Rechnungslegung und Bewertung von Immobiliengesellschaften

RECHNUNGSWESEN Giorgio Behr* Rechnungslegung und Bewertung von Immobiliengesellschaften Trend geht zur Bewertung zu aktuellen Werten Wettbewerb um A...
Author: Beate Sachs
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RECHNUNGSWESEN Giorgio Behr*

Rechnungslegung und Bewertung von Immobiliengesellschaften Trend geht zur Bewertung zu aktuellen Werten

Wettbewerb um Anleger erDie zunehmende Bedeutung der Immobiliengesell- sivierten folgreich sein. schaften führt zu einer Professionalisierung dieser Gesellschaften hinsichtlich Bewertung ihrer Portefeuilles 2. Bestehende Bewertungssowie Berichterstattung. In diesem an der Universität methoden für Immobilien St. Gallen entstandenen Beitrag werden die Realwert- Die Bewertung einer Immobiliengemethode, die Vergleichswertmethode, die hedonisti- sellschaft setzt voraus, dass man den der von dieser Gesellschaft gehalsche Methode sowie die Ertragswertmethode näher Wert tenen Immobilien kennt. In der Theoerläutert und auf ihre Nützlichkeit hin beurteilt. rie werden verschiedene Methoden zur

1. Einleitung Seit einiger Zeit sehen sich Immobilienanleger weltweit, und speziell auch in der Schweiz, einer veränderten Marktsituation gegenüber. Einerseits haben bedeutende Liegenschaften, z.B. durch die Ausgliederung umfangreicher Immobilienportfeuilles grosser Unternehmungen, die Hand gewechselt, andererseits sind ganz neue Immobilien-Anlageinstrumente auf dem Markt lanciert worden. Angetrieben von dieser Entwicklung werden Direktanlagen vermehrt durch indirekte Investitionen in kotierte Immobiliengesellschaften, Optionen auf diese Unternehmen, Verbriefung von Mieteinnahmen oder Investments in Immobilienmarktindizes konkurrenziert. Hauptgrund dieser Verschiebung von direkten zu indirekten Anlageformen ist v.a. die Nutzung der damit zusammenhängenden Vorteile wie die höhere Liquidität, der Wegfall der Liegenschaftsbewirtschaftung und das geringere Risiko [1]. Die zunehmende Bedeutung der Immobiliengesellschaften führt neben den genannten Vorteilen auch zu einer Der Schweizer Treuhänder 3/01

Professionalisierung dieser Gesellschaften hinsichtlich Bewertung ihrer Portfeuilles sowie Berichterstattung. Die Methodenvielfalt in der Marktwertschätzung als Folge der immer bedeutungsloser werdenden Realwertmethode oder die Ausrichtung am Vorsichtsprinzip versus die Investor-Orientierung bzgl. der Berichterstattung sind nur einige Fragen, mit denen sich die Immobiliengesellschaften auseinandersetzen müssen, wollen sie im inten-

Bewertung von Immobilien beschrieben. Im folgenden sollen die Realwertmethode, die Vergleichswertmethode, die hedonistische Methode sowie die Ertragswertmethode näher erläutert und auf ihre Nützlichkeit hin beurteilt werden.

2.1 Realwertmethode Oft wird die Realwertmethode in der Literatur auch als Sachwertmethode oder als Substanzwertmethode bezeichnet. Der Wert einer Liegenschaft ergibt sich dabei aus der Summe der beiden Grössen Bauwert (Wert der baulichen Anlagen) und Landwert (Wert des Bodens der Liegenschaft) [2]. Der Bauwert setzt sich aus den Gebäudekosten (bestimmbar z.B. durch die Anwendung eines angemessenen Kubikmeterpreises) sowie den Nebenkosten (wie z.B. Aushubarbeiten, Honorare, Bewilligungen und Gebühren usw.) unter Berücksichtigung der Al-

Giorgio Behr, Professor an der Universität St. Gallen, Unternehmer, Buchberg/SH

*Co-Autoren: Luigi Bondolfi, Gilbert Malgiaritta, Marco Mühlemann, Michael Sigg – Studenten des 8. Semesters der Vertiefungsrichtung Finanzen, Controlling und Rechnungslegung an der Universität St. Gallen

