Schriftwechsel zwischen Dr. Hermann Eicher, Justitiar des SWR, und Sieglinde Baumert

Schriftwechsel zwischen Dr. Hermann Eicher, Justitiar des SWR, und Sieglinde Baumert Zapp-„Interview“ mit Sieglinde Baumert 1.) Warum wollen Sie denn...
Author: Lukas Fromm
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Schriftwechsel zwischen Dr. Hermann Eicher, Justitiar des SWR, und Sieglinde Baumert

Zapp-„Interview“ mit Sieglinde Baumert 1.) Warum wollen Sie denn nicht zahlen? Warum sollte ich ein Angebot mitfinanzieren, dass ich ablehne? Viele zustimmende Rückmeldungen zeigen mir, dass ich mir nicht allein diese Frage stelle. Es war natürlich für mich nötig, genauer hinzuschauen, was hier eigentlich passiert. Es folgt eine Auflistung, weshalb ich keine Veranlassung sehe, mein Geld hier einzubringen: 1. Ich habe mich über die Pflichten der ÖRR informiert. Diese werden nachweislich missachtet. Der Grundsatz der staatsfernen, neutralen, unabhängigen Berichterstattung bleibt ein Wunschbild. Erinnert sei hier an die Zusammensetzung der Rundfunkräte. In der Praxis zeigt sich das z. Bsp. in direkter oder indirekter Parteienwerbung oder auch "Antiwerbung". Die tendenziöse, polarisierende, von politischen Interessen durchsetzte Programmgestaltung ist nicht mit meinem Gewissen vereinbar. 2. Missachtung diverser Gutachten und einer Dissertation zum Thema, welche die Verfassungsmäßigkeit ernsthaft in Frage stellen 3. Missachtung des Datenschutzes beim Zugriff auf die Daten bei den Einwohnermeldeämtern 4. Werbung/Werbeeinnahmen/Sponsoring widersprechen dem Neutralitätsauftrag der ÖRR 5. Die Zwangsgelder werden unsozial und ungerecht eingetrieben: - Nutzungsunabhängige Zwangsfinanzierung - Fehlende Staffelung zwischen Groß- und Geringverdiener - Viele Firmen oder Selbständige werden doppelt oder sogar vielfach zur Kasse gebeten. Diese Handhabung betrachte ich als Abzocke. - Große Sportveranstaltungen werden extrem teuer eingekauft, obwohl es alternative Lösungen gibt.

6. Verschwenderische und missbräuchliche Verwendung der Einnahmen durch die ÖRR - Völlig überzogene Gehälter und Pensionsansprüche - Korruptionsskandale (z. Bsp. beim KiKa) und Vetternwirtschaft - Der Neubau diverser Anlagen, die dann kaum genutzt werden oder auch generell der Bau überteuerter Studios etc.

2.) Was müsste sich denn beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk verändern, damit Sie den Beitrag zahlen würden? Oder ist das unabhängig vom Programm eine grundsätzliche Entscheidung? Die Reaktionen auf meine Inhaftierung zeigen sehr deutlich, dass der Unmut in der Bevölkerung zur aktuellen Regelung sehr groß ist. Dies dürfte auch den ÖRR längst bekannt sein. Sehr viele Menschen zahlen einfach nur deshalb, damit sie keinen Ärger wegen der Nichtzahlung bekommen. Als erstes müsste deshalb geklärt werden, inwiefern überhaupt Bedarf an der jetzigen Angebotsform besteht. Kann man bei über 20 Fernsehprogrammen und über 60 Radiosendern noch von einer Grundversorgung sprechen? Weiter wäre mir wichtig, dass ich eine Wahl habe. Wenn mich eine Sache überzeugt, bin ich durchaus bereit, freiwillig dafür zu zahlen. Wenn mich die Sache aber nicht überzeugt oder sie mir sogar deutlich missfällt, ist es doch das Mindeste, dass ich sie nicht auch noch kaufen muss. Stattdessen werden aber in der Praxis existenzbedrohende Maßnahmen gegen Nichtzahler angewendet. Die derzeitige Handhabung ist einfach untragbar - nicht nur für mich. Nach den Erfahrungen, die ich nun machen musste, halte ich es für sehr fraglich, mich für diese Sache gewinnen zu können. Sollte jedoch eine Zeit kommen, in der ich mich gerne vor den Fernseher setze/Radio höre und ein politisch unbeeinflusstes, freies Programm geboten bekomme, bei dem auch "das Drumherum" stimmig ist, könnte dies zu einer Änderung meiner derzeitigen Meinung führen. Die aktuelle Entwicklung spricht aber in vielfacher Form dagegen. 3.) Sie haben gesagt, Sie hätten kein Radio und keinen Fernseher. Woher bekommen Sie Ihre Informationen? Mich interessieren oft sehr spezielle Themen, zu denen ich mir entsprechende Literatur besorge. Die oben gemachten Angaben habe ich aus dem Internet und diversen Zeitungen/Zeitschriften. Allein das Internet beinhaltet ein wesentlich vielseitigeres Informationsangebot, als es die Rundfunk- u. Fernsehprogramme bereitstellen könnten. Das liegt ganz einfach an der technischen Entwicklung, die seitdem stattfand. Zu der Zeit, als die ÖRR ins Leben gerufen wurden, waren sie noch außer Konkurrenz. Seitdem hat sich technisch sehr viel verändert. Viele Menschen hierzulande halten die jetzige Form der Zwangsfinanzierung für überholt.

4.) Was wäre Ihr Vorschlag, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren? Oder möchten Sie ARD und ZDF generell abschaffen und nur noch private Medien nutzen? Denken Sie, dass das Angebot bei den Privaten ausreichend gut ist? Natürlich möchte ich Niemandem die Nutzung der ÖRR verwehren. Es steht mir nicht zu, hier andere Menschen bevormunden zu wollen, wie man es bei mir und vielen Anderen versucht. Wenn der Bedarf vorhanden ist, werden sich auch genug Leute finden, die Ihre Angebote freiwillig finanzieren. Es kann jedoch nicht sein, dass man sich ständig rechtfertigen muss, weil man das Angebot nicht nutzen möchte. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich das in aller Deutlichkeit sage, aber die stattfindende Aufdringlichkeit der ÖRR ist in meinen Augen durch nichts zu rechtfertigen. Warum nutzt man nicht die Möglichkeit der Verschlüsselung? Wie oben bereits

angesprochen, gibt es in unserem Medienzeitalter viele verschiedene Informationsquellen als Alternativen.

