Schnelle Hilfe bei Reklamationen

Schnelle Hilfe bei Reklamationen Schritt für Schritt zum zufriedenen Kunden Wiebke Wetzel | Kundenzauberin | Customer Experience Training Sofienstras...
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Schnelle Hilfe bei Reklamationen Schritt für Schritt zum zufriedenen Kunden

Wiebke Wetzel | Kundenzauberin | Customer Experience Training Sofienstrasse 7 | 69168 Wiesloch +49 (0) 173 682 1295 | [email protected] wiebke-wetzel.de (Deutsch) & wiebke-wetzel.com (Englisch)

Inhalt

Keine Panik! Eine superkurze Einleitung ..………………………………………………………………………………………. 2 Schritt 1: Übernehmen Sie Verantwortung ……………………………………………………………………………………… 3 Schritt 2: Was ist passiert? …………………………………………………………………………………………………………….. 4 Wie haben Sie spontan reagiert? …………………………………………………………………………………….………… 5 Schritt 3: Verstehen Sie die Gefühle Ihres Kunden ………………………………………………………………………….. 7 Schritt 4: Was sind die Folgen für Ihren Kunden? ……………………………………………………………………………. 8 Schritt 5: Was ist die Ursache für das Problem? ……………………………………………………………………………… 9 Zusammen mit dem Kunden die Ursache finden ………………………………………………………………………. 10 Schritt 6: Was erwartet Ihr Kunde? …………………………………………………………………………………………….… 11 Was machen, wenn Sie die Erwartungen nicht erfüllen können? …………………………………………….… 12 Garantie und Gewährleistung: rechtliche Grundlagen bei Beschwerden …………………………………….…… 13 Schritt 7: Was ist Ihre Grenze? ………………………………………………………………………..……………………………. 14 Schritt 8: Sprechen Sie mit dem Kunden ………………………………………………………………………………………. 15 Tipps für das Gespräch ……………………………………………………………………………………………………………. 16 Nach dem Gespräch ……..………………………………………………………………………………………………………… 18 Nicht verzweifeln! Mein Angebot an Sie …………………………………………………………………………………… 19 Schritt 9: Der Lösungsplan ………………………………………………………………………………………………………….. 20 Es gibt keine Lösung ……..………………………………………………………………………………………………………. 20 Unberechtigte Beschwerden ……..…………………………………………………………………………………………… 21 Hindernisse treten auf …………………………………………………………………………………………………………… 21 Schritt 10: Der Abschluss ……………………………………………………………………………………………………………… 22 Seite 1!

Keine Panik! Ein Kunde hat sich bei Ihnen beschwert und Sie wissen nicht, was tun. Dann sind Sie auf diesen Kurs gestossen und haben ihn kurz entschlossen gekauft. Vielen Dank für Ihr Vertrauen! In diesem Arbeitsheft leite ich Sie Schritt für Schritt durch die Bearbeitung der Beschwerde. Nehmen Sie sich mindestens eine Stunde Zeit, alles andere ist jetzt unwichtig. Wenn Sie jetzt gerade wirklich nicht können, dann blockieren Sie sich heute oder spätestens morgen eine Stunde in Ihrem Kalender und schreiben Sie Ihrem Kunden eine kurze E-Mail oder SMS, wann Sie sich um seine Beschwerde kümmern werden. So viel Zeit muss jetzt sein. Es sei denn, Sie haben zu viele Kunden und wollen gerne einen los werden. Der Kurs beginnt mit einem Video . Schauen Sie es an, bevor Sie mit dem Arbeitsheft starten.

Dies ist … … kein Buch über Kundenkommunikation. Ich werde nicht die theoretischen Hintergründe dessen beschreiben, was ich Ihnen empfehle. Denn hier geht es darum, die vor Ihnen liegende Beschwerde jetzt sofort zu lösen, damit Sie nicht den Auftrag und vielleicht sogar mehr verlieren. Dafür gebe ich Ihnen eine Schritt für Schritt Anleitung an die Hand. Zu den Hintergründen der Kommunikation mit Kunden bei Reklamationen finden Sie Material in meinem Blog www.wiebke-wetzel.de/umgang-mitbeschwerden. Und vielleicht eines Tages in einem Buch von mir — wer weiß? Dies ist auch kein Buch darüber, wie Sie in Ihrer Firma ein Beschwerdemanagement aufbauen. Wenn Ihre Firma wächst und Sie bei immer mehr Kunden auch immer mal wieder Beschwerden erhalten, dann kommen Sie mit diesem Kurs an Ihre Grenzen. Dann empfehle ich Ihnen einen Workshop mit mir, in dem wir das Beschwerdemanagement für Ihre Firma konzipieren.

Begriffe, die ich verwende er/ sie

Der besseren Lesbarkeit willen verzichte ich auf das Binnen-I oder * und schreibe auch nicht von Kundinnen und Kunden. Ich meine immer beide Geschlechter.

Beschwerde

Immer, wenn Ihr Kunde sich unzufrieden über etwas äussert, das Sie gemacht, gesagt oder geschrieben haben.

Reklamation

Die Ware oder Dienstleistung, die reklamiert wird, ist aus der Sicht des Kunden fehlerhaft. Das heißt, gewisse zugesicherte oder zu erwartende Eigenschaften, die der Kunde braucht, sind nicht vorhanden. 
 Reklamation ist ein juristisch definierter Begriff, Beschwerde nicht.

Kunde, Klient, Mandant

Meint alles das gleiche, wird aber in jeder Branche anders genannt. Ich bleibe für diesen Kurs bei „Kunde“. Ihr Kunde kann ein Konsument sein (B2C) oder Mitarbeiter einer Firma (B2B), oder einer staatlichen oder gemeinnützigen Organisation. Dieser Kurs geht vor allem auf B2B-Kunden ein, da deren Beschwerden oft sehr komplex sind. Vieles können Sie auf die anderen Kundengruppen übertragen.

Produkt

Die Ware oder Dienstleistung, die Sie verkaufen.

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Schritt 1: Übernehmen Sie Verantwortung Eine Beschwerde ist eine unangenehme Situation, vor allem für Selbstständige und Gründer. Sie fühlt sich an, wie ein Angriff auf Sie, auf Ihre Arbeit und Ihr Wissen. In einer solchen Situation schalten wir unvermittelt um auf ein evolutionär erprobtes Programm: Angriff oder Flucht. Gedanken wie Dafür kann ich doch nichts. Das kann gar nicht sein.
 Das lasse ich mir nicht gefallen! kommen hoch. Manche sprechen sie in der Überraschung sogar aus. Vor allem, wenn sie keine Erfahrung mit Beschwerden haben und nie gelernt haben, wie sie damit umgehen. Allen diesen Gedanken ist eins gemeinsam: Sie weisen die Verantwortung von sich. Wenn Sie das machen, dann werden Sie die Beschwerde nicht mit all der Energie angehen, die Sie dafür brauchen werden. Der erste und wichtigste Schritt in der Bearbeitung einer Beschwerde ist daher: übernehmen Sie die Verantwortung für die Bearbeitung der Beschwerde. Auch dann, wenn Sie keinen Fehler gemacht haben und sich nicht vorstellen können, das das Problem wirklich so ist, wie es Ihnen geschildert wurde. Es kann sein, dass Sie Recht haben, doch wollen Sie wirklich das Gespräch mit Ihrem Kunden mit Misstrauen beginnen? Verantwortung für die Bearbeitung der Beschwerde heisst: Der Kunde ist Ihnen wichtig.
 Sie arbeiten respektvoll mit dem Kunden zusammen. Sie nehmen das Problem wahr.
 Sie wollen das Problem verstehen. Sie kümmern sich um das Problem und schicken den Kunden nicht weg. Sie wollen eine Lösung finden, die für Sie und Ihren Kunden akzeptabel ist. Das Alles jetzt, nicht irgendwann. Mit dieser Einstellung sind Sie schon einen großen Schritt weiter, als viele andere. Für den Rest gibt es diesen Kurs.

Wertschätzung Hand auf Herz: Welche Grundeinstellung haben Sie im Umgang mit Ihren Kunden und sich selbst? Ich bin OK.

oder

Ich bin nicht OK.

Du bist OK.

oder

Du bist nicht OK.

