Sanfter Tourismus - Notwendigkeit, Chancen, Grenzen -

Sanfter Tourismus - Notwendigkeit, Chancen, Grenzen Nicole Vogel Diplomarbeit zur Erlangung des Grades einer Diplom-Kauffrau im Studiengang Tourismu...
Author: Irmela Schenck
0 downloads 0 Views 477KB Size
Sanfter Tourismus - Notwendigkeit, Chancen, Grenzen Nicole Vogel

Diplomarbeit zur Erlangung des Grades einer Diplom-Kauffrau

im Studiengang Tourismusmanagement

an der Karl-Scharfenberg-Fakultät der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel

Erster Prüfer:

Dr. Thomas Potempa

Zweiter Prüfer: Prof.-Dr. Carmen Kissling

Eingereicht am: 05.02.2008

II

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

V

Tabellenverzeichnis

VII

1. Einleitung

1

2. Rahmenbedingungen der Tourismusbranche

3

2.1

Reiseveranstaltermarkt

3

2.2

Flugmarkt

4

2.3

Hotelmarkt

5

2.4

Destinationenkonkurrenz

5

3. Umweltbewusstsein in Deutschland

7

3.1

Entwicklung des Umweltbewusstseins

7

3.2

Statistische Angaben

8

3.3

Umweltbewusstsein im Urlaub

9

3.4

Diskrepanz zwischen Bewusstsein und Verhalten

10

4. Tourismus und Umwelt

12

4.1

Umwelt – Ein touristischer Megatrend?

12

4.2

Ökologische Auswirkungen des Tourismus

13

4.2.1 Verkehrsmittelnutzung

14

4.2.2 Zersiedlung von Landschaften

17

4.2.3 Touristisches Abfallaufkommen

19

4.2.4 Wasserverschmutzung

21

4.2.5 Ressourcenverbrauch

22

4.2.6 Gefährdung der Artenvielfalt

23

4.3

Soziokulturelle Auswirkungen des Tourismus

26

4.4

Wirtschaftliche Abhängigkeit durch touristische Monokultur

29

4.5

Politische Auswirkungen

33

4.6

Positive Tourismusfolgen

35

5. Umweltverträglicher und sozialverantwortlicher Tourismus

38

III 5.1

Sanfter Tourismus

38

5.2

Nachhaltiger Tourismus

40

5.3

Zusammenhang: Sanfter und Nachhaltiger Tourismus

43

5.4

Nachhaltige Tourismuswirtschaft

44

6. Tourismuspolitik

46

6.1

Staatlicher Einflussbereich

46

6.2

Akteure der Tourismuspolitik

51

6.2.1 Bundesebene

51

6.2.2 Länderebene

53

6.2.3 Kommunale Ebene

54

6.2.4 EU-Ebene

55

6.2.5 Globale Tourismuspolitik

57

6.3

Deklarationen und Initiativen

59

6.4

Gegenmaßnahmen der Wirtschaft

61

7. Umweltauszeichnungen im Tourismus

64

7.1

Gütezeichen im Allgemeinen

64

7.2

Gütezeichen im Tourismus

65

7.3

Weitere Umweltauszeichnungen

66

7.4

Einheitliche Umweltauszeichnung in Deutschland

71

7.5

Internationale Gütesiegelinitiativen

75

8. Umfrage zum Thema Sanfter Tourismus

77

8.1

Beschreibung der Problemsituation

77

8.2

Definition der Grundgesamtheit

78

8.3

Erhebungsmethode und Stichprobenauswahl

79

8.4

Konzeption des Fragebogens

80

8.5

Durchführung der Befragung

81

8.6

Auswertung der Ergebnisse

82

8.7

Zusammenfassung

94

IV 9. Fazit

95

Literaturverzeichnis

97

Eidesstattliche Erklärung

104

Anhang A

105

V Abkürzungsverzeichnis ADAC

Allgemeiner Deutscher Automobilclub

AUbE

Akademie für Umweltforschung und Bildung in Europa

BAT

British American Tobacco

BMU

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

bzw.

beziehungsweise

CIPRA

Commission Internationale pour la Protection des Alpes

CSD

Commission on Sustainable Development

d. h.

das heißt

DRV

Deutscher Reisebüro Verband e. V.

EU

Europäische Union

FEE

Foundation for Environmental Education

F.U.R.

Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V.

GATS

General Agreement on Trade in Services

ICAO

International Civil Aviation Organisation

ICLEI

International Council for Local Environmental Initiatives

IUCN

International Union for Conservation of Nature

LTU

Lufttransport-Unternehmen-GmbH

min.

mindestens

NFI

Naturfreunde Internationale

NRO

Nichtregierungsorganisation

Ö.T.E.

Ökologischer Tourismus in Europa e. V.

RAL

Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V.

Tab.

Tabelle

TUI

Touristik Union International

u. a.

unter anderem

UNEP

United Nations Environment Programme

UNO

United Nations Organization

usw.

und so weiter

WHO

World Health Organization

WTO

World Tourism Organization

VI WTradeO World Trade Organization WTTC

World Travel and Tourism Council

WWF

World Wide Fund for Nature

z. B.

zum Beispiel

VII Tabellenverzeichnis Tab. 1 Instrumentarium der staatlichen Tourismuspolitik Tab. 2 Umweltauszeichnungen im Tourismus

51 105

1 1. Einleitung „Zukünftig wird es nicht mehr darauf ankommen, dass wir überall hinfahren können, sondern ob es sich lohnt, dort noch anzukommen.“ (Hermann Löns, 1908)1 Die Tourismuskritik fußt auf frühen Wurzeln. Naturschützer, wie Hermann Löns, erkannten bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bedeutung der Umwelt für den Tourismus. Damals war das Reisen noch einer privilegierten Oberschicht vorbehalten. Seit den 1960er Jahren ist eine quantitative Ausweitung des Tourismus zu beobachten. Man spricht vom so genannten Massentourismus. In der Folge wurde deutlicher, dass die Vielzahl an Reisenden nicht ohne Folgen für die jeweiligen Urlaubsländer und die dort ansässige Bevölkerung bleibt. Die Forderung nach einem Sanften Tourismus wurde laut. In der vorliegenden Arbeit soll herausgestellt werden, was es mit diesem Begriff und den damit verbundenen Veränderungen auf sich hat. Ziel

ist

es

die

Notwendigkeit

eines

umweltverträglichen

und

sozialverantwortlichen Tourismus zu betonen, dessen Grenzen aufzeigen und das Engagement seitens der verschiedenen Akteure herauszustellen. Mittlerweile ist man sich auf allen Ebenen der Tourismuswirtschaft bewusst, dass Natur, Landschaft und Kultur der Urlaubsländer als ‚touristisches Kapital’ unbedingt zu erhalten sind. Politische Akteure setzen sich für ein gesundes Tourismuswachstum mit

möglichst

geringen

Umwelt-

und

Kulturschäden ein. Letztendlich liegt es in der Verantwortung jedes einzelnen Reisenden sich im Zielgebiet so verantwortungsbewusst wie möglich zu verhalten. Mithilfe entsprechend gekennzeichneter Angebote und dem eigenen Wissen und Gewissen wären dem Touristen alle Möglichkeiten gegeben entsprechend umweltbewusst und sozial gerecht zu reisen. Ein interessanter

und

bisher

in

der

wirtschaftswissenschaftlichen

Tourismusliteratur wenig beachteter Aspekt ist die Informationsqualität im Reisebüro in Bezug auf den Sanften Tourismus. Ein Großteil der deutschen Touristen informiert sich und bucht nach wie vor im Reisebüro. Es stellt sich demzufolge die Frage, inwiefern Expedienten über das Wissen und die

1

o. V. (2006), http://www.bfn.de/0323_iyesanft.html, 15.09.07.

2 Bereitschaft verfügen, auf negative, tourismusinduzierte Auswirkungen hinzuweisen und alternative Angebote zu unterbreiten. Um Antworten auf diese Fragestellung zu erhalten und um die grundsätzliche Einstellung gegenüber sanften Reiseangeboten zu erfahren, hat die Verfasserin im Rahmen

der

vorliegenden

Diplomarbeit

eine

Befragung

unter

Reisebüromitarbeitern durchgeführt. „Sanfter Tourismus – Notwendigkeit, Chancen, Grenzen“ soll einen umfassenden Einblick in die Materie des umweltverträglichen und sozialverantwortlichen Reisens gewähren.

3 2. Rahmenbedingungen der Tourismusbranche 2.1 Reiseveranstaltermarkt Lange Zeit war der Markt der Reiseveranstalter durch eine stetig wachsende Nachfrage gekennzeichnet, so dass keine Notwendigkeit bestand neue Tourismuskonzepte zu entwickeln, sondern lediglich der Zuwachs an Kunden befriedigt wurde. Infolgedessen bestand die Produktpalette der einzelnen Reiseveranstalter

größtenteils

aus

standardisierten,

austauschbaren

Massenprodukten, die gegenüber der ebenfalls wachsenden Konkurrenz nur über den Preiskampf durchgesetzt werden konnten. Die jahrzehntelange Anwendung dieser Strategie zog gravierende Folgen sowohl für die Nachfrage, als auch für die Tourismusbranche selbst nach sich. Anstelle von maßgeschneiderten austauschbaren

Qualitätsprodukten

Massenprodukten

wurden

und

die

Urlauber

Dumpingpreisen

mit

geködert.

Mittlerweile leidet die Tourismusbranche infolge ihrer Preispolitik an Unterkapitalisierung und niedrigen Renditen.2 Um trotz des Preisdrucks weiterhin

rentabel

arbeiten

zu

können,

nutzen

die

Unternehmen

Synergieeffekte. Flugsitze und Hotelbetten werden in großen Mengen zu günstigeren

Preisen

eingekauft.

Zudem übernahmen

die

führenden

Reiseveranstalter am Markt kleinere Konkurrenten und schlossen sich gleichzeitig mit Fluggesellschaften, Hotel- und Reisebüroketten zu straff organisierten Komplettanbietern zusammen. Diese neu entstandenen Urlaubskonzerne können die einzelnen Reiseleistungen (u. a. Flug, Hotel) aus einer Hand im eigenen Reisebüro anbieten und verfügen somit über ein enormes

Kontrollpotenzial.

Das

verschafft

ihnen

den

Vorteil

auf

Nachfrageeinbrüche im Zielgebiet schnell reagieren zu können, indem sie Urlauberströme über Preissenkungen umlenken. Die Beherrschung des Veranstaltermarktes wirkt sich außerdem positiv auf die Einkaufsmacht aus. Verhandlungspartner können zu höheren Provisionen ‚gezwungen’ werden.3 Rechtliche Veränderungen forcierten zusätzlich die Entwicklung in Richtung Fusionen und Dumpingpreise. Bis 1994 durften unabhängige Reisebüros z. B. TUI- oder Neckermann-Produkte nur verkaufen, wenn sie über bestimmte 2 3

Vgl. Friedl H. (2002), S. 92ff. Vgl. o. V (1999), http://www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab59.htm, 17.12.07.

4 Lizenzen verfügten. Diese Vertriebsbindung verstieß allerdings gegen die Regeln der EU und wurde abgeschafft. Seitdem können unabhängige Reisebüros selbst entscheiden, welche Produkte sie verkaufen und entziehen sich somit der Kontrolle der Veranstalter. Im Rahmen der vertikalen

Integration,

können

Veranstalter

ihre

firmeneigenen

Reisebüroketten allerdings dazu anhalten bevorzugt konzerneigene Produkte zu verkaufen. Urlaubskonzerne wie LTU, die nicht über eigene Reisebüros verfügen,

können

diesen

Nachteil

nur

durch

Sonderangebote

und

Sonderprovisionen ausgleichen. Gegenwärtig ist der Reiseveranstaltermarkt durch einen weiterhin wachsenden Wettbewerbsdruck gekennzeichnet. Die Konzentrationsbewegungen nehmen zu, die Zahl der ungebundenen Reisebüros

nimmt

infolgedessen

ab,

wohingegen

die

Anzahl

der

Kooperationen, Franchisesysteme und Reisebüroketten stetig größer wird.4 2.2 Flugmarkt Auch im Flugmarkt kam infolge von Deregulierungsmaßnahmen Schwung in die Konzentrationsbewegung. Seit 1991 wurde der Flugmarkt in der EU weitgehend liberalisiert, indem Tariffreiheit, Teilprivatisierungen, die Freigabe von Kapazitäten und erleichterter Marktzugang rechtlich verankert wurden. Diese Veränderung brachte einen vernichtenden Konkurrenzkampf unter den Fluggesellschaften mit sich, der vor allem über den Preiskampf ausgetragen wurde.

Zu

diesem

Zweck

haben

sich

global

agierende

Luftverkehrsnetzwerke, wie beispielsweise die Star Alliance, gebildet, da Übernahmen oder Fusionen zwischen Flugunternehmen rechtlich verboten sind.5 Thomas Petermann prognostizierte bereits 1999, dass unter diesem massiven Wettbewerbsdruck und durch weiter sinkende Preisen langfristig nur einige wenige Mega-Carrier, die mit multilateralen Allianznetzwerken kooperieren, USA,

überleben werden. Ähnliches ereignete sich bereits in den

nachdem

der

damalige

Präsident

Jimmy

Carter

1978

die

Liberalisierung des US-Luftmarktes im Zuge seiner Politik des ‚Open Sky’ durchsetzte. 22 Fluggesellschaften sind seitdem vom Markt verschwunden 4 5

Vgl. Friedl H. (2002), S. 92ff. Vgl. o. V (1999), http://www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab59.htm, 17.12.07.

5 und von 176 Neugründungen hat nur eine einzige überlebt. Heute wird der US-Luftmarkt zu weiten Teilen von American Airlines, United Airlines und Delta Air kontrolliert. Petermanns Prognosen fanden in Europa eine vorläufige Bestätigung, als 2001 infolge der US-Terroranschläge die Kundenzahlen so massiv einbrachen, dass renommierte Carrier, wie u. a. Swiss Air, zahlungsunfähig wurden.6 2.3 Hotelmarkt Die Hotel- und Gastronomiebranche erlebte, ähnlich wie der Flugbereich, in den 1990er Jahren eine Zunahme an Wachstums-, Konzentrations- und Standardisierungsbewegungen.7 Die Tendenz hin zu Fusionen in erheblichen Größenordnungen

und

mehr

und

immer

weiter

geflochtenen

Kooperationsnetzwerken wird seit 1995 durch das internationale Abkommen über den Handel und die Dienstleistungen (GATS) verstärkt. Dieses begünstigt

die

Durchführung

von

Franchise-,

Management-

und

Lizenzabkommen und erleichtert Hotelketten somit den Zugang zu neuen Märkten. Zudem räumt das Abkommen ausländischen Unternehmen denselben

Anspruch

auf

Förderung

und

Vergünstigungen

ein

wie

ortsansässigen und erleichtert den Transfer von Personal und nicht zuletzt den Transfer der Unternehmensgewinne ins Ausland. Infolgedessen verschärft sich der Wettbewerb zwischen mächtigen Hotelketten und der lokalen Privathotellerie.8 2.4 Destinationenkonkurrenz Für Länder und Regionen, die über keinerlei wirtschaftliche Alternativen verfügen, stellt der Tourismus eine der wenigen Chancen dar, Anschluss an den Weltmarkt zu finden. Die Entwicklung einer touristischen Infrastruktur wird jedoch oftmals von westlichen Beratern und transnationalen Konzernen beeinflusst, die das jeweilige Zielgebiet an die Bedürfnisse der Kunden und

6

Vgl. Friedl H. (2002), S. 102f. Vgl. o. V (1999), http://www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab59.htm, 17.12.07. 8 Vgl. Friedl H. (2002), S. 103f. 7

6 somit an gängige Standards anpassen. Damit geben Destinationen ihre einzigartigen Elemente auf und werden im Hinblick auf die internationale Destinationenkonkurrenz austauschbar. Niedrige Preise sollen das Ziegebiet für potenzielle Kunden attraktiv machen. Wenig Beachtung findet hierbei die Tatsache, dass weltweit ein harter Konkurrenzkampf unter den Destinationen vorherrscht, die sich auf austauschbare Merkmale, wie z. B. Sonne und Traumstrand, konzentrieren. Zielgebiete sind in hohem Maß abhängig von transnationalen Unternehmen. Diese bleiben aber nur für die Dauer der Attraktivität und der bestehenden Nachfrage und ziehen schließlich zu einer neuen Destination weiter. Trotzdem verbünden sich die Zielgebiete nicht gegen die gegensätzlichen Interessen der transnationalen Konzerne, sondern

versuchen

durch

Preisreduktionen

Wettbewerbsvorteile

zu

erreichen. Manche Regierungen haben begriffen, dass die Niedrigpreispolitik den Interessen des Landes schadet und konzentrieren sich stattdessen auf hochwertige

Angebote.

Immer

differenzierten Reiseprodukten.9

9

Vgl. Friedl H. (2002), S. 104ff.

mehr

Konsumenten

verlangen

nach

7 3. Umweltbewusstsein in Deutschland 3.1 Entwicklung des Umweltbewusstseins Ohne

Umweltbewusstsein

kann

es

keine

Lösung

der

globalen

Umweltproblematik geben. Erst seit Beginn der 1970er Jahre ist eine Zunahme des Umweltbewusstseins in der Bevölkerung zu beobachten. Zahlreiche

Umweltkatastrophen

und

die

immer

deutlicher

sichtbare

Umweltverschmutzung beeinflussten das Bewusstsein der Menschen. 1972 veröffentlichte der Club of Rome10 den Bericht ‚Die Grenzen des Wachstums’, in dem eine drohende ökologische Katastrophe durch Kriege, Ressourcenverschwendung,

Wassermangel,

Luftverschmutzung,

Überbevölkerung und Klimaveränderung ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wurde.11 Weiter verstärkt wurde das Umweltbewusstsein durch das so genannte ‚Waldsterben’ in den 1980er Jahren, den Rhein-Gau 1983, als 30 Tonnen gefährliche Chemikalien in den Rhein flossen, sowie durch die Atomreaktor-Katastrophe 1986 in Tschernobyl. Die erste Hälfte der 1980er Jahre wird oft als Höhepunkt der Umweltbewegung benannt und als Phase besonders ausgeprägten Umweltbewusstseins angesehen. Die Gründung bedeutender Umweltschutzgruppen, wie beispielsweise die deutsche Sektion von Greenpeace und Robin Wood fällt ebenso in diese Zeit wie die Gründung der Partei Die Grünen (heute: Bündnis 90 / Die Grünen).12 Zusätzlich

beeinflusste

die

zunehmende

Thematisierung

des

Umweltproblems in den Medien das immer größer werdende Bewusstsein der Menschen. Auch der Informationsstand der Menschen über Umwelt und Natur hat sich verbessert und die umweltbezogenen Wertehaltungen und Grundeinstellungen

wurden

sensibilisiert.

Allgemein

ist

Umweltbewusstsein in Deutschland vergleichsweise stark ausgeprägt.13

10

Club of Rome = Gemeinnütziges, internationales Netzwerk, dessen maximal 100 ausgesuchte Mitglieder in allen Lebensbereichen, d. h. in allen Kulturen, Ideologien, Berufen und Wissenschaftszweigen, vertreten sind 11 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 69ff. 12 Vgl. o. V., http://de.wikipedia.org/wiki/Umweltbewusstsein, 02.12.07. 13 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 69ff.

das

8 3.2 Statistische Angaben Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) führt im Abstand von 1-2 Jahren eine Studie zum Umweltbewusstsein in Deutschland durch. 2006 sahen 25% der Bundesbürger den Umweltschutz als wichtigstes Problemfeld Deutschlands. Besonders die Thematik des weltweiten

Klimawandels

dürfte

dafür

verantwortlich

sein,

dass

Umweltprobleme im Allgemeinen in den letzten zwei Jahren verstärkt in das öffentliche Bewusstsein vorgedrungen sind. Allerdings werten die Deutschen andere politische Aufgaben, wie etwa die Situation am Arbeitsmarkt, mit einer höheren Priorität. Interessant ist auch die Sichtweise der Bevölkerung hinsichtlich der lokalen und globalen Umweltqualität. Je weiter der Blick auf den Zustand der Umwelt in die Ferne schweift, desto schlechter wird das Urteil. 84% bewerten die Umweltqualität in der eigenen Gemeinde mit sehr gut oder recht gut wohingegen einschätzten.

nur

9%

Durch

die die

weltweite

Umweltqualität

Massenmedien

so

optimistisch

transportierte

globale

Umweltprobleme wie der Klimawandel, der Verlust biologischer Arten, sowie stark

ansteigende

Umweltbelastungen

in

Schwellen-

und

Entwicklungsländern werden der Bevölkerung offensichtlich immer bewusster und färben das Urteil stark negativ ein. Nur in der eigenen kleinen Welt zu Hause scheint der Zustand der Umwelt noch in einem guten Zustand zu sein, hier gibt es keinen unmittelbaren Handlungsdruck.14 Im Hinblick auf die weltweiten Umweltprobleme jedoch ist die Bevölkerung erkennbar beunruhigt und verlangt nach mehr Umweltschutz. Im Rahmen einer Untersuchung des BMU zum Umweltbewusstsein bei Urlaubsreisen in Deutschland forderten 73% der Befragten mehr Engagement für den Umweltschutz seitens des Staates. Schließlich konnte die Regierung durch Umweltschutzmaßnahmen wie beispielsweise die Einführung des Grünen Punkts oder die Verpackungsverordnung von 1991 beachtliche Erfolge erzielen. Allerdings spiegelt die Forderung nach staatlichen Maßnahmen auch die Tatsache wieder, dass Menschen in unserer Gesellschaft ungern

14

Vgl. o. V., http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3113.pdf, 02.12.07.

9 Eigeninitiative ergreifen und die Verantwortung eher an andere abgeben möchten.15 So sank die Zahl der aktiven Umweltschützer von 28,7% im Jahr 1990 auf 14,8% im Jahr 1999. 3.3 Umweltbewusstsein im Urlaub In Bezug auf Urlaubsreisen hat das Umweltbewusstsein im Verlauf der 1980er Jahre eine zunehmende Bedeutung in der deutschen Bevölkerung erlangt.16 Im Jahr 2001 führte Prof. Dr. Torsten Kirstges eine Befragung in deutschen Privathaushalten zum Thema Umweltbewusstsein im Tourismus durch. Auch in

diesem

Bereich

zeigt

sich,

dass

durchaus

Interesse

an

Umweltinformationen besteht, allerdings wenig Motivation zu dessen aktiver Umsetzung vorhanden ist. 72,7% der Befragten erwarten von ihrem Reisebüro, dass es in der Lage ist über die Umweltsituation im Zielgebiet zu informieren. Tipps für umweltschonendes Verhalten, detaillierte Hinweise zu Umwelt-

und

Naturschutzmaßnahmen

und

die

Kennzeichnung

umweltfreundlicher Angebote in Katalogen und Prospekten werden von über 50% als wichtig bis sehr wichtig eingestuft. Die Umweltqualität der Destination ist auch ein wichtiger Aspekt bei der Reiseentscheidung. 58% der Befragten sehen Umweltverschmutzung im Urlaubsland als Hürde an und würden sich davon vom Urlaub in diesem Zielgebiet abhalten lassen.17 Der Tourist bemerkt zwar die verunreinigte und zerstörte Umwelt, sieht aber nicht seinen eigenen Beitrag zu dieser Schadensanrichtung. „Der Tourist ist immer

wieder

ein

anderer

Mensch.“18

Davon

abgesehen

hat

die

Sensibilisierung der Touristen für Umweltprobleme stark zugenommen, was sich auch darin äußert, dass Umweltverschmutzung im Zielgebiet vermehrt bemerkt wird. Das Urlaubsmotiv Natur ist von wachsender Bedeutung, weshalb auch besonders wichtige Zielgebiete nicht mehr den Vorstellungen kritischer gewordener Touristen entsprechen. So haben z. B. spanische Ferienziele, wie vor allem die Kanarischen Inseln, immer wieder starke 15

Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 29ff. Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 69ff. 17 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 121ff. 18 Krippendorf, J. (1986), S. 133. 16

10 Buchungsrückgänge zu verzeichnen. Diesen und anderen Zielgebieten des Massentourismus droht durch bereits vorhandene Umweltschäden in Zukunft eine Urlauberabstinenz. Noch sind in alternativen Zielgebieten keine ausreichenden Kapazitäten vorhanden, doch erste Anzeichen sprechen schon für eine Neuorientierung der Nachfrager.19 Die zukünftige Entwicklung des Umweltbewusstseins steht in enger Verbindung

mit

der

wirtschaftlichen

Situation.

Denn

Produkte

mit

Umweltqualität und Umweltschutz im Allgemeinen haben ihren Preis. Im Rahmen einer Untersuchung des BMU im Jahr 2000 gab lediglich die Hälfte der Befragten an, dass sie bereit wären höhere Preise für umweltfreundliche Produkte zu zahlen. Knapp 50% sprachen sich gegen Zahlung von höheren Steuern und Abgaben für einen verbesserten Umweltschutz aus. Die Bevölkerung will sich nicht verpflichten lassen einen finanziellen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.20 Die statistischen Angaben zeigen, dass die Reisenden durchaus für das Thema Umwelt sensibilisiert sind, allerdings steht diesem Bewusstsein oft ein widersprüchliches Verhalten gegenüber. 3.4 Diskrepanz zwischen Bewusstsein und Verhalten Zwei Drittel der Bundesbürger gaben bei einer BAT-Studie21 an, in den letzten Jahren vor der Befragung umweltbewusster geworden zu sein, aber nur bei 18% war ein umweltbewussteres Verhalten zu beobachten. Im umweltschonenden

Handeln im Urlaubsgebiet sind

nur

geringe

Fortschritte zu verzeichnen. Angesichts des alljährlichen Reiseaufkommens kann von Umweltverträglichkeit keine Rede sein. Jedes Jahr nehmen die Urlauber kilometerlange Staus in Kauf, um ihr Urlaubsziel zu erreichen. Zudem besuchen sie weiterhin Orte, die Ziel einer großen Zahl anderer Reisender sind und aus diesem Grund nur wenig intakte Natur zu bieten haben. Auf der Seite der Verbraucher scheint das Umweltbewusstsein zu

19

Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 136ff. Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 29ff. 21 BAT = Die Stiftung British American Tobacco fördert die Entwicklung von Ansätzen zur nachhaltigen Lösung künftiger Gesellschaftsprobleme 20

11 stagnieren. Umwelt scheint zu einem alltäglichen Thema in unserer Gesellschaft geworden zu sein.22 Auch

in

die

Urlaubsplanung

wird

das

durchaus

vorhandene

Umweltbewusstsein noch nicht effektiv integriert. Nur 11,7% der Kunden fragt eigenständig nach Informationen zur Umweltsituation im Urlaubsort und wenn überhaupt besteht fast ausschließlich Interesse an der Strand- und Wasserqualität. Auch wenn die Deutschen im Vergleich zu anderen europäischen Staaten relativ umweltsensibel und sogar handlungsbereit sind, nehmen sie dennoch kaum Einschränkungen ihres Lebensstandards zugunsten der Umwelt in Kauf. Die Verantwortung für die Umwelt wird eher an die Politik, die Technik, die Wissenschaft oder eben an die Reisebranche, und dort in erster Linie den Reiseveranstaltern, weitergereicht. Problematisch ist vor allem, dass sich Touristen zwar über die Umweltqualität im Zielgebiet informieren, aber oftmals nicht bedenken, dass auch ihre Urlaubsreise Auswirkungen

auf

die

Umwelt

hat.

Die

Voraussetzungen

für

umweltbewusstes Verhalten sind zum einen ein ausreichendes Wissen hinsichtlich der Auswirkungen der Reise und zum anderen eine persönliche Betroffenheit, die aus Erfahrungen vorangegangener eigener Reisen oder den Erzählungen Bekannter oder dem alltäglichen Leben stammen.23

22 23

Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 69ff. Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 137ff.

12 4. Umwelt und Tourismus 4.1 Umwelt – Ein touristischer Megatrend? Tourismus und Umwelt gehören zusammen, wobei Umwelt durchaus ohne Tourismus, Tourismus aber nicht ohne Umwelt existieren kann. Unter Umwelt sind sowohl Natur und Landschaft, als auch Kultur und soziale Aspekte zu verstehen.24 Reisen ist die populärste Form des Glücks. Den Reisenden treibt es fort vom unmenschlichen Alltag der modernen Industriegesellschaft, hinaus in die Ferne in die unberührte Natur, um dort seinen Wunschtraum nach Freiheit zu erfüllen. Zwei Formen des Tourismus müssen unterschieden werden: ‚Hin zu’ und ‚Weg von’.25 Der ‚Hin zu’ –Tourismus findet aus Interesse an anderen Ländern und Menschen und der Freude am Reisen und Forschen statt. Die Destination wird gezielt ausgewählt. Im Gegensatz dazu spielt das Reiseziel für den ‚Weg von’ –Touristen nur eine untergeordnete Rolle. Der Urlaub vom Alltag soll Distanz vom Stress im Beruf, in der Familie und der Konfrontation mit globalen Problemen (Terror, Welthunger…) bringen. Freiheit, Abwechslung, Entspannung und Erholung als natürliche Bedürfnisse jedes Menschen stehen am Anfang der touristischen Nachfrage.26 Am Urlaubsort kommt es zu Begegnungen mit den Einheimischen. Diese Begegnung kann harmonisch ablaufen oder einer Konfrontation gleichen. ‚Hin zu’ –Touristen haben sich bewusst für ihr Reiseziel entschieden und sind zumeist mit den Gegebenheiten des Landes vertraut. ‚Weg von’ –Touristen suchen Freiheit und sind oftmals nicht bereit Einschränkungen in ihrer persönlichen Freiheit hinzunehmen. Das kann zu Konfrontationen

mit

den

Alltagssituation

befinden

Bereisten

führen,

und

Verhalten

das

die

sich der

hier

in

ihrer

Touristen

nicht

27

nachvollziehen können.