Anmerkungen von Herrn Dr. Eicher zum Interview mit Frau Baumert Frau Baumert ist der Auffassung, dass sie als Bürgerin frei darüber entscheiden könne, ob bestehende Gesetze eingehalten werden oder nicht. Könnten sich einzelne Bürgerinnen und Bürger aber nach Belieben gesetzlichen Regelungen entziehen, wäre dies mit dem gewachsenen Verständnis von einem funktionsfähigen Rechtsstaat unvereinbar. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat der Gesetzgeber einen eindeutigen Auftrag erteilt: Ein vielfältiges Programm in Radio, Fernsehen und Internet anzubieten. Dafür geben täglich zahlreiche Kolleginnen und Kollegen ihr Bestes. Und genau das ist der Gegenwert des Rundfunkbeitrags. Damit kein Missverständnis entsteht: Es steht jeder Bürgerin und jedem Bürger selbstverständlich frei, den Rechtsweg zu beschreiten und auf diese Weise überprüfen zu lassen, ob ein Gesetz den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Dies ist in der Vergangenheit auch mehrfach geschehen: So wurde die gesetzliche Grundlage des Rundfunkbeitrags inzwischen von zahlreichen Gerichten bis hin zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig überprüft und für rechtmäßig erachtet. Es steht natürlich ebenfalls allen Bürgern frei, ihre Meinung (auch zugespitzt und pointiert) zu gesetzlichen Verpflichtungen oder auch zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu äußern. So hat Frau Baumert selbst diverse Punkte angeführt, über die sich trefflich streiten lässt: Soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch über Werbeeinnahmen finanziert werden? Welcher Anteil soll Sportgroßereignissen im Programm eingeräumt werden? Mit wie vielen Programmen soll der Grundversorgungsauftrag erfüllt werden? Zudem werden entstandene Probleme angepackt: Die Zusammensetzung der Rundfunkräte beispielsweise wurde nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2014 im Sinne einer staatsferneren Besetzung angepasst. Werden gesetzliche Verpflichtungen - wie die Zahlung des Rundfunkbeitrags - aber nicht befolgt, resultieren daraus für alle Bürger klare Konsequenzen. Im Fall von Frau Baumert waren das Vollstreckungsmaßnahmen, die von den dafür zuständigen Behörden vollzogen wurden. Diese handeln auch dann, wenn andere Geldforderungen dauerhaft nicht erfüllt werden. Gleichwohl bedauern wir in diesem Zusammenhang die Konsequenzen für Frau Baumert, die unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Mittel durchaus problematisch erscheinen. Frau Baumert stört sich daran, dass sie keine Wahl habe und für das zahlen müsse, was sie nicht nutzen wolle. Das ist auf den ersten Blick nachvollziehbar, jedoch muss man wissen, dass die Finanzierung und die Grundidee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerade nicht nach dem Muster ausgestaltet sind: Ich zahle nur für das, was ich auch nutze. Nur so ist es nämlich möglich, z.B. Radio-Kulturwellen anzubieten, mit öffentlich-rechtlichen Orchestern als Kulturveranstalter aufzutreten, ein Auslandskorrespondentennetz vorzuhalten oder zielgruppenspezifische Angebote zu machen, wie beispielsweise einen werbefreien Kinderkanal. Dies alles lässt sich nicht durch die Nutzer allein refinanzieren, sondern nur im Rahmen einer Finanzierung durch alle Beitragszahler. Auch Verschlüsselungssysteme hat das Bundesverfassungsgericht für den öffentlichrechtlichen Rundfunk ausdrücklich ausgeschlossen. Das Programm ist an das gesamte Publikum zu richten und hat mit größtmöglicher Vielfalt zu überzeugen. Erst 2014 hat das Bundesverfassungsgericht nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Grundidee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks trotz der immer schnelleren Entwicklung von Kommunikationstechnologien und Medienmärkten weiterhin Bestand hat.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Es ist wichtig, über Qualität, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu diskutieren und auch zu streiten. Es ist auch essentiell, Rückmeldungen zu erhalten, damit sich die Programme stets fortentwickeln und mit Hörfunk, Fernsehen und Internet noch mehr Menschen erreicht werden können. Es kann auch passieren, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mal Fehler macht – auch darüber muss geredet werden. Ein wenig verwundert sind wir darüber, dass Frau Baumert als selbsterklärte „Nichtnutzerin“ des öffentlich-rechtlichen Programms so dezidiert davon überzeugt ist, dass die Programmgestaltung „tendenziös, polarisierend, von politischen Interessen durchsetzt“ sei. Es versteht sich von selbst, dass wir da deutlich anderer Meinung sind und unsere Unabhängigkeit nicht in Frage gestellt sehen. Wir fragen uns auch, ob Frau Baumert im vielfältigen Angebot von Hörfunk, Fernsehen und Internet tatsächlich gar nichts zu finden vermag, was ihren Interessen entspricht? Deshalb möchten wir die Gelegenheit nutzen und Frau Baumert das Angebot unterbreiten, beim Südwestrundfunk selbst mitzuerleben, wie Programm in Hörfunk, Fernsehen und Internet gemacht wird. Vielleicht wäre es so möglich, ihrer Einschätzung über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk weitere Facetten hinzuzufügen und die Dinge auch einmal von der anderen Seite aus zu betrachten. Gern würden wir daher den Versuch unternehmen, nicht nur übereinander, sondern auch einmal miteinander zu reden.

gez. Dr. Hermann Eicher

Anschreiben von Herrn Dr. Eicher an Frau Baumert mit Übermittlung der Anmerkungen zum Zapp-Interview (per E-Mail am 04.05.2016)

Frau Sieglinde Baumert Per E-Mail

4. Mai 2016

Besuch beim Südwestrundfunk

Sehr geehrte Frau Baumert, durch das Interview des Medienmagazins ZAPP haben wir nochmal dezidiert davon erfahren, in welchen Punkten Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisieren. Sie selbst sagen von sich, Sie würden keines der öffentlich-rechtlichen Angebote nutzen und Ihre Informationen vor allem aus dem Internet und aus Zeitungen/Zeitschriften beziehen. Um Ihnen Gelegenheit zu geben, die Dinge auch einmal von der anderen Seite aus zu betrachten, möchten wir Ihnen folgendes Angebot unterbreiten: Wir laden Sie dazu ein, beim Südwestrundfunk selbst mitzuerleben, wie Programm in Hörfunk, Fernsehen und Internet entsteht. Natürlich wissen wir nicht, ob und in welcher Weise Ihnen zeitlich und organisatorisch ein solcher Besuch bei uns z. B. in Mainz möglich wäre. Über die genauen Modalitäten eines solchen Treffens sollten wir uns daher gesondert austauschen, sofern dies für Sie in Betracht kommen sollte.

Mit freundlichen Grüßen

(Dr. Hermann Eicher)

Mail von Frau Baumert an Zapp und Weiterleitung durch Zapp an Herrn Dr. Eicher (10.05.2016)

Sehr geehrte Frau Stadtlich, vielen Dank für die Info! Es ist doch sehr interessant, wie die Dinge sich entwickeln ;) Der Justiziar des SWR kontaktierte mich ebenso wegen dieser Angelegenheit. Mein kurzes Fazit seiner Reaktion: Gleich zu Beginn werde ich kriminalisiert, um am Ende eine freundliche Einladung zu bekommen? Ganz ehrlich... da passt doch etwas nicht zusammen, oder sehen Sie das etwa anders? Wenn ich einen Menschen als kriminell einstufe, dann sehe ich eine Gefahr in ihm und lade ihn sicher nicht ein. Meine Antwort auf die Einladung 1. Ich habe bereits 2mal erlebt, wie die ÖRR arbeiten, was sollte ein gut vorbereiteter Studiobesuch bewirken? Würde ich dort sehen, wohin über 8Mrd. Einnahmen fließen? 2. Was ein Gespräch angeht - geredet/zerredet wurde genug! Die Antwort von Herrn Dr.Eicher zeigt: Es besteht keinerlei Bereitschaft, Millionen Bürgern dieses Landes wirklich zuzuhören und ihre Anliegen ernst zu nehmen! Man kann die derzeit ungerechte Regelung zur Finanzierung der ÖRR nicht verharmlosen oder schönreden. Meine Antwort lautet kurz und bündig: Wo Unrecht zu Recht wird, dort wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht) Ich bitte um Weiterleitung dieser Mail an den Herrn Justiziar des SWR.

Mit freundlichen Grüßen

Sieglinde Baumert

Mail von Herrn Dr. Eicher an Frau Baumert als Antwort auf die weitergeleitete Mail (10.05.2016)

Sehr geehrte Frau Baumert, über die Redaktion von "Zapp" hat mich Ihre Reaktion auf meine Stellungnahme erreicht. Zunächst akzeptiere ich selbstverständlich ohne wenn und aber, dass Sie -zumindest derzeit- mein Besuchs-/Gesprächsangebot nicht annehmen wollen. Nur zur Klarstellung: Mit keinem Wort habe ich Ihr Verhalten "kriminalisiert" (und schon gar nicht sehe ich "eine Gefahr" in Ihnen). Ich habe mir lediglich erlaubt, darauf hinzuweisen, dass in einem Rechtsstaat Gesetze nicht nach Belieben außer Kraft gesetzt werden können. Das Bertold Brecht-Zitat ist mir hinlänglich bekannt. Was "Recht" und was "Unrecht" ist, wird in Deutschland aber immer noch durch Gerichte festgestellt. Wer sich daran nicht hält, hat die Konsequenzen zu tragen. Darauf wird man noch hinweisen dürfen. Da hier keine Strafrechtsnormen betroffen sind, hat das aber -nochmal- mit "kriminellem Verhalten" nichts zu tun. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind allerdings ihrerseits verpflichtet, die gesetzlichen Regelungen zum Rundfunkbeitrag anzuwenden. Wir "verharmlosen" daher nichts und wir "reden auch nichts schön". Mein Ansatz war vielmehr, Ihr Anliegen absolut ernst zu nehmen und darüber mit Ihnen selbst ins Gespräch zu kommen. Es war der Ansatz miteinander und nicht übereinander zu reden. Ich habe aber verstanden, dass Sie darin derzeit offensichtlich keinen Sinn sehen. Schade, aber für mich auch durchaus nachvollziehbar. Mit freundlichen Grüßen Hermann Eicher

Direkte Antwort von Frau Baumert an Herrn Dr. Eicher auf die Anmerkungen zum Zapp-Interview per E-Mail (12.05.2016)

