Richard Arnold Bermann Arnold Höllriegel. Kurzgeschichten. Essais entenpress

Richard Arnold Bermann Arnold Höllriegel Kurzgeschichten Essais 1928-1936 entenpress Erstausgabe © Entenpress, Berlin 2016 Umschlaggestaltung © Pa...
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Richard Arnold Bermann Arnold Höllriegel

Kurzgeschichten Essais 1928-1936

entenpress

Erstausgabe © Entenpress, Berlin 2016 Umschlaggestaltung © Palaio Fabri-Melea nach einem Aquarell von Peter Schmiedel, Berlin Satz: Satz by Satz bei Parechese Gesamtherstellung: SDL-Druck, Berlin Herausgegeben von Robert Schmitt Scheubel Band XII 978-3-937416-49-6 GA 978-3-937416-24-3

Wir filmen Filmstars, Indianer und den Erzbischof Wahlen in New York, Eastside .. .. .. .. Alfred und Herbert .. .. .. .. .. .. Hoover . .. .. .. .. .. .. .. .. Der Stuhl von Sing-Sing .. .. .. .. .. Rockefellers Reisen in Ägypten .. .. .. .. Die Ehe-Schmiede von Gretna Green .. .. .. Die Gralsburg der Golfer .. .. .. .. .. Die Ameise ist gar nicht so .. .. .. .. .. Ninafu.. .. .. .. .. .. .. .. .. Über Bridge-Kultur .. .. .. .. .. .. Heitere Bombenfliegerei .. .. .. .. .. Banale Geister .. .. .. .. .. .. .. Historischer Augenblick .. .. .. .. .. Emil Ludwig und der Einsiedler .. .. .. .. Chaplins Europa-Triumph .. .. .. .. .. Aglait Ilisimatiksat … .. .. .. .. .. .. Verrückte Welt! Kanada hat zu viel Weizen .. .. Krise auch im Paradies.. .. .. .. .. .. Die verlorene Oase .. .. .. .. .. .. Die kleine Königin .. .. .. .. .. .. Urwald kommt zur Stadt .. .. .. .. .. Die Frau, die den Dichter kannte . .. .. .. Slatin Pascha .. .. .. .. .. .. .. Edgar Wallace in Hollywood .. .. .. .. Der Neger František in Kairo .. .. .. .. Königin von Siam lernt reiten .. .. .. .. Der Mann mit den Klapperschlangen .. .. ..

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Die Oase der Kleinen Vögel . .. .. .. .. Vortrag Dr. Richard A. Bermann (Arnold Höllriegel) Die Söhne Donalds [unvollständig] .. .. .. Ein Vorfall auf St. Helena .. .. .. .. .. Nachwort .. .. .. .. .. .. .. ..

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Wir filmen Filmstars, Indianer und den Erzbischof Auf unserer großen Autoreise quer durch die Vereinigten Staaten haben mein Reisegefährte Max Goldschmidt und ich so ziemlich alles, was wir sahen, gefilmt, das heißt er hat gefilmt und ich stand daneben, weisen Rates voll oder nur aufgeregt. Manchmal wurde ich zapplig und lief unversehens vor das Objektiv. Diese Stücke unseres Film müssen herausgeschnitten werden: es zeigt sich, daß ich mich zum Filmstar nicht sehr eigne. Aber wir filmten in Hollywood Charlie Chaplin, während er mir in seiner Wohnung seinen neuen Filmstoff erzählte, mit einer heiligen Eindringlichkeit sondergleichen, mit einem konzentrierten Mienenspiel! Er achte nicht auf Max Goldschmidt, der mit seiner Kamera in einer Ecke stand; es war ja Blödsinn, noch um sieben Uhr abends bei sinkender Sonne im Zimmer zu filmen! »Gar keine Aufnahme ist noch schlechter!« sagte mein Begleiter nachher, auf meinen Spott hin. Den Film wagte er aber lange nicht entwickeln zu lassen, so eine Angst hatte er. Wir schleppten die Filmrolle durch die sommerliche Glut der Mojave-Wüste, und durch irgendeinen Trick der Photochemie verstärkte sich das schwa7