Eine gesunde Einstellung ist: Ich bin OK und Du bist OK. Alles andere ist ungesund für Sie und wird Sie bei der Bearbeitung der Beschwerde behindern. Ihr Kunde merkt, ob Sie ihm wertschätzend begegnen. Er merkt auch, ob Sie sich selbst wert schätzen. Das signalisiert ihm: vertrau mir. Ich weiß, was ich kann und wo meine Grenzen sind. Wenn Sie sich selbst nicht wert schätzen, dann signalisieren Sie ihm: Ich finde selbst nicht gut, was ich mache. Wie soll er es dann gut finden? Also: auch wenn die Beschwerde Ihr Selbstvertrauen angreift, sagen Sie sich: ich bin OK. Ich bin ein guter Mensch, auch wenn gerade etwas schiefgeht. Mein Kunde ist OK. Er ist ein guter Mensch, auch wenn er sich gerade aufregt und mich angreift.

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Schritt 2: Was ist passiert? Sie haben vor ein paar Minuten eine Beschwerde von einem Kunden erhalten. Das Telefonat ist jetzt vorbei und die E-Mail haben Sie schon zweimal gelesen. Bevor Sie entscheiden, was Sie machen werden, müssen Sie erst die Situation begreifen. Dafür hilft es, sich Stichwörter aufzuschreiben, denn sonst bleiben Sie immer an den gleichen Sätzen hängen, die gerade Ihr Denken bestimmen — wie eine CD mit einem Sprung. Kunden beschweren sich über verschiedene Sachen: 1.

Zum Beispiel funktioniert ein Produkt nicht. 
 Beispiel: Ein Drucker produziert nur verschmierte Ausdrucke.

2. Oder ein Produkt erfüllt nicht seinen Zweck.
 Beispiel: Ein Drucker kann laut Werbung randlos drucken, weshalb Sie genau diesen Drucker gekauft haben. Sie stellen fest, dass das nur mit dem Windows-Druckertreiber geht. Sie haben aber einen Mac oder einen Linux-Rechner. 3. Oder es erfüllt nicht die Erwartungen an das Preis-Leistungs-Verhältnis, an Funktionen oder an Aussehen, Geschmack, etc.. 
 Beispiel: Ein Drucker verbraucht viel mehr Tinte, als vom Hersteller angegeben. Damit ist er im Unterhalt viel teurer, als Sie erwartet haben. 4. Bei einer Dienstleistung kann er sich beschweren, dass Sie sein Ziel nicht erreicht haben.
 Beispiel: Nach einer Google-Anzeige mit einer Landing Page, die beide Sie gestaltet haben, kam kein neuer Lead hinein. Kunden beschweren sich oft nicht über das, was sie erhalten haben (wie in Punkt 1), sondern über das, was sie nicht erhalten haben (wie in den Punkten 2-4). Mehr dazu im Schritt 5. Schreiben Sie sich nun in Stichwörtern auf, was der Kunde Ihnen über sein Problem erzählt hat. Schreiben Sie es möglichst mit den Worten des Kunden auf, denn wenn Sie es umformulieren, interpretieren Sie zwangsläufig. Verwenden Sie dazu die Datei Notizen zur Beschwerde — Sie können direkt in das PDF schreiben oder die Druckversion ausdrucken und von Hand schreiben. Anschließend überprüfen Sie die Beschreibung: 1. Verstehen Sie alle Fachbegriffe und Abkürzungen in der Beschreibung des Kunden? 2. Verstehen Sie alle Verben in der Beschreibung des Kunden? Was genau meint er mit erfassen, anmelden etc.? 3. Verstehen Sie alle Steigerungen in der Beschreibung des Kunden? Was meint er, wenn er sagt, der Server ist zu langsam (oder langsamer)? Womit vergleicht er die Geschwindigkeit, wie misst er sie? 4. Hinterfragen Sie alle Verallgemeinerungen wie immer, nie und jeder: Sind das Annahmen des Kunden? Gibt es Ausnahmen? 5. Unter welchen Bedingungen tritt das Problem auf? Hat der Kunde alle genannt? Gibt es Bedingungen, die immer gleich bleiben? Gibt es Bedingungen, die sich ändern? Wenn bei dieser Prüfung Fragen auftreten, dann schreiben Sie diese auf. Nutzen Sie dafür das Feld Fragen auf Seite 3 der Notizen zur Beschwerde (es hat einen orangenen Rahmen).

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Wie haben Sie spontan reagiert? Was haben Sie zum spontan Kunden gesagt oder ihm geschrieben? Könnte das für Sie zum Problem werden, weil Sie unfreundlich waren oder weil Sie sich verteidigt haben? Oder haben Sie ein sehr großes Zugeständnis gemacht, das Sie nun erfüllen müssen? Ja, das kommt vor. Ein BeschwerdeGespräch ist Stress und Stress blockiert das Denken. Zudem haben Sie wahrscheinlich keine Übung in solchen Gesprächen. Und jetzt haben sie etwas gesagt, das Sie bereuen. Wie können Sie das zurücknehmen? Im Folgenden ein paar Tipps. „Das kann gar nicht sein“ Haben Sie die Beschwerde als unmöglich zurückgewiesen? Haben Sie durch kritische Fragen wie „Sind Sie sicher?“ die Glaubwürdigkeit des Kunden angegriffen? Das ist der größte mögliche Unfall. Denn jetzt wird Ihr Kunde alles tun, um seine Beschwerde zum Erfolg zu bringen. Danach werden Sie ihn wahrscheinlich nie wieder sehen, aber er wird seinen Freunden und Kollegen davon erzählen. Ihr Ruf kann beträchtlich darunter leiden. Der Ausweg: Schlucken Sie Ihren Stolz runter und bitten Sie um Entschuldigung: „Es tut mir leid, dass ich Ihre Beschwerde nicht ernst genommen habe. Sie sind mir ein wichtiger Kunde und ich möchte, dass Sie mit meiner Leistung/ meinem Produkt zufrieden sind. Ich verstehe, wenn Sie sich über mich geärgert haben.“ Dann machen Sie sich an die Arbeit und lösen Sie das Problem. Wenn Sie das gut machen, haben Sie eine Chance, den Kunden zu halten. Sie waren unfreundlich Das ist der zweitgrößte mögliche Unfall. Unfreundlichkeit ist ansteckend, daher ist Ihr Kunde jetzt sicherlich auch unfreundlich. Der Ausweg: Es gibt nur einen Weg aus dieser Falle: eine echte und freundliche Entschuldigung: „Es tut mir leid, dass ich unfreundlich war. Das hätte mir nicht passieren dürfen. Ich verstehe, wenn Sie sich über mich geärgert haben.“ Achtung! Auf manche Menschen mag schon unfreundlich oder ruppig wirken, was Sie offen und zielorientiert finden. Seien Sie ehrlich zu sich selbst: Sind Sie stolz auf Ihre direkte Art? Werden sie ungeduldig, wenn jemand anders am Beginn eines Gesprächs ein paar freundliche Worte an Sie richtet? Wie oft sehen Sie bei Partnern oder Kunden eine gerunzelte Stirn oder eine senkrechte Falte zwischen den Augen? Freundlichkeit lässt sich üben — fangen Sie heute an. „Da müssen Sie sich beim Paketdienst beschweren“ Sie haben den Kunden mit seiner Beschwerde zu jemand anderem geschickt? Das mag sogar richtig gewesen sein, weil gar nicht Sie den Fehler gemacht haben, doch damit haben Sie dem Kunden gezeigt, dass er Ihnen nicht wichtig ist. Zumindest nicht wichtig genug, dass Sie sich darum kümmern. Der Ausweg: Rufen Sie selber den Paketdienst an und klären Sie, was passiert ist und wie Sie das beheben können. Dann melden Sie sich wieder beim Kunden.

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„Da kann ich nichts machen.“ Oder auch „Was soll ich da jetzt machen?“ Solche Antworten höre ich oft bei Mitarbeitern in Call Centern. Sie haben oft keinen Handlungsspielraum und manchmal auch keine Motivation, um das Problem zu lösen. Sie hingegen sind selbstständig. Niemand schreibt Ihnen vor, was Sie machen dürfen und was nicht — außer dem Gesetzgeber. Der Ausweg: Übernehmen Sie Verantwortung. Schlucken Sie Ihren Stolz runter und bitten Sie um Entschuldigung. „Es tut mir leid, dass ich nicht nach einer Lösung gesucht habe. Sie sind mir ein wichtiger Kunden und ich möchte, dass Sie mit meiner Leistung/ meinem Produkt zufrieden sind. Ich verstehe, wenn Sie sich über mich geärgert haben.“ Dann machen Sie sich an die Arbeit und analysieren Sie das Problem. Finden Sie eine Lösung oder bieten Sie eine Geste des Bedauerns an. Sie haben aus Kulanz ein großes Zugeständnis gemacht, das für Sie teuer wird Das ist mir auch schon passiert. Damals war ich noch nicht selbstständig, daher betraf es nicht meinen Geldbeutel. Dennoch war es eine schwierige Situation. Der Ausweg: Können Sie sich leisten, Ihre Zusage umzusetzen? Dann machen Sie es. Können Sie es sich absolut nicht leisten, weil Sie dann nahe an die Insolvenz kommen? Dann brauchen Sie jetzt die Kunst eines Diplomaten. Erklären Sie Ihrem Kunden, in welcher Situation Sie sich befinden und warum Sie Ihre Zusage nicht einhalten können. Versuchen Sie, sich in der Mitte zu treffen, damit es nicht ganz so teuer für Sie wird. Achtung! Wenn Sie tatsächlich einen Fehler gemacht haben und der Kunde im Recht ist, dann ziehen Sie Ihre Zusage durch. Auch wenn es für Sie schmerzhaft wird.

