Qu Tex Handlungshilfe 5

Personalentwicklung Erfahrungen aus einer Trainingsreihe

Vorwort Seminare zur Personalentwicklung haben Konjunktur. Regelmäßig gibt es neue Bildungsangebote zu diesem Thema. Gemeinsame Seminare für Personalverantwortliche und Betriebsräte aus der Textilindustrie gab es bisher nicht. Mit der Workshop-Reihe zur Personalentwicklung hat QuiTex Neuland betreten und hier bewusst eine Alternative zu den „traditionellen“ Seminaren geschaffen: Heute können wir sagen, dass sich dieses „Experiment“ gelohnt hat. Gut besuchte Seminare und ein fester Stamm von Teilnehmerinnen und Teilnehmern zeichneten die Veranstaltungen aus. Die Rückmeldungen zeigen uns, dass gerade die gemeinsame Teilnahme von Personalverantwortlichen und Betriebsräten aus der gleichen Branche als besonders positiv bewertet wurde: „Wir haben unterschiedliche Sichtweisen zwischen Personalleitungen und Betriebsräten kennen und schätzen gelernt“ „Der Austausch mit Praktikern aus der gleichen Branche war besonders förderlich“ „Im Laufe der Zeit hat sich die Gruppe immer mehr gefestigt.“ „Erste Anregungen aus dem Training konnte ich bereits umsetzen“ Die vorliegende Broschüre soll einen kurzen Rück- und Einblick in die Workshops ermöglichen und einige Themenstellungen näher beleuchten.

Dr. Walter Erasmy

Karlo Sattler

Dr. Klaus-Peter Starke

Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V.

IG Metall Bezirksleitung NRW

Verband der Rheinischen Textilindustrie e.V.

Inhalt Seite 1.

Checkliste zum Einstieg

3

2.

Personalentwicklung – ein gemeinsames Thema für Führungskräfte und Betriebsräte?!

4

3.

Das QuiTex-Trainingsprogramm im Überblick

6

4.

Chancen einer systematischen Personalentwicklung

8

5.

4.1

Personalauswahl und Bewerbungsgespräche

12

4.2

Nachfolgeplanung

19

4.3

Mitarbeitergespräche

21

Schlussbemerkung

Anhang

23 25

2

1. Checkliste zum Einstieg Personalentwicklung beeinflusst viele betriebliche Prozesse und Themen. Zum Einstieg eine kurze Checkliste, mit der Sie die Situation im eigenen Unternehmen beurteilen können.

Im Rahmen unserer Nachwuchsplanung kümmern wir uns gezielt und erfolgreich um die Erstausbildung. Wir können unseren Auszubildenden zusätzliche Angebote machen (z. B. Werksunterricht, Patenschaften, Projektarbeit, Zusatzqualifikationen…) Wir kennen und dokumentieren die Potenziale unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir führen regelmäßig eine Weiterbildungsbedarfsplanung durch. Bei unserer betrieblichen Weiterbildung werden alle Beschäftigtengruppen angemessen berücksichtigt. Es finden regelmäßige Gespräche mit den Beschäftigten im Anschluss an die Weiterbildung statt. Unsere wichtigsten Schlüsselpositionen sind definiert. Es gibt Vertretungsregelungen und mittel- und langfristige Nachfolgeplanungen für alle Schlüsselpositionen. Es existieren Anforderungsprofile für unsere Arbeitsplätze/Stellen. Es finden jährliche Mitarbeitergespräche mit allen Beschäftigten statt. Unsere Führungskräfte werden systematisch auf ihre Führungsaufgaben vorbereitet. Unsere Unternehmensziele sind allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekannt. Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat in Fragen der Personalentwicklung ist konstruktiv. Die Fluktuationsrate im ersten Jahr nach erfolgter Neueinstellung ist niedrig. Die Informations- und Kommunikationsflüsse in unserem Unternehmen sind gut. Bei uns werden Maßnahmen für eine erfolgreiche Integration neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewendet.

3

2. Personalentwicklung – ein gemeinsames Thema für Führungskräfte und Betriebsräte?! Personalentwicklung – und Qualifizierung als Teilbereich der Personalentwicklung – hat als Zukunftsaufgabe in den Unternehmen an Bedeutung gewonnen. Aber was gehört alles zur Personalentwicklung? Welche praxistauglichen Instrumente gibt es, die auch kleine und mittlere Unternehmen anwenden können? Womit fange ich im eigenen Unternehmen am Besten an? Welche Erfahrungen haben Andere mit der Personalentwicklung gemacht? Mit diesen Fragen beschäftigen sich sowohl Unternehmensleitungen als auch Betriebsräte. Dabei ist es nicht immer ganz einfach, die für das Unternehmen beste Antwort zu finden. Unternehmensleitung, Betriebsrat und auch die Beschäftigten haben möglicherweise unterschiedliche Ansichten, wie Personalentwicklung im Betrieb gestaltet werden sollte. Gerade im Bereich der Personalentwicklung gibt es keine Patentrezepte, die direkt aus Lehrbüchern übernommen und dann im eigenen Unternehmen eingesetzt werden können. Aber es gibt erprobte Vorgehensweisen, mit denen Unternehmen Schritt für Schritt von der Zielbestimmung bis hin zur Durchführung und Erfolgskontrolle der Maßnahmen vorgehen können.