Sehr geehrter Herr Dr.Eicher, vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass wir uns in einer sehr schwierigen Ausgangssituation befinden. Sie sprechen als Justiziar der ÖRR und vertreten die Interessen der Rundfunkanstalten. Auch gilt Ihre Stimme dem Teil der Bevölkerung, der am derzeitigen Finanzierungmodell der ÖRR festhalten möchte. Nach aktuellen Umfrageergebnissen ist dies eine deutliche Minderheit. Ich spreche als Bürgerin dieses Landes, die die aktuelle Regelung zur Finanzierung der ÖRR weder als sozial, noch als gerecht oder demokratisch anerkennt. Dass ich mit meiner Wahrnehmung und Argumentation nicht alleine bin, ist Ihnen sicher auch bekannt. Sie sprechen in der Stellungnahme von einzelnen Bürgern, die sich gesetzlichen Regelungen entziehen würden. Wir sprechen hier aber tatsächlich von Millionen Bürgern, die durch Nichtzahlung der umstrittenen Forderung, ihre Unterschrift bei Petitionen oder auch den Gang vor Gericht sehr deutlich Stellung beziehen. Weitere Millionen Zahler kommen hinzu, die nicht aus Überzeugung, sondern nur wegen dem dahinter stehenden Zwang und aus Angst vor angedrohten Konsequenzen zahlen. Sie sind der Meinung, dass Gerichte über Recht oder Unrecht entscheiden. Es mag hart klingen, aber diese Aussage ist falsch. Richter entscheiden anhand von Gesetzen, die oft per politischer Willensbildung oder Lobbyarbeit etc. entstanden sind. Ob ein Gesetz tatsächlich über Recht oder Unrecht entscheidet, hängt von den Werte- und Moralvorstellungen der jeweiligen Gesellschaftsstruktur ab. In der Regel zeigt erst der Blick in die Vergangenheit, wer der tatsächliche Nutznießer der Gesetzgebung war. Bei dem Umgang mit den Begriffen Recht/Unrecht sowie Gesetz ist also äußerste Vorsicht geboten. Diese gleichzusetzen ist nicht korrekt. Blinde Hörigkeit auf Gesetze oder Anweisungen kann ins blanke Verderben führen, wie gerade die deutsche Geschichte traurigerweise aufzeigt. Sollten wir nichts aus genau dieser unserer deutschen Geschichte gelernt haben? Eine Gesetzgebung, die den Willen der Gesamtbevölkerung permanent negiert, wird mittelfristig zu undemokratische Verhältnisse führen müssen. Von einer Akzeptanz des RBStV kann keine Rede sein. Richterliche Entscheidungen, die in diesem Zusammenhang im Namen des Volkes entschieden werden sollten, werden aber genau von diesem Volk als Unrecht erkannt und bewertet. Die Disharmonie zwischen Gesetzgebung/juristischen Entscheidungen und dem Wille des Volkes sind ganz offensichtlich und nicht länger ignorierbar.

Empörung und Unmut bis hin zu Wut kommen immer deutlicher zum Ausdruck. Auf der Justizebene wird sich das Problem deshalb nicht lösen lassen. Von Akzeptanz der derzeitigen Regelung zur Finanzierung der ÖRR kann auch durch die vielen zahlenden Haushalte nicht die Rede sein. Einzig durch die Androhung harter Bestrafungen lässt sich das aktuelle Modell noch aufrecht erhalten. Wie hart - ja existenzgefährdend die Bestrafung sein kann, habe ich selbst erlebt. "Ich zahle, weil ich zahlen muss. Wenn ich eine Wahl hätte, würde ich NICHT zahlen." - das ist die allgemeine Einstellung, die ich immer und immer wieder höre. Zeigt diese allgemein typische Reaktion nicht auch Ihnen, dass hier über die Köpfe der Menschen einfach hinweg entschieden wurde? Wie lässt sich eine Zwangsabgabe, die lt. aktueller Umfrageergebnissen mehrheitlich abgelehnt wird, mit demokratischen Werten vereinbaren? Sie schreiben, Sie sind dazu verpflichtet, die gesetzlichen Regelungen zum Rundfunkbeitrag anzuwenden. Natürlich steht Ihnen frei, dies zu tun. Inwiefern dies gesellschaftlich jedoch akzeptiert wird (oder eben auch nicht), zeigen die Reaktionen auf meine Inhaftierung und oben aufgeführte Punkte. Wir als Bürger nehmen uns die Freiheit, Ihnen sehr deutlich zu zeigen, dass uns Missbrauch, Verschwendung und politische Einflussnahme durch die ÖRR nicht entgehen. Und gegebenenfalls auch u.a. in diesem Zusammenhang die Zahlung einzustellen. Sie sind am Zuge, diese Missstände zu beseitigen. Sie sind am Zuge, Regelungen einzuführen, die tatsächlich demokratisch sind. Für viele Menschen mit geringen Einkommen sind knapp 20,- sehr viel Geld. Es wäre wirklich wünschenswert, wenn Sie einmal versuchen würden, sich in deren Lage zu versetzen. Genau aus diesen Gründen findet das Zitat von Bertold Brecht hier berechtigt seine Anwendung - ich wiederhole es gerne noch einmal: Wo Unrecht zu Recht wird, dort wird Widerstand zur Pflicht! Abschließend möchte ich noch einmal auf Ihre Gesprächs- und Studioeinladung zurückkommen. Ein Studiobesuch kann und wird die weit gefächerte Problematik nicht lösen. Kann ich den hier begonnenen Mailaustausch als Zeichen betrachten, dass nun nicht weiter zerredet wird, sondern auch Sie bereit sind, den Handlungsbedarf zu erkennen?

Mit freundlichen Grüßen

Sieglinde Baumert

Kleiner Nachtrag: Der vollständigen Veröffentlichung dieser Mail durch das ZAPP- Team stimme ich zu.

Antwort von Herrn Dr. Eicher an Frau Baumert per E-Mail (23.05.2016)

Sehr geehrte Frau Baumert, hiermit möchte ich nochmals auf den mit Ihnen begonnenen Dialog und ihre letzte Mail vom 12.05.2016 zurückkommen. Zunächst sehe ich nicht, dass wir uns in einer „schwierigen Ausgangssituation“ befänden: Sie haben ihre Auffassung zum Rundfunkbeitrag und ich die meine. Dass wir nicht der gleichen Auffassung sind, kommt in einer Demokratie täglich vielfach vor und sollte kein Hindernis, sondern durchaus Anlass für einen vertieften Diskurs sein. Vor allem drei Punkte sind mir nochmals wichtig: 1. Es ist aus meiner Sicht schon sehr erstaunlich, wenn so getan wird, als sei die immense Programmleistung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einfach gar nichts wert. Ich verzichte an dieser Stelle auf eine Aufzählung von Sendungen, Beiträgen und Internetangeboten, die es ohne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einfach nicht gäbe. Lesen Sie dazu doch einmal den „Selbstversuch“ von Karolin Emcke, einer Redakteurin der Süddeutschen Zeitung, die sich 12 Stunden allein dem Programmangebot unserer kommerziellen Konkurrenz ausgesetzt hat. http://www.sueddeutsche.de/politik/kolumne-experiment-1.2972885 2. Ihre Ausführungen zur Einhaltung von Gesetzen in einer repräsentativen Demokratie bleiben für mich nicht nachvollziehbar. Es ist gut und richtig, dass Sie diese Auffassung in unserer Gesellschaft vertreten können. Unsere Rechtsordnung wäre aber schlicht am Ende und nicht mehr funktionsfähig, wenn nicht mehr die Gerichte über Recht und Unrecht zu entscheiden hätten. Den in diesem Zusammenhang von Ihnen gewählten Vergleich zu Gesetzen, die „ins blanke Verderben“ geführt hätten, wie „gerade die deutsche Geschichte in trauriger Weise aufgezeigt“ habe, bitte ich dringend nochmals zu überdenken. Den Rundfunkbeitrag in eine Reihe mit der Gesetzgebung durch die Nationalsozialisten im Dritten Reich zu stellen, ist einfach absurd und außerdem für mich -und vor allem für die vielen Opfer dieses Unrechtsregimes- eine wirklich schlimme Zumutung. Überlegen Sie bitte nochmal genau, ob Sie sich tatsächlich dort einreihen wollen, wo sogar Parallelen zum Holocaust gezogen werden (der Holocaust war legal, der Rundfunkbeitrag ist legal!). Auch mit diesem unsäglichen Vergleich ist man kürzlich an mich herangetreten.

3. Sie schreiben: “Ein Studiobesuch kann und wird die weitgefächerte Problematik nicht lösen“. Das war auch gar nicht unsere Absicht. Wir hätten uns eher vorgestellt, dass Sie z.B. einmal (vielleicht sogar mehrere Tage) die tatsächliche Arbeit in einer Nachrichtenredaktion kennenlernen, um ihre Aussage zu überprüfen, die Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seien von einer „tendenziösen, polarisierenden, von politischen Interessen durchsetzten Programmgestaltung“ geprägt. Wo könnte man sich dazu besser ein Bild machen, als in einer Nachrichtenredaktion? Das Angebot halten wir daher gern aufrecht!

