Reader
zur
Genderfortbildung: - die "Basics" -
1. März 2012 Initiative zur sozialen Rehabilitation
Fassung für die männlichen Teilnehmenden
Humboldtstraße 19
28203 Bremen
0421-75748
Kommunikations-Training
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Übersicht:
Seite
1.
Hintergründiges
3
2.
Körpersprachliche Signale der Macht
5
3.
Aus dem Vokabular der Körpersprache
6
4.
Körperstrategien:
8
Wenn zwei das Gleiche tun, ist's noch lange nicht dasselbe
5.
"Genderlekte"
10
Kulturelle und sprachliche Geschlechtsdifferenzen
6.
Geschlechtsspezifische Lektionen
11
7.
Gesprächsstile
12
8.
So läuft das "hardball-Spiel"
13
Habituelle männliche Verhaltensmuster und Einstellungen
9.
Geheime Regeln, an die Männer sich unbewusst halten
14
10. Grenzen setzen, Nein sagen: auch ein Gender-Thema?! 15
Kommunikations-Training
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Hintergründiges (für an Gendergerechtigkeit interessierte Männer) 1.
Das Spiel, das gespielt wird, ist hardball. Ob man es positiv oder negativ bewerten, es ist einfach so. Wer die - unausgesprochenen - Regeln nicht kennt, versteht und einhält, landet im Abseits.
2.
Männer haben (vom Muster her gesehen) die Spielregeln drauf. Sie haben sie nämlich von Kindesbeinen an gelernt und verinnerlicht. Männer kennen kein anderes Spiel. Wenn sie auf dem Spielfeld sind, spielen sie... hardball. (Und das macht ihnen - meistens - Spaß!) Frauen haben die Spielregeln eines anderes Spiels verinnerlicht: Puppenmutter spielen. Doch das ist nicht das Spiel, das im beruflichen Kontext gespielt wird. Das bedeutet: Frauen spielen in einem Spiel, dessen Regeln ihnen nicht vertraut sind, das sie nie gelernt haben und das sie zudem - meist - nicht mögen. Es ist ein (weit verbreiteter) Irrglauben, es sei eine Frage der eigenen Entscheidung, ob eine Frau (z.B. in einer Führungsposition) mitspielt oder nicht. Frauen sind nicht draußen, sie sind im Spiel, zwar am Rand, aber sie sind drin! Sie können nicht nicht mitspielen! Auch wenn sie die Spielregeln nicht durchblicken, nicht gelernt haben und auch nicht lernen wollen: Sie spielen trotzdem mit - nur sehr schlecht, sehr unbefriedigend, sehr ineffektiv.
3.
Egal, wie gut und tüchtig jemand ist und wie sehr sich jemand anstrengt: Was letztlich zählt, ist nicht (!!) die Leistung. Das gilt es besonders für Frauen zu verstehen, denn sie gehen i.d.R. von dieser stillen, unbewussten (aber eben irrigen) Grundannahme aus, dass es letztlich die Leistung ist, die zählt. Frauen starten nicht als Gleiche unter Gleichen. Ihre Ausgangsposition als Frau ist immer schlechter als die eines Mannes. Je weiter Frauen nach oben kommen oder kommen wollen, desto mehr werden sie die machtvolle Wirkung der ihnen immer den nachrangigen Platz zuweisenden Spielregeln zu spüren bekommen. Ein höherer Rangplatz wird Frauen nie (!!) ohne Weiteres oder ohne "Bestrafung" zugebilligt. Selbst wenn Frauen alles gleich und gleichberechtigt erscheint, selbst wenn in einer Situation einmal Gleichheit hergestellt zu sein scheint: Auf der körpersprachlichen Ebene gibt es (noch lange) keine Gleichheit. Körpersprachlich sind Frauen allemal das rangniedrigere Geschlecht. In der zum Spiel gehörenden Rangelei um "Wer ist oben, wer ist unten?" sind Frauen - körpersprachlich gesehen erst einmal immer unten, auch wenn sie auf gleicher Hierarchie-Stufe mit dem Mann stehen, auch wenn sie hierarchisch über dem Mann stehen! Per doing gender stellen wir alle (Frauen wie Männer) ständig unbewusst und ohne Absicht dieses hierarchische Verhältnis in der Körpersprache her.
