Sakramentenpastoral - Schemata, Lernziele, Definitionen

Sakramentenpastoral - Schemata, Lernziele, Definitionen INHALT - Sakramente in einer evangelisierenden Kirche A. G RUNDLAGEN DER S AKRAMENTENPASTORAL...
Author: Jakob Frei
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Sakramentenpastoral - Schemata, Lernziele, Definitionen INHALT - Sakramente in einer evangelisierenden Kirche

A. G RUNDLAGEN DER S AKRAMENTENPASTORAL 1. S AKRAMENTENPASTORAL IM W ANDEL - ZUR S ITUATION SAKRA MENTALEN H ANDELNS 1.1 Unbegreiflich, diese Praxis! 1.1.1 „Wie ist das möglich?“ 1.1.2 „Unmögliche“ Situationen in der Sakramentenpastoral 1.2 Die widerspenstige Praxis 1.2.1 „Sakramentenpastoral im Wandel“ 1.2.2 Erste Folgerungen 1.3 Sakramente: Von der Dogmatik zur Pastoral - und zurück! Anfragen an einige heutige Modelle der Sakramententheologie

1.3.1 Kommunikative Handlungen (Peter Hünermann, Alexandre Ganoczy) und die Einbettung der sakramentalen Feiern in die Gemeinde 1.3.2 Mystagogie der Sakramente: Leben - bewusstwerden - deuten - feiern (Claudia Hofrichter, Stefan Knobloch) 1.3.3 Rituelle Religion und Lebenswenden (Paul M. Zulehner) 1.3.4 Realsymbolische Handlungen der Verleiblichung (Karl Rahner, Otto Semmelroth) 1.3.5 Heilsgeschichte hier und heute 1.3.5.1 Es geschieht etwas wie am ersten Tag der Schöpfung 1.3.5.2 Handeln im Handeln Gottes - das Einzigartige sakramentalen Handelns 1.3.5.3 „Und siehe...“ - Sakramente als Wunder des Augenblicks 1.4 Zur Lage des Glaubens: Verkirchlichung und das Wegschmelzen der Milieus 1.5 Drei Religiositäten 1.6 Wie es weitergehen kann, oder: Der lange Atem Gottes 2. E VANGELISIERUNG , P ASTORAL UND S AKRAMENTE - ZUM S INN SAKRAMENTALEN H ANDELNS 2.1 Von der Sakramentalisierung zur Evangelisierung 2.2 „Der Herr, der im Himmel thront, lacht“ - Gottes Handeln in den Sakramenten als strukturbildendes Prinzip der Sakramentenpastoral 2.3 Christus wirken lassen: Liturgie und Sakramentenpastoral 2.4 Das Einmalige sakramentaler Feiern 2.5 Von realer Gegenwart 2.6 Liturgie und Sakramentenkatechese 2.7 Die drei Formen der Religiosität

2.6.1 Gottesdienst und kulturelle Religiosität 2.6.2 Gottesdienst und individuelle Religiosität B. P ASTORAL ZU DEN EINZELNEN S AKRAMENTEN 3. D IE S AKRAMENTE DER INITIATION 3.1 Kindertaufe als „Mutter aller Übel“ oder als Sakrament des Anfangs? 3.2 Offene Arme oder enge Pforte - die Zulassung zu den Sakramenten 3.3 Taufe - Firmung - Eucharistie. Plädoyer für eine Neuerung, die keine ist 4. T AUFE 4.1 Taufgespräch 4.2 Situation von Eltern nach der Geburt 4.3 Modelle der Taufpastoral 4.4 Paten 4.5 Taufaufschub 4.6 Wege zur Taufe mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen 5. E RSTKOMMUNION 5.1 Erstkommunion: Der Rausch der weißen Kleider und die endlose Ausnüchterung? 5.2 Putz-runter? 6. F IRMUNG - DER FEIERLICHE A BSCHIED VON DER K IRCHE? 6.1 Das verkannte Sakrament 6.2 Theologische Klärungen 6. W EIHE UND E HE 7. B EICHTE , B EICHTGESPRÄCH UND GEISTLICHE B EGLEITUNG 7.1 „Fühlen Sie sich schuldig, Herr Huncke?“ - Schuld und Verdrängung heute 7.2 Das Gespräch im versöhnenden Dienst der Kirche