Und schließlich: Natürlich kann ich mich in die Situation eines Beitragszahlers mit wenig Geld hinein versetzen und natürlich weiß ich, dass der Rundfunkbeitrag auch zu sozialen Härten führen kann. Dafür Lösungen zu finden, ohne gleich die Grundidee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über Bord gehen zu lassen, ist allerdings nicht trivial. Das Verständnis für die jeweils andere Seite sollte aber auch keine Einbahnstraße sein: Könnte es nicht auch sein, dass die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für den Preis der Ersparnis von 17,50 Euro pro Monat ein großer Fehler wäre mit erheblichen negativen Rückwirkungen auf unsere Gesellschaft? Ich habe viel dafür übrig, es mit den Abgeordneten des englischen Unterhauses zu halten, die lange Zeit am Ende ihrer Reden stets das Bekenntnis anfügten: „But I could be wrong“. Ich bin bereit, meinen Überlegungen diesen Satz anzufügen. Es wäre für mich interessant zu wissen, ob dies auch für Sie gilt. Mit freundlichen Grüßen Dr. Hermann Eicher

Antwort von Frau Baumert an Herrn Dr. Eicher per E-Mail (24.05.2016)

Sehr geehrter Herr Dr. Eicher, vielen Dank für Ihre Mail. Ich möchte mir die von Ihnen angesprochenen Punkte in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, bevor ich Ihnen antworten werde. Wegen dem großen Interesse am Thema würde ich unseren Austausch gerne veröffentlichen. Schließlich geht es uns alle etwas an. Würden Sie mir hierfür die Erlaubnis erteilen? Dies würde mich sehr freuen. Von Zapp habe ich diesbezüglich leider keine Rückmeldung mehr bekommen.

Mit freundlichen Grüßen Sieglinde Baumert

Antwort von Frau Baumert an Herrn Dr. Eicher per E-Mail (31.05.2016)

Sehr geehrter Herr Dr. Eicher, ich danke Ihnen für Ihre Antwortmail vom 23.05.2016. Es ist mir ein Bedürfnis, erneut einige grundlegende Punkte, die bei Ihren Ausführungen bisher nicht berücksichtigt wurden, anzusprechen. Ich bin kein Einzelfall. Nach aktuellen Umfrageergebnissen sprechen sich knapp 70% der Bevölkerung gegen den derzeitig monströsen Apparat der ÖRR und deren Zwangsfinanzierung aus.Hier besteht eine sehr grundlegende Diskrepanz zwischen dem, was Politik, Gesetz, Justiz und Behörden glauben, fordern zu können und dem, was vom Volk tatsächlich als akzeptabel und tolerierbar anerkannt wird. Es gibt 2 Möglichkeiten, wie zukünftig weiter verfahren wird: 1. Man wird weiterhin ungezügelt unter Anwendung diverser Zwangsmaßnahmen das Geld ohne Rücksicht auf Verluste eintreiben, existenzgefährdende Maßnahmen ergreifen und eventuell sogar gewalttätige Auseinandersetzungen in Kauf nehmen. 2. Man beginnt endlich durch Änderungen im RBStV, Beendigung der Verschwendungssucht und Beseitigung der nachweislichen politischen Einflussnahmen die oben benannte Diskrepanz zu beseitigen oder zumindest zu verringern. Gehen Sie davon aus, dass sich die ablehnende Grundstimmung innerhalb der Bevölkerung ändern wird? Glauben Sie, dass die aktuelle Regelung jemals als gerecht, sozial und demokratisch allgemein anerkannt werden wird, obwohl die Zahl der Kritiker weiter zunimmt? Die Frage, ob auch Sie dringenden Handlungsbedarf erkennen, blieb leider bisher von Ihnen unbeantwortet. Nachdem meine Inhaftierung bekannt wurde, ging ein Ruf der Empörung durch Deutschland und über die Grenzen hinaus durch viele Länder. Ist Ihnen bekannt, dass man trotzdem weiterhin mit dieser erpresserischen Methode versucht, die Gelder einzutreiben? Finden Sie das angemessen? Es ist wichtig, diese Fragen mit den Befürwortern der aktuellen Handhabung zu klären - sie betreffen den Kern des Problems. Nun noch einige Anmerkungen zu Ihren Ausführungen. 1. Die von Ihnen angesprochene Kolumne vergleicht ÖRR und Privatanbieter. Die Kriterien bei der Programmauswahl hängen von Gewohnheiten, Interessen und Neigungen der jeweiligen Zuschauer ab. Ich persönlich empfinde Fernsehen als Berieselung, unabhängig ob ÖRR oder private Programme laufen. Sie selbst sprechen von immenser Programmleistung. Ich spreche von Grundversorgung. Wie lautet die Auftragspflicht, welche die ÖRR lt. Gesetz erfüllen sollen? 2. Mein geschichtlicher Vergleich ist völlig korrekt. Legalität hat nicht zwangsweise etwas mit Gerechtigkeit zu tun. Sie kann Unrecht begünstigen und sogar erzwingen. Das war zu allen Zeiten so und daran hat sich bis heute nichts geändert. Hier sind keine starren Gesetzestexte dienlich, sondern die freiheitlichen Grundwerte als Richtlinie maßgebend.

Es gab immer Vertreter, die diverse Unrechtgesetze verteidigten - auch wenn eindeutig negative Auswirkungen zu beobachten waren. Über meine Erfahrungen und Beobachtungen bei der Rechtsprechung können wir gerne diskutieren. Bis heute konnten mir weder Amtsnoch Landgericht erklären, weshalb bei meinen Beschwerden das BGB nicht angewendet wurde. 3. Ein vorbereiteter Studiobesuch kann niemals den vollständigen Produktionsablauf abdecken. Entscheidend ist, was als Nachricht aus den ursprünglich stattgefundenen Ereignissen gesendet wird. Wie schon früher erwähnt, habe ich bereits meine Erfahrungen gesammelt. Nicht einmal die Zapp-Redaktion veröffentlichte trotz Zusage meinen vollständigen Interviewtext - um nur ein Beispiel zu nennen. 4. Ich habe mich nie für die völlige Abschaffung der ÖRR ausgesprochen. „But I could be wrong“ - irren ist eine sehr menschliche Eigenschaft. Hier geht es aber nicht um richtig oder falsch, sondern um gegenseitige Akzeptanz und Toleranz. Ich nehme Niemandem etwas weg. Ich will nichts von den ÖRR. Was ist daran nicht zu verstehen? Den durch die ÖRR stattfindenden Eingriff in meine Persönlichkeitsrechte dulde ich nicht. Das Programm mögen bitte die Menschen finanzieren, die es für gut befinden und die Angebote nutzen möchten. Zwang kann niemals eine befriedigende Antwort bei dieser Ausgangssituation sein. Gerne greife ich aber Ihre Interpretation des Sachverhaltes auf und frage Sie: Kann es richtig sein, Millionen Menschen wider Willen durch erpresserische Maßnahmen zur Zahlung zu zwingen? Mit dieser Frage beende ich diese Mail und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag.

Mit freundlichen Grüßen Sieglinde Baumert

Antwort von Herrn Dr. Eicher an Frau Baumert per E-Mail (03.06.2016)

Sehr geehrte Frau Baumert, vielen Dank für Ihre weitere Antwort vom 31.05.2016. Gerne antworte ich darauf, denn ich weiß es zu schätzen, dass Ihre Stellungnahme zwar bestimmt in der Sache ist, auf jede Art von persönlichen Angriffen hingegen verzichtet. Das erlebe ich an anderer Stelle durchaus gegenteilig. Zu Ihrer Mail vom 31.05. daher nochmals nachfolgende Anmerkungen von mir: 1. Sie schreiben, dass Sie sich selbst „nie für die völlige Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgesprochen“ hätten. Wenn Sie gleichzeitig schreiben, dass das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks künftig nur noch von denen bezahlt werden soll, die dieses Angebot auch nutzen, dann läuft es jedoch gerade darauf hinaus - auf eine Abschaffung von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Dies wäre dann nichts anderes als „Pay-TV“ und würde gerade nicht mehr ermöglichen, Angebote z.B. auch für Minderheiten zu machen, die sich am Markt nicht refinanzieren lassen. 2. Für die von Ihnen vorgeschlagene Veränderung in Richtung „Pay-TV“ sehe ich explizit keinen Handlungsbedarf: Einerseits würde eine solche Veränderung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (und zwar der des Jahres 2014 und nicht einer Rechtsprechung aus längst vergangenen Zeiten) diametral entgegenstehen. Zudem würde die Medien- und Kulturlandschaft in Deutschland in hohem Maß nachteilig verändert. 3. Alle Vorschläge, die die Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags betreffen, sind selbstverständlich willkommen. So hat z. B. gerade die Partei „Die Linke“ (durch ihren medienpolitischen Sprecher Harald Petzold) einen umfassenden Katalog von Veränderungsvorschlägen vorgelegt, über die zu sprechen sein wird. Ich gehe davon aus, dass „Die Linke“ diese Vorschläge in die Parlamente einbringen wird und damit auf rechtsstaatlichem Wege weitere Veränderungen angestoßen werden. 4. Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen auch die von Ihnen angesprochene Grundversorgung definiert – vermutlich in etwas anderer Weise, als Sie den Begriff verstehen. Dabei hat es ausgeführt, dass Grundversorgung eindeutig nicht als Minimalversorgung zu verstehen ist, sondern die gesamte Angebotspalette in den Bereichen Bildung, Information und Unterhaltung einschließt. Über die konkrete Ausgestaltung der Programmangebote lässt sich natürlich –je nach persönlichen Vorlieben- trefflich streiten, an den gesetzlich definierten Auftrag aber müssen sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten halten. Für den Südwestrundfunk als Beispiel wird im SWR-Staatsvertrag jedes Programmangebot einzeln beauftragt. Der SWR bietet daher nichts –aber auch rein gar nichts- an, was der Gesetzgeber nicht beauftragt hat. Dies alles zusammen ergibt die hohe Programmleistung, von der ich sprach. In diesem Zusammenhang sei auch nochmals ausdrücklich erwähnt, dass die immer wieder vorgetragene These von der Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in das Internet absolut falsch ist. Auch der Auftrag zur Gestaltung von sogenannten „Telemedien“ ist ausdrücklich von der gesetzlichen Beauftragung umfasst. 5. Natürlich kann Ihnen niemand Ihre subjektive Sicht nehmen, Fernsehen sei nichts anderes als „Berieselung“. Mein Fernsehkonsum ist ganz überwiegend auf Information, politische Berichterstattung und Dokumentation gerichtet. In diesem Zusammenhang mag der Hinweis erlaubt sein, dass der Informationsanteil bei ARD und ZDF glatt doppelt so hoch ist wie bei RTL und gar dreimal so hoch wie bei Sat1. Diese Unterschiede einzuebnen, wäre aus meiner Sicht ein kapitaler Fehler.