4.
Jede Frau wird bei Auftritten zuerst als Frau gesehen. Frauen können das nicht verhindern, sondern nur hinnehmen. Weiblichkeit und Hochleistung lassen sich in den Köpfen der Zuhörenden (noch immer) nicht in Zusammenhang bringen. Es gibt (noch) keine Frauenstereotype, wo sich problemlos Hochleistung und Führungspotenzial mit Weiblichkeit verbinden. Und noch weniger leicht verbinden sich Weiblichkeit und Macht in den Köpfen von Menschen (Männern wie Frauen) miteinander. Macht wird männlich gedacht.
Kommunikations-Training
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5.
Fachliche Arbeit muss verkauft werden! Und das Selbst muss präsentiert werden. So ist das Spiel. So geht das Spiel. Das wissen Männer, das können sie, das tun sie (mehr oder weniger gut). Frauen tun sich schwer damit, denn im Weiblichkeitsskript ist Selbstdarstellung, Leistung herausstreichen nicht vorgesehen. Doch wer nicht selbst dafür sorgt, dass er oder sie und die Arbeit, die er oder sie macht, ins rechte Licht gerückt werden, wird nicht gesehen geschweige denn belohnt. Bescheidenheit, Fairness, Rücksichtnahme sind wertvolle Tugenden und in vielen Situationen genau das, was gebraucht und geschätzt wird. In vielen Situationen, aber nicht mitten im hardball-Spiel. Hier geht's nur um eines: gewinnen.
6.
Was für Frauen letztlich zählt, ist, dass sie so gekonnt und geschickt wie möglich unter strikter Beachtung der Spielregeln mitspielen ... Spielregeln ändern sich nicht, indem Frauen nicht richtig mitspielen, am Rand des Spielfelds auf- und abgehen und den Mitspielenden zu verstehen geben oder zu erklären versuchen, dass sie das Spiel unmöglich finden. Wenn genügend Frauen mitmischen, wenn genügend Frauen oben sind, wenn genügend Frauen oberste Machtpositionen bekleiden, wenn es völlig normal ist, eine Frau als Vorgesetzte zu haben, wenn Männer sich daran gewöhnt haben, von einer Frau geführt zu werden..., dann werden sich die Spielregeln verändern, dann können die Spielregeln verändert werden. Und dass die Spielregeln geändert werden müssen, streitet heute niemand mehr ab. "Frauen führen besser" ist mehr als ein plakativer Titel für Aufsätze über die Führungsstärken von Frauen und die Notwendigkeit neuer Spielregeln im Management.
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Körpersprachliche Signale der Macht
Unterbrechen Gesicht ernst, strenger Blick, „steinern“
Gesenkte Stimme
Kopf erhoben, Blick geradeaus
Vertraute Anrede Berühren (z.B. Schulterklopfen)
Erhöhte Position (auf andere herabsehend)
MACHT (Status, Dominanz)
Hochgehaltenes Spitzdach mit den Händen
Anstarren Hochgerecktes Kinn
Sich jovial zurücklehnen, Lässig, Hände in den Nacken Sich groß und breit machen
Blick abschweifen lassen ( visuell ignorieren) Mit dem Finger zeigen
Zuneigen, sich nach vorne beugen (in den Raum des anderen eindringen)
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Aus dem Vokabular der Körpersprache Bereich (typische) Signale
Bedeutung (oft und/oder je nach Kontext!)