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Schritt 3: Verstehen Sie die Gefühle Ihres Kunden Niemand beschäftigt sich gerne mit den schlechten Gefühlen eines anderen Menschen. Daher neigen viele Unternehmer und Selbstständige dazu, bei einer Beschwerde die Gefühle des Kunden zu ignorieren und direkt das Problem lösen zu wollen. Doch damit schaffen Sie neue Probleme, denn der Kunde möchte, dass Sie seine Gefühle wahrnehmen und respektieren.

! Kümmern Sie sich erst um die Gefühle, dann um das Problem ! Es ist gar nicht so leicht, die Gefühle eines Kunden zu verstehen, wenn Sie gerade mit Ihren eigenen Gefühlen beschäftigt sind. Welche Gefühle nehmen Sie bei Ihrem Kunden wahr? Ist er gut gelaunt, verärgert, wütend, eingeschnappt, peinlich berührt? Was sonst? Gibt es Hinweise auf seine Gefühle, wie Tonfall, Lautstärke, Mimik? Hat er etwas über seine Gefühle gesagt? Tragen Sie Ihre Stichworte zu den Gefühlen des Kunden in die Notizen zur Beschwerde ein. Im Schritt 7 gehe ich darauf ein, wie Sie im Gespräch mit dem Kunden auf dessen Gefühle eingehen. Auch einige Gründe und Lösungen für anhaltenden Ärger beim Kunden werde ich dann erläutern. Achtung Falle bei E-Mails oder Briefen! Am Telefon oder bei einem persönlichen Treffen lassen sich Gefühle meist gut erkennen, in E-Mails ist das schwierig, wenn Ihr Kunde nicht explizit schreibt, dass er verärgert oder wütend ist. Wir tendieren dazu, E-Mails negativer zu lesen, als sie gemeint sind. Daher überprüfen Sie die E-Mail auf die folgenden Punkte: ☐ Ihr Kunde verwendet keine Anrede oder lässt die Grußformel weg (Frau Wetzel, …)
 Achtung Falle! In den USA ist das bei längerer Bekanntschaft durchaus üblich und bedeutet nichts. ☐ Ihr Kunde verwendet starke Wörter wie unverzüglich, sofort, massiv, unglaublich, auf keinen Fall ☐ oder Ihr Kunde verwendet abschwächende Wörter wie vielleicht, ein wenig, schon, eventuell, bitte ☐ Ihr Kunde verwendet viele Ausrufezeichen, vielleicht sogar in Gruppen !!! oder Fragezeichen ??? ☐ Ihr Kunde verwendet GROSSBUCHSTABEN, schreibet vielleicht sogar ganze Sätze gross.
 Damit meine ich nicht, dass er zur Unzeit die fESTSTELLTASTE erwischt hat. ☐ Ihr Kunde verwendet abschwächende Emoticons wie :-) oder ;-) oder auch :-( ☐ Ihr Kunde verwendet verstärkende Emoticons wie :-((( oder :-O oder >:-( ☐ Ihr Kunde macht Andeutungen, die er nicht ausführt, wie „Sie können sich denken, was das für Folgen hatte …“ ☐ Ihr Kunde verabschiedet sich übertrieben höflich mit Hochachtungsvoll (obwohl er kein Rentner ist) oder sehr unhöflich mit Gruß, Sie hören von mir oder ganz ohne Grußformel. orange Der Kunde ist vermutlich verärgert oder sogar wütend. grün

Der Kunde möchte seine Beschwerde nicht zu aggressiv vortragen und ist vielleicht unsicher. Dieser Kunde ist bei der Lösung wahrscheinlich kooperativ.

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Schritt 4: Was sind die Folgen für den Kunden? Dieser Schritt wird gerne vergessen. Viele nehmen an, Sie wüssten schon, in welcher Situation der Kunde sich gerade befindet und was die Folgen des Problems für den Kunden sind. Vermutungen führen Sie allzu leicht in die Irre, denn Sie schließen dann von sich oder von anderen Kunden auf diesen Kunden. Doch jeder Kunde, jede Situation und jedes Problem ist anders.

! Schließen Sie nicht von sich auf den Kunden ! Manche Kunden erzählen von sich aus, in welcher Situation er sich befindet und was das Problem für Folgen hat. Wenn nicht, dann fragen Sie unbedingt nach! Nur wenn Sie das ganze Ausmaß des Problems kennen, können Sie angemessen reagieren. Zugleich zeigen Sie Ihrem Kunden, dass seine Schwierigkeiten für Sie wichtig sind. Schreiben Sie sich auf: was hat der Kunde Ihnen über die Folgen bereits erzählt? Hat er dadurch hohe Kosten oder hat sein Ansehen gelitten? Hatte er einen Auftrag von seinen Kunden, den er nicht erfüllen konnte? Ich habe im technischen Kundenservice mehrfach erlebt, dass bei einer Firma die Produktion stand, weil eine Lieferung von uns nicht pünktlich ankam oder weil ein von uns geliefertes Produkt die Qualitätskontrolle nicht bestand war. Wenn so etwas passiert, liegen die Nerven bei Ihrem Kunden blank. Die Folgen für den Kunden können persönlich, beruflich oder finanziell sein. persönlich: Ein besonderes Ereignis wie ein Restaurantbesuch oder eine Feier war durch das Problem gestört. Die Gäste waren nicht zufrieden und das Ansehen Ihres Kunden hat gelitten. beruflich: Das Problem hat berufliche Folgen für Ihn. Ich hatte mal einen Kunden, dessen Arbeitsvertrag auslief und der Sorge um die Verlängerung hatte, wenn er das Problem nicht lösen würde. Ein anderer Kunde von mir hatte nur 6 Monate Zeit für seine Masterarbeit und hatte mindestens einen Monat verloren. 
 Andere berufliche Probleme können sein, dass Ihr Kunde eine Deadline nicht schafft. finanziell: der Kunde hat Mehrkosten durch das Problem. Vielleicht verliert er sogar einen Auftrag oder muss eine Konventionalstrafe zahlen. Welche Fragen haben Sie zu den Folgen? Schreiben Sie Ihre Fragen in das Feld Fragen auf der dritten Seite ein (das mit dem orangenen Rahmen). Falls er noch nichts über die Folgen erzählt hat, sollten Sie dort unbedingt eintragen: „Nach den Folgen fragen“.

§

Sollte Ihr Kunde von Ihnen fordern, das Sie für hohe Folgeschäden aufkommen, zum Beispiel wegen eines Produktionsausfalls, dann holen Sie einen Rechtsanwalt dazu. Verlassen Sie sich nicht auf den Haftungsausschluss in Ihren AGBs, denn die Klausel kann unwirksam sein.
 Lesen Sie ergänzend die Hinweise zu Gewährleistung und Garantie auf Seite 13.