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tersentwertung zusammen [3]. Der Landwert kann auf verschiedene Arten ermittelt werden, z.B. durch die Vergleichswertmethode, die Lageklassenmethode oder durch Rückwärtsrechnung (auch als Landrestmethode [4] bekannt) ausgehend vom Gesamtwert [5]. Die Realwertmethode scheint in der Praxis an Bedeutung zu verlieren [6]. Diese Bewertungsmethode hat tatsächlich gewichtige Nachteile: Der mangelnde Einbezug von wirtschaftlichen Aspekten, die fehlende Nachfragekomponente ebenso wie die weitgehende Unempfindlichkeit auf die jeweilige Marktlage (z. B. Konjunktur, Zinsniveau und Inflation) sowie der bereits erwähnte starke Vergangenheitsbezug stehen dabei im Vordergrund [7]. Aus diesen Gründen wird die Realwertmethode am sinnvollsten dort eingesetzt, wo eine Immobilie nicht nach Ertragsgesichtspunkten beurteilt wird und wo keine Vergleichswerte auf dem Markt verfügbar sind. Entsprechend wird sie am ehesten noch bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie von Industrieobjekten, die sich durch eine besondere Nutzung auszeichnen, eingesetzt [8].

2.2 Vergleichswertmethode Anders als die Realwertmethode orientiert sich die Vergleichswertmethode am Markt. Ein rationaler Investor würde gemäss diesem Ansatz für eine Immobilie nicht mehr bezahlen als für ein vergleichbares Objekt. Zur Ermittlung einer Preisbandbreite für die zu bewertende Immobilie geht man grundsätzlich in drei Schritten vor. Erstens sucht man mittels einer Marktanalyse vergleichbare Objekte, zweitens legt man sinnvolle Vergleichsgrössen fest (wie z.B. Wohnfläche in m2 oder Anzahl Zimmer) und drittens passt man schliesslich die Vergleichsdaten durch Zu- oder Abschläge an. Wichtig bei der Vergleichswertmethode ist, dass man sowohl liegenschaftsspezifische Eigenschaften (z.B. Lage, Bauqualität, Objektgrösse usw.) wie auch nicht liegenschaftsspezifische Eigenschaften (z.B. Verkaufszeitpunkt, Grund der Hand220

änderung usw.) in die Bewertung miteinbezieht [9]. Der grosse Vorteil dieser Methode liegt in ihrer starken Marktorientierung und der entsprechenden Abstützung auf effektiv bezahlte Preise. Problematisch bei der Vergleichswertmethode ist jedoch die Ermittlung genügender Vergleichszahlen. Zudem schränken die grossen Veränderungen der letzten Jahre am Immobilienmarkt sowie die Anpassung der Vergleichsgrössen durch Zu- oder Abschläge die Akzeptanz dieser Methode als objektive Bewertung stark ein [10]. Somit wird klar, dass sich die Vergleichswertmethode besonders für Objekte eignet, die nicht sehr speziell oder einzigartig sind, aber gleichwohl nicht in erster Linie aufgrund von Renditeüberlegungen gekauft werden. Sie wird deshalb häufig bei der Wertermittlung von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen sowie von unbebauten Grundstücken angewandt, jedoch kaum für spezielle Anlagen wie z. B. Schwimmbäder, zweckgebundene Industriegebäude oder denkmalgeschützte Häuser [11].

2.3 Hedonistische Methode Die hedonistische Methode geht von der Annahme aus, dass eine Immobilie als ein Bündel von Eigenschaften angesehen werden kann. Die Methode trägt somit der typischen Heterogenität der Immobilien Rechnung und ermittelt durch multiple Regression für jede Eigenschaft den momentanen Marktpreis. Dieser Preis – im positiven Fall eine Prämie, im negativen Fall ein Abschlag – wird anschliessend mit der Masseinheit der entsprechenden Eigenschaft multipliziert. Die Summe der Produkte ergibt schliesslich den Immobilienwert. Somit leistet jede Eigenschaft entweder einen positiven oder einen negativen Beitrag an den Gesamtwert der Anlage [12]. Die folgende Gleichung soll dies verdeutlichen [13]:

Immobilienwert

In dieser Gleichung sind ausschliesslich immobilienspezifische Eigenschaften aufgeführt. Selbstverständlich werden bei der hedonistischen Methode auch lagespezifische Eigenschaften in die Berechnung miteinbezogen, wie z. B. die Aussicht, der Quartierstandard, die Steuerkraft der Gemeinde, Entfernungen zu Schulen, Einkaufszentren oder Erholungsgebieten, der Strassenlärm usw. [14]. Die hedonistische Methode liefert v.a. in den Kategorien Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Stockwerkeigentum zuverlässige Ergebnisse, da sie für solche Objekte Erklärungswerte (R2) zwischen 85% und 90% erreicht. Die Vorteile dieser Methode liegen hauptsächlich in der Verwendung von effektiven Marktdaten, in der Objektivität, die sich durch die Anwendung des mathematischen Modells ergibt, und in der sehr schnellen Durchführbarkeit der Schätzungen. Zudem bietet die Auflistung der Eigenschaften sowie der entsprechenden Prämien und Abschläge eine umfassende Information über bestimmte Liegenschaften. Damit ist sie v. a. für die rasche Bewertung von ganzen Immobilienportfeuilles geeignet, die ständig überwacht werden müssen [15]. Nachteilig hingegen wirkt sich, ähnlich wie bei der Vergleichswertmethode, die aufwendige Beschaffung der Daten aus. Diesem Nachteil kann mit Hilfe von zentralen Datenpools entgegengewirkt werden. Darin werden verfügbare Daten von Gemeinden, Banken und anderen Institutionen gesammelt und ausgewertet [16].

2.4 Ertragswertmethode Grundsätzlich sind zwei Varianten der Ertragswertmethode zu unterscheiden. Zum einen handelt es sich um die Mietzinskapitalisierung (Ertragswert einer Immobilie als Barwert der jährlich anfallenden Mieteinnahmen, ermittelt mit einem bestimmten Liegenschaftenzinssatz), die von einem immerwähren-

= Prämie x Volumen + Prämie x Grundstücksfläche – Abschlag x Alter + Prämie x Balkonfläche + ... + Prämie x Garagenplatz Der Schweizer Treuhänder 3/01

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den, konstanten Einnahmenstrom ausgeht und somit eine ziemlich unrealistische ewige Rente darstellt [17]. Weit verbreiteter ist heute die zweite Variante, die Discounted-Cash-Flow-Methode [18]. Diese wird z.B. in der Investitionsrechnung auch als dynamische Ertragswertmethode bezeichnet [19]. Im Mittelpunkt der dynamischen Erfolgsrechnung steht gemäss Staehelin [20] die Beziehung des Wertes einer Immobilie zum damit verbundenen Zahlungsfluss. Eine Liegenschaft ist demnach so viel wert, wie die Summe des auf den Zeitpunkt der Bewertung abdiskontierten Nutzens zuzüglich des abdiskontierten Residualwertes. Als Prognosehorizont wählt man meist 5 bis 10 Jahre. Der Nutzen wird in Form der Netto-Mieteinnahmen gemessen (Brutto-Mieteinnahmen abzüglich der Bewirtschaftungskosten, des Leerstandsrisikos sowie der Einlagen in einen Renovationsfonds [21]). Der Diskontierungssatz wird am besten ausgehend vom Zinssatz für risikofreie Alternativanlagen wie z.B. Bundesobligationen festgelegt (Opportunitätskostenprinzip) und durch einen Zuschlag für das allgemeine Liegenschaftenrisiko (z.B. Illiquidität), einen für das spezifische Risiko der fraglichen Liegenschaft (z.B. Alter, Lage, Mieterstruktur usw.) sowie einen Abschlag für den Geldentwertungsschutz von Liegenschaften angepasst. Die dynamische Ertragswertmethode stellt ein finanztheoretisch abgesichertes und in der betrieblichen Investitionswirtschaft weit verbreitetes Verfahren dar, das bereits aus der Unternehmensbewertung bekannt ist und dort auch in der Schweiz immer grössere Anwendung findet. Die Vorteile dieser Methode sind insbesondere die Abstützung auf explizite Prognosen der Ein- und Auszahlungsströme (bei Mietobjekten mit langfristigen Verträgen sind diese relativ genau abschätzbar), die dadurch berücksichtigten Marktverhältnisse sowie die starke Zukunftsorientierung. Nachteilig wirken sich höchstens der relativ grosse Analyseund Zeitaufwand sowie eine gewisse Subjektivität in den Prognosen der Mieteinnahmenüberschüsse und in den Annahmen bezüglich des Diskontierungssatzes aus [22]. Der Schweizer Treuhänder 3/01

Weil die dynamische Ertragswertmethode ein nutzenorientiertes Verfahren darstellt, eignet sie sich besonders für die Bewertung von Mietwohnhäusern, von Geschäftshäusern und auch von vermieteten Industrieobjekten, mithin von sogenannten Renditeliegenschaften, die nicht für die (vollumfängliche oder teilweise) Eigennutzung sondern in der Absicht gehalten werden, daraus Vermögenserträge zu erzielen. Hingegen ist sie nicht sehr sinnvoll bei der Wertbestimmung von Einfamilienhäusern oder anderen selbstgenutzten Liegenschaften, da diese keinen Ertrag abwerfen [23].