Mimik:
erhobene Augenbrauen
Arroganz, Besserwisserei
zusammengekniffene Augen
Unlust
starrer Blick
Unsicherheit
Rollen mit den Augen
Auflehnung/Ablehnung gegenüber Autorität
Klappern mit den Lidern
Unsicherheit
Zusammenpressen des Mundes
Reserviertheit
Mundwinkel nach oben
Tatkraft, Optimismus
Mundwinkel nach unten
Resignation, Ärger
einseitig verzogener Mund
Skepsis, Spott
Gestik: Hände in der Hüfte gestemmt
Autorität, Anordnung, Angriffslust; oder: Erstaunen, Ungläubigkeit, Entrüstung
geballte Faust Hände in den Schoß
Wut oder Angst abwartend
Schulterklopfen
sich überlegen fühlen
a) Spitzdach mit den Händen (eher tiefgehalten)
Abwehr, Verteidigung
b) Spitzdach mit den Händen (eher hochgehalten)
Nachdrücklichkeit, Zuspitzung; Dominanz-Geste: Selbstvertrauen; evt. überheblich, stolz, egoistisch
Hände reiben
Zufriedenheit über ein Ergebnis, leicht auch Schadenfreude, Selbstgefälligkeit; oder: Freude, Begeisterung
Hände vor die Brust gelegt
Bekenntnis, Beteuerung, subjektive Überzeugung
unruhige Hände
Nervosität, Angst, Abgelenkt-Sein
Hand vor den Mund
Unsicherheit, Skepsis
Kopf auf ein Hand stützen
Nachdenklichkeit
mit gestrecktem Zeigefinger auf's Gegenüber zeigen
Drohung, Machtgeste; Belehrung, Besserwisserei; Tadel;
gestreckter Zeigefinger - Unterarm senkrecht in die Höhe oder leicht nach hinten gekippt
Ausrufezeichen, "Merke!"
Hand am Gesicht; an Kinn, Bart; Kinn streichen
Nachdenklichkeit, Interessiertheit; auch: zurückhaltender Zweifel
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Haltung: seitlich herabhängende oder
"Nullstellung" der Körpersprache
mit vorn zusammengelegten Händen herunterhängende Arme sich hinlümmeln
Desinteresse, Überheblichkeit
geduckte Haltung/ Blicken ausweichen
Unterwerfungspose
Kopf geneigt
Eingeständnis, unterlegene Akzeptanz, resignierende Unterwerfung
sich klein/eng machen sich groß/breit machen
Unterlegenheit Überlegenheit
Hände auf dem Rücken
Ansprache, Verkündigung, Eröffnung; Autorität beanspruchen; Arroganz
Hand in der Hosentasche
ambivalent: gelöst, aber auch respektlos; meist: Verlegenheit totale Unsicherheit
beide Hände in den Taschen an die Decke sehen, womöglich noch mit verschränkten Armen
Trotz, Widerstand, Ablehnung, höchste Skepsis; auch: skeptische Nachdenklichkeit
Armbewegungen nach unten und/ oder Handflächen nach unten
eher negativ wertender Ausdruck
Armbewegungen nach oben und/ oder nach oben geöffnete Handflächen
eher positiv wertender Ausdruck Achtung! Subtile Ambivalenz, wenn nach unten gehende Bewegungen mit nach oben gerichteten Handflächen und umgekehrt!
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Körperstrategien: Wenn zwei das Gleiche tun, ist's noch lange nicht dasselbe Die Wirtschaft wird überwiegend von Männern geführt. An den Schaltzentralen der Macht sitzen Männer. Deshalb gelten dort die Regeln der männlichen Kultur. Der Schuss geht nach hinten los, wenn Frauen sich wie Männer benehmen (wollen). Denn Frauen werden in ihrem Verhalten nach Frauenregeln beurteilt und nicht nach denen der Männer. Für Frauen ist die Bandbreite akzeptablen Verhaltens gering. Es ist für Frauen immer eine Gratwanderung: Wie weit können sie gehen, ohne zu weit zu gehen?
Akzeptiert bei Männern:
Tun Frauen das,...
Möglichkeit für Frauen:
Frontaler Angriff, aggressiv, konkurrent
sind sie "Kampfhennen", "Ziegen", "Hexen".
Nicht nachgeben, aber auch nicht angreifen.
Anderen an die "Gurgel" gehen; mit gleicher Münze heimzahlen
verlieren sie mehr Punkte, als sie gewinnen.