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Schritt 5: Was ist die Ursache für das Problem? Oft, wenn ich erzähle, was ich beruflich mache, werden mir Geschichten von schlechtem Kundenservice erzählt. Sie gipfeln meist darin, dass der Service sich nicht für das Problem interessiert hat und nicht willens war, sich mit der Ursache zu beschäftigen. Natürlich hat es dann auch lange gedauert, eine Lösung zu finden. Die Suche nach der Ursache ist wichtig. Nur so finden Sie eine akzeptable Lösung für den Kunden. Dabei ist wieder wichtig, in welcher Situation sich Ihr Kunde befindet. Kunden folgen nicht immer Ihren Regeln, sondern haben eine ganz eigene Agenda. Manche Produkte und auch Dienstleistungen versagen in Situationen, in denen der Kunde sie braucht, weil Sie diese Situation bei der Entwicklung nicht im Auge hatten. Die 5 Warum sind ein guter Weg, die Ursache(n) zu finden. Wir geben uns leicht mit einer plausiblen Erklärung zufrieden, ohne ihr auf den Grund zu gehen. Das vermeiden Sie, wenn Sie bei jeder möglichen Ursache, die Ihnen einfällt, fragen „Warum ist das so?“, bis Sie an der Wurzel des Problems ankommen. Ein Beispiel: Eine Druckerei hat einen Auftrag für Flyer später als vereinbart an den Kunden ausgeliefert. Nun weigert der sich, die Rechnung zu zahlen, denn er hätte die Flyer pünktlich für eine Messe gebraucht. Die Druckerei nutzt die 5 Warum, um die Ursache zu finden und bei zukünftigen Aufträgen dieses Problem zu vermeiden. 1. warum: Der Auftrag wurde zu spät ausgeliefert, weil der Druck zu spät begonnen wurde. 2. warum: Der Druck wurde zu spät begonnen, weil die schwarze Tinte ausging. 3. warum: Die schwarze Tinte ging aus, weil wir kurzfristig eine große Bestellung erhielten und mehr Tinte verbraucht haben, als sonst. 4. warum: Wir hatten nicht genug Tinte für einen Großauftrag auf Lager. 5. warum: Unser Lieferant konnte nicht schnell genug schwarze Tinte nachliefern. An dieser Stelle gibt es jetzt zwei mögliche Lösungen: mehr Tinte auf Lager nehmen oder einen anderen Lieferanten finden, der in solchen Fällen schneller liefern kann. Auf Ebene 3 wäre eine andere Lösung: bei Großaufträgen Teillieferung vereinbaren, damit kleinere Aufträge nicht liegen bleiben müssen. Haben Sie schon eine Idee, wodurch das Problem Ihres Kunden entstanden ist? Warum funktioniert das Produkt nicht, oder warum haben Sie nicht die vom Kunden erwartete Leistung erbracht? Und warum glauben Sie, dass das die Ursache ist? Haben Sie Fragen an den Kunden, weil Sie mehr wissen müssen, um die Ursache zu finden? Schreiben Sie all das auf — die Fragen wieder in den orangenen Kasten. Finden Sie, dass Ihr Kunde überzogene Erwartungen hat? Was hat diese Erwartungen geweckt? Das ist die Ursache für die Beschwerde. Mehr dazu lesen Sie in Schritt 5. Hat Ihr Kunde eine Vermutung, warum das Problem entstanden ist? Das ist wichtig für Sie, auch wenn er falsch liegt, denn Sie müssen darauf eingehen. Sonst fühlt er sich übergangen. Indem Sie darauf eingehen, holen Sie ihn an Ihre Seite — er wird zu Ihrem Verbündeten in der Suche nach der Ursache.

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Zusammen mit dem Kunden die Ursache finden Brauchen Sie die Hilfe Ihres Kunden bei der Suche nach der Ursache? Ein Kunde will sich nicht rechtfertigen müssen, weil er sich beschwert und er will nicht mühsam Belege suchen müssen. Genau hier fangen oft die Probleme an, denn Sie brauchen vielleicht Daten oder Fotos von Ihm, um die Ursache zu finden. Einige Formulierungen, mit denen ich selber gute Erfahrungen gemacht habe, finden Sie in der Datei „Hilfreiche Sätze“. 
 Vermuten Sie, dass der Kunde einen Fehler gemacht hat? Das kommt durchaus vor. Welchen Fehler vermuten Sie? Und ganz wichtig: wie können Sie das Ihrem Kunden erklären? Einen Kunden über seine Fehler aufzuklären ist schwer — dafür brauchen Sie viel Fingerspitzengefühl. Es geht am Besten, wenn Sie erzählen, welche Erfahrungen Sie selber oder andere Kunden gemacht haben. Zeigen Sie, dass auch Sie schon Fehler gemacht haben, und wie Sie daraus gelernt haben. So werden Sie für den Kunden glaubwürdig. Schauen Sie wieder in die Datei „Hilfreiche Sätze“ für Tipps, wie Sie das sagen können. Vermeiden Sie belehrende Formulierungen wie: • • • • • • •

Das geht so nicht. Das können Sie so nicht machen. Das geht besser, wenn Sie … Sie müssen … Sie sollten … Es ist ganz wichtig, dass Sie … Haben Sie das Gerät angeschaltet?

Ihr Kunde macht seine Fehler nicht mit Absicht, sondern weil er es nicht besser weiß. Manchmal auch, weil er an zu Vieles gleichzeitig denken muss. Nur weil er etwas nicht weiß, ist er nicht dumm und nicht böse. Ganz besonders heikel wird es, wenn Ihre Meinung zu einem möglichen Fehler des Kunden nicht dem entspricht, was allgemein gesagt wird. Ich bin Biochemikerin und habe im technischen Support oft erlebt, dass Kunden Experiment ein bisschen veränderten. Manchmal aus Unwissenheit, manchmal aus Bequemlichkeit und manchmal um Geld zu sparen. Leider gibt es bei biochemischen Experimenten viele Komponenten und Schritte, bei denen sich solche Ungenauigkeiten addieren. Und so entwicklen sich über die Zeit falsche Anweisungen, die an die Kollegen und über wissenschaftliche Artikel weitergegeben werden. Im technischen Support dagegen zu argumentieren, kann sehr schwierig sein. Dann brauchen Sie gute Argumente und müssen glaubwürdig wirken, um Vertrauen aufzubauen. Dazu gehört, dass Sie nicht schlecht über andere sprechen sollten. Besser ist es, die allgemeine Meinung anzusprechen und dann zu erklären, dass Sie andere Erfahrungen gemacht haben. Schreiben Sie Ihre Vermutungen zu Fehlern des Kunden in das Feld Ursachen. Widerstehen Sie der Versuchung, den Kunden jetzt gleich anzurufen, sondern lesen Sie weiter.

!

Wenn Sie einen Fehler des Kunden vermuten, dann seien Sie offen dafür, 
 dass Sie unrecht haben könnten und der Kunde recht.

!

Haben Sie einen Fehler gemacht? Dann stehen Sie dazu. Wir alle machen ab uns zu Fehler. Es hat keinen Sinn, den Fehler vertuschen zu wollen. Anschließend reparieren Sie ihn, natürlich auf Ihre Kosten.

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Schritt 6: Was erwartet Ihr Kunde? Ein Kunde mit einer Beschwerde hat meist eine genaue Vorstellung davon, was er von Ihnen und Ihrem Produkt (oder Ihrer Dienstleistung) erwartet. Wenn Sie diese Erwartungen nicht erkennen, wird es schwierig bis unmöglich, die Beschwerde zu seiner Zufriedenheit zu lösen. Zumal viele Beschwerden nicht darauf beruhen, dass Ihr Produkt nicht funktioniert, sondern dass es nicht die Erwartungen des Kunden erfüllt. Hat Ihr Kunde sich schon zu seinen Erwartungen geäußert? Trennen Sie zwischen den Erwartungen an das Produkt und den Erwartungen an den Service, wenn Sie die Beschwerde bearbeiten.

Erwartungen an das Produkt (oder die Dienstleistung) Die Erwartungen des Kunden an das Produkt werden in der Regel aus zwei Quellen gespeist: • Ihr Marketing und Ihre Angebotserstellung
 Haben Sie bei der Erstellung des Angebots oder im Marketing etwas versprochen oder verschwiegen, dass Ihnen nun Ärger macht? Gibt es einen Weg, das möglich zu machen, auch wenn er für Sie schmerzhaft wird?
 Beachten Sie auch das Kleingedruckte. Sie mögen sich in den Nutzungsbedingungen und Ihren AGBs rechtlich abgesichert haben, doch kaum ein Kunde liest sie. In jedem Fall sorgt ein Verweis auf das Kleingedruckte für Enttäuschung und Widerstand. Verstecken Sie wichtige Informationen nicht im Kleingedruckten. • andere Produkte und Anbieter im Markt:
 Was versprechen und leisten Ihre Mitbewerber, auch die mit den hohen Preisen? Kunden erwarten heute mehr, als früher, denn Sie haben heute mehr Auswahl. Das können Sie bedauern, doch darauf müssen Sie sich einstellen, sonst verlieren Sie Ihre Kunden. Schwierig wird das dann, wenn Sie ein einfacheres Produkt zu einem niedrigeren Preis als im Markt üblich anbieten. Dann ist zum einen Ihre Marge kleiner, wodurch Sie bei einer Beschwerde weniger Spielraum haben, und zum anderen gibt es leider kein lineares Verhältnis zwischen Preis und Erwartungen.