3. Relevante Rechnungslegungsstandards 3.1 International Accounting Standards (IAS) Im Rahmen der Rechnungslegung nach IAS haben Immobiliengesellschaften IAS 16 (Sachanlagen) sowie IAS 40 (Investment Property) zu berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass IAS 40 erst auf Abschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden ist, die am 1. Januar 2001 oder später beginnen. Nach Einführung von IAS 40 wird die Richtlinie über die langfristigen Finanzinvestitionen (IAS 25) ausser Kraft gesetzt. Als Investment Properties (Renditeliegenschaften) gelten Immobilien (Land

aus betrieblichen Gründen genutzt wird (z.B. Räumlichkeiten für die Administration der Immobiliengesellschaft) und der Rest dieser Anlage als Renditeliegenschaft gehalten wird (gemischte Nutzung gemäss IAS 40.8), sollte diese Investition für die Rechnungslegung möglichst «geteilt» werden und der betrieblich genutzte Teil nach den Bestimmungen von IAS 16 bilanziert und bewertet werden. Im Rahmen der Bewertung von Investment Properties ist zwischen einer Erstbewertung (initial measurement) und einer Folgebewertung (measurement subsequent to initial recognition) zu unterscheiden. Im ersten Fall sollten als Bilanzwert die Anschaffungs- oder Herstellkosten verwendet werden. Bei einem Erwerb der Immobilie von Dritten dürfen neben dem Kaufpreis auch Nebenkosten, die direkt mit dem Erwerbsgeschäft in Beziehung stehen (z.B. die Handänderungssteuer), aktiviert werden (IAS 40.17 ff.). Ebenfalls als Aktivum zu bilanzieren sind die nachträglich entstandenen wertvermehrenden Aufwendungen (IAS 40.22). Interessant ist die Folgebewertung von Investment Properties. Im Sinne eines Wahlrechtes erlaubt IAS 40.24 zwei unterschiedliche Vorgehensweisen, wobei aus Gründen der Einheitlichkeit innerhalb einer Unternehmung alle Immobilien nach dem gleichen Verfahren zu bewerten sind (als Ausnahme von dieser Regel gilt IAS 40.47). Die Immobilien dürfen zu Marktwerten (fair value model) oder zu historischen Wer-

«Im Rahmen der Rechnungslegung nach IAS haben Immobiliengesellschaften IAS 16 (Sachanlagen) sowie IAS 40 (Investment Property) zu berücksichtigen.» und/oder Gebäude), die zwecks Generierung von Zinserträgen an Dritte vermietet werden oder deren Sinn in der Erzielung einer Wertsteigerung liegt. IAS 40.6 ff. definiert umfassend, welche Grundvermögen als Investment Properties gelten und welche Anlagen nicht unter die Bestimmungen von IAS 40 fallen. Falls ein Teil einer Immobilie

ten abzüglich der betriebswirtschaftlich notwendigen Abschreibungen (cost model) bilanziert werden. Im Falle einer Anwendung der letzteren Methode verweist IAS 40.50 auf die Benchmarkmethode in IAS 16.29. Dabei handelt es sich um die klassische Wertbestimmung mit entsprechenden Abschreibungen. Allerdings ist zu be221