Humor. Damit Wechsel von Angriff zu Spiel möglich. Strategisch geplanter Gegenangriff.
Anderen sagen, was sie tun sollen.
wird die andere Seite sich das nicht bieten lassen. sind sie "Frau Oberkuh".
Konsequent bleiben; sich nicht beirren lassen. Das ist der - mühselige Lernprozess.
Eigene Leistung herausstellen. Drang zum Erfolg zeigen.
sind sie "penetrant", "herrisch", "zu ehrgeizig"
Weitermachen, aber geschickter.
Verhalten:
Körpersprache: Füße auf den Tisch, ist das "unwürdig", verpönt Beine über die Stuhllehne, umgekehrt auf dem Stuhl sitzen
Andere, akzeptierte Gesten der Dominanz zeigen
Lautes Lachen
sind sie ordinär.
Lachen darf sie, aber bloß nicht zu laut?!?
Witze erzählen
sind sie aggressiv; sind sie eine Herausforderung, der sich Männer gewachsen zeigen müssen.
Vorsicht, wenn Sie einen Witz erzählen wollen.
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Gespreizte Schenkel
ist's eine "Anbietpose"; ist's burschikos/ordinär
Frauen berühren wird's verstanden als sexuelle (Dominanz-Gesten): Geste z.B. fröhlich den Po tätscheln, freundlich-herablassend auf Schulter klopfen, besitzergreifend Arm um Taille fassen
Vorsicht mit Kleidung, die sexuelle Signale senden könnte. Machen Sie sich so breit, wie's eben geht. Berühren Sie, wenn Sie "oben" sind, aber so, dass Sie nicht missverstanden werden können.
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Kulturelle und sprachliche Geschlechtsdifferenzen
"Genderlekte" Frauen neigen eher zu:
Männer neigen eher zu:
Weltbild: Menschen leben in einem Netzwerk von zwischenmenschlichen, gleichberechtigten Beziehungen
Weltbild: Menschen bekämpfen sich um des Status willen; es gibt nur RangPositionen in der Hierarchie.
Symmetrie, Gleichheit der Personen
Asymmetrie, Ungleichheit der Personen
Nähe herstellen, nach Bindung streben
Distanz aufbauen, nach Unabhängigkeit streben
Herstellen von Nähe durch Erzählen (z.B. von Gefühlsgeheimnissen); informelle Atmosphäre, wenig feste Regeln
Herstellen von Beziehungen durch "etwas zusammen machen", z.B. raufen, Fußball spielen; Sicherheit durch formelle Regeln
Verbundenheit demonstrieren; Übereinstimmung herstellen
Keine Unsicherheit erkennen lassen; Nicht-Übereinstimmung hervorheben
Streit ist bedrohlich, weil Netz in Gefahr. Streit kann sehr tief gehen.
Streit ist normal und gehört zum Alltag. Streit scheint oft weniger tief zu gehen; geringere Bedeutung
Statusziele werden unter dem Deckmantel von Bindung verfolgt.
Bindungsziele werden unter dem Deckmantel von Statuskämpfen verfolgt.
Gleichheit herstellen durch Sorgen für gleiche Zeitanteile der Aufmerksamkeit
Um den höchsten Zeitanteil der Aufmerksamkeit für sich selbst kämpfen
Bejahung des ganzen Menschen mit seinen auch sinnlichen, ästhetischen Bedürfnissen
Mensch wird vor allem in seinen Kämpfer-Kompetenzen gesehen (Muskeln oder Intellekt).
Hervorhebung von Einzelleistungen wird als das Netzwerk-gefährdend betrachtet.
Hervorhebung von Einzelleistungen ist wichtigstes Moment beim Statuserwerb.
Öffentliches Sprechen gefährdet durch Hervorhebung Einzelner das Netzwerk von Beziehungen.
Öffentliches Sprechen ist wichtig und notwendig, um Status zu sichern. Berichtssprache
Privates Sprechen dient dem Herstellen von Nähe, Bindung; Beziehungssprache
Privates Sprechen ist weniger wichtig; hat in der Regel keine statussichernde Funktion.