che Lichtbild und wurde vollkommen gut. Wir filmten Emil Jannings, wie er mit seiner Frau Gussy und seiner Stieftochter Ruth Maria Tennis spielt. Er spielt gar nicht gut Tennis, aber er spielt doch so gut Theater, also konnte er aussehen wie ein großer Tennismeister. Und wir filmten ihn, wie er in seinem schönen Garten sitzt und Milch trinkt, Milch, bitte! Und seine Tschauhunde fummel, Fimmel und Kleiner Cohn. Damit wir noch mehr filmen könnten, veranstalteten Conrad Veidt und seine Frau eigens eine Garden Party in ihrer Villa in Beverly Hills, und Connie spielte PingPong mit Greta Garbo, und Lya de Putty trieb lustigen Unsinn, und man schwamm im Bassin und fütterte das Veidtsche Baby, und es war herrlich. Wir filmten alles, und die schöne Camilla Horn in ihrem Haus, und die vergnügte Dorothy Mackail. Jeden Augenblick ging in unserem kleinen Bungalow das Telephon, und irgendein weltberühmter Filmstar bat uns, doch auch zu ihn, das heißt meistens zu ihr zu kommen, mit unserer Kamera. Wir gingen in alle großen Studios und filmten Corinne Griffith, während sie eben eine Filmszene spielte, und die reizende Joan Grawford, und Coleen Moore und alle; wir filmten die ganze Filmerei, die Herren Regisseure, wie sie auf ihren Kamerawagen einherfahren, großen Göttern gleich. F. W. Murnau, die »Vier Teufel« machend, und Lubitsch, und den Sohn Richard BeerHofmanns, Gabriel, wie er im Fox-Studio junge schöne Ladenmädchen zur Probe vor der Kamera schauspielen läßt, ob sie vielleicht künftige Stars sind, die man entdekken könnte. (Er geht inkognito in en Warenhaus, fragt irgendeine Verkäuferin, die er sieht: »Möchten Sie nicht versuchen, ob Sie Filmtalent haben?« Und es ist schon vorgekommen, daß eine dann in der nächsten Woche 8

fünfhundert Dollars verdiente!). Wir gingen mit der Kamera ins Gelände, um Dolores del Rio mit den Bären aufzunehmen, die sie scharenweise bändigte, als ein rumänisches Zigeunermädchen. Sie schwang die Kette, an deren anderem Ende der Bär war, und fürchtete sich nicht ein bißchen. Drei Musikanten spielten dazu die ungarische Rhapsodie. Wir filmten den Bären, Dolores, die Musikanten alles zusammen. * Als wir schließlich Hollywood verließen, ließen wir in die gläserne Windscheibe vorn an unserem Auto ein Loch schneiden, so daß wir eine unserer Kamera neben dem Chauffeursitz anschrauben und auch im Fahren Aufnahmen machen konnten. Wir wollten alles, alles filmen, auch das Flüchtigste; den Verkehrswirbel in den Städten, ein über den Weg huschendes Tier – Tiere filmten wir in Massen. Auf einer der Löwenfarmen Kaliforniens (wo sie Filmlöwen erziehen) ging der große Besessene, Goldschmidt, mit der Kamera in einen Löwenkäfig, »Er tut nichts,« sagte der Wärter, aber schließen sie die Käfigtür hinter sich, bitte!« Da machte der Löwe eine verdächtige Bewegung, und Max Goldschmidt schloß die Käfigtür doch lieber von außen. Er filmte Alligatoren in der Alligatorenfarm und Strauße in der Straußenfarm und Seehunde an der Küste bei San Francisco und freie Bären im Wald von Yosemite. Einmal, als er von einem Ritt durch den Grand Canyon ins Hotel zurückkam, beklagte er sich bitterlich über eine gewisse Antilope. Die flüchtige Antilope (es gibt noch einige wenige in Arizona) hatte geglaubt, die Kamera sei was zum Fressen, und hatte sich nur mit der größten Mühe in Photographiedistanz zurückscheuchen lassen; sie wollte immerzu am Objektiv lecken. 9