittstelle zu

Bedienungsfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit. In

den intelligent vernetzten Diensten und Produkten

einer Plattformökonomie entsteht der Mehrwert

besetzen. Wenn die Plattformen, auf denen Indus-

durch die Verbindung von Produkten, Dienstleis-

trie 4.0 aufbaut, technologisch und organisatorisch

tungen und digitalen Prozessen auf Basis nutzer-

von internationalen Plattform­unternehmen aus der

spezifischer Daten.

IT-Industrie dominiert werden, können wesentliche Stärken des bisherigen deutschen industriellen In-

Die neue Smart-Service-Welt beruht wesent-

novationsmodells verloren gehen. In der Plattform­

lich auf der raschen und nutzerspezifischen

ökonomie können branchenfremde Plattformbe-

Auswertung großer Datenmengen, aus denen

treiber die Schnittstelle zum Kunden besetzen und

wettbewerbsrelevante Informationen generiert

etablierte Unternehmen aus dem Fertigungsbe-

werden. Auf diese Weise wird aus Big Data dann

reich zu reinen Zulieferern degradieren.

Smart Data. Aus der Verknüpfung verschiedener Datenquellen und den daraus gewonnenen

Unternehmen müssen sich neu positionieren.

Insgesamt erfordert die Plattform-Ökonomie ein

Informationen können neue Dienstleistungs-

Umdenken in den Unternehmen. Es gilt, statt

angebote entstehen. Nutzer können jederzeit

einer produktzentrierten Optimierung die Inno-

und ortsunabhängig ein auf sie zugeschnittenes

vationsbemühungen und Geschäftsmodelle am

Produkt-Dienstleistungs-Paket erwarten.8 Für die

Nutzer und seinen Bedürfnissen auszurichten.

Unternehmen bedeutet diese neue Welt, dass sie

Die Unternehmen können ihre Kunden durch eine

sich im Markt neu positionieren müssen. Gefragt

datenbasierte zielgenaue Ansprache mit exakt

sind neue Geschäftsmodelle, die auf der Basis

zugeschnittenen Produkten und Dienstleistun-

von digitalen Serviceplattformen Smart Services

gen versorgen und neuartige Nutzererfahrungen

entwickeln.9 Die Smart-Service-Welt transformiert

ermöglichen. Solche individualisierten Angebote

nicht nur die Dienstleistungssektoren, sondern

können dabei zum Preis eines Massenprodukts

vor allem auch viele industrielle Anwendungen

angeboten werden. Viele Unternehmen stehen

sowie die öffentliche Verwaltung. Dort geht es

in dieser Hinsicht noch am Anfang der digitalen

dann um die Neuorganisation der Nutzung städ-

Transformation.6

tischer Infrastruktur auf Basis digitaler Technolo­ gien, auch Smart City genannt.

Dabei ist die vorhandene starke Kundenorientierung vieler Unternehmen eine gute Voraussetzung, um sich in der Smart-Service-Welt gut zu positio-

Veränderte Innovationsprozesse

nieren. Allerdings ist ein Strategiewandel nötig. Der sollte von der ausschließlich technischen Perfek-

Die Digitalisierung verändert auch die Art und

tionierung einzelner Komponenten und Produkte

Weise, wie Innovationen entstehen und zugäng-

wegführen und zu einer Entwicklung flexibler

lich gemacht werden. Die digitale Interaktion

Produkt-Service-Pakete unter Nutzung aller Mög-

zwischen Nutzern und Produzenten und die Auf-

lichkeiten der Digitalisierung leiten.7

lösung der bisherigen Trennung zwischen Produkt und Dienstleistung bei Smart Services bringt neue

Die Smart-Service-Welt

Innovationsprozesse mit sich: User-led, User-driven und User-integrated

In der Plattformökonomie kommt es zu einer

Innovationen bezeichnen Neuerungen, bei de-

Verschiebung der Wertschöpfungsanteile, die weg

nen die Nutzer Innovationen wesentlich mitent­

von Produkten hin zu Dienstleistungen als zen­

wickeln, zu Koproduzenten oder sogenannten

trale Wettbewerbsfaktoren führt. Daneben tritt

Prosumenten werden.

ein neuer entscheidender Produktionsfaktor auf: Daten. Die primären Leistungsmerkmale vieler

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Rund um digitale Plattformen entwickeln sich

traditioneller physischer Produkte, die über Markt­

Innovationsökosysteme. Dabei nutzen Platt-

erfolg oder -misserfolg entschieden haben, sind

formbetreiber einen Pool von externen Inno-

32

Viel Technik und Infrastruktur aus einem Guss: Songdo, ein Stadtteil der südkoreanischen Millionenstadt Incheon, gilt weltweit als Vorzeigeprojekt, wenn es um die Smart City geht.

vationsquellen um eine Plattform, um diese

der profitieren. Diese Entwicklung beeinflusst

kontinuierlich weiterzuentwickeln. Gleichzei-

auch die Arbeitsteilung zwischen Wissenschaft

tig können externe Innovatoren mit eigenen

und Wirtschaft im Innovationssystem. Sie ver-

Lösungen an diese Plattformen andocken und

langt von der Wissenschaft, sich dem Thema

zu einer stetigen Veränderung und Ausweitung

der Digitalisierung in seiner ganzen Breite zu

ihrer Funktionalität und ihrer Nutzungsmög-

öffnen und es von unterschiedlichen Diszipli-

lichkeiten beitragen. Das Ökosystem einer

nen aus zu bearbeiten.

Plattform entscheidet ganz wesentlich über die Attraktivität des Plattformangebots und generiert häufig erst den Nutzen für die End­ kunden. Kooperationen zur Entwicklung und Einfüh-

Digitalisierung in Bildung und ­Gesellschaft Die Digitalisierung erfordert und fördert agile

rung neuer Angebote werden immer wichtiger

Arbeitsweisen und bedarfsorientiertes Lernen.

und immer komplexer. Die klassische Inno-

Sie ermöglicht auch neue flexiblere Arbeitsfor-

vationskooperation entlang technologischer

men – von Teleworking bis hin zum autonomen

Entwicklungsphasen wird durch die gemeinsa-

Arbeiten.10 Durch die Digitalisierung wird die

me Entwicklung von Lösungen für den Kunden

Verantwortung dezentralisiert und eine höhere

innerhalb eines innovativen Ökosystems abge-

Selbstständigkeit von den Beschäftigten gefordert,

löst. An die Stelle von strukturierten Innovati-

etwa wenn es um die Interaktion mit Kunden im

onsprojekten mit vordefinierten Schritten tre-

Rahmen von Smart Services geht. Diese Flexibili-

ten offene Prozesse, in denen die Beteiligten

sierung der Arbeit setzt ein hohes Maß an Selbst-

ihr Wissen und ihre Ideen teilen und voneinan-

bestimmung und Selbstorganisationsfähigkeit

33

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

voraus. Sie verlangt neue Organisationsformen in

Mit der Digitalisierung entstehen neue digitale Le-

den Betrieben. Gleichzeitig führt die Digitalisie-

benswelten. Digitale Kommunikationsplattformen,

rung im Rahmen von Industrie-4.0-Konzepten zu

die Social Media, gestalten die Beziehungen zwi-

einem Wandel in der Fertigungswelt.

schen Menschen neu und verändern Kommunikation, Informationsbeschaffung und soziale Inter-

Dies erfordert auch Anpassungen im Bildungssys-

aktion. Durch die Nutzung von Online-Plattformen

tem. Akademische Qualifikationen werden weiter

verändern sich Konsummuster grundlegend und

an Bedeutung gewinnen. Die berufliche Bildung

es entstehen neue Kauferlebnisse. Die Digitalisie-

muss sich stärker für neue Schlüsselkompetenzen

rung ermöglicht neue Formen des Familienlebens

wie Organisations- und Kommunikationsfähigkeit

und der Freizeitgestaltung, bedarfsgerechtere,

sowie die Urteilsfähigkeit in komplexen Situatio-

individualisierte und transparentere Konsummög-

nen öffnen. Gleichzeitig können neue Assistenz-

lichkeiten, eine bessere Gesundheitsversorgung

systeme und andere Formen der Mensch-Ma-

und neue Möglichkeiten des Lernens in allen

schine-Interaktion auch Beschäftigte mit geringer

Phasen des Lebens.

Qualifikation bei der Ausübung komplexer Tätigkeiten unterstützen und neue berufliche Möglichkeiten für diese Qualifikationsgruppe eröffnen.11

4 BMWi (Hrsg.): Strategie Intelligente Vernetzung, Berlin 2016. 5 acatach (Hrsg.): Smart Service Welt. Digitale Serviceplattformen – Praxiserfahrungen aus der Industrie. Best Practices, München 2016. 6 So ist der Mehrheit der Manager der Begriff Plattformökonomie noch nicht vertraut, siehe www.bitkom.org/Presse/ Presseinformation/Digitale-Plattformen-sind-vielen-Top-Managern-kein-Begriff.html 7 Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 8 Arbeitskreis Smart Service Welt/acatech (Hrsg.): Smart Service Welt – Umsetzungsempfehlungen für das ­Zukunftsprojekt Internetbasierte Dienste für die Wirtschaft. Abschlussbericht, Berlin 2015. 9 acatech (Hrsg.): Smart Service Welt: Digitale Serviceplattformen – Praxis­erfahrungen aus der Industrie. Best Practices, München 2016. 10 acatech (Hrsg.): Die digitale Transformation gestalten – Was Personalvorstände zur Zukunft der Arbeit sagen. Ein Stimmungsbild aus dem Human-Resources-Kreis von acatech und Jacobs Foundation (acatech IMPULS), München 2016. 11 acatech (Hrsg.): Innovationspotenziale der Mensch-Maschine-Interaktion (acatech IMPULS), München 2016. Fachforum Autonome Systeme im Hightech-Forum (Hrsg.): Autonome Systeme – Chancen und Risiken für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Abschlussbericht, Berlin 2017. Anknüpfend an die Arbeit des Fachforums Autonome Systeme wird das BMBF ein neues Zukunftsprojekt ­„Lernende Systeme“ starten: https://www.bmbf.de/de/kuenstliche-intelligenz-richtig-erforschen-4187.html

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

34

07

Deutschland weit weg von der Spitzengruppe

Dort, wo sich traditionelle Märkte zu Plattform-

gie, Wirtschaft, Gesellschaft, Staat und Infrastruk-

märkten wandeln, führt die Digitalisierung häufig

tur, Bildung sowie Geschäftsmodelle. Insgesamt

zur Disruption etablierter Wertschöpfungsstruktu-

kommen 66 Einzelindikatoren zum Einsatz.12 Sie

ren und kann bisher erfolgreiche Geschäftsmodel-

sind angelehnt an Indikatorlisten, die von anderen

le kannibalisieren. Alte Strukturen lösen sich auf

Studien mit ähnlichen Zielsetzungen verwendet

und Neues entsteht, oft durch neue Wettbewerber

werden.13 Es werden dieselben 35 Länder wie

wie Start-ups oder Unternehmen aus dem Aus-

beim Innovationsindikator betrachtet.

land, die Digitalisierungschancen schneller aufgreifen. In einzelnen Branchen, die sich vielleicht

Anders als dort liegt Deutschland im Digitalisie-

weniger radikal verändern, werden Prozesse,

rungsindikator im Mittelfeld (17. Rang). Vor allem

Produkte und Dienstleistungen schrittweise um

weist Deutschland einen bedeutenden Abstand

digitale Anwendungen erweitert und allmählich zu

zu einer Gruppe von elf Ländern auf, die bei die-

digitalen Angeboten umgestaltet.

sem Indikator eine signifikant höhere Bewertung

Die Digitalisierung birgt großen Chancen. Doch noch hat sich Deutschland in vielen Bereichen nicht gut genug aufgestellt.

zeigen. Zu dieser Gruppe zählen die vier skandiIn jedem Fall sind Unternehmen, Beschäftigte,

navischen Länder, die USA, Großbritannien und

Bürger und der Staat gefordert, sich den neuen

Australien, die Niederlande, die Schweiz sowie

Entwicklungen zu stellen und die Chancen der

Israel und Singapur. Aber auch Südkorea liegt um

Digitalisierung zu nutzen. In diesem Kapitel wird

mehrere Punkte vor Deutschland. Gleichauf mit

untersucht, wie gut sie darauf vorbereitet sind.

Deutschland befinden sich Frankreich und Japan.

Dabei wird zunächst ein Blick auf Indikatoren zur Verbreitung von Digitalisierung im internationalen

Eine Betrachtung der Ergebnisse nach den sechs

Vergleich geworfen. Solche Indikatoren können

Teilbereichen des Digitalisierungsindikators zeigt,

allerdings nur erste grobe Anhaltspunkte liefern,

dass Deutschland fast überall deutlich niedrigere

da sich die Kennzahlen zwischen Ländern zwar

Werte als die USA aufweist. Besonders groß ist

vergleichen lassen, sie wichtige Trends der Digita-

der Abstand in der Kategorie Infrastruktur/Staat.

lisierung aber nur unzureichend abbilden.