Leiten: gemeinsam unbeschadet durch's Leben gehen
Leiten durch Aufstellen von Visionen
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Geschlechtsspezifische Lektionen
Mädchen lernen:
Jungen lernen:
Puppenmutter spielen
Hardball spielen
Zu zweit spielen
In der Gruppe/Mannschaft spielen. Den Spielplan des Trainers befolgen.
Sich vertragen
Worum gespielt wird: Konkurrenz. Und das macht Spaß!
Konflikte, Selbstbehauptung, direkte Konfrontation sind zu meiden. Indirekte Methoden, mit Uneinigkeit klarzukommen (z.B. 3. Person einschalten, Andeutungen machen).
Aggressiv sein oder sich aggressiv gebärden.
Zu allen fair sein, so dass alle gewinnen.
Gewinnen ist alles. Um zu gewinnen, ist Mogeln erlaubt.
Das Spiel als gleichberechtigten Prozess erleben. Die Macht gleichmäßig verteilen.
Ein guter Team-Spieler sein, der seine Individualität und Unabhängigkeit zugunsten des Teams aufgibt.
Über Differenzen verhandeln. Entscheidungen durch Gruppenkonsens. Kooperieren.
Was der Trainer sagt, wird gemacht. Basta!
Flache Organisation.
Strukturelle Hierarchie. Ein Führer sein. (Üben der Führungsrolle)
Vervollkommnung der Details.
Zielorientiert bleiben. Wer auf dem Weg zum Ziel Chaos hinterlässt oder Leute umrennt: Das ist das Spiel. Mit Kritik und Lob umgehen.
D.h.: Zwischenmenschlich kompetent sein. Beziehungen mit anderen entwickeln und erhalten.
D.h.: Aggressivität, Wettbewerb und Gewinnen sind wichtiger als Beziehungen.
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Gesprächsstil Frauen:
Männer:
beziehungsorientiert
statusorientiert
sprechen, - um Kontakt, Nähe, Sympathie zu schaffen
sprechen, - um sich darzustellen - um herauszufinden, ob die/der andere überlegen bzw. unterlegen ist
harmonische Atmosphäre schaffen, Gespräch im Fluss halten: - Fragen stellen
Statusrangeleien: - widersprechen - lange Monologe halten - mit Sticheleien provozieren
viele Zuhör-Signale: - lächeln - hm; ja - Kopfnicken
keine Verbundenheitssignale: - einfach schweigend zuhören - wegsehen
auf gleiche Redezeit für alle achten
andere kleinmachen, um sich selbst ins Recht zu setzen
Merke! Es herrscht das männliche Prinzip: Wer nicht versucht, Überlegenheit zu demonstrieren, geht freiwillig in die Unterlegenheit. Der andere nimmt automatisch die Überlegenheitsrolle an!
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So läuft das "hardball-Spiel" Habituelle männliche Verhaltensmuster und Einstellungen
Männer beziehen sich auf Männer. Man(n) kennt sich, man(n) hilft sich. Frauen werden - unbewusst und gleichgültig, ob man(n) es will oder nicht letztlich nicht als ernst zu nehmende und als solche akzeptierte Mitspielerinnen oder Konkurrentinnen wahrgenommen. Das körpersprachliche Machtverhältnis wirkt im Verborgenen und lässt sich nicht per Wollen und Verstand einfach außer Kraft setzen. Jungs spielen lieber mit Jungs. Networking und Seilschaften sind selbstverständlich und das Natürlichste der Welt. Denn Kontakte sind wichtig. Also muss man(n) Verbündete, Mentoren und Sponsoren ständig suchen und kontaktieren. Beim Aufeinandertreffen wird als erstes die soziale Hierarchie festgelegt: Wer ist der Platzhirsch? Männer positionieren sich als Macher, mit Blick nach oben: Sie betonen Status und Erfolge. (Fleiß und Leistung sind keine "Güte"-Kriterien. Die Rolle "Fleißiges Lieschen" kennen Männer nicht.) Gewinnen ist alles, Macht etwas Tolles, Verantwortung ein zentraler Wert. Männer geben nicht zu, dass sie etwas nicht wissen oder verstehen. Deshalb können (!) sie auch nicht nachfragen. Männer fragen nicht nach dem Weg. Gesichtsverlust ist das Schlimmste und nicht zu ertragen. In großer Runde darf nur der "Big Boss" kritisieren - und das bedeutet: Der Kritisierte ist degradiert.