„Der Austausch zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen machte das besondere an den Trainings aus und ist für meine Arbeit sehr praxisrelevant.“ Personalleiterin

Des Weiteren regelt das BetrVG die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten des Betriebsrates im Personalbereich (s. hierzu die Übersicht im Anhang). Insbesondere seit der Novellierung des BetrVG im Jahr 2001, wo dem Betriebsrat erweiterte Mitspracherechte in diesem Bereich zugesprochen wurden, zeigt sich, dass viele betriebliche Konflikte entstehen können, deren Lösung im Betrieb viel Zeit und Kosten verursachen. Insbesondere wenn es um die Entwicklung einer systematischen Personalentwicklung geht und Konflikte im Vorfeld vermieden oder minimiert werden sollen, kann daher die frühzeitige Einbindung des Betriebsrates hilfreich sein. Die gemeinsame Bestimmung von Zielen, Methoden und Standards der Personalentwicklung kann dann zu einem kooperativen Prozess werden, von dem beide Seiten profitieren und alle Beteiligten lernen. 4

Was kennzeichnet eine gute Zusammenarbeit zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat? • • • • • • •

frühzeitige und regelmäßige Information und Informationsaustausch Festlegung von Informationsflüssen Anerkennung von Vorschlägen beider Seiten Akzeptanz sachliche Argumentation Erarbeitung von Betriebsvereinbarungen verbindliche Planungen

Im Rahmen der QuiTex-Trainingsreihe lernten sowohl Personalleiter als auch Betriebsräte den Nutzen einer Zusammenarbeit kennen und schätzen. Es konnten unterschiedliche Sichtweisen – aber auch viele übereinstimmende Erfahrungen – miteinander abgeglichen und praxisnahe Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Anhand der Praxisbeispiele, Übungen und Rollenspiele konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Workshops einerseits modellhafte Lösungen entwickeln, die ihnen später im betrieblichen Alltag bei konkreten Problemen helfen. Zudem konnten sie erfahren, dass Konflikte schon im Vorfeld vermieden werden und häufig auch „bessere“ Lösungswege gefunden werden können, wenn eine frühzeitige Verständigung zwischen allen Beteiligten gewährleistet wird.

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Ergebnis eines QuiTexWorkshops

„Durch die Übungen und Rollenspiele wurde die Sichtweise des Anderen nachvollziehbar.“ ein Betriebsrat

3. Das QuiTex-Trainingsprogramm im Überblick

Möglichkeit zur Teilnahme erleichtern!

Die Trainingsreihe startete mit vier Themenstellungen. Jedes Thema wurde parallel zu drei verschiedenen Terminen und an drei verschiedenen Orten angeboten. Damit konnte eine hohe terminliche Flexibilität für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreicht werden und gleichzeitig lange Fahrtzeiten zu den Seminarorten vermieden werden. Alle Seminare waren in sich abgeschlossene Module. Damit war die Teilnahme unterschiedlicher Personen aus den Unternehmen je nach Kenntnisstand und Interessenlage möglich. Thema 1 Von neuen Herausforderungen und Aufgaben: Chancen einer systematischen Personalentwicklung • Personalentwicklung organisieren • Instrumente der Personalentwicklung • Personalentwicklung kommunizieren Thema 2 Vom Suchen und Finden: Mitarbeitergewinnung und –auswahl • Personalgewinnung • Personalauswahl • Personalförderung Thema 3 Vom Fördern und Fordern: Mitarbeiterführung und Motivation • Führungsstil • Kommunikation und Moderation • Motivation Thema 4 Vom Planen und Steuern: Optimierung der betrieblichen Weiterbildung • Instrumente der Qualifikationsbedarfsanalyse • Planung und Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen • Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrates Die Workshop-Reihe hat bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern den „Wunsch nach Mehr“ und der Vertiefung einzelner Themenstellungen geweckt. QuiTex konnte diesem Wunsch entsprechen und zwei weitere Zusatzangebote in das Programm aufnehmen. 6

Zusatzangebot 1 Mitarbeiterpotenziale mit Sicherheit identifiziert: Praxisnahe Instrumente der Personalauswahl Zusatzangebot 2 Vom Erkennen und Lösen: Konfliktgespräche erfolgreich führen

Von November 2003 bis September 2004 fanden insgesamt 12 Veranstaltungen statt. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen an der gesamten Trainingsreihe teil. Damit erhielten sie nicht nur einen umfassenden Einblick in das Thema Personalentwicklung, sondern knüpften wertvolle persönliche Kontakte und wurden im Laufe der Zeit zu einem „Team“. Die Seminare wurden von unterschiedlichen Bildungsanbietern durchgeführt: • • • •

Akademie Klausenhof, Hamminkeln-Dingden Mach 1, Arbeitsgemeinschaft der Wirtschaft für berufliche Weiterbildung im Kreis Herford e.V. Stephan Stratmann, Stratmann & Partner, Bielefeld TBS, Technologieberatungsstelle beim DGB NRW e.V., Hagen

Für die nachfolgende Darstellung wurden teilweise die Dokumentationen der Bildungsanbieter verwendet. Wir danken insbesondere Herrn Stratmann für die Bereitstellung seiner Skripte.

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Die durchschnittliche Zahl von ca. 10 Teilnehmern pro Veranstaltung ermöglichte eine gute WorkshopAtmosphäre.

