QUARTALSBERICHT Projektland:

Namibia

Quartal/Jahr:

2/2012

Kennzahlen Einwohnerzahl geschätzt Bevölkerungswachstum geschätzt Anteil der unter 15-jährigen Durchschnittsalter Lebenserwartung Stadtbewohner Klassifizierung BIP Pro-Kopf-Einkommen PPP (IMF Schätzung) Arbeitslosigkeit Haushaltsdefizit (Ziel < 7,0% des BIP) Staatsverschuldung (% des BIP, Ziel < 30%) Inflationsrate Rating - Fitch - Moody’s Repo Rate / Prime Rate Wirtschaftswachstum 2011 Staatsanteil bei den Ausgaben (% des BIP, Ziel < 30%) Staatsanteil bei den Einnahmen (% des BIP, Ziel > 30 %) HDI HIV/AIDS Verbreitung (15 – 49 Jahre) Ginikoeffizient Int. Wettbewerbsindex (von 183 Ländern) Aus 36 Ländern südlich der Sahara Korruptionsindex (von 182 Ländern) Wert 4,4 aus 10 Zusammensetzung BIP - Landwirtschaft - Industrie - Dienstleistungen

Jahr

Quelle

2,1 Mio. 0,8 % 40,0 % 21,7 Jahre 52,1 Jahre 37 % Oberes mittleres Einkommen N$ 102,1 Mrd. US $ 7.300 US $ 7.276 51,2 % 4,6 % 27,2 % 5,6 % BBBBaa3 6,0 / 9,75 % 4,9 % 39,2 %

2011 2011 2010 2011 2011 2008 2008

CBS CBS CBS CIA CIA

2012 2012 2011 2010 2012/13 2012/13 Juni 2012 2011 2011 März 12 Juni 12 2012/13

MoF CIA IMF MoL MoF MoF CBS

34,6 %

2012/13

MoF

0,63 18,8 % 0,60 83 6 Rang 57

2011 2010 2008 2011

UNDP MoHSS CBS WEF

2011

TI

2011

CBS

WB

BoN versch. MoF

7,1 % 34,4 % 58,5 %

SCHLAGZEILEN 1.

Experten sehen Probleme durch überhöhte Fischquoten

2.

Wirtschaftswachstum für 2011 auf 4,9% geschätzt

3.

Umsetzung von elf „Permanent Secretary“ soll Effizienz der Regierungsarbeit steigern

4.

Windhoek will 1000 illegale Ausschankbetriebe schließen

5.