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Geheime Regeln, an die Männer sich unbewusst halten (zu halten scheinen) (...und worüber Frauen Bescheid wissen sollten):
Bezieh dich auf Männer. Orientier dich an Männern. Hilf dem anderen. Bleib unter Männern. Kümmere dich nicht weiter um die weiblichen Anwesenden. Suche Kontakte zu Verbündeten, Mentoren und Sponsoren und bleib ständig in Kontakt mit ihnen. Finde beim Aufeinandertreffen mit anderen immer zuerst still heraus, wer der Platzhirsch ist. Sieh zu, dass du es möglichst selber wirst. Zeig allen, dass du ein Macher-Typ bist und nach oben willst. Spiel immer auf Sieg. Sag sofort und ohne dir erst noch Bedenkzeit auszubitten ja, wenn dir eine Aufgabe mit mehr Verantwortung oder höherem Ansehen angeboten wird. Gib niemals zu, wenn oder dass du etwas nicht weißt oder verstehst. Frag nicht nach, sondern halte einfach den Mund. Lass andere immer ihr Gesicht wahren und hüte dich, jemanden zu kritisieren, wenn andere dabei sind. Das darf allein der Big Boss.
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Grenzen setzen, Nein sagen: (auch) ein Gender-Thema ?! ** "Du musst dich besser abgrenzen." "Wieso sagst du nicht einfach mal Nein?" "Das kannst du dir nicht gefallen lassen." "Da musst du endlich mal richtig durchgreifen." Wie oft bekommen Frauen so etwas zu hören?! Frauen, nicht Männer! Ja, Neinsagen ist ein Gender-Thema, d.h. es hat auch damit zu tun, dass und wie Frauen und Männer aufgrund ihrer Genderisierung unterschiedlich mit Fragen des Grenzensetzens und Neinsagens umgehen.** Frauen tun sich i.d.R. schwerer mit dem Neinsagen als Männer. Denn Frauen sind in ihrem Kommunikationsverhalten beziehungsorientiert (Männer dagegen statusorientiert). Und das bringt sehr wirkmächtige innere Verhaltensregeln mit sich. Frauen gehen von der stillen, unbewussten Annahme bzw. Befürchtung aus, ein Nein könne die Beziehung stören. Und das darf keinesfalls sein! Völlig verständlich also - aus Gendersicht - und keine Frage der Unfähigkeit, wenn sie es meiden. (Männer kennen diese Befürchtung nicht!). Frauen sind orientiert darauf, dass es im Kontakt mit anderen möglichst fair und harmonisch zugeht. Sie haben Angst vor Konflikten, wollen lieber keinen Ärger und schon gar nicht Ärger machen, sie scheuen die direkte Auseinandersetzung. Und sie haben nur indirekte Methoden der Konfrontation und der Aggressivität gelernt ("itzig" sein, jemanden bewusst übersehen oder übergehen, hinter'm Rücken tuscheln, etwas schlecht reden...). Ein Nein, ein "Bis hierher und nicht weiter!" ist für sie nichts Harmonisches; es bedeutet womöglich Auseinandersetzung und Konflikt. Also meiden sie es möglichst. Frauen wollen gemocht (Männer dagegen respektiert) werden und vermeiden möglichst alles, von dem sie meinen, sich damit unbeliebt zu machen. Dazu gehört allemal das Neinsagen. Frauen konzentrieren sich darauf, ein gutes Verhältnis zu ihrem KollegInnenkreis, zu Vorgesetzten, zu KundInnen usw. aufzubauen. Das können sie gut (und bekanntlich weit besser als Männer), das ist ehrenwert, das ist wichtig. Aber: Es ist nicht das Wichtigste im Wirtschaftsleben und im Führungs-Alltag. : Auseinandersetzungen, Streitgespräche, Lautwerden Frauen können nicht glauben, dass für Männer Schlagabtausche, kleinere und größere Streitgespräche, Lautwerden etwas völlig Normales und Unspektakuläres, jedenfalls nichts Schlimmes sind. Männer lieben den Tanz um Dominanz und Frauen müssen lernen, ihn mitzutanzen.