4. Chancen einer systematischen Personalentwicklung Ziel der Personalentwicklung ist der Erhalt und die Förderung eines optimalen und leistungsfähigen Mitarbeiterpotenzials, um die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten und zu verbessern. Zur Personalentwicklung gehören alle Maßnahmen, die in einem Unternehmen durchgeführt werden, um die Qualifikation der Beschäftigten zu verbessern. Darüber hinaus soll durch Maßnahmen der Personalentwicklung auch die Bereitschaft der Beschäftigten gefördert werden, auf neue fachliche, organisatorische und soziale Herausforderungen flexibel reagieren zu können und zu wollen. Auch die Textilindustrie steht unter einem permanenten Anpassungsdruck, der die Beschäftigten vor neue Herausforderungen und Aufgaben stellt. Im Rahmen eines Workshops skizzierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einige Punkte, die in der Textilindustrie von besonderer Bedeutung sind:

Workshop-Ergebnis vom 18.12.2003

Was wird sich Ihrer Meinung nach in der Textilindustrie in absehbarer Zeit ändern? • Anforderungen an das Personal werden sich ändern preisgünstige Produkte.

hochwertige und

• Kaufmännische Mitarbeiter benötigen mehr technische Kenntnisse. • Aufgrund der Globalisierung werden zunehmend Sprachkenntnisse gebraucht. • Wettbewerbsfähigkeit durch zunehmende Kooperation (Entwicklungspartnerschaften) Kundenbindung/-orientierung soziale/interkulturelle Kompetenzen • Neue Qualitätsstandards/Umweltstandards Dokumentation Informationsfluss • Standortverlagerungen geringe Lohnkosten Umweltauflagen

Schon aus dieser kurzen und beispielhaften Auflistung wird deutlich, dass eine systematische Personalentwicklung für die kleinen und mittleren Unternehmen der Textilindustrie unverzichtbar ist. Um die Leistungsfähigkeit und Motivation der Beschäftigten angesichts ständiger Veränderungen und steigender Anforderungen zu erhalten und zu verbessern, braucht es geeignete Methoden und Instrumente. Die 8

Unternehmen können es sich nicht leisten, die Entwicklung der Mitarbeiterpotenziale „dem Zufall“ zu überlassen.

Chancen einer systematischen Personalentwicklung für das Unternehmen:

• Sicherung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit • Anpassung der Qualifikation der Beschäftigten an neue Anforderungen • Verbesserung der betrieblichen Kooperation und der Informationsflüsse • Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Verbesserung der Arbeitszufriedenheit, Senkung der Fluktuation, des Krankenstandes

• Sicherung des (Führungs-) Nachwuchses und der Fachkräfte • größere Unabhängigkeit von den externen Arbeitsmärkten • Senkung der Personalkosten durch optimalen Personaleinsatz und Entdeckung von Fehlbesetzungen

•…

Aber auch für die Beschäftigten bietet eine systematische Personalentwicklung Chancen:

Chancen einer systematischen Personalentwicklung für Beschäftigte: • Aktivierung bisher nicht genutzter persönlicher Fähigkeiten • höherer Grad an beruflicher Selbstverwirklichung durch qualifiziertere Aufgaben

• Verbesserung der Chancen – auch auf dem externen Arbeitsmarkt • verbesserte Karrieremöglichkeiten • Persönlichkeitsentwicklung durch den Aus- und Aufbau von Schlüsselqualifikation

• höhere Sicherheit und Transparenz im Hinblick auf die Entwicklungschancen im Unternehmen

• Einkommensverbesserung

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Damit Beschäftigte den neuen und steigenden Anforderungen in ihren Unternehmen und an ihrem Arbeitsplatz gerecht werden können, reicht es nicht aus, allein die fachlichen Kompetenzen zu stärken, sondern es müssen auch die methodischen, sozialen und persönlichen Kompetenzen – also der ganze Mensch - in den Blick genommen werden.

Handlungskompetenz des Menschen Persönlichkeitskompetenz Auftreten

Ethik

Soziale Kompetenz

Motivationsfähigkeit Intuition

Methodische Kompetenz Moderation

Fachliche Kompetenz

Interviews

Integra- Gesprächsführung tionsfähigkeit

Theorie und Praxis

Projektsteuerung

Erscheinungsbild

Kommunikationsfähigkeit

Einstellungen

Zielgerichtetes Vorgehen Visualisieren

Präsentation Konfliktmanagement

Kooperationsbereitschaft

Initiative

Projektplanung

Einfühlungsvermögen

Kooperationsfähigkeit Kreativität

Körperhaltung Sprache

In der Praxis besteht Personalentwicklung aus vielen verschiedenen Maßnahmen und Methoden. Sicherlich sind vor allem die fachlichen und methodischen Kompetenzen die beiden Bereiche, in denen durch Maßnahmen der Personalentwicklung und hier insbesondere durch Qualifizierung am häufigsten angesetzt wird. Auch die Förderung der sozialen und persönlichen Fähigkeiten kann durch Maßnahmen der Personalentwicklung gestärkt werden. Dies kann nicht allein durch Weiterbildung geschehen, sondern hier stehen weitere Instrumente der Personalentwicklung zur Verfügung.

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Instrumente moderner Personalentwicklung • Einführungskonzepte für neue Mitarbeiter • Erstellung von Anforderungsprofilen • Identifikation von Qualifizierungsbedarfen (z.B. Qualifizierungsmatrix) • Potenzialanalyse (z.B. über Assessment Center) • fachspezifische und/oder Persönlichkeitstests • Zielvereinbarungsgespräche • Reviewing/Mitarbeiterbeurteilung (z.B. Interview, 180/360-Feedback,…) • High Potentials & Karrierepläne • Nachfolgeplanung • Nachwuchsförderung & Berufsausbildung • Identifikation interner Informations- und Kommunikationsprozesse • Führungskräfteentwicklung • Evaluation & Weiterbildungscontrolling • Coaching • Trends in der betrieblichen Weiterbildung sinnvoll einsetzen (z.B. CBT)

