Quo vadis, externe Rechnungslegung?
Quo vadis, externe Rechnungslegung? Mainz, den 31. Januar 2005 Rainer Elsner, WP/StB Dr. Jochen Pilhofer, CPA 1
31. Januar 2005
Gliederung 1. Globalisierung der Wirtschaft als Triebfeder der Beseitigung internationaler Rechnungslegungsdivergenzen 2. Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen international anerkannter Referenzsysteme 3. Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung (sog. “IFRS-Conversion”)
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Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Globalisierung der Wirtschaft Einstimmung (1) Bilanzierung aktuell im Brennpunkt des Interesses Ø Zusammenbruch von ENRON Ende 2001 Ø Bilanzierungsskandale u. a. von W ORLDCOM, COMROAD, XEROX, MERCK, QUEST, AOL TIME W ARNER Anfang 2002 ð Allgemeiner Vertrauensverlust in die externe Berichterstattung Ø Ruf der US-amerikanischen Rechnungslegungsnormen – bisher internationales Referenzsystem (sog. Benchmark) – stark angekratzt Ø Anstrengungen zur Wiedergewinnung des Vertrauens (Stichwort: „Sarbanes-Oxley Act“ vom 29. Juli 2002) Ø Vormarsch internationaler Rechnungslegungsnormen ð Internationale Rechnungslegung ist nicht mehr ausschließlich international ausgerichteten Unternehmen vorbehalten 3
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Globalisierung der Wirtschaft Einstimmung (2) Ø Externe Rechnungslegung als primäre Informationsverbindung zwischen Unternehmen und potenziellen Eigen- bzw. Fremdkapitalgebern ð „accounting is the language of business“ (Mueller/Gernon/Meek) Ø Globalisierung der Kapitalmärkte ð Markt verlangt international harmonisierte Rechnungslegungsgrundsätze (d. h. einheitliche ‚Sprache‘) U.S.- Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP)
Deutsches Bilanzrecht (HGB)
International Financial Reporting Standards (IFRS)
Paradigmenwechsel ?! 4
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Gliederung 1. Globalisierung der Wirtschaft als Triebfeder der Beseitigung internationaler Rechnungslegungsdivergenzen 2. Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen international anerkannter Referenzsysteme 3. Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung (sog. “IFRS-Conversion”)
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Referenzsysteme im internationalen Rechnungslegungsumfeld
Kontinentaleuropäisches Bilanzierungssystem
Anglo-amerikanisches Bilanzierungssystem
Vermittlung von kapitalmarktrelevanten Informationen
Gläubigerschutz
„Financial Accounting“ 6
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„Business Reporting“ 31. Januar 2005
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Begriffsdefinition US-GAAP (1) Ø Fülle einzelfallbezogener Rechnungslegungsnormen (Rechtssystem: case law) § „Kochrezeptcharakter“ § Gefahr: standards overload Ø Privatrechtliche Standardsetter: § Securities and Exchange Commission (SEC) § Financial Accounting Standards Board (FASB) § American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) Ø Welche US-amerikanischen Unternehmen beachten die US-GAAP? § Unternehmen, die Kapital an öffentlichen Kapitalmärkten aufnehmen § Unternehmen in regulierten Wirtschaftszweigen § Einige Unternehmen richten sich “freiwillig” nach US-GAAP 7
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Begriffsdefinition US-GAAP (2) Ausgewählte Kritikpunkte: Ø Inkonsistente Kasuistik, „Normendickicht“ (GREENBERG: „cloudy area of accounting“ z. B. in Bezug auf Gewinn-/Umsatzrealisation) Ø Rechnungslegung gerät in Gefahr, zu einem Suchen nach der jeweils passenden Regel in einem Papierberg zu degenerieren Ø „Scheingenauigkeit“ der einzelfallorientierten Normen, da auf Grund einer Vielzahl von nicht oder von nur ungenau definierten Begriffen in den Standards („unbestimmte Rechtsbegriffe“) einer Bilanzpolitik ebenso Tür und Tor geöffnet wird Ergebnis: è Umfassender geregelte US-amerikanische Normen sind nicht per definitionem den stärker auf Prinzipien gestützten HGB bzw. IFRSRechnungslegungsnormen überlegen, da Interpretations- und Gestaltungsspielräume nur partiell eingedämmt werden 8
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlage House of US-GAAP
Anmerkung: SABs gehören für SEC-gelistete Unternehmen zur Category (a) 9
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Begriffsdefinition IFRS (1) Ø IFRS = International Financial Reporting Standards früher: IAS = International Accounting Standards Ø Standardsetter: International Accounting Standards Board (IASB) früher: International Accounting Standards Committee (IASC) ð Privatrechtliche Vereinigung mit Sitz in London (internationale Besetzung) ð Reorganisation im Jahre 2001 ð Ziel: Erarbeitung weltweit anerkannter Rechnungslegungsnormen Ø IFRS sind im europäischen Raum bislang zulässig bzw. vorgeschrieben u. a. in: - Belgien - Tschechien - Deutschland - Finnland - Schweiz - Österreich - Portugal - Rumänien - Griechenland - (...) 10 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Begriffsdefinition IFRS (2) Ausgewählte Kritikpunkte: Ø Grobmaschiges Normensystem (stärker prinzipienorientiert als US-GAAP) ð bei Regelungslücken: Orientierung an den US-GAAP (abgeleitet aus IAS 1.20 ff., Framework sowie herrschender Literaturmeinung!) Ø Auf Grund der Interpretationsspielräume (und Regelungslücken) im IFRSNormensystem besteht jedoch Gefahr einer nationalen Interpretation („German IFRS“, „French IFRS“, „British IFRS“ usw.) Ø Kein internationaler „Persilschein“ ð SEC anerkennt für ein US-Börsenlisting an der New York Stock Exchange (NYSE) ausschließlich US-GAAP (zumindest ist eine sog. reconciliation von IFRS auf US-GAAP zwingend erforderlich) 11 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen House of IFRS