Ökologie und Moral sind die großen Spielverderber im Urlaub. Trotzdem muss rücksichtslosem Verhalten gegenüber Natur und Kultur frühzeitig Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Situation ist paradox: Tourismus 24

Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000) S. 68ff. Vgl. Klingenberg, K.-H. (1991), S. 8ff. 26 Vgl. Klingenberg, K.-H. (1991), S. 12. 27 Vgl. Klingenberg, K.-H. (1991), S.10f. 25

13 braucht und bedroht Umwelt zugleich.28 Einen wesentlichen Teil der Lebensqualität von Urlaub macht das Natur- und Landschaftserleben aus. Zunehmender Wohlstand, Motorisierung und die Abnahme der Arbeitszeit, sowie die damit verbundene Zunahme von Freizeit haben dazu geführt, dass Massen von Urlaubern sich dieses Vergnügen gönnen. Die Erschließung neuer Zielgebiete ist keinesfalls die Lösung des Problems. Vielmehr wird der sanfte Tourist gesucht, der möglichst keine Spuren hinterlässt. Das heißt, der gesuchte

verantwortungsbewusste

Tourismus

geht

einher

mit

einer

Veränderung des Reiseverhaltens. Umweltbewusst denken ist eine Sache, umweltbewusst handeln eine ganz andere. Freiwillig aus persönlicher Einsicht heraus sollen Reisende auf lieb gewonnene Freizeitaktivitäten verzichten.

Konkret

bedeutet

das:

mehr

Freizeit

haben,

aber

die

Freizeitmobilität einschränken, mehr Sportinteressen haben, aber nicht alle Sportarten ausüben können, mehr Urlaub haben, aber nicht überall hinreisen können. Persönliche Opfer, Nachteile und Unbequemlichkeiten müssen in Kauf genommen werden.29 4.2 Ökologische Auswirkungen des Tourismus Tourismus

bringt,

genau

wie

jede

andere

menschliche

Aktivität,

Umweltveränderungen mit sich - Neben positiven Einflüssen ist auch eine Vielzahl

negativer

zu

nennen.

Es

gilt:

Ein

Tourismus

ohne 30

Beeinträchtigungen der Umwelt ist nur derjenige, der nicht stattfindet. Diese Kritik

läuft

darauf

hinaus,

aus

ökologischen

Überlegungen

heraus

Reiseverbote auszusprechen. Neben der Tatsache, dass Verbote die Legitimität eines demokratischen politischen Systems untergraben, ist es illusorisch auf diese Weise einen umwelt- und sozialverträglicheren Tourismus erzwingen zu wollen. Die Tourismuswirtschaft ist einer der wenigen, wenn nicht sogar der letzte der Wirtschaftszweige, die noch Gewinn und Beschäftigung bieten können. Bedenkt man, dass die bevölkerungsreichsten Länder der Erde, und somit

28

Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 9ff. Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 11ff. 30 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 64ff. 29

14 der größte Teil der Weltbevölkerung, noch keinen Anteil an Tourismus und Reisen hat, so wird deutlich, dass der Zenit der Tourismusentwicklung, und damit verbunden der Zenit der tourismusinduzierten Auswirkungen, noch längst nicht erreicht ist.31 Momodou Cham, der Tourismusminister Gambias, bemerkte ganz richtig: „Tourismus ist wie Gift – an einer Überdosis stirbt man“.32 Damit spielt er auf die Vielzahl ökologischer und soziokultureller Probleme an, die Tourismus, und insbesondere Massentourismus, heute mit sich bringt. Sollten China, Indien und die afrikanischen Länder jemals beginnen nach dem westlichen Vorbild zu reisen, so werden die negativen Folgen nicht mehr einzudämmen sein.

Die

wesentlichen

Aspekte

der

touristischen

Umwelt-

und

Sozialproblematik werden in den folgenden Abschnitten erläutert. 4.2.1 Verkehrsmittelnutzung Die

größte

tourismusinduzierte

Umweltbelastung

resultiert

aus

dem

Transport. Die Wahl des Verkehrsmittels ist von entscheidender Bedeutung, da 90% des gesamten Energieverbrauches auf die An- und Abreise zurückzuführen sind.33 Aus ökologischer Sicht sind Bus und Bahn die umweltschonendsten Verkehrsmittel, während sich der PKW und vor allem das Flugzeug für den Großteil der, durch Tourismus verursachten, Treibhausgasemissionen verantwortlich zeichnen. Die Reiseanalyse 2006 der F.U.R. ergab allerdings, dass 2005 45,2% der Inlands- und Auslandsreisen der Deutschen mit dem PKW / Wohnmobil und 36,8% mit dem Flugzeug unternommen wurden. Auf Bus und Bahn entfiel ein Anteil von jeweils nur 9,8% bzw. 8,0%. Damit erreichen Flugreisen den höchsten je gemessenen Wert. Gründe hierfür sind unter anderem in dem florierenden Billigflugsegment sowie in der positiven Entwicklung bei Fernreisen zu suchen. Wie beispielsweise das Fahrverbot auf den deutschen Ferieninseln der Nordsee sowie in den Gebirgsorten Oberstdorf und Zermatt beweist, kann die Wahl des Verkehrsmittels am

31

Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 64f. Friedl H. (2002), S. 55. 33 Vgl. Friedl H., (2002), S. 57f. 32

15 Urlaubsort beeinflusst werden. Eine Attraktivierung des ÖPNV, sowie die Förderung des Verkehrs auf Fuß- und Radwegen können wesentlich zur Verkehrsreduzierung vor Ort beitragen.34 Allerdings erfolgt der Großteil der touristisch bedingten Treibhausgasemissionen durch die An- und Abreise der Gäste. Hierbei ist die Lenkung zu umweltfreundlicheren Verkehrsmitteln nur bedingt möglich. Die lokale Tourismuspolitik kann in Zusammenarbeit mit der Bahn

und

der

örtlichen

Wirtschaft

ein

Gepäckbeförderungs-

und

Verleihsystem entwickeln, das den Gebrauch des eigenen PKW für den Transport von sperrigen Urlaubsutensilien (Skier, Surfbretter, Fahrräder etc.) überflüssig macht.35 In den letzten Jahrzehnten war jedoch eine Tendenz zu Auslandsaufenthalten

zu

beobachten,

so

dass

das

Flugzeug

als

Reiseverkehrsmittel immer mehr an Bedeutung gewann. Problematisch ist das Fehlen umweltfreundlicher Verkehrsmittel, die eine attraktive Alternative zum Flugzeug bei Mittel- und Fernstreckenzielen darstellen. 2006 reisten 67,9 % der deutschen Urlauber ins Ausland und 54,3% unter ihnen wählte das Flugzeug als Verkehrsmittel zur An- und Abreise.36 Verkehrsemissionen sind wesentliche Verursacher des Klimawandels, der sich in der Zerstörung der Ozonschicht, der Verschiebung der Klimagürtel, der Erwärmung der Atmosphäre und dem damit verbundenen Ansteigen des Meeresspiegels auswirkt. Besonders flache Küstenregionen sind dadurch akut bedroht. Vermehrte Niederschlagsmengen führen zu Erosionen, Überschwemmungen, zur Versalzung von Trinkwasser und zur Zerstörung der Infrastruktur. Verminderte Niederschläge lösen Dürrekatastrophen aus und bedrohen sowohl die Menschen, als auch die Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt in ohnehin sensiblen Regionen.37 Neben Klimaveränderungen und dem Treibhauseffekt

resultieren

Gesundheitsschäden

durch

Schädigungen

Tier-

der

aus

Lärm und

und

einer hohe

Pflanzenwelt

hohen

Verkehrsintensität

Luftbelastungen. durch

Stickoxide 38

Kohlenwasserstoffe sind Folgen der Verkehrsentwicklung.

Auch und

Zudem ist der

zunehmende Verkehr mitverantwortlich für den zunehmenden Verbrauch von

34

Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 32ff. Vgl., Mundt, J. (2006), S. 519ff. 36 Vgl. o. V., http://www.fur.de/downloads/Reiseanalyse_2007.pdf, 15.12.07. 37 Vgl. Friedl H. (2002), S. 60ff. 38 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 31f. 35

16 Erdöl und den damit verbundenen Gefahren bei dessen Förderung und Transport. Tankerunfälle an zahlreichen Küsten haben diesen durch Ölverseuchung irreversible Schäden zugefügt.39 Eine globale Lösung des touristischen Verkehrsproblems ist derzeit nicht in Sicht. Angesichts der hohen Umweltbelastungen durch den Flugverkehr werden die Forderungen nach einer Besteuerung des Flugbenzins und somit einer erheblichen Verteuerung von Flugpreisen immer deutlicher. Flugbenzin ist momentan der einzige Treibstoff, der nicht weltweit besteuert wird. Allerdings stehen der globalen Einführung der so genannten Kerosinsteuer diverse Hindernisse im Weg, deren Überwindung momentan aussichtslos erscheint. Angesichts des stark globalisierten Marktes müsste sie weltweit zur gleichen Zeit eingeführt werden. Hierzu fehlen momentan die Entscheidungsstrukturen.

Die

ICAO

(Internationale

Zivilluftverkehrs-

Organisation), müsste unter einen gewaltigen global-politischen Druck gesetzt werden, wofür es jedoch, angesichts der unterschiedlichen Interessen, keine geeigneten Akteure gibt. Zudem müsste die Höhe der Besteuerung international harmonisiert sein, um Tank-Ausweichflüge zu vermeiden – ein kaum lösbares Problem. Es stellt sich auch die Frage, wer Anspruch auf die Einnahmen hätte. Soll die Menge Treibstoff besteuert werden, die getankt wird oder diejenige, die verbraucht wird? Viele Entwicklungsländer, angewiesen

sind,

die

mangels

könnten

Verkehrswissenschaftler

einen

fordern

Alternativen

auf

wirtschaftlichen außerdem

die

den Kollaps

Tourismus erleben.40

Schließung

von

Regionalflughäfen, die Einführung eines Tempolimits, sowie niedrigere Flughöhen. Diesen Forderungen stehen die ökonomischen Interessen der Tourismusbranche entgegen.41 Es gibt aber durchaus Ansätze, die zeigen, dass man Schritte in die richtige Richtung machen kann. Beispielsweise versuchte der Reiseveranstalter Studiosus, als einer der Ersten, die negativen Transportenergiebilanzen zu verringern, indem er Rail&Fly einführte. Hierbei ist die Bahnanreise vom Wohnort zum Abflughafen im Reisepreis inklusive.42 Mittlerweile haben auch andere Reiseveranstalter 39

Vgl. Friedl H. (2002), S. 60ff. Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 94f. 41 Vgl. Friedl H. (2002), S. 59ff. 42 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S.77f. 40

17 dieses Konzept übernommen. Ziel ist es den innerdeutschen Flugverkehr zu reduzieren,

da

besonders

Treibstoffverbrauchs,

eine

Kurzstreckenflüge, schlechte

aufgrund

Energiebilanz

des

hohen

aufweisen.

Ein

Kurzstreckenflug verbraucht bei durchschnittlicher Auslastung 10,5 Liter pro Person je 100 Kilometer, während für einen Langstreckenflug „nur“ 6,7 Liter pro Person je 100 Kilometer benötigt werden.43 4.2.2 Zersiedlung von Landschaften Tourismus

ist,

abgesehen

von

wenigen

Ausnahmen,

wie

dem

Geschäftsreisetourismus, abhängig von einer intakten Landschaft und Natur. Paradoxerweise ist Tourismus in manchen Ländern gleichzeitig einer der größten Verbraucher von Land. Ziel der Umweltpolitik muss es sein, die Zerstörung von Landschaft und Natur möglichst gering zu halten. In Deutschland gibt es keine Statistiken über den Flächenverbrauch durch Tourismus, da beispielsweise die Verkehrsinfrastruktur nicht ausschließlich für touristische Zwecke, sondern auch für Gütertransport und Berufsverkehr, genutzt wird. Beherbergungsbetriebe in Deutschland machen zwar mit 0,7% einen sehr geringen Teil der gesamten Siedlungs- und Verkehrsfläche aus, allerdings können sie schwerwiegende lokale Schäden verursachen, wenn sie in schützenswerten Gebieten errichtet werden. Es ist Aufgabe der Tourismuspolitik des jeweiligen Landes, der Region oder Gemeinde diesem Problem beispielsweise mit Umweltauflagen für die Neuansiedlung von Hotels entgegenzuwirken. Allerdings stehen dieser Politik oft erhebliche Hindernisse im Weg.44 Eine enorme Umweltbelastung ist auch die zunehmende Inanspruchnahme von Fläche. Die, pro Kopf der Bevölkerung verfügbare Vegetation, tragende Fläche nimmt stetig ab und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Das Bundesumweltministerium weist nach, dass Freizeit und Tourismus diese Entwicklung noch verschärfen, da Urlauber zunehmend bisher unberührte Gebiete aufsuchen. Mit einer Expansion des Urlaubstourismus ist immer auch Landschaftsfraß verbunden. Natur wird in allgemein zugängliche 43 44

Vgl. Friedl H. (2002), S. 58. Vgl., Mundt, J. (2006), S. 521ff.

18 Feriengebiete umgewandelt, Unberührtes wird berührt, freie Landschaft wird verbaut und der freie Zugang zu Seeufern und Meeresküsten versperrt. Touristische Infrastruktur ist zwangsläufig mit Flächenverbrauch und Bodenversiegelung verbunden. Eine der schwerwiegendsten Folgen ist der Verlust von Sanddünen an den Küsten. 40% der noch vorhandenen Dünen an der Atlantikküste wurden zerstört, in Italien liegt der Rückgang der Sanddünen sogar bei 80%. In Frankreich muss vor jeder Saison Sand am Festland ausgebaggert und an der Côte d’Azur auf die erodierten Strandstreifen

gepumpt

werden,

um den

Urlaubern

ihre

gewohnte

Strandqualität bieten zu können.45 Und die Verbauung der Küstenstreifen nimmt kein Ende, zu wenig hat man aus den bestehenden Betonburgen gelernt.46 Besonders landschaftszerstörend wirken Ferienzentren, die vorwiegend

in

besonders

reizvollen

Landschaften

entstehen,

wie

beispielsweise Center Parc Bispingen in der Lüneburger Heide. Touristische Siedlungen, verbunden mit dem unkontrollierten Bau von Skiarenen und Sportanlagen, können immense Schäden anrichten, geschehen zum Beispiel in den französischen Trois Vallées. Die Entwicklung des Tourismus verstärkt weltweit den Druck auf die Ökosysteme. Die Alpen als beliebtes Reiseziel, sowohl im Sommer, als auch im Winter, leiden unter der starken Belastung durch den Tourismus. Insgesamt überzieht ein Netz von 12000 Skiliften, 40000 Pisten und 5 Millionen Betten den Alpenraum. Die Übererschließung und Überbeanspruchung der Berge hat die zunehmende Erosion der Bergböden zur Folge. Der Kreislauf Mehr Pisten – mehr Hotelbetten – mehr Pisten könnte langfristig gesehen dazu führen, dass die Alpen ihre Funktion als Erholungsgebiet verlieren. Zerstörte Landschaften drohen ausgemustert zu werden, wenn sie dem Anspruch der Urlauber an eine intakte Natur nicht mehr gerecht werden können.47 Neben der Landschaftsverbauung können auch diverse Sportarten negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Problematisch hierbei ist vor allem das Auftreten der Touristen in Massen. Auch Wanderer können, wenn keine Besucherlenkung erfolgt, große (Tritt)Schäden

45

anrichten.

Die

Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 121ff. Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 67ff. 47 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 121ff. 46

Nachfrage

nach

wasserbezogenen

19 Freizeitaktivitäten (tauchen, segeln, Wasserski fahren etc.) übersteigt längst das Angebot an ökologisch vertretbar nutzbaren Gewässern.48 4.2.3 Touristisches Abfallaufkommen Hoch problematisch ist der Aspekt der Müllentsorgung - vor allem in Ländern und Regionen, die nicht über die nötige Infrastruktur verfügen. Das betrifft in erster Linie Entwicklungsländer, aber auch Ferieninseln wie beispielsweise Mallorca oder die Kanarischen Inseln.49 Besonders belastend für die Umwelt ist der so genannte Freizeitmüll, der zu einem Großteil aus zersetzungsresistenten Materialien wie Kunststoff besteht. Dazu gehören u. a. Sportartikel, Zelte, Schlauchboote, Wasserski, Angelruten, kurz gesagt Produkte, die ständig in neuen Varianten auf den Markt geworfen werden. Der allein durch Sport- und Skischuhe anfallende Müll in der Alpenregion entspricht dem Abfall einer Stadt mit 10.000 Einwohnern während eines ganzen Jahres (Berner Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus). Hinzu kommt die zunehmende Wegwerf-Mentalität der Ausflügler und Urlauber, die von der Konsumindustrie unterstützt und gefördert wird. Anstelle von wieder verwendbaren Verpackungen werden immer häufiger solche mit Einweg-Charakter genutzt (Plastikbehälter, Blechdosen, etc.). Allein für den Freizeit- und Unterwegsbedarf wird derzeit eine Blechdosenlawine von 2,5 Milliarden Stück pro Jahr produziert. Hinzu kommen Bequemlichkeit und geringes Umweltbewusstsein. Folglich bereitet die Beseitigung der Müllberge zunehmend größere Schwierigkeiten.50 Besonders in Entwicklungsländern mangelt es an der nötigen Infrastruktur zur artgerechten Entsorgung. Die üblichen Abfälle der einheimischen Bevölkerung sind zumeist kompostierbar, aber mit den Touristen nimmt die Menge an zersetzungsresistentem Müll zu. Hochinfektiöse Müllberge, ‚Plastikwälder’ oder Smogbelastung durch unsachgemäßes Verbrennen sind die Folge. In schwer zugänglichen Regionen, wie dem Himalaya oder der Inkafestung Machu Picchu in Peru, wurden mit Räumungsaktionen immense

48

Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 67ff. Vgl., Mundt, J. (2006), S. 524ff. 50 Vgl., Opaschowski, H. (1991), S. 32ff. 49

20 Mengen an Lebensmittelsdosen und ähnlichem Abfall abtransportiert. Mitte der 1980er Jahre wurden 1,5 Millionen Tonnen Müll den Mount Everest hinunter befördert. Am Wanderpfad zu Machu Picchu wurden in einer ähnlichen Aktion 16.000 leere Dosen eingesammelt.51 Auch

an

Orten

des

Müllbeseitigungsanlagen,

Badetourismus weshalb

mangelt

Hotelabfälle

es

oftmals

verbrannt,

in

an

Buchten

notdürftig abgelagert oder, wie im Fall der Kreuzfahrtschiffe, im Meer versenkt werden. Auch die Insulaner der Malediven werfen ihre Abfälle direkt ins Meer, wodurch sich mittlerweile Müllberge aus Plastiktüten und Blechdosen am Meeresgrund türmen. Die Tüten verfangen sich in den Korallen und ersticken sie. Auch die Unterwasserverrottung von Abfällen entzieht dem Wasser den Sauerstoff und führt zum Absterben der Riffe. Von

allen

tourismusinduzierten

Müllbeseitigung

am

leichtesten

Umweltproblemen lösbar,

da

wäre ein

das

der

‚besseres’,

umweltfreundlicheres Verhalten der Reisenden schon ein wesentlicher Fortschritt wäre. Strukturelle Veränderungen sind kaum notwendig.52 Die Ferieninsel Mallorca versinkt fast im Müll. Jedes Jahr fallen durch Touristen 90000 Tonnen Müll an, deren Entsorgung ein nahezu unlösbares Problem darstellt. Ein Positivbeispiel liefert hingegen die Kanareninsel Fuerteventura: Neben Wind- und Solarenergie setzt man hier auf Biomassevergasung. 60% der Hotelabfälle sind organische Stoffe und können in Biogas-Anlagen, wie beispielsweise RISCO DEL GATO, vergärt werden. Das entstandene Biogas trägt dazu bei fossile Brennstoffe zu sparen. Zudem erzielt man mit dieser Methode eine Verringerung von Geruchsemissionen gegenüber der Kompostierung.53 Die Fluggesellschaft LTU und ihre Gäste tragen zur Entlastung der Malediven hinsichtlich des Müllproblems bei. Nach der Landung wird den Urlaubern ein Plastiksack ausgehändigt, in dem die Feriengäste während ihres Aufenthaltes ihren Müllsammeln sollen. 70% nutzen diese Option und verhindern damit, dass die Inseln ihren Müll auf andere Art entsorgen.54

51

Vgl. Friedl H. (2002), S. 62f. Vgl. Friedl H. (2002), S.69ff. 53 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 32ff. 54 Vgl. Loppow, B. (1994), http://www.zeit.de/1994/42/Malediven-Taucher-saeubern-Riffe, 20.10.07. 52

21 4.2.4 Wasserverschmutzung 55% der Bevölkerung sind der Auffassung, dass in erster Linie Schiffe, Vergnügungsdampfer und Wassersportler für die Verschmutzung der Gewässer verantwortlich sind. Trotzdem verzeichnet der Kreuzfahrtmarkt Zuwächse und die Nachfrage der Wassersportarten und deren Vielfalt steigt. Die Vielzahl an Wassersportarten wie Surfen, Rafting, Tauchen, Sportangeln, Motorboot

fahren

etc.

verursachen

Schäden

im

Gewässer-

und

Uferrandbereich und sorgen zum Teil für erhebliche Lärmbelästigung. Die große Zahl an Kreuzfahrtschiffen zieht neben Öl- und Schadstoffausstößen ein Entsorgungsproblem nach sich. Häufig wird anfallender Abfall im Meer versenkt, wobei fehlende allgemeingültige Bestimmungen für Schiffe mit Hunderten von Passagieren an Bord der Lösung des Problems nicht förderlich

sind.

Bei

Schiffsneubauten

ist

der

Einbau

einer

Müllverbrennungsanlage keine Pflicht. In vielen Anlaufhäfen sind die Entsorgungsgebühren höher, als die bei Verstößen verhängten Strafen.55 Die von Motorbooten, Jetskis etc. häufig frequentierten Seen leiden unter den Rückständen, die diese hinterlassen. Der Öl- und Schadstoffausstoß von Motoren wirkt sich giftig gegenüber Kleinlebewesen aus. Das gleiche Problem lässt sich in Fremdenverkehrsorten beobachten, wo mangels Kläranlagen die Abwässer ungeklärt in die Gewässer fließen. Dadurch wird sehr viel Phosphat zugeführt, welches die explosionsartige Vermehrung von Algen fördert, die dem See dann den Sauerstoff entziehen. Die Mikroorganismen werden durch mangelnden Sauerstoff in ihrer Funktion Algen abzubauen behindert, wodurch diese verfaulen. Es bilden sich giftige Fäulnisgase, der See verschlammt, die Fische sterben. Dieses Problem wurde erkannt und man versucht nun Seen durch künstliche Sauerstoffzufuhr zu retten. Der zweitgrößte Süßwassersee in Mitteleuropa, der Bodensee, konnte in den 70er Jahren, als fast kein Sauerstoff mehr vorhanden war, durch eine grenzübergreifende Anstrengung, die den Bau von mehreren Kläranlagen

beinhaltete,

gerettet

werden.

Heute

arbeiten

20

Naturschutzverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eng

55

Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 57ff.

22 zusammen und engagieren sich für eine zukunftsfähige Entwicklung der Bodenseeregion als Wirtschafts-, Natur- und Kulturraum. Die Attraktivität des Sees für Touristen soll durch eine verbesserte Wasserqualität gesteigert werden und Freizeit- und Urlaubsaktivitäten sollen im Einklang mit der Natur stattfinden.56 In vielen Entwicklungsländern hat die Abwasserentsorgung nicht mit der touristischen Entwicklung Schritt halten können. Kanalisationsnetze mit gesicherter Klärung sind rar. Hotels verzichten häufig auf eine eigene Abwasseraufbereitung, um Kosten zu sparen. So sind beispielsweise an manchen Stellen der brasilianischen Küste das Schwimmen und der Verzehr von dort gefangenem Fisch hochgradig gesundheitsgefährdend.57 Einzige Lösung des Abwasserproblems wäre der Bau von entsprechenden Entsorgungseinrichtungen, wofür es aber derzeit an finanziellen Mitteln oder am nötigen Umweltbewusstsein von möglichen Investoren mangelt.58 4.2.5 Ressourcenverbrauch Wasser und Strom sind Ressourcen, die von deutschen Urlaubern als selbstverständlich

angesehen

werden. In beliebten Reisezielen,

wie

beispielsweise Tunesien, wird die Versorgung mit Wasser wegen der zunehmenden Verknappung und Verschmutzung zu einem Hauptproblem. Die erschlossenen und verfügbaren Wasserressourcen reichen nur noch schätzungsweise bis 2020, um die tunesische Bevölkerung und die Wirtschaft mit ausreichend Wasser zu versorgen. Die hohen touristischen Bedürfnisse verschärfen bereits vorhandene Konflikte um die Nutzung der Wasserressourcen,

da

Touristen

ein

Vielfaches

der

Wassermenge

verbrauchen, die der einheimischen Bevölkerung zugestanden wird. Der gestiegene Wasserverbrauch führt zum Absinken des Grundwasserspiegels, so dass in einigen Zentren des tunesischen Saharatourismus die Wasserzufuhr während der Verbrauchsspitzenzeiten für einige Stunden unterbrochen werden musste. Aus ökologischer Sicht führen der sinkende

56

Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 136ff. Vgl. Friedl H. (2002), S. 62ff. 58 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S.66. 57

23 Grundwasserspiegel und die Austrocknung von Brunnen und Oasen zu absinkenden Böden, zur Versalzung durch nachfließendes Meerwasser und zur Verschmutzung vorhandener Wasserressourcen.59 Während die einheimische Bevölkerung zumeist mit der Wasserknappheit leben muss, versucht die Reisebranche anderweitig Trinkwasser zu beschaffen. Auf Antigua beispielsweise mussten die privaten Haushalte während einer 18-monatigen Trockenzeit wochenlang ohne fließendes Wasser auskommen, während Hotels Ihr Wasser mit Tankschiffen von benachbarten

Inseln

bezogen

oder

energieaufwendige

Meerwasserentsalzungsanlagen nutzten. Auch die Ressource Strom ist in vielen Ländern nur begrenzt erhältlich, wird aber in vollem Umfang Touristen zur Verfügung gestellt, um diesen ihren gewohnten Komfort zu bieten. Das größte Hotel der Elfenbeinküste verbraucht rund die Hälfte des landesweit verfügbaren Stroms zur Versorgung zweier Schwimmbäder und der hauseigenen Eisbahn. Auch auf den kleinen Antillen entfällt ein Viertel der vor Ort produzierten Energie auf die Hotelanlagen und ihre stark energiebedürftigen Klimaanlagen. Eine dauerhafte Lösung kann nur über umweltbewusstes Verhalten der Reisenden und der Reiseunternehmen erreicht werden.60 4.2.6 Gefährdung der Artenvielfalt Die Tier- und Pflanzenliebe der Touristen bedroht indirekt auch die Objekte ihrer Begeisterung. Der Naturraum wird durch Erosionsprozesse gefährdet. Die sensible Vegetation leidet unter den Spuren, die durch eine Vielzahl an Wanderern und Fahrzeugen verursacht werden. Verstärkt wird der Erosionsprozess zusätzlich durch die Nutzung von Holz als Bau- und Brennstoff.

In

Nepal

führte

der

zunehmende

tourismusbedingte

Holzverbrauch zu weit reichender Entwaldung, was Murenabgänge und Überflutungen zur Folge hatte. Gefährlich ist auch die Verunreinigung von Trinkwasser durch Trekkingtouristen, die sich oder ihre Kleidung in

59

Vgl. Kürschner-Pelkmann, F. (2006), http://www.tourism-watch.de/dt/45dt/45.badehose/index.html, 20.10.07. 60 Vgl. Friedl H. (2002), S.61f.

24 Wasserlöchern oder Brunnen reinigen. Im Extremfall kann dieses Verhalten zur Vergiftungsgefahr für Mensch und Tier führen.61 Der Tourismus lässt der Natur nahezu keine Ruhepausen mehr. Die Freizeitindustrie sorgt für ein immer größeres Bewegungsspektrum in der Landschaft. Neben Verkehr und Bauaktivitäten sind es Freizeitaktivitäten in der Natur, die intakte Ökosysteme gefährden. In Skigebieten werden durch Rodung und Planierung immer mehr wasserspeichernde Bodenschichten abgetragen. Die Folgen sind Erosion und vermehrter Wasserabfluss, wodurch der benachbarte Wald der Bedrohung durch die ins Tal stürzenden Wassermassen ausgesetzt ist. Im bayerischen Alpenraum sind die Hälfte aller Ortschaften durch Überschwemmungen, Muren, Überschotterung und Lawinenabgänge unmittelbar gefährdet. Nach solchen Naturkatastrophen bleiben nur vegetationslose Schotterwüsten zurück.62 Oftmals liegen zwischen der subjektiven Einschätzung der Urlauber und den tatsächlichen, von Vegetationsforschern ermittelten, Pflanzengefährdungen Welten. Beliebte Freizeitaktivitäten in den Wäldern stellen eine enorme Gefahr für die dortige Vegetation dar. Trampelpfade der Spaziergänger, Geländeläufe und die zunehmende Möblierung des Waldes gefährden störanfällige Tier- und Pflanzenarten und sind verantwortlich für eine großflächige Zerstörung der wegbegleitenden Vegetation. Die Möblierung des Waldes nimmt umso mehr zu, je intensiver der Wald touristisch genutzt wird.