So können zum Beispiel Coaching-Angebote gezielt dazu beitragen, dass Beschäftigte bei der Übertragung einer neuen Aufgabe nicht „den Sprung ins kalte Wasser“ erleben, sondern dabei begleitet und unterstützt werden. Auch Einführungsprogramme zielen nicht allein auf die Verbesserung fachlicher Kompetenzen, sondern steigern gleichzeitig die Motivation und Integrationsfähigkeit neuer Mitarbeiter. Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Personalentwicklung sollte immer die Unternehmensstrategie sein, denn damit sind bestimmte (neue) Anforderungen an die Qualifikationen der Beschäftigten verbunden. Strategie Personalentwicklung

Wichtig ist auch hier die frühzeitige Einbeziehung der Beschäftigten und des Betriebsrates. Je transparenter die Überlegungen der Unternehmensleitung gemacht werden und je früher sowohl die Belegschaft als auch der Betriebsrat ihre Erfahrungen und Wünsche einbringen können, desto höher wird die Akzeptanz und der Umsetzungserfolg der Maßnahmen sein. Je genauer diese Aspekte herausgearbeitet werden, umso besser können daraus die notwendigen personellen Maßnahmen abgeleitet werden. 11

Was wird das Unternehmen in drei oder fünf Jahren tun? Welche Einflüsse von innen oder von außen werden eine Rolle spielen? Welches Personal braucht der Betrieb heute und morgen?

Damit beginnt für die Personalentwicklung ein Regelkreis, der einen kontinuierlichen Abgleich zwischen Personalbedarfs- und – bestandsgrößen erfordert. Das Ergebnis dieses Vergleiches ist die Grundlage für die Bestimmung der erforderlichen Personalentwicklungsmaßnahmen.

möglicher Regelkreis einer systematischen Personalentwicklung

nach Oechsler, in: Personal & Arbeit

Im Rahmen dieser Broschüre sollen einige Bereich der Personalentwicklung vorgestellt werden, auf die kein Unternehmen verzichten sollte.

4.1

Personalauswahl und Bewerbungsgespräche

Für die kleinen und mittleren Unternehmen der Textilindustrie ist die Gewinnung geeigneter Auszubildender und qualifizierter Fachkräfte eine wichtige Zukunftsfrage. Fehlentscheidungen führen zu finanziellen Einbußen, zeitlichen Verzögerungen für die Weiterentwicklung des Unternehmens und persönlichen Enttäuschungen oder Demotivation auf Seiten der Beschäftigten. Die Personalauswahl wird in der Regel federführend von der Personalabteilung in Zusammenarbeit mit den jeweils betroffenen Fachvorgesetzten durchgeführt. Nach dem BetrVG (v.a. §§ 93 ff, s. Anhang) hat der Betriebsrat auch in diesem Bereich Mitbestimmungsrechte. 12

In den QuiTex-Workshops wurde deutlich, dass die Entwicklung von Richtlinien und Standards in Kooperation mit dem Betriebsrat eine qualitative Verbesserung der Personalauswahlprozesse ermöglicht, da durch die „Teamarbeit“ weitere Aspekte und Erfahrungen einfließen können. Prinzipiell gilt der Grundsatz der internen Stellenbesetzung vor externer Rekrutierung. Dennoch bestehen für beide Beschaffungswege Vor- und Nachteile, die bei der Personalauswahl berücksichtigt werden sollten.

Vor- und Nachteile interner Personalbeschaffung

Vorteile

Nachteile

Eröffnung von Aufstiegschancen für die vorhandenen Mitarbeiter

weniger Auswahlmöglichkeiten zu wenig neue Impulse (Betriebsblindheit)

geringere Personalbeschaffungskosten

Beförderung „um des lieben Friedens willen“

Risiko von Fehlbesetzungen wird minimiert Einhaltung des gültigen Entgeltniveaus

Enttäuschungen, wenn interne Bewerbung abgelehnt wird

schnellere Stellenbesetzungsmöglichkeit

ggf. hohe Weiterbildungskosten

rasche Eingliederung in bekannte Strukturen

Personalbedarf wird nur quantitativ gedeckt

freie Positionen ggf. für jüngere Mitarbeiter

bei der abgebenden Stelle entsteht neuer Personalbedarf

transparente Personalpolitik

Im Kern geht es bei der Personalauswahl um den Abgleich von den für die Stelle erforderlichen Anforderungsmerkmalen mit den Merkmalen eines Bewerbers/einer Bewerberin. Das bedeutet einerseits, dass die Anforderungsmerkmale einer Position möglichst präzise beschrieben werden sollten. Oft sind die Anforderungsmerkmale nicht bekannt und werden – wenn überhaupt – eher intuitiv bestimmt. Damit ist die Gefahr verbunden, dass die Anforderungen sich an der Qualifikation des Vorgängers orientieren und damit evt. nicht zukunftsorientiert genug sind. Oder es werden unrealistische Anforderungen getroffen, die damit den Kandidatenkreis zu stark einschränken. 13

Anforderungsprofil im Team entwickeln

„In der Diskussion haben wir festgestellt, dass die fachlichen Kompetenzen gar nicht so wichtig sind, denn die kann man am besten schulen. Wichtig ist aber, dass der Bewerber schon gute soziale und

Eine gute – und im QuiTex-Workshop geübte – Vorgehensweise ist die Entwicklung von Anforderungsprofilen „im Team“. Ein solches Team könnte in der Praxis aus dem Personalleiter, dem Fachvorgesetzten, dem derzeitigen Stelleninhaber und dem Betriebsrat bestehen. Diese entwickeln gemeinsam das Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle. Diese Vorgehensweise bietet den Vorteil, dass einzelne Positionen des Anforderungsprofils miteinander abgeglichen werden können und mehrere Sichtweisen und Erfahrungen einfließen. Nachfolgend ist ein mögliches Anforderungsprofil – das jeweils für die zu besetzende Stelle modifiziert werden muss! – dargestellt. Wichtig ist es, im Anforderungsprofil nicht allein fachliche Kompetenzen festzulegen, sondern vor allem den persönlichen und sozialen Kompetenzen Aufmerksamkeit zu schenken.