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rücksichtigen, dass Grundstücke, im Gegensatz zu Gebäuden, keinem laufenden Wertverzehr unterliegen und folglich auch nicht regelmässig abgeschrieben werden müssen (IAS 16.47). Die angewandte Abschreibungsmethode sowie die festgelegte Nutzungsdauer sind im Anhang darzulegen. Bei Anwendung der Benchmarkmethode sind zudem zwingend die Offenlegungsvorschriften in IAS 40.69 zu beachten. Als Haupterfordernis gilt zweifelsohne die Bestimmung, die fair values der Immobilien bei einer Bilanzierung zu historischen Werten im Anhang auszuweisen. Im Falle einer Bewertung und Bilanzierung der Immobilien zu Marktwerten sind die Erfordernisse von IAS 40.27 ff. zu berücksichtigen. Die Richtlinie enthält umfassende Bestimmungen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um von Marktwerten sprechen zu können. Empfohlen wird in IAS 40.26 der Beizug eines qualifizierten unabhängigen Schätzungsexperten. Interessant ist die Konstellation, bei der kein objektiv gültiger fair value bestimmt werden kann. Dies ist u.a. denkbar, falls keine vergleichbaren Transaktionen ermittelt werden können und alternative Schätzungen der Marktwerte nicht verfügbar sind. In diesem Falle ist laut IAS 40.47 die Benchmarkmethode aus IAS 16 anzuwenden. Bei einer Bewertung zu Marktwerten sind die laufend eintretenden Wertänderungen der Immobilien in der Erfolgsrechnung und damit erfolgswirksam auszuweisen (IAS 40.27). Eine erfolgsneutrale Verbuchung der Zu- oder Abnahmen im Wert der Investment Properties über das Eigenkapital wird von IAS 40 nicht gestattet. Zentral sind ausserdem die Bestimmungen über die Offenlegung weiterer Angaben im Anhang. So ist u. a. anzugeben, welche Methoden und wesentlichen Annahmen der Bestimmung der Marktwerte zugrunde liegen, ob der Wert der Immobilien von einem qualifizierten und unabhängigen Schätzungsexperten bestimmt wurde und ob die Veräusserung einzelner Immobilien auf erhöhte Schwierigkeiten stossen könnte (IAS 40.66). Ausserdem sind weitergehende Angaben notwendig, falls Marktwerte 222

für einzelne Immobilien nicht bestimmt werden konnten (IAS 40.68).

3.2 Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (FER) Relevanz in bezug auf die Bewertung von Anlagevermögen in der Jahresrechnung besitzen FER 5 (Bewertungsrichtlinien für die Konzernrechnung) sowie insbesondere FER 18 (Sachanlagen). Dabei ist zu berücksichtigen, dass FER 18 erst kürzlich in Kraft gesetzt wurde und, analog IAS 40, erst in Jahresabschlüsse für Geschäftsjahre beginnend am 1. Januar 2001 oder später berücksichtigt werden muss. Gemäss FER 5/2 kommen als Bewertungsgrundlage einerseits historische Werte (Anschaffungs- und Herstellwerte) und andererseits aktuelle Werte in Frage. Das im Sinne der Vorsicht häufig angewandte Niederstwertprinzip spielt für Immobilien insofern keine Rolle, als FER 3/14 dieses Prinzip nur in bezug auf Vorräte und angefangene Arbeiten erwähnt. Im weiteren ist laut FER 5/1 die Einheitlichkeit und Stetigkeit der Bewertung sicherzustellen. Selbstverständlich sind die Bewertungsgrundsätze im Anhang offenzulegen (FER 5/6). FER 18/2 verlangt den separaten Ausweis von Grundstücken und Bauten in der Bilanz oder im Anhang. Auch hier ist zwischen einer Erstbewertung (initial recognition) und einer Folgebewertung (subsequent measurement) zu unterscheiden. Während im Falle der Erstbewertung ausschliesslich Anschaffungs- oder Herstellwerte zur Anwendung gelangen, können bei Folgebewertungen, als Alternative, in der Konzernbilanz auch aktuelle Werte verwendet werden. Zentrale Bedeutung besitzt für Immobilien insbesondere FER 18/14, welche sich auf Sachanlagen bezieht, die ausschliesslich zu Renditezwecken gehalten werden (u. a. auch Wohnhäuser). Diese sind bei Folgebewertungen zum aktuellen Wert oder zum Anschaffungswert auszuweisen. Der aktuelle Wert kann dabei mittels einer Vergleichswertmethode oder mittels Diskontierung zukünftiger Erträge oder