Parkplätze,

Wanderwege,

Rastplätze,

Wald-

und

Unterstandshütten,

Naturlehrpfade,

Aussichtspunkte,

Grillhütten,

Reitwege,

Langlaufloipen, Zeltplätze, Seilbahnen, Skilifte usw. sind einem intensiven Naturerleben nicht förderlich.63 Zusammenfassend gefährden Touristen durch ihr Verhalten Fels- und Gehölzbiotope,

Kriechpflanzen,

Wiesen,

Moore

und

Gewässer

mit

Uferrandzonen sowie empfindliche Wasserpflanzenzonen. Hinsichtlich der Erhaltung der Landschaften muss konsequent umgedacht werden. Freizeit- und Naturschutzinteressen müssen in Einklang gebracht werden. Wie der Golfplatz in Neuss/Himmelbachaue beweist, muss nicht

61

Vgl. Friedl H. (2002), S. 63f. Vgl., Opaschowski, H. (1991), S. 64ff. 63 Vgl., Opaschowski, H. (1991), S. 64ff. 62

25 gänzlich auf flächenintensive Freizeitanlagen verzichtet werden. Ein Golfplatz muss so gestaltet sein, dass auch ökologische Ruhezonen mit Wald, Buschund Kleinwasserbereichen erhalten bleiben und auf Herbizide sollte verzichtet werden. In Neuss wurden Naturschutzverbände frühzeitig integriert und auch nach Fertigstellung der Anlage überwacht ein Naturschutzwart die ökologischen Auflagen. In größeren, von vielen Parteien, auf verschiedene Weise genutzten Gebieten, wie beispielsweise dem Alpenraum, ist es nötig gänzlich umzudenken. Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat eine Richtung empfohlen, um Gebirgslandschaften wie die Alpen dauerhaft zu erhalten. Unter

anderem

sollten

keine

weiteren

Erschließungen

und

Geländeanpassungen für den Skisport stattfinden, Pisten müssen bei weniger als 30cm Festschnee gesperrt werden und Gletscher-Skigebiete sollten grundsätzlich gemieden werden, um die Trinkwasserreserven der Zukunft zu erhalten. Momentan jedoch sind diese Handlungsempfehlungen noch graue Theorie und die grundverschiedenen Interessen der einzelnen Parteien stehen der Umsetzung für nicht absehbare Zeit im Weg.64 Die Bedrohung der Vegetation ist nicht zu unterschätzen. Momentan trägt der Tourismus in Deutschland zur Gefährdung von 112 Pflanzenarten bei. Beim Aussterben nur einer Pflanzenart werden gleichzeitig 10-20 Tierarten durch ihre ökologische Abhängigkeit verschwinden. Weltweit sind bis zu ein Fünftel aller Arten durch den Menschen bedroht. Urlauber werden heute immer mehr zum Störfaktor der Tierwelt. Besonders in Massen verursachen sie vielfältige Schäden für das Ökosystem. Wassersportler beeinträchtigen oder vernichten die natürlichen Bruträume der Fische. Auch Vögel werden beim Brüten gestört, zum Beispiel durch Windsurfer,

die

zu

nah

an

die

Aufenthaltsorte

der

Vögel

wie

Röhrichtbestände oder Schilfgürtel herankommen. Unfälle zwischen wild lebenden Tieren und Fahrzeugen bei Safaris sind keine Seltenheit. Geparde beispielsweise sind vom Aussterben bedroht, da Touristen mit ihren Fahrzeugen die Jagdgewohnheiten der Großkatzen massiv beeinträchtigen. Grundsätzlich bleibt keine menschliche Aktivität in

64

Vgl. Viegas, A. (1998), S.16ff.

26 der Natur ohne Folgen. Selbst das sanfte Gleiten der Drachenflieger schreckt das Wild in Schutzgebieten auf. Damit Urlauber auch in Zukunft intensiv die Natur erleben können, werden sie gewisse Einschränkungen in Kauf nehmen müssen. Für die Zukunft gilt: Nicht jeder Felsen muss unter Naturschutz gestellt werden, aber es muss auch nicht jeder Felsen beklettert und erobert werden.65 4.3 Soziokulturelle Auswirkungen des Tourismus Die

Beziehungen

zwischen

Reisen

und

Bereisten

sind

umso

spannungsintensiver, je größer die sozialen und kulturellen Abstände sind. Barrieren

wie

unterschiedliche

Sprachen,

Kleidungsregeln,

Essensgewohnheiten etc. bergen Konfliktpotenzial. Hinzu kommt die oft grundverschiedene Einstellung gegenüber dem Faktor Zeit. In Ländern des Südens wird Zeit häufig als einziger Luxus betrachtet, den man ausgiebig „verschwendet“ und kein Sklave der Uhr ist. Reisende allerdings haben zumeist viel Geld für ihren Urlaub gezahlt und wollen so viel wie möglich sehen und erleben. Dabei bleibt oft keine Zeit sich einzuleben, auf die Einheimischen einzulassen und sich deren Lebenstempo anzupassen.66 Auch vor der Reise nehmen sich die wenigsten Zeit zur Vorbereitung auf die zu erwartende Kultur und die Lebenssituation im Reiseland. Touristen wollen oft nicht, Einheimische können vielfach nicht die jeweils andere Seite verstehen. Ein wesentliches Hindernis in der Beziehung zwischen Reisenden und Bereisten sind die unterschiedlichen Lebenssituationen. Einheimische sehen Touristen oft als Repräsentanten einer unzugänglichen Welt, die Geld, Status und Macht haben. Dieses Bewusstsein der materiellen Überlegenheit der Touristen resultiert aus deren typischen Erscheinungsbild: gut gekleidete Menschen, die ihre Mietwagen nur für Einkaufstouren oder Fotostops verlassen. Die Tatsache, dass viele Urlauber ein Jahr oder länger hart für die Reise gearbeitet haben, bleibt unberücksichtigt. Hinzu kommt, dass Reisen in vielen Ländern ausschließlich aus beruflichen oder familiären Gründen 65 66

Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 131ff. Vgl. Friedl H. (2002), S. 71ff.

27 unternommen

werden

und

somit

eine

Vergnügungsreise

nicht

nachvollziehbar ist. Diese Konfrontation mit dem angeblich reichen, überlegenen Lebensstil kann sowohl zu Versuchen der Anpassung oder Nachahmung führen als auch zu Neid und Abwehr.67 Die Massenmedien produzieren über Leitbilder und Stereotypen bestimmte Erwartungshaltungen und haben somit einen hohen Anteil an den unterschiedlichen

Beziehungsauffassungen

von

Touristen

und

Einheimischen. Destinationenwerbung und Sehnsuchtsliteratur wecken Wunschträume

bei

den

Urlaubern,

und

Images

wie

z.

B.

die

Gastfreundschaft der Einheimischen entstehen. Ähnliches gilt auch für die Seite der Bereisten, wo mit Regierungskampagnen für den ökonomischen Nutzen des Tourismus geworben wird. Die interkulturelle Kommunikation ist oft

nur

ein

Austausch

von

Klischees.

Der

Reisende

setzt

die

Gastfreundschaft der Einheimischen voraus. Sie ist Teil seines vorab bezahlten Reisepaketes. Er betrachtet sich vielmehr als zahlender Kunde.68 Auf der anderen Seite nimmt die einheimische Bevölkerung oftmals Anstoß an der scheinbaren Sittenlosigkeit der Touristen. Knapp bekleidete Frauen und turtelnde Pärchen gehören in der westlichen Welt zum Straßenbild, werden allerdings in manchen Kulturen als unpassend empfunden. Oftmals wird allerdings auch der Mangel an Respekt beklagt, wenn beispielsweise eine Vielzahl an Urlaubern mit viel Lärm und dem Blitzlicht ihrer Fotoapparate religiöse Kultstätten besichtigt und somit die traditionellen Zeremonien

stört.

Diese

Respektlosigkeit liegt in

dem besonderen

Freiheitsgefühl der Reisenden begründet. Gerade im Urlaub will man sich keinen Beschränkungen unterwerfen. Hinzu kommt, dass keine Sanktionen befürchtet werden müssen, wenn man sich als Urlauber danebenbenimmt, da man den Ort des Geschehens nach einer kurzen Besichtigung wieder verlässt. Das Konfliktpotenzial kann sich im Laufe der Zeit verringern, indem die Toleranz gegenüber den Touristen zunimmt und die Einheimischen sich an deren Verhalten gewöhnen. Auch variiert innerhalb einer jeweiligen Gesellschaft der Grad der Offenheit gegenüber den Reisenden. Die

67 68

Vgl. Friedl H. (2002), S. 72ff. Vgl. Friedl H. (2002), S. 72ff.

28 Landesbewohner

sind

keine

willenlosen

Opfer

des

über

sie

hereinbrechenden Reiseverkehrs. Kritiker beklagen einen touristisch verursachten schwerwiegenden Werteund Strukturwandel bei traditionellen Gesellschaften. Dieser Vorwurf basiert auf

der

Annahme,

Modernisierungsprozess Differenzierung,

dass in

touristisches

Richtung

Rationalisierung,

der

Engagement

sozialen

Kontrolle,

und

den

beruflichen

Institutionalisierung

und

Bürokratisierung vorantreibe. Werte und Machtverhältnisse passen sich tendenziell an das westliche Vorbild an. Die Folgen für eine Gesellschaft sind umso gravierender je traditioneller sie bislang geprägt war. Indizien hierfür sind die strenge Rollendifferenzierung zwischen Mann und Frau sowie die elementare

Rolle

Zusammenhang

von

Religion

zwischen

und

traditionellem

Tourismusentwicklung

Wissen. und

Der

sozialer

Modernisierung besteht darin, dass Tourismus das Wirtschaftswachstum vorantreibt, wodurch Rationalisierungsprozesse eingeleitet werden. Die Folgen, Arbeitsteilung und zunehmende soziale Differenzierung, bewirken Veränderungen

in

sozialen

Beziehungen.

Traditionelle

Berufs-

und

Sozialstrukturen werden ersetzt, es entstehen neue Hierarchien. Die wachsende

Bedeutung

alter

Kenntnisse

bedeutet

gleichzeitig

den

Autoritätsverlust der Alten. Auf eine Formel gebracht sind die soziokulturellen Tourismusfolgen umso gravierender, je mehr Besucher pro Besuchtem, je größer der kulturelle Unterschied zwischen Reisenden und Bereisten, je kleiner der besuchte Ort und je schneller die dortige Tourismusentwicklung ist.69 Demonstratives

Konsumverhalten

der

Urlauber

kann

unter

den

Einheimischen den Wunsch zur Nachahmung, das heißt das Bedürfnis nach Konsum- und Luxusgütern wecken. Kritiker (Thomas Lüem, Soziokulturelle Auswirkungen des Tourismus in Entwicklungsländern, 1985) stellen die These auf, dass Einheimische, die sich diese Bedürfnisse nicht erfüllen, können sogar zu kriminellen Handlungen provoziert werden. Damit soll auch die Zunahme an Bettelei, Prostitution und Alkoholismus erklärt werden. Dieser so genannte Demonstrationseffekt führt bei unterschiedlichen

69

Vgl. Friedl H. (2002), S. 74f.

29 Bevölkerungssegmenten zu verschiedenen Auswirkungen. Während ältere Menschen nahezu immun gegenüber solchen Einflüssen zu sein scheinen, werden junge Menschen wesentlich mehr davon angezogen. Ungeklärt

ist

allerdings,

inwiefern

Tourismus

für

soziokulturelle

Veränderungen verantwortlich ist und wie diese überhaupt zu messen sind.70 Ein weiterer Aspekt hinsichtlich soziokultureller Auswirkung des Tourismus ist die Kommerzialisierung von religiösen und traditionellen Ausdrucksmitteln, wie Riten und Kunsthandwerk. Riten werden zum Teil tourismusgerecht inszeniert und verlieren somit ihre ursprüngliche Bedeutung. Beispielsweise führen die Massai den Urlaubern Beschneidungszeremonien vor, obwohl diese in der Kultur der Massai nie eine Rolle gespielt haben. Ähnliches gilt für Kunstgegenstände. Diese werden als Souvenirs an die Anforderungen des Massentourismus angepasst. Sie müssen leicht, handlich, somit für das Reisegepäck geeignet und zudem relativ preisgünstig sein. Unter ethischen Gesichtspunkten stellt sich nun die Frage, inwiefern die betroffene Bevölkerung mit der Entfremdung ihrer Kultur einverstanden ist, d. h. inwiefern sie selbständig über solche Belange bestimmen kann. Wenn die Tourismusbranche die Kultur dauerhaft nur als Produkt versteht und dementsprechend

vermarktet,

wird

sie

auf

Dauer

Kreativität

und

Eigenständigkeit dieser Kultur verhindern und zum Sinn- und Identitätsverlust der Einheimischen beitragen.71 4.4 Wirtschaftliche Abhängigkeit durch touristische Monokultur Einheimische in den bereisten Gebieten schätzen die wirtschaftlichen Tourismusauswirkungen durchaus positiv ein. Immer mehr Regierungen in Entwicklungsländern

engagieren

Erwartungen

im

Tourismus.

Engagement

verbunden:

sich

auf

Grundlage

Hochgesteckte

Devisen

sollen

Ziele

sind

erwirtschaftet,

ökonomischer mit

diesem

Arbeitsplätze

geschaffen und damit die Kaufkraft erhöht werden, was zu einem höheren Steuereinkommen

führen

soll.

Man

erhofft

sich

einen

positiven

Rückkopplungseffekt für die regionale Wirtschaft, der zu Entwicklung, 70 71

Vgl. Friedl H. (2002), S. 75ff. Vgl. Friedl H. (2002), S. 80f.

30 Diversifikation und folglich zu wachsender sozialer und politischer Stabilität beitragen soll. Das damit verbundene verbesserte internationale Ansehen soll heimische und internationale Geldgeber überzeugen ihr Kapital hier zu investieren. Die großen Hoffnungen, die in den Tourismus gesetzt werden, schrecken auch vor dem hohen Ausmaß an wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht zurück, das damit verbunden ist.72 Oftmals besteht aber auch keine Alternative zum Tourismus. Gambia beispielsweise hat neben dem Tourismus und der Erdnussproduktion keine anderen Perspektiven. Als wichtigster

direkter

ökonomischer

Nutzen

des

Tourismus

gelten

Deviseneinnahmen, wobei man allerdings deutlich zwischen Brutto- und Nettodeviseneinnahmen unterscheiden muss. Vom Bruttobetrag müssen noch tourismusbedingte Ausgaben für Importe (Lebensmittel, Treibstoffe, Verkehrsmittel,

Baumaterialien,

Hotelausstattung

etc.),

Gehälter

für

ausländisches Personal und Gewinntransfers an ausländische Investoren abgerechnet

werden.

Die

Differenz

zwischen

Brutto-

und

Nettodeviseneinahmen nennt man Sickerquote. Den Inselstaaten der Karibik verbleiben von jedem ausgegebenen Dollar im Land nur noch 20ct, d. h. sie haben eine Sickerquote von 80%. Die meisten tourismusabhängigen Länder haben Sickerquoten, die sich auf zwei Drittel ihrer Einnahmen belaufen.73 Grundsätzlich gilt: Je mehr Importe durch landeseigene Produkte ersetzt werden können, umso geringer ist die Sickerquote. Wesentliche Verluste entstehen

durch

Gewinntransfers

an

ausländische

Investoren.

Transnationale Konzerne, die nach Gewinnmaximierung und nicht nach Entwicklungsförderung streben, stehen in Konkurrenz zur Volkswirtschaft des Ziellandes. Dennoch sind Tourismuseinnahmen ein wichtiger Beitrag zur Linderung von Armut in Entwicklungsländern. Allerdings hat die breite Masse der Bevölkerung an dieser Entwicklung oftmals keinen Anteil. Tourismus spielt sich zumeist zwischen Hotelbesitzern, Fluggesellschaften und Reiseveranstaltern ab, während die Bevölkerung leer ausgeht und sich zudem den Tourismusfolgen gegenübersieht. Lebenserhaltungskosten und Grundstückspreise steigen stärker an, als die Gehälter, so dass die Armut

72 73

Vgl. Opaschowski, H. (2002), S. 133f. Vgl. Friedl H. (2002), S. 64ff.

31 sogar

zunimmt.74

In

der

Dominikanischen

Republik

stiegen

die

Deviseneinnahmen innerhalb von 20 Jahren von 0,5 auf 2,5 Millionen US Dollar, während gleichzeitig die Zahl der unter der Armutsgrenze lebenden Menschen von 47% auf 57% gemessen an der Gesamtbevölkerung stieg. Die Steuereinnahmen der Zielländer werden zudem durch hohe Ausgaben für die Bereitstellung einer öffentlichen Infrastruktur, sowie für die Erhaltung von Sehenswürdigkeiten belastet. Oftmals kommen Infrastrukturmaßnahmen und Verbesserungen im Bereich der Wasser- und Stromversorgung nur Touristen zugute. Volkswirtschaften, deren Bruttonationalprodukt zu einem Großteil durch touristische

Einnahmen

erwirtschaftet

wird,

sind

aufgrund

dieser

Abhängigkeit extrem verwundbar. Standardisierte Urlaubsangebote der internationalen Tourismuskonzerne verschärfen diese Abhängigkeit noch, weil dadurch die Touristenströme nach Kriterien des raschen und zunehmenden Profits regulierbarer werden. Die dabei entstehenden Paradiese verfügen über keine Alleinstellungsmerkmale mehr, sind somit austauschbar und leicht gegeneinander auszuspielen. Besonders deutlich wird diese Abhängigkeit im Bereich der Karibik-Kreuzfahrten: Wenn auf einer Insel unbequeme Umweltauflagen oder höhere Hafengebühren eingeführt werden, so wird in der nächsten Saison die Konkurrenzinsel angelaufen. Das Gleiche passiert, wenn die Gewinnmaximierung erreicht ist oder ein Urlaubsziel kaputt entwickelt wurde und somit an Attraktivität verloren hat: Die Tourismusentwickler suchen sich ein neues Zielgebiet und hinterlassen eine Spur sozialer und ökologischer Verwüstung. Die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Tourismus schwächt die Verhandlungsposition der Zielgebiete

gegenüber

internationalen

Tourismuskonzernen.

Thailand

beispielsweise kann sich gegen die günstigen Preise der Reiseveranstalter kaum wehren, da es dem Druck des lokalen und internationalen Überangebots ausgesetzt ist. Zudem leiden Tourismusdestinationen unter negativen wirtschaftlichen Entwicklungen in den Herkunftsländern der Touristen: Eine Rezession führt im Allgemeinen zu verminderter Reisetätigkeit.

74

Vgl., Mundt, J. (2006), S.521ff.

32 Die gravierendsten Auswirkungen haben allerdings negative Meldungen über die Sicherheit des Urlaubslandes, da dann die Nachfrage überraschend stark zurückgeht und einkalkulierte Einnahmen wegfallen. So entgingen Ägypten nach dem Terroranschlag von Luxor Einnahmen von 500 Millionen US Dollar durch stornierte Reisen allein über Weihnachten und Neujahr. Kenia musste drastische Buchungsrückgänge hinnehmen, nachdem einige Ebola-Fälle durch westliche Medien zu einer Epidemie aufgebauscht wurden. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA brachen weltweit die Reisemärkte

zusammen.

Für

Reiseländer,

deren

Wirtschaft

fast

ausschließlich auf dem Tourismus beruht, bedeuten solch immense Buchungsrückgänge ein volkswirtschaftliches Desaster.75 Hinzu kommt die Verdrängung traditioneller Arbeitsformen. Es gibt keine Statistik darüber, wie viele unabhängige Kleinunternehmer oder Menschen im informellen Sektor durch die Tourismusindustrie verdrängt wurden, aber zahlreiche Beispiele: In Goa mussten viele Fischer und Palmweinzapfer den Strand

für

die

Touristen

räumen

und

Bauern

konnten

wegen

tourismusbedingtem Wassermangel nicht mehr anbauen. Es werden zwar auch neue Arbeitsplätze geschaffen, diese sind allerdings häufig saisonal begrenzt und auf Einheimische entfallen zumeist nur weniger qualifizierte, schlecht bezahlte Tätigkeiten. Besser dotierte Jobs werden von Ortsfremden übernommen. Trotz dieser wenig aussichtsreichen Perspektive führt die Hoffnung auf längerfristige, sichere Arbeitsplätze besonders unter jungen Leuten zur Landflucht aus dem agrarischen Hinterland. Traditionelle Berufe und das soziale Umfeld werden zurückgelassen, doch die finden eine regelmäßige Beschäftigung. In Kenia hat kaum ein Viertel der Menschen, die in die touristischen Zentren umsiedeln, einen festen Job. Drei Viertel leben in den wachsenden Slums, wo Bettelei, Prostitution und Kriminalität zum normalen Alltag gehören. Tourismus kann nur zum Gewinngeschäft werden, wenn die Volkwirtschaft des Ziellandes integriert ist, sowie eine ausgebaute Infrastruktur, eine entwickelte Industrialisierung und ein hochwertiger Servicesektor vorhanden sind.76 75 76

Vgl. Friedl H. (2002), S. 64ff. Vgl. Friedl H. (2002), S. 68.

33 4.5 Politische Auswirkungen Investitionen ausländischer Geldgeber sind zumeist mit der Erfüllung politischer Kriterien, in erster Linie politische Stabilität, verknüpft. Um ein günstiges Regierende

Investitionsklima auch

zu

repressive

bewahren

oder

Maßnahmen,

wie

herzustellen,

nutzen

Unterdrückung

von

Opposition, Demonstrationen oder Streiks. Nach außen hin wird sozialer Frieden, politische Ordnung und persönliche Sicherheit vorgetäuscht. Proteste der Bevölkerung gegen touristische Erschließungsprojekte werden ignoriert. Im Nordosten Brasiliens mussten einige tausend Bewohner der Tourismusentwicklung

weichen

und

wurden

zwangsumgesiedelt.

Die

Weltbank finanziert dort seit 1991 das Projekt PRODETUR, das eine touristische

Infrastruktur

ohne

vorherige

Umweltverträglichkeitsprüfung

schafft, und sogar in Konflikt mit bestehenden Naturschutzvorhaben steht. In Thailand wurden Proteste seitens der Bevölkerung gegen nackt badende Touristen ignoriert, da die Regierung den Rückzug der ausländischen Kapitalgeber nicht riskieren wollte. Die Errichtung touristischer Anlagen geht einher mit der Vertreibung bzw. Umsiedlung der ortsansässigen Bevölkerung. Zur Errichtung des SerengetiNationalparks mussten die Massai ausgesiedelt werden und in Indien wurden zur Gründung von 23 Tigerreservaten mehr als acht Millionen Inder zwangsumgesiedelt. Aus Myanmar wurden Mitte der 90er Jahre die Dörfer der dortigen Ureinwohner, genannt Karen, vom Militär zerstört, um das Myinmolerkat Nature Reserve zu schaffen. Dabei starben zahlreiche Menschen und 30.000 Karen flüchteten ins benachbarte Thailand. Das Projekt wurde vom WWF unterstützt. Auch Menschenrechtsverletzungen, an denen Urlauber unmittelbar beteiligt sind, finden statt. So wurde im Nordosten Thailands ein ‚Menschenzoo’ errichtet, in dem 33 Giraffenfrauen als touristische Fotoattraktion ausgestellt waren. Traditionsgemäß wird ausgewählten Mädchen vom Volk der Padaung in Myanmar von Kindheit an der Hals mit Schmuckringen verlängert. Solche

34 Frauen wurden aus Myanmar verschleppt und unter Zwang ausgestellt, bis sie von thailändischen Ordnungskräften befreit werden konnten.77 Besondere Aufmerksamkeit erfährt das Problem des Kindersextourismus. Zwangsprostitution ist eine neue Form von Sklaverei, da sie gegen das Recht der sexuellen Selbstbestimmung verstößt. Jährlich werden etwa 1 Million Kinder der Kinderprostitution zugeführt. Obwohl praktisch alle Regierungen und maßgebliche Tourismusverbände den Sextourismus ablehnen, wird er immer noch per Pauschalarrangement abgewickelt. In manchen Urlaubsorten sind sexuelle Dienstleistungen oft die einzige Attraktion. International angesehene Veranstalter und Fluggesellschaften profitieren gleichermaßen von dieser Entwicklung wie kleine lokale Agenturen.78 Um diese Verbrechen zu verhindern, wurde 1990 in Thailand die Organisation ECPAT gegründet. Als eine ihrer Strategien wird die Kindersexproblematik enttabuisiert, indem sie beispielsweise auf der Berliner ITB vor breitem Fachpublikum thematisiert wurde. Die Reisebüro- und Reiseveranstalterverbände Deutschlands haben strenge Verhaltenskodexe für ihre Mitglieder erlassen. Kommerziellen Anbietern von Kindersex drohen hohe Geld- und Haftstrafen. Seit 1993 können Bundesbürger, die im Ausland Kinder sexuell missbraucht haben, in Deutschland vor Gericht gestellt werden, was bisher jedoch erst in wenigen Fällen geschehen ist. Bislang kann die Bekämpfung der Zwangsprostitution keine nennenswerten Erfolge vorweisen. Ein Teil der Problematik ist, dass Kinder von ihren Eltern als Prostituierte zur eigenen Überlebenssicherung in die urbanen Zentren geschickt werden. „Manche Schulen Kenias werden ab der 7. Klasse nur noch von Knaben besucht, während sich die Mädchen den Touristen mit der prallen Brieftasche widmen.“79 Kritisch zu sehen ist allerdings der Vorwurf, dass Prostitution durch Sextourismus entsteht. In Thailand oder Kenia beispielsweise war Prostitution schon lange vor der Ankunft der Touristen institutionalisiert. Allerdings eröffnet der Massentourismus zusätzliches Nachfragepotenzial.80 77

Vgl. o. V. (1998), http://www.fairunterwegs.org/aktuell/news/article/von-fluechtlingen-zu-giraffenfrauen-thailaendische-geschaeftsleute-des-menschenhandels-mit-burmesis.html?cHash=2aa4f3a728, 29.10.07. 78 Vgl. o. V., http://www.kinderschrei.de/sextourismus-zahlen.htm, 29.10.07. 79 Friedl H. (2002), S. 85. 80 Vgl. o. V. (2006), http://www.unicef.de/4148.html, 29.10.07.

35 Den Ausstieg aus der Prostitution schaffen die wenigsten, da bürgerliche Berufe deutlich schlechter bezahlt sind und die Prostitution mit gewissen Freiheiten verbunden ist, die für anständige Frauen undenkbar wären. Es muss deutlich unterschieden werden zwischen freiwilliger Prostitution und Zwangsprostitution. Ein generelles Verbot würde vor allem den betroffenen Frauen schaden, da sie in die Illegalität gedrängt würden. Um das zu verhindern, müssten Frauen, die als Prostituierte arbeiten, mehr Rechte bekommen.

Das

einzig

sinnvolle

Mittel

im

Kampf

gegen

die

Zwangsprostitution ist die Schaffung besser bezahlter Arbeitsplätze für Frauen und die Überbrückung des Grabens zwischen Armen und Reichen.81 4.6 Positive Tourismusfolgen Tourismus kann, wenn er richtig betrieben wird, auch als Instrument des Naturschutzes dienen. Viele Naturschutzgebiete werden bereits durch Einkommen aus touristischer Nutzung finanziert. Einzigartige Ökosysteme und gefährdete Tier- und Pflanzenarten werden nachhaltig gesichert. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür sind die Galapagos-Inseln, wo durch die Einnahmen aus den Besuchergebühren, immerhin 3 Millionen US Dollar jährlich, vor allem die Charles-Darwin-Forschungsstation und das ParkManagement finanziert werden können. „Ohne zahlende Urlauber hätten Berggorillas in Uganda, Nashörner in Namibia oder Tiger in Indien kaum eine Überlebenschance.“82 Maumoon Abdul Gayoom, der Staatspräsident der Malediven, hat seinen Bürgern vorgerechnet, dass der Verkauf eines Hais auf dem Fischmarkt umgerechnet 24 Dollar bringt. Als Attraktion für Tauchtouristen erwirtschaftet der gleiche Hai jedoch jährlich 25000 Dollar.83 Auch Tansania hat erkannt, dass eine intakte, vielfältige Umwelt sich ökonomisch vorteilhaft auswirkt und verfügt mittlerweile über eine große Anzahl von Schutzgebieten von Weltrang, wie z. B. dem Serengeti National Park oder der Ngorongoro Conservation Area. Touristisch motiviert ist auch

81

Vgl. Friedl H. (2002), S. 92ff. Friedl H. (2002), S. 182. 83 Vgl., Mundt, J. (2006), S. 523f. 82

36 der Einsatz für die Erhaltung der Meeresschildkröte auf der griechischen Insel Zakynthos. Mit Hilfe touristischer Einnahmen kann den großen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, wie beispielsweise dem Kahlschlag der Wälder, entgegengewirkt werden. In der Himalayaregion dienen die von der Region erhobenen Trekking-Gebühren u. a. den Inhabern der Tourismusbetriebe zur Nutzung umweltverträglicher Energien, wie Solarenergie und Kerosin anstelle von Holz, das sonst zur Stromgewinnung verwendet werden müsste. So kann der Entwaldungsprozess und seine verheerenden Folgen aufgehalten werden. Auch die kanadische Region British Columbia stoppt den Holzeinschlag zugunsten ihrer touristischen Attraktivität. Tourismus gilt als mächtigste gesellschaftliche Kraft, die ein ökonomisch motiviertes

Interesse

an

der

Bewahrung

ökologischer

Gleichgewichtssysteme hat. Bezweckt wird zumeist die Konservierung von Ökosystemen oder die Erhaltung ästhetischer Strukturen. In Bayern beispielsweise

geben

Fremdenverkehrsbetriebe

Landwirten

finanzielle

Anreize, damit die bäuerlichen Bewirtschaftungsformen erhalten bleiben oder wieder aufgenommen werden. Die Begleitflora von Ackerkulturen soll wiederhergestellt werden, um somit die natürliche Erlebnisqualität der Landschaft zu steigern. Aus monokulturellen Produktionslandschaften entstehen attraktive Erholungslandschaften für Urlauber. Die Vielfalt der Tierund Pflanzenwelt wird wieder aufgewertet. Zudem kann durch Tourismus die Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung

erhöht

werden.

Die

beträchtlichen

Einnahmen

des

Jagdtourismus in Sambia fließen direkt oder indirekt den Bewohnern der jeweiligen Gebiete zu oder werden für dörfliche Gemeinschaftsaufgaben verwendet. Die Trekkinggebühren im Himalaya fließen, neben den bereits erwähnten alternativen Energien, vor allem in die Entwicklung des Gesundheitswesens. Touristisches Interesse an kulturellen Traditionen kann Stolz auf die eigene Kultur auslösen und somit deren Bewahrung oder Neubelebung sichern. Die gestiegene Nachfrage nach Kunstgegenständen und die einhergehende Würdigung selbst erzeugter Produkte fördert die kreative Entwicklung neuer Handwerksformen, stärkt das Selbstbewusstsein und kann sogar den sozialen Zusammenhalt stärken, beispielsweise bei

37 gemeinsamen Aktivitäten eines Dorfes. Das ausgelöste Wirtschaftswachstum und die verbesserte Lage am Arbeitsmarkt kann die Landflucht verringern. In Nepal z. B. leben die Sherpa-Haushalte zu 80% vom Tourismus. Nach Schließung der Grenze zu Tibet 1959 und dem damit verbundenen Erliegen des Fernhandels wären die Menschen dort zur Abwanderung gezwungen gewesen.84

84

Vgl. Friedl H. (2002), S. 65ff.