Hier erreicht Deutschland nur 39 Punkte, die USA dagegen 85. Auch Japan liegt mit 54 Punkten

Digitalisierungsindikator

deutlich vor Deutschland. Ein wichtiger Grund für die mittlere Position Deutschlands ist die geringe Breitbandversorgung. Außerdem ist die Digitali-

Um einen ersten Eindruck zur Verbreitung von

sierung der öffentlichen Verwaltung bei Weitem

Digitalisierung in Deutschland im internationalen

noch nicht so stark implementiert wie in vielen

Vergleich zu erhalten, werden analog zum Innova-

anderen Ländern.14 So belegt Deutschland bei der

tionsindikator sechs Teilindikatoren betrachtet und

Verbreitung von E-Government in der EU nur den

zu einem Gesamtindikatorwert zusammengeführt.

19. Rang.15

Die Teilindikatoren sind Forschung und Technolo-

35

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Aber auch im Bereich Forschung und Technolo-

Das deutsche Innovationssystem mit seinen

gie, der die Ausgaben für Forschung und Entwick-

Unternehmen, Universitäten und Forschungs-

lung (FuE) sowie Patentanmeldungen und wissen­

einrichtungen ist bei der Entwicklung von neuer

schaftliche Publikationen im Bereich digitaler

Hardware zur Digitalisierung wie Kommunikations­

Technologien erfasst, ist der Rückstand beträcht-

technik, Computertechnik und Mikroelektronik

lich. In diesem Teilsystem schneiden allerdings

zwar leistungsfähig, gemessen an der Wertschöp-

auch die USA und Japan nicht gut ab. Dies liegt

fung ist dieser Bereich aber relativ klein. Im Be-

vor allem an der starken Spezialisierung einiger

reich Software und Informatik ist die Position des

kleinerer Länder auf die Software- und Technolo-

deutschen Innovationssystems, im Hinblick auf die

gieentwicklung für digitale Anwendungen (Finn-

Höhe der FuE-Ausgaben, besser, der Abstand zu

land, Israel, Taiwan, Singapur).16

den führenden Ländern wie den USA oder Israel, aber auch Finnland, Singapur oder der Schweiz ist beträchtlich. Hier gilt jedoch hervorzuheben, dass das deutsche Innovationssystem insbesondere bei Embedded Software, also in die Hardware eingebetteten Softwaresteuerungen, eine gute

Digitalisierungsindikator Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Wettbewerbsposition hat.17 Demgegenüber haben deutsche Unternehmen Schwächen bei Betriebs-

Indexwert Finnland Schweden Israel Großbritannien Australien Dänemark Niederlande Norwegen USA Schweiz Singapur Südkorea Kanada Irland Taiwan Frankreich Deutschland Japan Österreich Belgien Tschechien Spanien Portugal Ungarn China Indien Italien Polen Russland Griechenland Mexiko Türkei Brasilien Indonesien Südafrika

systemen, digitalen Geschäftsmodellen und Inter-

69,5 66,4 65,4 64,1 63,2 62,4 62,1 62,0 61,8 61,2 57,6

netanwendungen. Ein Pluspunkt in Deutschland ist der hohe Nutzungsgrad digitaler Lösungen und Technologien in der Gesellschaft. Mit 58 Punkten ist dies der Teilindikator mit dem höchsten Wert im Vergleich zu den anderen Teilbereichen. Ausschlaggebend dafür ist der hohe Anteil der Bevölkerung, der online einkauft – mit 80 Prozent erreicht Deutschland hier

49,0 48,6 48,1 45,1 44,4 44,3 44,3 41,6 41,4 38,2 34,4

den dritthöchsten Wert – und die hohe Internetausstattung der Haushalte. Im Vergleich zu den skandinavischen Ländern mit 80 bis 90 Punkten ist der Abstand zur Spitze aber auch hier beträchtlich. Beim Teilindikator Wirtschaft ist die Nutzung von verschiedenen Digitalisierungsanwendungen durch Unternehmen in Deutschland – vom Softwareeinsatz über die Beschäftigung von

29,6 29,0

IT-Spezialisten und Online-Lösungen bis hin zu

20,9 19,8 19,7 19,1 18,5 16,1 14,6 12,5 10,3 9,8 3,7 0

10

20

Cloud-Computing – mit 42 Punkten nur durchschnittlich. Gerade bei den kleinen Unternehmen und in den wenig technologieintensiven Branchen ist die Durchdringung mit digitalen Anwendungen gering. Und auch die Informationalisierung von Produktionsprozessen ist keineswegs so intensiv, wie es die Intensität der öffentlichen Diskussion über Industrie 4.0 vermuten lassen würde. 30

40

50

60

70

80

0

10

20

30

40

Bei den Indikatoren zu digitalen Geschäftsmodel-

len liegen die Werte für Deutschland mit 49 PunkQuelle: Berechnungen ISI und ZEW; eine Übersicht der Einzelindikatoren finden Sie auf www.innovationsindikator.de

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

ten im Mittelfeld. Die höchsten Werte haben die

36

Niederlande mit 92 Punkten sowie die USA und

können. Dabei kommt es aber auf Geschwin-

Großbritannien mit jeweils 83 Punkten. Südkorea

digkeit an, denn es besteht die Gefahr, dass

liegt vor Deutschland.

branchenfremde Wettbewerber möglicherweise schneller digitale Plattformen im Markt etablieren

Im Teilbereich Bildung ist der Wert Deutschlands

können. Mit der Entstehung einer Plattformökono-

mit 44 Punkten niedriger als in den meisten

mie in diesen Branchen können zudem bisherige

Vergleichsländern. Der hohe Anteil von Absol-

Kernkompetenzen etwa im Maschinenbau obsolet

venten in den Studienfächern Mathematik und

oder die Unternehmen in eine Zulieferposition mit

Informatik, die IT-Weiterbildungsbeteiligung von

sinkenden Wertschöpfungsanteilen abgedrängt

Lehrern und die Softwareausstattung der Schulen

werden.19 Die größten Herausforderungen werden

schlagen positiv zu Buche. Erhebliche Defizite

in den folgenden drei Bereichen gesehen:

zeigen sich dagegen bei der Nutzung von OnlineWeiterbildung in der Bevölkerung, dem Einsatz

Generell ist ein stärkeres Denken in Ge-

des Internets im Schulunterricht und der Compu-

schäftsmodellen notwendig. Hier liegen die

ter-Hardwareausstattung an Schulen.

deutschen Unternehmen nach Experteneinschätzung deutlich hinter den USA, aber auch

Im Folgenden werden die Ergebnisse des Digitali-

den ostasiatischen Ländern. Statt vom Produkt

sierungsindikators mit Ergebnissen aus aktuellen

und seinen technischen Eigenschaften aus-

Studien zu zentralen Themenfeldern der Digita-

zugehen, müssen Geschäftsmodelle von den

lisierung ergänzt. Hierzu gehören beispielsweise

Kundenbedürfnissen her entwickelt werden.

Plattformen, die Smart-Service-Welt und die Di-

Dabei sind an allen Stellen die Möglichkeiten

gitalisierung in der Gesellschaft. Dadurch soll die

von Smart Services zu berücksichtigen, um so

Position Deutschlands bei diesen Trends stärker

Kundenbindung zu stärken, Produktdifferen-

unter qualitativen Gesichtspunkten betrachtet

zierung voranzutreiben, aber auch um Effi­

werden.

zienzgewinne und Zugang zu neuen Märkten zu realisieren.

Digitale Plattformen noch selten Basis neuer Geschäftsmodelle

Auf der technologischen Seite ist zum einen die Integration digitaler Technologien wie künstliche Intelligenz, Big Data und Smart Data,

Viele Studien zur Position Deutschlands in der

maschinelles Lernen, autonome Systeme und

Plattformökonomie bestätigen, dass die deut-

IT-Sicherheit voranzutreiben. Hierfür muss ins-

sche Wirtschaft nicht zu den führenden Ländern

besondere in entsprechende digitale Fähigkei-

bei der Nutzung neuer Geschäftsmöglichkeiten

ten der Mitarbeiter investiert werden. Gleich-

durch digitale Plattformen zählt. Zwar sind auch

zeitig muss aber eine rein technologiezentrierte

in Deutschland immer wieder erfolgreich Plattfor-

Denkweise vermieden werden. Im Mittelpunkt

men gegründet worden und eine große Zahl von

müssen auch hier der Kundennutzen und die

Start-ups befasst sich mit Plattformlösungen.18

Realisierung von Smart Services stehen.

Doch die großen Player weltweit kommen aus den USA und China.

Bei den strategischen und organisatorischen Fähigkeiten, die für die Nutzung der Chancen

Gute Voraussetzungen, um eine starke Stellung in

einer Plattformökonomie erforderlich sind, sind

der Plattformökonomie einzunehmen, bestehen

die Unternehmen des Automobil- und Ma-

für Deutschland in den industriellen Kernbran-

schinenbaus nach Expertenmeinung dagegen

chen des Automobil- und Maschinenbaus sowie

bereits gut aufgestellt. Sie sollten in der Lage

in der Logistik. Hier verfügen viele Unternehmen

sein, die Herausforderungen der Plattform-

über integrierte Wertschöpfungsketten, die die

ökonomie zu bewältigen. Die größten Chancen

Basis für digitale Ökosysteme bilden können, in

werden deutschen Unternehmen dabei im

denen deutsche Unternehmen als Plattformbetrei-

B2B-Bereich zugesprochen. Defizite werden

ber die künftige Entwicklung wesentlich gestalten

aber in der Logistik gesehen.

37

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Zu den Hemmnissen auf dem Weg zu einer

kurrenten in anderen Ländern in der Anwendung

Plattformökonomie zählen in Deutschland unter

von Cloud-Computing und Big-Data-Ansätzen

anderem der Mangel an Spitzen-IT-Spezialisten

hinterherhinken. Software, digitale Technologien

und Fachleuten mit hybriden Kompetenzen wie

und neue Geschäftsmodelle würden zu oft als

Ingenieure mit Software-/Datenkompetenz und

Kostentreiber und zu selten als Chancen für eine

betriebswirtschaftlichen Kenntnissen. Weitere

aussichtsreiche Positionierung im Wettbewerb

Hemmnisse betreffen die IT-Sicherheit und recht-

gesehen.21 Gerade bei kleinen und mittleren Un-

liche Regelungen sowie die Frage, wie mit der

ternehmen (KMU) bestünden noch große Defizite,

notwendigen Offenheit von Schnittstellen umge-

da sie die Bedeutung der Veränderungen durch

gangen werden soll.20

die Digitalisierung noch unterschätzten.

Die Expertenkommission Forschung und Innovation kommt in ihrem Gutachten 2016 zu dem Schluss, dass deutsche Unternehmen ihren Kon-

Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin Rang

Digitalisierungsindikator nach Teilbereichen – große Länder im Vergleich  Benchmark 

Indexwert Wirtschaft

Rang 1 6 7 9 12 14 16 Rang 20

Rang

Forschung/Technologie FI KR US JP FR CN DE GB

Indexwert Wirtschaft

Rang 1 10 11 13 15 19 21 Rang

93 55 51 48

Wirtschaft IL GB JP US DE FR KR

90 57 57 53

Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin 37 35 Indexwert Wirtschaft 33

42 35 29Indexwert Wirtschaft

26 0

20

40

60

80

100

0

20

40

60

80

100

0 Rang 1 6 12 13 16 17 21 Rang 31

Gesellschaft NO GB DE FR US KR JP CN

Rang 93 78

1 8 9 11 16 19 21 Rang

Infrastruktur/Staat US KR GB JP FR DE CN

85 57 57 54

58 Gesamtergebnis des Innovationsindikators Gesamtergebnis des Innovationsin 57 46 44 Indexwert Wirtschaft 32 2 0 AU (Australien) CN (China) DE (Deutschland) FI (Finnland) FR (Frankreich) GB (Großbritannien) IL (Israel) JP (Japan) KR (Südkorea) NL (Niederlande) NO (Norwegen) US (USA)

44 39 36Indexwert Wirtschaft

20

40

60

80

100

0

20

40

60

80

100

0 Rang 1 3 6 10 11 17 31 34

Bildung AU GB KR US FR DE JP CN

Rang 1 2 3 11 15 16 17 25

88 78 61 51 51 44 21 5 0

20

40

60

80

100

Geschäftsmodelle NL US GB KR DE JP FR CN

92 83 83 56 49 47 46 20 0

20

40

60

80

100

0

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

38

Transformation in klassischen ­Industrien

die Schaffung von softwaredefinierten Produkten von großer Bedeutung. Diese sind wiederum ein kritisches Element für Smart Services.