7.2.1 Die Gründe der Krise 7.2.2 Kirche als Umkehrgemeinschaft 7.2.3 Schritte zur Wiedergewinnung eines vergessenen Sakramentes 7.3 Geistliche Begleitung 8. S ALBUNG IN DER K RISE DER K RANKHEIT 8.1 Unterbrochen werden 8.2 Ganz krank sein 8.3 Sich ausdrücken können 8.4 Sich aufbrechen lassen 8.5 Der Besuch bei Kranken zu Hause, im Krankenhaus oder in einem Heim 8.7 Krankensalbung 8.8 Sterbebegleitung, Krankensalbung und Versehgang 8.9 Trauerbegleitung

8.9.1 Trauersituationen 8.9.2 Das Erleben Trauernder 8.9.3 Christlich trauern heißt, die Welt neu entdecken 8.9.4 Praktische Hinweise 9. T AUFE UND E UCHARISTIE - DIE ZWEI P OLE DER P ASTORAL

2. Sakramentenpastoral im Wandel - zur Situation sakramentalen Handelns Lernziele:

* Grundprobleme der heutigen Sakramentenpastoral benennen und in Zusammenhänge einordnen.

* Eine erste Vorstellung von den Konsequenzen eines evangelisierenden Ansatzes der Pastoral entwickeln. * An den erlebten Spannungen innerhalb der Sakramentenpastoral exemplarisch die Aufgabe einer spezifischen Theorie-Praxis-Verbindung innerhalb der Pastoraltheologie erfassen.

2.1.1 Nach den gängigsten Handlungsmuster in der Sakramentenpastoral sind Sakramente: -

Geschehen in der Gemeinde, sie verdichten ihren Glauben, feiern und erneuern ihn

-

Begegnung mit Gott

-

heilige Handlungen an Knotenpunkten des Lebens

-

Ausdruck der Geistleiblichkeit des Menschen

-

(Sicher lassen sich noch viele andere solcher Muster verstehen

- z.B. ein „trotziges“ [„Jetzt erst recht!“], ein diakonisch-pädagogisches [Sakramente als Katalysatoren der Kinder- und Jugendpastoral] oder ein liturgisches [Sakramente als Feiern, die für sich selbst sprechen]. Auch werden viele Muster in der Praxis nicht als Dealtypen auftreten, sondern untereinander vermischt. Aber nur die ersten vier können den Anspruch erheben, ein organisches Ganzes der Sakramentenpastoral zu beschreiben.)

Denkanstoß: Versuchen Sie, solche Handlungsmuster „in vivo“ wiederzufinden: In Predigten und Kirchenzeitungen, in Arbeitshilfen und katechetischen Materialien, in Lernzielen des Religionsunterrichtes, in typischen Argumentationen im Pfarrgemeinderat und in Alltagsgesprächen.

2.1.2 4. Ausdruck der Geistleiblichkeit: So ist wohl das derzeit gängigste Verständnis der Sakramente eines vom Leben zum Feiern: -

Menschen machen im Leben bestimmte Grunderfahrungen (Geburt, Loslösung vom Elternhaus und Suche nach dem Sinn des Lebens, Liebe und Jawort, Schuld und Vergebung, Krankheit und Krise, ...),

-

sie suchen darin nach dem Sinn des Ganzen,

-

sie finden ihn im Glauben

-

sie drücken ihn in der Feier aus.

Danach sind Sakramente elementare Handlungen, die elementare Erfahrungen verleiblichen. Erfahrungen sind dabei nach Dieter Emeis: C

Mehr als Erlebtes: bewußt durchgearbeitet und gereift, so daß es prägen kann;

C

Grunderfahrungen verbinden über Kulturgrenzen hinweg (d.i. nicht nur Grenzerfahrungen), sondern Erfahrungen mit dem, was z.B: hoffen oder verzweifeln läßt, traurig und froh macht, Abschied und Aufbruch, Gefangenschaft und Befreiung.