38 5. Umweltverträglicher und sozialverantwortlicher Tourismus Bis hinein in die 80er Jahre waren es in erster Linie Naturschützer und Gesellschaftskritiker, die das Wachstum der Tourismusindustrie kritisch betrachteten

und

vor

negativen

Auswirkungen

warnten.

Erst

1987

proklamierten auch Vertreter der Tourismusbranche, dass Natur und Landschaft unbedingt zu erhalten seien, da sie die existenzielle Grundlage des Tourismus bilden. Man erkannte, dass Wirtschaftswachstum im Tourismus ohne Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Aspekten nicht unbegrenzt möglich sein wird.85 Die ökologischen und gesellschaftlichen Schattenseiten des Tourismus zogen die Forderung nach umwelt- und sozialverträglicherem Reisen nach sich. In Literatur und Presse finden sich viele Begriffe, die prinzipiell das gleiche Ziel verfolgen - u. a. Qualitativer Fremdenverkehr, anderes Reisen, angepasster Tourismus, alternativer Tourismus, Ökotourismus, Tourismus mit

Einsicht.

wesentlichen

Auch

der

Unterschiede

scharfsinnigste herausstellen

Wissenschaftler 86

können.

Am

wird

keine

intensivsten

diskutiert und am detailliertesten herausgearbeitet wurden der Nachhaltige Tourismus und der Sanfte Tourismus. Aus diesem Grund werden beide Begriffe im Folgenden genauer erläutert: 5.1 Sanfter Tourismus Der erstmals 1980 von dem österreichischen Zukunftsforscher Robert Jungk erwähnte Begriff Sanfter Tourismus wurde zum Schlagwort für den geforderten Wertewandel im Tourismus. Die Konzeptidee vom sanften Tourismus fasst Umweltverträglichkeit, Sozialverträglichkeit, eine optimale Wertschöpfung und eine neue Reisekultur zusammen.87 Dem ‚harten’, ressourcenvernichtenden, umweltfeindlichen Massentourismus soll das Modell

des

Sanften

Wirtschaftswachstum

85

soll

Tourismus unter

gegenüber

Berücksichtigung

Vgl. o. V. (2006), http://www.bfn.de/0323_iyesanft.html, 15.09.07. Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 68ff. 87 Vgl. Viegas, A. (1998), S. 9ff. 86

gestellt von

werden.

Umwelt-

und

39 gesellschaftlichen Aspekten des Zielgebietes erreicht werden. Sowohl für die Reisenden als auch für die Ortsansässigen, gewinnt die Reise an Wert. Dem Reisenden soll die Destination intensiv und unverfälscht nahe gebracht werden, möglichst ohne die bereiste Natur und Kultur zu verändern oder zu beschädigen.

Durch

den

Tourismus

soll

die

Lebensqualität

der

Einheimischen verbessert werden. Der Zielkonflikt von Freizeit und Umwelt soll durch ein dementsprechendes Angebot entschärft werden. Innerhalb einer intakten Umwelt sollen die Bedürfnisse der erholungssuchenden Reisenden mit denen der ortsansässigen Bevölkerung in Einklang gebracht werden. Allerdings zieht auch Sanfter Tourismus Auswirkungen auf seine Umwelt nach sich, da eine touristische Bewegung ohne Beeinträchtigungen von Natur und Gesellschaft nicht möglich ist. Aus diesem Grund wurde die Idee

des

Sanften

Tourismus

von

Tourismusstandorten

und

Branchenvertretern zunächst nicht angenommen, da sie mit wirtschaftlichem Rückschritt

gleichgesetzt

wurde.88

Trotzdem

besteht

mittlerweile

branchenweit Konsens über die negativen Auswirkungen des Tourismus. Eine eindeutige, ausschließliche Definition des Begriffes Sanfter Tourismus existiert bis heute nicht. Sanfter Tourismus ist vielmehr als Prozess zu verstehen, der die Minimierung negativer Konsequenzen auf Natur und Kultur des Zielgebietes zum Ziel hat. Diverse Tourismuskritiker und auch Tourismusbefürworter haben theoretische Ansätze eines umwelt- und sozialverträglichen Tourismus erarbeitet und weiterentwickelt. Problematisch gestaltet sich allerdings die praktische Umsetzung dieser Überlegungen. Zu den wichtigsten Anforderungen an einen Sanften Tourismus gehören u. a. Dezentralisierung

der

Einrichtungen,

Entzerrung

und

Lenkung

der

Verkehrsströme, sowie Anbindung an Bus- und Bahnverkehr, so dass die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich ist. Vor Ort soll die verkehrsmäßige

Erschließung

auf

ein

Minimum

reduziert

werden.

Stattdessen sollen sich Touristen bestenfalls zu Fuß oder mit Reittieren, Fahrrädern oder Booten fortbewegen. Zudem sollen Kleinprojekte gefördert und die einheimische Bevölkerung in touristische Entscheidungen mit einbezogen werden. Die Architektur der Unterkünfte soll einfach und an den

88

Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 68ff.

40 landesüblichen Baustil angepasst sein. Auch hinsichtlich der Verpflegung soll auf regional produzierte Produkte zurückgegriffen werden.89 Nachdem in den 1980er Jahren der Begriff Sanfter Tourismus verwendet wurde, hat sich in den letzten Jahren der Terminus nachhaltiger Tourismus durchgesetzt. 5.2 Nachhaltiger Tourismus Der

Ausdruck Nachhaltigkeit

wurde

erstmals

in

der Forstwirtschaft

verwendet: Danach soll nur so viel Holz aus dem Wald entnommen werden, wie in dem jeweiligen Gebiet nachwachsen kann.90 1987 griff die World Commission on Environment and Development in ihrem Bericht „Our Common Future“ das Prinzip der Nachhaltigkeit auf und übertrug es auf alle anderen

Sektoren.

Der

sogenannte

„Brundtland

Bericht“

definierte:

„Sustainable Development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.”91 („Dauerhafte (nachhaltige) Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“92) Der Brundtland

Bericht

hatte

auf

einen

dringenden

Handlungsbedarf

hingewiesen, doch die erhobenen Forderungen und Vorschläge mussten noch in verbindliche Verträgen oder Konventionen umgesetzt werden. Dies geschah 1992 auf der ersten Umwelt- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro, wo die Agenda 21, ein globales, sektorübergreifendes Handlungsprogramm für eine nachhaltige Entwicklung im 21. Jahrhundert, von 178 Staaten gemeinsam verabschiedet wurde.93 Die Agenda 21 behandelt viele Themen, die den Tourismus direkt betreffen (u. a. hohes Verkehrsaufkommen, Zerstörung von Ökosystemen), allerdings ist ihm kein eigenes Kapitel gewidmet, weshalb spezifische Probleme, wie z. B. 89

Vgl. o.V., http://www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBsonstiges/SanfterTourismus.php, 15.09.07. 90 Vgl., o. V., http://www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBsonstiges/NTouris.php, 15.09.07. 91 o. V. http://www.un.org/issues/m-susdev.html, 06.01.08. 92 Schneider, H. (2006), S. 195. 93 Vgl. o. V., http://alt.nachhaltigkeit.info/110073959206266/Geschichte/Weltgipfel%20Rio%20de%20Janeiro%2019 92.htm, 06.01.08.

41 flächenintensive, infrastrukturelle Anlagen, nicht angegangen wurden.94 Vier Jahre später wurde nach Ablauf der World Conference on Sustainable Tourism auf Lanzarote die Agenda 21 for the Travel & Tourism Industry vorgelegt, wodurch das internationale Bewusstsein von tourismusinduzierten Problemen weiter verstärkt werden konnte.95 Nachhaltiger Tourismus stellt einen Versuch dar, die negativen Auswirkungen des Tourismus zu vermeiden. Grundsätzlich berücksichtigt er ökologische, ökonomische und soziokulturelle Aspekte des Reisens, allerdings gibt es verschiedene Definitionen, die, abhängig vom Verfasser, die Wichtigkeit der zu beachtenden Aspekte unterschiedlich gewichten, wie anhand der folgenden Beispiele verdeutlicht werden soll. „Nachhaltiger Tourismus ist wirtschaftlich und sozial gesund, ohne die Umwelt und die lokale Kultur zu beeinträchtigen. Nachhaltigkeit bedeutet also geschäftlicher und wirtschaftlicher Erfolg, Schutz, Erhaltung und Entwicklung der Umwelt sowie Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Kulturgut. Diese drei Aspekte sind miteinander verknüpft.“ (Europäische Kommission, 2003)96 „Sustainable Tourism is defined as a model form of economic development that is designed to improve the quality of life fort he host community, provide a high quality of experience for the visitor, and maintain the quality of the environment on which both the host community and the visitor depend.” (World Tourism Organisation, 1993)97 “Die Entwicklung des Tourismus muss ökologische Verträglichkeitskriterien erfüllen, das heißt, er muss langfristig ökologisch tragbar, wirtschaftlich machbar sowie ethisch und sozial gerecht für die ortsansässigen Gemeinschaften sein.“ (Ecotour, 2000).98 Während die Europäische Kommission wirtschaftlichen Erfolg als wesentlichen Bestandteil von nachhaltigem Tourismus definiert, muss dieser laut Ecotour lediglich wirtschaftlich machbar sein. Ecotour betont in erster Linie die ökologische Seite von nachhaltigem Tourismus, die Europäische Kommission hebt

94

Vgl. Weinreich, C., http://www.aube-umweltakademie.de/LokaleAgenda21_1.htm, 05.01.08. Vgl. u. a. Kahlenborn, W. (1999), S. 42f. 96 Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 10f. 97 Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 11f. 98 Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 11f. 95

42 besonders den ökonomischen Aspekt hervor, wohingegen die WTO vor allem die soziale Seite betont. Die WTO-Definition geht als einzige auch auf den Reisenden ein. Nachhaltiger Tourismus soll die Qualität der Reise für den Reisenden qualitativ verbessern. Bereits anhand dieser drei Definitionen ist erkennbar, dass das Konzept der Nachhaltigkeit im Tourismus nicht wertfrei ist. Es existiert keine einheitliche Sichtweise und Definition. Konkrete Handlungsvorschläge geben Becker, Job und Witzel in ihrem Buch „Tourismus und nachhaltige Entwicklung“. Sie unterscheiden hierbei nach ökologischer,

ökonomischer

und

sozialer

Dimension

und

machen

Vorschläge, wie man die unter 4. genannten negativen Auswirkungen durch entsprechende Gegenmaßnahmen vermeiden oder zumindest verringern kann. Aus ökologischer Sicht muss die Nutzungsrate erneuerbarer Ressourcen

unter

deren

Nachwuchsrate

liegen,

nicht

erneuerbare

Ressourcen sollen maximal so stark verbraucht werden, wie erneuerbare Substitute in gleicher Höhe erzeugt werden können, Reststoff- und Abfallmengen dürfen nicht über dem Assimilationsvermögen der Umwelt liegen, die Einbringung in Endlagerstätten soll so gering wie möglich gehalten werden, Vielfalt, Schönheit und ästhetischer Wert der Natur- und Kulturlandschaft soll erhalten bleiben. Ökonomisch betrachtet sollen materielle und immaterielle Grundbedürfnisse befriedigt und gesichert werden,

der

Mindestlebensstandart

aller

aktiven

und

passiven

Tourismusteilnehmer muss gewährleistet sein, zudem soll das menschlich geschaffene Produktionssystem gesichert und weiterentwickelt werden. Im sozialen Bereich wird gefordert, dass die Teilnahme der ortsansässigen Bevölkerung an Entscheidungen gewährleistet wird, die Emanzipation der Bevölkerung möglich ist, sowie das menschliche Gesellschaftssystem entwickelt und gesichert wird.99 Allerdings ist eine klare Trennung dieser Aspekte keinesfalls möglich, da sie voneinander abhängig sind und sich gegenseitig beeinflussen.

99

Vgl., u. a. Becker, C. (1996).

43 5.3 Zusammenfassung: Sanfter und Nachhaltiger Tourismus Generell setzte eine breite Debatte zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus erst sehr spät ein, obwohl die Tourismuskritikpioniere schon früh vor ökologischen und sozialen Auswirkungen des Reisebooms warnten. Theoretisch ist das Problem in allen Einzelheiten erfasst, allerdings mangelt es an praktikablen Lösungsansätzen. Sanfter Tourismus versteht sich als umwelt- und sozialverträgliche Reiseform, die zu einer neuen Kultur des Reisens beitragen soll. Das heißt der Reisende soll sich und seine Umwelt bewusster wahrnehmen und verantwortungsbewusst damit umgehen. Dies trägt sowohl zur Erhaltung ökologischer Vielfalt und Schönheit, zum Wohlbefinden der ortsansässigen Bevölkerung, als auch zur Steigerung des Erholungswertes der Reise und des eigenen Wohlbefindens bei. Sanfter Tourismus steht oft in der Kritik, da er

zumeist

als

Ansatz

zur

Entwicklung

strukturell

alternativer

Tourismusangebote und somit als Nischentourismus gesehen wird.100 Solange die individuelle Reisefreiheit gilt, wird diese nahezu zwangsläufig zu Massenbewegungen führen. Jede Massenbewegung widerspricht aber grundsätzlich den Idealen eines Sanften Tourismus. Die einzige Möglichkeit einen durchweg Sanften Tourismus zu realisieren, wäre die Verringerung der Reiseströme. Man müsste Reisen verbieten oder Reiseberechtigungsscheine ausgeben, um die Anzahl der Reisenden und die zeitliche und örtliche Verteilung von Reiseströmen gezielt zu steuern. Dies ist allerdings ebenso, wie die Vergabe von ‚Qualifikationszeugnissen’ für Reisende undenkbar, da damit den Prinzipien der Grundrechte widersprochen wird. Es bleibt festzuhalten: DER Sanfte Tourismus ist angesichts der heutigen Reiseströme nicht realisierbar. Es ist allenfalls möglich, in wesentlichen Dimensionen, auf einen SanftEREN Tourismus hinzuwirken.101 Nachhaltiger Tourismus hingegen bezieht sich auf die touristischen Aktivitäten in ihrer Gesamtheit. Er fragt nicht nach der Umwelt- und Sozialverträglichkeit einzelner Reisen oder Reiseformen, sondern versucht nach Möglichkeit die gesamte Tourismuswirtschaft mit einzubeziehen. Nach 100 101

Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 9 ff. Vgl., u. a., Kirstges, T. (2001), S. 20 ff.

44 Müller/Flügel besteht nachhaltige touristische Entwicklung aus einem Zielsystem mit sechs Bereichen: -

Materieller Wohlstand: Einkommen, Wertschöpfung, Abbau von Disparitäten

-

Subjektives

Wohlbefinden:

Eigenständigkeit,

Freiheit,

Selbstverwirklichung, kulturelle Identität, Anpassungsfähigkeit -

Gästezufriedenheit:

optimale

Befriedigung

vielfältiger

Gästebedürfnisse, Gästesegmentierung -

Natur-

und

Ressourcenschutz:

Biodiversität,

Ressourcenschutz,

landschaftliche Vielfalt -

Kulturelle Vielfalt: kulturelles Schaffen, Pflege einheimischer Kultur, Kulturgüterschutz, Gastfreundlichkeit

-

Zukünftige Generationen: Gestaltungsrecht, Generationenvertrag102

Um klare Forderungen wie diese durchzusetzen, bedarf es zunächst einmal verbindlicher Richtlinien, die den Schwerpunkten Umweltschutz und soziale Entwicklung

gerecht

werden

ohne

dem

ökonomischen

Erfolg

der

Tourismusunternehmen ein zu massives Hindernis zu sein. 5.4 Nachhaltige Tourismuswirtschaft „Von ‚Öko’ und Sozialverträglichkeit kann derzeit niemand überleben.“103 Mit dieser Aussage bringt Heinz Schmidt-Palzer vom Forum anders reisen, einem Zusammenschluss alternativer Reiseveranstalter, das Problem der Nachhaltigkeitsentwicklung

im Tourismus

auf

den

Punkt.

Jeglichem

ökologischen und sozialen Engagement zum Trotz können sich auch alternative Anbieter dem massiven Wettbewerbsdruck nicht entziehen.104 Bisher äußert sich Umweltbewusstsein und ein soziales Gewissen in der Reisebranche

vorwiegend

in

Form

von

PR-Maßnahmen

der

Reiseunternehmen, tatsächliche problematische Auswirkungen im eigenen Einflussbereich werden nicht beseitigt. Unternehmen präsentieren sich als ‚greenwashed’,

102

werden

Vgl. Müller, H. (1999) S.43f. Friedl, H. (2002), S.94f. 104 Vgl. Friedl H. (2002), S. 94f. 103

aber

oftmals

von

Umweltaktivisten

des

45 Etikettenschwindels bezichtigt.105 Es wird als Verkaufshindernis empfunden vom Kunden Verantwortung beim Reisen einzufordern. Alternative Anbieter stehen unter enormen Konkurrenzdruck und müssen einen Kompromiss zwischen überlebensnotwendigem Kommerzdenken und ihren Idealen finden. Angesichts dieser Situation schlägt Gottfried Aigner vor, die Verantwortung an die Touristen weiterzureichen, vorausgesetzt diese sind durch kritische Medien entsprechend sensibilisiert und über vertretbare Alternativangebote ausreichend informiert. Genau daran mangelt es aber im Moment: Eine kritische Reiseberichterstattung existiert derzeit nicht und wirkliche alternative Produkte sind für den Konsumenten nur schwer von Standardprodukten zu unterscheiden.106 Ähnlich fasst Joynson die Chancen für eine nachhaltige Entwicklung im Flugbereich zusammen: „The economic imperatives of maximising output completely overshadow any quest for responsible tourism.“107 Das Überleben der Branche kann nur durch Rentabilitätskriterien gesichert werden. Kein Unternehmen kann es sich leisten nach der Tragfähigkeit einer Zielregion, nach deren ökologischer und sozialer Integrität oder deren Anschluss an das internationale Flugnetz zu fragen.108 Problematisch gestaltet sich die Situation auch in der Hotel- und Gastronomiebranche sowie in den Destinationen. Solange die Politik den Machtausbau der transnationalen Unternehmen erleichtert, verschärft sich der Überlebenskampf für die Privathotellerie in den Zielgebieten. Noch höhere Devisenabflüsse aus den Destinationen, noch weniger Jobs für die lokale Bevölkerung und noch weniger finanzielle Spielräume für ökologisch sinnvolle Investitionen sind die tragischen Folgen.109

105

Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S.101. Vgl. Aigner, G. (1992). 107 Friedl H. (2002), S. 103. 108 Vgl. Friedl H. (2002), S. 103f. 109 Vgl. Friedl H. (2002), S. 103f. 106

46 6. Tourismuspolitik 6.1 Staatlicher Einflussbereich Geht man von einer konsequenten Anwendung des Subsidaritätsprinzips aus, dann dürfte der Staat im Tourismus auf den ersten Blick kaum eine aktive

Rolle

spielen.

Er

müsste

lediglich

die

entsprechenden

Rahmenbedingungen für die räumliche Freizügigkeit im eigenen Land und, durch

Vereinbarungen

mit

anderen

Staaten,

die

Anerkennung

der

ausgestellten Reisepapiere auf Auslandsreisen sicherstellen.110 Tatsächlich ist aber in nahezu allen Lebensbereichen eine staatliche Einflussnahme auf den Tourismus zu beobachten. Das Subsidaritätsprinzip wird trotz des staatlichen Engagements weitestgehend nicht verletzt, da die vielen verschiedenen Unternehmen und Organisationen der Tourismuswirtschaft nicht in der Lage sind ihre gemeinsamen Interessen zu bündeln und zu organisieren. Der Bedarf an einer staatlichen Einflussnahme ist also vorhanden. Im Folgenden wird nun beschrieben, inwiefern der Staat dieser Forderung in Bezug auf eine Tourismuspolitik entgegenkommt. Tourismus ist ein sehr komplexer Wirtschafts- und Sozialbereich, wodurch Wahrnehmung und Abgrenzung im Vergleich zu anderen Industrien erschwert werden. Die ökonomische Bedeutung einer ‚der größten Industrien der Welt’ wird zwar in globaler Hinsicht erkannt, allerdings im Speziellen unterschätzt, da sie nicht in einzelnen Branchen und Betrieben, sondern vielmehr in der Vernetzung sichtbar wird. In vielen Wirtschaftsbereichen macht die direkt oder indirekt bedingte touristische Nachfrage nur einen Teil der Gesamtnachfrage aus. Auch durch das politische System wird die wirtschaftliche Relevanz des Tourismus oftmals verkannt. Die Regelung der öffentlichen Angelegenheiten, die nahezu alle Lebensbereiche betreffen, verlangt nach Spezialisierung. In der Bundesrepublik Deutschland findet diese Arbeitsteilung Ausdruck in der institutionellen Organisation des politischen Systems, d. h. in der Aufteilung der Bearbeitungskompetenzen in Ministerien. Es ist nahe liegend, dass aufgrund der Vielzahl zu bearbeitender Aufgaben und Probleme nicht jedem Lebensbereich ein eigenes Ministerium

110

Vgl. Freyer, W. (2006), S. 411.

47 zugeordnet werden kann. Die von Regierung zu Regierung wechselnde Zahl an Ministerien gibt die Wahrnehmung gesellschaftlicher Problemlagen und die Festsetzung ihrer politischen Priorität wieder. Diese Institutionalisierung führt zu einem Denken in Schubladen: Es gibt beispielsweise eine Wirtschafts-, eine Sozial-, und eine Finanzpolitik, die unverbunden nebeneinander bestehen. Dies hat den Vorteil, dass Probleme und Aufgaben in übersichtlichen Dimensionen begrenzt bearbeitet werden können, allerdings werden die Zusammenhänge der einzelnen Bereiche aufgrund fehlender Verknüpfungen kaum noch wahrgenommen. Tourismus passt in keine Schublade, da er keine Branche im traditionellen Sinne, sondern in verschiedenen

Wirtschaftsbereichen

zu

ist.111

finden

Zusätzlich

zur

Wirtschaftspolitik ist der Tourismus auch eng mit anderen politischen Wirtschaftsbereichen, wie u. a. der Sozial- und Gesundheitspolitik verknüpft. Tourismuspolitik ist also eine Querschnittsaufgabe, die nahezu alle Ministerien und Politikbereiche betrifft. Demzufolge muss man zwischen direkter

und

Tourismuspolitik

indirekter umfasst

Tourismuspolitik alle

Maßnahmen,

unterscheiden. die

Direkte

ausschließlich

oder

hauptsächlich aus dem Tourismus heraus begründet werden, bzw. sich auf ihn beziehen. Indirekte Tourismuspolitik bezieht sich auf alle Maßnahmen, die den Tourismus als Wirtschaftszweig zwar maßgeblich betreffen, aber nicht aus ihm heraus begründet werden.112 Tourismuspolitik wird auf allen Regierungsebenen, also sowohl auf Bundes-, Landes-, als auch auf kommunaler Ebene, betrieben. Allerdings hat sie bisher in Deutschland auf Bundesebene nur einen geringen Stellenwert und dringt somit kaum ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Ein Grund hierfür ist die Komplexität des Politikfeldes

Tourismus,

dessen

Dimensionen

nicht

ohne

weiteres

überschaubar sind, sondern erst mühsam analytisch erschlossen werden müssen.

Dazu

kommt

die

traditionelle

Sichtweise

der

deutschen

Wirtschaftspolitik, dass materieller Wohlstand allein durch die industrielle Güterproduktion gesichert werden kann. Politische Entscheidungsträger sind sich der zunehmenden Bedeutung von Dienstleistungen jeglicher Art, zu denen auch der Tourismus zählt, oftmals nicht bewusst. Zudem besteht das 111 112

Vgl. Mundt, J. (2006), S. 478ff. Vgl. Mundt, J. (2004), S. 12f.

48 politische System in seiner institutionellen Form seit langer Zeit, die hohe Relevanz des Tourismus ist historisch gesehen allerdings relativ neu und lässt sich keinem der traditionellen Politikfelder zuordnen. Zuständigkeiten müssen erst zugeordnet werden. Daraus ergibt sich, dass kaum auf Erfahrungen

bezüglich

der

Formulierung

und

Durchsetzung

tourismuspolitischer Konzepte zurückgegriffen werden kann, was die Bereitschaft vieler Politiker sich damit zu beschäftigen auch nicht erhöht. Weder auf Bundes- noch auf Landesebene gibt es eine differenziert ausformulierte Tourismuspolitik. Allerdings nimmt der Staat in fast allen Bereichen direkt oder indirekt Einfluss auf den Tourismus. Der ‚inbound tourism’ wird weitestgehend von öffentlichen, wie beispielsweise von den Gemeinden betriebene örtliche Tourismusstellen, bzw. quasi-öffentlichen Organisationen,

d.

h.

Tourismusorganisationen,

die

mit

staatlicher

Unterstützung agieren, betreut und abgewickelt. Ein Beispiel hierfür ist die Destinationswerbung der nationalen Tourismusorganisationen, u. a. der Deutschen Zentrale für Tourismus, die mithilfe staatlicher Zuwendung durchgeführt wird. Im Hinblick auf die Tourismuspolitik im Allgemeinen ist der Staat vor allem in seiner Rolle als Organisator, Koordinator und Geldgeber für wirtschaftliche Aktivitäten gefragt. Die meisten Subventionen im Tourismus werden als Investitionen gesehen, die in verschiedenen Bereichen Renditen abwerfen, die nicht ausschließlich finanzieller Natur sind.113

So

zieht

ein

Wachstum

der

Tourismuswirtschaft,

einer

beschäftigungsintensiven Branche, zwangsläufig die Schaffung neuer Arbeitsplätze und gegebenenfalls Verbesserungen des Einkommensniveaus nach sich. Zudem fördert Tourismuswachstum die regionale Entwicklung und bringt, durch Steuern und Abgaben, die Steigerung öffentlicher Einnahmen mit sich. Zusätzlich

zur Wirtschaftsförderung

unterstützt

der

Staat

auch

die

touristischen Aktivitäten seiner Bürger. Im Rahmen der gesundheitlichen und sozialen

Bedeutung

Bevölkerungsgruppen

des die

Tourismus Möglichkeit

soll für

einkommensschwachen längere

Urlaubs-

und

Erholungsaufenthalte geboten werden. In Deutschland wurde der so 113

Vgl. o. V., http://www.bmwi.de/Navigation/Wirtschaft/Wirtschaftspolitik/tourismuspolitik.html 17.12.07.

49 genannte Sozialtourismus vom nationalsozialistischen Regime zwischen den beiden

Weltkriegen

etabliert.

Aufgrund

des

zusammengestrichenen

Sozialetats stehen heute kaum noch die Mittel zur Verfügung um Reisen für die sozial schwächere Bevölkerung zu fördern, wodurch der Begriff Sozialtourismus an Bedeutung verliert. Im Bereich des Jugendtourismus allerdings

unterstützt

der

Staat

Organisationen,

wie

das

Deutsch-

Französische und das Deutsch-Polnische Jugendwerk, die Jugendlichen Begegnungsreisen ermöglichen. Auch das deutsche Kurwesen ist, zumindest teilweise, dem Sozialtourismus zuzurechnen, da Kuraufenthalte, auf Basis der

gesetzlichen

Bestimmungen,

zu

einem

großen

Teil

von

114

Sozialversicherungsträgern oder Krankenkassen finanziert werden. Staatliche

Eingriffe

in

die

Tourismuswirtschaft

sind

hinsichtlich

übergeordneter Ziele, wie u. a. regionaler Entwicklung, wichtig und werden auch von der Tourismusbranche gern angenommen. Allerdings kommt dem Staat gegebenenfalls auch die unangenehme Aufgabe der Drosselung des Tourismus zu. Sobald die natürlichen oder wirtschaftlichen Ressourcen einer Destination zu stark beansprucht werden, müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um diese zu schonen bzw. optimaler einzusetzen. Die Diskussion über die Problematik einer ständigen Vergrößerung des Wirtschaftskreislaufs kam erst in den 1970er Jahren auf. Bis dahin entwickelte sich der Tourismus, ohne dass die Grundlagen des auf Wirtschaftswachstum angelegten Systems in Frage gestellt wurden. In der Folge gewann die Umweltpolitik als eigenes Politikfeld in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Die Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 war der Auslöser zur Gründung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Damit wurde die Umweltpolitik institutionalisiert und mit dem Umweltbundesamt und dem Bundesamt für Naturschutz wurden Einrichtungen zur Dauerbeobachtung der Entwicklung und Politikberatung in diesem Bereich geschaffen. Tourismus- und Umweltpolitik sind eng miteinander verbunden. Es gehört zu den Aufgaben der Tourismuspolitik negative Begleiterscheinungen des Reisens zu vermeiden. Somit ist Tourismuspolitik auch Umweltpolitik. Die Zielstellungen scheinen auf den

114

Vgl. Mundt, J. (2006), S. 485f.

50 ersten Blick eindeutig zu sein: Die Umwelt soll weniger belastet und die natürlichen Ressourcen geschont werden. Kompliziert wird es allerdings, sobald konkrete Messwerte festgelegt werden sollen. Problematisch gestaltet sich auch die Diskussion der staatlichen Maßnahmen, da hierbei auch politisch-ideologische Aspekte eine entscheidende Rolle spielen. Es stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß staatliche Einflussnahme mit den Grundsätzen

der

Verfassung

vereinbar ist.115 Grundsätzlich ist

die

Tourismuspolitik gefordert über Gesetze und Verordnungen, die Auflegung von Förderprogrammen, Vereinbarungen mit der Tourismuswirtschaft und die Verbreitung von Informationen den notwendigen Rahmen für die Entfaltung nachhaltiger Entwicklung im Tourismus schaffen. Steuerpolitische Maßnahmen oder ökologische Anreize beispielsweise können als Motivation für umweltschonendes Verhalten eingesetzt werden. Das heißt knappe Ressourcen werden höher besteuert, um zu ihrem effizienteren

Gebrauch

anzuhalten,

umweltkonformes

Verhalten

wird

subventioniert und Umweltzertifikate in Form handelbarer Emissionslizenzen, die den Gesamtverbrauch einer Periode festlegen und deren Preisbildung dem Markt überlassen wird, werden eingeführt. Durch direkte staatliche Maßnahmen, wie dem Bau von Umweltschutzeinrichtungen wie u. a. Klärwerken und Lärmschutzwällen, leistet die Politik ihren Beitrag zum Umweltschutz.