Große Unternehmen befassen sich bereits mit der Entwicklung von Smart Products, Serviceplatt­

Allerdings wächst bei den KMU das Interesse

formen und der digitalen Transformation von Ge-

derzeit nur langsam. Vielen Unternehmen ist die

schäftsmodellen.22 Am weitesten vorangekommen

strategische Bedeutung des aktuellen Wandels

sind in Deutschland bisher die Automobilindustrie

für ihre eigene Geschäftstätigkeit entweder noch

und Mobilitätsbranche. In der Produktions- und

nicht bewusst oder ihnen mangelt es an den

Automatisationstechnik sind es vor allem große

organisatorischen, finanziellen und personellen

Unternehmen wie Siemens, Bosch, Thyssen-

Ressourcen, um die Herausforderungen einer

Krupp oder Trumpf, die Plattformen und daten-

umfassenden Digitalisierung zu meistern.25 Den

zentrierte Dienstleistungen über das Internet an-

KMU fehlen oft die Vorbilder, die zeigen, wie sie

bieten. Eine große Herausforderung ist dabei die

in die Smart-Service-Welt einsteigen können,

Skalierbarkeit der Angebote: „Nur wenn disrup-

welche Kompetenzen sie dafür intern aufbauen

tive Smart-Service-­Geschäftsmodelle mit hoher

müssen und welche externe Unterstützung sie

Geschwindigkeit wachsen, können sie etablierte

benötigen. Das BMWi hat daher ein Förderpro-

Wertschöpfungsketten durchdringen und innova­

gramm „Smart Service Welt“ aufgelegt, das KMU

tive Wertschöpfungsnetzwerke schaffen.“23

bei der Entwicklung und Nutzung von Smart

Mittelständische Unternehmen gehen das Thema Digitalisierung halbherzig an.

Services unterstützt. Die Voraussetzungen in Deutschland für einen erfolgreichen Weg in die Smart-Service-Welt sind

Hemmnisse, die mittelständische Unternehmen

gut. Die Weltmarktführerschaft im Bereich Ma-

am häufigsten bei der Digitalisierung nennen, sind

schinenbau, Engineering und Produktionstech-

Fragen der IT-Sicherheit, mangelndes eigenes

nik sowie bei der Herstellung von intelligenten,

Know-how, die Problematik von Schnittstellen und

komplexen Produkten verschafft den Unterneh-

Standards sowie die technische Infrastruktur wie

men eine günstige Ausgangsposition. Sie können

die Breitbandausstattung.26 Die Finanzierung wird

produktionsbezogene Smart Services mit einer

von den Unternehmen nicht als ein wesentliches

globalen Anwendungsperspektive einführen,

Hindernis gesehen.27 Dies kann daran liegen,

rasch eine Skalierbarkeit erreichen und eine aktiv

dass viele, vor allem kleinere Unternehmen den

gestaltende Funktion in den entstehenden Platt-

Investitionsbedarf für Digitalisierungsprojekte als

formökosystemen einnehmen. Das vorhandene

niedrig einschätzen.28 Der Grund dafür kann wie-

Systemwissen über Wertschöpfungsnetze erleich-

derum darin bestehen, dass viele Unternehmen

tert es, kombinierte Smart Services aufzubauen.

die Kosten-Nutzen-Relation von Digitalisierungs-

Deutschlands Stärke bei vernetzten physischen

projekten ungünstig bewerten.29 Sie verfolgen

Systemen kann genutzt werden, um diese mit­

daher vorrangig kleine Projekte und nur selten

hilfe von softwaredefinierten Technologien zu di-

eine grundlegende digitale Transformation ihrer

gitalen Serviceplattformen weiterzuentwickeln.24

Geschäftstätigkeit.

Im internationalen Vergleich ist Deutschland daneben bei den Themen Sensornetze und cyberphysikalische Systeme, Big Data und semantische Technologien gut aufgestellt. Bei CloudComputing haben vor allem die USA eine dominante Marktposition, außerdem sind China und Singapur wichtige Player. Die Dominanz der USA bei Cloud-Lösungen wird vor dem Hintergrund der Themen Rechtsrahmen, Datenschutz und Datensicherheit oft kritisch gesehen. Die Entwicklung eigener Cloud-Lösungen ist insbesondere für

39

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

12 Eine Tabelle der 66 Indikatoren sowie die Ergebnisse für alle sechs Indikatorenbereiche finden sich auf www.innovationsindikator.de 13 World Economic Forum: Global Information Technology Report 2016, Genf 2016. ITU: Measuring the Information Society, Genf 2015. OECD: Digital Economy Outlook 2015, Paris 2016. Europäische Kommission: Digital Economy and Society Index (DESI), Brüssel 2016. S. C. Müller, M. Böhm, M. Schröer, A. Bakhirev, B.-C. Baiasu, H. Krcmar, I. M. Welpe: Geschäftsmodelle in der digitalen Wirtschaft (Studien zum deutschen Innovationssystem 13-2016), Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.), Berlin 2016. 14 Vgl. Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 15 Vgl. J. Fromm, C. Welzel, L. Nentwig, M. Weber: E-Government in Deutschland: Vom Abstieg zum Aufstieg. Kompetenzzentrum Öffentliche IT (Hrsg.), Berlin 2015. 16 Die technologischen Schwerpunkte der Länder sind dabei unterschiedlich: Bei Finnland dominiert die Netzwerktechnik, bei Israel die Softwaretechnik, bei Taiwan die Mikroelektronik und bei Südkorea die Nachrichtentechnik. 17 R. Frietsch, P. Neuhäusler, K.-J. Melullis, O. Rothengatter, S. Conchi: The economic impacts of computerimplemented inventions at the European Patent Office, 4iP Council (Hrsg.), München 2015. R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innovations­ chancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 18 S. C. Müller, M. Böhm, M. Schröer, A. Bakhirev, B.-C. Baiasu, H. Krcmar, I. M. Welpe: Geschäftsmodelle in der digitalen Wirtschaft (Studien zum deutschen Innovationssystem 13-2016), Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.), Berlin 2016. 19 Fortiss (Hrsg.): Wie Informations- und Kommunikationstechnologie etablierte Branchen grundlegend verändern. Der Reifegrad von Automobilindustrie, Maschinenbau und Logistik im internationalen Vergleich, München 2016. 20 BMWi (Hrsg.): IT-Sicherheit für die Industrie 4.0. Produktion, Produkte, Dienste von morgen im Zeichen globalisierter Wertschöpfungsketten. Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Technischer Überblick: Sichere Identitäten. Ergebnispapier, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Technischer Überblick: Sichere unternehmensübergreifende Kommunikation. ­Ergebnispapier, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Digitalisierte Industrie – Analoges Recht? Ein Überblick der Handlungsfelder. ­Ergebnispapier, Berlin 2016. 21 Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 22 Accenture: Digitalisierung entzaubern. Wie die deutschen Top500 digitale Blockaden lösen, 2016. 23 acatech (Hrsg.): Smart Service Welt: Digitale Serviceplattformen – Praxiserfahrungen aus der Industrie. Best Practices, München 2016, S. 9. 24 acatech (Hrsg.): Smart Service Welt: Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Internetbasierte ­Dienste für die Wirtschaft, Berlin 2014. 25 M. Astor, C. Rammer, C. Klaus, G. Klose: Innovativer Mittelstand 2025 – Herausforderungen, Trends und ­Handlungsempfehlungen für Wirtschaft und Politik. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, Berlin und Mannheim 2016. 26 V. Demary, B. Engels, K.-H. Röhl, C. Rusche: Digitalisierung und Mittelstand. Eine Metastudie, IW-Analysen, Nr. 109, 2016. 27 C. Rammer, M. Berger, T. Doherr, M. Hud, P. Hünermund, Y. Iferd, B. Peters, T. Schubert: Innovations­verhalten der deutschen Wirtschaft. Indikatorenbericht zur Innovationserhebung 2016, Mannheim 2017. 28 M. Saam, S. Viete, S. Schiel: Digitalisierung im Mittelstand: Status Quo, aktuelle Entwicklungen und Heraus­ forderungen, Mannheim 2016. 29 S. Wischmann, L. Wangler, A. Botthof: Industrie 4.0. Volks- und betriebswirtschaftliche Faktoren für den Standort Deutschland. Eine Studie im Rahmen der Begleitforschung zum Technologieprogramm AUTONOMIK für Industrie 4.0, Berlin 2015.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

40

08

Digitale Infrastruktur mit Schwächen

Um die Chancen und Innovationsmöglichkeiten

Schnelle und verlässliche Anbindungen ans

der Digitalisierung zu nutzen, sind leistungsfä-

Internet, seien sie leitungsgebunden (DSL, Ka-

hige Datennetze unverzichtbar. Entsprechend

belmodem, Glasfaser), portabel (WLAN) oder

betonen alle an der Digitalen Agenda beteiligten

mobil (4G, LTE, 5G), sind wesentliche Voraus-

Akteure die Bedeutung des Netzausbaus und

setzungen für digitale Anwendungen und neue

der Erneuerung der Netzinfrastrukturen. Sowohl

digitale Geschäftsmodelle. Dies gilt sowohl für den

beim Nationalen IT-Gipfel 2015 in Berlin als auch

Geschäfts- als auch den Endkundenbereich. Eine

2016 in Saarbrücken stand der Breitbandausbau

gute Internetanbindung erlaubt es auch Unterneh-

ganz oben auf der Agenda. Bei allen Akteuren in

men im ländlichen Raum, digitale Prozesse zur

Politik, Wirtschaft und Wissenschaft besteht eine

Leistungserbringung zu nutzen.

Eine digitale Zukunft ist ohne leistungsfähige Datennetze nicht denkbar. Deutschland hat hier noch Nachholbedarf.

Sensibilität für die Bedeutung der IT-Infrastruktur. Eine Studie 34 für das Büro für TechnikfolgenDer flächendeckende Glasfaserausbau würde

Abschätzung beim Deutschen Bundestag aus

in Deutschland nach Schätzungen des TÜV

dem Jahr 2014 kommt zu dem Schluss, dass

Rheinland Investitionen von insgesamt rund 100

die weitere Verbreitung von Cloud-Diensten von

Milliarden Euro erfordern.30 Die Umsetzung dieser

einer besseren Breitbandversorgung abhängig

Investitionen verspricht eine zusätzliche Wert-

ist. Cloud-Dienste gelten als Schrittmacher für

schöpfung von 60 bis 120 Milliarden Euro pro

eine weitergehende Digitalisierung in beinahe

Jahr.31

allen Branchen. Eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur ist darüber hinaus Voraussetzung für

Eine Expertenkommission des Bundesministe-

technologische Innovationen. Und sie dient dem

riums für Wirtschaft und Energie zur Stärkung

Ziel der Digitalen Agenda der Bundesregierung,

von Investitionen in Deutschland kommt zu dem

nämlich Deutschland zum Technologieführer bei

Schluss, dass der Breitbandausbau noch nicht

der Digitalisierung und zum Vorreiter bei den digi-

weit genug gediehen ist und auch nicht schnell

talen Märkten zu machen.

genug voranschreitet.32 Insbesondere beim Ausbau der zukunftssicheren Glasfaserinfrastruktur

Tatsächlich sind leistungsfähige Netze die unver-

bleibt Deutschland im internationalen Vergleich

zichtbare Grundlage für digitale Geschäftsmodelle

deutlich zurück.33 Dadurch ergeben sich Wettbe-

und Smart Services.35 Gerade die intelligente Ver-

werbsnachteile für die deutsche Wirtschaft. Als

netzung in Anwendungsgebieten mit einer großen

Grund für die bisher schleppenden Investitionen

Nutzerzahl – von Energie und Mobilität bis hin zu

in Hochgeschwindigkeitsnetze wird vor allem ein

Gesundheit, Bildung und staatlichen Dienstleis-

fehlender Investitionsschutz genannt.

tungen – erfordert zuverlässige und rasche Datenkommunikation. So setzt die nächste Stufe der Energieeinsparung und -optimierung auf smarte Geräte und intelligente Energiesteuerungen. Auch

41

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

die derzeit diskutierten Chancen aus der inte­

gehalten werden muss. Bei einem künftigen flä-

grierten Informationsnutzung im Bereich Gesund-

chendeckenden Einsatz von Car-to-Car-Systemen

heit – Stichwort: elektronische Patientenakte –

und autonomem Fahren ist eine Informationsin-

erscheinen enorm.

frastruktur Voraussetzung, die deutlich über das hinausgeht, was derzeit verfügbar ist.