IFRS “Gap in GAAP” herrschende Meinung: Interpretation analog zu US-GAAP
IFRIC
SIC Standing Interpretations Committee
IFRS
IAS International Accounting Standards
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International Financial Reporting Interpretations Committee
International Financial Reporting Standards
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen International Accounting Standards Board (1) Ø Gegründet am 29. Juni 1973 in London Ø Privatrechtliche Organisation Ø Ziel: § Formulierung und Veröffentlichung von Rechnungslegungsgrundsätzen § Förderung der weltweiten Akzeptanz und Einhaltung der International Financial Reporting Standards (IFRS) § Verbesserung und Vereinheitlichung der Rechnungslegungsnormen Ø Organe: § Trustees (insgesamt 19 Treuhänder) § Board (insgesamt 14 Mitglieder) è „KERNSTÜCK“ § Standards Advisory Council (ca. 50 Mitglieder) § IFRIC (ca. 12 stimmberechtigte Mitglieder) 13 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen International Accounting Standards Board (2)
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Nominierungsverfahren des IASB („due process“) Aufnahme des Projektes in das Arbeitsprogramm Forschung, Abstimmung mit dem Framework Beratung mit dem Board Kommentierung durch die interessierte Öffentlichkeit
Draft Point Outline Point Outline Draft Statement of Principles (DSOP) Statement of Principles (SOP)
Beratung mit dem Board
Draft Exposure Draft
Diskussion/Überarbeitung durch den Board
Exposure Draft (ED)
Kommentierung durch die interessierte Öffentlichkeit
Proposed IFRS
Verabschiedung durch den Board
IFRS 15 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Kritik am HGB aus internationaler Sicht (1) Ø Erfolgsglättung durch Bildung und Auflösung von „stillen Reserven“ ð Unternehmenskrisen oftmals nur mit einem time-lag erkennbar Ø Existenz zu vieler Wahlrechte ð z. B. Geschäfts- oder Firmenwert, Bewertung des Vorratsvermögens Ø Verschleierung der tatsächlichen Ertragslage ð z. B. Aufwandsrückstellungen Ø Fehlende internationale Vergleichbarkeit ð z. B. geringere Offenlegungsanforderungen im Anhang 16 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Kritik am HGB aus internationaler Sicht (2) Ø Zu stark gläubigerorientiert (Vorsichtsprinzip) ð z. B. Teilgewinnrealisierung nur im Ausnahmefall Ø Abhängigkeit vom Steuerrecht ð Prinzip der Maßgeblichkeit, Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit Ø Wichtige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen sind explizit nicht geregelt ð z. B. Leasing Ø Geringer internationaler Bekanntheitsgrad ð Anforderungen einer ‚internationalen Sprache‘ nicht erfüllt 17 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Harmonisierungsprozesse in Deutschland (1) Ø Signalwirkung: Listing der Daimler-Benz AG im Herbst 1993 an der New York Stock Exchange (NYSE) Ø „Duale Jahresabschlüsse“ ab dem Geschäftsjahr 1994 von sog. global player (Deutsche Bank, Bayer, Schering, Heidelberger Zement u.a.) ð „Konzerne können nicht global handeln und provinziell bilanzieren“ Ø 10. März 1997: Gründung des Segments „Neuer Markt“ von der Deutschen Börse AG ð verschärfte Offenlegungsanforderungen (de facto US-GAAP oder IAS) Ø Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) vom 20. April 1998 ð Konzernabschluss nach US-GAAP bzw. IAS mit befreiender Wirkung (§ 292a HGB) 18 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Harmonisierungsprozesse in Deutschland (2) Ø Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. April 1998 ð Anpassung des deutschen Bilanzrechts an internationale Rahmenbedingungen (Stichworte: Kapitalflussrechnung, Segmentberichterstattung, DRSC) Ø Kapitalgesellschaften-und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) vom 16. Dezember 1999 ð Faktisch: Erweiterung des Anwendungsbereiches des KapAEG Ø EU-Ministerrat verabschiedete am 19. Juli 2002 eine EU-Verordnung, wonach alle kapitalmarktorientierten EU-Unternehmen ab 2005 verpflichtend nach IFRS bilanzieren müssen Ø Verabschiedung des Bilanzkontrollgesetzes (BilKoG) und des Bilanzrechtsreformgesetzes (BilReG) durch den BT am 29. Oktober 2004 19 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Harmonisierungsprozesse in Deutschland (3) 1993
1994
Beginn dualer Konzernabschlüsse (global player)
1997
1998
Gründung des Segments “Neuer Markt” von der Deutschen Börse AG
1999
Erweiterung des § 292 a HGB durch das KapCoRiLiG
Listing der Daimler-Benz AG an der NYSE
ð Folge: Paradigmenwechsel ?!? 20 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
2005
Verabschiedung BilKoG/BilReG
KapAEG: Einführung des § 292 a HGB KonTraG: Anpassung an internationale Rahmenbedingungen
IFRS-Abschlüsse für alle börsennotierten Unternehmen in der EU verpflichtend
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Bilanzierungspraxis im DAX 30 IFRS Ø adidas-Salomon Ø Allianz Ø Altana Ø Bayer Ø BMW Ø Commerzbank Ø Deutsche Börse Ø Deutsche Post Ø Henkel Ø HypoVereinsbank Ø Linde Ø Lufthansa Ø MAN Ø Metro
US-GAAP Ø Münchener Rückvers. Ø RWE Ø Schering Ø TUI Ø Volkswagen
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Ø BASF Ø Continental Ø DaimlerChrysler Ø Deutsche Bank Ø Deutsche Telekom Ø E.ON Ø Fresenius Medical Care Ø Infineon Technologies Ø SAP Ø Siemens Ø ThyssenKrupp
HGB Ø–
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Gründe für eine Umstellung auf US-GAAP bzw. IFRS Gründe für IFRS
Gründe für US-GAAP
Ø Ø Ø
Ø Ø
Ø Ø Ø
EU-Verordnung 2005/2007 Tendenziell mehr Wahlrechte Geringere Aufwendungen für Umstellung (Stichwort: IFRS 1) Europäischer Einfluss auf Entwicklung Tendenziell näher an HGBBilanzierung angelehnt In deutscher Sprache verfügbar (offizielle Übersetzung)
Prinzipienorientierte Standards (“principle-oriented”) 22 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
Ø Ø Ø
?