Erwartungen an Sie bei der Bearbeitung der Beschwerde Die Erwartungen der meisten Kunden an die Bearbeitung einer Beschwerde sind recht einfach zusammengefasst: Sie wollen die Beschwerde schnell gelöst sehen, Sie wollen mit Respekt behandelt werden und Sie wollen eine faire Lösung. Hat Ihr Kunde etwas darüber gesagt, bis wann er eine Lösung braucht? Und was er sich unter einen fairen Lösung vorstellt? Schreiben Sie auf, was Ihr Kunde schon zu seinen Erwartungen gesagt hat. Wenn Sie nichts darüber wissen, dann ist das eine wichtige Frage für das Gespräch mit dem Kunden.

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Wie finden Sie die Erwartungen Ihres Kunden heraus? Ganz einfach: Sie fragen ihn. Zwei Fragen eignen sich besonders: • Was ist Ihnen wichtig? • Wofür nutzen Sie [mein Produkt / meine Dienstleistung]? Da die erste Antwort meist noch nicht genug in die Tiefe geht, fragen Sie weiter: • OK, das verstehe ich. Was ist Ihnen dabei besonders wichtig? • oder: OK, das verstehe ich. Wie nutzen Sie dabei [mein Produkt / meine Dienstleistung]? Im nächsten Schritt: • Was ist Ihnen dabei am Wichtigsten? Ich denke, Sie verstehen, wie das geht. Geben Sie sich nicht mit der ersten Antwort zufrieden. Auch sollten Sie nicht von sich auf den Kunden schließen. Wenn Sie erwarten, dass Sie mit Ihrem Handy-Vertrag eine SMS Flatrate haben, kann das für Ihren Kunden vollkommen unwichtig sein. Dafür braucht er vielleicht ein Handy mit extra großen Tasten, weil er nicht mehr so gut sieht. Jeder Kunde ist einzigartig und hat einzigartige Erwartungen.

Was machen, wenn Sie die Erwartungen nicht erfüllen können? Wenn eine Beschwerdesituation eskaliert, liegt das oft daran, dass Sie nicht offen über die Erwartungen des Kunden gesprochen haben. Weil Sie denken, dass er das gleiche erwarten wird, wie jeder andere Kunde. Oder aus Sorge, er könnte eine Erwartung äußern, die Sie nicht erfüllen können. Ja, das kann passieren. Und wenn es passiert, ist es gut, das zu wissen. Ihr Kunde ändert seine Erwartung nicht, nur weil Sie den Kopf in den Sand stecken. Wenn Sie die Erwartung nicht erfüllen können oder wollen, dann wird es Zeit für das Service-Nein. Es besteht aus drei Sätzen: • Das kann ich leider nicht für Sie tun. • Das kann ich Ihnen anbieten: … [erklären Sie, wieweit Sie ihm entgegenkommen können oder welche alternative Lösung Sie ihm anbieten können] • Was Sie machen können, ist: … [Was kann der Kunde machen, damit es schneller geht oder damit Sie seiner Ideallösung näher kommen?] Bevor Sie das Service-Nein aussprechen, überlegen Sie, ob Sie die Erwartungen des Kunden wirklich nicht erfüllen können oder wollen. Ein Nein kann Sie nicht nur den aktuellen Auftrag kosten, sondern auch Ihren Ruf. Ein unzufriedener Kunde erzählt seinen Bekannten darüber — vor allem dann, wenn er nicht zufrieden ist, wie Sie seine Beschwerde bearbeitet haben. Schlimmstenfalls in Facebook, Youtube, Yelp oder auf dem nächsten Netzwerktreffen. Seien Sie kreativ. Können Sie Ihr Produkt nachbessern oder können Sie vielleicht mit einer anderen Firma kooperieren oder einen Teil der Leistung dort einkaufen? Wäre es sinnvoll, den Kunden ganz an diese Firma abzugeben? Das würde Sie natürlich den Umsatz kosten (vielleicht sogar mehr als das), aber Sie können so Ihren Ruf retten. Geht es Ihnen nur ums Prinzip? Das Prinzip ist ein sehr schlechter Ratgeber. Es sitzt wie ein Teufelchen auf Ihrer Schulter und flüstert Ihnen ins Ohr: „Da könnte ja jeder kommen.“. Ja, und wenn da jeder kommt, dann wird es Zeit, darüber nachzudenken. Wenn nicht, dann machen Sie diesem einen Kunden die Freude, wenn Sie es sich leisten können.

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Garantie und Gewährleistung Dies sind nur allgemeine Hinweise, die keine fundierte rechtliche Beratung ersetzen. Ich übernehme keine Haftung im Hinblick auf Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen. Vor allem im B2B-Bereich als auch bei der Reklamation einer Dienstleistung können andere Regeln gelten, als ich hier vorstelle. Bei Fragen zur Gewährleistung und Garantie wenden Sie sich bitte an einen Anwalt.

Gewährleistung Die Gewährleistung (oder Mängelhaftung) ist gesetzlich geregelt. Gewährleistung bedeutet, dass der Verkäufer dafür einsteht, dass die verkaufte Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln ist. Der Verkäufer haftet damit für alle Mängel, die schon zum Zeitpunkt des Verkaufs bestanden haben. Also auch für versteckte Mängel, die der Käufer erst später bemerkt. Die Gewährleistung ist auf 24 Monate nach dem Kauf befristet. Bei Verbrauchsgütern wird in den ersten 6 Monaten nach dem Kauf davon ausgegangen, dass der Mangel schon beim Kauf bestand, es sei denn, der Verkäufer kann beweisen, dass es nicht so war. Bei einer Reklamation nach dem 6. Monat muss der Käufer belegen, dass der Mangel schon beim Kauf bestand. Der Käufer hat bei einem Mangel des verkauften Produktes folgende Ansprüche: • Anspruch auf Nacherfüllung
 Dies ist das vorrangige Recht. Sie als Verkäufer haben das Recht, durch Lieferung eines mängelfreien Produkts oder durch Beseitigung des Mangels (= Reparatur) den Mangel zu beheben, bevor der Käufer eines der folgenden Rechte in Anspruch nehmen kann. Bei Verbrauchsgütern bestimmt der Käufer, ob er einen Ersatz oder eine Reparatur wünscht. Bei anderen Gütern können Sie vertraglich die Wahl auf den Verkäufer (also Sie) verlagern. • Rücktrittsrecht • Minderung des Kaufpreises • Anspruch auf Schadensersatz
 Dies tritt nur ein, wenn ein Verschulden des Verkäufers nachzuweisen ist. Zum Beispiel wenn er vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Wenn Ihr Kunde Schadensersatz verlangt, wird es für Sie Zeit, einen Rechtsanwalt an Ihre Seite zu holen. Der Verkäufer kann die Gewährleistung bei Verbrauchsgütern nicht durch einen Haftungsausschluss in den AGBs ablehnen. Auch der Ausschluss der Haftung für mittelbare Schäden ist nach deutschem Recht nicht möglich. Solche Klauseln in den AGBs sind regelmässig unwirksam.

Garantie Die Garantie ist eine über die Gewährleistung hinaus gehende freiwillige Zusicherung des Herstellers, dass er für Mängel aufkommt. Die Garantie kann frei gestaltet werden. Sie kann zum Beispiel auch Schäden umfassen, die beim Kauf noch nicht bestanden haben. Auch eine Geld-zurück-Garantie, wie ich sie für diesen Kurs gebe, fällt darunter.

Dienstleistungen Bei Dienstleistungen kommt es darauf an, ob Sie einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag abgeschlossen haben. Bei einem Dienstvertrag müssen Sie nur die vereinbarte Dienstleistung erbringen. Bei einem Werkvertrag schulden Sie dagegen den vertraglich vereinbarten Erfolg. Quellen: Anwalt-Seiten.de, IT Recht Kanzlei und Wikipedia