Im Bereich Mobilität werden Internetverbindungen in Zukunft ebenfalls von entscheidender Bedeu-

Auch in anderen Bereichen wie dem E-Learning

tung sein. Zwar benötigen die heutigen Fahreras-

oder auch im privaten Konsumbereich muss die

sistenzsysteme noch keine Internetverbindung,

Netzinfrastruktur verbessert werden, um neue

künftige Car-to-Car-Systeme sind jedoch ohne

Anwendungen realisieren zu können.

schnelle und verlässliche mobile Internetkommunikation nicht denkbar. Und auch das autonome Fahren erfordert schnelle Internetverbindungen, da hochpräzise Karten ständig aktualisiert werden

Breitbandausbau um Glasfasernetz ergänzen

müssen und der Kontakt mit anderen Fahrzeugen In Deutschland besteht eine weitgehende Versorgung mit Internetanschlüssen im mittleren Bereich, also rund 30 Megabits pro Sekunde

Mittlerer Breitbandausbau im Länderüberblick

(Mbit/s). Einige ländliche Gebiete gelten allerdings

Land

Zahlen der Europäischen Kommission weisen

selbst hier noch als unterversorgt. Die aktuellen

Angaben in Prozent

Malta Schweiz Belgien Niederlande Litauen Luxemburg Dänemark Portugal Island Lettland Ukraine Österreich Estland Zypern Deutschland Irland Norwegen Slowenien Ungarn Spanien Schweden Finnland Tschechien Bulgarien Rumänien EU 28 Slowakei Polen Kroatien Frankreich Italien Griechenland

100,0 99,0 98,9 98,3 97,5 94,4 91,7 90,9 90,8 90,7 90,5 88,8 86,4 84,0 81,4 79,7 79,6 78,8 78,2 76,6 76,4 75,1 72,9 71,8 71,6 70,9 67,1 60,7

20

30

81,4 Prozent aus. Diesen mittleren Mbit/s-Bereich nennt die Kommission NGA Coverage (NGA = Next Generation Access Networks). Sie hat in ihrer Digitalen Agenda das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2020 allen europäischen Haushalten Zugang zu Internetanschlüssen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 30 Mbit/s zu ermöglichen. Betrachtet man die ländlichen Gebiete, zeigt sich eine Verfügbarkeit von 30 Mbit/s nur noch bei 36,4 Prozent der Haushalte in Deutschland. Ein noch kritischeres Bild ergibt sich, wenn man die hochbitratigen, glasfasergestützten Anschlüsse Fiber to the Home (FTTH) und Fiber to the Property (FTTP) betrachtet. Glasfaseranschlüsse ermöglichen Geschwindigkeiten von 100 Mbit/s bis in den Gigabit/s-Bereich und erfüllen dabei sehr hohe Qualitätsanforderungen wie Up-Downloadsymmetrie, Echtzeitfähigkeit und Stabilität. Für viele künftige Internetanwendungen im priEigenschaften immer wichtiger. Deswegen gilt die Versorgung mit Glasfaseranschlüssen als Indikator

36,3 10

mit Breitbandtechnologien um die 30 Mbit/s von

vaten und geschäftlichen Umfeld werden diese

52,0 44,8 43,9 0

für ganz Deutschland einen Versorgungsgrad

für die Zukunftsfähigkeit der Internetinfrastruktur 40

50

60

70

80

90

100

in einem Land . Bei den Glasfaseranschlüssen findet sich Deutschland jedoch in allen Statistiken

Quelle: Broadband Coverage in Europe 2015, S. 27.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

in der Gruppe der am schlechtesten versorgten

42

Länder in Europa. In der genannten Studie der

Vielmehr sind die veranschlagten Fördermittel für

Europäischen Kommission belegt Deutschland

Ausbauprojekte vorgesehen, die einen Mix aus

zum Beispiel Platz 28 von 32.

Technologien und Optimierungsverfahren wie dem Vectoring verfolgen. Auf Bundesebene stehen

Aktuell hat die Bundesregierung das Ziel, dass bis

derzeit zirka 1,3 Milliarden Euro aus den Lizenzver-

2018 in ganz Deutschland Breitbandanschlüsse

steigerungen und weitere 1,4 Milliarden Euro aus

mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 50

dem Haushalt zur Verfügung.38 Zuletzt hatte das

MBit/s zur Verfügung stehen. Viele Unternehmen

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infra-

wünschen sich aber bereits heute höhere Band-

struktur (BMVI)39 ein Investitionsvolumen von ins-

breiten, um neue Geschäftsmodelle zu realisieren.

gesamt 4 Milliarden Euro für den Breitbandausbau

Verschiedene Studien, wie die Studie des Voda­

avisiert und über das Bundesförderprogramm zum

fone-Instituts 36 für Gesellschaft und Kommunika-

flächendeckenden NGA-Ausbau bereitgestellt.

tion, sehen das aktuelle Ziel der Bundesregierung

Das BMVI fordert in seinem Aktionsprogramm

deshalb lediglich als Etappenziel. Um längerfristig

Digitalisierung sogar 10 Milliarden Euro, mit denen

zukunftsfähig zu sein, empfehlen sie ambitionier-

ein Zukunftsinvestitionsfonds für den Ausbau in

tere Ziele, die sich an den Spitzennachfragern und nicht am breiten Durchschnitt orientieren. Auch eine Studie im Auftrag des Zentralverbands Elek­trotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI)37 kommt zu dem Schluss, dass ein industriefähiges Internet – das heißt symmetrisch, stabil und mit geringer Latenz – eine wesentliche Voraussetzung für die Diffusion der Digitalisierung in Deutschland ist. Die Notwendigkeit, den Aufbau von Glasfasernetzen in Deutschland stärker zu unterstützen, wird inzwischen vielfach gesehen. So fordert beispielsweise das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in seiner Digitalen Strategie 2025, dass die bestehende deutsche Breitbandstrategie, die im Wesentlichen auf die Bereitstellung asymmetrischer Anschlüsse abzielt, um einen Glasfaseransatz über das Jahr 2018 hinaus ergänzt werden muss.

Bundesförderung auf Technologie­ mix konzentriert Die aktuellen Fördermaßnahmen des Bundes orientieren sich jedoch nach wie vor an erreichbaren Übertragungsgeschwindigkeiten, derzeit mindestens 50 Mbit/s im Download. Ein Infrastrukturziel, das sich konkret auf Glasfaserleitungen festlegt, wie dies derzeit zum Beispiel in Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern versucht wird, ist auf Bundesebene derzeit nicht

Glasfaseranschlüsse im Länderüberblick Land

Angaben in Prozent

Litauen Lettland Portugal Estland Rumänien Dänemark Schweden Island Spanien Slowakei Zypern Luxemburg Slowenien Norwegen Finnland Bulgarien Niederlande Schweiz Ungarn EU 28 Italien Tschechien Frankreich Malta Kroatien Polen Österreich Deutschland Irland Großbritannien Griechenland Belgien

95,1 85,0 75,4 73,1 61,0 57,0 56,4 53,4 52,8 50,4 49,3 47,1 45,0 41,1 37,4 32,2 29,7 27,0 21,5 20,9 19,6 17,3 15,5 10,4 10,1 9,0 7,1 6,6 4,5 1,4 0,4 0,4 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

in der Diskussion. Quelle: Broadband Coverage in Europe 2015, S. 29.

43

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

ländlichen Regionen und Randlagen ausgestattet

munalen Glasfasernetz können prinzipiell unter-

werden sollte.40 Die konkreten Umsetzungsschritte

schiedliche Diensteanbieter gleichzeitig zum Zuge

für den Netzausbau wurden kürzlich von der Netz-

kommen. So können die Nutzer zum Beispiel

allianz veröffentlicht, einem Zusammenschluss von

zwischen zwei Internetdienstleistern wählen, denn

investitions- und innovationswilligen Telekommuni-

die Kommunen sind auf das genannte Open-

kations- und Netzunternehmen unter der Leitung

Access-Network-Modell festgelegt.

des BMVI und unter Beteiligung der Bundesnetz-

Auch im ländlichen Raum ist ein enormes Wachstum beim Datenverkehr zu erwarten.

agentur, verschiedener Verbände und der Wis-

Beide Modelle werden derzeit in Deutschland ge-

senschaft.41 Demnach ist das Ziel erreichbar, bis

nutzt, um die Versorgung zu verbessern, sei dies

Ende 2018 alle Haushalte an mindestens 50 Mbit/s

in ländlichen Gebieten oder dort, wo es keine oder

anzuschließen. Allerdings wird auch die Notwen-

nur eingeschränkte privatwirtschaftliche Ausbau-

digkeit gesehen, neue Glasfaserleitungen in bisher

aktivitäten gibt. Auch im ländlichen Raum ist ein

unterversorgte Gewerbegebiete zu verlegen. Der

enormes Wachstum beim Datenverkehr und der

Ausbau soll bis 2025 weiter vorangetrieben und

Aufbau von Kapazitätsreserven bei großflächiger

dazu insbesondere die nächste Mobilfunkgenera-

Abdeckung zu erwarten.

tion einbezogen werden. Dann soll die vollständige Versorgung mit 5G erreicht sein und eine umfassende „gigabitfähige konvergente Infrastruktur“ zur Verfügung stehen.

Fördermittel für Wirtschaftlichkeits­ lücke und für Netzausbau

Netzausbau in ländlichen Regionen sinnvoll Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Netzkapazitäten durch die Marktkräfte alleine zustande kommen. Fiber-to-Home und insbesondere die Anbindung an Unternehmen wird daher

Laut Netzallianz bemüht sich das BMVI, 10 Pro-

vermutlich zunächst in den Ballungsräumen re-

zent der Bundesnettoinvestitionen für die digitale

alisiert, bevor es großflächig im ländlichen Raum

Infrastruktur bereitzustellen, was jährliche Förder-

verfügbar wird. Für Bemühungen, die schnellen

gelder in Höhe von rund 3 Milliarden Euro bedeu-

Netze auch aufs Land zu bringen, spricht, dass

ten würde. Die Bundesregierung stellt Mittel für

viele innovative Firmen ihren Sitz nicht in Groß-

den Netzausbau zur Verfügung, die nach einem

städten haben.

vorgegebenen Verfahren von den Kommunen ausgegeben werden können.42 Zu unterscheiden sind

Gleichzeitig müssen aber auch Investitionen in

Mittel, die die Wirtschaftlichkeitslücke privater Un-

den Ballungsräumen tatsächlich ausgelöst werden,

ternehmen schließen, und Mittel für den Ausbau

denn hier wird zu verhältnismäßig geringen Kosten

in kommunaler Regie. Die Wirtschaftlichkeitslücke

die größte Abdeckung erreicht. Außerdem werden

entsteht, weil Telekommunikationsunternehmen

in kürzerer Frist größere Effekte möglich wie erhöh-

den Ausbau in ländlichen Gebieten nicht in dem

te Technologienachfrage, neue Geschäftsmodelle

Maße refinanzieren können, wie dies in Ballungs-

oder Skalenerträge. Hierzu bedarf es der Investiti-

räumen der Fall ist. Um die Unternehmen den-

onssicherheit, beispielsweise bei Vectoring versus

noch zum Ausbau zu bewegen, übernimmt der

Glasfaser, und guter Rahmenbedingungen, wie bei

Staat den Differenzbetrag zum Ausbau in dichter

der Regulierung von Baumaßnahmen. Auch dies

besiedelten Gebieten.

sieht die Digitale Strategie des BMWi vor: „Um den Ausbau des Gigabitnetzes zu forcieren, müssen

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Das andere Modell ist das sogenannte Betreiber-

Verfahren vereinfacht, langwierige Planungen

modell: Hier beauftragt die Kommune selbst den

beschleunigt und Baukosten reduziert werden kön-

Ausbau der technischen Infrastruktur, meist Glas-

nen.“43 Jetzt geht es darum, dieses Vorhaben auch

fasernetze, und finanziert dies mithilfe öffentlicher

zu verwirklichen. So betont auch die BITKOM-

Fördergelder. Anschließend verpachtet sie das

Studie die Bedeutung der Koordination der Akteure

Netz an kommerzielle Anbieter von Diensten wie

und vor allem der rechtlichen und regulatorischen

Internet, Telefonie, Fernsehen. In einem kom-

Rahmenbedingungen für die Investitionen.

44

Die Versorgung mit Glasfaseranschlüssen kann nicht schnell genug vorangehen. Kabelnetzbetreiber Unitymedia hat in einem Pilotprojekt in Lauchringen erstmals auf das sogenannte Micro­ trenching gesetzt. Damit verlegt das Unternehmen Leerrohre schneller und ohne aufwendige Tiefbauarbeiten.

