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Author: Eva Kaiser
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Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen Information überlassen. Jede Form der Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der ausdrücklichen vorherigen Genehmigung des Urhebers © by the author

SÜDWESTRUNDFUNK FS-INLAND R E P O R T MAINZ S E N D U N G:

04.12.2012

http://www.reportmainz.de

Kampf gegen Killerkeime: Wie die Krankenhauslobby Hygienesünder schützt AutorInnen: Claudia Butter Achim Reinhardt Kamera:

Ole Jürgens Andreas Kerle Marco Peschmann Thomas Schäfer

Schnitt:

Melanie Fliessbach

Moderation Fritz Frey: Sein Bein musste amputiert werden. Der Grund: Krankenhauskeime. Aber die Klinik leugnet ein Hygieneproblem. O-Ton: »Ich habe mit meinen 70 Jahren angefangen zu weinen. Das habe ich bis dahin überhaupt nicht gekannt. Und plötzlich war alles zerstört.« Guten Abend zu REPORT MAINZ. Ein furchtbares Schicksal. Hätte es vermieden werden können? Ebenso wie die bis zu 15.000 Menschen, die jedes Jahr im Krankenhaus sterben – an Infektionen, die sie sich dort eingefangen haben.

2 Sollte nicht die Hygiene in unseren Krankenhäusern verbessert werden, per Gesetz? Was ist aus den Plänen geworden? Claudia Butter und Achim Reinhardt sind all diesen Fragen nachgegangen. Bericht: Ein Keim hat sein Leben zerstört. Wegen eines Routine-Eingriffs musste Alfons Görg ins Krankenhaus. Eine Bypass-OP im Bein. Doch er infizierte sich mit MRSA, dem gefährlichen Krankenhauskeim. O-Ton, Alfons Görg: »Die sind dem Ganzen nicht mehr Herr geworden. Haben noch verschiedene Dinge versucht, aber die sind alle danebengegangen. Und dann, als ich dann zu mir kam, war mein Bein nicht mehr da.« Heute ist er bei allem auf die Hilfe seiner Frau angewiesen. Jede Bewegung bereitet ihm Schmerzen. Alfons Görg sei nicht der einzige Betroffene auf der Station gewesen, erzählt seine Frau. Gleich mehrere Patienten hätten wegen Keimen unter Quarantäne gestanden. Doch das habe sie zu spät gemerkt. O-Ton, Ursula Görg: »Wenn wir im Vorfeld gewusst hätten, dass in diesem Haus ein böser Keim ist, dann wären wir nicht in dieses Krankenhaus gegangen. Aber es gab keinerlei Information, gar nichts.« Heimlichtuerei bei Krankenhauskeimen? 600.000 Patienten infizieren sich pro Jahr. Bis zu 15.000 sterben sogar daran. Die Krankenhäuser aber verschweigen ihre Hygieneprobleme, das stellt Gesundheitsexperte Prof. Gerd Glaeske fest. O-Ton, Prof. Gerd Glaeske, Gesundheitsökonom: »Ich bin ganz sicher, dass in vielen Krankenhäusern die bestehenden Probleme auch vertuscht werden. Dass es auch verheimlicht wird. Zu Lasten der Patientinnen und Patienten, die dann unwissend in Krankenhäuser gehen, die tatsächlich Probleme haben, wo Todesfälle vorkommen.« Günter Senf ist auf einem Auge blind, seit einer Infektion mit dem Krankenhauskeim MRSA. Auch seine Herzklappen waren befallen.