Neue Geldscheine vorgestellt

Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Namibia, Quartal 2/2012

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DIE ALLGEMEINE SITUATION IN NAMIBIA Politik Innenpolitik Im April wurden in elf Ministerien die „Permanent Secretary“ (PS - die höchsten Verwaltungsbeamten) umbesetzt. Die Verfassung ist nicht ganz eindeutig über die Rolle der „PS“. So gibt es in einigen Ministerien Auseinandersetzungen zwischen den Ministern und den „PS“ über Verantwortlichkeiten. Der Präsident erhofft sich nun eine Verbesserung der Leistungen, da er davon ausgeht, dass so Routine vermieden wird und die notwenige interne Zusammenarbeit verbessert wird. Ein geplanter, „privat“ organisierter, Besuch von Julius Malema, ehemals Führer der ANC-Jugendliga, wurde kurzfristig abgesagt. Man kann davon ausgehen, dass die SWAPO ihren Einfluss genutzt hat, um Irritationen mit dem ANC in Südafrika zu verhindern. Die SWAPO steht auf der Seite des südafrikanischen Präsidenten Zuma. Auch wollte man sicher vermeiden, dass die Jugendliga der SWAPO „Anregungen“ für die politische Arbeit von der militanten ANC-Jugendliga erhält. Im Jahr 1890 erhielt Deutsch-Südwestafrika im Rahmen mehrerer territorialer Austauschgeschäfte mit Großbritannien (Helgoland-Sansibar-Vertrag) einen Zugang zum Sambesi in Form eines langgestreckten Landzipfel im Nordosten des Landes. Deutschland wollte sich so einen Durchgang zu den Kolonien in Ostafrika schaffen. Verantwortlich für die Verhandlungen war Reichskanzler Caprivi, daher der Name. Die Caprivianer fühlten sich schon zur deutschen und der folgenden südafrikanischen Zeit vernachlässigt. Im Jahr 1999 versuchten daher Separatisten die Unabhängigkeit des Caprivistreifen mit Waffengewalt zu erzwingen. Der Aufstand wurde niedergeschlagen. Rechtlich ist dies bislang nicht aufgearbeitet worden. So sind immer noch rund hundert Beteiligte inhaftiert. Premierminister Nahas Angula machte deutlich, dass Gespräche mit dem Führer der Sezessionisten, Mishake Muyongo, in Dänemark im Exil lebend, nur stattfinden können, wenn dieser unmissverständlich den Gedanken einer Abspaltung des Caprivi aufgibt. Die regierende SWAPO beginnt landesweit mit Konferenzen, um den Parteitag im November vorzubereiten, dort sollen die Weichen für die Wahlen 2014 gestellt werden. Die Parteiführung muss dabei häufig schlichtend und korrigierend eingreifen, da die lokalen und regionalen Gliederungen nicht immer den parteiinternen Regularien folgen. Außenpolitik Präsident Pohamba besuchte Mitte Juni England anlässlich des 60-jährigen Thronjubiläums von Königin Elisabeth. Namibia ist Mitglied des Commonwealth. Der ehemalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki kam Ende April zu einem Besuch nach Windhoek. Der Präsident von Botswana, Ian Khama, besuchte Ende Juni Namibia. Beide Länder wollen die guten Beziehungen auf allen Ebenen weiter ausbauen. Eine chinesische Wirtschaftsdelegation unter Leitung des Vizehandelsministers Zhong Shan besuchte Namibia. Beide Länder wollen die Wirtschaftsbeziehungen Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Namibia, Quartal 2/2012

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verbessern, Namibia äußerte insbesondere den Wunsch, dass auch China sich um die Ausbildung der Namibier bemüht. Die namibische Ministerin für Umwelt und Tourismus, Netumbo Nandi-Ndaitwah, nahm am Rio +20 Gipfel teil.

Staatsfinanzen Die Steuerreform 2012 verpflichtet die Firmen, entsprechend ihren Schätzungen wesentlich früher die notwendigen Vorauszahlungen für die Einkommenssteuern zu leisten. Dies und vor allem wesentlich verbesserte und intensivere Nachprüfungen sollen zu höheren Staatseinnahmen führen. Die Minen haben im Vorjahr mit rund U$ 1,6 Milliarden etwa 11% zum BIP beigetragen. Die neuen Banknoten, die Scheine über N$ 10 und N$ 20 tragen jetzt das Bild des ehemaligen Präsidenten Nujoma, sind im Umlauf. Die Finanzierung der staatlichen Medien (TV und New Era, die Regierungszeitung) kostet den Steuerzahler im aktuellen HH-Jahr rund N$ 130 Mio. (das sind etwa Euro 13 Mio.). Im Parlament kritisierten einige Abgeordnete der Regierungspartei, dass die Medien nicht immer „regierungstreu“ berichten. Es wurde sogar ein Gesetz verlangt, dass ähnlich wie in Südafrika die Freiheit der Medien einschränken soll. Die staatliche Rentenkasse (Government Institution Pension Fund, GIFT) hat wegen steigender Einnahmen erstmals mehr als N$ 50 Milliarden angelegt. Das sind 61% des BIPs. Die Inflationsrate bewegt sich wieder leicht nach oben und liegt jetzt bei 5,6% (Juni).