Zugang zum US-Kapitalmarkt Fülle an industriespezifischen Standards (!?) International hohe Akzeptanz (da hohe Qualität) Internationale Vergleichbarkeit Scharfe Kontrollen durch SEC
Detaillierte Standards (“case by case”)
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Auswirkungen einer Umstellung auf US-GAAP bzw. IFRS (1) Ø Ergebniseffekt der Umstellung ist aufgrund diametraler Effekte nicht vorhersehbar ð Achtung: Ergebnisse sind nach US-GAAP bzw. IFRS nicht auf Dauer höher oder niedriger als nach HGB (lediglich temporäre Gewinnverschiebungen !) Ø Hauptumstellungseffekte (bezogen auf das Verhältnis zur Bilanzsumme) resultieren bei einer Umstellung im Regelfall aus einer Umbewertung a) der Pensionsrückstellungen; und b) des Sachanlagevermögens.
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Auswirkungen einer Umstellung auf US-GAAP bzw. IFRS (2) Ø Bewertung der Pensionsrückstellungen ð Effekt: ergebnis-/eigenkapitalmindernd (Berechnungsmethode nach § 6a EStG führt i. d. R. zu einer Unterbewertung der Pensionsrückstellungen) Ø Bewertung des Sachanlagevermögens ð Effekt: ergebnis-/eigenkapitalerhöhend (Ausnutzung steuerlicher Möglichkeiten bei den Abschreibungen führt i. d. R. zu einer Unterbewertung des Anlagevermögens; Möglichkeit einer Bewertung zum Marktpreis/Fair Value) ð Individuelle Abweichungsanalyse !
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Auswirkungen einer Umstellung auf US-GAAP bzw. IFRS (3) Ø Auswirkung auf Eigenkapital und Ergebnis durch Übergang von HGB-Bilanzierung auf internationale Rechnungslegungsgrundsätze:
? ð
Daimler Benz (US-GAAP): EK: +10 Mrd. DM (1997) und +8 Mrd. DM (1993) Ergebnis: ±0 (1997) und -2,5 Mrd. DM (1993) Deutsche Bank (IFRS): EK: +4,5 Mrd. DM (1994) und +6 Mrd. DM (1995)
?
Ergebnis: +355 Mio. DM (1994) und -75 Mio. DM (1995)
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? ? ?
?
ð
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Auswirkungen einer Umstellung auf US-GAAP bzw. IFRS (4) Ø Effekt aus der Höherbewertung der Pensionsrückstellungen (im Jahr der Umstellung): n n n n n n n
Bayer Hoechst Veba Schering Merck Heidelzement Dyckerhoff
DM 536 Mio. = DM 437 Mio. = DM 820 Mio. = DM 125 Mio. = DM 109 Mio. = DM 93 Mio. = DM 94 Mio. =
7,0% 7,2% 11,9% 7,9% 10,0% 27,3% 36,4%
(Prozentzahlen beziehen sich auf den Wert nach § 6a EStG) 26 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Auswirkungen einer Umstellung auf US-GAAP bzw. IFRS (5) Ø Effekt aus der Höherbewertung des Sachanlagevermögens (im Jahr der Umstellung): n n n n
Veba Merck Heidelzement Dyckerhoff
DM 2.127 Mio. = DM 422 Mio. = DM 878 Mio. = DM 573 Mio. =
8,5% 20,7% 70,2% 63,9%
(Prozentzahlen beziehen sich auf die bisher bilanzierten Buchwerte)
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen EU-Verordnung – Einleitung (1) Ø
Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards („EU-Verordnung 2005/2007“)
Ø
Ziel: “Gegenstand dieser Verordnung ist die Übernahme und Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards in der Gemeinschaft, mit dem Ziel, die von Gesellschaften im Sinne des Artikels 4 vorgelegten Finanzinformationen zu harmonisieren, um einen hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse und damit eine effiziente Funktionsweise des Kapitalmarkts in der Gemeinschaft und im Binnenmarkt sicherzustellen” (Artikel 1)
Ø
These: Die IFRS werden sich vor dem Hintergrund der EU-Verordnung zum weltweit wichtigsten Rechnungslegungssystem entwickeln
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen EU-Verordnung – Einleitung (2) Ø
Verpflichtende IFRS-Rechnungslegung für Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen mit Sitz in der EU für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen
Ø
Übergangsfrist bis 2007, falls §
US-GAAP Anwendung bereits im Geschäftsjahr vor der offiziellen Veröffentlichung der EU-Verordnung und Börsennotierung in einem Nichtmitgliedstaat der EU mit verpflichtender Anwendung von US-GAAP oder
§
lediglich Schuldtitel (sog. debt securities) zum Handel in einem geregelten Markt eines Mitgliedstaates zugelassen sind
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen EU-Verordnung – Anwendungsbereich (1) Ø
Der Anwendungsbereich wird in Artikel 4 und Artikel 5 definiert
Ø
Verpflichtende Anwendung (Artikel 4) versus optionale Anwendung (Artikel 5)
Ø
Verpflichtende Anwendung (Artikel 4): Konsolidierte Abschlüsse von börsennotierten Gesellschaften, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt eines Mitgliedstaates der EU gehandelt werden
Ø
Optionale Anwendung (Artikel 5): Konzernabschlüsse von nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften („Wahlrecht der Mitgliedsstaaten I“) und Einzelabschlüsse („Wahlrecht der Mitgliedsstaaten II“)
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen EU-Verordnung – Anwendungsbereich (2)
Konzernabschlüsse
Kapitalmarktorientierte Gesellschaften
Nicht kapitalmarktorientierte Gesellschaften
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Einzelabschlüsse
Verpflichtende Wahlrecht Anwendung der der IFRS Mitgliedsstaaten II Wahlrecht Wahlrecht der der Mitgliedsstaaten I Mitgliedsstaaten II
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen EU-Verordnung – Auswirkungen (1) Ø
Unter die „Initiative 2005“ fallen in Europa ca. 7000 Publikumsgesellschaften
Ø
Unter die erweiterte Übergangsfrist fallen ca. 3000 Unternehmen, die “debt securities” (Bonds) zum öffentlichen Handel gelistet haben