30 TÜV Rheinland zitiert nach BMWi: Digitale Strategie 2025, Berlin 2016, S. 14. 31 S. van Baal, B. Beckert, R. Bertenrath, M. Fritsch, K. Lichtblau, A. Millack, T. Schleiermacher, M. Stadlbauer, K. Weyerstraß, R. Wiegand: Der Weg in die Gigabitgesellschaft. Wie Netzausbau zukünftige Innovationen sichert, Vodafone Institut (Hrsg.), Berlin 2016. 32 Expertenkommission im Auftrag des BMWi: Stärkung von Investitionen in Deutschland, Berlin 2016. 33 siehe bspw. www.ftthconference.eu/images/Banners/Conference2016/Media%20downloads/ 20160217PressConference_presentation.pdf 34 T. Leimbach, D. Bachlechner: Big Data in der Cloud, TAB-Hintergrundpapier Nr. 19, Büro für TechnikfolgenAbschätzung beim Deutschen Bundestag (Hrsg.), Berlin 2016. 35 Netzallianz: Zukunftsoffensive Gigabit-Deutschland, BMVI (Hrsg.), Berlin 2017. 36 S. van Baal, B. Beckert, R. Bertenrath, M. Fritsch, K. Lichtblau, A. Millack, T. Schleiermacher, M. Stadlbauer, K. Weyerstraß, R. Wiegand: Der Weg in die Gigabitgesellschaft. Wie Netzausbau zukünftige Innovationen sichert, Vodafone Institut (Hrsg.), Berlin 2016. 37 R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innovations­ chancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 38 www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-21-breitbandausbau.html, zuletzt ­aufgerufen am 14.12.2016. 39 http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/dobrindt-investitionen-breitbandausbau.html 40 BMWi: Aktionsprogramm Digitalisierung. 12 Punkte für die Digitale Zukunft, Berlin 2016, S. 2. 41 Netzallianz: Zukunftsoffensive Gigabit-Deutschland, BMVI (Hrsg.), Berlin 2017; http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/Presse/029-dobrindt-netzallianz-zukunftsoffensive.pdf?__ blob=publicationFile 42 vgl. BMVI: Leitfaden zur Umsetzung der Richtlinie „Förderung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in der Bundesrepublik Deutschland“ (Version 3 v. 3.8.16). www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/Digitales/leitfaden-zumbundesfoerderprogramm.pdf?__blob=publicationFile. 43 BMWi: Digitale Strategie 2025, Berlin 2016, S. 15 und 30.

45

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

09

Mit Industrie 4.0 in die Zukunft

In Deutschland herrschen günstige Startbedingungen für die Industrie 4.0. Doch der Wandel braucht bessere Rahmenbe­dingungen vor allem für mittelständische Unternehmen.

Die digitale Vernetzung und drahtlose Kommuni-

Neben der Veränderung der Produktionsabläufe

kation von Maschinen und Anlagen wird in den

und der verstärkten Automation ergeben sich die

kommenden Jahren eine der großen Herausforde-

Potenziale in erster Linie durch zusätzliche Daten

rungen für die industrielle Produktion sein. Die so-

und deren Auswertung in Echtzeit. Durch die

genannte Industrie 4.0 birgt für Industriebetriebe

Verbindung von Menschen, Objekten und Syste-

große Innovations- und Wettbewerbspotenziale.

men entstehen dynamische, echtzeitoptimierte

Insbesondere für Deutschland als traditionellem

und sich selbst organisierende, unternehmens-

Industriestandort ergeben sich dadurch weitrei-

übergreifende Wertschöpfungsnetzwerke, die sich

chende Chancen. Der Standort profitiert unter

nach unterschiedlichen Kriterien optimieren las-

anderem von einer starken technologischen Basis

sen. Teile der Vision von Industrie 4.0 sind bereits

in der industriellen Produktion, einem hohen In-

heute realisiert. Die vollständige Umsetzung wird

dustrieanteil, einer auf hohe Prozesseffizienz aus-

die Unternehmen in den kommenden Jahren aber

gerichteten Produktion, einem hohen gesellschaft-

noch vor erhebliche Herausforderungen stellen.

lichen Stellenwert von Produktionsaktivitäten, einem guten Ausbildungsniveau durch das duale System, einer starken Orientierung der Industrie am Thema Nachhaltigkeit sowie einer hohen inter-

Deutschland als Leitmarkt und Leitanbieter

nationalen Ausrichtung und Vernetzung.44 Ziel der Evolution im verarbeitenden Gewerbe hin Vor allem die gut etablierten Wertschöpfungsnetz-

zur Industrie 4.0 in Deutschland ist einerseits,

werke in Deutschland und die starke Kunden­

einen Leitmarkt zu etablieren, also eine intensive

orientierung der Unternehmen, die auf industrielle

Nutzung und Umsetzung der Technologien und

Prozesstechnologien spezialisiert sind, stellen

Prozesse zu erreichen. Daraus ergibt sich zum ei-

günstige Bedingungen für eine rasche Umsetzung

nen die Chance, Leitanbieter von Hardware-Kom-

von Industrie-4.0-Konzepten dar. Für die globale

ponenten für die Industrie 4.0 zu werden sowie

Durchsetzung von „Industrie 4.0 made in Ger-

zum anderen die Chance für neue Geschäftsmo-

many“ spricht außerdem, dass Deutschland den

delle und Dienstleistungen im Zusammenhang

Begriff international etablieren konnte: Es wird in

mit zukünftigen Produktionstechnologien. Auch

vielen Ländern als der entscheidende Pilot- bezie-

Software- und Plattformlösungen gehören also

hungsweise Leitmarkt angesehen.45 Dies erleich-

zu den zukünftigen Angeboten aus Deutschland

tert auch die Etablierung von interna­tionalen

für den Weltmarkt. Die starke Marktposition46 im

Industrie-4.0-Standards.

Maschinenbau, bei Produktionstechnologien, bei Logistik sowie wie bei eingebetteten Systemen47 bietet hier eine gute Ausgangsbasis für die Entwicklung hin zu einem Leitanbieter.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

46

Technischer Kern und wesentliche Innovations­

ren, zu engagieren. Hier sind vor allem Bildungs-

treiber der Industrie-4.0-Zukunftsvision sind soft-

und Ausbildungsanstrengungen notwendig. In den

ware- und datenintensive, auf modernen Informa-

Bereichen Mikroelektronik, Sensorik, Aktorik und

tions- und Kommunikationstechniken basierende,

Embedded Software sollten Forschung und Wis-

eingebettete, mechatronische Produktionssyste-

senstransfer gestärkt werden.51 Die Expertenkom-

me. Diese Systeme werden als cyber-physische

mission Forschung und Innovation appelliert an

Systeme (CPS) bezeichnet.48 Mithilfe der digitalen

die Wirtschaft, gerade bei Cloud-Computing und

Vernetzung sollen Maschinen und Anlagen in

Big-Data-Ansätzen den Abstand zu den internatio-

Echtzeit miteinander kommunizieren. Die sich

nal führenden Ländern zu verringern.52

derzeit in der Entwicklung befindenden technischen Lösungen einer digitalen Fabrik sollen

Denn: Industrie 4.0 ermöglicht gerade durch

dazu beitragen, Produktionssysteme und kom-

die horizontale Vernetzung und die Entstehung

plette Wertschöpfungsnetze durch eine intelligen-

von Wertschöpfungsnetzwerken vollkommen

te horizontale und vertikale digitale Vernetzung in

neue, teils disruptive Geschäftsmodelle, die auf

den Wertschöpfungsprozessen zu planen, auszu-

der Nutzung von Daten beruhen und auf Platt-

gestalten und zu steuern. Durch die Vernetzung

formtechnologien aufbauen. Dienstleistungen

werden grundlegende Fortschritte in Produktivität

rund um Produktion und Produkte werden ein

und Flexibilität erwartet, die zu sprunghaften Ver-

deutlich höheres Gewicht erlangen. Stärker als

besserungen in der Produktion führen sollen.

bisher beträfe das die Bereitstellung von Produktionskapazitäten beziehungsweise die Produktion

Der hohe Veränderungsdruck in Leitbranchen der

als Dienstleistung. Maschinenbauer verkaufen

deutschen Industrie wie Maschinen- und Automo-

in Zukunft nicht mehr Maschinen, sondern die

bilbau und der fortschreitende Trend zur Indivi-

Nutzungszeiten der Maschinen mit allen dar-

dualisierung von Produkten sind wichtige Treiber

an anknüpfenden Aspekten. Dazu gehören die

der Industrie 4.0 in Deutschland. Hinzu kommt,

vorausschauende Wartung, softwarebasierte

dass produzierende Unternehmen kontinuierlich

Umrüstung und somit kurze Rüstzeiten bei

ihre Effizienz steigern müssen, um ihre internatio-

hoher Flexibilität bis hin zu autonomen oder

nale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Gerade für

teilautonomen Produktionsvorgängen, die durch

KMU ist dies ein wichtiger Impulsgeber, sich mit

die horizontale Integration von Zulieferern und

dem Thema systematisch zu befassen.

Abnehmern mit dem produzierenden Betrieb möglich werden.

Voraussetzungen im ­inter­nationalen Vergleich

Analysen auf Basis einer breiten Befragung bei produzierenden Unternehmen belegen: Zwar sind IT-nahe oder IT-gestützte Prozesse schon vor Jah-

Die Position der deutschen Wirtschaft bei einigen

ren, teilweise sogar vor Jahrzehnten in der indus-

zentralen Technologien ist zwar gut, aber es finden

triellen Praxis angekommen. Von einer vernetzten

sich ähnliche technologische Schwerpunkte auch

Produktion im Sinne der Vision einer Industrie 4.0

in anderen Ländern. Daher sieht beispielswei-

kann bei der großen Mehrheit der Betriebe aber

se eine Vorausschau-Studie von acatech49 zum

bisher nicht gesprochen werden. Der Verbrei-

internationalen Vergleich gerade bei Südkorea

tungsgrad von Industrie-4.0-nahen Technologien

und auch bei Japan deutliche Chancen, ebenfalls

ist je nach Technologie und Unternehmenstyp

zu wichtigen Akteuren der Ausrüsterindustrie zu

sehr unterschiedlich. Während Softwaresysteme

werden oder dies zu bleiben. Bezogen auf Schlüs-

zur Produktionsplanung und -steuerung eine sehr

seltechnologien sieht eine ZVEI-Studie50 besonde-

weite Verbreitung haben, werden beispielsweise

ren Handlungsbedarf auf Seiten der Fördergeber

Product-Lifecycle-Management-Systeme eher

und auch der Wirtschaft, sich verstärkt gerade bei

selten eingesetzt.53

Netzkommunikation und Datenanalyse, insbesondere Big Data Analytics und semantische Verfah-

47

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Die drahtlose Mensch-Maschine-Kommunikation

Cyber-physikalische Systeme wie echtzeitnahe

ist in Form von Visualisierung in zahlreichen In-

Produktionsleitsysteme, die Automatisierung der

dustriebetrieben bereits Realität, während Pro-

internen Logistik oder auch der digitale Datenaus-

grammier- und Bediengeräte noch einen deutlich

tausch mit Kunden und Lieferanten sind ver-

geringeren Verbreitungsgrad aufweisen. Die draht-

gleichsweise weit verbreitet. Sichere Mensch-Ma-

lose Mensch-Maschine-Kommunikation wird zwar

schine-Kooperationen werden seltener eingesetzt.

bereits von einem relevanten Anteil an Betrieben eingesetzt, allerdings besteht auch hier ein hohes

Seit 2005 ist eine stetige Verbreitung aller Techno-

ungenutztes Anwenderpotenzial.54

logien zu verzeichnen. Nur noch wenige Betriebe funktionieren heute ohne digitale Produktionsplanung und -steuerung. Die Nutzerquote der meisten betrachteten Digitalisierungstechnologien hat sich in dieser Zeit vervielfacht. Lediglich die Diffusion der sicheren Mensch-Maschine-Kooperation hat erst im Jahr 2010 begonnen. Mit 3 Prozent steckt die Technologie noch in den Kinderschuhen der industriellen Anwendung.

Stetige Verbreitung der Techno­logien für Industrie 4.0

Dynamik bei der Verbreitung der Technologien der digitalen Fabrik

In der nebenstehenden Abbildung wird über die

Anteil der Betriebe, die vorbereitende Industrie-4.0-Technologien nutzen, Angaben in Prozent

gestrichelte Linie auch eine prospektive Entwicklung dargestellt. Sie bezieht sich auf die Betriebe,

80

80

die einen Einsatz entsprechender Technologien bis 2018 planen. Hieraus geht hervor, dass insgesamt weiterhin mit einer Weiterentwicklung zu

70

rechnen ist. Allerdings wird auch deutlich, dass

60

kein sprunghafter Anstieg bei den Anwenderquoten zu erwarten ist, der Wandel zur Industrie 4.0

60

sich also nicht in kurzer Frist vollziehen wird. Der I4.0-Readiness-Index55 von IW Consult zeigt, dass

40

sich erst die Hälfte der Industrieunternehmen mit

50

der Thematik beschäftigt und nur sehr wenige bereits fundierte Erfahrungen mit der Umsetzung von Technologien gemacht haben, die der Indus­ 20

trie 4.0 ähnlich sind.

40

Bei einer Befragung des Zentrums für Europäi-

30

sche Wirtschaftsforschung (ZEW) aus dem Jahr 2015 kannten lediglich 18 Prozent der Unter­

0 2000

2002

2004

2006

2008

2010

2012

2014

2016

2018

nehmen den Begriff Industrie 4.0 und nur 4 Pro-

20

zent nannten laufende oder geplante Projekte Software zu PP

Mobile Endgeräte

in diesem Kontext. Dies waren insbesondere

Digitale Visualisierung

Echtzeitnahes PLS

Großunternehmen und einzelne Unternehmen

Automatisierte Logistikprozesse

PLM Systeme

aus den Branchen IT und Telekommunikation,

Digitaler Datenaustausch

Mensch-Maschine-Kommunikation

Elektroindustrie und Maschinenbau. In den an-

10

deren Branchen war die Verbreitung deutlich Quelle: Erhebung Modernisierung der Produktion 2015, Fraunhofer ISI

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

niedriger.