Wirtschaft Für das Vorjahr wurde ein vorläufiges Wirtschaftswachstum von 4,9% errechnet. Der Geschäftsklimaindex („Business Climate Index“) des IPPR zeigt seit Jahresbeginn einen leichten Anstieg. Der zuständige Minister Bernhard Esau gab die Fangquoten für Seehecht (170.000 Tonnen) und Seeteufel (14.000 Tonnen) bekannt. Das sind 30 bzw. 40% mehr als von Experten vorgeschlagen wurde. Diese befürchten eine Überfischung. Fisch ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, bei dem auch die Politik der „Black Economic Empowerment“ schon umgesetzt wurde. Der Verkauf von Kraftfahrzeugen aller Art ist gegenüber dem Vorjahr vor allem auch wegen der günstigeren Zinsen um rund 25% gestiegen. Harald Pupkewitz, der bekannteste namibische Geschäftsmann, ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Die neu aufgebaute Hühnerindustrie hat mit der Produktion begonnen und will 95% des Marktes übernehmen. Dieser neue Industriezweig soll für acht Jahre vor Konkurrenz durch den „Infant Protection Act“ geschützt werden. Mit diesem Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Namibia, Quartal 2/2012

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Gesetz sollen neue Industrien im Lande einige Jahre vor ausländischer Konkurrenz geschützt werden. Dazu gehören u. a. Schutzzölle und limitierte Einfuhrmengen. Telecom Namibia hat jetzt endgültig „Leo“, den zweiten Netzbetreiber übernommen. Bedingung ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit, um so den Wettbewerb zu sichern. Nampower, der nationale Stromerzeuger, fordert alle Konsumenten auf, ihren Verbrauch um 10% herunterzufahren, um Abschaltungen zu vermeiden. Namibia ist beim aktuellen ICT-Bericht (Nutzung von IT) des „World Economic Forum“ auf dem 105. Platz bei 142 bewerteten Ländern gelandet. Schlecht waren die Ergebnisse vor allem bei den Kosten und den sozialen Auswirkungen. Die Regierung will die Situation der beruflichen Ausbildung verbessern. Seit Mitte der 90er Jahre gibt es das Berufsausbildungsgesetz, das auch eine Ausbildungsabgabe beinhaltet. Jetzt sind endlich die Ausführungsbestimmungen vorgestellt worden. Demnach sollen Unternehmen mit mehr als N$ 350.000 jährlichen Personalkosten 1,5% der tatsächlichen gezahlten Summe in den nationalen Ausbildungsfond der „National Training Authority“ (NTA) abführen. Staatliche Stellen, Kirchen, Schulen und Wohlfahrtsorganisationen sind davon ausgeschlossen. Nach drei Jahren sollen dann erstmals ausbildende Firmen 50% der vorher gezahlten Abgaben zurückerstattet bekommen. Die Wirtschaft sieht das ganze als ein weiteres „bürokratisches Monster“. Ende Juni wurde das neue Unterseekabel „West Africa Cable System“ (WACS) offiziell übergeben. Somit sollte der Datenverkehr zwischen Europa und Namibia deutlich schneller werden. Botswana ist an das Kabel mit angeschlossen. Namibia will nun endlich im großen Stil auf erneuerbare Energie umsteigen. In Lüderitz sollen 22 Windräder mit einer Leistung von 44 MV aufgebaut werden. Die vierte Turbine beim Wasserkraftwerk in Ruacana wurde in Betrieb genommen. Zusammen mit anderen Maßnahmen soll die Stromversorgung im Lande verbessert werden. Fast 50% des verbrauchten Stroms wird derzeit aus Nachbarländern importiert. Die fünfjährige Debatte über die zukünftige Struktur von Meatco, dem größten namibischen Fleischvermarkter, wurde durch eine Kabinettsentscheidung beendet. Demnach wird der Staat zu 30% Eigentümer, die restlichen 70% bekommen die kommerziellen und kommunalen Fleischerzeuger. Landwirtschaftsminister Mutorva räumte ein, dass dies auch eine politische Entscheidung sei, was sich auch im Vetorecht des Ministers bei wichtigen Entscheidungen wiederspiegelt. Die jährliche Reisemesse hatte eine Rekordteilnahme mit 700 Ausstellern aus 50 Ländern. Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Gesellschafts- und Sozialpolitik Es werden immer mehr Zahlen aus dem Zensus von 2011 bekannt. Demnach hat Namibia 2,1 Mio. Einwohner, ein Anstieg seit 2001 um 15%. Die Stadtverwaltung Windhoek will jetzt endlich den „Liquor Act“ von 1998 umsetzen und die illegalen Alkoholausschankbetriebe schließen. Windhoek hat laut Zählung von 2011 rund 322.000 Einwohner und 5.000 Ausschankbetriebe, Hanns-Seidel-Stiftung, Quartalsbericht, Namibia, Quartal 2/2012