Geldflüsse (cash flows) geschätzt werden. Bedeutsam ist im weiteren FER 18/13, wonach bei einer Bewertung zu aktuellen Werten jeweils der Grundsatz der Einzelbewertung gilt. Aufwertungen im Vergleich zu den Anschaffungskosten sind erfolgsneutral als Neubewertungsreserven im Eigenkapital (revaluation reserve) zu erfassen (FER 18/13). Somit besteht bezüglich dieses Sachverhaltes ein wesentlicher Widerspruch zu IAS 40, wo bekanntlich ein Ausweis der Wertveränderungen in der Erfolgsrechnung verlangt wird. Allerdings werden künftig die Normen über die Wertbeeinträchtigung (FER 20 Impairment) zu beachten sein. Die FER hat nachdem der definitive Wortlaut von IAS 40 feststand, FER 18 durch Schaffung eines Wahlrechtes angepasst, um auch ein IASkonformes Vorgehen zu ermöglichen. Hat ein Unternehmen für den erfolgsneutralen Ausweis von Aufwertungen optiert, sind allfällige Abwertungen, solange der Saldo des Kontos Neubewertungsreserven positiv ist, ebenfalls erfolgsneutral zu erfassen. Falls der erwähnte Saldo jedoch Null beträgt oder falls die aktuellen Werte bereits tiefer als die Anschaffungskosten sind, müssen die notwendigen Wertberichtigungen erfolgswirksam als Abschreibungen dem Periodenergebnis belastet werden. Allfällige spätere (Wieder-) Aufwertungen können in diesem Falle bis zum Betrage der Anschaffungskosten erfolgswirksam verbucht werden. Weitergehende Wertsteigerungen sind wiederum erfolgsneutral über das Eigenkapital zu verbuchen. Die Neubewertungsreserven können beim Verkauf einer Sachanlage erfolgswirksam aufgelöst oder direkt in den Gewinnreserven erfasst werden (FER 18/13). Im weiteren darf man bei entsprechendem Unterhalt von Sachanlagen zu Renditezwecken auf Abschreibungen verzichten, falls diese Sachanlagen zu aktuellen Werten in der Jahresrechnung erfasst sind (FER 18/14). Denn mit diesem Unterhalt (und anderen Massnahmen) wird sichergestellt, dass eine Vermietung zumindest auf dem aktuellen Niveau realistisch bleibt. In bezug auf die Darstellung im Sachanlagespiegel sind FER 18/16ff. zu berücksichtigen. Ausserdem sind bei Bewertungen zu aktuellen Werten die BewertungsDer Schweizer Treuhänder 3/01

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grundlagen und -grundsätze im Anhang offenzulegen (FER 18/19).

4. Ein Blick in die Praxis Praxis und Trends der Rechnungslegung von Immobiliengesellschaften in der Schweiz wurden auf der Basis der Geschäftsberichte für 1998 oder 1999 (je nach Verfügbarkeit zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieses Artikels) der folgenden Schweizer Immobiliengesellschaften analysiert:

nur dort massgebend, wo sie tiefer sind als die, um die Abschreibungen korrigierten, Anschaffungs- oder Herstellkosten. Die Marktwerte basieren auf den nicht diskontierten Nettoerträgen (bzw. den nicht diskontierten Ertragswerten bei Shopping Centers) der einzelnen Objekte oder den zu erwartenden Verkaufserlösen. Die Gebäude werden linear über eine geschätzte Nutzungsdauer von 50 Jahren abgeschrieben. Da bisher auf die Angabe von Marktwerten verzichtet wurde, führt die erstmalige Anwendung von

Gesellschaft

angewandter Rechnungslegungsstandard

Intershop

IAS

Maag

FER

Züblin

FER

Warteck Invest

FER

PAX-Anlage

Kotierungsreglement (FER)

Mit Ausnahme der Intershop bilanzieren alle Gesellschaften ihre Immobilienanlagen zu aktuellen Werten. Dabei wird ausgegangen u.a. von: • Ertragswerten aufgrund kapitalisierter Nettomietzinsen oder • erwarteten Verkaufserlösen. Selbstverständlich sind leicht unterschiedliche Vorgehensweisen anzutreffen, obwohl das angewandte Grundkonzept zur Wertbestimmung häufig übereinstimmt. In der Regel wird auf die Hilfe eines unabhängigen Schätzungsexperten zurückgegriffen, um die Verlässlichkeit und Aussagekraft der Zahlen zu erhöhen. Leider geben die Immobiliengesellschaften nur selten die verwendeten Kapitalisierungszinssätze bekannt. Da der Wert einer Immobilie äusserst sensitiv auf Veränderungen des Diskontsatzes reagiert, wären etwas umfassendere Informationen wünschenswert. Wertänderungen von Immobilien werden meist erfolgsneutral über das Eigenkapital verbucht (z.B. Konto Neubewertungsreserven); vereinzelt wird diese Differenz in der Erfolgsrechnung erfasst. Intershop verwendet u.a. das Niederstwertprinzip. Marktwerte sind folglich Der Schweizer Treuhänder 3/01