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Schritt 7: Was ist Ihre Grenze? Es kann sein, dass Sie mit dem Kunden keine für beide Seiten akzeptable Lösung finden werden. Doch was ist für Sie akzeptabel? Haben Sie sich schon Gedanken dazu gemacht? Machen Sie das vor dem nächsten Gespräch mit dem Kunden. Wahrscheinlicher müssen Sie dem Kunden entgegen kommen — selbst wenn Sie alles richtig gemacht haben und Ihr Produkt in Ordnung ist. Das kann im schlimmsten Fall heißen: • Sie investieren bei einer Dienstleistung mehr Arbeit, um die Erwartungen des Kunden zu erfüllen. Die zusätzliche Arbeitszeit wird nicht bezahlt sein. • Zusätzlich zu dem unbezahlten Mehraufwand kaufen Sie Leistungen von extern ein, wodurch Ihr Gewinn sinkt. Diese Leistungen können Sie dem Kunden nicht in Rechnung stellen. Es kann sogar sein, dass Sie abzüglich Steuern und Fixkosten weniger verdienen, als Sie ausgeben. • Sie tauschen das Produkt gegen ein höherwertiges aus. Dabei werden Sie wahrscheinlich den Preis für das bessere Produkt senken müssen oder eine Kleinigkeit umsonst dazu legen. Vielleicht werden Sie sogar die Differenz zwischen den beiden Produkten alleine tragen. Auf jeden Fall werden Sie Versandkosten selber zahlen. Auch ist fraglich, ob Sie das retournierte Produkt wieder verkaufen können. Meist ist es schon geöffnet und hat Gebrauchsspuren. • Sie tauschen das Produkt gegen ein gleichwertiges aus. Die dadurch entstehenden Versandkosten tragen Sie. Den wahrscheinlichen Verlust des retournierten Produktes auch. • Sie senken den Preis für das Produkt oder die Dienstleistung. • Sie nehmen das Produkt zurück und geben dem Kunden das Geld zurück. Wieder ist fraglich, ob Sie das retournierte Produkt noch verkaufen können. Daher überlegen Sie sich: was ist Ihre Grenze? Um wie viel können Sie den Preis senken, wie viele Stunden Mehrarbeit können Sie leisten? Gibt es juristische Vorgaben zur Gewährleistung, an die Sie sich halten müssen? Bedenken Sie: das schlimmste mögliche Szenario ist, dass Sie das gesamte Geld verlieren, das Ihnen dieser Auftrag gebracht hätte und obendrein für Schäden aufkommen müssen. Den Kunden werden Sie dann verlieren, denn ohne eine für ihn akzeptable Lösung werden Sie ihn kaum halten können. Der verlorene Kunde wird möglicherweise schlecht über Sie reden. Darunter leidet Ihr Ruf. Also rechnen Sie klug. Ein großes Zugeständnis kann sich lohnen. Bevor Sie mit dem Kunden sprechen, gibt es noch einen kleinen Schritt:

Zwischenschritt: Der Lösungsplan Haben Sie das Problem verstanden und sind Sie sicher über die Ursache? Dann haben Sie wahrscheinlich schon eine Idee, wie Sie es lösen können. Schreiben Sie diese Idee auf und gehen Sie weiter zum nächsten Schritt. Achtung! Verlieben Sie sich nicht zu sehr in Ihre Idee, denn Ihr Kunde kann im Gespräch alles umwerfen. Betrachten Sie Ihren Lösungsplan als eine Diskussionsgrundlage. Sehr gut ist es, wenn Sie Ihrem Kunden zwei Optionen bieten können, zwischen denen er sich entscheiden kann. So geben Sie ihm Kontrolle über den Ausgang der Beschwerde. Haben sie noch zu viele offene Fragen, um schon eine Lösung im Kopf zu haben? Dann gehen Sie direkt weiter zum nächsten Schritt. Seite 14

Schritt 8: Sprechen Sie mit dem Kunden Es wird Zeit, dass Sie mit dem Kunden (wieder) Kontakt aufnehmen. Mit den Gedanken, die Sie sich über Gefühle, Problem, Folgen, Ursache, Erwartungen und vielleicht schon Lösung gemacht haben, sind Sie gut vorbereitet. Schreiben Sie sich ein paar Stichpunkte zur Vorbereitung des Gesprächs auf Seite 2 der Notizen zur Beschwerde auf. Sind Sie nervös? Das ist normal, auch bei alten Hasen wie mir. Sind Sie richtig nervös? Dann nutzen Sie das Video „Keine Panik“.

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E-Mail oder Anruf? Die Versuchung ist groß, lieber eine E-Mail zu schreiben. Dann haben Sie mehr Distanz und können alles nochmal durchlesen und verbessern. 
 Trotzdem: Wenn möglich, rufen Sie an!
 


Gefühle lassen sich am Telefon viel besser erkennen und ausdrücken, denn Sie haben neben den Worten auch die Stimme zur Verfügung. Wir Menschen sind darauf gepolt, die nonverbalen Signale der Stimme zu erkennen. Non-verbale Signale in E-Mails, wie Emoticons und Ausrufezeichen, sind für uns hingegen schwer zu entschlüsseln und gelten zudem als unprofessionell. Ein zweiter Grund: ich habe viele Beschwerden erlebt, die sich über Tage oder gar Wochen zogen, bis wir sie gelöst hatten, weil wir den Kunden nur per E-Mail erreichen konnten. Ursachenforschung per E-Mail ist ein äusserst mühsames Geschäft. Ebenso schwer kann es sein, sich per E-Mail auf eine Lösung zu einigen.
 


Also springen Sie über Ihren Schatten und rufen Sie an. Wenn Sie das vor Nervosität gar nicht schaffen, dann schreiben Sie eine kurze E-Mail, in der Sie Ihr Bedauern ausdrücken und sich für die Offenheit des Kunden bedanken. Dann bitten Sie um ein Gespräch. Bevor Sie anrufen, blättern Sie um, auf der nächsten Seite finden Sie eine Struktur für das Gespräch. Schauen Sie auch in die Datei „Hilfreiche Sätze“ für weitere gute Formulierungen.

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Tipps für das Gespräch

Dies ist ein Leitfaden, der Ihrem Gespräch Struktur geben wird. Nutzen Sie auch den kleinen Spickzettel während des Gesprächs. Mehr gute und einige ungeschickte Formulierungen finden Sie in der PDFDatei Gute und schlechte Formulierungen.

Egal, ob Ihr Kunde freundlich oder wütend ist, zeigen Sie zuerst, wie sehr Sie das Problem bedauern. Dazu empfehle ich vier Sätze, am Besten nacheinander:

1

Es tut mir leid, dass das passiert ist. 
 alternativ: Es tut mir leid, dass ich Sie falsch verstanden hatte.
 alternativ: Ich bitte um Entschuldigung für meinen Fehler. Durch eine Entschuldigung bauen Sie Vertrauen auf. Wichtig ist, dass sie ohne Einschränkung ausgesprochen wird: Erklärungen für den Fehler können Sie später geben. Achtung! Niemals sagen: Es tut mir leid, dass Sie nicht zufrieden sind, denn damit schieben Sie dem Kunden den schwarzen Peter zu.

2 3 4

Das ist für Sie sicherlich ärgerlich. 
 alternativ: Ich verstehe, dass Sie sich ärgern. Das würde ich auch. Achtung! Niemals sagen: Bitte beruhigen Sie sich. Damit erreichen Sie das Gegenteil. Danke, dass Sie das angesprochen haben. 
 alternativ: Danke, dass Sie damit zu mir gekommen sind.
 alternativ: Danke, dass Sie so offen mit mir sprechen. Diese Sätze wirken Wunder, denn mit einem „Danke“ rechnet der Kunde nicht. Ich kümmere mich jetzt gleich darum, damit Sie schnell wieder arbeiten können.
 alternativ: … damit Sie schnell eine Lösung haben.

Sprechen Sie lebhaft, aber nicht hastig, mit energischer und zugleich freundlicher Stimme. So spiegeln Sie die Energie des Kunden und wandeln sie ins Positive. Damit zeigen Sie dem Kunden, dass Ihnen die Beschwerde wichtig ist. Und jetzt: kurze Pause! Damit geben Sie dem Kunden Zeit, sich zu sammeln. Ein sehr verärgerter Kunde wird noch eine Weile schimpfen — hören Sie zu und unterbrechen Sie ihn nicht. Er ist noch nicht so weit, sich um eine Lösung seines Problems zu kümmern. Wiederholen Sie die Sätze 1-3 nicht zu oft, auch wenn Ihr Kunde weiter meckert. Seien Sie lieber still und beschränken Sie sich auf „Ich verstehe“ oder „OK“ . Wenn der Kunden sich durch nichts beruhigen lässt, ist es besser, das Gespräch abzubrechen und auf später zu verschieben. Besonders dann, wenn er in seiner Aufregung Schimpfwörter benutzt. In der Datei Gute und schlechte Formulierungen finden Sie einige Sätze, die Sie dafür nutzen können.

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Jetzt verlangsamen Sie Ihr Sprechtempo ein wenig und senken Sie Ihre Stimme. Beides baut Vertrauen auf. Gehen Sie auf das Problem ein. Fassen Sie es kurz in Ihren eigenen Worten zusammen und fragen Sie, ob Sie es richtig verstanden haben. Dann bitten Sie um Erlaubnis, Fragen zu stellen, damit Sie die Folgen für den Kunden verstehen, die Ursache finden und das Problem lösen können. Im nächsten Schritt besprechen Sie die Erwartungen des Kunden und den Lösungplan, falls Sie schon einen haben. Am Ende vereinbaren Sie, wann Sie wieder miteinander sprechen oder was als Nächstes geplant ist.