14

Beispiel eines Anforderungsprofils für eine Führungsposition Unabdingbar Persönliche Kompetenz Unternehmerisches Denken und Handeln Hohe Identifikation mit den Unternehmenszielen und Unternehmensgrundsätzen Einsatzbereitschaft Optimistische Einstellung, auch in schwierigen Situationen Hohe Lernbereitschaft und Experimentierfreude Zupackend; eher Änderungs- als Bewahrungsmentalität Gewinnendes Auftreten Fachliche Kompetenz Hervorragende fachbezogene Qualifikation Breites, fachübergreifendes Wissen Soziale Kompetenz Fähigkeit, Entwicklungspotential bei den Mitarbeitern zu erkennen und die Bereitschaft, diese auch zu fördern Aufgeschlossenes Kommunikationsverhalten (Informationen geben/nehmen) Offener, lockerer Umgang mit anderen Menschen Bereitschaft, mit anderen zu kooperieren, statt Neigung zur Konfrontation und Abgrenzung Fähigkeit, einzelne in einer Gruppe zu integrieren Fähigkeit zur menschlichen Zuwendung Fähigkeit zur Regelung von Konflikten Fähigkeit, andere zu begeistern Fähigkeit, sich in eine Gruppe zu integrieren, sie zu führen und Entscheidungen unter Berücksichtigung des Wissens aller Beteiligten herbeizuführen Management-Methoden-Kompetenz Fähigkeit, das eigene Leistungspotential sowie das der Mitarbeiter und Partner zu organisieren Fähigkeit und Bereitschaft zur Delegation von Aufgaben und Kompetenzen Innovationskompetenz Planerische Kompetenz Fähigkeit zur systematischen Problemlösung

15

wünschenswert

unwichtig

Das Anforderungsprofil ist eine entscheidende Grundlage für das nachfolgende Auswahlverfahren. Hier stehen dem Unternehmen unterschiedliche Instrumente zur Verfügung. Die in der Praxis am häufigsten angewandten Verfahren sind neben der Analyse der Bewerbungsunterlagen die Interviews durch Personal- und Fachabteilungen.

Anwendungs-

Eignungsdiagnostische Verfahren

häufigkeit

Analyse Bewerbungsunterlagen

98%

zusätzlich eingeholte Referenzen

71%

strukturiertes Interview durch Personalabteilung

70%

unstrukturiertes Interview durch Fachabteilung

69%

medizinische Begutachtung

64%

unstrukturiertes Interview durch Personalabteilung

57%

Gruppengespräch

51%

strukturiertes Interview durch Fachabteilung

49%

Leistungstests

47%

Arbeitsprobe

44%

Assessment Center

39%

Intelligenztest

34%

Persönlichkeitstests

21%

biographischer Fragebogen

21%

graphologisches Gutachten

9%

In der Regel ist die Auswertung der Bewerbungsunterlagen der erste Schritt des Auswahlverfahrens. Die folgenden Kriterien ermöglichen eine erste Orientierung, ob die Mindestanforderungen von dem Bewerber oder der Bewerberin erfüllt werden: • • • • • • • • • •

äußere Form, Optik der Bewerbungsunterlagen Vollständigkeit Aussagefähigkeit (Wahrheitsgehalt von Lebenslauf, Zeugnissen und Referenzen, Zeitfolge und Positionsanalyse…) Abschlussnoten Berufserfahrung formale Qualifikation, Spezialkenntnisse Arbeitszeugnisse Alter Gehaltsvorstellungen frühester Einstellungstermin 16

Auf der Grundlage dieser ersten Analyse kann eine erste Unterscheidung nach geeigneten und ungeeigneten Bewerbungen getroffen werden. Gleichzeitig dienen die Bewerbungsunterlagen zur Vorbereitung evtl. nachfolgender Auswahlgespräche. So können schon aus den Bewerbungsunterlagen Hinweise entnommen werden, die im Gespräch erörtert werden sollten. Dazu gehören bspw. Lücken im Lebenslauf, Gründe für die Bewerbung, besondere Branchenkenntnisse etc. Ein Bewerbungsgespräch braucht Vorbereitung. Es soll Informationen liefern, ob der Bewerber aufgrund seiner Ausbildung und seines beruflichen Werdeganges den fachlichen Anforderungen entspricht und ob er aufgrund seiner Persönlichkeit für die Position in Frage kommt. Mit dem Bewerbungsgespräch möchte der Interviewer offene und ehrliche Antworten von dem Bewerber erhalten. Diese Informationen sind in einem Stressinterview nicht zu erreichen, sondern nur durch die Schaffung einer vertrauensvollen Gesprächsatmosphäre. Wichtige Punkte zur Vorbereitung sind: • • • • • •

Analyse der Bewerbungsunterlagen Gesprächsverlauf und Fragen auf der Basis des Anforderungsprofils vorbereiten vor dem Gespräch „einen roten Faden“ gedanklich festlegen ungestörte Gesprächssituation sicherstellen vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre schaffen genügend Zeit einplanen