Ø
Unabhängig von der Ausübung der Wahlrechte von den einzelnen Mitgliedstaaten werden die International Financial Reporting Standards zukünftig die wichtigsten Rechnungslegungsvorschriften in der EU darstellen
Ø
Gesellschaften, die nicht unter den verpflichtenden Anwendungsbereich der EU-Verordnung fallen, werden zukünftig faktisch gezwungen ihren Abschluss auf IFRS umzustellen – vor allem aufgrund des steigenden Drucks durch Banken und andere Kreditgeber (Stichwort: „Basel II“)
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen EU-Verordnung – Auswirkungen (2) Ø
29. September 2003: sog. EU-Endorsement von bestehenden IAS – Annahme der bestehenden IAS seitens der Europäischen Kommission mit Ausnahme von IAS 32/39 (SIC 5, SIC 16, SIC 17) è „Endorsement Process“ führt künftig zu einem Divergieren zwischen den sog. „endorsed IFRS“ und den sog. „effective IFRS“ ?!?
Ø
Die Bedeutung der IFRS wird in den nächsten Jahren, aufgrund der vollzogenen EU-Erweiterung im Mai 2004 weiter zunehmen... Zypern
Lettland
Malta
Estland
Ungarn
Litauen
Polen
Tschechische Republik
Slowakei
Slowenien
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Convergence Project FASB ó IASB (1) Ø
29. Oktober 2002: Vereinbarung zwischen dem FASB und dem IASB, wonach die Rechnungslegung nach US-GAAP und nach IFRS bis zum Jahre 2005 angeglichen werden soll („The Norwalk Agreement“)
Ø
„Short-term convergence project“ è Alle Divergenzen zwischen US-GAAP und IFRS, die kurzfristig beseitigt werden können, sollen im Rahmen dieses Projektes kurzfristig (d. h. bis 2005) aufgegriffen werden (ein Ausfluss ist bspw. das kürzlich vom IASB verabschiedete sog. „Improvement Project“)
Ø
„Convergence Project“ bedeutet nicht die einseitige Anpassung („Nachgeben“) seitens des IASB an die Vorschriften der US-GAAP (!) è jüngstes Beispiel sind die im Februar 2004 veröffentlichten IASBVorschriften zur Bilanzierung von aktienbasierten Vergütungen (IFRS 2), die sich signifikant von den derzeitigen US-amerikanischen Vorschriften unterscheiden
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Convergence Project FASB ó IASB (2) „The FASB is committed to working toward the goal of producing high-quality reporting standards worldwide to support healthy global capital markets. By working with the IASB on the short-term convergence project – as well as on longer-term issues – the chances of success are greatly improved. …” Robert H. Herz, Chairman of the FASB remarking on the agreement
„...While we recognize that there are many challenges ahead, I am extremely confident now that we can eliminate major differences between national and international standards, and by drawing on the best of US-GAAP, IFRSs and other national standards, the world‘s capital markets will have a set of global accounting standards that investors can trust.“ Sir David Tweedie, Chairman of the IASB, remarking on the agreement
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Convergence Project FASB ó IASB (3) New Eliminate difference difference Ø
Improvement project √
Ø Elimination of LIFO (IAS 2)
Ø
Ø Elimination of “extraordinary items” (IAS 1)
√
Ø Minority interests become part of equity (IAS 27)
√
IFRS 2 √
Ø Stock compensation plans
Ø
IFRS 3 √
Ø Impairment-only approach
Ø
IFRS 5 √
Ø Discontinuing Operations 36 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Nationale Entwicklungen (BilReG / BilKoG)
BilReG
BilKoG
29. Oktober 2004
29. Oktober 2004
(Verabschiedung Bundestag)
(Verabschiedung Bundestag)
Fortentwicklung und Implementierung
Internationalisierung des Bilanzrechts sowie
eines
Stärkung der Rolle
Enforcement-
des Abschlussprüfers
Verfahrens
Ausfluss des im Sommer 2002 von der Bundesregierung veröffentlichten 10-PunkteProgramms zur Verbesserung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes 37 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen BilReG (1) Ø
Ø Ø
Verabschiedung des Referentenentwurfs des Bilanzrechtsreformgesetzes (BilReG) am 15. Dezember 2003; Verabschiedung durch den Bundestag am 29. Oktober 2004 Kernpunkte sind die Fortentwicklung und Internationalisierung des Bilanzrechts und die Stärkung der Rolle des Abschlussprüfers Fortentwicklung und Internationalisierung des Bilanzrechts § Vor dem Hintergrund der EU-Verordnung wird §292a HGB gestrichen § Erweiterung der verpflichtenden IFRS-Anwendung lt. EU-Verordnung è Unternehmen, die eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt innerhalb der EU beantragt haben (§ 315a HGB) § Wahlrecht zur Anwendung von IFRS in Konzernabschlüssen nichtkapitalmarktorientierter Unternehmen (§ 315a HGB; § 11 VI PublG) sowie – nur für Zwecke der (befreienden) Offenlegung – für Einzelabschlüsse sowohl kapitalmarktorientierter als auch anderer Unternehmen (§ 325 HGB)
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen BilReG (2) Ø
Stärkung der Rolle des Abschlussprüfers § Gem. § 319 HGB sind Abschlussprüfer ausgeschlossen, wenn sie – aufgrund geschäftlicher, finanzieller und persönlicher Beziehungen die Besorgnis einer Befangenheit begründen; – gesetzliche Vertreter, Aufsichtsratsmitglieder oder Arbeitnehmer des zu prüfenden oder damit verbundenen Unternehmens sind; – bei der Buchführung, Aufstellung des Jahresabschlusses oder internen Revision mitgewirkt haben; oder – Finanzdienstleistungen oder Bewertungsleistungen für das zu prüfende Unternehmen erbracht haben.
