SCHNELLER ALS. Meine erste Fahrt mit einem Wiesmann

FASZINATION SCHNELLER ALS WIESMANN GT MF5 Das schwarze Monster mit dem Gecko im Wappen krönt 20 Jahre Sportwagenbau: Mit noch teuflischeren Fahrleist...
Author: Angela Krüger
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FASZINATION

SCHNELLER ALS WIESMANN GT MF5 Das schwarze Monster mit dem Gecko im Wappen krönt 20 Jahre Sportwagenbau: Mit noch teuflischeren Fahrleistungen bei verglichen mit der Konkurrenz moderatem Gewicht. Wir genossen den Ritt auf der Kanonenkugel.

FOTOS: RICHARD MEINERT

M

eine erste Fahrt mit einem Wiesmann werde ich nie vergessen. Das Ziel war Hockenheim, es herrschte wenig Verkehr auf deutschen Autobahnen, ich war in Zeitnot, es regnete in Strömen. Spektakulär flutete dichte Gischt praktisch auf Augenhöhe aus den vorderen Radkästen, hämmernd untermalt vom Bass des damaligen 3,2-Liter-Reihensechszylinders mit 325 PS des BMW M3. Der Roadster begeisterte auch bei hohen Geschwindigkeiten mit fantastischem

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Nasshandling und herausragender Haftung. Sein Gewicht betrug damals weniger als 1200 Kilo. Inzwischen ist auch bei Wiesmann alles etwas opulenter geworden, ohne jedoch von der ursprünglichen Firmenphilosophie abzurücken. Die Sportwagenmanufaktur der Brüder Friedhelm und Martin Wiesmann, die ihren Fahrzeugen auch mit ihren Initialen MF als Typenbezeichnung ihren Stempel aufdrücken, verfolgt nach über 750 produzierten Roadster- und 250 GT-

Modellen noch immer dieselben Ziele: bestmögliche Performance durch konsequente Leichtbauweise und die verlockende Kombination von ausgereifter BMW-MTechnik mit maximaler Individualität. Das gilt besonders für das neue Topmodell GT MF5. Wie jeder Wiesmann wird er im westfälischen Dülmen in der neuen gläsernen Manufaktur mit der übergrossen Gecko-Skulptur auf dem Firmendach komplett von Hand gebaut und nach Kundenwunsch individuell ausgestattet.

SEIN SCHATTEN

Das tief am Boden kauernde Chassis ist ein genietetes und geklebtes Alu-Monocoque. Die hinten wegen der optionalen 20-Zoll-Räder verbreiterte und für mehr Abtrieb im Hochgeschwindigkeitsbereich geflügelte Karosserie im unverkennbaren Wiesmann-Design mit fast barocken Rundungen besteht aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Daraus resultieren fitte 1380 Kilo Kampfgewicht, zumal innen trotz Luxusambiente auf allzu viel unnötigen Wohlstandsballast verzichtet wird.

Dafür wird beim Antrieb aus dem Vollen geschöpft. Unter der wohlgerundeten, unendlich langen Motorhaube, hinter der Vorderachse als Front-Mittelmotor positioniert, sitzt ein Gigant: Der FünfliterV10 aus dem aktuellen BMW M5. 507 PS Leistung bei 7750/min bedeuten über 101 PS pro Liter. Ergänzt wird er durch das SMG-7-Gang-Getriebe aus dem M5, der dem deutschen Exoten definitiv Flügel verleiht. Wer das herausragende Beschleunigungspotenzial des annähernd

zwei Tonnen schweren M5 einigermassen zu kennen glaubt, kann sich die Kraftreserven des Wiesmann GT MF5 ansatzweise ausmalen. Laut Werksangabe soll er den Paradesprint auf Tempo 100 in 3,9 Sekunden bewältigen, was wir uns bei optimalen Rahmenbedingungen und viel Grip durchaus vorstellen können. Wir schafften 4,4 Sekunden. Der viel diskutierte Stammtischwert ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Nach 13,3 Sekunden ist der MF5 200 km/h 11/08 auto ILLUSTRIERTE 165

schnell. Nach einem Kilometer Fahrstrecke spuckte unser Messcomputer ein Tempo von 251 km/h aus! Da müssen sich auch startende Düsenjäger sputen. Mindestens so aufregend wie die brachiale, von Donnergrollen aus zwei zentralen Auspuffrohren nach Kundenwunsch begleitete Beschleunigungsorgie ist das ausserordentlich gute Handling. Sportfahrer, die es mögen, mit dem Popometer tief in sportlichen Sitzschalen zu sitzen und die auch mit der natürlich mässigen Übersicht klarkommen, werden am GT MF5 ihre helle Freude haben. Das zu den bisherigen Modellen von Wiesmann nochmals stark überarbeitete Fahrwerk, die trotz V10 sehr ausgewogene Gewichtsverteilung, ein minimaler vorderer Überhang und wirksame Massnahmen, um dem Kraftpaket mit maximaler Traktion zu begegnen, sind die Erfolgsformel. Wer sich mit dem Dampfhammer eingeschossen und die volle Motorkraft mittels Sport-Taste aktiviert hat, erlebt Fahrfreuden ungeahnter Dimension, wobei öffent166 auto ILLUSTRIERTE 11/08

liche Strassen für einen Überflieger dieser Währung insbesondere in der Schweiz definitiv der falsche Ort sind. Wir empfehlen für den persönlichen Seelenfrieden regelmässige Abstecher auf die Nordschleife. Dort ist der Auslauf exakt richtig. Und in der Eifel gibt es auch genügend erschwingliche Ferienhäuser, zumindest für Wiesmann-Besitzer. Dort werden sie das Potenzial und die Perfektion des deutschen Supersportlers lieben lernen. Der MF5 lenkt bei korrektem Eingangstempo messerscharf ein, wie man es sonst nur von Formel-Rennwagen kennt. Kurven umrundet er auf höchstem Niveau, fast neutral und immer gut beherrschbar. Auf Lastwechsel reagiert er dabei kaum. Die Traktion ist zumindest im Trockenen hervorragend. Dafür sorgen die beim Testwagen von Dähler montierten 20-ZollRäder, ein serienmässiges Sperrdifferenzial sowie ein Diffusor und Heckflügel als aerodynamische Hilfen bei speziell schnellen Biegungen. Aber auch aus langsamen Kurven heraus ist der Wiesmann kein Biest,