C

In Grunderfahrungen Ambivalenz von Leben und Tod, Licht und Dunkel...

C

Darin Erfahrung des göttlichen Heils.

C

Glaubenserfahrung einer Geschichte mit Gott, die heute weitergeht.

C

(Franz Niehl:) Korrelation ist die Interpretation der Erfahrung einer Evidenz: “Weil eine Auslegung betroffen macht und zu authentischem Leben anstößt, ist sie überzeugend.”

2.2 „Sakramentenpastoral im Wandel“ der Pastoral-Kommission der

Deutschen Bischofskonferenz (1993) zu den „Übergangssituationen“: •

Volkskirche im Wandel von christentümlicher Gesellschaft hin zu auf persönlicher Glaubensentscheidung basierender Zugehörigkeit.



Pfarrei und Gemeindebildung verändern sich, ohne dass man das Territorialprinzip überhaupt verabschieden und eine reine ‚Gemeinde der Entschiedenen‘ fordern könnte.



Individualismus und Nachfolge in Gemeinschaft verschieben sich so, dass letzteres oft wenig in den Blick kommt.



Zwischen Glaube und Unglaube erscheint trotz aller neuen Religiosität doch „der Säkularismus immer noch das dominierende Lebensgefühl“1.



Zwischen Auswahlmentalität und Rigorismus suchen sich Menschen aus dem volkskirchlichen Erbe aus, was ihnen gut und brauchbar erscheint, und setzen es neu zusammen. Darauf reagieren manche Verantwortlichen mit einem Rigorismus, der alles Volkskirchliche zugunsten einer „engen und unbefragten Verknüpfung von Glaube, Glaubensgemeinschaft und Sakramentenspendung“ ablehnt.2



Gesellschaftlichen Veränderungen kann man sich kirchlich 1

2

Sakramentenpastoral 12.

Sakramentenpastoral 13. Allerdings ist die „Sorge berechtigt, daß die Kirche eine Offenheit praktiziert, die auf Kosten ihrer Identität geht“ (Emeis, Sakramentenkatechese 20).

nicht verweigern, ohne sich doch daran anpassen zu müssen. •

Ein verständnisvoll-kritischer Umgang mit dem volkskirchlichen Erbe erkennt die biographischen und familiären Anlässe als Chance zum Austausch mit Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit. Dadurch können Gemeinden vielgestaltig werden. „Neue Formen gemeindlicher Kirchlichkeit werden sich weithin entwickeln aus dem volkskirchlichen Erbe und dessen verständnisvoll-kritischer Pflege.“3



Erneuerung im Glauben wird als Ziel aller Pastoral gesehen. Sie könnte auch die Sakramentenpastoral prägen.

Aus unseren bisherigen Beobachtungen und aus dieser Situationsbeschreibung durch die deutschen Bischöfe lässt sich nun bereits eine Arbeitshypothese formulieren: Sakramentenpastoral verdichtet die derzeitige Spannung aller Pastoral zwischen dem Heilsgeschehen in Christus und dem kirchlichen Glauben einerseits und den subjektiven Suchbewegungen von Individuen und Kulturen andererseits nach Gestalten gelungenen Lebens. Eine gute Sakramentenpastoral wird diese Pole aufeinander beziehen und sie nicht gegeneinander ausspielen.

3

Sakramentenpastoral 14. „Je differenzierter die pastoralen Situationen und je individueller die Lebensläufe der Menschen werden, um so vorsichtiger muß eine Katechetik der Sakramente den Eindruck vermeiden, sie können handlungsanweisende Konzepte für die vielfältigen katechetischen Begegnungen mit Menschen geben“ (Emeis, Sakramentenkatechese 16).