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von denen etwa 1.000 illegal sind. Der überhöhte Konsum von Alkohol wird als großes soziales Problem gesehen. Die Verschuldung der Namibier bei den Geschäftsbanken ist Ende 2011 im Vergleich zu 2010 um 15,4% zurückgegangen. Die Taxitarife sind um 12,5% gestiegen. Da es kaum öffentliche Transportmöglichkeiten gibt, wirkt sich dass vor allem für Menschen mit keinem oder nur geringem Einkommen negativ aus. Der Minister für Ländereien und Neuansiedlung, Alpheus !Naruseb, hat aus 23 verschiedenen Organisationen Mitglieder für das „Landforum“ berufen. Dies soll, basierend auf den Beschlüssen der Landkonferenz von 1991, die Landreform vorantreiben. Das Konzept „Williger Käufer – williger Verkäufer“ brachte bislang nicht die erwarteten Erfolge. Die Finanzen fast aller Kommunen sind ein Dauerthema. Zum einen zahlen einige Bürger und staatliche Einrichtungen nicht oder nur mit Verspätung für den Stromund Wasserverbrauch, zum anderen fehlt es an den nötigen Fachkräften bei der Buchhaltung. So stellen NamPower (Elektrizität) und NamWater (Wasser) die Lieferungen an die Kommunen regelmäßig wegen Nichtzahlung ein. Die neue Strompreiserhöhung um fast 20 % wird die Situation noch verschärfen. Auch Namwater hat eine weitere Preisrunde angekündigt. Bei der Stadt Windhoek ist das HH-Defizit in drei Jahren von N$ 6 Mio. auf jetzt N$ 373,1 Mio. gestiegen. Ursachen sind der große Zuzug von Menschen ohne Arbeit und Einkommen und die stark steigenden Personalkosten. Das neue Bezirkskrankenhaus in Omuthiya konnte nicht wie geplant eröffnet werden, da die Behörden darauf bestehen, dass erst eine Reihe von Baumängeln der chinesischen Baufirma beseitigt werden. Die Regierung macht auch Ernst mit Mindestlöhnen für Hauspersonal. Bis Ende Juli können jetzt Vorschläge für das Gesamtpaket der Entlohnung vorgelegt werden. Es gibt derzeit in der Bauindustrie, Landwirtschaft und bei den Sicherheitsdiensten Mindestlöhne, die aber nicht immer bezahlt werden. Die Mindestlöhne der privaten Sicherheitsunternehmen steigen ab 1. Juli von N$ 3,80 auf N$ 5,00 per Stunde. Wolfgang Kleine Der Autor ist Leiter der Vertretung der Hanns-Seidel-Stiftung in Windhoek, Namibia

IMPRESSUM Erstellt: 17.08.2012 Herausgeber: Hanns-Seidel-Stiftung e.V., Copyright 2011 Lazarettstr. 33, 80636 München Vorsitzender: Prof. Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, Staatsminister a.D., Senator E.h. Hauptgeschäftsführer: Dr. Peter Witterauf Verantwortlich: Christian J. Hegemer, Leiter des Instituts für Internationale Zusammenarbeit Tel. +49 (0)89 1258-0 | Fax -359 E-Mail: [email protected] | www.hss.de

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