Nicht zuletzt ist auch die geeignete Fragetechnik ein wichtiger Bereich, dem bei der Vorbereitung des Gespräches Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Die Art und Weise, wie Fragen gestellt werden, entscheidet über die Information, die in dem Gespräch gewonnen werden können. Offene Fragen: Sie ermuntern den Bewerber oder die Bewerberin zum Sprechen und eigenen sich besonders für den Gesprächsbeginn. Offene Fragen können nicht mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden und beginnen mit einem Fragewort (Warum..? Wie…?) Geschlossene Fragen: Sie können mit wenigen Worten beantwortet werden. Damit verschiebt sich die Hauptverantwortung für das Gespräch in Richtung Interviewer und sollten daher nur sehr begrenzt oder gar nicht einge17

setzt werden. Geschlossene Fragen beginnen z. B. mit „Sind Sie…“, „Haben Sie…“ Suggestivfragen: Hier wird dem Bewerber eine bestimmt Antwort bereits nahe gelegt. Der Interviewer bekommt keine wirklichen Informationen. Diese Fragetechnik sollte daher vermieden werden. Suggestivfragen beginnen z. B. mit „Finden Sie nicht auch…?“ Verhaltensfragen: Sie regen den Bewerber an, über eine bestimmte Situation zu sprechen und die Art und Weise, wie diese Situation bewältigt wurde. Sie sind gut geeignet, um einen Eindruck von dem Bewerber zu erhalten. Verhaltensfragen können z. B. beginnen mit „Wie haben Sie es geschafft…?“, „Was haben Sie getan…?“

Auswahlgespräche sind immer stark von subjektiven Einflüssen geprägt. Ziel sollte es dennoch sein, die Ergebnisse weitestgehend zu objektivieren.

Um einen möglichst hohen Nutzen aus dem Bewerbungsgespräch zu ziehen, sollten die Ergebnisse des Gespräches und auch der persönliche Eindruck von dem Bewerber direkt schriftlich festgehalten werden. Gerade dann, wenn mehrere Bewerbungsgespräche innerhalb kurzer Zeit geführt werden, bleibt ansonsten nur ein ungenauer Eindruck zurück. Die schriftlichen Aufzeichnungen ermöglichen später einen Abgleich der Gesprächsergebnisse mit dem Anforderungsprofil. Ein Muster für einen Beobachtungsbogen bei Einzelinterviews befindet sich im Anhang. Weiterhin ist es empfehlenswert, zu einem Bewerbungsgespräch weitere Personen hinzuzuziehen und im Anschluss eine gemeinsame Bewertung vorzunehmen. Das trägt einerseits dazu bei, subjektive Einflüsse möglichst objektivierbar zu machen. Andererseits ist es oft für Personalleitungen oder Führungskräfte nicht ganz einfach, sich in die „Welt des Gegenübers“ hineinzuversetzen. So kann z. B. die Teilnahme der Jugend- und Auszubildendenvertretung an einem Bewerbungsgespräch mit potenziellen Auszubildenden erheblich zur Informationsgewinnung beitragen, denn diese sprechen die Sprache der Jugendlichen. Zudem kann dadurch eine entspanntere Gesprächsatmosphäre erreicht werden. Auch die Teilnahme einer zukünftigen Kollegin an dem Bewerbungsgespräch kann zur Entscheidungsfindung beitragen, ob die Bewerberin zu dem Kollegenkreis „passt“.

18

4.2

Nachfolgeplanung

Im Rahmen der Personalentwicklung ist die Nachfolgeplanung ein wichtiger – aber oft noch vernachlässigter – Bereich. Vor allem dann, wenn erfahrene und spezialisierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „ungeplant“ oder auch aus Altersgründen in größerer Zahl aus dem Unternehmen ausscheiden, werden die Risiken einer fehlenden Nachfolgeplanung offensichtlich und können zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen führen. Dies gilt in besonderem Maße auch für die mittelständisch geprägten Unternehmen der Textilindustrie. Gerade dann, wenn schon seit längerer Zeit ein Fachkräftemangel und zudem eine sinkende Zahl von qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern um neue Ausbildungsstellen zu verzeichnen ist, wird eine Nachfolgeplanung unumgänglich.

§ 92 BetrVG: Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Personalplanung … rechtzeitig und umfassend zu unterrichten.

Die Sicherstellung einer ausreichenden Zahl von Nachwuchskräften ist ein wichtiger Baustein zur Zukunftsfähigkeit von Betrieben. Eine systematisch angelegte Nachfolgeplanung – als Teilbereich der Personalplanung – liegt auch im Interesse des Betriebsrates. Es lohnt sich daher, mit dem Betriebsrat frühzeitig über die Nachfolgeplanung zu sprechen. Mit einer Nachfolgeplanung sollen geeignete und interessierte Beschäftigte ausfindig gemacht und ihnen die Möglichkeit gegeben werden, sich gezielt für die Übernahme einer bestimmten Stelle zu qualifizieren. Diesen Beschäftigten soll die Chance eines planmäßigen Aufstiegs und damit auch ein Anreiz zum Verbleib und zum Engagement im Unternehmen gegeben werden. Gleichzeitig dient eine Nachfolgeplanung auch dazu, mögliche Risiken, die mit dem Ausscheiden von Fachkräften verbunden sind, frühzeitig zu erkennen. Sollte sich herausstellen, dass für bestimmte wichtige Positionen im Unternehmen derzeit keine geeigneten Nachfolgerinnen und Nachfolger zur Verfügung stehen, muss das Unternehmen Maßnahmen der Personalbeschaffung einleiten! Auch dieser Prozess braucht Zeit und ist damit frühzeitig zu planen. Im Rahmen der Nachfolgeplanung sollte für jede Position ein oder mehrere Mitarbeiter benannt werden, die innerhalb einer überschaubaren Zeit in der Lage sind, diese Position zu übernehmen. Wichtig ist die regelmäßige Pflege und Überprüfung der Nachfolgeplanung. Die Nachfolgeplanung sollte unter Einbeziehung der derzeitigen Stelleninhaber durchgeführt werden. 19

Anreiz zur Motivation

Risikovorsorge

Übersicht über einen Nachfolgeplan

Stelle: Derzeitiger Stelleninhaber: Mögliche Nachfolger:

Bis wann?