0 48

Insgesamt lässt sich aus den derzeitigen Ergeb-

Vergleich beim möglichen Beharren auf gegen-

nissen schließen, dass die Mehrzahl der unter-

wärtigen Ansätzen und Vorgehensweisen, wäh-

suchten Technologien sich durchaus im verar-

rend die Chancen neuer Geschäftsmodelle zu we-

beitenden Gewerbe verbreiten und dort in den

nig gesehen und angegangen werden. Daneben

vergangenen Jahren schon eine gewisse Dynamik

nennt die Zukunftsstudie auch eine Gefahr des

entfaltet haben. Weite Teile dieser Betriebe nutzen

Overengineerings, also einer zu ausdifferenzierten

folglich bereits vereinzelt Technologien für eine

und zu stark problem- statt lösungsorientierten

Digitalisierung ihrer Produktionsprozesse und be-

Perspektive. Drittens spielen die Themen Daten-

finden sich damit auf dem Weg zur Industrie 4.0.

schutz und Datensicherheit eine wichtige Rolle.

In den nächsten Jahren ist allerdings zunächst nur

Entsprechend betont auch eine Studie im Auftrag

mit moderaten Zuwächsen zu rechnen.

des ZVEI,60 dass eine vorauseilende und umfassende gesetzliche Regelung beispielsweise der

Hinsichtlich der Umsetzung und einer Realisie-

Nutzung maschinell erzeugter Daten zum jetzigen

rung der digitalen und vollständig horizontal inte-

Zeitpunkt unter Umständen innovationshemmend

grierten Produktion besteht in weiten Teilen des

statt -fördernd wirken könne. Der Wettbewerb

verarbeitenden Gewerbes noch großes Potenzial.

könnte zu Ungunsten deutscher Akteure verzerrt

Die Verkürzung von Industrie 4.0 auf Effizienz­

werden.

steigerungsaspekte in vielen Unternehmen stellt gleichzeitig aber auch eine Gefahr dar.56 Bei Industrie 4.0 geht es nicht primär um die Neuorganisation von Produktionsabläufen, sondern um die

Regulatorische Rahmenbedingun­ gen und Herausforderungen

Nutzung vernetzter, intelligenter Systeme für eine Neupositionierung des Unternehmens im Markt.

Eine weitere Herausforderung wird in der Gewähr-

Gerade bei dienstleistungsbasierten Geschäfts-

leistung des Informationsschutzes für digitale

modellen in der Produktion werden hier noch

Daten und Inhalte gesehen. Vor allem kleine und

deutliche Entwicklungsmöglichkeiten für Deutsch-

mittelgroße Unternehmen fürchten einen Know-

land gesehen.57

how-Abfluss. Umfragen machen deutlich, dass Lösungen für die IT-Sicherheit als entscheidend

Insbesondere für kleine und mittlere Betriebe

für den Erfolg von Industrie 4.0 betrachtet wer-

werden niedrigschwellige Lösungen benötigt, um

den.61 Dies ist insofern wichtig, als das verarbei-

Hürden überwinden zu können sowie passende

tende Gewerbe in Deutschland einen hohen Anteil

Industrie-4.0-Technologien zu entwickeln und

von KMU aufweist, die häufig damit überfordert

einzusetzen. Hierzu können KMU-spezifische

sind, direkt ein ganzheitliches IT-Sicherheitskon-

Förderprogramme, aber auch Netzwerk- und

zept zu entwickeln und umzusetzen.62

Nur noch wenige Betriebe funktionieren heute ohne digitale Produktionsplanung.

Kooperationsförderung mit Wissenschaft und Großunternehmen beitragen. Große Betriebe kön-

Zu den neuen Risiken und Herausforderungen

nen hingegen von technologischen Pilotlösungen

zählen insbesondere folgende Aspekte:63

profitieren.

58

Die Vernetzung von Industrieanlagen wird

Gute Startposition, aber auch große Herausforderungen

künftig nicht nur organisations- und länder­ übergreifend, sondern vor allem auch dynamischer stattfinden als bisher. Um die IT-Sicherheit zu gewährleisten, müssen Vertrauen und

In einer Vorausschau-Studie59 werden Deutsch-

Verlässlichkeit zwischen allen Akteuren des

land gute Startmöglichkeiten attestiert, die in

Wertschöpfungsnetzwerks hergestellt werden.

erster Linie auf den bestehenden Stärken im Maschinenbau und den Produktionstechnologien

Die Menge an Daten, die aus funktionalen

aufbauen. Auch andere Untersuchungen kommen

Gründen zwischen den Akteuren ausgetauscht

zu diesem Befund. Offensichtlich große Heraus-

werden, nimmt erheblich zu. Darunter befin-

forderungen bestehen gerade im internationalen

den sich auch solche Daten, die nicht nur aus

49

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Sicht eines einzelnen Unternehmens als Ge-

geeignet. Durch die Überwindung von Unterneh-

schäftsgeheimnis gelten, sondern an die auch

mensgrenzen entstehen jedoch zahlreiche neue

hohe rechtliche Anforderungen in Bezug auf

Schnittstellen und neue Prozesse werden benö-

die Vertraulichkeit gestellt werden.

tigt. Es bedarf organisatorischer Maßnahmen, die in ihrer Gesamtheit am ehesten zu erfassen sind,

Entscheidungen werden bei Industrie 4.0

wenn der bevorstehende Wandel als zentrales

zunehmend autonom von den technischen

Innovationsthema im Unternehmen betrachtet

Systemen selbst getroffen. Diese Entscheidun-

und aus allen Perspektiven gleichrangig angegan-

gen und die daraus resultierenden Änderungen

gen wird.

von Abläufen und Teilnehmer-Konfigurationen können sich aufgrund von Ereignissen aus un-

Regulierung: Rechtliche Perspektive

terschiedlichsten Domänen und Partnersyste-

Fragestellungen, die derzeit aus rechtlicher

men ergeben sowie aus der Analyse von Daten

Sicht intensiver betrachtet werden, vor allem der

aus verschiedenen Quellen. Entscheidend für

Datenschutz, betreffen nur teilweise die tatsächli-

den Erfolg in diesem Aspekt von Industrie 4.0

chen Probleme bei der Umsetzung von Industrie

ist sowohl die Integrität als auch die Authentizi-

4.0. Vordringlich wäre eine Beschäftigung mit

tät der verwendeten Daten und Datenquellen.

Maßnahmen, die Unsicherheiten über konkrete Anforderungen beseitigen, wirksame Durchset-

Regulierung: Technische Perspektive

zungsmechanismen schaffen, zu einer einheitli-

Vorhandene technische IT-Sicherheitsmaßnah-

chen Vertragspraxis führen sowie Standards und

men können grundsätzlich einen guten Basis-

Zertifikate etablieren, auf deren Basis Unter­

schutz im Kontext von Industrie 4.0 bilden. Dieser

nehmen ihre Leistungen anbieten und weiterent-

Basisschutz ist jedoch nach entsprechender

wickeln können.

Risikoanalyse immer in Abhängigkeit von der jeweiligen Sicherheitsarchitektur zu betrachten und

Das IT-Sicherheitsgesetz gibt Impulse für die Ent-

umzusetzen. Für einige dieser Maßnahmen gibt es

wicklung der IT-Sicherheitsregulierung. Es zeigt

derzeit aber weder entsprechende Produkte am

aber nicht zuletzt wegen seiner Lückenhaftigkeit

Markt noch vollumfängliche Konzepte, sondern oft

und Unbestimmtheit deutlich den Bedarf an einer

nur individuell geschaffene Speziallösungen.

Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens. Ein Beispiel wäre der gezielte Schutz von Informatio-

Bezüglich der Anforderungen an den Schutz der

nen einschließlich einer eindeutigen Klärung der

Daten sind notwendige Basistechnologien ver-

Rechte an Daten. Die auf einer gesetzlichen Re-

fügbar. Es ist aber beispielsweise noch ungeklärt,

gelung beruhende Zertifizierung von IT-Sicherheit

wie Verfügbarkeitsansprüche der Produktion mit

und insbesondere die Herausbildung von trans-

bestehenden IT-Sicherheitskonzepten verbun-

parenten, öffentlichen Standards wären geeignet,

den werden können. Darüber hinaus müssen

eine Verbesserung von IT-Sicherheit in der Fläche

Konzepte und Lösungen erarbeitet werden, wie

zu erreichen. Es fehlt derzeit aber sowohl an einer

der Aufbau und der Betrieb von Basistechnolo-

entsprechenden Zertifizierung als auch an einem

gien und -methoden in Produktionsumgebungen

einheitlichen internationalen Rechtsrahmen für

abgebildet werden können. Ähnlich sieht es im

die Zuordnung von Daten zu einem Rechtsobjekt

Bereich der hardwarebasierten Vertrauensanker

oder einem Nutzungsberechtigten.

für Produktionssysteme aus. Auch Ansätze zur kontinuierlichen IT-Sicherheitsüberwachung von

Regulierung: Standardisierung als Lösungsansatz

Produktionssystemen stehen eher am Anfang.

Hinsichtlich der Standardisierung sollte im Rahmen der Arbeiten zu einem Industrie-4.0-Referenz-

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Regulierung: Organisatorische ­Perspektive

modell das Thema IT-Sicherheit strukturiert und

Viele der organisatorischen IT-Sicherheitsmaß-

damit die notwendigen Standardisierungsarbeiten

nahmen, die heute für das industrielle Umfeld

klassifiziert werden. Zahlreiche Standards sind

empfohlen und dort auch vielfach bereits um-

auch auf den Bereich der industriellen Produktion

gesetzt sind, sind auch für die Industrie 4.0

übertragbar. Sie bedürfen allerdings der Fokus-

50

sierung auf das Zusammenspiel von IT-Sicher-

disierungsarbeiten müssen die globale Marktsitua-

heitsanforderungen und Schutzzielen mit anderen

tion der Industrie 4.0 berücksichtigen und können

nichtfunktionalen Anforderungen wie Ausfallsicher-

deshalb von vornherein nur in einem kooperativen,

heit, Echtzeit und Verfügbarkeit. Eine belastbare

international ausgerichteten Verbund von Industrie,

Bewertung der Relevanz bestehender technischer

Forschungseinrichtungen, Verbänden und politi-

IT-Sicherheitsstandards für den Bereich Industrie

schen Institutionen bearbeitet werden.

4.0 ist erst anhand der Struktur und den ausgewählten Technologien von Industrie-4.0-Referenzarchitekturen möglich. Regulierungs- und Standar-

44 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. 45 acatech (Hrsg.): Industry 4.0, Urban Development and German International Development Cooperation ­(acatech POSITION PAPER), München 2015. 46 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. 47 R. Frietsch, P. Neuhäusler, K.-J. Melullis, O. Rothengatter, S. Conchi: The economic impacts of computer-implemented inventions at the European Patent Office, 4iP Council (Hrsg.), München 2015. 48 Vgl. Bildstein, A.: Industrie 4.0-Readiness: Migration zur Industrie 4.0-Fertigung, in: T. Bauernhansl, M. ten Hompel, B. Vogel-Heuser (Hrsg.): Industrie 4.0 in Produktion, Automatisierung und Logistik, Wiesbaden 2014, S. 581–597. 49 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. 50 R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert, et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innovations­ chancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt: ZVEI 2016. 51 BMWi (Hrsg.): Erschließen der Potenziale der Anwendung von Industrie 4.0 im Mittelstand, Berlin 2015. 52 Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016, S. 78. 53 BMWi (Hrsg.): Erschließen der Potenziale der Anwendung von Industrie 4.0 im ­Mittelstand, Berlin 2015. 54 S. Kinkel, J. Rahn, B. Rieder et al.: Digital-vernetztes Denken in der Produktion; IMPULS-Stiftung des VDMA (Hrsg.), Karlsruhe 2016. R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Inno­va­ tionschancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 55 IW Consult: Industrie 4.0-Readiness, Köln 2015. 56 Roland Berger Strategy Consultants/BDI: Die digitale Transformation der Industrie. Was sie bedeutet. Wer gewinnt. Was jetzt zu tun ist, München und Berlin 2015. Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 57 R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innova­ tionschancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 58 Fortiss (Hrsg.): Digitale Transformation – Wie Informations- und Kommunikationstechnologie etablierte Branchen ­grundlegend verändern, München 2016. 59 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. 60 R. Frietsch, K. Lichtblau, B. Beckert et al.: Elektroindustrie als Leitbranche der Digitalisierung – Innova­ tionschancen und Innovationshemmnisse für die Elektroindustrie, Frankfurt 2016. 61 Münchner Kreis et al. (Hrsg.): Digitalisierung. Achillesferse der deutschen Wirtschaft. Wege in die digitale Zukunft. ­Zukunftsstudie Münchner Kreis, Band VI, München 2014. 62 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (Hrsg.): Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2015. Bonn 2015. 63 D. Bachlechner, T. Behling, E. Bollhöfer et al.: IT-Sicherheit für die Industrie 4.0: Produktion, Produkte, Dienste von morgen im Zeichen globalisierter Wertschöpfungsketten, Berlin 2016, S. 10f.