Zudem

kann

innerhalb

der

Ordnungspolitik

mittels

gesetzlicher Regelungen ein Rahmen für umweltrelevantes Verhalten geschaffen

werden.

Dieser

beinhaltet

beispielsweise

festgelegte

Emissionsgrenzwerte und ausgewiesene Naturschutzgebiete. Wichtig hierbei ist die Einführung von Sanktionen, falls die Bestimmungen nicht eingehalten werden. Begleitend zu diesen Maßnahmen besteht die Möglichkeit über Umweltschäden aufzuklären und Appelle an das Umweltgewissen zu richten, in der Hoffnung das entsprechende Verhalten positiv zu beeinflussen. Allein durch Appelle und Aufklärungen kann jedoch nur dann eine Änderung bewirkt werden, wenn das Erreichen des gewünschten Verhaltens nur mit geringen Kosten verbunden ist. Neben Kosten finanzieller Art sind hierunter auch andere Einschränkungen, wie der persönliche Verzicht auf Konsum

115

Vgl. Mundt, J. (2006), S. 517ff.

51 oder Mobilität zu verstehen. Tab. 1 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die genannten Instrumente und den Grad ihrer Verbindlichkeit.116 Tab. 1 – Instrumentarium der staatlichen Tourismuspolitik117 Politikbereiche / Maßnahmen

Grad der Verbindlichkeit

Aufklärung Verhandlungssysteme mit den Akteuren (‚runde Tische’, ‚Aktionsbündnisse’ usw.) Ökonomische Anreize (Subventionen für die Erhaltung von Naturräumen, Kosteneinsparung durch geringeren Ressourcenverbrauch usw.) Steuerpolitik – Verstärkung des Marktpreismechanismus (höhere Besteuerung knapper Ressourcen, Einführung von handelbaren Emissionslizenzen usw.) Ordnungspolitik (Umweltauflagen, Verbote, Grenzwerte, Überwachung, Sanktionen bei Nichteinhaltung usw.) Maßnahmenpolitik (Bau von Kläranlagen, Lärmschutzwälle, an Umweltschutzvorgaben orientierte staatliche Beschaffungs- und Investitionspolitik usw.) Die Tatsache, dass das Interesse der Tourismusunternehmen vorwiegend der Sicherung bzw. Steigerung des eigenen Umsatzes gilt und sie die negativen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit nicht bemerken oder ignorieren, macht die Notwendigkeit der Einrichtung einer oder mehrerer neutraler Stellen für die Steuerung und Koordination übergreifender Aktivitäten der Tourismusindustrie offensichtlich. Im Folgenden werden die wichtigsten Akteure der nationalen und internationalen Tourismuspolitik mit ihren jeweiligen Tätigkeitsschwerpunkten auch in Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung im Tourismus vorgestellt. 6.2 Akteure der Tourismuspolitik 6.2.1 Bundesebene 1975

äußerte

Tourismuspolitik. 116 117

sich

die

Seitdem

Vgl. Mundt, J. (2004), S. 312ff. Vgl. Mundt, J. (2004), S. 312.

Bundesregierung werden

in

erstmals mehrjährigen

offiziell

zur

Abständen

52 „Tourismuspolitische Berichte der Bundesregierung“ erstellt, zuletzt im Jahr 2003.

1987

wurde

auf

Wirtschaftsausschuss

parlamentarischer

des

Bundestages

Ebene

ein

zunächst

im

Unterausschuss

für

Fremdenverkehr und Tourismus etabliert, der dann 1990 zu einem Vollausschuss aufgewertet wurde und seitdem Ausschuss für Tourismus heißt.118 Innerhalb

der

Bundesregierung

liegt

die

Verantwortung

für

die

Tourismuspolitik in erster Linie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. 1977 wurde durch Erlass des Bundeswirtschaftsministers ein Tourismusbeirat gegründet, dem maximal 30 Vertreter aus Unternehmen und Spitzenverbänden

der

Tourismuswirtschaft,

der

Verkehrsträger,

des

Deutschen Industrie- und Handelskammertages, der Kommunen, der Gewerkschaften, der Medien und der Wissenschaft angehören. Dieser dient zum einen der Zusammenführung der unterschiedlichen Interessen und hat zum

anderen

die

Aufgabe

den

Bundesminister

in

Fragen

der

Tourismuspolitik zu unterstützen. 2005 wurde per Kabinettsbeschluss ein Tourismusbeauftragter ernannt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als Berater zugeordnet. Dieser ist Ansprechpartner für die Wirtschaft und ihre Verbände, vertritt tourismuspolitische Anliegen innerhalb der Bundesregierung und im parlamentarischen Bereich, leitet den Tourismusbeirat und steht in intensivem Dialog mit den Bundesländern.119 Eine

nationale

Strategie

für

nachhaltigen

Tourismus

gibt

es

auf

Bundesebene noch nicht, da der Bund lediglich die Rahmenbedingungen für die Tourismusentwicklung vorgibt und den Ländern die Ausgestaltung im Detail

überlässt.

Allerdings

unterstützt

der

Bund

die

nachhaltige

Tourismusentwicklung in Deutschland u. a. durch die Förderung von Projekten verschiedener Träger, die Entwicklung der Umweltdachmarke Viabono, die nachhaltige Nutzung von nationalen Naturlandschaften sowie Konferenzen und Fortbildungen zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) unterstützt internationale Bemühungen ii diesem Bereich und

118

Vgl. Mundt, J. (2006), S. 501ff. Vgl. o. V., http://www.bmwi.de/Navigation/Wirtschaft/Wirtschaftspolitik/tourismuspolitik.html 17.12.07. 119

53 kooperiert mit verschiedenen internationalen Initiativen, wie beispielsweise CIPRA,

EUROPARC

oder

ICLEI,

die

sich

für

eine

nachhaltige

Tourismusentwicklung einsetzen.120 6.2.2 Länderebene Auf

Länderebene

werden

tourismuspolitische

Fragen

in

den

Wirtschaftsausschüssen und in den Ausschüssen zur Landes- und Entwicklungsplanung

verhandelt.

Bundesländer

ihre

für

Landestourismusverbände.

Das

wichtigste

Tourismuspolitik Deren

sind

Tagesgeschäft

Instrument

der

allerdings

die

wird

oftmals

von

branchenerfahrenen Geschäftsführern abgewickelt, die Präsidenten, zumeist Minister oder Landtagspräsidenten, kommen jedoch aus der Politik. Die direkte Tourismusförderung, wie beispielsweise Werbung für das jeweilige Bundesland, wird über diese Verbände angewickelt. Es fällt in den Zuständigkeitsbereich

der

Länder

zu

Finanzierungsmöglichkeiten

Städte

und

bestimmen, Gemeinden

welche im

speziellen

Bereich

der

Tourismusförderung haben. Dazu gehören auch Landesentwicklungspläne, über die die Tourismusentwicklung einzelner Regionen oder Kommunen gefördert werden soll.121 Bezug nehmend auf den föderalen Aufbau der deutschen Politik ist der Bund eher für die Rahmenbedingungen und die Länder für die Ausgestaltung des Tourismus zuständig. Um die Abstimmung zwischen Bund und Ländern hinsichtlich

der

gegenseitigen

Unterrichtung

und

Koordination

tourismuspolitischer Aktivitäten zu gewährleisten, wurde der Bund-LänderAusschuss Tourismus eingerichtet, in dem das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und die für Tourismus zuständigen Ministerien der Bundesländer vertreten sind. Dieser tagt in halbjährlichem Rhythmus und diskutiert primär tourismuspolitische Konzepte und Maßnahmen und trägt Sorge für deren Abstimmung zwischen den Ländern und zwischen Bund und Ländern.122

120

Vgl. o. V., http://www.zukunft-reisen.de/bundesregierung.html, 17.12.07. Vgl. Mundt, J. (2006), S. 503ff. 122 Vgl. o. V., http://www.zukunft-reisen.de/bundesregierung.html, 17.12.07. 121

54 6.2.3 Kommunale Ebene Tourismuspolitik ist keine ‚Pflicht’aufgabe der Kommunen, allerdings haben diejenigen unter ihnen, für die Reisende und Touristen eine wichtige Einkommens- und Beschäftigungsquelle darstellen, freiwillig Stellen zur Förderung und Koordination von Tourismus eingerichtet. Diese Stellen erbringen, ähnlich wie die nationalen Tourismusorganisationen, kollektive Leistungen, wie u. a. Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Da die daraus entstehenden Vorteile für die Unternehmen vor Ort nicht im Einzelnen zurechenbar sind, ist es nahezu unmöglich ihnen die Kosten für diese Leitungen

in

Rechnung

Tourismusstellen

auf

zu

stellen.

Subventionen

Demzufolge angewiesen

sind und

kommunale

folglich

nicht

privatisierbar. Die Finanzierung kommunaler Tourismusstellen basiert also üblicherweise auf allgemeinen Steuermitteln. Zusätzlich haben Kommunen die Möglichkeit tourismusspezifische Steuern bzw. Abgaben, wie zum Beispiel die Kurtaxe oder die Fremdenverkehrsabgabe, zu erheben.123 Im Hinblick

auf

einen

Kommunalverwaltungen Genehmigungspraxis geeignetes

umweltgerechten eine

und

wichtige

Tourismus

Schlüsselrolle

Flächennutzungspolitik

Instrumentarium,

um

kommt zu.

Durch

besitzen

die

sie

den ihre ein

tourismusrelevanten

Umweltproblemfelder Flächenverbrauch und Verlust von Biodiversität gezielt anzugehen. Auch lokale Probleme, wie beispielsweise die verkehrsbedingte hohe Lärmbelastung oder die Abfallentsorgung können auf kommunaler Ebene gezielter gelöst werden, als auf Länder- oder Bundesebene. Zudem können

Sie

mit

ihren

Kurbetriebsgesellschaften

Fremdenverkehrsämtern, direkte

touristische

Tourismus-

Anbieter

und

und somit

umweltbewusste Tourismusangebote schaffen. Problematisch ist allerdings, dass Kommunen ihr Maßnahmenspektrum oftmals nur unzureichend nutzen. Politische Interessen und kommunale Haushalte schränken dies ein. Auch durch die ökonomische Abhängigkeit vom Tourismus und durch das Konkurrenzdenken der Gemeinden untereinander agieren kommunale

123

Vgl. Mundt, J. (2006), S. 506ff.

55 Entscheidungsträger

nicht

immer

im

Sinne

eines

umweltgerechten

Tourismus.124 6.2.4 EU-Ebene Lange Zeit gehörte die Tourismuspolitik nicht zu den europäischen Gemeinschaftsaufgaben. Erst mit der Unterzeichnung Vertrags über die Europäische

Union

1992

in

Maastricht

wurde

Fremdenverkehr

als

potentielles Tätigkeitsfeld aufgenommen.125 Eine ausdrückliche Kompetenz, beispielsweise in Form eines Tourismuskapitels im Vertrag, besteht jedoch nicht. Die Kompetenz der Europäischen Union in touristischen Fragen wird durch das im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verankerte Subsidaritätsprinzip begrenzt. Demnach soll die EU nur aktiv werden, wenn die Mitgliedsstaaten nicht in der Lage sind, geeignete Lösungen hinsichtlich tourismuspolitischer Problemstellungen zu finden.126 Die Gremien der EU verfügen bezüglich direkter Tourismuspolitik nur über eine vergleichsweise begrenzte Entscheidungsbefugnis. Allerdings sind Politikbereiche wie die Verkehrs-, Umwelt- oder Verbraucherschutzpolitik, in denen der Einfluss der EU deutlich ausgeprägter ist, von entscheidender Bedeutung für den Tourismus. Die Reiserechtslinie beispielsweise, die u. a. einen Insolvenzschutz für Pauschalreisende beinhaltet, wurde zwar im Rahmen der EU-Verbraucherschutzpolitik erlassen, könnte allerdings auch der Tourismuspolitik zugerechnet werden. Und die Verkehrspolitik zum Beispiel betrifft einen Kernbereich des Tourismus. Tourismuspolitik wird demzufolge sehr wohl auch auf EU-Ebene betrieben, zumindest in indirekter Form.

Problematisch

wirken

sich

auch

die

grundverschiedenen

Interessenlagen der Mitgliedsstaaten auf eine EU-Tourismuspolitik aus. So stellen die hochindustrialisierten Entsendeländer des europäischen Nordens andere Anforderungen an die EU-Tourismuspolitik als die wirtschaftlich weniger entwickelten Empfängerländer im Süden Europas. Die EU fungiert

124

Vgl. Schmied, M. (2002), S. 88ff. Vgl. Kahlenborn, W., http://www.ecologic.de/download/projekte/800-849/840/840_Endbericht.PDF, 17.12.07. 126 Vgl. o. V. (2006), http://www.bmwa.gv.at/BMWA/Schwerpunkte/Tourismus/IntTourBeziehung/EU/default.htm, 17.12.07. 125

56 als Moderator und soll zum Ausgleich der unterschiedlichen Interessen beitragen und eine gemeinschaftsorientierte Tourismuspolitik entwickeln. Übergeordnetes Ziel ist es hierbei sowohl eine Qualitätssteigerung im Tourismus als auch positive Arbeitsmarkteffekte vor allem im Bereich kleiner und mittelständischer Unternehmen zu erreichen. Tourismus dient als Instrument der Entwicklung. Zusätzlich soll er das kulturelle und politische Zusammenwachsen

der

Mitgliedsstaaten

fördern.

Eine

wesentliche

Errungenschaft der EU-Tourismuspolitik ist die Richtlinie „Über die Erhebung statistischer Daten im Tourismus“ von 1995. Bis dahin waren die statistischen Daten der Mitgliedsstaaten, aufgrund zu unterschiedlicher Ansätze hinsichtlich deren Erfassung, nicht vergleichbar und somit als Grundlage

tourismuspolitischer

Entscheidungen

unbrauchbar.

Da

Tourismuspolitik ohne genaue Kenntnis der wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus nicht effektiv betrieben werden kann, haben sich die EUMitgliedsstaaten auf eine einheitliche Methodik zur Erhebung statistischer Daten im Tourismus geeinigt.127 Grundsätzliches Problem der EU-Tourismuspolitik ist, dass die Kompetenzen nicht klar geregelt sind und unter den Mitgliedsstaaten auch keine Einigkeit herrscht. Während die

nördlichen Mitgliedsstaaten einer

verstärkten

Einflussnahme der EU eher ablehnend gegenüberstehen, würden die klassischen

Urlaubsstaaten

dies

begrüßen.

Die

EU

ist

in

ihrer

Handlungsfähigkeit paralysiert. Vor diesem Hintergrund ist auch die nachhaltige Entwicklung des Tourismus in Europa kritisch zu sehen. Im Bereich Tourismus und Umwelt ist eine gewisse Stagnation zu beobachten. Europa ist weltweit die wichtigste Destination des Tourismus und somit auch besonders stark von dessen negativen Auswirkungen betroffen. Eine Mitwirkung der EU ist erforderlich, um Lösungen für grenzüberschreitende Probleme

zu

entwickeln.

Hinsichtlich

der

Herausforderung

einen

nachhaltigen und gleichzeitig wirtschaftlich tragbaren bzw. erfolgreichen Tourismus zu etablieren, ist die tourismuspolitische Situation der EU unbefriedigend.128

127 128

Vgl. Mundt, J. (2006), S. 495 ff. Vgl. o. V. (1999), http://www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab59.htm, 17.12.07.

57 6.2.5 Globale Tourismuspolitik Die 1995 von der UNO als verantwortliche zwischenstaatliche Behörde für den

Tourismusbereich

anerkannte

Welttourismusorganisation

(WTO),

bemüht sich sowohl um die Integration der ökologischen als auch der ökonomischen

Aspekte

des

Tourismus.

Gemeinsam

mit

ihren

Kooperationspartnern, u. a. der UNEP und der CSD, engagiert sich die WTO intensiv im nachhaltigen Tourismus und trug z. B. auch die Verantwortung für das Internationale Jahr des Ökotourismus 2002. Über die diversen Unterorganisationen, wie die WHO oder die Weltbank, war die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) schon lange im Tourismus aktiv, zum expliziten Schwerpunktthema wurde dieser allerdings erst 1997 erklärt. Die Hauptaufgabe der Kommission für Nachhaltige Entwicklung (CSD) besteht in der Überwachung der Umsetzung der Agenda 21Beschlüsse,

wobei

sie

hierbei

auf

die

Berichte

der

Nichtregierungsorganisationen (NRO) und der nationalen Regierungen angewiesen ist. Die CSD ist nicht berechtigt völkerrechtlich verbindliche Entscheidungen zu treffen oder Konventionen zu verabschieden, sie kann lediglich Maßnahmen empfehlen. Die Welthandelsorganisation (WTradeO), 1993

in

Marrakesch

gegründet,

wacht

über

die

Einhaltung

und

Weiterentwicklung des GATS und ist somit für den Tourismus von zentraler Bedeutung. Die Weltbank, als ressourcenstärkste und einflussreichste Institution der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, ist zuständig für die

Förderung

des

wirtschaftlichen

und

sozialen

Fortschritts

in

Entwicklungsländern. Dieser Aufgabe kommt sie durch die gezielte Vergabe von Krediten nach. Zusammen mit dem Internationalen Währungsfond (IWF) engagiert sich die Weltbank für Modernisierungsprojekte und versucht das Prinzip

der

Liberalisierung

und

Deregulierung

durchzusetzen.

Da

problematische Auswirkungen dieser Maßnahmen nicht ausbleiben, ist die Weltbank hinsichtlich ihrer Strategien äußerst umstritten.129 Das World Travel and Tourism Council (WTTC) entstand 1990, als sich die 100 weltweit größten Tourismusunternehmen zusammenschlossen, um die wirtschaftliche

129

Vgl. Friedl H., Tourismusethik, München, 2002, S. 130

58 Bedeutung des Tourismus auf politischer Ebene bewusst zu machen. Die Organisation hat sich folgende Ziele gesetzt: Öffnung der Märkte, Wachstumssteigerung und nachhaltige Tourismusentwicklung – in dieser Reihenfolge, wie sich anhand der Aktivitäten des WTTC vermuten lässt. Durch

das

WTTC

wachsenden

will

Spielraum

die zur

internationale

Tourismuswirtschaft

Beeinflussung

der

politischen

ihren und

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugunsten des Tourismus nutzen. Die vorgelegte Millennium Vision beinhaltet die folgenden Forderungen: -

den Sektoren Reisen und Tourismus Priorität hinsichtlich der regierungsseitigen

Entwicklungs-

und

Beschäftigungspolitik

einzuräumen -

die Märkte weiter zu öffnen

-

eine beschleunigte Umsetzung des GATS zu verstärken

-

die Liberalisierung des Flugverkehrs

-

die Deregulierung des Telekommunikationssektors

-

die Beseitigung der Wachstumsschranken im Tourismus

-

die Modernisierung und Erweiterung der Infrastruktur130

Diese Forderungen sind jedoch nicht darauf ausgelegt, den negativen Auswirkungen des Tourismus entgegenzuwirken. Im Sinne der nachhaltigen Tourismusentwicklung hatte das WTTC 1996 an der Erstellung der Agenda 21

for

Travel

and

Tourism

Industry

mitgewirkt

und

das

Zertifizierungsprogramm Green Globe für Unternehmen und Destinationen realisiert. Das Engagement um eine nachhaltige Tourismusentwicklung wächst auch bei internationalen Nicht-Regierungsorganisationen, wie dem (WWF), der International Union Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) und dem Earth Council und bei europäischen NRO’s, wie den Naturfreunden International (NFI). Allerdings behindern personelle und finanzielle Engpässe zumeist die Entwicklung und Durchsetzung von strategischen Visionen und geschlossenen Gesamtkonzepten.131

130 131

Vgl. u. a. Kahlenborn, W. (2000), S. 49ff. Vgl. Friedl H. (2002), S. 130ff.

59 6.3 Deklarationen und Initiativen Im Hinblick auf das Thema Nachhaltiger Tourismus wurden zahlreiche Versuche

unternommen

verbindliche

Richtlinien

durchzusetzen.

Die

bedeutendsten werden im Folgenden vorgestellt: Die Lanzarote Charta für einen verträglichen Tourismus (1995) war das Ergebnis der Weltkonferenz für einen verträglichen Tourismus, die 1995 gemeinsam von der UNESCO, der UNEP und der WTO auf Lanzarote veranstaltet wurde. Erstmals wurde anerkannt, dass Tourismus über das Potenzial zur Völkerverständigung und zu sozioökonomischer und kultureller Entwicklung verfügt, andererseits aber auch zur Ausbeutung der Umwelt und zur Untergrabung der lokalen Identität beitragen kann. Die Charta sollte als Grundlage zur Konkretisierung von Zielen, Kriterien und Plänen für eine nachhaltige Tourismusentwicklung dienen, erhielt allerdings aufgrund zu vager Formulierungen nur wenig Aufmerksamkeit.132 Ein Jahr später, 1996, veröffentlichten der WTTC, die WTO und der Earth Council die Agenda 21 für die Reise- und Tourismusindustrie, in der die Ergebnisse des Umweltgipfels 1992 in Rio de Janeiro auf den Tourismus übertragen wurden. Im Wesentlichen beinhaltet die Agenda zwei Kriterien: Zum einen soll die ortsansässige Bevölkerung in den Zielgebieten hauptsächlicher Nutznießer des Tourismuswachstums sein, zum anderen müssen eben diesem Wachstum Grenzen gesetzt sein, damit Landschaft, Kultur und lokale Ressourcen erhalten bleiben.133 Der Schwachpunkt der Agenda

besteht

in

erster

Linie

im

Fehlen

eines

konkreten

Maßnahmenkatalogs, „insofern kann die Agenda lediglich als Bekenntnis des guten Willens bewertet werden.“134 1997 wird im Zuge der Weltkonferenz über die sozialen Auswirkungen des Tourismus in Manila von 77 Teilnehmerländern die Manila Deklaration verabschiedet. Dieses Dokument verpflichtet die Unterzeichnenden in erster Linie zur Ausarbeitung eines Globalen Ethikkodex für den Tourismus, und wird somit zum Vorbereiter für den Global Code of Ethics, der 1999 auf der

132

Vgl., Müller, H. (2007), S. 203ff. Vgl. Kahlenborn, W. (2000), S.123ff. 134 Friedl H. (2002), S.123. 133

60 WTO-Generalversammlung in Santiago de Chile vorgestellt wird. Die zehn Artikel des Katalogs umfassen die Rechte und Pflichten für alle Tourismusteilnehmer, d. h. für Zielgebiete, Regierungen, Reiseveranstalter, Reisemittler, Personal, Tourismusplaner und Touristen. Im zehnten Artikel sind der Geltungsbereich, die Modalitäten der Anwendung, sowie das Schlichtungsverfahren im Fall von Verstößen gegen den Kodex dargelegt, weshalb der Global Code of Ethics als innovatives Instrument begrüßt wurde.135 Die internationale Nichtregierungsorganisation ECPAT 136 trug 2001 mit der Lancierung des Code of Conduct for the Protection of Children from Sexual Commercial Exploitation in Travel and Tourism wesentlich zur Realisierung von sozialverträglichen Reisen bei. Die Organisation, die sich gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern einsetzt, verpflichtet mit dem Code of Conduct die unterzeichnenden Reiseveranstalter ihre Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor Missbrauch durch Touristen zu treffen. Die Einhaltung

des

Verhaltenskodex

wird

durch

ein

unabhängiges

Evaluierungskomitee überprüft. Auf Regierungsebene wurden u. a. von Deutschland und den USA strenge Gesetze erlassen, die das kommerzielle Anbieten von Kindersex mit hohen Haft- und Geldstrafen bedrohen.137 2002 fand in Johannesburg der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung statt mit dem Ergebnis, dass ein Umsetzungsplan für nachhaltige Entwicklung verabschiedet wurde, der auch den Tourismus berücksichtigt. Den vorgegebenen Zielen folgt allerdings kein konkreter Maßnahmenkatalog, zudem

geben

sie

laut

der

Einschätzung

durch

Nicht-

Regierungsorganisationen, wie Tourism Watch, „weder wirklich Neues, noch halbwegs Konkretes“ wieder.138 Problematisch ist vor allem die hohe Wirtschaftslastigkeit

der

Erklärung.

Spezifische

Initiativen,

wie

die

International Hotels Environment Initiative oder die Tour Operators’ Initiative for Sustainable Development, verpflichten ihre Mitglieder die jeweiligen

135

Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 12ff. ECPAT = End Children Prostitution, Pornography and Trafficking 137 Vgl., o. V., http://www.drv.de/drv/fachbereiche/umwelt-kultur/code-of-conduct.html, 11.12.07. 138 Vgl. Kamp, C. (2002), http://www.tourism-watch.de/dt/28dt/28.johannesburg/index.html, 11.12.07. 136

61 festgelegten ökologischen und sozialen Anforderungen zu erfüllen und dienen in erster Linie als Kommunikationsplattform.139 Derartige Absichtserklärungen, Programme und Maßnahmenkataloge stehen in der Kritik das Papier auf dem sie geschrieben sind, nicht wert zu sein. Hinter diesem massiven Gegenwind verbirgt sich die Unzufriedenheit an der unkonkreten

und

wenig

innovativen

Schreibweise

der

Texte.

Ein

gemeinsames Dokument muss, um die höchst unterschiedlichen Interessen der

beteiligten

Partner

zu

vereinen,

zwangsläufig

diplomatische

Kompromisse eingehen, um überhaupt unterschrieben zu werden. Der unbestimmten Formulierung der Texte fehlt oft der lokale Kontext, d. h. die festgeschriebenen

Prinzipien

sind

unmöglich

auf

die

verschiedenen

Destinationen übertragbar und somit praktisch irrelevant.140 Allerdings können

auch

unverbindliche

Erklärungen

eine

wichtige

Funktion

übernehmen, nämlich die der Vertrauensbildung. Trotz ihrer Defizite kann sich die gemeinsame Erarbeitung der internationalen Absichtserklärungen kooperationsstiftend und vertrauensbildend auf die beteiligten Parteien auswirken. Durch das demonstrierte Problembewusstsein nach außen wird zudem ein konstruktiver Beitrag zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für soziale und ökologische Aspekte geleistet. Trotzdem bleibt natürlich die Umsetzung konkreter Maßnahmen das Maß aller Dinge. Alle erfreulichen Signale

können

nicht

darüber

hinwegtäuschen,

dass

die

Nachhaltigkeitsbestrebungen oftmals noch im krassen Widerspruch zu den Bestrebungen der Wirtschaftskräfte stehen. Pleumaron geht sogar so weit zu behaupten, dass das Konzept Nachhaltiger Tourismus und die damit verbundenen Aktivitäten zu einer cleveren Marketingstrategie für neue Tourismusformen, wie den Ökotourismus, verkommen.141 6.4 Gegenmaßnahmen der Wirtschaft Die Tatsache, dass der WTTC, dessen Interesse am Wachstum der weltweiten Tourismusindustrie eindeutig dem Interesse an einer nachhaltigen

139

Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 12ff. Vgl. Friedl H. (2002), S. 130ff. 141 Vgl. Friedl H. (2002), S.130 ff. 140

62 Entwicklung überwiegt, an der Erarbeitung der meisten Deklarationen beteiligt

war, lässt

die

Schwierigkeiten bei

der

Findung

konkreter

Formulierungen und der Festlegung verbindlicher Maßnahmen vermuten. Die Bestrebungen der Wirtschaftskräfte um Deregulierung und Liberalisierung widersprechen einem der Kernprinzipien der Nachhaltigkeit, nämlich demokratisch legitimierter Regulierung durch lokale Partizipation. Von überragender Bedeutung für die Tourismusindustrie ist das General Agreement on Trade in Services (GATS), das 1995 als erstes multilateral ausgehandeltes Abkommen mit rechtlich durchsetzbaren Regeln für den Handel

mit

Dienstleistungen

abgeschlossen

wurde.

Die

Globalisierungsdynamik wird durch die internationale Handelspolitik und ihren derzeit geltenden Regelungsinstrumenten extrem forciert.142 Das GATS mag den Aufschwung des Tourismuswachstums begünstigen, läuft allerdings gleichzeitig der Nachhaltigkeitsbewegung zuwider. ‚Errungenschaften’ des GATS sind die Einschränkung des Handlungs- und Entscheidungsspielraums der nationalen Politik. Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass lokale Dienstleistungsanbieter nicht in höherem Maß gefördert werden dürfen als transnationale Unternehmen. Das heißt die betreffenden Länder verlieren sämtliche Instrumente zur Förderung heimischer Industrien, wodurch diese schutzlos den sich ohnehin schon im Vorteil befindlichen transnationalen Unternehmen ausgeliefert sind. Im Hinblick auf den Tourismus werden internationale Veranstalter ihre Geschäftstätigkeit in den Destinationen weiter ausweiten, damit kleineren heimischen Anbietern zunächst konkurrieren und diese dann zunehmend verdrängen. Die hohen Devisenabflüsse nehmen weiterhin zu. Das Konzept der Nachhaltigkeit beinhaltet hingegen eine stärkere Einbeziehung lokaler Anbieter, um die erwähnte hohe Sickerquote zu verringern und das Kapital, das mit den Touristen ins Land fließt, auch dort zu halten. Zudem berücksichtigt das GATS keine Mitwirkungs- und Einspruchsrechte der lokalen Verwaltungen, Nicht-Regierungsorganisationen sowie der Bevölkerung. Soziale Mindeststandards sind nicht konkret

142

Vgl. o. V., http://www.bmz.de/de/themen/globalisierung/hintergrund/Welthandel/GATS.html, 11.12.07.