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen BilReG (3) §
Bei Unternehmen, die einen geregelten Kapitalmarkt in Anspruch nehmen, ist ein Wirtschaftsprüfer gem. § 319a HGB ferner ausgeschlossen, wenn – er gestaltende Rechts- oder Steuerberatungsleistungen für das zu prüfende Unternehmen erbracht hat, die sich unmittelbar auf den Jahresabschluss auswirken; – er in den letzten 5 Jahren jeweils mehr als 15% der Gesamteinnahmen der beruflichen Tätigkeit von dem zu prüfenden oder damit verbundenen Unternehmen bezieht; oder – den Bestätigungsvermerk für ein Unternehmen 7 Jahre hintereinander gezeichnet hat (interne Rotation).
40 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen BilReG (4) Ø
Kritische Würdigung § Ungewissheit bzgl. der Umsetzung der Mitgliedstaatenwahlrechte ist beendet è Planungssicherheit für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen, die IFRS im Konzernabschluss/Einzelabschluss anwenden wollen § Weg der Reformierung und Internationalisierung des HGB wird weiter beschritten è Druck, IFRS zumindest zu Informationszwecken einzuführen, verstärkt sich signifikant (Stichworte: Basel II, Benchmarking, Prestige) § BilReG ist eine weitere Änderung des Bilanzrechts, der schon in wenigen Monaten weitere folgen werden
41 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen BilKoG (1) Ø
Ø
Ø Ø
Verabschiedung des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz – BilKoG) am 8. Dezember 2003; Verabschiedung Bundestag: 29. Oktober 2004 Reaktion des Gesetzgebers auf die zahlreichen Bilanzskandale § Stärkung des Anlegerschutzes und der Unternehmensintegrität mit dem Ziel der Stabilität und Glaubwürdigkeit des Kapitalmarktes § Gewährleistung einer einheitlichen Auslegung und vollumfänglichen Anwendung der Rechnungslegungsstandards Implementierung eines zweistufigen Enforcement-Verfahrens zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Unternehmensabschlüssen Enforcement = „Überwachung der Rechtmäßigkeit konkreter Unternehmensabschlüsse durch eine außerhalb des Unternehmens stehende, nicht mit dem gesetzlichen Abschlussprüfer (Wirtschaftsprüfer) identische unabhängige Stelle“
42 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen BilKoG (2) Ø
Erste Stufe § § 342b HGB: Privatrechtlich organisiertes Gremium („Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung“ – DPR) soll Jahres- und Konzernabschlüsse von börsennotierten Unternehmen im Inland auf Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften (inkl. GoB) überprüfen § 3 Anlässe einer Prüfung – Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für einen Verstoß – Verlangen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – Reguläre Stichprobenprüfung § Bei Aufdeckung von Rechnungslegungsfehlern ist eine einvernehmliche Lösung mit dem Unternehmen anzustreben § Bei Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit besteht eine Anzeigepflicht gegenüber der betreffenden Behörde § DPR hat Berichterstattungspflicht gegenüber der BaFin
43 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen BilKoG (3) Ø
Zweite Stufe § Die BaFin ist bei Nichtkooperation des zu prüfenden Unternehmens auf der zweiten Stufe einzuschalten („Und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt“) – Unternehmen entzieht sich der Prüfung – Unternehmen unterlässt die Berichtigung von aufgedeckten Verstöße § Die BaFin kann auch selbst tätig werden, wenn erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Prüfungsergebnisses der Prüfstelle oder an der ordnungsgemäßen Durchführung der Prüfung bestehen § Kooperation von DPR und BaFin § Stellt die BaFin Fehler in der Rechnungslegung fest, kann sie entsprechende Korrekturen im aktuellen Abschluss oder in künftigen Abschlüssen anordnen
44 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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1. Stufe Privatrechtliches Gremium DPR
Ziel: einvernehmliche Lösung zur Fehlerbeseitigung (Mitwirkung des Unternehmens auf freiwilliger Basis) Prüfungsanlässe sind: q Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften q reguläre Stichprobenprüfung q auf Verlangen der BaFin
Gegenseitiger Informationsaustausch aber Weisungsrecht der BaFin gegenüber DPR
Kapitalmarktorientierte Unternehmen
Start Enforcement: 1. Juli 2005
2. Stufe Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Durchgriffsrecht als staatliche Institution Prüfungsanlässe sind: q falls DPR berichtet, dass Unternehmen Kooperation verweigert oder Prüfungsergebnisse / Korrekturvorschläge ablehnt q falls erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Prüfungsergebnisse der DPR bestehen
45 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen BilKoG (4) Ø
Kritische Würdigung § Notwendigkeit eines Enforcements zur Stärkung des Anlegerschutzes und des Vertrauens in die Kapitalmärkte steht außer Frage § Zweistufiges Verfahren entspricht in vielen Aspekten den in der Literatur vorgeschlagenen Lösungen § BilKoG darf aber nicht als Allheilmittel zur Verhinderung doloser Handlungen verstanden werden § Enforcement muss insbesondere vor dem Hintergrund der EUVerordnung 2005/2007 zwingend einheitlich auf europäischer Ebene implementiert werden § Finanzierung ?!