5. Ihren geschichtlichen Vergleich finde ich nun wirklich nicht „korrekt“. Wollen Sie tatsächlich unseren heutigen Rechtsstaat mit dem Unrechtsregime des Dritten Reiches vergleichen? Darauf sind Sie leider bislang eine Antwort schuldig geblieben. 6. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass es bei unserem Thema um gegenseitige Akzeptanz und Toleranz geht. Ich habe Ihnen gegenüber bereits eingeräumt, dass der Rundfunkbeitrag zu sozialen Härten führen kann, die Lösung dieses Problems aber nicht gerade trivial ist. Umgekehrt kann aber die Lösung des Problems auch nicht darin bestehen, Gesetze und Gerichtsurteile einfach zu missachten und vollständig zu ignorieren, dass es eine grundgesetzlich normierte Rundfunkfreiheit gibt, die bei Ausgestaltung der Rundfunkordnung zu beachten ist. Ich schlage daher vor, dass wir mal abwarten, wie die demnächst zu erwartende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag ausfällt. Ferner werden zum 01.01.2017 einige Änderungen in Kraft treten. Darunter sind gerade auch Verbesserungen, die soziale Aspekte betreffen. Ihnen ist das sicher noch nicht genug, aber Sie sehen, es handelt sich um ein Regelwerk, das durchaus Veränderungen und Anpassungen unterliegt. Schließlich: Auch die Rundfunkfreiheit gehört zu den freiheitlichen Grundwerten und daran hat sich der Gesetzgeber –nach sicher nicht einfacher Abwägung- zu Recht orientiert. Mit freundlichen Grüßen Hermann Eicher

Antwort von Frau Baumert an Herrn Dr. Eicher per E-Mail (12.06.2016)

Sehr geehrter Herr Dr. Eicher, Ihre Antwort vom 3. Juni habe ich dankend erhalten. Ihre einleitenden Worte sind für mich sehr verständlich. Beschimpfungen sind wenig hilfreich und nicht mein Stil. Dennoch drücken diese Äußerungen auf sehr einfache Art eine Meinung aus. Ich hatte Ihnen in meiner letzten Mail eine ganze Reihe Fragen gestellt. Diese wichtigen Fragen blieben leider unbeantwortet. Ich bin gerne zu einem weiteren Austausch bereit, sobald ich auf diese Fragen Antworten erhalte. Ein Dialog, der sehr wesentliche Aspekte ausklammert, macht kaum Sinn. Diese Form der Nichtbeachtung ist mir durch den Schriftverkehr mit den Gerichten bereits sehr vertraut. Ich finde es bedauerlich, wenn dadurch kein konstruktiver Austausch zustande kommt. Mit freundlichen Grüßen

Sieglinde Baumert

Antwort von Herrn Dr. Eicher an Frau Baumert per E-Mail (27.06.2016)

Sehr geehrte Frau Baumert, vielen Dank für Ihre mail vom 12. Juni 2016. Ganz bewusst habe ich nun einige Tage verstreichen lassen. Erstaunt war ich über einige Kommentierungen unseres Schriftwechsels, in denen z.B. von "Kindergartenniveau" die Rede war. Das möchte ich so auch nicht stehen lassen und möchte nochmals betonen, dass es mir um die Sache ging und nicht im Ansatz Motive im Spiel waren, wie sie mir z.B. von Herrn Ketterer unterstellt wurden. Etwas enttäuscht war ich, dass Sie in ihrer letzten mail pauschal in Abrede gestellt haben, dass ich Ihre Fragen beantwortet hätte. Ich wüsste nicht, welche Antwort ich Ihnen schuldig geblieben sein soll. Auch in meiner sonstigen Korrespondenz mit Rundfunkbeitragsgegnern gewinne ich allerdings mehr und mehr den Eindruck, dass jede Antwort, die die vorgetragenen Argumente nicht bestätigt, dann als "Nicht-Antwort" abgetan wird. Dennoch fand ich unseren Austausch wertvoll, weil ich kein anderes Dokument kenne, aus dem sich die unterschiedlichen Auffassungen zu der Thematik so klar ergeben.

Mit freundlichen Grüßen Hermann Eicher

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Versenden einer unvollständigen Mail von Frau Baumert an Herrn Dr. Eicher (29.06.2016)

Danach: Ankündigung einer kompletten Mail von Frau Baumert an Herrn Dr. Eicher zu gegebenen Zeitpunkt per E-Mail (29.06.2016)

Antwort von Frau Baumert an Herrn Dr. Eicher per E-Mail (08.07.2016) Sehr geehrter Herr Dr. Eicher, vielen Dank, dass Sie mir Ihre Gedanken zu unserem Mailaustausch mitteilten. Was die Kommentare angeht - das sind persönliche Meinungen, die ich mal mehr, mal weniger gut nachvollziehen kann. Meines Erachtens nach wäre es sinnvoll, die jeweilige Kommentarfunktion selbst zu nutzen und sich direkt an Ort und Stelle zu äußern. Auch ich habe - genau wie Sie und die anderen Leser - mir ein Bild zum Geschehen gemacht. Nun möchte ich die Gelegenheit nutzen, Ihnen hierzu meine persönlichen Gedanken mitzuteilen. Ich beziehe mich - grob zusammengefasst - in meinen Ausführungen auf die IST - Situation bezüglich der Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung im Verhältnis zu juristischen Entscheidungen zum Thema. Sie beziehen sich - ebenfalls grob zusammengefasst - auf die angebotenen Programminhalte und auf die bisherigen richterlich getroffenen Entscheidungen. Eine Stellungnahme, wie ich über Ihre Argumente denke, erfolgte bereits. Hier nochmals kurz und knapp: Ich nehme mir die Freiheit, bedingt durch wiederholte eigene Erfahrungen und viele Informationen aus Literatur und Internet die Unabhängigkeit der deutschen Justiz ernsthaft in Frage zu stellen. Und ja - inzwischen kann ich nicht mehr von einem deutschen, demokratischen Rechtsstaat sprechen, der unabhängig seine Entscheidungen trifft. Es gibt viel zu viele eindeutige Missachtungen, Deals, Vertuschungen, Ignoranz grob fahrlässige Entscheidungen und Urteile des maroden und kranken Justizapparates. Gesetzesverabschiedungen im Interesse von kleinen Minderheiten seien auch nochmals erwähnt. Die Ihrer Meinung nach gehaltvollen Programminhalte, auf die Sie verweisen, unterliegen persönlichen Vorlieben. Wie ich über Ihre dargelegten Punkte denke, ist Ihnen also bereits aus vorherigen Mails bekannt. Sie schreiben, meine Fragen seien beantwortet. Nun, ich weiß nicht, ob Sie die Antworten irgendwo versteckt haben, aber nirgendwo gab es auf folgende Fragen klare und unmissverständliche Antworten: 1. Gehen Sie davon aus, dass sich die ablehnende Grundstimmung innerhalb der Bevölkerung ändern wird? 2. Glauben Sie, dass die aktuelle Regelung jemals als gerecht, sozial und demokratisch allgemein anerkannt werden wird, obwohl die Zahl der Kritiker weiter zunimmt? 3. Die Frage, ob auch Sie dringenden Handlungsbedarf erkennen, blieb leider bisher von Ihnen unbeantwortet. 4. Nachdem meine Inhaftierung bekannt wurde, ging ein Ruf der Empörung durch Deutschland und über die Grenzen hinaus durch viele Länder. Ist Ihnen bekannt, dass man trotzdem weiterhin mit dieser erpresserischen Methode versucht, die Gelder einzutreiben? Finden Sie das angemessen?