Auf Dauer?

1. 2. 3.

Stelle:

Stelle:

Derzeitiger Stelleninhaber: Mögliche Nachfolger:

Derzeitiger Stelleninhaber: Bis wann?

Mögliche Nachfolger:

Auf Dauer?

1.

1.

2.

2.

3.

3.

Stelle:

Auf Dauer?

Stelle:

Derzeitiger Stelleninhaber: Mögliche Nachfolger:

Bis wann?

Derzeitiger Stelleninhaber: Bis wann?

Auf Dauer?

Mögliche Nachfolger:

1.

1.

2.

2.

3.

3.

Bis wann?

Auf Dauer?

Quelle: BDA, Instrumente der Personalarbeit 1997, S. 128

Ausgehend von dem Nachfolgeplan sollte eine individuelle Personalentwicklungsplanung erfolgen. Durch den Nachfolgeplan ist der Personenkreis der zu fördernden Mitarbeiter bekannt. In persönlichen Gesprächen mit den Mitarbeitern sollten nun individuelle Schulungsund Personalentwicklungspläne festegelegt werden.

Formular: Karte für Nachwuchskartei Name

Geb.-Datum

Firmeneintritt

derzeitige Funktion

Beurteilung von Förderungsfähigkeit und -bereitschaft

Ziel der Förderung (nächsthöhere erreichbare Funktionsebene)

Geplante Förderungsmaßnahmen

bis wann erreichbar?

durchgeführt wann?

Erfolg?

1. 2. 3. 4. 5. Quelle: BDA, Instrumente der Personalarbeit 1997, S. 129

20

4.3

Mitarbeitergespräche

Eines der wichtigsten Elemente der Personalführung ist das Mitarbeitergespräch. Damit sind nicht die ständig stattfindenden Gespräche zwischen der Führungskräft und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemeint, sondern dabei handelt es sich um planmäßige – in der Regel jährlich - stattfindende Gespräche. Mitarbeitgespräche dienen dazu, wichtige Fragen, wie z. B. die derzeitigen Aufgaben, Anerkennung und Kritik, Beurteilung der geleisteten Arbeit, die Zusammenarbeit zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter sowie Weiterbildungsinteressen und zukünftige Personalentwicklungsplanungen in einem persönlichen Gespräch „unter vier Augen“ zu erörtern.

Im Zuge immer schnellerer Veränderungsprozesse und steigender Anforderungen wird das Mitarbeitergespräch zu einem immer wichtigeren Führungsinstrument.

Mitarbeitergespräche werden häufig auch im Zusammenhang mit Zielvereinbarungsgesprächen und Fragen des Entgeltes geführt. In diesem Fall sind unmittelbar auch Mitsprache- und Mitwirkungsrechte des Betriebsrates, z. B. nach § 87 und § 94 BetrVG (s. Anhang) berührt. Auf diese Form der Mitarbeitergespräche wird aufgrund der hohen Komplexität der Ausgestaltungsmöglichkeiten hier nicht weiter eingegangen. Hier sei auf entsprechende Broschüren der Verbände und der IG Metall verwiesen. Aber auch Mitarbeitergespräche, die keinen Zielvereinbarungscharakter haben, sind mitbestimmungspflichtig im Sinne des § 94 BetrVG. Dies betrifft die Frage, ob überhaupt standardisierte Mitarbeitergespräche geführt werden sollen sowie die einzelnen Fragen. Dies ist unabhängig davon, ob ein schriftlicher Fragenbogen vorliegt oder nicht. Mitarbeitergespräche bieten den Vorgesetzten die Chance, mehr über die Interessen, Potenziale und Sorgen der Mitarbeiter zu erfahren und eine Rückmeldung über das eigene Führungsverhalten zu bekommen. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten diese Gespräche die Chance, eine Rückmeldung über die geleistete Arbeit zu erhalten, eigene Wünsche und Probleme zu erörtern und damit auch eine wichtige Orientierung für die weitere Entwicklung im Unternehmen zu bekommen. Bei Beschäftigten, die nicht darin geübt sind, über sich zu sprechen und strategisch über ihre Zukunft im Unternehmen zu diskutieren, kann die Unterstützung durch den Betriebsrat gefragt sein, in21

Bei der Vorbereitung des Mitarbeiters auf das Gespräch kann die Unterstützung des Betriebsrates gefragt sein!

dem dieser bspw. den Fragenkatalog zuvor mit dem Beschäftigten bespricht. Damit ein Mitarbeitergespräch erfolgreich für „beide Seiten“ ist, braucht es eine gute Vorbereitung. So muss sich einerseits die Führungskraft die Zeit nehmen, sich auf das Gespräch vorzubereiten. Dazu gehört z. B. • • • • •

Gesprächsziele festlegen Gesprächsablauf planen wichtige Punkte vorher schriftlich festhalten ausreichende Zeit einplanen und Störungen während des Gespräches vermeiden Gesprächsergebnisse schriftlich festhalten