51

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

10

Den digitalen Wandel gemeinsam gestalten

Für die digitale Trans­ formation gibt es keine Standardlösungen. Gefragt sind Experimentierfreude, die Bereitschaft zu lernen und innovationsfreund­ liche Rahmenbedin­ gungen.

Die Digitalisierung bietet vielfältige Innovations-

Wagniskultur eine zentrale Rolle. Aufbruch muss

möglichkeiten: Von Smart Products und Smart

ermuntert und Scheitern im Innovationsprozess

Services über neue Geschäftsmodelle und digital

darf nicht stigmatisiert werden. Da es für die

vernetzte Wertschöpfungsketten bis zu effiziente-

digitale Transformation keine Standardlösungen

rem Ressourceneinsatz durch digitale Anwendun-

gibt, sind Experimente notwendig. Hierfür braucht

gen im Mobilitäts-, Energie- oder Baubereich. Um

es entsprechende Freiräume und die Bereitschaft

diese Möglichkeiten zu nutzen und die Heraus-

zur Veränderung: Im Zuge der digitalen Trans-

forderungen zu bewältigen, die aus den teilweise

formation müssen Unternehmen vor allem einen

disruptiven Veränderungen resultieren, ist Trans-

Wandel der Organisation nach innen vollziehen.

formationsfähigkeit gefordert – von Unternehmen,

Neue Ansätze der Unternehmens- und Arbeits-

Bürgern und Staat. Dieser Abschnitt fasst die

organisation sowie der Führung müssen stärker

Ergebnisse von aktuellen Studien zusammen, die

auf die Förderung von Kreativität und Flexibilität

untersuchen, wie die Transformationsfähigkeit in

ausgerichtet werden. Die Voraussetzung dafür ist

Deutschland gestärkt werden kann.

Ambidextrie – die Fähigkeit einer Organisation, parallel in der alten und in der neuen, hier digita-

Bereitschaft zum Experimentieren

len Welt aktiv zu sein. Ein zweites zentrales Element der Transforma-

Die vielleicht wichtigste Voraussetzung für Trans-

tionsfähigkeit ist die Bereitschaft zu lernen und

formationsfähigkeit ist die Offenheit für Neues, ge-

eigene Kompetenzen weiterzuentwickeln. Dies gilt

paart mit Kreativität, Flexibilität und Experimentier-

für einzelne Menschen ebenso wie für Organisa­

bereitschaft sowie die Öffnung von Unternehmen

tionen, ob nun in Wirtschaft und Wissenschaft,

hin zu externen Partnern. Diese für Innovationen

im Bildungssystem oder in Politik und Verwaltung.

generell zentralen Fähigkeiten erhalten im Zeitalter

Neue digitale Technologien sind dabei nicht nur

der Digitalisierung eine besondere Bedeutung.

Anlass für Qualifizierungsanstrengungen, sondern

Die Innovationszyklen bei digitalen Produkten und

können auch Hilfsmittel für die Kompetenzerwei-

Anwendungen sind besonders kurz und technolo-

terung sein. So bieten digitale, vernetzte Bildungs-

gische Sprünge besonders häufig. Mit der Plattfor-

angebote neue Möglichkeiten des individualisier-

mökonomie und der Samrt-Service-Welt entstehen

ten und vernetzten Lernens.

für die Märkte zum Teil völlig neue Rahmenbedingungen, sodass etablierte Routinen und Innova­

Außerdem können beispielsweise Assistenzsyste-

tionsansätze obsolet werden.

me die Kompetenzentwicklung von Menschen im Umgang mit neuen digitalen Technologien erleich-

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Um mit solchen disruptiven Ereignissen umzu-

tern und unterstützen. Beispiele für individuelle

gehen und sie aktiv zu gestalten, spielen Agilität,

Kompetenzen, auf die es in Zukunft ankommen

Veränderungsbereitschaft, Kreativität und eine

wird, sind Prozess-Know-how, hybride Kompe-

52

tenzen, Datenauswertung und -analyse, MINT-

die Hochschulen ermuntern und in die Lage

Kenntnisse, Selbstmanagement, Lernen lernen,

versetzen, ihre dritte Mission, also das En-

interdisziplinäres Denken und Handeln sowie

gagement für die Gesellschaft, verstärkt zu

Führungskompetenz.64

verfolgen. So können neues Wissen und neue Erkenntnisse aus der Forschung rasch in

Die Transformationsfähigkeit der Wirtschaft wird

Richtung kommerzieller Nutzung weiterent­

auch von einer lebendigen Start-up-Szene und

wickelt werden. Dazu können auch Unterneh-

deren Integration in innovative digitale Ökosyste­me

mensgründungen aus Hochschulen und ein

abhängen. Start-ups, die mit neuen Geschäfts-

stärkeres Engagement der Hochschulen in der

modellen in etablierte Märkte eindringen und

Weiterbildung beitragen.69

die Platzhirsche angreifen, können Treiber für disruptive Innovationen sein.65 Uber und AirBnB

einen regulativen Rahmen für Datenschutz

sind Beispiele für eine Reihe von insbesondere

und Datensicherheit schaffen, der sowohl

US-amerikanischen Start-ups, die in kurzer Zeit

Vertrauen stärkt als auch Freiraum für Inno-

zu dominanten Playern in der digitalen Wirtschaft

vationen lässt. Hierfür sollte der Europäische

wurden. In Deutschland fehlt es dabei nicht an

Datenschutzausschuss eine Interessenab-

Start-ups mit guten digitalen Geschäftsideen.

wägung und Folgenabschätzung anhand

Vielmehr schaffen es nur sehr wenige, in kurzer

der Eingriffsintensität vornehmen, die so-

Zeit ihre Geschäftsmodelle so zu etablieren und zu

wohl Betroffenenrechte wahrt als auch neue

skalieren, dass sie zu größeren Unternehmen mit

Industrie-4.0-Szenarien ermöglicht. Die tech-

einer bestimmenden Position in ihrem jeweiligen

nischen Möglichkeiten der Anonymisierung

Ökosystem werden. Ein Grund: Jungen, innovativen

und Pseudonymisierung sollten zum Schutz

Unternehmen fehlt in Deutschland nach wie vor

personenbezogener Daten bei gleichzeitiger

häufig das Kapital für die Wachstumsphase. Die

Ermöglichung von Big-Data-Analytics-Services

Expertenkommission Forschung und Innovation hat

genutzt werden. Außerdem sollten einheitliche

in diesem Zusammenhang die Einführung eines

rechtliche Pflichten zur IT-Sicherheit und prüf-

eigenen Börsensegments für junge Unternehmen

fähige Standards etablieren werden.70

mit digitalen Geschäftsmodellen angemahnt. Die 66

Deutsche Börse bietet seit März 2017 ein Segment

digitale Technologien und deren Nutzung

für junge Wachstumsunternehmen und für kleine

voranbringen, indem Forschungskooperatio-

und mittlere Unternehmen an.

nen unterstützt und die Voraussetzungen für unternehmerische Innovation wie Finanzierung

Beitrag der Politik

und Fachkräfte gesichert werden. Dafür ist eine zukunftsgerichtete Forschungsagenda zur Digitalisierung ein wesentlicher Baustein.71

Die Politik kann dazu beitragen, die Transformationsfähigkeit zu erhöhen und die Chancen der Digitalisierung besser zu nutzen. Sie sollte

ein qualitativ hochwertiges E-Government anbieten, um den Nutzen der Digitalisierung für Bürger zu demonstrieren und die Nachfrage

eine zukunftsfähige und innovationsfördernde digitale Infrastruktur bereitstellen.

anzukurbeln.72 Dabei spielen die Kommunen eine Schlüsselrolle, da sie es sind, mit denen die Bürger in erster Linie in Kontakt treten.

das Aus- und Weiterbildungssystem an die Anforderungen der digitalen Welt anpassen.67

Bund und Länder sollten die Kommunen mit Komponenten für ein E-Government sowohl fachlich wie finanziell unterstützen.73

im Arbeitsrecht neue Formen der Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung ermöglichen, die unter

Der wohl kritischste Punkt der digitalen Transfor-

anderem den Trend zu Individualisierung, mo-

mationsfähigkeit Deutschlands liegt in der Um-

biler Arbeit, Digitalarbeit und Freelancertum

orientierung der heutigen wirtschaftlichen Struk-

angemessen berücksichtigen.68

turen in Richtung Plattformökonomie und Smart

53

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

Services. Hier ist ein grundsätzliches Umdenken

Einrichtung von Kompetenzzentren für Smart-

gerade in den bisherigen Leitbranchen der deut-

Serviceplattformen und von Expertenforen zu

schen Wirtschaft gefordert. Lange Zeit beruhte die

den Leitbranchen Mobilität, Produktionstech-

starke Stellung deutscher Unternehmen im Welt-

nik, Logistik, Gesundheit und Energie. Hier

markt auf hoher technologischer Kompetenz und

sind sowohl Bund als auch Länder gefordert.

Innovationsvorsprüngen sowie einer Ausrichtung auf qualitativ anspruchsvolle Marktsegmente bei

Aufbau von Wissensplattformen für eine unter-

hocheffizienter Produktion. Nun gilt es, die Ge-

nehmensübergreifende Produkt- und Service-

schäftsmodelle vom Kunden her neu aufzurollen

entwicklung durch Verbände oder branchen-

und dabei individualisiert Produkt-Service-Pakete

spezifische Initiativen.

und offene Plattformansätze zu verfolgen. Außer-

Die Transformation kann nur gelingen, wenn in der Breite digitale Kompetenzen vorhanden sind.

dem müssen Innovationsprozesse neu aufgestellt

Gründung von industriekonvergenten, natio-

werden, und zwar viel offener und kollaborativer

nalen Kompetenzzentren für Smart-Service-

als in der Old Economy und vor allem mit einer

plattformen, etwa im Rahmen der Digitalisie-

deutlich höheren Geschwindigkeit.

rungsinitiativen des BMWi.

Die Transformation, die Unternehmen in der

Erarbeitung einer integrierten Forschungs-

Konsequenz jetzt unter Hochdruck vor allem

agenda für softwaredefinierte Plattformen

nach innen vornehmen müssen, stellt für viele

durch das BMBF.

Unternehmen in klassischen Industrien ebenso eine fundamentale Herausforderung dar wie für

Rasches Voranbringen eines digitalen Bin-

den Dienstleistungssektor. Dies gilt vor allem für

nenmarktes Europa durch die Europäische

Finanzen und Versicherungen, Handel, Medien,

Kommission.

Kommunikation und Verkehr. Um gerade auch für den Mittelstand den Weg

Industrie 4.0 bietet Chancen

in diese neue Welt zu ebnen, sind verschiedene Maßnahmen nötig:74

Ein vielversprechender Ansatzpunkt, um der Breite der mittelständischen Wirtschaft die Mög-

Förderung eines diskriminierungsfreien Zu-

lichkeiten und Chancen der Digitalisierung vor

gangs zu Plattformen und fairer Wettbewerbs-

Augen zu führen, ist die Industrie 4.0. Sie kann

bedingungen auf Plattformen im Rahmen

traditionelle Stärken des industriellen Mittelstands

des Wettbewerbsrechts. Hier sind Bund und

in Deutschland, etwa die Integration unterschied-

Europäische Kommission gefordert.

licher Technologien in komplexe Systeme und die Ausrichtung von Produktionsprozessen an spezifi-

Schneller Einstieg für den Mittelstand durch die Bereitstellung von Expertise im Aufbau di-

schen Kundenanforderungen, am leichtesten mit digitalen Geschäftsmodellen zusammenbringen.

gitaler Serviceplattformen von der Konzeption und Entwicklung datenbasierter Geschäftsmo-

Um die Industrie 4.0 im Mittelstand weiter voran-

delle über die Positionierung in branchenspe-

zubringen, schlagen aktuelle Studien verschiede-

zifischen Ökosystemen und die Entwicklung

ne Maßnahmen vor:75

digitaler Roadmaps bis hin zur Skalierung von Smart Services. Ein Instrument könnte eine

Akzeptanz fördern durch ein gemeinsames

sogenannte Onboarding-Factory für KMU sein,

Verständnis von Zielen und Chancen der In-

die beim Einstieg in die Plattformökonomie

dustrie 4.0.

Unterstützung anbietet. Solche Aktivitäten könnten von Wirtschaftsverbänden oder Initiativen der Bundesregierung getragen werden.