Deutliche Fragen bedürfen deutlicher Antworten, finden Sie nicht auch? Ich bitte Sie, einfach die 4 Fragen durchnummeriert zu beantworten. Ein einfaches Ja oder Nein - mehr bedarf es nicht, damit ich erkennen kann, dass Sie mir wirklich zuhören. Sie sprechen von unterschiedlichen Auffassungen. Doch es geht um sehr viel mehr. Hier geht es um die Beschneidung unserer Grundrechte, die in kleinen Schritten immer verheerendere Ausmaße annimmt. Bereits in bisheriger Korrespondenz mit den Gerichten verwies ich auf mein Recht auf Widerstand - GG Art. 20(4) Daran kann mich niemand hindern. Niemand. Verstehen Sie? Das Fass ist übergelaufen, der Bogen wurde überspannt. Wo Unrecht zu Recht wird, dort wird Widerstand zur Pflicht! Herr Dr. Eicher, trotz der Widrigkeiten möchte ich Ihnen noch etwas mitteilen. Dieser Mailaustausch hier ergab sich mehr oder weniger durch Zufall. Noch vor wenigen Monaten hätte ich diese Möglichkeit nicht einmal in Erwägung gezogen. Jetzt, wo ich erstmalig direkt in Verbindung mit einem recht einflussreichen Mitarbeiter der ÖRR stehe - also mit Ihnen - habe ich versucht, mich in Ihre Position zu versetzen. Vielleicht ist das anmaßend. Ja vielleicht war es auch anmaßend von Ihnen zu behaupten, sich in einen Menschen mit wenig Einkommen hineindenken zu können. Seitdem mir diese Gedanken kamen, bin ich auf der Suche. Auf der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Können Sie ihn entdecken? Mit freundlichen Grüßen Sieglinde Baumert

Antwort von Herrn Dr. Eicher an Frau Baumert per E-Mail (14.07.2016) Sehr geehrte Frau Baumert, vielen Dank für Ihre neuerliche Mail. Beigefügt erhalten Sie meine Antwort. Jetzt sollte jedenfalls der Vorwurf, ich würde auf Ihre Fragen nicht antworten, ausgeräumt sein. Mit freundlichen Grüßen Hermann Eicher [Brief als PDF-Dokument im Anhang]

Inhalt des Briefes: Sehr geehrte Frau Baumert, vielen Dank für Ihre weitere Reaktion auf meine Mail vom 27.06.2016. Es wird sie nicht überraschen, dass ich Ihre Einschätzung hinsichtlich des „maroden und kranken Justizapparates“ nicht teile. Abgesehen davon, dass Sie dafür keinerlei konkrete Belege anführen, ist das sicherlich auch nicht die Meinung des überwiegenden Teils unserer Gesellschaft. Der Hinweis auf „gehaltvolle Programminhalte“ ist auch nicht ein Punkt „persönlicher Vorlieben“. So ist – um nur ein Beispiel zu nennen - Fakt, dass z. B. die Informationsanteile im Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks etwa doppelt so hoch sind wie bei der kommerziellen Konkurrenz. Schließlich kann Ihnen natürlich niemand nehmen, sich auf das Widerstandsrecht nach Art 20 Abs. 4 GG zu berufen. Es würde hier zu weit führen, darzulegen, welche juristischen Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen. Vielleicht nur so viel: Es existieren äußerst enge juristische Grenzen. Das Widerstandsrecht wurde bewusst als Reaktion auf das Unrechtsregime des Dritten Reiches geschaffen. Von solchen Zuständen kann mit Blick auf den Rundfunkbeitrag nun wahrlich nicht gesprochen werden. Im verfassungsgemäßen Rahmen hingegen kann und wird – wie Sie wissen - Widerstand gegen den Rundfunkbeitrag geleistet: So steht es jedem frei, gegen den Rundfunkbeitrag zu klagen. Diverse Beitragszahler haben dieses Recht in Anspruch genommen und gehen diesen Weg durch alle Instanzen. Das ist in einem Rechtsstaat der Weg. Nun zu Ihren konkreten Fragen: 1. Sie beziehen sich im Schwerpunkt nochmals auf die „ablehnende Grundstimmung innerhalb der Bevölkerung“. Nun ist es zunächst einmal Fakt, dass niemand gerne Abgaben zahlt. Wenn Sie eine Umfrage machen würden und danach fragten, ob die Steuern erhöht werden sollen, würden sie wahrscheinlich auch ein klares Ergebnis erhalten, obwohl es gute Gründe geben könnte, sich nicht nach der Mehrheitsmeinung zu richten. Offensichtlich beziehen Sie sich mit der Zahl von 70 Prozent „Ablehnung“ auf den INSAMeinungstrend vom Februar dieses Jahres. Diese Umfrage hatte im Kern die Frage nach den sog. „Ventilwächtern“ zum Gegenstand und war vom Verband der Reifenhersteller in Auftrag gegeben. Festzuhalten ist, dass die Fragen extrem suggestiv gestellt waren. Was soll jemand antworten, dem folgende (wertende und damit manipulative) Antwort zur Auswahl vorgegeben wird: „Solch eine ‚GEZ-Willkür‘ ist eine absolute Unverschämtheit“. Seriöse Meinungsforschung sieht nun wirklich anders aus. Kein Wort auch davon, dass der Beitragsservice (ehemals GEZ) damit überhaupt nichts zu tun hat, weil es sich um Vollstreckungsmaßnahmen von Kommunen handelt, die auch bei der Vollstreckung anderer Forderungen eingesetzt werden. Wenn dann die „Zwangsabgabe“ als „nicht mehr zeitgemäß“

vorgegeben wird, ist das Ergebnis praktisch vorprogrammiert. Uns liegen demgegenüber Umfragewerte vor, die – im Gegenteil – hohe Zustimmung zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk signalisieren. Auch die Nutzung unserer Programme zeigt viel Zustimmung: Laut der Media Analyse ma radio 2016 I der agma (Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse) beispielsweise hören 38 Mio Menschen täglich (!) öffentlich-rechtliche Sender (http://www.turi2.de/aktuell/radio-maantenne-bayernbleibt-staerkster-einzelsender/). Auch die TV-Quoten zeigen, dass öffentlich-rechtliche Fernsehsender von vielen Menschen geschaut werden (http://meedia.de/tv-quoten/heute/). Sogar beim heiß diskutierten Thema, wie viel Fußball im öffentlich-rechtlichen Rundfunk angemessen sei, sagen uns 91 % der Befragten, dass sie sich auch künftig eine Berichterstattung von ARD und ZDF von der Fußball-EM wünschen. 2. Zu den von Ihnen genannten Aspekten des Rundfunkbeitrags kann ich sagen: Ja ich halte die Regelung für sozial, weil es die Möglichkeit der Befreiung gibt, wenn soziale Bedürftigkeit besteht. Ja, ich halte die Regelung für gerecht, weil damit die Finanzierungslast auf alle Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen verteilt ist, ohne einen Verwaltungsaufwand zu verursachen, der völlig unverhältnismäßig wäre. Die Regelung ist zudem in einem demokratisch einwandfreien Verfahren von 16 Landesparlamenten verabschiedet worden. In die Zukunft schauen kann ich nicht, doch weiß ich Eines sicher: Die Kolleginnen und Kollegen von ARD, ZDF und Deutschlandradio arbeiten mit vollem Einsatz für das Programm, um den Beitragszahlern jeden Tag neue, relevante Inhalte zu liefern und sie so von der Qualität und Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu überzeugen. 3. Bereits in meiner Mail vom 03.06.2016 hatte ich klar gesagt, dass ich derzeit keinen Handlungsbedarf sehe. Eine Änderung der Finanzierung hin zu einem Pay-TV-Modell würde dem Grundgedanken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diametral widersprechen. Eine Steuerfinanzierung scheidet aus verfassungsrechtlichen Gründen ebenfalls aus und somit bleiben nicht mehr allzu viele Alternativen zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den Sie ja auch nicht gänzlich abschaffen wollen. 4. Schließlich hatte ich Ihnen bereits geschrieben, dass ich Zweifel an der Verhältnismäßigkeit habe, wenn zur Durchsetzung einer relativ geringen Forderung mit einer Inhaftierung die Abgabe der Vermögensauskunft erzwungen werden soll. Mich würde daher interessieren, welchen konkreten Fall Sie meinen, wenn Sie schreiben, dass „trotzdem weiterhin mit dieser erpresserischen Methode versucht wird, die Gelder einzutreiben“. Andererseits – und auch das hatte ich Ihnen bereits geschrieben - ist klar, dass nicht jeder frei entscheiden kann, ob Gesetze eingehalten werden oder nicht und dass Letzteres Konsequenzen hat. Insofern werden wir an dieser Stelle unsere Standpunkte nicht weiter annähern können. Schließlich fragen Sie nach dem „kleinsten gemeinsamen Nenner“. Da wir in sehr grundsätzlichen Positionen unterschiedlicher Auffassung sind, ist es schwer und leicht zugleich, darauf eine Antwort zu finden: Für mich besteht der kleinste gemeinsame Nenner darin, die Position und die Argumente des jeweils anderen zu respektieren. Auch wenn wir daher inhaltlich in Vielem nicht übereinstimmen, hat für mich dieser Schriftwechsel doch seinen eigenen Wert. Er liegt darin, dass noch nirgendwo sonst die jeweils unterschiedlichen Positionen einmal so klar und deutlich formuliert wurden. Wer diesen Austausch liest, mag sich dann selbst ein Urteil bilden. Mit freundlichen Grüßen Hermann Eicher