63 festgelegt und die Regelungen zum Schutz der Umwelt weisen gravierende Mängel auf.143 Das GATS als Beispiel für die Durchsetzungsfähigkeit der Wirtschaft macht deutlich, wie das Kräfteverhältnis zwischen Wirtschaftsakteuren und Nachhaltigkeits-Aktivisten aussieht. Während die Bestrebungen das Konzept der Nachhaltigkeit im Tourismus zu verwirklichen, aufgrund fehlender Einigkeit der Initiatoren, im Sande verlaufen, setzen die Wirtschaftskräfte nach

und

nach

den

Begleiterscheinungen fort.

143

Vgl. Friedl H. (2002), S. 126 ff.

Globalisierungsprozess

mit

seinen

negativen

64 7. Umweltauszeichnungen im Tourismus 7.1 Gütezeichen im Allgemeinen Gütezeichen sind definiert als „Wort- oder Bildzeichen oder beides, die als Garantieausweis

zur

Kennzeichnung

von

Waren

oder

Leistungen

Verwendung finden, die die wesentlichen, an objektiven Maßstäben gemessenen, nach der Verkehrsauffassung die Güte einer Ware oder Leistung bestimmenden Eigenschaften erfüllen […].“144 Sie bezwecken die Kennzeichnung von Produkten und Dienstleistungen, die nach hohen festgelegten Qualitätskriterien hergestellt bzw. angeboten werden. In Deutschland werden die Anforderungen für die jeweiligen Gütezeichen von der RAL festgelegt. Die RAL, der Reichsausschuss für Lieferbedingungen, wurde 1925 gegründet und ist heute als Deutsches Institut für Gütesicherung und

Kennzeichnung

bekannt.

Mit

der

Gründung

dieser

neutralen

Organisation wurde das Ziel verfolgt, eine unkontrollierte Herausgabe zahlreicher Gütezeichen und die damit verbundene Irreführung der Verbraucher zu vermeiden. In Deutschland ist der Begriff des Gütezeichens rechtlich geschützt, da die RAL alleinig berechtigt ist Gütezeichen zu vergeben.145 Träger eines RAL-Gütezeichens ist in der Regel eine Gütegemeinschaft in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Hersteller und Anbieter schließen sich zu einer solchen Interessengemeinschaft zusammen und übernehmen somit die mit einem Gütezeichen verbundenen speziellen Aufgaben. Sie vergeben das Recht zur Führung eines Gütezeichens an Hersteller und Dienstleister. In ihren Aufgabenbereich fällt außerdem die Verteidigung ihres Gütezeichens vor jedwedem Missbrauch. Zudem

überwacht

Gütebedingungen

und

die die

Gütegemeinschaft korrekte

die

Anwendung

Einhaltung des

der

Gütezeichens.

Gütezeichenbenutzer unterwerfen sich freiwillig der Erfüllung der Güte- und Prüfbestimmungen sowie der Überwachung durch die Gütegemeinschaft. Pro Gütezeichen wird eine Gütegemeinschaft gegründet. Momentan existieren in Deutschland über 160 Gütezeichen aus den verschiedensten

144 145

Esch, F.-R. (2005), S. 464. Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 295 ff.

65 Bereichen.146 Es ist jeder Branche freigestellt überhaupt ein Gütezeichen zu entwickeln und ferner gilt die Freiwilligkeit für Hersteller und Anbieter ein Gütezeichen zu erwerben. Die RAL sieht den Zweck von Gütezeichen darin Markt- und Gütertransparenz zu schaffen und gleichzeitig eine Steigerung des Umweltbewusstseins zu bewirken. Die Qualität von Waren und Dienstleistungen soll gekennzeichnet und im Rahmen des technischen Fortschritts und der Markterwartung gesteigert werden. Der Verbraucher ist auf zuverlässige Informationen angewiesen, um sich umweltbewusst zu verhalten. Hierbei sollen ihm Gütezeichen helfen. Anbieter und Hersteller, die sich entschließen ein Gütezeichen zu erwerben, können sich im Gegenzug durch deren Werbewirksamkeit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Anreiz und Motivation der Konkurrenzunternehmen den höheren Standart ebenfalls zu erreichen, wird dadurch gesteigert.147 7.2 Gütezeichen im Tourismus Umweltgütezeichen im Tourismus beziehen sich auf die bereits vorhandene Umweltverschmutzung berücksichtigen

oder

ohne

den

eigentlichen

Informationen

über

Verursacher

zu

tourismusinduzierte

Verunreinigungen zu geben. Dem Touristen wird also Auskunft über die Umweltlage Im Urlaubsland gegeben, das heißt z. B. über die Sauberkeit des Meerwassers, über die Luftqualität, über den Waldbestand usw. Das Umweltgütezeichen bietet dem Verbraucher die Möglichkeit sich zwischen ‚sauberen’ und ökologisch belasteten Zielgebieten zu entscheiden. Die Nachfrage nach sauberen Destinationen steigt, wodurch bereits unter Umweltverschmutzung leidende Urlaubsländer entlastet werden. Dies trägt zur Lösung der Umweltproblematik auf dem touristischen und allen anderen Gebieten bei, da touristische Destinationen erkannt haben, dass die ökologische Qualität des Zielgebietes einen wesentlichen Anteil der Reiseentscheidung der Touristen ausmacht. Allerdings liegt hier die Verantwortung für ökologische Qualität allein bei den Destinationen selbst.

146 147

Vgl. o. V., http://www.ral.de/de/ral_guete/guetesicherung/guetegemeinschaften.php, 15.01.08. Vgl. u. a. Haussmann, A. (1992), S. 28ff.

66 Umweltgütezeichen tragen nicht unbedingt dazu bei den Blick der Touristen für tourismusinduzierte Umweltschäden zu schärfen.148 7.3 Weitere Umweltauszeichnungen Nachdem die Idee eines Gütezeichens für den Tourismus aufgekommen war, ließ sich vermuten, dass dessen Vergabe für die gesamte deutsche Tourismusbranche durch die RAL vorgenommen werden würde. Die übliche Entwicklung von Gütezeichen für Verbrauchsgüter und Dienstleistungen lässt sich allerdings nur schwer auf die Tourismusbranche übertragen. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass momentan lediglich die folgenden vier Gütezeichen existieren: -

Buskomfort

-

Urlaub auf dem Bauernhof

-

Traditionelle Kneippkureinrichtungen

-

Diätverpflegung

Ohne näher auf die einzelnen Gütezeichen einzugehen, fällt auf, dass damit nicht der gesamte touristische Markt abgedeckt werden kann. Da sich das touristische Produkt wesentlich von den Industrieprodukten unterscheidet, gestaltet sich die Festlegung der Kriterien schwierig.149 Das touristische Produkt setzt sich aus zahlreichen Teilprodukten zusammen, die nicht mit einheitlichen Kriterien beurteilt werden können. Zudem ist das touristische Produkt räumlich an die Destination gebunden, weshalb die Qualität der jeweiligen Destination in direktem Zusammenhang zur Qualität des touristischen

Gesamtproduktes

steht.

Umweltauszeichnungen

für

Industrieprodukte geben Informationen über den Einfluss der betreffenden Produkte

auf

die

Umwelt.

Im

Tourismus

wird

der

Begriff

‚Umweltauszeichnung’ oft fälschlicherweise gleichgestellt mit dem Begriff Ökoqualität

der

touristischen

Destination.

Umweltauszeichnungen

für

touristische Produkte geben vorwiegend Informationen über die ökologische Qualität der touristischen Destination, beachten aber nicht den Einfluss dieses touristischen Produktes auf die Umwelt. Bei Umweltauszeichnungen 148 149

Vgl. Mundt, J. (2006), S. 525f. Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 297.

67 für

Industrieprodukte

sind

die

Industrieprodukte

selbst

Träger

der

Auszeichnung. Im Tourismus können allerdings sowohl die gesamten oder partiellen Tourismusprodukte, als auch touristische Organisationen, wie z. B. Hotels, Gaststätten oder Reisebüros, sowie touristische Destinationen, wie z. B. Orte, Marinas, Strände oder Skigebiete, ausgezeichnet werden.150 Da der Begriff des Gütezeichens in Deutschland rechtlich geschützt ist und alleinig durch

die

RAL

vergeben

werden

darf,

werden

zahlreiche

andere

Bezeichnungen, wie u. a. Umweltgütesiegel, Umweltzeichen, Umweltsiegel, Umweltwettbewerbe und Umweltpreise genutzt. Im Sinn der allgemeinen Verkehrsauffassung werden diese Begriffe synonym verwendet.151 Ein Hotel, ein Reiseveranstalter, eine Region kann sich mit einer neutralen, glaubwürdigen Auszeichnung von Konkurrenzangeboten abheben und seine Chancen verbessern, die Touristen für sich zu gewinnen. Dem Thema Umweltbewusstsein im Tourismus wird mittlerweile von einer wachsenden Zahl von Tourismusteilnehmern Beachtung geschenkt. Allerdings gehen Umweltauszeichnungen angesichts der Vielzahl an Auszeichnungen zu allen möglichen Qualitäten des touristischen Angebots oft unter.152 Ziel dieser Auszeichnungen ist es in erster Linie einen sanfteren Tourismus zu forcieren. Um Touristen, die umwelt- und sozialverträglich reisen wollen, die Möglichkeit zu geben die entsprechenden Produkte aus der Vielzahl von Angeboten auszuwählen, wurden verschiedene Umweltauszeichnungen entwickelt. Diese sollen den Reisemarkt transparenter machen, denn ohne die entsprechenden Informationen kann auch ein verantwortungsvoll denkender Reisender nicht gemäß seinen Einstellungen handeln.153 Der Markt wird überflutet mit einer zunehmenden Zahl an Angeboten, die den Zusatz

‚sanft’

tragen

und

auch

die

Anzahl

an

touristischen

Marketingaktionen, die unter dem Aspekt ‚Öko’ kommuniziert werden, wächst ständig. Derartige Auszeichnungen sind allerdings nur dann sinnvoll, wenn bekannt ist, welche Kriterien sie bewerten. Umwelt- und sozialverträgliche Formen des Tourismus sollen aus dem Gesamtangebot herausgefiltert und

150

Vgl. Mihalic, T. (1996), S. 117. Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 83ff. 152 Vgl. Mundt, J. (2006), S.525f. 153 Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aubeumweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_Tourismus.htm, 15.01.08. 151

68 prämiert werden und dadurch möglichst viele Leistungsträger zur freiwilligen Senkung von Umweltbelastungen motivieren.154 Bislang ist das Interesse von Hotels, Freizeitzentren und Campingplätzen, sowie anderen touristischen Anbietern trotz der Aussicht auf Imagegewinne und Marktvorteile gering. Ein Grund für dieses Desinteresse ist, dass mittlerweile in vielen Regionen verschiedene Umweltauszeichnungen in Konkurrenz zueinander stehen. So hat beispielsweise ein Hotelier in Saalbach-Hinterglemm in Österreich eine schwierige Entscheidung zu treffen: Soll er sich für die lokale Grüne Hand, für das Umweltsiegel Tirol-Südtirol oder für das nationale Österreichische Umweltzeichen für Tourismusbetriebe bewerben? Auch die Blaue Schwalbe von Verträglich Reisen oder das Grüne Bäumchen im ADAC-Reisekatalog könnten sein Umweltengagement unter Beweis stellen. Neben dem geringen Interesse der Leistungsträger tauchen bisher auch in den Katalogen der führenden Reiseveranstalter kaum Umweltauszeichnungen auf. Das heißt, dass Umweltauszeichnungen, zusätzlich zu der Konkurrenz untereinander, der mächtigen Konkurrenz der Marken, die mit großen Budgets vermarktet werden, ausgesetzt sind. Bei der Einführung des Österreichischen Umweltzeichens für Tourismusbetriebe hat sich gezeigt, dass sich eine Umweltauszeichnung ohne Marketing, d. h. ohne ein entsprechendes Werbebudget, nicht durchsetzen kann. Dieses eine Beispiel hat zwar dank finanzieller Unterstützung seitens des Staats gute Chancen sich gegenüber den regionalen Konkurrenten durchzusetzen oder zumindest als Alternative zu behaupten, ist allerdings trotzdem darauf angewiesen in den Katalogen der Reiseveranstalter erwähnt zu werden, um die breite Masse der Touristen anzusprechen.155 Ein Großteil der Touristen weiß gar nicht, dass es Umweltauszeichnungen im Tourismus gibt bzw. was diese beinhalten. Vorreiter der Umweltauszeichnungen im Tourismus waren 1987 die FEE mit ihrem Wettbewerb „Blaue Europa Flagge“ und der DRV mit seinem Umweltpreis. Seitdem hat die Anzahl an Umweltauszeichnungen und Wettbewerben deutlich zugenommen. Die weltweit größte Dichte findet man im

154

Alpenraum

und

hier

besonders

in

Österreich.

Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 313. Vgl., u. a. Spittler, R.(1998), http://www.aubeumweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_Tourismus.htm, 15.01.08. 155

Das

Gros

der

69 Umweltauszeichnungen wird heute im Gastgewerbe vergeben.156 Die Akademie für Umweltforschung und -bildung in Europa (AUbE e.V.) hat 1998 eine umfassende Beschreibung und Bewertung der Umweltauszeichnungen im Tourismus vorgenommen. Während 1989 lediglich drei touristische Umweltauszeichnungen existierten, waren es 1998 bereits 46.157 Die Frage wie viele Umweltauszeichnungen es zur Zeit im Tourismus gibt, ist nicht zu beantworten, da einige eingestellt wurden und neue hinzu gekommen sind. Tab. 2 im Anhang gibt einen Überblick über die von AUbE e.V. untersuchten Auszeichnungen.158 Die positive Seite dieser vielen Auszeichnungen ist, dass das Engagement hinsichtlich des Umweltschutzes offensichtlich stark zugenommen und sich in vielen Variationen entwickelt hat. Problematisch ist allerdings die Tatsache, dass zu viele Engagierte ihre Projekte allein durchsetzen anstatt sich mit Gleichgesinnten

zu

verbünden.

Als

Resultat

kommen

zahlreiche

Umweltauszeichnungen mit ganz unterschiedlichen Kriterien auf den Markt, wodurch das eigentliche Ziel, nämlich Transparenz zu schaffen, unerreichbar wird. Die Vielzahl an Auszeichnungen führt zu einer Verunsicherung der Verbraucher

und

einem

zunehmenden

Glaubwürdigkeitsverlust

der

Umweltpreise. Dazu kommt, dass es erhebliche Mängel bei einigen Umweltauszeichnungen gibt. So berücksichtigen weniger als 40% der in Tab. 2 aufgeführten Auszeichnungen soziale Aspekte, sondern konzentrieren sich lediglich

auf

die

ökologische

Seite.

Bei

einem

Drittel

der

Umweltauszeichnungen sind die Vorgaben zu niedrig angesetzt, d.h. es müssen weniger als 80% der Anforderungen erfüllt sein, um die Auszeichnung zu erhalten.159 Um der Konkurrenz etwas entgegen setzen zu können, wird die Werbewirksamkeit von Umweltauszeichnungen gezielt eingesetzt. So werden Touristen durch ein solches Alleinstellungsmerkmal bei der Reiseentscheidung gelenkt, obwohl die gesetzten Forderungen nicht erreicht sind. Um solche Missbräuche zu vermeiden, muss einem übertriebenen Engagement entgegengesteuert werden. Es gibt offenkundig 156

Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 83ff. AUbE e.V. erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit 158 Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aubeumweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_Tourismus.htm, 15.01.08. 159 Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aubeumweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_Tourismus.htm, 15.01.08. 157

70 zu viele Umweltauszeichnungen. Kurzfristig müssen die bereits existierenden Auszeichnungen lokalisiert, systematisiert und qualitativ verbessert werden. Langfristig

müssen

die

Auszeichnungen

in

einem

einheitlichen,

übersichtlichen System zusammengefasst werden, sodass dem Verbraucher die

notwendige

Transparenz

geboten

wird.160

Um

dem

Thema

Umweltverträglichkeit im Tourismus international zu größerer Bedeutung zu verhelfen, wäre die Entwicklung eines EU-einheitlichen Umweltzeichens ein beachtlicher Fortschritt. Denn im Binnenmarkt Europa fällt die Orientierung angesichts der Vielzahl an Umweltauszeichnungen schwer. Allerdings sind hierbei die Vergleichbarkeit von Preisen und Leistungen und der leichte Zugang zu verlässlichen Informationen für Verbraucher unabdingbare Anforderungen. Im Rahmen der ITB im Jahr 2000 in Berlin veranstaltete ECOTRANS161 eine Podiumsdiskussion

zum

Thema

„Eines

oder

Keines



Umweltauszeichnungen im Tourismus“, an der u. a. Dr. Wolf Michael Iwand vom Umweltmanagement der TUI, Susanne Chlan vom Österreichischen Umweltzeichen, Walter Leu von der European Travel Commission in Brüssel und Horst Nitschke von der ADAC Redaktion für Camping und Caravan Führer teilnahmen. Alle Beteiligten standen dem Vorschlag ein einheitliches Europäisches Umweltzeichen einzuführen eher skeptisch als euphorisch gegenüber. Der Vorschlag von Walter Leu von der European Travel Commission, eine Tourism Standard Agency zu ins Leben zu rufen, die verbindliche Lizenzverträge eingeht und bei Nichteinhaltung der Richtlinien Konventionalstrafen verhängt, stößt auf Kritik. Der TUI-Umweltbeauftragte Dr. Iwand spricht am Beispiel der TUI einige kritische Punkte an. Die TUI vergibt zwar kein eigenes Umweltzeichen, stellt aber über 200 Hotels für umweltfreundliche Hotelführung in den Katalogen heraus. Ein kritischer Punkt bei der Einführung eines europaweit einheitlichen Umweltzeichens ist die Überprüfung der Richtlinien. Momentan kontrollieren die Initiatoren der einzelnen Umweltzeichen die Einhaltung der Kriterien selbst, allerdings ist die Frage nach der Handhabung bei einer EU-einheitlichen Lösung nicht 160

Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 296. ECOTRANS e.V. ist ein Europäisches Netzwerk von Experten und Organisationen aus den Bereichen Tourismus, Umwelt und regionale Entwicklung, die sich für einen langfristig umweltverträglichen Tourismus einsetzen. 161

71 unberechtigt. Wer trägt die Garantie dafür, dass die gekennzeichneten Betriebe auch den Anforderungen entsprechen? Dazu kommt, dass seitens der Verbraucher die Umweltverträglichkeit nicht oberste Priorität hat. Wichtiger für TUI-Kunden sind Qualitäten wie Sicherheit, Gesundheit und 100% Geld-zurück-Garantie. Horst Nitschke vom ADAC sieht das Interesse an Umweltzeichen grundsätzlich positiv, gibt allerdings zu bedenken, dass die Rahmenbedingungen beispielsweise für Campingplätze in Europa zu unterschiedlich sind, um sie nach einheitlichen Kriterien zu bewerten. Speziell nach der EU-Osterweiterung müssten die Richtlinien auf niedrigerem Niveau angesetzt werden, damit eine Chancengleichheit geschaffen und den osteuropäischen Ländern die Möglichkeit gegeben wird am Europäischen Umweltzeichen teilzuhaben. Für Susanne Chlan vom Österreichischen Umweltzeichen ist ein niedrigeres dafür aber einheitliches Niveau keine Lösung. Österreich hat mit seinem Umweltzeichen eine Auszeichnung entwickelt, die zu den anspruchsvollsten in Europa gehört und mit Hilfe der langjährigen Erfahrungen der Pioniere der Umweltauszeichnungen aufgebaut und weiterentwickelt wurde. Man ist nicht bereit einen Rückschritt hinsichtlich der

Kriterien

hinzunehmen.

Da

ein

einheitliches

Europäisches

Umweltzeichen aufgrund des starken Gegenwindes in der Tourismusbranche unrealistisch

erscheint,

befürwortet

wurde

kommen der

Alternativen

Vorschlag,

zur

dass

Sprache. die

Einhellig

bestehenden

Umweltauszeichnungen von der EU geprüft und gekennzeichnet werden sollen. Das EU-Label für Eco-Labels könnte mit dem Prädikat „Von der EU anerkanntes Umweltzeichen für Tourismus“ die Spreu vom Weizen trennen.162 7.4 Einheitliche Umweltauszeichnung in Deutschland Bedingt

durch

die

unübersichtliche

Entwicklung

der

vielfältigen

Umweltauszeichnungen Anfang der 90er Jahre, wurde auch in Deutschland ein einheitliches nationales Umweltzeichen gefordert. Diesem Ziel kam man 1991 einen Schritt näher, als der Verein Ökologischer Tourismus in Europa

162

Vgl. o. V., http://www.eco-tip.org/Brennpunkt/brennpunkt.htm, 15.01.08.

72 (Ö.T.E. e.V.), mit dem Ziel ein solches Zeichen zu entwickeln, gegründet wurde. Mit dem Grünen Koffer wurde ein Zeichen erarbeitet, welches sich, mit

den

jeweiligen

Kriterienkatalogen,

an

Fremdenverkehrsorte,

Beherbergungsbetriebe und Reiseveranstalter wendet. Die erste Vergabe war für 1992 geplant. Da allerdings die Kriterien immer wieder Anlass zu Diskussionen gaben und verschiedentlich neu verfasst wurden, fand die Erstverleihung

an

Fremdenverkehrsorte

erst

1994

statt.

Beherbergungsbetriebe und Reiseveranstalter wurden bis heute nicht ausgezeichnet. Das wohl größte Hindernis bei der Etablierung des Grünen Koffers war dessen Ausrichtung auf einen Sanften Tourismus und die entsprechend einschränkenden Kriterien. So werden beispielsweise laut dem entsprechenden Kriterienkatalog keine Reiseveranstalter ausgezeichnet, die ausschließlich Flugreisen im Angebot haben.163 Die Zielsetzung den Touristen von (vermeintlich) umweltschädlichen Flugreisen abzuhalten und sie zu sanfteren Reiseformen zu erziehen, ist nicht praxisorientiert. Besonders im Urlaub nehmen Menschen ungern Einschränkungen hin. Da die Bewerbung um Umweltauszeichnungen wie dem Grünen Koffer in Deutschland freiwillig ist, blieb dessen Bedeutung in der Tourismusbranche gering. Die Tourismusbranche arbeitet nachfrageorientiert und solange unter den Verbrauchern kein allzu großes Interesse an Sanftem Tourismus besteht, sehen Veranstalter und Leistungsträger keine Veranlassung ihr Angebot entsprechend einer solchen Auszeichnung zu ändern. Natur- und Umweltschutzverbände sahen sich also einem massiven Widerstand aus Teilen der Tourismusbranche gegenüber, wodurch die Einführung des Grünen Koffers verhindert wurde.164 Ein Zeitinterview mit „dem“ Grünen Koffer reflektiert die Frustration und Verärgerung seiner Initiatoren (siehe Anhang Abb. 2). Der Regierung und dem Umweltministerium wird die Schuld für das Scheitern des Umweltzeichens nachgesagt, da sie allein auf die Eigeninitiative der Tourismusbranche gesetzt haben und keinerlei staatliche Unterstützung geleistet haben. Die Vielzahl an Umweltauszeichnungen wird als Plage betrachtet, das Radolfzeller Umweltbäumchen als Beispiel für

163

Vgl. o. V., Der Grüne Koffer (Stand: 16.01.08) Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aube-umweltakademie.de/LokaleAgenda21_1.htm, 15.01.08. 164

73 unsinnige Auszeichnungen aufgeführt. Die Blaue Europa Flagge, der Pionier der Umweltsiegel, wird sogar des Etikettenschwindels bezichtigt. Der grüne Koffer ‚sieht sich selbst’ als rotes Tuch der Tourismuslobby und blickt einem weiteren Versuch, ein einheitliches, nationales Umweltzeichen zu entwickeln, resigniert entgegen.165 Trotz des umstrittenen Konzeptes des Grünen Koffers, wird dieses Umweltzeichen als guter Ansatz in der Branche gewertet. Die Idee einer einheitlichen Umweltauszeichnung ist nicht endgültig aufgegeben

worden.

Naturschutz-

und

1999

kehrten

Tourismusverbände,

Verbraucherverbände

Bundesumweltministeriums

an

den

auf

Umwelt-,

Einladung

Verhandlungstisch

zurück

des und

diskutierten die Entwicklung einer gemeinsamen Umweltdachmarke für möglichst alle touristischen Dienstleistungen. Obwohl das Projekt aufgrund unterschiedlicher Ausgangspositionen der beteiligten Verbände mehrfach vom Scheitern bedroht war, konnte 2001 zur ITB die Gründung der Viabono GmbH bekannt gegeben werden. Im Oktober desselben Jahres wird die Marke ‚Viabono – Reisen natürlich genießen’ verabschiedet und im Frühjahr 2002 wird schließlich der Viabono Trägerverein e.V. als Kommunikationsund Kooperationsplattform für Mitglieder und Partner gegründet. Zweck des Trägervereins ist es einen nachhaltigen Tourismus in Deutschland zu fördern.

Unter

der

Marke

Viabono

wird

die

Nachfrage

nach

umweltorientierten Reiseangeboten gebündelt und verstärkt, wodurch den Anbietern Wettbewerbsvorteile verschafft werden sollen. Aus Sicht der Mitglieder ist der Trägerverein ein interessantes Forum zur Präsentation eigener Produkte und Dienstleistungen. Obwohl die Entwicklung von Viabono unter staatlicher Federführung stand, stellt die Vergabe und Vermarktung keine staatliche Aufgabe dar.166 Deshalb wurde von den beteiligten Verbänden die Viabono GmbH gegründet. In ihren Aufgabenbereich fällt das gesamte operative Geschäft, d.h. die Viabono GmbH prüft die umwelt- und qualitätsorientierten Tourismusanbieter auf Eignung und trägt Sorge für eine professionelle Vermarktung. Langfristig gesehen soll die Marke über ein Lizenzgebührensystem finanziert werden. Bis dieses allerdings in der Lage ist die Kosten zu decken, wurde die Finanzierung für Viabono mit 500.000 165 166

Vgl. u. a. Ermlich, G. (1999), http://www.zeit.de/1999/35/Der_Gruene_Koffer, 16.01.08. Vgl. o. V. (2005), http://www.aube-umweltakademie.de/Viabono.htm, 16.01.08.

74 DM aus dem Bundeshaushalt angekurbelt. Der Erfolg der Dachmarke hängt von den Marketingmaßnahmen ab. Eine intensive Kommunikationspolitik ist notwendig, um die geschaffene Wort-Bild-Marke in den Köpfen der Verbraucher und Tourismusanbieter zu verankern. Der Vorteil einer Dachmarke mit einem immer wiederkehrenden Logo ist offensichtlich: Die Initiatoren erwarten, zusätzlich zu einer höheren Kundenakzeptanz, eine deutliche Verringerung der Marketingkosten infolge von Synergien.167 Nach der offiziellen Einführung der Marke auf der ITB konzentriert sich Viabono GmbH darauf Markenpartner zu finden, um auf dem Urlaubsmarkt mit einer breiten Produktpalette vertreten zu sein. Zum Internationalen Jahr des Ökotourismus 2002 waren dann die ersten Angebote buchbar. Hinsichtlich der Kriterienkataloge verfolgt Viabono nicht die knallharte Philosophie von Umweltauszeichnungen wie dem Grünen Koffer. Viabono erfüllt nicht die Voraussetzungen

eines

Gütesiegels,

sondern

sieht

sich

eher

als

Orientierungshilfe für Verbraucher. Viabono spricht in erster Linie die Themen Gesundheit, Erholung und Spaß an und soll durch emotionale Kommunikation Leute ansprechen, die vernünftig genießen wollen. Erst mit zunehmendem Erfolg soll die Nachhaltigkeitsdebatte stärker in den Vordergrund gestellt werden. Viabono steht und fällt mit den Kriterien, die weniger streng sind als beim Grünen Koffer, allerdings werden auch hier beispielsweise

Reiseveranstalter

mit

einem

nicht

ausschließlich

umweltverträglichen Angebot ausgegrenzt168. Das größte Problem Viabonos dürfte der zu geringe Bekanntheitsgrad sein. Wirtschaftsunternehmen investieren über mehrere Jahre hinweg Millionenbeträge, um eine Marke aufzubauen, was trotzdem oft misslingt. Viabono fehlen für eine aggressive Werbestrategie die nötigen finanziellen Mittel. Das Ziel der breiten Masse der Verbraucher eine Orientierungshilfe hinsichtlich eines mit der Marke verbundenen (Umwelt-) Qualitätsversprechens zu sein, konnte in den ersten Jahren nicht erreicht werden. Aus diesem Grund werden Unternehmen kaum stolz darauf sein, die Marke Viabono zur Produktauszeichnung nutzen zu dürfen. Viabono hat in den letzten sechs Jahren keinen entscheidenden Durchbruch erreichen können und es ist fragwürdig, ob sich die Marke in der 167 168

Vgl. o. V., http://www.eco-tip.org/Hotspot/hotspot_mf.htm, 14.01.08. Vgl., o. V., http://www.eco-tip.org/Umweltaz/umweltaz.htm, 14.01.08.