2.2.2 Doch welche Folgerungen lassen sich aus der Einsicht ziehen, dass es sich in der Sakramentenpastoral um Handeln in überkomplexen Situationen handelt? •

Provisorium: Zunächst ist sicher zu sagen: „Unsere Übergangszeit verlangt Übergangslösungen.“4 Solche Zeiten vertragen kein Alles-oder-Nichts, sondern benötigen die Umsicht, das jetzt Mögliche zu erkennen und zu tun.5 Vieles soll versucht werden, unterschiedliche Ansätze ermutigt, verantwortete Experimente durchgeführt und Realitätssinn und Vision miteinander verbunden werden. Man kann auch das Problem zur Lösung machen. D. h. Seelsorger wissen um die Spannung zwischen Offenbarung und Leutereligion, nehmen sie aber zum Ausgangs- und Bezugspunkt ihrer Gespräche 4

Dieter Emeis, Zwischen Ausverkauf und Rigorismus. Zur Krise der Sakramentenpastoral, Freiburg 31991, 99. Vgl. Andreas Wollbold, „Unsere Übergangszeit erfordert Übergangslösungen“ - Für eine provisorische Pastoral, in: ThGl 89 (1999) 406-424. 5

Sakramentenpastoral 25. - Deshalb Herausforderung einer Grundlinie: "Statt Alles oder Nichts: Das jetzt Mögliche erkennen und tun" (SiW III., 1). Oder auch: Handeln in unterbestimmten Situationen ermöglichen (Provisorisch handeln; Gemische, ..., vgl. AW, Gemischte Gefilde: Flottierende Religiosität und kirchliche Religiosität begegnen lassen), deshalb Wege suchen, experimentieren, behutsam sein usw. als neue Tugenden (vgl. SiW 5. 7).

"Je differenzierter die pastoralen Situationen und je individueller die Lebensläufe der Menschen werden, um so vorsichtiger muß eine Katechetik der Sakramente den Eindruck vermeiden, sie können handlungsanweisende Konzepte für die vielfältigen katechetischen Begegnungen mit Menschen geben" (Emeis 1991, 16).

oder gottesdienstlichen Gestaltung. •

Beschränkung: Ebenso wichtig ist die gleichzeitige Sicherung eines Kerncurriculums an Zielen und Inhalten, die in einem Bistum in einem verbindlichen Katecheseplan festgehalten sind.6 Dadurch wird Verlässlichkeit gesichert und der Beliebigkeit gewehrt.



Prozess: Von all diesen Versuchen gilt aber, dass sie Zeit und Intensität der Begegnung brauchen, um kein bloßer Tropfen auf den heißen Stein zu bleiben. Ganz zu Recht weist „Sakramentenpastoral im Wandel“ deshalb darauf hin, dass längere katechumenale Wege zunehmend zum Normalfall werden könnten.7

So sieht sich jede Sakramentenpastoral heute mit Spannungen konfrontiert, die nicht einseitig aufzulösen, sondern pastoral zu gestalten sind. Sie ist in die Pole eingespannt: C

zwischen natürlicher Religiosität (Segen, „heiliger Schild“, Kontingenzbewältigung an Lebenswenden) und christlichem Bekenntnis,

C

zwischen dem einmaligen Ereignis und einer langfristigen Bindung, 6

Nach CIC can. 775 § 1 entwickelt der Diözesanbischof Leitlinien zur Katechese in seinem Bistum, stellt die entsprechenden Hilfsmittel bereit - u. a. auch einen Katechismus - und fördert die entsprechenden Anstrengungen. Das „Allgemeine Direktorium für die Katechese“ 274 wünscht einen kohärenten Diözesanplan für die Katechese. 7

Sakramentenpastoral 31-33.

C

zwischen Brauchtum im Dienst einer Familienreligion und einer gemeindlichen Einbettung,

C

theologisch zwischen Natur und Gnade bzw. Schöpfung (die sakramentalen Zeichen erschließen durch Brotbacken, Wassermeditation usw.) und Erlösung (die sakramentale Gnade bezeugen durch Bibelarbeit und Auseinandersetzung mit liturgischen und lehrhaften Worten und Gesten).

2.3.1 „Kommunikatives Handeln“ unterscheidet sich von „instrumentellem Handeln“ dadurch, dass dadurch ein in sich sinnvolles Tun begründet wird. Es zeichnet sich dadurch aus, dass in ihm Menschen einander in ihrem Menschsein frei begegnen lassen.