Antwort von Frau Baumert an Herrn Dr. Eicher per E-Mail (19.08.2016) Sehr geehrter Herr Dr. Eicher, vielen Dank für Ihre Stellungnahme zu meinen Fragen in Ihrer Mail vom 15.7. Eine Annäherung ist nach wie vor nicht in Sicht. Die berufliche Verbundenheit zwischen Ihnen und den ÖRR lässt vermutlich keine anderen Argumentationen zu, als fast alles Bestehende vorbehaltlos und alternativlos zu verteidigen. Im Folgenden werde ich auf Ihre letzte Mail an mich etwas detaillierter eingehen. Sie leugnen schwerwiegende Probleme innerhalb der Justiz. Es gibt ausreichend Literatur, die Gegenteiliges dokumentiert. Hochaktuell äußerte sich der Polizeigewerkschaftschef Rainer Wendt zum Thema: "...In Deutschland fühlen sich Kriminelle wohl.... Verfahren werden aus ökonomischen Gründen massenhaft eingestellt....". Selbst wenn Gerichte in Strafverfahren Haftstrafen verhängen, heißt das noch lange nicht, dass es tatsächlich zu den gerichtlich entschiedenen Inhaftierungen kommt. Über 100000 Haftbefehle werden laut BKA nicht vollstreckt. Für nicht strafrechtlich verurteilte GEZNichtzahler scheint hingegen immer ein Platz im Gefängnis frei zu sein. Nach welchen Kriterien wird hier verfahren? Diejenigen, von denen keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht, sperrt man als erstes ein? Sind das typische Merkmale eines funktionierenden Rechtsstaates? Die Medien berichten immer wieder über juristisches Versagen, auch aus den Reihen der Justiz selbst gibt es kritische Stimmen. Erinnert sei beispielhaft an Range, Fahsel, Emmely, Rupp, Wörz, Mollath, Edathy, die Leuna-Affäre, die nie vollständig aufgedeckte Spendenaffäre der CDU... Mich würde interessieren, was passieren muss, damit Sie von Justizversagen sprechen. Auch nach meinen eigenen Erfahrungen mit den deutschen Gerichten kann ich beim besten Willen nicht von einem gewissenhaft und zuverlässig arbeitenden Justizsystem sprechen. Bei meiner Erzwingungshaft ging es um einen Geldbetrag von 191,82€. (Davon entfallen allein 24,00€ auf Säumniszuschläge und 6,00€ auf Mahngebühren. Insgesamt sind das 15,64%). In meiner Beschwerde gegen den Haftbefehl gab ich u.a. die fehlende Verhältnismäßigkeit der Mittel an. Die ablehnende Begründung lautete im Beschluss des Amtsgerichtes Bad Salzungen wie folgt: "Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der Inhaftierung in Relation zur Höhe der vollstreckbaren Forderung erfolgt im Erzwingungshaftverfahren nicht. Zweck des Verfahrens ist es, den jeweiligen Schuldner nachhaltig zur Abgabe der Vermögensauskunft zu veranlassen." Der Direktor des Amtsgerichtes Bad Salzungen, Herr Burschel, äußerte sich nach meiner Freilassung wie folgt: "Wie bei jedem Haftbefehl, ist auch bei dem Haftbefehl nach § 802 g ZPO die Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Hätte Fr. Baumert z.B. kleine Kinder zu betreuen gehabt, hätte der Erlass des Haftbefehls unverhältnismäßig sein können." und weiter teilte Herr Burschel mit: ..."Erscheint der Gerichtsvollzieher mit dem Haftbefehl in der Hand vor der Haustür knicken in der Tat die meisten Schuldner ein und erteilen die geforderte Vermögensauskunft. Sie stellen ihre persönliche Freiheit über die Preisgabe von persönlichen Daten."... Schon hier zeigt sich die Arbeitsweise von Justitia. Einschüchterung und Erpressung durch Haftandrohung gehören zum ganz normalen Alltag bei Gericht, da sich diese Methode als sehr erfolgreich erwies. Hier wird frei nach dem Motto - die Angst vor Haft wird siegen - gearbeitet.

Doch kann man unter solchen Bedingungen, wenn mit der Angst der Menschen im wahrsten Sinne des Wortes gespielt wird, von fairen Methoden sprechen? Inzwischen liegt ein Haftbefehl bei der alleinerziehenden Mutter Frau Kathrin Weihrauch wegen nicht gezahlter Forderungen des RBB vor. Sebastian Kronenberg-Zeidler wurde mittels ausgestelltem Haftbefehl im Auftrag des WDR erpresst. Mir ist kein Fall bekannt, bei dem ein Haftbefehl wegen fehlender Verhältnismäßigkeit in Verbindung mit den ÖRR nicht ausgestellt wurde. Können Sie mir einen solchen Fall in Verbindung mit GEZ-Forderungen benennen? Schauen wir uns die Daten in meinem Haftbefehl selbst einmal genauer an. Der Antrag auf Erlass des Haftbefehls wurde nachweislich vom Landratsamt Bad Salzungen in Auftrag gegeben. Weder im Haftbefehl selbst noch in dessen Aufhebung erscheint der MDR als Gläubiger. Nachdem ich Beschwerde eingelegt hatte, behauptete das Landgericht Meiningen unter einer wahrlich haarsträubenden Begründung, das Landratsamt Bad Salzungen sei der rechtmäßige Gläubiger. Doch für die Öffentlichkeit nahm der MDR den Antrag auf Erlass des Haftbefehls zurück. Wie kann das sein, wenn lt. Landgericht Meiningen der MDR keine Gläubigerstellung inne hatte? Diese unübersehbaren formalen Fehler führen in anderen Fällen zur Einstellung von Verfahren - wenn z.Bsp. ein Fax einige Sekunden nach Mitternacht minimal unpünktlich bei Gericht eintrifft. Dass ich der Vermögensauskunft nicht unentschuldigt fern blieb, wurde von gerichtlicher Seite mehrfach verleugnet. (Ich hätte noch mehr Details zu berichten, die belegen, wie unsere Gerichte hinter verschlossenen Türen arbeiten, doch das würde den Rahmen sprengen.) Hier wird ganz offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen. Die deutsche Justiz ermöglicht alles - ohne jede Logik, Sachlichkeit, oder gar fundierte rechtliche Grundlagen. Ich bin kein Einzelfall, damit kann man sich nicht herausreden. Geht es um die Eintreibung der GEZ-Zwangsgelder, arbeiten die Behörden ohne Erbarmen zusammen. Bei einem älteren Herrn, der nicht namentlich genannt werden möchte, reicht seine Rente kaum aus, um die laufenden Kosten zu decken. Die Rentenkasse berücksichtigte keinerlei Grundversorgung des Rentners und zog den zu pfändenden Betrag lt. Aussage des Betroffenen ein. Einzelfälle?!?! Davon gibt es leider viel zu viele.... http://www.nw.de/lokal/kreis_minden_luebbecke/huellhorst/huellhorst/20882090_GEZ-drohtschwer-behinderter-Frau-mit-Zwangsvollstreckung.html Ich bin ehrlich gesagt entsetzt, dass Sie hier keine sozialen Ungerechtigkeiten erkennen können oder wollen. Wie erniedrigend und demütigend muss es gerade für Rentner sein, die viele Jahre berufstätig waren, nun als Bittsteller für eine Befreiung der GEZ (ich verwende weiter GEZ, da BeitragsSERVICE gezielt verharmlosend wirkt) aufzutreten. Haben Sie darüber einmal nachgedacht? Eine ganze Reihe weiterer Fälle, in denen im Vollstreckungsverfahren standardmäßig mit Haft gedroht wird, sind mir bekannt. Diese alle aufzulisten würde zu weit führen. Ich gehe davon aus, dass Sie selbst die Möglichkeiten besitzen, sich umfassend darüber zu informieren. Ich bin sehr erbost darüber, dass man selbst bei Alleinerziehenden nicht vor Inhaftierungsmaßnahmen zurückschreckt. Man stelle sich folgende Schlagzeilen, auch über unsere Landesgrenzen hinaus, vor: "Alleinerziehende Mutter in Haft, weil sie Fernsehzwangsbeitrag nicht zahlte! Kind musste ins Heim! Gewaltverbrecher weiter auf freiem Fuß - das ist Deutschland!" Früher Utopie, heute nackte Realität. Sollte ich mich wundern, warum mein Fall mit einer Inhaftierung endete? Nein, mich wundert hier schon lange nichts mehr. Denn die ÖRR genießen unumstritten Privilegien. Immer wieder gibt es Versuche, von einer Wohneinheit mehrmals die GEZ einzutreiben. Dass ein Haustier oder auch nicht mehr existente Firmen eine Zahlungsaufforderung bekommen, kann schonmal