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Beispiel: Wenn Frauen mit jemandem (z.B. ihrem Chef) aneinander geraten sind und ein Gespräch nicht harmonisch, sondern im (vermeintlichen) Streit geendet hat, haben sie ein schlechtes Gefühl, dann befürchten sie Schlimmstes der Art: "Jetzt bin ich völlig unten durch. Der redet nicht mehr mit mir. Da kommt noch was nach. Der mag mich nicht mehr. Die Projektleitung kann ich jetzt vergessen... " Sie zittern der nächsten Begegnung entgegen und wundern sich, wenn nichts dergleichen passiert und der Chef oder Kollege ganz "normal" mit ihnen spricht und die Episode sogar schon völlig vergessen zu haben scheint. Egal, wie überzeugt Frauen von der Richtigkeit eines Neins sind, wie wild sie entschieden sind, sich abzugrenzen, wie gut sie vorbereitet sind und wissen, wie und wozu sie Nein sagen wollen: Nein sagen, sich abgrenzen ist ein Stressfaktor für Frauen - spürbar an ihren emotionalen Reaktionen vor, während und nach einer entsprechenden Situation: Herzklopfen, flaues Gefühl in der Magengegend, zittrige Knie, der Atem stockt... Und Achtung: Das hört nicht auf! Es wird weniger - manchmal, vielleicht, je nach Situation und Übung. Aber es hört nicht auf. Es ist eine "emotionale Begleiterscheinung", mit der Frauen immer rechnen müssen. Frauen können und müssen "nur" lernen, damit umzugehen und sich von dem schlechten Gefühl nicht irritieren und schon gar nicht vom Neinsagen abhalten zu lassen. Ein typischer großer unbewusster Fehler von Frauen ist nämlich die Annahme, dieses schlechte Gefühl dürfe nicht sein oder müsse erst verschwinden, bevor ein Nein als okay eingeschätzt werden kann. Aus der Grundangst heraus, womöglich nicht gemocht zu werden, neigen Frauen umgekehrt auch dazu, einer Ärger-Reaktion der anderen Seite eine zu große Bedeutung beizumessen. Aber nur weil z.B. der Chef sauer ist, dass seine Assistentin nicht bereit ist, schon wieder 2 Stunden länger zu bleiben und noch an einer Besprechung teilzunehmen, kündigt er ihr nicht gleich die Zusammenarbeit auf. Auf das Gender-Konto geht auch die große Bereitschaft von Frauen, in Verhandlungen oder bei Kontroversen sich selbst zurückzunehmen und der anderen Seite entgegenzukommen. Und dabei gehen Frauen von der stillen Erwartung aus, dass die andere Seite dann ihrerseits ihnen entgegenkommt und man sich in der Mitte trifft. Doch Vorsicht bei Entgegenkommen gegenüber Männern! Männer erleben das - eher - als Schwäche und nutzen das für sich aus, hauen womöglich noch drauf! Sie kommen nicht entgegen, sondern bleiben sofort stehen und warten ab, was sie noch "bekommen". Aus dem von der Frau angestrebten fairen Kompromiss von 50:50 wird ein unfairer von 75:25 zugunsten des Mannes.
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Anmerkung: Es geht um Muster. Muster sind Beschreibungen - ohne Bewertung. Aussagen über Geschlechtsstereotype sind nie Aussagen über Individuen, über die einzelne Frau oder den einzelnen Mann. Niemand entspricht 100% dem Muster. Nichtsdestotrotz gibt es das Muster.
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