5 6

Ich habe bei unserem letzten Gespräch verstanden, dass … 
 alternativ: Ich entnehme Ihrer E-Mail, dass …
 Habe ich das richtig verstanden? Darf ich Ihnen dazu einige Fragen stellen? Das wird mir helfen, das Problem zu lösen.
 Beginnen Sie mit Fragen zu den Folgen für Ihren Kunden. 
 Dann erst stellen Sie Fragen, die Ihnen bei der Suche nach der Ursache helfen. Achtung! Hören Sie sich an, was Ihr Kunde zu sagen hat. Verteidigen Sie sich nicht.

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Welche Lösung stellen Sie sich vor? Was erwarten Sie mindestens? Was wäre die optimale Lösung für Sie?
 Wenn ich [Ihre Lösungsidee vorstellen], wäre das Problem dann für Sie gelöst?
 alternativ: Bis wann brauchen Sie ein Lösung? Gut, dann machen wir das so: [fassen Sie die Lösung zusammen]
 alternativ: Danke für Ihre Schilderung des Problems und Ihrer Erwartungen. Ich werde mich bis zum [Zeitpunkt] mit einem Vorschlag bei Ihnen melden. Danke, dass Sie so offen waren. Ich bedaure sehr, dass das passiert ist.

Schreiben Sie alles mit, was der Kunde Ihnen erzählt. Verlassen Sie sich nicht auf Ihr Gedächtnis, denn unter Stress versagt das gerne. Wenn Sie mitschreiben, hören Sie zudem besser zu und sind weniger in Gefahr, den Kunden im Eifer zu unterbrechen.

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Wie war das Gespräch? Glückwunsch! Sie haben den schwierigsten Teil geschafft. Wenn alles gut gelaufen ist, dann haben Sie jetzt ein freundlich-professionelles Verhältnis zu Ihrem Kunden. Und Ihr Kunde arbeitet mit Ihnen zusammen daran, das Problem zu lösen. 
 Fassen Sie nun zusammen, was er Ihnen über Problem, Ursache und Erwartungen geschildert hat und füllen Sie so die Lücken im Beschwerde-Protokoll. Dann gehen Sie weiter zum Lösungsplan (Schritt 9). Doch manchmal ist Ihr Kunde nach dem Telefonat immer noch verärgert — vielleicht sogar mehr als vorher. Oder Sie wissen immer noch keine Lösung für die Beschwerde. Ist das so? Dann wird es Zeit für eine kritische Analyse. Wenn ein Kunde sich nach einer Beschwerde sich mehr ärgert, als davor, hat das oft einen der folgenden Gründe: • Er findet die Situation ungerecht. • Er macht sich Sorgen um die Folgen, die es für ihn haben kann (finanziell, Karriere, Gesundheit) oder ist wütend über die Zeit und den Aufwand, die ihn seine Beschwerde kostet. • Sein Selbstwertgefühl ist angegriffen • Er hat keine Kontrolle über seine Situation und fühlt sich ausgeliefert. • Er fühlt sich nicht verstanden. Was könnte bei Ihrem Kunden der Fall sein und warum? Wie können Sie die Situation für ihn gerechter und respektvoller gestalten? Was können Sie machen, um ihm seine Sorgen zu nehmen und ihm Kontrolle zu geben? • Wenn ein Kunden sich ungerecht behandelt fühlt, dann kann es sein, dass Sie sich über die Ursache des Problems nicht einig sind oder dass Ihr Produkt seine Erwartungen nicht erfüllt. • Wenn ein Kunde Sorgen über die Folgen hat, dann überlegen Sie, ob Sie ihn dabei unterstützen können. Doch vorher fragen Sie sich: haben Sie das Problem und die Folgen für den Kunden wirklich schon verstanden? Gibt es in Ihrem Umfeld einen Experten, der sich mit dem Thema auskennt und der Zeit für ein Gespräch mit Ihnen hat? Schildern Sie ihm den Fall und warten Sie ab, was er Sie fragen wird. Haben Sie dem Kunden diese Fragen schon gestellt? • Wenn ein Kunde sich in seinem Selbstwertgefühl angegriffen fühlt, dann überprüfen Sie Ihren Kommunikationsstil. Eine mit Wärme vorgetragene aufrichtige Entschuldigung kann Wunder wirken. • Wenn ein Kunde sich ausgeliefert fühlt, dann geben Sie ihm Kontrolle zurück. Bieten Sie ihm eine Lösung oder eine Alternative an. Überlegen Sie, ob Sie kulant sein können, berufen Sie sich nicht stur auf Ihre Regeln und AGBs. • Wenn der Kunde sich nicht verstanden fühlt, dann fragen Sie ihn, was Sie falsch verstanden haben. Bitten Sie ihn darum, das Problem mit anderen Worten als zuvor zu beschreiben, damit Sie es aus einer anderen Perspektive sehen können. Fragen Sie ihn auch, welcher Aspekt Ihrer Lösung ihm nicht gefällt und warum. Wie wichtig ist der Kunde für Sie? Können Sie es sich leisten, ihn zu verlieren? Seien Sie sehr vorsichtig damit, denn so lassen Sie den Kunden mit seinem Problem alleine. Er hatte Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung ja gekauft, um ein Problem zu lösen oder ein Bedürfnis zu befriedigen. Das kann er nun nicht — statt dessen muss er darauf verzichten, oder einen anderen Anbieter finden. Wenn Sie dem Kunden die Zusammenarbeit kündigen, dann schaffen Sie sich einen Kritiker, der anderen davon erzählen wird. Ihr Ruf kann erheblich darunter leiden. Dennoch kann es für Sie die einzige oder beste Lösung sein, dem Kunden sein Geld zurück zu geben und ihn gehen zu lassen. Das können nur Sie entscheiden.

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Verzweifeln Sie nicht! Mein Angebot an Sie Bevor Sie verzweifeln, melden Sie sich bei mir. Ich bin zwar wahrscheinlich kein Experte für Ihr Produkt, aber ich habe viel Erfahrung mit der Bearbeitung von schwierigen Beschwerden für sehr komplexe Produkte. Schreiben Sie mir eine E-Mail an [email protected] oder in dringenden Fällen rufen Sie mich an unter 0173 - 682 12 95. Wir vereinbaren dann möglichst schnell einen Termin für ein Telefonat *. * Es kann sein, dass ich gerade bei einem Klienten im Training bin. Dann kann ich Ihnen ein Gespräch am Abend oder in der Mittagspause anbieten. Zur Not geht auch am frühen Morgen. Oder wir behelfen uns mit E-Mails.

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Schritt 9: Der Lösungsplan Haben Sie sich im Gespräch mit dem Kunden schon auf eine Lösung geeinigt? Dann sind Sie fast fertig. Schreiben Sie Ihren Plan auf. Wenn die Lösung komplex ist, dann mit Meilensteinen und Deadlines und Kosten. Wenn die Lösung sehr komplex ist, dann brauchen Sie vielleicht Hilfe von außen — planen Sie auch das ein. Dann setzen Sie die Lösung in die Tat um. Haben Sie sich noch nicht auf eine Lösung geeinigt? Das kann daran liegen, dass Sie verschiedene Vorstellungen haben, wie die ideale Lösung aussieht. Schreiben Sie sich auf, wer sich was vorstellt und was die Vorteile und die Nachteile wären. Dann überlegen Sie, ob Sie mit der Lösung des Kunden leben können. Wenn ja, dann machen Sie es so. Wenn jein, dann machen Sie es trotzdem so. Wenn nein, dann überlegen Sie, wieweit Sie ihm entgegenkommen können. Dann wird es Zeit für das Service-Nein, das ich Ihnen im Schritt 5 vorgestellt habe.

Ihnen ist noch keine Lösung eingefallen Dann wird es Zeit, mit System nach einer Lösung zu suchen. Dafür empfehle ich diese Schritte: 1. Sammeln Sie Zahlen, Daten und Fakten. Sammeln Sie alle Details. 2. Überlegen Sie, welche Lösungen Ihnen einfallen. Schreiben Sie alle auf, auch wenn Sie abwegig sind. In diesem Stadium sind alle Ideen erlaubt. 3. Beurteilen Sie Ihre Ideen rational: was wird passieren, wenn Sie diese Lösung umsetzen? Welche Folgen wird das haben? 4. Beurteilen Sie die Lösungen mit dem Gefühl: wie fühlen Sie sich dabei? Wie fühlen Sie sich, wenn Sie an die Reaktion des Kunden denken? 5. Entscheiden Sie sich für eine Lösung. Wägen Sie dabei Hirn und Bauch gegeneinander ab. 6. Behalten Sie die anderen Ideen im Kopf, falls Sie einen Plan B brauchen.