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Weltstandard IFRS? (1) Ø Künftiger Weltstand: US-GAAP oder IFRS ? § IFRS-Rechnungslegungssystem hat in jüngster Vergangenheit deutlich aufgeholt (Stichworte: ENRON, EU-Verordnung, core set of standards) Ø Gründe für einen Weltstandard IFRS: § supranationales Gedankengut (US-GAAP: ausschließlich nationale Ausrichtung!) § stärkere Flexibilität in der Auslegung von Standards
47 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Weltstandard IFRS? (2) Ø Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Entwicklung der IFRS-Normen (US-GAAP: keine Beeinflussungsmöglichkeiten von deutscher Seite aus!) Ø „IOSCO-Endorsement“: Empfehlung für IFRS von der internationalen Börsenaufsichtsbehörde IOSCO (International Organisation of Securities Commissions) im Falle von sog. cross-border offerings/listings (Gefahr: „Papiertiger“) jedoch: mangelndes Enforcement („zahnloser Tiger“) ð Adaption des „SEC-Modells“? Ø Relativierung: IFRS und US-GAAP nähern sich immer weiter an ð jedoch: deutlich in Richtung anglo-amerikanischer Rechnungslegung 48 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Weltstandard IFRS? (3)
Börsenlistung mit IFRS-Abschluss möglich “National GAAP” nähert sich IFRS an 49 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Weltstandard IFRS? (4) Wesentliche Folgen aus deutscher Sicht: Ø Komplexere Rechnungslegungsstandards Ø Steigende Anforderungen an das Rechnungswesen Ø Einschränkung der im HGB bislang bestehenden Wahlrechte Ø Tendenz zur Marktbewertung (fair value accounting) Ø Aufweichung des Maßgeblichkeitsprinzips (ð Trennung StB ↔ HB)
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Einstellung der SEC zu den IFRS (1) Ø
Die SEC anerkennt gegenwärtig trotz des „IOSCO-Endorsement“ einen IFRS-Abschluss nicht für ein NYSE-Listing
Ø
Bedenken für eine Anerkennung der IFRS aus Sicht der SEC: A. Die IASB-Standards repräsentieren zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch kein sog. „core set of standards“, vor allem, da wesentliche Bilanzierungsthemen noch nicht durch die IFRS erfasst werden (z. B. aktienbasierte Vergütungen). B. Die IASB-Standards erfüllen noch keine „high quality“ – Anforderungen, vor allem, da die Vergleichbarkeit und Transparenz durch eine Vielzahl von Wahlrechten beeinträchtigt wird. C. Die einheitliche Interpretation und Anwendung der Standards muss länderübergreifend sichergestellt sein (gegenwärtig gibt es in Europa keine der SEC vergleichbare Institution).
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Einstellung der SEC zu den IFRS (2) Ø
Stimmen nach US-GAAP erstellte Abschlüsse per se gleichzeitig mit den IFRS überein? è US-GAAP-Abschlüsse divergieren regelmäßig von den IFRS! Ausgewählte Gründe: A. Obwohl das „Improvement Project“ und „Convergence Project“ auf eine Reduzierung von Divergenzen zwischen US-GAAP und IFRS abzielt, enthalten sowohl die neu veröffentlichten IFRS als auch die bereits veröffentlichten Exposure Drafts eine Vielzahl neuer Divergenzen (z. B. Abschaffung von LIFO bei Vorräten, Business Combinations, Abschaffung des außerordentlichen Ergebnisses etc.). B. Es bestehen noch Regelungslücken in den IFRS, da wichtige Bereiche nur unzureichend bzw. noch gar nicht thematisiert wurden. C. Die IFRS enthalten eine Vielzahl von Bilanzierungswahlrechten bei zahlreichen Bilanzierungsthematiken (z. B. Behandlung von grundlegenden Fehlern sowie Methodenänderungen etc.).
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Einstellung der SEC zu den IFRS (3) Ø
Einschätzung des wahrscheinlichsten zukünftigen Szenarios: A. Eine Überleitungsrechnung (sog. reconciliation) von IFRS(/HGB) auf US-GAAP wird für die vorhersehbare Zukunft auch weiterhin bei einem Börsenlisting an der NYSE von der SEC zwingend verlangt werden. Eine SEC-Anerkennung eines nach IFRS erstellten Abschlusses als gleichwertigen Abschluss ist nicht absehbar. B. Die SEC wird künftig einen großen Einfluss auf die Interpretation und Entwicklung der IFRS ausüben. C. Die SEC wird mit Hilfe des IASB (/der IFRS) Änderungen in den US-GAAP durchsetzen, die bisher aus politischen Gründen nicht möglich waren (z. B. aktienbasierte Vergütungen, Business Combinations etc.). è Aber:
Die SEC wird nicht zu einer kurzfristigen Anerkennung der IFRS gedrängt !