HERAUSRAGENDE INDIVIDUALITÄT Das mit viel Liebe zum Detail und einer Prise Retrolook komponierte Interieur reektiert den exotischen, aber irgendwie vertrauten Charakter der atemberaubenden Aussenhaut.

TECHNISCHE DATEN WIESMANN GT MF5 Preis ab Zyl./Hubraum Leistung Drehmoment 0 bis 100 km/h Spitze Norm-Mix (MVEG) MOTOR Bohrung x Hub Verdichtung Nockenwellen Ventile pro Zyl. Motorkonzept

Fr. 278 900 V10/4999 cm3 373 kW/507 PS bei 7750/min 520 Nm bei 6100/min 3,9 s 310 km/h 14,8 l/100 km, Benzin

92 x 75,2 mm 12:1 2x2 (Kette), VVT-Verstellung 4 Sauger, Saugrohreinspritzung

KRAFTÜBERTRAGUNG Antrieb Hinterrad Fahrdynamikhilfen ESP, Sperrdifferenzial Getriebe/Gangzahl automatisiert/7 (Wippenschaltung) 1000/min 7. Gang 38,7 km/h

ÜBERLEGENE PERFORMANCE Das brachiale Antriebspaket aus dem BMW M5 paart sich im MF5 mit ausgewogener Gewichtsverteilung, optimierter Aerodynamik und maximalem Grip.

FAHRWERKSKOMPONENTEN vorne Federbeine, Dreiecklenker, Stabi hinten Längs- und Querlenker, Schraubenfedern, Stabilisator Bremsen 4 gel. Compound-Scheiben, ABS Lenkung Zahnstange, hydraulische Servo Wendekreis 11,5 m Räder (Alu) v. 8,5 x 19", h. 10 x 19" Reifen v. 245/40 ZR 19, h. 275/35 ZR 19 KAROSSERIE Türen/Plätze Länge/Breite/Höhe Radstand Kofferraum/Tank Gewicht/Zuladung Leistungsgewicht

2/2, Kunststoffverbund, Aluchassis 430/195/117 cm 250,5 cm 250/70 l 1380/300 kg 2,7 kg/PS

EMISSIONEN CO2-Ausstoss

357 g/km

VERBRAUCH IM TEST L/100 KM Durchschnitt 17,4 Min./Max. 13,8/19,5 BESCHLEUNIGUNG IM TEST 0 bis 80 km/h 0 bis 100 km/h 0 bis 120 km/h 0 bis 160 km/h 0 bis 200 km/h Die rasende Kultbüchse macht 0 bis 220 km/h optisch mehr her als jedes Desi400 m mit stehendem Start gner-Handtäschli. Als stille Fahr1 km mit stehendem Start liebe auch Männern über dreis-

die weichen Michelin krallen sich mustergültig im Asphalt fest. Das gilt auch beim Bremsen, wo riesige belüftete und gelochte Scheiben selbst bei lang anhaltender, scharfer Fahrweise für Standfestigkeit sorgen. Einzig im Nassen ist im Umgang mit der enormen Leistung höchste Vorsicht geboten. Aber über allem wacht ja im Rahmen der Physik die Elektronik mit dem zurückhaltend, effizient agierenden DSC. So nah am Rennsport sich die Fahrdynamik präsentiert, so verwöhnt wird der Wiesmann-Kunde von sinnlichen Reizen, 168 auto ILLUSTRIERTE 11/08

von Individualität und von dem sogar langstreckentauglichen Reisekomfort. Die mittig platzierte Armatureneinheit allein ist schon ein Gedicht, ein Kunstwerk – obwohl die grossen Rundinstrumente nur schlecht ablesbar sind. Die edel gepolsterten Sitze bieten maximales Wohlfühlambiente für Augen und Rücken. Sogar der Kofferraum unter der Heckklappe ist alltags- und ferientauglich. Da freuen wir uns auf den Roadster MF5, der am Salon Genf 2009 Premiere feiern soll. f STEFAN LÜSCHER

3,5 s 4,4 s 5,8 s 9,0 s 13,3 s 16,0 s 12,4 s 22,0 s

ELASTIZITÄT sig dienlich, IM da TEST frivol-gelenk und billig Unterhalt. 80 bis im 120Ankauf km/h im und 6. Gang Indes keine Porsche-Alternative. 80 bis 120 km/h im 7. Gang

5,3 s 7,6 s

BREMSWEG (100–0 KM/H) IM TEST Min./Max.

34/38 m

OPTIONEN TESTWAGEN Cargrac Radsatz 9,5/11,5 x 20" mit Reifen 265/30 und 305/25 (Michelin Pilot Sport) Alu-Kühlergrill verchromt Sonderleder Vertrieb: www.daehler.com

Weitere Bilder online www.auto-illustrierte.ch

Fr. 7400 Fr. 1300 Fr. 2920