vorkommen. Alles normal. Für die Betroffenen bedeutet das Bürokratie, sich dieser penetranten Aufdringlichkeit zu erwehren. Das ist nicht nur versuchter Diebstahl von Geld (um nicht zu sagen versuchter Betrug), sondern auch Diebstahl von unserem kostbarsten Gut überhaupt - unserer Lebenszeit. Die Fehlerursachen bei der GEZ zu beheben, das wird nicht in Erwägung gezogen. Sie sprechen von einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand dieser wurde auf dreiste Weise auf die Bevölkerung umgelegt. Warum werden beispielsweise nicht automatisch über die Rentenkassen und die Jobcenter Freistellungen bei entsprechend niedrigen Einkommen an die GEZ weitergeleitet? Datenschutz ist keine Begründung, der wurde schon bei der Ermittlung sehr persönlicher Daten über die Einwohnermeldeämter außer Kraft gesetzt. Die fehlenden demokratischen Grundsätze, die bei der Vorgehensweise unumstritten sichtbar werden, kann man natürlich auch verleugnen. Der erhobene Zeigefinger wird von den ÖRR gerne nach außen gerichtet, doch wie schaut es mit der Fähigkeit zur Selbstkritik aus? Inwiefern kommen die ÖRR in eigener Sache ihrer Informationspflicht nach? Sind mehr als 4 Millionen GEZ-Nichtzahler es nicht wert, ausgiebig über die Problematik zu berichten? Wie hoch die Akzeptanz der ÖRR in der Bevölkerung tatsächlich ist, können weder Statistiken noch Quotenhochrechnungen sicher aussagen. Verschlüsselung der Programme gibt die Antwort, dann wird der tatsächliche Beliebtheitsgrad der ÖRR ersichtlich. Ich verstehe nicht, warum Sie sich dagegen aussprechen, wenn Sie von der Zufriedenheit und reichhaltigen Nutzung der ÖRR so nachhaltig überzeugt sind. Sie vergleichen die Zwangsbeiträge/Gebühren mit Abgaben und Steuern. Steuerausgaben kann ich durchaus steuern. Doch wie sieht es bei der GEZ aus? Es wäre wirklich wünschenswert, wenn die Entscheidungsträger bei den ÖRR sich nicht nur mit dem Geld ausgeben beschäftigen würden. Wird man bei den ÖRR jemals bereit sein, genauer hinzuschauen, wo all die netten Milliarden herkommen, die diese Verprasserei ermöglichen? Nun einige Gedanken zu den Informationsinhalten. Was bedeutet Information? Man kann - je nach individuellen Vorlieben und Interessen, eine Aussage auf sehr verschiedene Weise interpretieren. Über Sachlichkeit, Wahrheitsgehalt, Seriosität, Wertungen, Behauptungen, Selbstdarstellungskünste, Schleichwerbung etc. ließe sich vortrefflich streiten. Darum geht es aber nicht. Es geht darum, dass ich selbst in freier Entscheidung wähle, für welche Informationsdienste ich wieviel Geld ausgeben möchte. Es geht um den Zwang in einer Sache, die nun wirklich nicht überlebensnotwendig ist! Egal, wie oft Sie noch versuchen, vom Zwang weg auf die Programminhalte zu lenken - das ist nicht der Diskussionspunkt. Hier geht es um unsere Grundrechte, unsere Entscheidungsfreiheit in Sachen Meinungsbildung. Sie vertreten die Ansicht, das von mir benannte Umfrageergebnis mit den Suggestivfragen sei unseriös. Ich verstehe Ihre Begründung der Beeinflussung durch die Fragestellung durchaus. Mich würde interessieren, auf welche Umfrageergebnisse Sie sich berufen. Mir sind klare positive Ergebnisse im Sinne der ÖRR nicht bekannt. Auch hier wären Auftraggeber, Fragestellung und befragter Personenkreis genauer anzuschauen. Wenn Kritik über die ÖRR dokumentiert wird, wird verharmlost, verleugnet, glattgebügelt, von Einzelfällen gesprochen. Die von Ihnen angegebene große Akzeptanz der ÖRR sollte ermöglichen, dass genau diese Nutzer, die mit Ihrem Angebot zufrieden sind, dieses auch bereitwillig zahlen. Und wer sportliche Großereignisse gerne über die ÖRR anschauen möchte, der sollte dafür wegen der enormen Zusatzkosten nochmals bereitwillig extra tief in die Tasche seines eigenen Geldbeutels greifen und dieses Angebot durch Sonderzahlungen stützen, nicht aber Personengruppen zwingen, die dieses Geld gar nicht übrig haben, es anderweitig verwenden möchten oder ganz einfach ansparen wollen. Wer passiven Sport über die ÖRR als Hobby pflegt, den möchte ich daran nicht hindern. Kurz gesagt - Angebot und Nachfrage bestimmen, wieviele Gelder den ÖRR zur Verfügung stehen. Wer zufrieden ist, der

wird auch zahlen, viele zufriedene Zuschauer bringen viel Geld in die Kassen. Das ist ein ganz einfaches, logisches Prinzip. Da gibt es nichts zu diskutieren, das ist ein Fakt. Aber weiß die Mehrheit der Nutzer, wieviel der Einnahmen in Pensionsansprüche und nicht in Programminhalte fließen? Folgende Grafik von der ARD lässt diese Information vollständig außen vor: http://winfuture.de/infografik/15245/Wohin-die-1750-Euro-Rundfunkbeitragfliessen-1466075180.html Wer entscheidet, welche Informationen zurückgehalten werden und welche Angaben an die Öffentlichkeit gelangen dürfen oder sollen? Stellen Sie sich vor, Sie sollen die Kosten von Ihrer Meinung nach fragwürdigen Informationen durch direkte Zahlung - notfalls Zwangsmaßnahmen an Ihrem Eigentum - mitfinanzieren. Genau das Monat für Monat, Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt. Viele Tausende Euro würden Sie für etwas ausgeben, das in Ihren Augen einfach nur ablehnenswert erscheint oder Sie nicht interessiert. Nochmal: Es geht hier um unsere Entscheidungsfreiheit, wie wir uns informieren wollen. Das ist keine persönliche Forderung von mir, sondern fest im Grundgesetz verankert. Dieses Recht muss ich nicht einklagen. Das Grundrecht lt. GG Art. 20/4 wird man uns niemals freiwillig gewähren. Wir sind inzwischen in einer Zeit angekommen, bei der man durch Nichtzahlung eines politisch gesteuerten Mediums seiner finanziellen Existenzgrundlage beraubt werden kann und wie ein Krimineller in Haft genommen wird. Echte Straftäter kommen im Gegenzug oft ungeschoren davon. Wenn Gesetzgeber, Justiz und Nutznießer dieses Prozedere auch noch als demokratisch bezeichnen, diese Vorgehensweise unterstützen, ist es allerhöchste Zeit, die Notbremse zu ziehen und sich der diktatorischen Zustände zu erwehren. In einer Demokratie hat man eine freie Wahl, die Möglichkeit der freien Entscheidung. Davon kann hier wahrlich nicht die Rede sein. Wer glaubt, man würde von behördlicher Seite jemals eine Einwilligung für die Wahrung unserer freiheitlichen Rechte bekommen, der lebt in einer Traumwelt. Hier muss ich wiederholt auf die Geschichte verweisen. Es war IMMER der Rückblick, der eine verurteilende Sicht auf die Vergangenheit warf. Oder können Sie mir etwas Gegenteiliges angeben? Mögen sich die Leser ihre eigene Meinung bilden - in diesem Punkt sind wir uns einig.

Mit freundlichen Grüßen Sieglinde Baumert

PS: Obwohl zwischen uns große Diskrepanzen bestehen, wir verschiedene Werte- und Moralvorstellungen besitzen, gibt es einige Grundregeln, an die ich mich prinzipiell halte. Ich wurde nach Ihrer Mailadresse gefragt. Diese gebe ich nur mit Ihrer Einverständnis weiter und bitte Sie hiermit um Ihr Einwilligung.

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