IAS 40 sicherlich zu einer erhöhten Transparenz in der Rechnungslegung dieser Gesellschaft. Positiv zu würdigen sind im weiteren die oftmals detaillierten Informationen im Inventar der Immobilien, wo in einzelnen Fällen jede einzelne Liegenschaft mit der entsprechenden Adresse aufgeführt ist. Dies ermöglicht es bei-

zierung zu historischen Werten zu registrieren. Auch die Analyse der Entwicklung in den Rechnungslegungsstandards untermauert diese Beobachtung. Die neue FER 18 (Sachanlagen) beinhaltet neben den zahlreichen Bestimmungen, die massgeblich zur Steigerung der Transparenz der Rechnungslegung von Immobiliengesellschaften beitragen werden, auch die Möglichkeit, Sachanlagen zu aktuellen Werten auszuweisen, sofern diese zu Renditezwecken gehalten werden. Und die Richtlinie IAS 40, die auf die Behandlung der sogenannten Investment Properties abzielt, verlangt sogar, dass die Marktwerte der Immobilien zumindest im Anhang ausgewiesen werden, falls diese nicht bereits zu fair values bilanziert wurden (also vergleichbar mit den Empfehlungen von FER 14 für die Konzernrechnung von Versicherungsunternehmen). Im Lichte einer investororientierten Berichterstattung ist die Bilanzierung zu aktuellen Werten zweifelsohne ein ansprechendes und erfreuliches Vorgehen. In der Praxis existiert eine breite Palette von Methoden, um den aktuellen Wert von Immobilien zu bestimmen. Behauptet haben sich v. a. die Vergleichswertmethode, die Ertragswertmethode sowie die hedonistische Methode.

«Der Trend in der Immobilienbranche zeigt deutlich in Richtung Bewertung zu aktuellen Werten.» spielsweise dem Bilanzleser, mögliche Klumpenrisiken (nach geographischer Konzentration oder nach Immobilienklasse) im Investitionsportfeuille zu erkennen.

5. Schlussfolgerungen Der Trend in der Immobilienbranche zeigt deutlich in Richtung Bewertung zu aktuellen Werten. Dies zeigt auch der Vergleich von fünf Immobiliengesellschaften. De facto ist eine weitgehende Verabschiedung von der Bilan-

Bei der Wahl der Methode sollten Aspekte wie die Genauigkeit der Schätzung, die Qualität der verfügbaren Daten sowie das Kosten-Nutzen-Verhältnis berücksichtigt werden. Gerade die hedonistische Methode kann bei einem genügend grossen und qualitativen Datensatz mit verhältnismässig geringem Aufwand angewendet werden und führt häufig zu zuverlässigen Werten. Aus diesem Grunde sollte sie bei Immobilienbewertungen gemäss FER, neben der Ertragswertmethode und der Vergleichswertmethode, ebenfalls zugelassen werden. 223

RECHNUNGSWESEN Giorgio Behr, Rechnungslegung und Bewertung von Immobiliengesellschaften

Im Sinne einer umfassenden Berichterstattung sollten des weiteren die angewandten Bewertungsmethoden sowie ein Inventar aller sich im Portefeuille befindlichen Immobilien im Anhang offengelegt werden. Immobiliengesellschaften die eine solche Bewertungsund Offenlegungspolitik verfolgen, befinden sich zweifelsohne im Wettbewerb um die Gunst der Anleger in einer guten Ausgangslage.

Anmerkungen 1 Vgl. Suter/Eckert, 2000, 25. 2 Vgl. Staehelin, 1998, 170. 3 Vgl. Arnold, 1999, 11f.

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Vgl. Suter, 1995a, 73. Vgl. Engelbrecht, 1998, 223ff. Vgl. Suter/Eckert, 2000, 25. Vgl. Arnold, 1999, 16f. Vgl. Bischoff, 1996, 107. Vgl. Staehelin, 1998, 168f. Vgl. Arnold, 1999, 21. Vgl. Staehelin, 1998, 168 und Bischoff, 1996, 53. 12 Vgl. www.iazi.ch/iaziwebde/DE/methedo.htm (Informations- und Ausbildungszentrum für Immobilien). 13 Vgl. Arnold, 1999, 22. Ein Rechenbeispiel zu einer solchen Formel findet sich bei Arnet, 1997, 5. 14 Vgl. www.iazi.ch/iaziwebde/DE/methedo.htm. Beispiele für sehr verschiedene zu berücksichtigende Eigenschaften finden sich auf der Internetseite www.zkb.ch unter Wohnen/Immobilien: Checkliste Standort und Umgebung des Gebäudes.