Ein ganzheitliches Industrie-4.0-Konzept vorantreiben und gleichzeitig pragmatische Lösungsansätze mit hoher Außenwirkung entwickeln.

acatech_BDI_Innovationsindikator 2017

54

Kompetenzen durch die Einrichtung einer Qua-

Schulen brauchen kein eigenes Fach Digitali-

lifikation Industrial Security und den Aufbau

sierung, sondern müssen gute informations-

von Big-Data-Kenntnissen ausbauen.

technische Grundlagen insbesondere in den MINT-Fächern mit entsprechenden Anwen-

Den Austausch zwischen Start-ups sowie die

dungsbezügen vermitteln. Weiterhin sollte die

Offenheit von Plattformen und Schnittstellen

Wissensverarbeitung und nicht so sehr die

fördern und die Schutzrechte für geistiges

Wissensanhäufung im Mittelpunkt stehen und

Eigentum im Bereich digitaler Produkte und

der digitale Dreh in alle Fächer Einzug halten.

Dienstleistungen anpassen.

Dazu gehört auch, selbstverständliche Nutzungsformen digitaler Technologien in den

Lösungen und Standards im Bereich der IT-

Unterricht zu integrieren. Den wichtigsten He-

Sicherheit etablieren, um Unsicherheiten auf

bel zur digitalen Transfor­mation in der Bildung

Seiten der KMU abzubauen.

bilden allerdings Bereitschaft zur Veränderung, Agilität und Kreativität.

KMU über die Bedeutung kollaborativer Geschäftstätigkeit aufklären, etwa über Bera-

Das duale System muss durch inhaltliche An-

tungsprogramme und Awareness-Aktionen.

passung der Ausbildungsgänge, Ausstattung von Ausbildungsstätten mit dem aktuellen

Plattformen zu Industrial Content etablieren

Stand der Technik sowie Aus- und Weiterbil-

und so die Entwicklung neuer Geschäftsmo-

dung des Lehrpersonals gestärkt werden. Tra-

delle vorantreiben.

ditionelle Formen der Aus- und Weiterbildung müssen um digitale Methoden der Kompetenz­

Die starke Marke Industrie 4.0 aktiv nutzen

entwicklung mit hohem Qualifizierungsbedarf

und die internationale Standardisierung als

bei Datenauswertung, Prozessmanagement

Katalysator für die Zusammenarbeit nutzen.

und Kundenbeziehungsmanagement erweitert werden.77

Eine aktive Lenkungsrolle in führenden internationalen Standardisierungsgremien anstreben.

Die akademische Ausbildung muss an die Bedarfe der digitalen Transformation angepasst

Die Vermarktung von Industrie-4.0-Lösungen

werden. Der Fokus liegt auf Datenanalyse,

vorantreiben, indem Referenzfabriken, Leucht-

Umgang mit digitalen Netzen, Entwicklung

turmprojekte, Testbeds und branchenspezifi-

innovativer Geschäftsmodelle und Systems

sche Integrationsplattformen entstehen.

Engineering. Wenig zielführend erscheinen Versuche, im Bildungssystem hauptamtliche

KMU den Weg auf internationale Märkte

„Industrie-4.0ler“ oder Digital Engineers zu

bereiten, etwa über Huckepackstrategien mit

entwickeln. Eine zu starke Spezialisierung

Konzernen.

widerspricht den Anforderungen der neuen Arbeitswelt, in der es auf Interdisziplinarität,

Digitale Kompetenzen von ­essenzieller Bedeutung Langfristig kann die Transformation zur digitalen

vernetztes Denken und Arbeiten, Customer Experience und Geschäftsmodellinnovationen ankommt. Das lebenslange Lernen muss bedarfsgerecht

Wirtschaft nur gelingen, wenn die notwendigen di-

und an individuellen Anforderungen ausgerich-

gitalen Kompetenzen in der Breite vorhanden sind.

tet gefördert werden.

Deshalb kommt der Bildungspolitik, der betrieblichen Weiterbildung und dem betrieblichen Kompetenzaufbau eine zentrale Bedeutung zu:76

Es müssen Beratungsangebote entstehen, die Strategien für die Einführung digitaler Geschäftsmodelle vermitteln.

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64 acatech (Hrsg.): Kompetenzentwicklungsstudie Industrie 4.0 – Erste Ergebnisse und Schlussfolgerungen, ­ München 2016. 65 BDI (Hrsg.): Industrie-Startups stärken. Die nächste Unternehmensgeneration erfolgreich machen, Berlin 2016. 66 Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 67 Vgl. Nationales MINT Forum: Kernforderungen für den 4. Nationalen MINT Gipfel. Digitale Chancen ergreifen – Digitale Spaltung meistern, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Die digitale Transformation im Betrieb gestalten – Beispiele und Handlungs­ empfehlungen für Aus- und Weiterbildung. Wegweiser, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Arbeit, Aus- und Weiterbildung in den Anwendungsszenarien. Diskussionspapier, Berlin 2016. 68 J. C. Jacobs, H. Kagermann, D. Spath (Hrsg.): Arbeit in der digitalen Transformation – Agilität, lebenslanges Lernen und Betriebspartner im Wandel. Ein Beitrag des Human-Resources-Kreises von acatech und der Jacobs Foundation – Forum für Personalvorstände zur Zukunft der Arbeit (acatech DISKUSSION), München 2017. Vgl. Bitkom: Thesenpapier Arbeit 4.0. Die deutsche Arbeitswelt zukunftsfähig gestalten, Berlin 2016. acatech (Hrsg.): Kompetenzentwicklungsstudie Industrie 4.0 – Erste Ergebnisse und Schlussfolgerungen, ­München 2016. 69 Vgl. Nationales MINT BMWi (Hrsg.): Forum: Kernforderungen für den 4. Nationalen MINT Gipfel. Digitale Chancen ergreifen – Digitale Spaltung meistern, Berlin 2016. 70 BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Fokusthema: Daten im Kontext von Industrie 4.0. Ergebnispaper, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0. Industrie 4.0 – wie das Recht Schritt hält. Ergebnispaper, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): IT-Sicherheit für Industrie 4.0 Produktion, Produkte, Dienste von morgen im Zeichen globalisierter Wert­schöpfungsketten, Berlin 2016. 71 Vgl. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0: Aspekte der Forschungsroadmap in den Anwendungsszenarien. Ergebnis­papier, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0: Forschungsagenda Industrie 4.0 – Aktualisierung des Forschungsbedarfs. Ergebnis­papier, Berlin 2016. BMWi (Hrsg.): Plattform Industrie 4.0: Fortschreibung der Anwendungsszenarien der Plattform Industrie 4.0. Ergebnispapier, Berlin 2016. 72 Vgl. Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 73 Vgl. J. Fromm, C. Welzel, L. Nentwig, M. Weber: E-Government in Deutschland: Vom Abstieg zum Aufstieg. Kompetenzzentrum Öffentliche IT (Hrsg.), Berlin 2015. 74 Arbeitskreis Smart Service Welt/acatech (Hrsg.): Smart Service Welt – Umsetzungsempfehlungen für das ­Zukunftsprojekt Internetbasierte Dienste für die Wirtschaft. Abschlussbericht, Berlin 2014. acatech (Hrsg.): Smart Service Welt: Digitale Serviceplattformen – Praxiserfahrungen aus der Industrie. Best Practices, München 2016. 75 J. Gausemeier, F. Klocke: Industrie 4.0. Internationaler Benchmark, Zukunftsoptionen und Handlungsempfehlungen für die Produktionsforschung, Heinz Nixdorf Institut und RWTH Aachen (Hrsg.), Paderborn und Aachen 2016. H. Kagermann, R. Anderl, J. Gausemeier, G. Schuh, W. Wahlster (Hrsg.): Industrie 4.0 im globalen K ­ ontext. Strategien der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern (acatech STUDIE), München 2016. 76 acatech/Körber-Stiftung (Hrsg.): MINT Nachwuchsbarometer 2017. Fokusthema: Bildung in der digitalen Transformation. München/Hamburg 2017. acatech (Hrsg.): Die digitale Transformation gestalten – Was Personalvorstände zur Zukunft der Arbeit sagen. Ein Stimmungsbild aus dem Human-Resources-Kreis von acatech und Jacobs Foundation (acatech IMPULS), München 2016. acatech (Hrsg.): Kompetenzen für Industrie 4.0. Qualifizierungsbedarfe und Lösungsansätze (acatech P ­ OSITION), München 2016. Expertenkommission Forschung und Innovation (Hrsg.): Gutachten 2016, Berlin 2016. 77 M. Arntz, T. Gregory, S. Janssen, U. Zierahn: Tätigkeitswandel und Weiterbildungsbedarf in der digitalen Trans­ formation. Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung im Auftrag der acatech in Zusammenarbeit mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Mannheim 2016.

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Projektpartner

acatech – Deutsche Akademie der Technik­ wissenschaften

Fraunhofer-Institut für System- und ­Innovationsforschung

acatech vertritt die deutschen Technikwissen-

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innova-

schaften im In- und Ausland in selbstbestimmter,

tionsforschung analysiert Entstehung und Aus-

unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise.

wirkungen von Innovationen. Es erforscht die

Als Arbeitsakademie berät acatech Politik und Ge-

kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innova-

sellschaft in technikwissenschaftlichen und tech-

tionsprozessen und die gesellschaftlichen Auswir-

nologiepolitischen Zukunftsfragen. Darüber hinaus

kungen neuer Technologien und Dienstleistungen.

hat es sich acatech zum Ziel gesetzt, den Wissens­

Auf dieser Grundlage stellt das Institut seinen

transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu

Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissen-

unterstützen und den technikwissenschaftlichen

schaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven

Nachwuchs zu fördern. Zu den Mitgliedern der

für wichtige Entscheidungen zur Verfügung.

Akademie zählen herausragende Wissenschaftler

www.isi.fraunhofer.de

aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. www.acatech.de

Der Innovationsindi­kator ist eine Kooperation von acatech – Deutsche Akademie der Tech­ nikwissenschaften und dem Bundesverband der Deutschen Indus­ trie. Das FraunhoferInstitut für System- und Inno­vationsforschung erarbeitet die Studie gemeinsam mit dem Zentrum für Euro­ päische Wirtschafts­ forschung.

Zentrum für Europäische Wirtschafts­ forschung Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsfor-

Bundesverband der Deutschen Industrie

schung (ZEW) ist ein gemeinnütziges wirtschafts-

Der BDI ist die Spitzenorganisation im Bereich

wissenschaftliches Forschungsinstitut. Es wurde

der Industrieunternehmen und industrienahen

1990 auf Initiative der baden-württembergischen

Dienstleister. Als Interessenvertretung der Industrie

Landesregierung, der Wirtschaft des Landes und

trägt der BDI bei seinen Mitgliedern zur Meinungs-

der Universität Mannheim gegründet und nahm

bildung und Entscheidungsfindung bei. Er bietet

im April 1991 die Arbeit auf. Seitdem hat sich das

Informationen für alle Bereiche der Wirtschaftspoli-

ZEW als eines der führenden deutschen Wirt-

tik an. Der BDI unterstützt so die Unternehmen im

schaftsforschungsinstitute mit hoher europäischer

intensiven Wettbewerb, den die Globalisierung mit

Reputation etabliert.

sich bringt.

www.zew.de

www.bdi.eu

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Impressum Herausgeber

Grafik und Layout

acatech – Deutsche Akademie der

SeitenPlan GmbH

Technikwissenschaften e. V.

Corporate Publishing,

Pariser Platz 4a

Dortmund

10117 Berlin www.acatech.de

Druck Druckerei Schmidt, Lünen

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI)

Fotos

Breite Straße 29

Apple Inc., David Ausserhofer, Christian Kruppa,

10178 Berlin

Ian Lishman/Juice Media/Getty Images, CJ Natta-

www.bdi.eu

nai/Shutterstock, plainpicture/Westend61/Roger Richter, Reuters/Kim Kyung-Hoon, Unitymedia,

Projektteam

Westend61/Getty Images

Prof. Dr. Marion Weissenberger-Eibl, Dr. Rainer Frietsch, Prof. Dr. Torben Schubert, Dr. Daniel

Stand

Bachlechner, Dr. Bernd Beckert, Dr. Michael

Juni 2017

Friedewald, Dr. Christian Lerch (alle Fraunhofer ISI), Dr. Christian Rammer (ZEW)

Copyright acatech – Deutsche Akademie der

Verantwortlich

Technikwissenschaften e. V./Bundesverband der

Prof. Dr. habil. Michael Klein (acatech),

Deutschen Industrie e. V.

Iris Plöger (BDI) ISBN: 978-3-942044-86-8 Redaktion Dr. Rainer Frietsch (ISI), Dr. Christian Rammer,

acatech dankt dem Förderverein für die

Prof. Dr. Alfred Spielkamp (beide ZEW)

Unterstützung des Projekts.

Beratung Prof. Dr. Christoph M. Schmidt, Prof. Dr.-Ing. ­Jürgen Gausemeier, Dr. Thomas Lange (alle ­acatech), Felix Esser (BDI)

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Notizen

www.innovationsindikator.de