Schlagworte: Dublin-Verfahren, Frankreich, Abschiebungshindernis, gesundheitliche Versorgung, Asylantrag, Abschiebung

VG München, Urteil v. 02.03.2016 – M 12 K 15.50475 Titel: Keine systemischen Mängel im Asylverfahren in Frankreich Normenketten: VO (EU) 604/2013 Art...
Author: Hilko Linden
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VG München, Urteil v. 02.03.2016 – M 12 K 15.50475 Titel:

Keine systemischen Mängel im Asylverfahren in Frankreich Normenketten: VO (EU) 604/2013 Art. 12 Abs. 1, Abs. 4 AsylVfG § 27a, § 34a Abs. 1 GG Art. 16a Abs. 2 S. 1 Leitsätze: 1 Einer Rückführung nach Frankreich stehen derzeit keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen. (redaktioneller Leitsatz) 2 In Frankreich haben Asylbewerber Anspruch auf eine staatliche medizinische Versorgung sowie Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem, sodass kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis vorliegt, da eine Weiterbehandlung möglich ist. (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte: Dublin-Verfahren, Frankreich, Abschiebungshindernis, gesundheitliche Versorgung, Asylantrag, Abschiebung  

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand Der Kläger ist nach eigenen Angaben ein am ... geborener nigerianischer Staatsangehöriger. Am 3. Dezember 2014 reiste er nach eigenen Angaben in die Bundesrepublik Deutschland ein (Bl. 33 der Behördenakte) und stellte hier am 19. Januar 2015 einen Asylantrag (Bl. 8 der Behördenakte). Bei seiner Anhörung am 19. Januar 2015 gab der Kläger an, er habe sein Heimatland am 3. Dezember 2014 verlassen. Er sei mit einem Visum eingereist. In der Akte befindet sich der Auszug aus dem Ausländerzentralregister vom 19. Januar 2015 (Bl. 48 der Behördenakte). Danach hat die französische Botschaft in Lagos dem Kläger am ... Oktober 2014 ein vom 18. November 2014 bis 17. Dezember 2014 gültiges Schengenvisum ausgestellt, mit dem er ins Bundesgebiet eingereist ist. Am 19. Februar 2015 ersuchte das Bundesamt die zuständige Behörde in Frankreich um Wiederaufnahme des Klägers. Frankreich erklärte am 15. April 2015 die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III VO (Bl. 54 der Behördenakte).

Mit Bescheid vom 27. April 2014, zugestellt am 7. Mai 2015, stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) fest, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (Nr. 1), und ordnete die Abschiebung nach Frankreich an (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig sei, da Frankreich aufgrund des französischen Schengenvisums gem. Art. 12 Abs. 4 Dublin III VO für die Bearbeitung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom ... Mai 2015 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Bescheid des Bundesamts vom 17. Dezember 2014 aufzuheben. Gleichzeitig hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (M 12 S 15.50476). Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, der Kläger habe massive Herzbeschwerden und sei nicht reisefähig. Das Attest der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dr. ... und ..., ..., vom 11. Mai 2015 wurde vorgelegt. Die Prozessbevollmächtigte hat auch beantragt, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu gewähren. Eine Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers wurde nicht vorgelegt. Mit Schreiben vom 13. Mai 2015 hat die Beklagte die Behördenakte vorgelegt. Einen Antrag hat sie nicht gestellt. Mit Schreiben vom 29. Mai 2015 bat das Gericht die Beklagte, die Reisefähigkeit des Klägers amtsärztlich überprüfen zu lassen. Die Beklagte bat mit Schreiben vom 22. Juni 2015 das Landratsamt ..., diese Untersuchung durchzuführen. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2016 übersandte das Landratsamt ... das Attest der Amtsärztin vom 11. August 2015. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt, dass beim Kläger im April 2015 die Diagnose einer dekompensierten Herzinsuffizienz gestellt worden sei. Es sei eine medikamentöse Behandlung durchgeführt worden. Ein akutes Konorarsyndrom habe ausgeschlossen werden können. Die Reisefähigkeit des Klägers sei eingeschränkt. Er sei bedingt flugtauglich und sollte für Flugtransporte Sauerstoff erhalten. Der Kläger benötige eine regelmäßige Tabletteneinnahme, die regelmäßige Bestimmung von Laborparametern, eine hausärztliche Überwachung und in größeren Abständen eine kardiologische Vorstellung (Bl. 28 der Gerichtsakte). Die Beklagte erhielt Gelegenheit, sich zum amtsärztlichen Gutachten zu äußern. Eine Äußerung ist nicht eingegangen. Mit Beschluss vom 18. November 2015 (M 12 S 15.50476) lehnte das Gericht den Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO mit der Maßgabe ab, dass bei der Abschiebung des Klägers die Vorgaben des amtsärztlichen Gutachtens vom 11. August 2015 beachtet werden und der Kläger bei der Abschiebung durch einen Arzt begleitet wird. Gleichzeitig wurde der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Mit Beschluss vom 5. Februar 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe Über die Verwaltungsstreitsache konnte entschieden werden, obwohl die Beklagte zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Die Beklagte wurde am 12. Februar 2016 mit Empfangsbekenntnis

ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO. Verfahrensgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2015, mit dem der Asylantrag als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung des Klägers nach Frankreich angeordnet wurde. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da der vorgenannte Bescheid rechtmäßig und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 VwGO Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union Frankreich für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Nach Art. 49 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III VO erfolgt vorliegend die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Dublin III VO, da der Kläger seinen Antrag auf internationalen Schutz nach dem 1. Januar 2014 eingereicht hat. Gemäß Art. 12 Abs. 1 und 4 Satz 2 Dublin III VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, der dem Asylbewerber ein Visum ausgestellt hat, das seit mehr als sechs Monaten abgelaufen ist. Danach ist im vorliegenden Fall Frankreich zuständig. Dem Kläger wurde von der französischen Botschaft in Nigeria (Lagos) am ... Oktober 2014 ein vom 18. November 2014 bis 17. Dezember 2014 gültiges Schengenvisum erteilt (Bl. 1 der Behördenakte). Das Visum ist damit seit mehr als sechs Monaten abgelaufen. Dementsprechend haben die französischen Behörden am 15. April 2015 gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III VO dem Wiederaufnahmegesuch der Beklagte stattgegeben (Bl. 54 der Behördenakte). Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Frankreichs in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen. Die Auslegung der Dublin III Verordnung, die wie die Dublin-II-VO „einen der Bausteine des von der Europäischen Union errichteten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bildet“, und die sich daraus ergebenden Rechte der Asylbewerber sind durch neuere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs geklärt (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S. u. a., C-411/10 und C-493/10 - Slg. 2011, I-13905; EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129, mit Anm. Thym, NVwZ 2014, 130; EuGH, U. v. 10.12.2013 Abdullahi, C-394/12 - juris). Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich, - ähnlich wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (siehe BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) - auf die Annahme, dass alle daran beteiligten Staaten (ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten) die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden, und der Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist, ferner dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 75, 78; vgl. dazu: Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406). Auf der Grundlage dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens hat der Unionsgesetzgeber die Dublin II Verordnung und die Dublin III Verordnung erlassen, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Klägers bearbeiten müssen, und um Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping“

zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen (EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 78, 79; U. v. 10.12.2013, a. a. O., Rn. 52, 53). Aus diesen Gründen kann nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedsstaat die Verpflichtung der übrigen Mitgliedsstaaten zur Beachtung der Dublin III Verordnung berühren und deren Pflicht vereiteln, einen Asylbewerber an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 82, 84, 85). Fehlleistungen im Einzelfall stellen diese Vertrauensgrundlage ebenso wie das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Die Mitgliedstaaten dürfen einen Asylbewerber nur dann nicht an den zuständigen Mitgliedsstaat überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Kläger tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 94, 106; U. v. 10.12. 2013, a. a. O., Rn. 60, 62; U. v. 14.11.2013. a. a. O., Rn. 30). In Bezug auf Frankreich ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass dem Kläger im Falle seiner Rücküberstellung in dieses Land eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass in Frankreich systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen (vgl. VG Augsburg, B. v. 12. 1. 2015 - Au 7 S 14.50364 - juris; VG Augsburg, B. v. 25.9.2015 - Au 5 S 15.50439 - juris; VG Bayreuth, U. v. 18. 12. 2014 - B 3 K 14.50103 - juris; VG Bremen B. v. 4. 8. 2014 - 1 V 798/14 - juris; VG Dresden, B. v. 13.11.2014 - A 2 L 1278/14 - juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 10. 9. 2014 - 7a L 1301/14.A - juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 9. 6. 2015 - 9a L 1226/15.A - juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 24.6.2015 - 7a L 1216/15.A - juris VG Ansbach, B. v. 29. 7. 2014 - AN 4 S 14.50055 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 24. 7. 2014 - 13 L 1502/14.A - juris; VG München, B. v.16.3.2015 - M 12 S 15.50026 - juris). Auch liegen dem Gericht keine Erkenntnisse darüber vor, dass namhafte sachverständige Institutionen, Nichtregierungsorganisationen oder insbesondere der UNHCR eine Empfehlung dahingehend ausgesprochen hätten, Asylbewerber nicht nach Frankreich zu überstellen (VG München, GB v. 12. 5. 2014 - M 21 K 14.30320 - juris). Frankreich gilt außerdem als sicherer Drittstaat i. S. des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylVfG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs- und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (BVerfG, U. v. 14.5. 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 BVerfGE 94, 49). Die Sonderfälle in diesem Sinn entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden führen, im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Solche Sonderfälle liegen, wie oben dargestellt, im Falle Frankreichs nicht vor. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, trotz der Zuständigkeit Frankreichs den Asylantrag des Klägers selbst inhaltlich zu prüfen.

Gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO kann zwar jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. In Ausübung des ihr insoweit eingeräumten Ermessens hat die Beklagte von ihrem Selbsteintrittsrecht jedoch unter Hinweis darauf, dass außergewöhnliche humanitäre Gründe nicht ersichtlich seien, vorliegend keinen Gebrauch gemacht. Dies ist nicht zu beanstanden. Bei Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO handelt es sich um eine restriktiv zu handhabende Ausnahmebestimmung. Eine extensive Anwendung würde das Zuständigkeitssystem der Dublin-III-VO untergraben, was wegen Verletzung des effet utile-Prinzips unionsrechtswidrig wäre (Filzwieser/Sprung, Dublin-III-Verordnung, 2014, Art. 17 K 2). Vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung auf das Vorliegen außergewöhnlicher humanitärer Gründe abstellt. Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylVfG. Der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG muss nach § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG weder eine vorherige Androhung der Abschiebung noch eine Fristsetzung vorausgehen. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann das BAMF die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Auch kann im vorliegenden Fall die Abschiebung des Klägers derzeit durchgeführt werden, ein inländisches oder zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass bei der Anordnung der Abschiebung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG das Bundesamt das Vorliegen nicht nur von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, sondern auch von inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen nach § 60a Abs. 2 AufenthG umfassend zu prüfen hat. Dies gilt auch für nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretende inlandsbezogene Abschiebungshindernisse wie zum Beispiel eine Reiseunfähigkeit im Krankheitsfall (HessVGH, B. v. 25.8.2014 - 2 A 976/14.A - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris; vgl. auch BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14, 2 BvR 1795/14 - juris Rn. 11 m. w. N.). Ein aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis liegt vor, wenn ein Ausländer aus gesundheitlichen Gründen nicht transportfähig ist oder wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass sich sein Gesundheitszustand unmittelbar durch die Ausreise oder Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern wird (vgl. BayVGH, B. v. 9.10.2007 - 24 CE 07.2403 - juris Rn. 11; B. v. 8.2.2013 - 10 CE 12.2396 - juris Rn. 11). Im Fall des Klägers steht aufgrund der amtsärztlichen Stellungnahme des Landratsamtes ... vom 11. August 2015 fest, dass der Kläger grundsätzlich flugtauglich ist, jedoch während des Fluges Sauerstoff bekommen und von einem Arzt begleitet werden sollte. Dies wird durch die getroffenen Maßgaben gewährleistet. Gem. Art. 32 Dublin III VO übermittelt der überstellende Mitgliedstaat (Deutschland) dem zuständigen Mitgliedsstaat (Frankreich) Informationen über besondere Bedürfnisse der zu überstellenden Person (vorliegend die Erkrankung und Behandlungsbedürftigkeit des Klägers) zum Zweck der medizinischen Versorgung oder Behandlung, wozu auch Angaben zur körperlichen oder geistigen Gesundheit gehören können. Dier Weiterbehandlung des Klägers wegen seiner Erkrankung ist in Frankreich möglich, so dass auch kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis vorliegt. Nach Art. 17 Abs.2 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung; Aufnahmerichtlinie; ABl. L 180 vom 29.6.2013, S.96) haben die Mitgliedsstaaten dafür zu sorgen, dass der Schutz der physischen und psychischen Gesundheit des Klägers gewährleistet ist. In Frankreich hat der Asylbewerber Anspruch auf eine staatliche medizinische Versorgung und hat Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem (www.ambafrance-de.org/Asylrecht-in-Frankreich;www.inforadio.de/dossier/zeit-fuer-ziviles-

engagement/leistungen-fuer-asylbewerber). Die ärztliche Behandlung ist kostenlos (www.tagesspiegel.de/politik/eu-staaten-und-fluechtlinge-frankreich-und italien/). Insgesamt liegen beim Kläger weder inlandsbezogene noch zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vor. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.