15 Vgl. www.iazi.ch/iaziwebde/DE/principavan. htm. 16 Eine solche zentrale Datenstelle bildet z.B. das Informations- und Ausbildungszentrum für Immobilien (IAZI). Unter www.iazi.ch/ online/De/default.asp?SITE_ID=IAZI besteht sogar die Möglichkeit, selber OnlineBewertungen für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen durchzuführen, die auf der hedonistischen Methode beruhen. 17 Vgl. Suter, 1995b, 95. 18 Vgl. Suter, 1995b, 96 und Lusht, 1997, 292ff. 19 Vgl. Staehelin, 1998, 171ff. 20 Vgl. FN 20. 21 Das Leerstandsrisiko sowie die Einlagen in ein Renovationsfonds werden häufig als Prozentsatz der Brutto-Mieteinnahmen ausgedrückt. 22 Vgl. Arnold, 1999, 40. 23 Vgl. Bischoff, 1996, 81 und Petersen, 1996, 57.

RESUME

Présentation des comptes et évaluation des sociétés immobilières Depuis plusieurs années, on constate une importance accrue des sociétés immobilières; ce phénomène est dû notamment au «spin-off» des portefeuilles immobiliers de grandes sociétés dans des sociétés immobilières indépendantes ainsi qu’à l’apparition d’instruments de placements immobiliers indirects. L’évolution vers des placements immobiliers à l’aide de vecteurs financiers comporte plusieurs avantages pour les sociétés tels qu’une liquidité accrue, la suppression des coûts d’entretien et de gestion d’immeubles, un risque amoindri ou une optimisation de la charge fiscale. Une situation de concurrence accrue pour acquérir de nouveaux investisseurs pousse les sociétés immobilières à se professionnaliser dans les domaines de l’évaluation de leurs portefeuilles immobiliers, d’une part et de leur système de rapportage d’autre part. La tendance actuelle pour l’évaluation des immeubles va clairement vers une évaluation à la valeur vénale, l’évaluation aux coûts historiques de224

venant de plus en plus obsolète et caduque. Cette tendance se confirme aussi bien dans les pratiques comptables des sociétés que dans l’adoption des nouvelles normes comptables tels les RPC ou les IAS. Ainsi, depuis le 1er janvier 2001, la norme RPC 18 (immobilisations corporelles) permet d’évaluer des immeubles détenus à des fins de rendement à leur valeur vénale. La norme IAS 40 demande même que la valeur de marché soit au moins mentionnée dans l’annexe aux comptes si les immeubles ne sont pas déjà portés au bilan à leur valeur actuelle (fair value). D’un point de vue de la présentation des comptes pour les investisseurs, l’introduction des valeurs actuelles pour les immobilisations corporelles représente certainement un atout majeur. Selon les RPC, la valeur actuelle peut être déterminée à l’aide de deux méthodes différentes, soit l’évaluation en fonction d’une valeur comparative ou en fonction du rendement de l’immeuble. En pratique, une troisième

méthode, l’évaluation par régression à facteurs multiples, trouve son application. Cette dernière fournit généralement des approximations suffisamment fiables des valeurs d’immeubles, à condition que l’on dispose d’un nombre suffisant de données. Suite à son application répandue dans la pratique, et en raison de la fiabilité relative de cette méthode, la norme RPC 18 devrait être élargie afin de tenir compte de cette troisième pratique d’évaluation. Afin d’avoir une présentation des comptes la plus complète et la plus objective possible, l’annexe aux comptes devrait contenir une description exhaustive des méthodes d’évaluation appliquées, ainsi qu’une liste des immeubles contenus dans le portefeuille de la société. La mise en place des nouvelles méthodes d’évaluation de biens immobiliers ainsi que la présentation des comptes axée sur les besoins des investisseurs vont très certainement améliorer la position concurrentielle des sociétés immobilières sur les marchés financiers. GB L’Expert-comptable suisse 3/01

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