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Ausstrahlungswirkung Mittelstand? (1) Ø Indirekte Ausstrahlungswirkung These:
Durch die Vorschriften von Basel II wird IFRS faktisch auch für den Mittelstand zur Norm
§ Basel II ändert Rahmenbedingungen insbesondere für den Mittelstand - Neue Eigenkapitalregeln für die Kreditvergabe an Unternehmen - Stärkere Berücksichtigung von Risiken bei der Festlegung von Kreditkonditionen § HGB-Abschluss im Zweifelsfall mit Nachteilen und damit höheren Zinssätzen verbunden (Unterstellung: Unternehmen mit guter Bonität sollten diese über eine transparente Informationspolitik kenntlich machen) 54 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Ausstrahlungswirkung Mittelstand? (2) Ø Direkte Ausstrahlungswirkung § Problem: Unternehmen, die nach IFRS auf freiwilliger Basis oder auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung (z. B. EU-Verordnung) bilanzieren, müssen ihren Einzelabschluss auch nach HGB erstellen, da
-
Ausschüttungsbemessungsgrundlage Steuerliche Konsequenzen (StB wird aus HB abgeleitet; Maßgeblichkeitsprinzip) Einzelabschluss bildet häufig Rechtsgrundlage für gesellschaftsrechtliche, zivilrechtliche oder arbeitsrechtliche Konsequenzen
ð Doppelbelastung auf Dauer nicht praktikabel (Folge: Trennung HB ↔ StB)
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Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen Ausgewählte Internetadressen Ø
International Accounting Standards Board (IASB) http://www.iasc.org.uk
Ø
Financial Accounting Standards Board (FASB) http://www.fasb.org
Ø
Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) http://www.drsc.de
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Gliederung 1. Globalisierung der Wirtschaft als Triebfeder der Beseitigung internationaler Rechnungslegungsdivergenzen 2. Konzeptionelle und institutionelle Grundlagen international anerkannter Referenzsysteme 3. Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung (sog. “IFRS-Conversion”)
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Zur Einstimmung These: Tax planning Die Implementierung der IFRS ist mehr als eine bloße Änderung des Zahlenwerks Financial accounting durch andere and reporting Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden
Corporate finance and structured financial products ð Umstellung ist vielmehr ein multidisziplinäres Projekt diverser Unternehmensbereiche 58 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
Management reporting systems
IFRS Business Issues
Performance indicators
Investor relations
Employee and executive compensation
Employee benefit plans
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Social Balance Sheet
Legal Structures New Contracts
Group Information System
Reporting
(leases, financial Structure instruments, Legal notes, etc.) (covenants, Mergers & contracts, hedging, embedded Acquisitions Tax derivatives, etc.) Accounting
Systems
Income Statement Classification
Convergence
and Controlling Investor Relations
Due Diligence
Tax Planning Strategies, and ForeInternet Reporting & casting Changes in Reporting Structures Real Estate
Further Processes
(dual accounting, special ledger, etc.)
Performance Evaluation
Controlling
Financial Accounting
Compensation Fast Close
Training Accounting Manual
(Appraisals)
Basel II/ Ratings
(update)
Score Cards/ Risk Reporting
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Internal Audit
Planning (Forecasting)
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Mehr Transparenz in der externen Berichterstattung durch Adaption int. Normen
Mehr Informationen
Häufiger
Geschäftsfeld
Informationen erwachsen aus internen Steuerungsdaten 3 Segmentiert 3 Verständlich 3 Vergleichbar
Laufende Berichterstattung
Schneller
Datenfluss kritischer Informationen durch den Einsatz neuer Technologien beschleunigen
Jahr
Mehr zukunftsorientierte Daten Veröffentlichung der wesentlichen nicht-finanziellen und finanziellen Ergebnisgrößen
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Halbjahr Quartal Monat
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Kosten versus Chancen Ø Kosten: § Anpassung von Prozessen und Systemen § Training der Mitarbeiter Ø Chancen: § Verbesserte Kommunikation mit Eigen-/Fremdkapitalgebern ð Verringerung der Kapitalkosten (Wettbewerb um Kapital und niedrige Kapitalkosten ist für kleine und mittelständische Unternehmen gleichermaßen bedeutsam wie für große Publikumsgesellschaften) ð Stichwort: „Basel II“ § Verbesserter Vergleich von Abschlussdaten und anderen Finanzinformationen – branchenübergreifend sowie innerhalb der Branche § Konvergenz des internen/externen Rechnungswesens 61 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Formen einer IFRS-Umstellung Ø
Duale Jahresabschlüsse §
Ø
Überleitungsrechnungen (sog. Reconciliations) § §
Ø
Überleitung der Kerngrößen ‚Eigenkapital‘ sowie ‚Jahresüberschuss‘ bzw. ‚Jahresfehlbetrag‘ von HGB auf IFRS Erläuterung der Überleitungspositionen
“Doppelte Buchführung” §
Ø
Ausnutzung der im HGB bestehenden Wahlrechte mit der Zielsetzung einer Approximation an die IFRS-Rechnungslegung
Simultane Erstellung eines (vollständigen) HGB-Abschlusses einerseits sowie eines (vollständigen) IFRS-Abschlusses andererseits
Befreiender Konzernabschluss nach IFRS §
Ausschließliche Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses, der von der Pflicht zur Erstellung eines HGB-Abschlusses befreit (§ 292a HGB)
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Praxisbeispiel: Überleitung HGB – IAS von VW in 2000 Mio. DM HGB Ergebnis
6.784
Aktivierung Entwicklungskosten AfA Sachanlagen Bewertung Leasinggeschäfte Bewertung Forderungen Bewertung Pensionsrückstellungen Rückstellung Altautorisiko (Abzinsung) Veränderung Aufwandsrückstellungen Veränderung anderer Rückstellungen Sonstige Veränderungen IAS Ergebnis
681 1.096 1.254 -215 -106 464 -1.721 -656 -53
Effektive Steuern Latente Steuern
-2.752 -74 1.200 5.902
laufendes Geschäft Einmaleffekt IAS Ergebnis nach Steuern
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7.528
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Praxisbeispiel: Erläuterung Überleitungspositionen (1) Ø Aktivierung von Entwicklungskosten Aktivierungspflichtige Entwicklungskosten des Jahres 2000 vermindert um die Abschreibungen auf die in Vorjahren bereits aktivierten Entwicklungskosten.