75 Zukunft durchsetzen kann.169 Wenn man allerdings einen Blick über die Landesgrenzen hinaus wirft, scheint die Lage nicht aussichtslos. Einigen europäischen Ländern ist es durchaus gelungen nationale Umweltzeichen zu etablieren, auch ohne Rückschritte hinsichtlich der Mindestanforderungen hinnehmen zu müssen. In Österreich beispielsweise hat das nationale Umweltzeichen

gute

Chancen

seine

regionalen

„Konkurrenten“

zu

verdrängen. 7.5 Internationale Gütesiegelinitiativen Europaweit können Unterkünfte, Restaurants, Urlaubsorte und –regionen, internationale und lokale Reiseanbieter die Umweltqualität ihrer Produkte durch unabhängige Umweltauszeichnungen kennzeichnen lassen. Diese Umweltzeichen versprechen, dass das gekennzeichnete Angebot besser als viele andere ist, weil es Umweltleistungen über die gesetzlichen Vorschriften hinaus erbringt. Da der Verbraucher aber erst von der Qualität und Seriosität dieser Auszeichnungen überzeugt werden will, haben sich sieben der führenden Umweltzeichen in Europa 2004 im Rahmen des Europäischen Projektes VISIT zusammengeschlossen.170 Gemeinsam repräsentieren sie über 2000 Tourismusunternehmen. VISIT steht für Voluntary Initiative for Sustainability in Tourism. Die Organisation, die einzige ihrer Art in Europa, verfolgt in erster Linie das Ziel, sicher zu stellen, dass Umweltzeichen erfolgreich, praxisorientiert und verantwortlich arbeiten.171 Aus diesem Grund haben sich die teilnehmenden Umweltzeichen auf einen Katalog von 21 Mindestanforderungen

in

den

Bereichen

Umwelt,

Organisation

und

Prüfverfahren geeinigt. Bestehende Umweltzeichen in Europa werden einer Prüfung unterzogen und mittels Marketingstrategien bekannter gemacht. Die zertifizierten

Produkte

der

VISIT-Umweltzeichen

sollen

in

einer

Onlinedatenbank aufgelistet werden. Diese ist allerdings noch in der Entwicklung, da wichtige touristische Zielgebiete noch nicht aufgeführt

169

Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 308ff. Vgl. Hamele, H., http://www.eco-world.de/scripts/basics/ecoworld/service/main/basics.prg?a_no=122, 14.01.08. 171 Vgl. o. V., http://www.visit21.net/, 14.01.08. 170

76 werden.172 Finanziell angeschoben wurde VISIT durch das LIFE-Programm der EU, welches zur Förderung von Umwelt- und Naturschutzprojekten ins Leben gerufen wurde. Seit 1992 wurden 2750 solcher Projekte mit insgesamt 1,35 Milliarden Euro durch LIFE unterstützt.173 Der letztendliche Erfolg von Umweltauszeichnungen ist nur schwer zu beurteilen, und muss vor allem aus verschiedener Sichtweise betrachtet werden. Die ursprüngliche Zielstellung der Initiatoren muss genauso untersucht werden, wie die ökologische Zielsetzung, d. h. der Verbesserung der Umweltqualität, und die Frage nach der Bedeutung der Auszeichnungen für den Verbraucher. Bisher findet man das Gros der Umweltauszeichnungen im Gastgewerbe, kaum jemand wagt sich an Auszeichnungen für Reisen, Reiseveranstalter, oder auch Regionen. Experten scheint es zu illusorisch, umfassende Umweltzeichen für ganze Zielgebiete zu entwickeln, welche die Badewasser-

und

Luftqualität,

Vielfalt

von

Flora

und

Fauna,

Abfallbehandlung, Verbrauch und Entsorgung von Wasser, Energienutzung und

-erzeugung

berücksichtigen.

Grundsätzlich

stellt

sich

für

die

Umweltauszeichnungen, ebenso wie für die Dachmarke Viabono, die Frage, ob derartige alternative Angebote überhaupt die ‚Masse’ der Touristen erreichen können.174

172

Vgl. http://www.verbraucherbildung.de/projekt01/d/www.verbraucherbildung.de/im_brennpunkt/fair_reisen_ komplett.html, 14.01.08. 173 Vgl. o. V., http://ec.europa.eu/environment/life/, 14.01.08. 174 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 83.

77 8. Umfrage zum Thema Sanfter Tourismus 8.1 Beschreibung der Problemsituation Neben der notwendigen Einstellung und dem Willen der Reisenden zur Beteiligung am Sanften Tourismus ist aber auch die Anbieterseite wichtig. Entsprechende Rahmenbedingungen und Angebote müssen gegeben sein, damit dieses Konzept umgesetzt werden kann. Manche Reiseveranstalter sowie Zielgebiete haben erkannt, dass eine nur langfristige (nachhaltige) Tourismusentwicklung den ökonomischen Erfolg und den gesellschaftlichen Fortschritt sichern kann. Als erster Reiseveranstalter hat Studiosus sich offen zu seiner Verantwortung für die Erhaltung von Umwelt und Kultur bekannt. Reisekataloge werden auf umweltverträglichem Papier gedruckt und Kunden werden gebeten, die nicht mehr benötigten Kataloge in die Reisebüros zurückzubringen. Um den Straßenverkehr zu entlasten ist die Anreise mit der Bahn zum Abflughafen bei jeder Buchung inklusive. Zudem erhalten Reisende Empfehlungen, wie sie sich im Gastgeberland umwelt- und sozialverträglich verhalten sollen.175 Als Urlaubsregion engagiert sich beispielsweise Bayern, das Konzept einen umwelt- und sozialverträglicheren Tourismus in der Praxis umzusetzen. Bayrische Fremdenverkehrsorte bieten umfangreiche Beschreibungen hinsichtlich umweltverträglicher Aktivitäten vor Ort. So werden z. B. erdgasbetriebene Busse zur Beförderung der Urlaubsgäste zum Ausgangspunkt einer Wanderung eingesetzt. Mit Hilfe derartiger umwelt- und sozialverträglicher Alternativangebote sollen Urlauber zu einer Mitwirkung an einer sanfteren Tourismusentwicklung bewegt werden. Das Bewusstsein für negative tourismusinduzierte Auswirkungen in der Tourismuswirtschaft setzte erst 1987 ein. Seitdem engagieren sich immer mehr

Branchenvertreter

für

eine

umwelt-

und

sozialverträglichere

Entwicklung. Auf allen Stufen der Wertschöpfungskette werden die Leitgedanken des Sanften Tourismus in unterschiedlich starker Ausprägung in die Praxis umgesetzt. Letztendlich steht und fällt eine nachhaltige Tourismusentwicklung mit dem Reiseverhalten der Urlauber. 175

Vgl. o. V., http://www.studiosus.com/unternehmen/nachhaltigkeit/unternehmensoekologie/ index.php, 02.01.08.

78 Es liegt der Verantwortung aller Vertreter der Reisebranche diesen für ökologische

und

gesellschaftliche

Probleme

des

Tourismus

zu

sensibilisieren. Da 44% der Touristen ihren Urlaub im Reisebüro buchen, kommt diesem hierbei eine bedeutsame Rolle zu.176 Um heraus zu finden, inwiefern Reisemittler diese Aufgabe wahrnehmen, wurde der folgende Fragebogen konzipiert. Umweltwissen und die Einstellung der Expedienten gegenüber Sanftem Tourismus sollten erfragt werden. 8.2 Definition der Grundgesamtheit In Hinblick auf das Untersuchungsziel wurden von der Verfasserin Reisebüros in Deutschland als Grundgesamtheit, d. h. als Menge aller potenziellen Untersuchungsobjekte, definiert. Laut einer DRV-Statistik aus dem Jahre 2005 gibt es in Deutschland insgesamt 12.639 Reisebüros. Da sich die Befragung lediglich auf den freizeittouristischen Bereich beziehen sollte, musste hierbei noch nach Reisebüroart unterschieden werden. 980 Büros in Deutschland sind dem Business Travel-Bereich zuzuordnen, d. h. sie wickeln überwiegend Dienstreisen ab und konzentrieren sich auf Geschäftsreisekunden. 3.636 sind als klassisches Reisebüro zu bezeichnen, d. h.

sie verfügen über min. eine Reiseveranstalter- und über min. eine

Verkehrsträgerlizenz. Der überwiegende Teil, 8.023, sind touristische Reisebüros,

welche

Verkehrsträgerlizenz

min.

zwei 177

besitzen.

ReiseveranstalterWeiterhin

ist

es

allerdings wichtig

keine

zwischen

veranstaltergebundenen und unabhängigen Reisebüros zu unterscheiden. Die TUI AG ist in Deutschland mit 1.419 Reisebüros, darunter 411 eigenen und 1.008 Franchise Agenturen, vertreten. Davon decken insgesamt 1.040 den freizeittouristischen Vertriebsbereich der TUI, TUI Leisure Travel genannt, ab. Dazu gehören die Marken FIRST REISEBÜRO, Hapag-Lloyd Reisebüro und TUI ReiseCenter.178 Die Rewe Group ist mit 2.700 Büros am stärksten im Reisebürovertrieb vertreten. Sie nennt 662 DER Reisebüros und Atlas Reisen und Derpart Agenturen ihr Eigen. Ferner sind 2.000 Atlas

176

Vgl. o. V., http://www.fur.de/downloads/FUR_Ergebnisse_2006.pdf, 30.01.08. Vgl. o. V., http://www.drv.de/fileadmin/user_upload/2007_DRV_FZD_2006.pdf, 02.01.08. 178 Vgl. o. V., http://www.tui-group.com/uuid/d1e6f76a113b439187edd55fd0868cc5, 02.01.08. 177

79 Franchise Agenturen und RSG (Reise Service GmbH) Büros dem Konzern angeschlossen.179 Thomas Cook verfügt über 1.080 Büros, die sich in 140 eigene und 940 Franchise Agenturen, wie Holiday Land und Neckermann, aufgliedern.180 Zusätzlich zu den drei marktbeherrschenden Konzernen verfügen auch kleinere Veranstalter, wie u. a. FTI oder Alltours, über eigene oder Franchise Vertriebsagenturen.181 Konzerneigenes Reisebüro oder Franchise Agentur zu sein, heißt allerdings nicht, dass nur der jeweilige Leitveranstalter gebucht werden darf. Die Reisebüros sind angehalten, beispielsweise durch Umsatzziele, bevorzugt die Produkte ihres jeweiligen Partners

zu

verkaufen,

dürfen

aber

seit

der

Abschaffung

der

Vertriebsbindung im Jahre 1994, frei entscheiden, welches Produkt sie dem Kunden anbieten. 8.3 Erhebungsmethode und Stichprobenauswahl Im Rahmen der Befragung sollten möglichst die gesamte Breite des deutschen Reisebüromarktes abgedeckt werden. Aus Zeit-, Kosten- und Organisationsgründen wäre es allerdings nicht möglich gewesen eine Vollerhebung durchzuführen, demzufolge wurde aus der Grundgesamtheit eine Stichprobe gewählt. Die Verfasserin hat sich gegen eine probalistische Auswahl entschieden, weil es ihr nicht möglich war ein wirklichkeitsgetreues Abbild der Grundgesamtheit wiederzugeben. Unter den nicht-probalistischen Auswahlverfahren entschied sie sich für das Quotaverfahren. Das heißt die Grundgesamtheit

wurde

hinsichtlich

bestimmter

Merkmale

unterteilt.

Dementsprechend wurden Reisebüros mit Leitveranstalterbindung ebenso befragt, wie unabhängige oder auf bestimmte Zielgebiete oder Reisearten spezialisierte

Agenturen.

Ziel

der

Befragung

war

es

qualitative

Zusammenhänge zu erkennen und Tendenzaussagen treffen zu können. Eine Hochrechenbarkeit der Ergebnisse auf die Grundgesamtheit wurde nicht angestrebt, da es aus Kosten- und Zeitgründen unrealistisch erschien eine repräsentative Anzahl an Reisebüros zu befragen. Um regionen- oder 179

Vgl. o. V., http://www.rewe-group.com/fileadmin/download/imagebroschuere.pdf, 02.01.08. Vgl. o. V., http://www5.thomascook.info/tck/downloads/Unternehmenspraesentation_2007.pdf, 02.01.08. 181 Vgl. o. V., http://www.drv.de/fileadmin/user_upload/2007_DRV_FZD_2006.pdf, 02.01.08. 180

80 ortsspezifische

Antworten

zu

vermeiden,

wurde

die

Befragung

in

verschiedenen Orten Deutschlands durchgeführt. Infolgedessen wurden Reisebüros in Großstädten (Frankfurt am Main, Leipzig), in Kleinstädten im Alpenvorland (Deggendorf), in Franken (Coburg, Erlangen), in den neuen Bundesländern (Altenburg) sowie in Norddeutschland (Salzgitter) befragt. 8.4 Konzeption des Fragebogens Zum Einstieg in den Fragebogen wurde eine leicht zu beantwortende Eisbrecherfrage gestellt, mit dem Ziel den befragten Expedienten die Befangenheit zu nehmen und ihr Interesse zu wecken. Diese erste Frage sollte zudem Auskunft darüber geben, inwiefern sich die Befragten mit dem Thema ‚Sanfter Tourismus’ und dessen ‚Vermarktung’ auskennen. Daraufhin folgten sechs Kernfragen, mit denen in die Tiefe des Themas vorgedrungen wurde. Zum einen wurde nach dem Verhalten der Kunden gefragt, zum anderen aber auch nach der Eigeninitiative des Reisebüros in Bezug auf die Aufklärung über ausgezeichnete Reiseangebote oder Umweltschädigungen und Menschenrechtsverletzungen im Zielgebiet. Diese Fragen zielten nicht darauf ab, den Wissensstand der Expedienten zu erforschen. Es ging vielmehr darum herauszufinden, ob Reisebüromitarbeiter umwelt- und sozialverträglichem Reisen eher positiv oder negativ gegenüberstehen. Zudem sollte die intuitive Einschätzung hinsichtlich der Umwelt- und Sozialverträglichkeit werden.

Diese

der

Frage

größten zielte

deutschen

nicht

darauf

Reiseveranstalter ab

erfragt

herauszufinden

wie

verantwortungsvoll diese Veranstalter sind, sondern wie sie wahrgenommen werden. Zusätzlich wurde, mit Hinblick auf die Bereitschaft nach alternativen Angeboten zu suchen, nach dem Bekanntheitsgrad einiger ‚Öko’veranstalter und

touristischer

Umweltorganisationen

und

–marken

gefragt.

Der

Fragebogen schließt mit drei Statistikfragen zum Unternehmen ab. Zum einen wurde nach einer eventuellen Spezialisierung auf eine oder mehrere Reisearten, zum anderen nach einer eventuellen Leitveranstalterbindung gefragt. Die Frage nach den drei am häufigsten verkauften Produkten, sollte Aufschluss über die Klientel geben.

81 8.5 Durchführung der Befragung Aus Rücksicht auf den Arbeitsalltag in einem Reisebüro hat sich die Verfasserin dafür entschieden, den Fragebogen persönlich im Reisebüro abzugeben und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abzuholen. Der Vorteil dieser Variante ist, dass die Befragten die Möglichkeit erhalten, selbst zu bestimmen zu welchem Zeitpunkt sie die Fragen beantworten. Dahinter verbirgt sich das Ziel einer möglichst hohen Rücklaufquote. Bei einer persönlichen Befragung, könnte der Expedient in die Situation geraten sich zwischen einem Kunden und der Fortführung der Befragung entscheiden zu müssen. Mit der gewählten Variante konnte dieses Problem umgangen werden. Zudem wurde den Befragten auf diese Art und Weise mehr Zeit gegeben, um über das Thema nachzudenken und durchdachte Antworten zu geben. Die Einführung in das Thema sowie der Zweck und die Dauer der Umfrage wurden bei Aushändigung des Fragebogens von der Verfasserin persönlich übermittelt. Tiefer gehende Informationen wurden nicht vermittelt, um möglichst unbefangene Antworten zu erhalten. In einigen Fällen waren die befragten Expedienten am Thema interessiert und diskutierten bei Rückgabe des Fragebogens einige Aspekte mit der Verfasserin und gaben interessante Einblicke aus der Sicht der Reisebüros. Die Befragung wurde im Verlauf von zwei Monaten durchgeführt, die Befragten hatten jeweils ein Zeitfenster von bis zu einer Woche zwischen Abgabe und Abholung des Fragebogens. Insgesamt wurden 60 Reisebüros befragt, effektiv liegen 38 ausgefüllte Fragebögen vor, was einem Rücklauf von 63% entspricht.

82 8.6 Auswertung

Frage 1 Welche der folgenden Umweltauszeichnungen / Gütezeichen kennen Sie? 100 90 80

71

70 60

in %

53

50 40 30

18

20 10

8

5

3

11

13

8

8

AC

e te r W ei

m we l

is m us

un d

U

ne s G rü

Ei ch

t

Bl at t

n ch e hö rn

Ec ot el

Pa lm e

G rü n

e

be

r

Sc hw al

of fe

Eu r

.P

re i

s

fü r

To ur

AD

Bl

au e

er K

G rü n

au e Bl

Bl au e

Fl a

rE ng el

gg e

0

Umweltauszeichnungen

Diese

erste

Frage

sollte

Auskunft

darüber

geben

Bekanntheitsgrad einzelner Umweltauszeichnungen ist.

wie

hoch

der

Die eindeutig

höchste Bekanntheit erreicht die Blaue Europa Flagge, die 71% der Befragten kannten. Auch der Blaue Engel, das Umweltzeichen für Industrieprodukte, war etwa der Hälfte der Expedienten geläufig. Das ADAC Eichhörnchen, eine Auszeichnung für Campingplätze und Raststätten, erreichte noch einen Wert von 18%. Die übrigen Umweltzeichen waren nur vereinzelt bekannt. Als weitere Zeichen wurden die Auszeichnungen der TUI, d. h. der TUI Umweltchampion, der TUI Delphin und TUI Ecoressort, genannt. Diese sind allerdings keine richtigen Umweltzeichen, da lediglich TUI-Produkte damit ausgezeichnet werden. Die geringe Bekanntheit der meisten Umweltzeichen lässt sich damit begründen, dass Reiseveranstalter darauf verzichten diese Zeichen zur Vermarktung ihrer Produkte zu

83 verwenden. Lediglich die Blaue Europa Flagge ist als positives Beispiel hervorzuheben. Einige Veranstalter, wie u. a. DERTOUR, verwenden dieses Umweltzeichen in ihren Katalogen und nutzen es somit als ‚Beweis’ für eine gute

Strandqualität.182

Diese

Frage

hebt

die

Bedeutung

der

Veranstalterkataloge nochmals hervor. Reisebüros verkaufen Produkte auf Basis der Kataloge. Umweltzeichen, die darin nicht erwähnt werden, haben es

ungleich

durchzusetzen.

schwerer

sich

Zusätzlich

beim

Verbraucher

erschwert

die

als

Vielfalt

Qualitätshinweis der

touristischen

Umweltzeichen ihre Durchsetzung am Markt. Der Verbraucher verliert leicht den Überblick. Zudem werden nicht alle Zeichen nach ausreichend strengen Kriterienkatalogen vergeben. Ihrer Vermarktung stehen finanzielle Probleme im Weg. Zur Einführung einer Marke sind hohe Summen erforderlich, die nicht allein durch Lizenzgebühren und eventuelle staatliche Subventionen aufgebracht werden können. Der Blaue Engel kennzeichnet keine touristischen Angebote, ist allerdings das führende Umweltzeichen unter den Industrieprodukten. Es wurde in die Fragestellung mit aufgenommen, um einen ersten Eindruck über das Umweltwissen im Allgemeinen zu gewinnen.

Frage 2: Machen Sie Ihre Kunden auf derartige Auszeichnungen aufmerksam?

ja 32%

nein 68%

Nachdem der Bekanntheitsgrad der Auszeichnungen erfragt wurde, war es wichtig zu wissen, ob die Expedienten auch auf diese hinweisen. Der 182

Vgl. o. V. (2008), DERTOUR Griechenland/Zypern Katalog, S. 29ff.

84 überwiegende Teil der befragten Reisebüromitarbeiter tut dies nicht. Der Hauptgrund ist Verbrauchern

wahrscheinlich,

weitestgehend

dass

die

unbekannt

Umweltzeichen

sind

und

unter

den

nicht

als

somit

Verkaufsargument taugen. Weiterhin haben Expedienten, selbst wenn sie die Umweltzeichen kennen, nicht zwangsläufig Kenntnisse darüber, welche Destinationen

oder

Betriebe

ausgezeichnet

sind.

Da

die

meisten

Umweltzeichen, wie bereits erwähnt, nicht in den Veranstalterkatalogen aufgeführt sind, müssten sich Expedienten selbständig darüber informieren.

Frage 3: Wie schätzen Sie die Chancen von umwelt- und sozialverträglicheren "sanften" Reisen ein? Als Trend, Nische oder Flop? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

keine Angaben 16% Trend 32%

Flop 13%

Nische 39%

32% der befragten Expedienten schätzen die Chancen von umwelt- und sozialverträglicheren Reisen optimistisch ein und sehen diese als Trend. Folgende Begründungen wurden genannt: -

Das Umweltbewusstsein und das soziale Gewissen der Menschen / Kunden steigen.

-

Der Trend geht vom Massentourismus und den damit verbundenen Hotelbunkern weg in Richtung Ökotourismus / verantwortungsvoller Tourismus.

-

Das Umweltbewusstsein der Reiseveranstalter steigt.

85 -

Back to Nature: Menschen / Kunden sehnen sich nach unberührter Natur.

-

Der Klimawandel ist in aller Munde. Die Menschen haben Angst vor den Auswirkungen in Zukunft und werden sich folglich auch auf Reisen mit dem Umweltschutz auseinandersetzen.

Etwas vorsichtiger sehen 39% der Befragten die Zukunftsaussichten für den Sanften Tourismus. Sie begründeten ihre Entscheidung für die Nische mit folgenden Argumenten: -

Die

Kunden

fragen

noch

zu

wenig

danach.

Es

ist

keine

Nachfragesteigerung erkennbar. -

Zu

wenige

Menschen

verhalten

sich

verantwortungsbewusst

gegenüber der Umwelt. -

Mit verstärkten Klimaproblemen wird auch die Nachfrage nach Sanftem Tourismus steigen.

-

Wenn man den Kunden richtig erklärt, kann es eine Chance für unsere Welt sein.

-

Umwelt- und sozialverträglichere Angebote sind preisintensiver und haben deshalb ‚nur’ Potenzial zur Nische. Den Kunden ist der Preis am wichtigsten.

-

Wenn der Kunde über die finanziellen Mittel verfügt und der Preis keine vordergründige Rolle spielt, sind andere Faktoren, wie Luxus und

Komfort,

dennoch

wichtiger

als

die

Umwelt-

und

Sozialverträglichkeit. -

Viele Reiseziele leben vom Massentourismus und richten sich nach den Bedürfnissen der Touristen. Es wird nur wenig in den Umweltschutz investiert.

-

Umwelt- und sozialverträgliche Angebote sind zu unbekannt.

-

Flugreisen sind für Kunden enorm wichtig.

Nur 13% sehen keine Chance für umwelt- und sozialverträglichere Reisen und betrachten den Sanften Tourismus aus folgenden Gründen als Flop: -

Es besteht keine Nachfrage, daher ist Sanfter Tourismus im Reisebüro kein Thema.

-

Massenziele sind notwendig. Es liegt am jeweiligen Urlaubsland entsprechende, umweltverträgliche Zonen einzurichten.

86 -

Kunden werden Ihre Reisegewohnheiten nicht ändern.

-

Die meisten Kunden haben daran kein Interesse. Nur der Preis ist ausschlaggebend.

16% machten keine Angaben zu dieser Frage. Zusammenfassend ist zu sagen, dass 71% der Befragten den Sanften Tourismus zumindest als Alternative am Reisemarkt wahrnehmen, auch wenn sich der überwiegende Teil der Expedienten eher skeptisch äußerte. In den Begründungen finden sich allerdings auch unbewiesene Vorurteile wieder.

Die

gängige

Behauptung,

dass

Ökotourismus

weniger

umweltschädlich sei als Strandurlaub in den Bettenburgen am Meer muss nicht zwangsläufig richtig sein. Ökotouristen suchen die unberührte Natur und bewegen sich in hochsensiblen Ökosystemen. Auch sie können große Schäden anrichten und stören schon durch ihre pure Anwesenheit Tiere und Pflanzen. Ökotourismus wird besonders von Zielgebieten in Mittelamerika, wie beispielsweise Costa Rica, angeboten. Die Klientel sind in erster Linie Touristen aus Nordamerika und Europa. Bei der Einschätzung der Umweltverträglichkeit darf die weite Anreise, zumeist mit dem Flugzeug, nicht unbeachtet bleiben. Weiterhin

werden

Flugreisen

grundsätzlich

als

umweltschädlicher

angesehen, als Anreisen mit anderen Verkehrsmitteln. Stellt man sich allerdings vor, dass alle Flugpassagiere plötzlich mit dem eigenen PKW anreisen würden, wären die Umweltschäden, durch Lärm und Autoabgase, kaum geringer. Nur einer der befragten Expedienten gab an, dass sich die Chancen eines Sanften Tourismus erhöhen würden, wenn man den Kunden ausdrücklich die negativen tourismusinduzierten Auswirkungen erklärt und sie auf alternative Angebote aufmerksam macht. Ansonsten wurde die Verantwortung an die Kunden („zu geringe Nachfrage“) und an die Reiseveranstalter („kein ausreichendes Angebot“) weitergereicht.

87

Frage 4: Geben Sie an wie oft Ihre Kunden selbständig nach umwelt- und sozialverträglichen Reisen fragen? häufig 0%

gelegentlich 5% manchmal 11%

nie 43% selten 41%

Die vierte Frage bestätigt die skeptischen Zukunftsaussichten für den Sanften Tourismus, die aus der Frage 3 hervorgingen. Insgesamt 84% der Kunden fragen selten oder nie nach umwelt- und sozialverträglichen Angeboten. 16% fragen gelegentlich bzw. manchmal danach. Eine häufige Nachfrage seitens der Kunden konnte keines der befragten Reisebüros angeben.

Frage 5: Weisen Sie Ihre Kunden auf Umweltsünden oder Menschenrechtsverletzungen in touristischen Zielgebieten hin?

nein 46%

ja 54%

Beide Extreme befinden sich in etwa im Gleichgewicht, wobei die knappe Mehrheit der Befragten die Kunden doch auf Missstände im Zielgebiet

88 hinweist. Ein Grund für die 46% der Expedienten, die nicht darauf aufmerksam machen, ist die Tatsache, dass Ungerechtigkeiten ein Verkaufshindernis darstellen. Beobachtet man die Situation am deutschen Reisebüromarkt, so wird deutlich, dass in den letzten Jahren zahlreiche Reisebüros schließen mussten und viele am Existenzminimum arbeiten. Expedienten können es sich schlicht und einfach nicht leisten Kunden zu Gunsten des Umweltschutzes zu verlieren. Reisewarnungen, die sich auf Sicherheit der Touristen beziehen, wie beispielsweise Informationen über Naturkatastrophen

oder

Aufstände,

werden

weitergeleitet.

Hinweise

bezüglich umweltschädlicher und respektloser Aktivitäten im Zielgebiet werden in vielen Fällen gar nicht oder nicht in vollem Umfang vermittelt. Frage

6:

Wie

umwelt-

und

sozialverträglich

schätzen

Sie

die

Produktpalette der folgenden Reiseveranstalter ein? Ordnen Sie in einer Reihenfolge von 1-8. Beginnen Sie mit dem umweltfreundlichsten Angebot. 1. Studiosus 2. TUI 3. Thomas Cook 4. REWE Bausteintouristik (u. a. Dertour) 5. Neckermann 6. REWE Pauschaltouristik (u. a. ITS, Tjaereborg) 7. FTI 8. Alltours TUI und Studiosus werden mit großem Abstand als umwelt- und sozialverträglichste Reiseveranstalter empfunden. Mit einigem Abstand folgen Thomas Cook und REWE Baustein Touristik, Neckermann und REWE Pauschaltouristik halten sich in etwa die Waage. Weit abgeschlagen als verantwortungsloseste Reiseveranstalter schätzten die Befragten FTI und Alltours ein. Natürlich ist es nicht ohne weiteres möglich das Bewusstsein für ökologische und soziale Aspekte in einer solchen Reihenfolge darzustellen. Ziel der Frage war es lediglich die Wahrnehmung der Expedienten herauszustellen.

89

2,6

2,6

13,2

Forum anders reisen

VISIT

StattReisen

Natours

26,3

23,7 0

Demeter Reisen

13,2

Travel-tonature

7,9

Naturfreunde International

2,6

ReNatour

100 80 60 40 20 0

Viabono

in %

Frage 7a: Welche der folgenden Reiseveranstalter / Verbände / Organisationen sind Ihnen bekannt?

alternative Veranstalter / Organisationen

Sämtliche, hier aufgeführte, Reiseveranstalter, Verbände und Organisationen erreichten

unter

Bekanntheitsgrad.

den Der

Befragten VISIT

Expedienten

nur

Dachverband

einen für

geringen

europäische

Umweltgütezeichen und Viabono, als deutsche Umweltmarke waren lediglich 2,6% der Befragten ein Begriff. Die geringe Bekanntheit Viabonos gewinnt vor dem Hintergrund, dass die Marke auf Bundesebene gefordert, initiiert und subventioniert wurde, an Bedeutung im negativen Sinne. Naturfreunde Internationale ist keine touristische Organisation, setzt sich allerdings u. a. für die umweltgerechte Gestaltung von touristischen Aktivitäten in der Natur sowie für die Vermittlung zwischen den Interessen der Bereisten und der Reisenden ein. NFI gehört mit mehr als 500.000 Mitgliedern zu den weltweit größten Nichtregierungsorganisationen und ist u. a. Mitglied im European Environmental Bureau und bei den Green 10, den zehn größten europäischen Umweltorganisationen.183 Umso erstaunlicher ist es, dass keinem

der

Befragten

die

Organisation

bekannt

war.

Auch

die

Reiseveranstalter ReNatour, Natours, Travel-to-Nature und Demeter Reisen waren nur weniger als einem Drittel der befragten Expedienten bekannt, wobei die beiden Letzteren noch vergleichsweise gute Werte erreichten. Das Forum Neue Städtetouren ist ein Zusammenschluss von Veranstaltern von Stadterkundungen, die meist unter dem patentrechtlich geschützten Begriff StattReisen agieren. Der Verband ist in zahlreichen deutschen Städten mit

183

Vgl. o. V., http://www.nfi.at/index.php?option=com_content&task=view&id=2&Itemid=8, 04.01.08.