Es gibt keine Lösung Es kann aber auch sein, dass es keine Lösung gibt. Stellen Sie sich vor, Sie waren für das Catering auf einer Hochzeit zuständig und dabei ist etwas so richtig schief gegangen. Die Hochzeit ist vorbei und der schönste Tag im Leben war durch Ihren Fehler nicht so toll. Das können Sie nicht retten, außer Sie besitzen eine Zeitmaschine. Dann wird es Zeit für eine Geste des Bedauerns. Seien Sie kreativ — als Caterer könnten Sie vielleicht eine Tafel Schokolade zusammen mit einer netten Karte „Ich habe Sie hungrig nach Hause geschickt. Das bedaure ich sehr.“ an jeden Gast schicken. Die Gastgeber bekommen einen Gutschein für ein tolles Abendessen und natürlich einen Preisnachlass für das Catering bei der Hochzeit. Achtung Falle! Ich habe schon erlebt, dass eine Firma mit dem Geschenk Werbung für sich selber machen wollte oder auf zukünftigen Umsatz geschielt hat — das geht gar nicht. Ein Beispiel: im Restaurant ist ein geschenktes Dessert oder ein Nachlass auf die Rechnung immer besser, als ein Rabattgutschein für den nächsten Besuch, denn dann muss der Gast ja wieder zu Ihnen kommen und einen Teil des Geschenks auch noch selber zahlen.

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Unberechtigte Beschwerden Ich habe schon oft erlebt, dass die Bearbeitung von Beschwerden vor allem vom Misstrauen geprägt war, dass ein Kunde betrügen will. Das ist jedoch selten - häufiger ist fehlendes Wissen beim Kunden der Grund für eine unberechtigte Beschwerde. Erklären Sie Ihrem Kunden das Produkt und seine Anwendung. Erklären Sie auch, was Ihr Produkt nicht leisten kann. Wenn Sie dem Kunden das Produkt nicht besser erklären können, dann entscheiden Sie im Zweifelsfall für den Kunden, nicht gegen ihn. Haben Sie keine Sorge: Sie werden danach keine Welle unberechtigter Beschwerden erleben. Und wenn sich herumspricht, dass Sie sehr großzügig waren, dann bekommen Sie vielleicht sogar mehr neue Kunden. Wenn die Beschwerde wirklich unberechtigt ist, dann nutzen Sie das Service-Nein.

Hindernisse treten auf Selbst der beste Lösungplan geht nicht immer auf. Sei es, weil Sie etwas nicht bedacht haben, oder sei es, weil Ihr Lieferant nicht schnell genug liefern kann. Sie kennen Murphy’s Gesetz: Alles, was schiefgehen kann, wird schiefgehen (irgendwann). Wenn Murphy mal wieder Recht hat, halten Sie sich an diese drei Regeln: Regel Nummer 1: Geraten Sie nicht in Panik! Sammeln Sie alle Informationen, die Sie haben, organisieren Sie sich: Brauchen Sie einen anderen Lieferanten? Was können Sie an Partner oder Experten abgeben? Welche Kosten kommen aus Sie zu? Können sie das schätzen? Brauchen Sie das Einverständnis des Kunden für eine Änderung? Was können Sie schnell erledigen, was wird längere Zeit dauern? Schnelle Sachen erledigen Sie gleich, der Rest muss warten, bis Sie mit dem Kunden gesprochen haben. Regel Nummer 2: Informieren Sie Ihren Kunden schnell — vor allem bei größeren Änderungen Warten Sie damit nicht, bis Sie eine neue Lösung fix und fertig präsentieren können. Das hat drei Gründe: 1.

Sie verlieren das Vertrauen des Kunden, wenn Sie ihn erst spät informieren.

2. Ihr Kunde muss vielleicht selber umplanen, wenn sich bei Ihnen etwas ändert. Dafür braucht er Zeit. 3. Ihr Kunde hat vielleicht eine gute Idee, was Sie machen können. Zum Beispiel kennt er einen Lieferanten, oder kann mit einer Änderung am Produkt / an der Dienstleistung gut leben. Regel Nummer 3: Seien Sie flexibel Planen Sie um: was können Sie anders machen, wo finden Sie jetzt schnell einen anderen Lieferanten? Entwickeln Sie einen Plan B. Wenn Sie schon dabei sind, dann auch gleich einen Plan C, den Sie hoffentlich nicht brauchen werden.

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Schritt 10: Der Abschluss Geschafft! Ihr Kunde ist zufrieden und Sie hoffentlich auch. Bevor Sie nun wieder zum Arbeitsalltag übergehen, nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit für einen Rückblick. Nutzen Sie die Möglichkeit, aus der Beschwerde zu lernen. So war sie wenigstens zu etwas gut und hat nicht nur Ärger gemacht.

Können Sie eine vergleichbare Beschwerde in Zukunft vermeiden? Was war die Ursache für das Problem? Was können Sie machen, um das in Zukunft zu verhindern? Selbst wenn Ihr Kunde einen Fehler gemacht hat, gibt es für Sie vielleicht eine Möglichkeit, das in Zukunft zu vermeiden. Sie könnten die Gebrauchsanweisung umschreiben oder im nächsten Angebot darauf hinweisen. Dabei sollten Sie allerdings nicht alle möglichen Kunden schon vor dem Kauf verschrecken, nur weil ein Kunde unter vielen einen Fehler gemacht hat. Wenn Ihnen ein Fehler passiert ist, dann grämen Sie sich nicht. Doch wenn er schon passiert ist, dann überlegen Sie, was Sie daraus lernen können. Damit Ihnen genau dieser Fehler in Zukunft nicht mehr passiert. Denken Sie auch darüber nach, was Sie über die Erwartungen Ihres Kunden gelernt haben. Es könnte sein, dass andere Kunden genauso denken. Dann kann es sinnvoll sein, Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung zu ändern und an den Markt anzupassen. Damit Sie auch in Zukunft Erfolg haben. Es ist legitim, wenn Sie sich sich dagegen entscheiden und das Produkt so lassen, wie es ist. Doch es sollte eine bewusste Entscheidung sein. Daher: nutzen Sie die Beschwerde, um darüber nachzudenken. 
 Tipp Viele Kunden, die sich beschweren, möchten wissen, wie Sie das Problem in Zukunft verhindern wollen. Das zeigt ihnen, dass ihre Beschwerde auch anderen nützt. Erzählen Sie daher Ihrem Kunden ruhig, was Sie gelernt haben.

Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden? Haben Sie eine Lösung gefunden, mit der Sie und Ihr Kunde zufrieden sind? Wenn ja, was ist besonders gut an dieser Lösung? Wenn nein, woran lag das? Was würden Sie beim nächsten mal anders machen? Hatten Sie eine Chance, es besser zu machen?

Wie fühlen Sie sich jetzt? … und wie haben Sie sich bei der Bearbeitung der Beschwerde gefühlt? Sind Sie mit Ihrer spontanen Reaktion zufrieden? Wenn nein, was werden Sie beim nächsten Mal anders machen? Wenn ja, wie können Sie dieses Gefühl und Ihr neu erworbenes Wissen aus diesem Kurs nutzen?

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Ende Schauen Sie zum Abschluss das Video „Sie haben es geschafft!“ 
 und geniessen Sie das Gefühl, ein Problem gelöst zu haben. Hier nochmal mein Angebot Wenn Sie Unterstützung brauchen, dann melden Sie sich bei mir. Ich bin zwar wahrscheinlich kein Experte für Ihr Produkt, aber ich habe viel Erfahrung mit der Bearbeitung von schwierigen Beschwerden für sehr komplexe Produkte. Schreiben Sie mir eine E-Mail an [email protected] oder in dringenden Fällen rufen Sie mich an unter 0173 - 682 12 95. Wir vereinbaren dann möglichst schnell einen Termin für ein Telefonat *. * Es kann sein, dass ich gerade bei einem Klienten im Training bin. Dann kann ich Ihnen ein Gespräch am Abend oder in der Mittagspause anbieten. Zur Not geht auch am frühen Morgen. Oder wir behelfen uns mit E-Mails.

Bitte lassen Sie mich wissen, ob dieser Erste-Hilfe-Kasten 
 Ihnen genützt hat und was Ihnen gefehlt hat.
 Sie erreichen mich unter [email protected] .

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Version 1.0 Januar 2016

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