Ø Abschreibungen auf Sachanlagen Nach IAS keine degressive (bis 30%) Abschreibung möglich, sondern nur lineare; außerdem Nutzungsdauer ca. 20% länger.
Ø Bewertung Leasinggeschäft Niedrigere bzw. keine Abschreibung der Fahrzeuge nach IAS und Aufteilung der Provisionen auf die Vertragslaufzeit und nicht Einmalaufwand wie HGB. 64 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Praxisbeispiel: Erläuterung Überleitungspositionen (2) Ø Übrige Forderungen Bewertung zum ‚fair value‘, damit keine Bindung an die Anschaffungskosten.
Ø Pensionsrückstellung Nach IAS sind zukünftige Lohn- und Gehaltssteigerungen zu erfassen.
Ø Sonstige Rückstellungen Im HGB-Abschluss sind Aufwandsrückstellungen in Anspruch genommen bzw. aufgelöst worden. Da nach IAS keine Aufwandsrückstellungen zulässig sind, fehlt ein entsprechender Ertrag im IAS-Abschluss. In der Überleitung von HGB auf IAS ergibt sich somit ein negativer Betrag. 65 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Praxisbeispiel: Vergleich Kennzahlen von VW in 2000 Mio. DM
HGB
IAS
Differenz
167.331
163.933
(3.398)
Ergebnis vor Steuern in % vom Umsatz
6.784 4,1
7.528 4,6
744 0,5
Effektive Steuern
- 2.752
- 2.752
-
- 74 + 1.200
(74) 1.200
4.032
5.902
1.870
22.534
43.507
20.973
Umsatz
Latente Steuern laufendes Geschäft Einmaleffekt *) Ergebnis nach Steuern Eigenkapital
-
*) aufgrund Steuersatzänderung 66 Quo vadis, externe Rechnungslegung?
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Praxisbeispiel: Überleitung Eigenkapital von VW in 2000 in Mio. DM Übrige Latente Vermiet- Eigene Aufwands-Rückst. Steuern Vorrats- vermögen Aktien Pensionsrückst. Sonstiges Abschreibungs rückst. bewert. -divergenzen Anlageverm. 43.507
Entwicklungskosten
22.534 Eigenkapital gem. HGB 12/2000
Eigenkapital gem. IAS 12/2000
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Auswirkungen auf den Jahresabschluss Ø
Erfahrungsgemäß sind (zumindest) die folgenden Themenbereiche bei jeder IFRS-Umstellung von zentraler Bedeutung: § § § § § § § § § § §
ð
Sachanlagevermögen Vorratsvermögen Latente Steuern Rückstellungen (einschließlich Pensionsrückstellungen) Leasing Finanzinstrumente Konsolidierungsthemen (u. a. “special purpose entities”) Umsatzrealisierung Tendenz zu Marktpreisansätzen mit div. Neubewertungsmöglichkeiten Darstellung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung Umfassende Anhangsangaben (!)
Die zu erwartenden Auswirkungen hängen signifikant davon ab, welches Rechnungslegungssystem bisher verwendet wurde
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Zeitplan Ø
Erfahrungsgemäß ist für eine adäquate IFRS-Umstellung eines Konzerns eine Projektdauer von ca. 12 - 18 Monaten einzuplanen Gründe: – – – – – – – – –
Mangel an personellen Ressourcen für das Umstellungsprojekt Permanente Änderungen in der Unternehmensstruktur (Stichworte: Restrukturierungen, Akquisitionen etc.) Einbindung von wesentlichen Tochterunternehmen in das Umstellungsprojekt Fehlendes IFRS-Fachwissen (Stichwort: Training) Umfassende Änderungen in der IT-Umgebung Implementierung eines adäquaten Controllings, sofern zeitgleich auf das international übliche Umsatzkostenverfahren umgestellt wird Umstellung erfordert IFRS-Vergleichszahlen für eine Periode Planungsrechnungen (Budgets) nach der Umstellung ...
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung E&Y IFRS Conversion Methodology – Route Map Phase 1
Business Processes Business management workstream IT workstream Change management workstream General accounting workstream
Diagnostic
Special accounting workstream Project management workstream Phase 2
Design and planning
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Phase 3
Solution development
Phase 4
Implementation
Phase 5
Postimplementation review
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Technische Umsetzung einer IFRS-Umstellung Zusammenfassung Ø
Die Implementierung der IFRS ist mehr als eine bloße Änderung des Zahlenwerks durch andere Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden ð Umstellung ist vielmehr ein multidisziplinäres Projekt diverser Unternehmensbereiche (vor allem auch der IT)
Ø
Erfahrungsgemäß sind eine Vielzahl von Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ansatzdivergenzen zwischen HGB und IFRS zu erwarten
Ø
Erfahrungsgemäß ist für eine adäquate IFRS-Umstellung eines Konzerns eine Projektdauer von ca. 12 - 18 Monaten einzuplanen
Ø
Ernst & Young unterstützt auf vielfältige Art und Weise Umstellungsprojekte
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