3 O-Ton, Günter Senf: »Ich lag im Prinzip 14 Tage lang im Sterben. Die wussten nicht, ob sie mich durchbringen oder nicht durchbringen.« O-Ton, Ursula Senf: »Das war das Schlimmste an der ganzen Sache. Wenn du zuschauen musst, wie der Mensch da liegt, und die versuchen, ihm zu helfen, und wissen eigentlich nicht, ob es klappt.« Doch die Klinik streitet ein Hygieneproblem ab. Leugnen, verschweigen, ignorieren – viele Krankenhäuser wollen Infektionen und Hygieneprobleme öffentlich nicht zugeben. Das wollte die Bundesregierung vor mehr als einem Jahr ändern. Mit dem Infektionsschutzgesetz. Die Hygienequalität sollte verbessert werden. Und: Patienten sollten sich gezielt über die Hygienequalität in einzelnen Krankenhäusern informieren können. Und das bis spätestens zum 31. Dezember. Klingt gut. Doch was hat sich getan? Zuständig laut Gesetz: der Gemeinsame Bundesausschuss. Die Selbstverwaltung von Kassen, Ärzten und Krankenhäusern sollte die Hygienesünder ermitteln. Weil der Ausschuss das alleine nicht leisten kann, hat er eine unabhängige Forschungseinrichtung, das Aqua-Institut, damit beauftragt. Doch das schlägt Alarm. In diesem internen Schreiben kritisiert das Institut den Bundesausschuss. Denn der habe den Auftrag so erteilt, dass MRSA-Fälle damit praktisch nicht erfasst würden. Insgesamt dürften nur 0,5% der Infektionen berücksichtigt werden. Das aber stelle das Ziel des Verfahrens in Frage. Warum aber sollte der GBA verhindern wollen, dass die Infektionen offen gelegt werden? Die Patientenvertreter haben die Beratungen intensiv beobachtet. Für sie ist klar, wer dahintersteckt. O-Ton, Ilona Köster-Steinebach, Patientenvertreterin, Verbraucherzentrale Bundesverband: »Für uns ist das ein ganz schmutziger Trick, der insbesondere von der deutschen Krankenhausgesellschaft angewendet wurde.«

4 O-Ton, Wolf-Dietrich Trenner, Patientenvertreter: »Die Krankenhausgesellschaft als Lobby, als Interessenvertretung der Krankenhausträger, versucht hier ganz gezielt, den gesetzlichen Auftrag zu sabotieren und nicht zu erfüllen.« Die Krankenhausgesellschaft gibt dazu kein Interview. Schriftlich weist sie alle Vorwürfe zurück: Man scheue einen Vergleich der Krankenhäuser hinsichtlich der Hygienequalität nicht. Stimmt das? Wir treffen einen Arzt einer großen Klinik. Er will nicht erkannt werden. Von ihm wollen wir wissen, wie Krankenhäuser über Hygieneprobleme wirklich denken. O-Ton, Stimme nachgesprochen: »Sie möchten ihre Infektionszahlen nicht offenlegen, weil sie fürchten, dass dann die Patienten in ein anderes Krankenhaus gehen. Die Krankenhausbetreiber wollen keine zusätzliche Konkurrenz untereinander. Letztlich geht‘s hier nicht ums Wohl der Patienten, sondern ums Geld.« Das Verfahren im Bundesausschuss wurde jetzt auf Druck des Gesundheitsministeriums ganz neu gestartet. Bis es bei der Hygiene aber patientenwirksame Ergebnisse gibt, werden wohl noch Jahre vergehen. O-Ton, Ilona Köster-Steinebach, Patientenvertreterin, Verbraucherzentrale Bundesverband: »Heute, mehr als ein Jahr nach dem Infektionsschutzgesetz, müssen wir leider sagen, dass sich für die Patienten noch gar nichts verbessert hat « O-Ton, Wolf-Dietrich Trenner, Patientenvertreter: »Die Krankenhauslobby nimmt weiterhin jährlich 6.000 bis 15.000 tote Patientinnen und Patienten in Kauf.« Profitgier statt Patientenwohl. Die Krankenhauslobby spielt auf Zeit – und Patienten müssen darunter leiden.

5 Abmoderation Fritz Frey: Unglaublich. Unter www.reportmainz.de ein Gespräch mit unseren Autoren, unter anderem zur Frage, wie man sich wehren kann, wenn man sich eine Infektion zugezogen hat.

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