90 seinen Mitgliedsorganisationen vertreten, die vor Ort Städteerkundungen anbieten. Ziel dieser Organisation ist es einen auf die Stadt bezogenen umwelt- und sozialverträglichen Tourismus zu fördern.184 Obwohl StattReisen große Veranstaltungen wie u. a. die Messe Reisepavillon in Hannover, die bereits seit 1991 stattfindet und mittlerweile 300 Aussteller und 18.000 Besucher anzieht, organisiert, kannten nur 2,6% der Befragten den Verband.185 Auch das Forum anders reisen, ein Zusammenschluss kleiner und

mittelständischer

Unternehmen,

erreichte

lediglich

einen

Bekanntheitsgrad von 13,2% unter den Befragten. Angesichts dieser geringen Bekanntheit stellt sich die Frage, ob derartige alternative Reiseveranstalter und Verbände die ‚Masse’ der Touristen mit ihrem Angebot erreichen können. Als

Hauptproblem

hervorzuheben.

ist

Die

die

fehlende

Einigkeit

marktbeherrschenden

unter

den

Akteuren

Reiseveranstalter,

setzen

übergeordnete Interessen gemeinsam durch, und wirken als Gegner übermächtig.

se n rR ei

D

em et e

ona tu re

na l In

2,6

N

at ur fr

eu nd e

7,9

0

te rn at io

Na to ur s

n ei se

IT VI S

2,6

Tr av el -t

2,6

0

St at tR

an de rs

Fo ru m

Vi a

2,6

0

Re N at ou r

0

re ise n

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

bo no

in %

Frage 7b: Geben Sie außerdem an, ob Sie deren Reisen anbieten.

alternative Veranstalter / Organisationen

Infolge

der

geringen

Bekanntheit

der

aufgeführten

Veranstalter/Organisationen, ist auch ihre Präsenz im Angebotssortiment der 184 185

Vgl. o. V., http://www.stattreisen.de/, 04.01.08. Vgl. o. V., http://www.reisepavillon-online.de/, 04.01.08.

91 Reisebüros gering. Lediglich fünf unter ihnen sind überhaupt im Reisebüro vertreten. Allerdings stellen VISIT und Viabono auch keine eigenen Reisen zusammen, sondern präsentieren die Angebote ihrer Mitglieder. Ein möglicher Grund für die mangelnde Bereitschaft die Veranstalter in das eigene Sortiment aufzunehmen ist, dass diese Veranstalter ihre Produkte in erster Linie direkt verkaufen und keine Provision an Reisemittler zu zahlen bereit sind. Somit ist eine Aufnahme ihrer Produkte in das Angebot für Reisebüros in betriebswirtschaftlicher Hinsicht unattraktiv und erfolgt, wenn überhaupt, vorrangig aus moralischen Gründen.

Spezialisierung

Frage 8: Ist Ihr Reisebüro spezialisiert auf eine oder mehrere Reisearten? Wenn ja, auf welche? Afrika

2,6

Asien/Thailand

2,6

Last Minute

2,6

Sprachreisen

2,6

Vollreisebüro

89,6 0

20

40

60

80

100

in %

89,6% und somit das Gros der befragten Reisebüros verkauft alle Arten von Reisen. Um eventuelle Unterschiede in Bezug auf die Einstellung gegenüber Sanftem Tourismus hervorzuheben, wurden auch Reisebüros befragt, die sich auf ein bestimmtes Zielgebiet oder eine bestimmte Reiseart spezialisiert haben. Alle spezialisierten Büros schätzen den Sanften Tourismus als Trend oder Nische ein. Dies könnte in der kleineren Produktpalette begründet sein. Reisebüros, die sich auf nur ein Zielgebiet oder nur eine Reiseart spezialisiert haben, verfügen in Bezug auf regionale Besonderheiten und alternative Angebote jenseits der marktbeherrschenden Reiseveranstalter über tiefergehende Informationen.

92

89,5 76,3

39,5 23,7

21,1

10,5

Wellness- und Gesundheitsurlaubsreisen

Sport- und Aktivurlaubsreisen

Strand- / Bade- / Sonnenurlaubsreisen

Kreuzfahrten

Cluburlaub

5,3

Weitere

10,5

Städtereisen

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Studienreisen

in %

Frage 9: Nenne n Sie Ihre 3 am häufigsten verkauften Produkte.

ve rkaufte Produkte

Die

mit

Abstand

umsatzstärksten

Produkte

sind

Strand-/

Bade-/

Sonnenurlaubsreisen (89,5%), Städtereisen (76,3%) und Studienreisen (39,4%). Die weiterhin aufgeführten Reisearten werden mehr oder weniger gleich stark verkauft. Unter weitere Produkte wurden individuelle Flüge, Baustein- und Rundreisen genannt.

Leitveranstalter

Frage 10: Ist Ihr Reisebüro an einen Leitveranstalter gebunden? Wenn ja, an welchen? Reiseland

2,6

FTI

2,6

TUI

7,9

Rewe-Touristik

15,8

Thomas Cook

21,1

kein Leitveranstalter

50 0

20

40

60 in %

80

100

93 Die Hälfte der befragten Reisebüros arbeitet unabhängig von einem Leitveranstalter, ansonsten wurden vorwiegend die konzerngebundenen Reisebüros, wie Thomas Cook (21,1%), Rewe (15,8%) und TUI (7,9%), befragt.

Ziel

dieser

veranstaltergebundene

Frage

war

Reisebüros

es

u.

zugunsten

a.

herauszustellen

Ihres

ob

Leitveranstalters

antworten. Zudem können anhand dieser Frage mögliche Unterschiede hinsichtlich des Umweltwissens und des Verantwortungsbewusstseins betont werden. Es fällt auf, dass sich unter all jenen Befragten, die Sanftes Reisen als Trend einschätzen, kein einziges TUI Reisebüro befindet. Thomas Cook und Neckermann Agenturen sehen die Chancen dieser Reisen vorrangig in der Nische. Rewe-Büros beurteilen sie optimistisch als Trend oder Nische. Kein Rewe-Büro schätzt Sanfte Reisen als Flop ein. Das Erstaunliche hierbei ist, dass gerade die Expedienten der TUI, welcher von der Mehrheit der Befragten Verantwortungsbewusstsein hinsichtlich ökologischer und sozialer Aspekte bescheinigt wurde, dem Sanften Tourismus eher skeptisch gegenübersteht. Bei Frage 6, welche sich auf die intuitive Einschätzung der Produktpalette der Veranstalter in Bezug auf Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung bezieht, bestand die Vermutung, dass leitveranstaltergebundene Reisebüros zugunsten ‚ihres’ Veranstalters antworten würden. Dies hat sich nicht bestätigt. TUI und Studiosus wurden von allen Büros mit Bestnoten versehen. Und auch die Einschätzung des jeweiligen Leitveranstalters erfolgte realistisch. Rewe-Büros werteten ihre Bausteinreisen nach Studiosus und der TUI auf Rang 3 und ihre Pauschalreisen auf Rang 5. Zwar verbessern sich beide in dieser Auswertung um eine Position, aber die Abstände zwischen Position 3 und 4 beziehungsweise 5 und 6 waren so gering, dass dies nicht als Übervorteilung gewertet werden kann. Gleiches gilt für Thomas Cook Agenturen, die ihre Veranstalter Thomas Cook und Neckermann ebenso realistisch auf Position 3 beziehungsweise Position 4 sahen.

94 8.7 Zusammenfassung Ziel der Umfrage war es herauszustellen, inwiefern Reisebüromitarbeiter über

Informationen

in

Bezug

auf

Tourismusauswirkungen

und

umweltverträgliche und sozialverantwortliche Reiseangebote verfügen und inwiefern sie bereit sind dieses Wissen an ihre Kunden zu vermitteln. Positiv hervorzuheben ist die Tatsache, dass über zwei Drittel der Befragten dem Sanften Tourismus zumindest in der Nische eine Chance einräumten. Zudem kannten 97,4% der Expedienten zumindest eine der unter Frage 1 aufgeführten Umweltauszeichnungen. Allerdings ist die Bereitschaft das vorhandene Wissen an die Kunden weiterzugeben steigerungsfähig. Reisewarnungen werden selbstverständlich vermittelt,

aber

sozialverträglich

Hinweise, im

wie

Urlaubsland

man

sich

verhält,

umweltschonend werden

zumeist

und nicht

ausgesprochen. Die Expedienten befürchten dadurch Kunden und den damit verbundenen Umsatz zu verlieren. Der Wettbewerb unter den Reisemittlern ist hart. Reisebüros konkurrieren nicht nur untereinander, sondern auch mit dem Direktvertrieb von Airlines, Hotels sowie Reiseveranstaltern. Tendenziell sinkende Provisionen wirken sich zusätzlich negativ auf ihre finanzielle Situation aus.186 Vor diesem Hintergrund ist es durchaus verständlich, dass Reisebüros keine Risiken zugunsten des Umweltschutzes eingehen. Tatsache ist, dass Reisebüros meist nur dann auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit eingehen, wenn die Kunden selbständig danach fragen. Alternative Anbieter sind teilweise bekannt, werden aber nur von einigen wenigen Büros ins Angebot aufgenommen. Letztendlich gilt für Reisebüros das gleiche, wie in allen anderen Tourismusbereichen: Sanfter Tourismus kann derzeit nur in der Nische erfolgreich sein.

186

Vgl. o. V., http://www.eti.de/cgi-bin/cms?_SID=fake&_sprache=ar&_bereich=artikel&_aktion= detail&idartikel=100106, 05.01.08.

95 9. Fazit Die Diskussion um einen Sanften Tourismus erreichte in den 1990er Jahren ihren Höhepunkt. Die gesamte Tourismuswelt folgte den Spuren der Vordenker. Der Sanfte entwickelte sich zum Nachhaltigen Tourismus. 1990 erschien der Artikel ‚Mit grünen Tupfen’ von K. Wulf in der Frankfurter Rundschau und brachte die Situation auf den Punkt: „Die Macher im Reisegeschäft nennen die ‚grünen Spinner’ von einst jetzt respektvoll Mahner, und diese akzeptieren, dass halt Geld die Welt regiert. Nach mehr als zehn Jahren Tourismuskritik soll nun gehandelt werden.“187 Mit sarkastischem Unterton wies Wulf darauf hin, dass zu viele Kompromisse, eingegangen werden und den Worten zu selten Taten folgen. Heute scheint die

Aufbruchstimmung

der

1980er/1990er

Jahre

verflogen.

Ein

Gewöhnungsprozess hat eingesetzt, man kennt ihn jetzt den Sanften Tourismus. Neue Impulse sind notwendig um wieder Schwung in die Bewegung zu bringen. Die Verantwortung allein an die Reiseveranstalter weiterzureichen ist falsch. Die Entwicklung eines sanfteren Tourismus kostet den Reiseveranstalter zunächst einmal Geld. Umweltschutzbeauftragte mögen sich, aufgrund der hohen Werbewirkung, langfristig als rentable Mitarbeiter erweisen, kurzfristig fallen jedoch Kosten an, wie sie gerade für mittelständische Unternehmen kaum tragbar sind. Zudem laufen Pioniere des Öko-Marketings Gefahr, dass ihre potenziellen Kunden von den Informationen über Umweltschäden und umweltschädliches Verhalten von Touristen abgeschreckt werden und empfänglich für die ‚HeileWelt-Werbung’ anderer Veranstalter sind. Konzepte eines Sanfteren Tourismus sind notwendig, aber bieten noch keine ökonomische Sicherheit. Ähnlich hoch ist das betriebswirtschaftliche Risiko für Reisemittler. Durch die große Anzahl an Reisebüros in Deutschland stehen diese unter enormem Wettbewerbsdruck. Auch wenn das Wissen hinsichtlich ökologischer und soziokultureller Auswirkungen vorhanden ist, so wird es dem Kunden oftmals

187

Wulf, K. (1990), S.12.

96 nicht

vermittelt.

Verantwortungsbewusstsein

ist

in

diesem

Fall

ein

Verkaufshindernis, dass sich nur die wenigsten leisten können. Die Notwendigkeit den Tourismus sanfter zu gestalten ist nach wie vor vorhanden und gewinnt, betrachtet man die gravierenden negativen Auswirkungen und das stetige Tourismuswachstum, mehr und mehr an Bedeutung. Momentan haben Anbieter von Sanften Reisen lediglich eine Chance in der Nische. Positiv zu bewerten ist das Umweltbewusstsein auf hohem Niveau, sowohl innerhalb der Bevölkerung als auch unter den Branchenvertretern. Ein Sanfter Tourismus in Reinform ist angesichts der heutigen Reiseströme nicht realisierbar. Jede Massenbewegung widerspricht grundsätzlich seinen Idealen. Ziel für die Zukunft muss es sein auf einen Sanfteren Tourismus hinzuwirken. Jeder Tourismusteilnehmer trägt hierfür einen Teil der Verantwortung: -

Die Reisebranche muss die Umweltqualität ihrer Produkte erhöhen und entsprechend gekennzeichnete sanfte Reisen anbieten.

-

Aufgabe der politischen Entscheidungsträger ist es den Spagat zwischen dem gewünschten Wirtschaftswachstum und dem Erhalt lokaler und globaler Umweltqualität zu schaffen.

-

Reisende sollen sich ihrem Wissen und Gewissen entsprechend verhalten

und

der

Umwelt

und

Kultur

im

Zielgebiet

verantwortungsbewusst und respektvoll begegnen. Tourismus hat, wenn er richtig betrieben wird, auch positive Auswirkungen und kann beispielsweise als Instrument des Naturschutzes dienen oder zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen beitragen. Die Idee des Sanften oder Nachhaltigen Tourismus muss attraktiv und bekannt gemacht und als intelligentes, zukunftsfähiges Konzept dargestellt werden.

97 Literaturverzeichnis Aigner, Gottfried:

Ressort: Reise, Neue Verantwortung im Reisejournalismus, München, 1992, Uvk Verlags GmbH

Becker, Christoph;

Tourismus und nachhaltige Entwicklung, Grundlagen und

Job, Hubert;

praktische Ansätze für den mitteleuropäischen Raum,

Witzel, Anke:

Darmstadt, 1996, Wissenschaftliche Buchgesellschaft

Esch, Franz-Rudolf:

Moderne Markenführung, Grundlagen – Innovative Ansätze – Praktische Umsetzungen, 4. Aufl., Wiesbaden, 2005, Gabler Verlag

Freyer, Walter:

Tourismus, Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie, 8. Aufl., München, 2006, Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH

Friedl, Harald A.:

Tourismusethik, Theorie und Praxis des umwelt- und sozialverträglichen Fernreisens, München, 2002, Profil Verlag

Gurtner, Rolf:

Nachhaltigkeit im Tourismus, Eine Analyse der touristischen Big Players, Saarbrücken, 2006, VDM Verlag Dr. Müller

Haussmann, André;

Gütesiegel für umweltverträglichen und

Mies, Friederike;

sozialverantwortlichen Tourismus, Heilbronn, 1992, Verlag

Sollner, Kerstin;

Wissenschaftliche Arbeiten für die Praxis

Wacker, Alexander: Kahlenborn, Walter;

Tourismus- und Umweltpolitik, Ein politisches

Kraack, Michael;

Spannungsfeld, Berlin, 1999, Springer Verlag

Carius, Alexander: Kahlenborn, Walter;

Umweltschutz und Tourismus, Deutsche

Imbusch, Kerstin;

Tourismusaußenpolitik zwischen GATS und CSD, Berlin,

Turmann, Anna:

2000, Ecologic

Kirstges, Torsten;

Umweltverträglicher Tourismus, Fallstudien zur

Lück, Michael:

Entwicklung und Umsetzung Sanfter Tourismuskonzepte, Meßkirch, 2001, Gmeiner Verlag

Kirstges, Torsten:

Sanfter Tourismus, 3. Aufl., München, 2003, Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH

Klingenberg, Karl-

Wende im Tourismus, Stuttgart, 1991, Verl.-Werk der

Heinz:

Diakonie

98 Kreisel, Werner;

Mega-Trends im Tourismus, Auswirkungen auf Natur und

Hoppe, Michael;

Umwelt, Berlin, 2000, Hrsg. Umweltbundesamt

Reeh, Tobias: Krippendorf, Jost:

Die Ferienmenschen, Für ein neues Verständnis von Freizeit und Reisen, München, 1986, Deutscher Taschenbuch-Verlag

Mihalic, Tanja;

Umweltökonomie im Tourismus, St. Gallen, 1996, Haupt

Kaspar, Claude:

Verlag

Müller, Hansruedi:

Tourismus und Ökologie, Wechselwirkungen und Handlungsfelder, 3. Aufl., München, 2007, Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH

Müller, Hansruedi;

Tourismus und Ökologie, Wechselwirkungen und

Flügel, Martin:

Handlungsfelder, Bern, 1999, FIF Verlag

Mundt, Jörn W.:

Tourismuspolitik, München, 2004, Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH

Mundt, Jörn W.:

Tourismus, 3. Aufl., München 2006, Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH

Opaschowski, Horst:

Ökologie von Freizeit und Tourismus, Opladen, 1991, Verlag Leske und Budrich

Opaschowski, Horst:

Umwelt. Freizeit. Mobilität., 2. Aufl., Opladen, 1999, Verlag Leske und Budrich

Opaschowski, Horst:

Tourismus, Eine systematische Einführung, Opladen, 2002, Verlag Leske und Budrich

Schmied, Martin;

Umwelt und Tourismus, Daten, Fakten, Perspektiven,

Buchert, Matthias;

Berlin, 2002, Erich Schmidt Verlag

Hochfeld, Christian; Schmitt, Beate: Schneider, Helmut:

Nachhaltigkeit als regulative Idee in der geografischen Stadt- und Tourismusforschung, Berlin, 2006, LIT-Verlag

Viegas, Angela:

Ökomanagement im Tourismus, München, 1998, Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH

Wulf, K.:

Mit grünen Tupfen, Frankfurt 10.11.1990, Frankfurter Rundschau, S. 12

99 Internetquellen Ermlich, Günter;

Der Grüne Koffer,

Niederberghaus,

http://www.zeit.de/1999/35/Der_Gruene_Koffer, Stand:

Tomas (1999):

16.01.08

Hamele, Herbert:

Urlaubsangebote mit geprüfter Umweltqualität, http://www.eco-world.de/scripts/basics/ecoworld/service/main/basics.prg?a_no=122, Stand: 14.01.08

Kahlenborn, Walter:

Umweltpolitik und Tourismuspolitik, http://www.ecologic.de/download/projekte/800849/840/840_Endbericht.PDF, Stand: 17.12.07

Kamp, Christina

Weltgipfel in Johannesburg,

(2002):

http://www.tourism-watch.de/dt/28dt/28.johannesburg/ index.html, Stand: 11.12.07

Kürschner-

Tourismus in wasserarmen Gebieten,

Pelkmann, Frank

http://www.tourism-watch.de/dt/45dt/45.badehose/index.

(2006):

html, Stand: 20.10.07

Loppow, Bernd

Malediven: Taucher säubern Riffe,

(1994):

http://www.zeit.de/1994/42/Malediven-Taucher-saeubernRiffe, Stand: 20.10.07

o. V.:

Reiseanalyse 2007, http://www.fur.de/downloads/Reiseanalyse_ 2007.pdf, Stand: 15.12.07

o. V. (1998):

Von Flüchtlingen zu Giraffen-Frauen, http://www.fairunterwegs.org/aktuell/news/article/vonfluechtlingen-zu-giraffen-frauen-thailaendischegeschaeftsleute-des-menschenhandels-mitburmesis.html?cHash=2aa4f3a728, Stand: 29.10.07

o. V.:

Zahlen und Fakten zum Kindersextourismus, http://www.kinderschrei.de/sextourismus-zahlen.htm, Stand: 29.10.07

o. V. (2006):

Sex-Tourismus, http://www.unicef.de/4148.html, Stand: 29.10.07

o. V. (2006):

Definition Sanfter Tourismus, http://www.bfn.de/0323_iyesanft.html, Stand: 15.09.07

100 o. V.:

Sanfter Tourismus, http://www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBsonsti ges/SanfterTourismus.php, Stand: 15.09.07

o. V.:

Brundtland-Bericht, http://www.un.org/issues/m-susdev.html, Stand: 06.01.08

o. V.:

Rio-Konferenz von 1992, http://alt.nachhaltigkeit.info/110073959206266/Geschichte/ Weltgipfel%20Rio%20de%20Janeiro%201992.htm, Stand: 06.01.08

o. V.:

Nachhaltiger Tourismus, http://www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBsonsti ges/NTouris.php, Stand: 15.09.07

o. V.:

Code of Conduct, http://www.drv.de/drv/fachbereiche/umwelt-kultur/code-ofconduct.html, Stand: 11.12.07

o. V.:

GATS, http://www.bmz.de/de/themen/globalisierung/hintergrund/W elthandel/GATS.html, Stand: 11.12.07

o. V.:

Tourismuspolitik, http://www.bmwi.de/Navigation/Wirtschaft/Wirtschaftspolitik /tourismuspolitik.html, Stand: 17.12.07

o. V.:

Tourismuspolitik der Bundesregierung, http://www.zukunft-reisen.de/bundesregierung.html, Stand: 17.12.07

o. V. (1999):

Rahmenbedingungen und Trends des Tourismus, http://www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab59.ht m, Stand: 17.12.07

o. V. (2006):

Tourismus in der EU, http://www.bmwa.gv.at/BMWA/Schwerpunkte/Tourismus/In tTourBeziehung/EU/default.htm, Stand: 17.12.07

o. V.:

Gütegemeinschaften, http://www.ral.de/de/ral_guete/guetesicherung/guetegemei nschaften.php, Stand: 15.01.08

o. V.:

ITB Podiumsdiskussion, http://www.eco-tip.org/Brennpunkt/brennpunkt.htm, Stand: 15.01.08

101 o. V.:

Der Grüne Koffer, http://www.oete.de/koffer.htm, Stand: 16.01.08

o. V. (2005):

Die Umweltdachmarke Viabono, http://www.aube-umweltakademie.de/Viabono.htm, Stand: 16.01.08

o. V.:

European Ecolabel for Tourism, http://www.eco-tip.org/Hotspot/hotspot_mf.htm, Stand: 14.01.08

o. V.:

Europäische Umweltzeichen im Tourismus, http://www.eco-tip.org/Umweltaz/umweltaz.htm, Stand: 14.01.08

o. V.:

VISIT 21, http://www.visit21.net/, Stand: 14.01.08

o. V.:

Nachhaltige Reiseangebote, http://www.verbraucherbildung.de/projekt01/d/www.verbrau cherbildung.de/im_brennpunkt/fair_reisen_komplett.html, Stand: 14.01.08,

o. V.:

LIFE, http://ec.europa.eu/environment/life/, Stand: 14.01.08

o. V.:

Studiosus Unternehmensökologie, http://www.studiosus.com/unternehmen/nachhaltigkeit/unte rnehmensoekologie/index.php, Stand: 02.01.08

o. V.:

Reiseanalyse 2006, http://www.fur.de/downloads/FUR_Ergebnisse_2006.pdf, Stand: 02.01.08

o. V.:

Deutscher Reisemarkt 2006, http://www.drv.de/fileadmin/user_upload/2007_DRV_FZD_ 2006.pdf, Stand: 02.01.08

o. V.:

TUI Geschäftsbericht, http://www.tui-group.com/uuid/d1e6f76a113b439187ed d55fd0868cc5, Stand: 02.01.08

o. V.:

REWE Imagebroschüre, http://www.rewe-group.com/fileadmin/download/ imagebroschuere.pdf, Stand: 02.01.08

102 o. V.:

Thomas Cook Unternehmenspräsentation, http://www5.thomascook.info/tck/downloads/Unternehmens praesentation_2007.pdf, Stand: 02.01.08

o. V.:

Naturfreunde Internationale, http://www.nfi.at/index.php?option=com_content&task=vie w&id=2&Itemid=8, Stand: 04.01.08

o. V.:

Stattreisen, http://www.stattreisen.de/, Stand: 04.01.08

o. V.:

Reisepavillon, http://www.reisepavillon-online.de/, Stand: 04.01.08

o. V.:

Umweltbewusstsein, http://de.wikipedia.org/wiki/Umweltbewusstsein, Stand: 02.12.07

o. V.:

Umweltbewusstsein in Deutschland 2006, http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3113.pdf, Stand: 02.12.07

o. V.:

Reisebüros, http://www.eti.de/cgi-bin/cms?_SID=fake&_sprache=ar&_ bereich=artikel&_aktion=detail&idartikel=100106, Stand: 05.01.08

Spittler, Rolf;

Umweltauszeichnungen im Tourismus,

Haak, Ute (1998):

http://www.aube-umweltakademie.de/Umweltauszeich nungen_im_Tourismus.htm, Stand: 15.01.08

Weinreich, Christian:

Lokale Agenda 21, http://www.aube-umweltakademie.de/LokaleAgenda 21_1.htm, Stand: 05.01.08

103 Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt habe, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den benutzen Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Frankfurt am Main, 04.02.2008

_____________________ Nicole Vogel

104 Anhang A: Tab. 2 - Umweltauszeichnungen im Tourismus188 Titel

Vergabe 1996 1990

Gültigkeitsbereich bundesweit international europaweit weltweit

Zielgruppen

Initiatoren ADAC Verträglich Reisen

regional

spezielle Zielgruppen Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser Hotels und Gaststätten

Der umweltfreundliche Hotel- und Gaststättenbetrieb Der umweltfreundliche Hotel- und Gaststättenbetrieb Der umweltfreundliche Hotel- und Gaststättenbetrieb

1994

1993

regional

Hotels und Gaststätten

1994

regional

Hotels und Gaststätten

Die beste Wahl für die Umwelt

1992

regional

Hotels und Gaststätten

Distinction Award

?

Hotels

Grüne Hand

1991

international europaweit weltweit Kommunal

Grüne Schlüssel

1994

bundesweit

IH&RA Environmental Award

1990

international europaweit weltweit

Hotels und Gaststätten

Öko-Grischun

1994

regional

Hotels und Gaststätten, Agrarproduzenten

Österreichisches Umweltzeichen für Tourismusbetriebe

1997

bundesweit

Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Jugendherbergen, Campingplätze, Erholungsheime und Bildungszentren

ADAC-Eichhörnchen Blaue Schwalbe

188

Hotels und Gaststätten, Privatvermietungen Hotels

Hotel- und Gaststätten verband Hessen Dehoga Lippe Hotel- und Gaststätten verband SchleswigHolstein Collegium Touristicum Carinthae Green Globe Gemeinde Saalbach HORESTA Dänemark IH&RA Int. Hotel und Restaurant Association Verein Ökomarkt Graubünden Gesellschaft für ökologische Projektentwicklung

Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aube-umweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_ Tourismus.htm, 15.01.08.

105 Q for you

1992

regional

Spanisches Ökozertifikat für Hotels TUI International Environment Award

1997

regional

1991

TUI-UmweltChampion

1997

TUIUmweltschonende Hotelführung Umweltbewusster Hotel- und Gaststättenbetrieb Umweltfreundliches Gastgewerbe

1997 1991

international europaweit weltweit international europaweit weltweit international europaweit weltweit regional

1995

regional

Umweltorientierte Betriebe in Niedersachsen

1997

regional

Umweltpalette „Der Umwelt zuliebe“

1992

Kommunal

Umweltsiegel Kleinwalsertal „Silberdistel“

1988

Kommunal

Städte, Orte, Ortsteile, Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Verwaltungen, Jugendherbergen, Campingplätze, Cafes, Bars, Skischulen Hotels, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser Hotels, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser Hotels, Verwaltungen

TUI

Hotels, Jugendherbergen

TUI

Hotels und Gaststätten

Bayrische Staatsregierung Fremdenverkehrsverband Mecklenburg-Vorpommern Dehoga Niedersachsen

Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser, Ferien auf dem Bauernhof Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser, Ferien auf dem Bauernhof Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser

Verkehrsverein Saas-Fee

Vereinigung BiosphärenHotels TUI

Inselgemeinde Juist Gemeinde Mittelberg

106 Umweltsiegel Lurgau

1992

regional

Umweltsiegel TirolSüdtirol

1994

Kommunal

Umweltzeichen Abfallvermeidung

1990

Kommunal

Wir führen einen umweltorientierten Betrieb Wir führen einen umweltorientierten Betrieb

1993

Bundesweit

1993

Regional

Blaue Europa Flagge

1987

Bundeswettbewerb 1996 umweltfreundliche Fremdenverkehrsorte Bundeshauptstadt für 1990 Umwelt- und Naturschutz Dorfurlaub in 1991 Österreich Europäischer Preis für Tourismus und Umwelt Grüner Koffer

1995 in Planung

Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Verwaltungen, Jugendherbergen, Campingplätze Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Verwaltungen, Jugendherbergen, Campingplätze Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Verwaltungen, Jugendherbergen, Campingplätze Hotels und Gaststätten

Ökoausschuss Lurgau

International europaweit, weltweit bundesweit

Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. – häuser, Ferien auf dem Bauernhof Städte, Orte, Ortsteile

Hotel- und Gaststätten verband BadenWürttember g F.E.E.

Städte, Orte, Ortsteile

DFV

bundesweit

Städte, Orte, Ortsteile

Deutsche Umwelthilfe

bundesweit

Städte, Orte, Ortsteile

International europaweit, weltweit bundesweit

Städte, Orte, Ortsteile

Verein Dorfurlaub in Österreich EUKommission

Städte, Orte, Ortsteile

Tirol und Südtirol Werbung

Stadt Borkum

Dehoga

Ö.T.E.

107 Internationale Umweltauszeichnung des DRV

1987

International europaweit, weltweit

Schwedischer Umwelt- und Tourismuspreis

1995

bundesweit

TAT-Orte

1995

regional

ADAC-Eichhörnchen Autobahn-Raststätte British Airways Tourism for Tomorrow Awards Empfehlenswerte Reiseveranstalter Europa Nostra Awards

1993

bundesweit

1992

International europaweit, weltweit bundesweit

Landschaft des Jahres

1989

National Ecotourism Accreditation Program Top-Team-Natur

1991

International europaweit, weltweit International europaweit weltweit Bundesweit

1999

bundesweit

Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen, Betriebe Jugendreisen

1991

bundesweit

Golfanlagen

Umweltpreis des Deutschen Golfverbandes

1998 1997

Städte, Orte, Ortsteile, Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen, Betriebe Städte, Orte, Ortsteile, Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen, Betriebe Städte, Orte, Ortsteile, Tourismus- und Umweltinitiativen Autobahn-Raststätten

Deutsche Bundesstiftu ng Umwelt ADAC

Tourismus- und Umweltinitiaven

British Airways

Reiseveranstalter

BUND

Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen, Betriebe grenzüberschreitende Landschaften

Europa Nostra Awards Naturfreund e International Ecotourism Association

DRV

Schwedenw erbung

AG Jugendreise n mit Einsicht Deutscher Golfverband

Suggest Documents