Auch der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sollte genügend Zeit haben, sich auf das Gespräch vorzubereiten. Dazu sollte der Gesprächstermin frühzeitig bekannt gegeben und auch die geplanten Gesprächsinhalte vorher mitgeteilt werden. Natürlich sollte dem Mitarbeiter nach dem Gespräch eine schriftliches Protokoll ausgehändigt werden. Mitarbeitergespräche sind eine wichtige Führungsaufgabe. Aber nicht immer sind Führungskräfte darauf ausreichend vorbereitet. Gerade Führungskräfte des mittleren Managements sind hier besonders gefordert. Je größer die Zahl der direkt „unterstellten“ Mitarbeiter ist, um so schwieriger ist die Führungssituation und um so unterschiedlicher sind die Anforderungen, die seitens der Mitarbeiter an die Führungskräfte gestellt werden. Bestimmte Fragetechniken, die Fähigkeit zum Zuhören, zum Umgang mit Kritik und der motivationsfördernden Gesprächsgestaltung sind – in gewissem Maße - lernbar. Die Schulung von Führungskräften ist daher für die erfolgreiche Durchführung von Mitarbeitergesprächen besonders wichtig.

22

5. Schlussbemerkung Die breite Palette möglicher Themen, die im Bereich der Personalentwicklung bearbeitet werden können, führt möglicherweise bei einigen Lesern zur Mutlosigkeit oder auch Überforderung. „Wann sollen wir das denn alles machen?“ „Das kostet zu viel Zeit und Geld!“ Die QuiTex-Trainings haben bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern andere Reaktionen ausgelöst. Sie haben sich nicht vorgenommen, das gesamte Spektrum der Personalentwicklung nun mit einem Schlag im Unternehmen umsetzen zu wollen, sondern erste ausgewählte Schritte zu tun. Als besonders hilfreich empfanden sie dabei den Austausch mit weiteren Branchenkollegen, denn ein persönliches Gespräch hilft oft mehr als das Wälzen dicker Lehrbücher. Das QuiTex-Team hofft, dass die Erfahrungen aus den Trainings auch im betrieblichen Alltag von Nutzen sind. Nicht immer ist es der beste Weg, ausgefeilte und umfangreiche theoretische Konzepte „am grünen Tisch“ zu erarbeiten. Personalentwicklung lebt von der Kommunikation und auch von der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Sichtweisen und Erfahrungen. In jedem Unternehmen – und vielleicht auch bei Kollegen aus anderen Betrieben – liegen viele Erfahrungen vor, die für eine praxisnahe Lösung im Betrieb genutzt werden können. Suchen Sie den Austausch und entwickeln Sie gemeinsam und schrittweise die für Ihren Betrieb beste Lösung! Zur Personalentwicklung gehören natürlich noch weitere Instrumente und Methoden, auf die im Rahmen dieser Broschüre nicht vollständig eingegangen werden kann. In weiteren QuiTex-Broschüren werden einzelne Themenstellungen vertiefend vorgestellt: •

• • •

Personalentwicklungsverbund – eine wirtschaftliche Alternative für professionelle Personalentwicklung in kleinen und mittleren Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie Lust auf Textil – Gewinnung von Azubis für die Textilindustrie Patenschaft – Erfolg durch Begleitung Qualifizierung gemeinsam organisieren!

23

„Das Training hat uns wichtige Hinweise für die Potenzialerfassung bei uns im Betrieb gegeben!“ Betriebsrat

24

Anhang

Muster Beobachtungsbogen Einzelinternview Wichtige Regelungen des BetrVG im Überblick

25

kann sich klar positionieren und für seine Interessen einstehen

Durchsetzung:

Beutet sich und andere nicht aus

zeigt Engagement

Einsatzbereitschaft & Initiative:

kann delegieren / teilt Verantwortung

übernimmt Verantwortung

kann Kommunikationsprozesse positiv unterstützen kann Konflikte angehen und bearbeiten Verantwortungsbereitschaft:

zeigt sich souverän in der Beantwortung der Fragen Antworten sind glaubwürdig und schlüssig Kommunikation-Kritik-Konflikt:

hat sich bewusst auf eine Position in der Verwaltung beworben hat bereits Vorstellungen und Ziele zu der Position Interviewverhalten:

Beobachtungsdimension Allgemeine Fragen:

Name:

+

+/-

-

weitere Beobachtungen

Muster Beobachtungsbogen Einzelinterview

+

+/-

-

weitere Beobachtungen

+

+/-

-

weitere Beobachtungen

Wichtige Regelungen des BetrVG im Überblick Rechte des Betriebsrats bei der betrieblichen Berufsbildung (Auszug) BetrVG

Regelungsbereiche

Personalplanung

§ 92

(1) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Personalplanung (…) rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Er hat mit dem Betriebsrat über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten. (2) Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für die Einführung einer Personalplanung und ihre Durchführung machen. (3) (…)

§ 92a

(1) Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge zur Sicherung und Förderung der Beschäftigung machen. Diese können insbesondere eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit, die Förderung von Teilzeitarbeit und Altersteilzeit, neue Formen der Arbeitsorganisation, Änderungen der Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe, die Qualifizierung der Arbeitnehmer, Alternativen zur Ausgliederung von Arbeit oder ihrer Vergabe an andere Unternehmen sowie zum Produktions- und Investitionsprogramm zum Gegenstand haben. (2) Der Arbeitgeber hat die Vorschläge mit dem Betriebsrat zu beraten. Hält der Arbeitgeber die Vorschläge des Betriebsrats für ungeeignet, hat er dies zu begründen; in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern erfolgt die Begründung schriftlich. Zu den Beratungen kann der Arbeitgeber oder der Betriebsrat einen Vertreter des Arbeitsamtes oder des Landesarbeitsamtes hinzuziehen.

§ 93

Der Betriebsrat kann verlangen, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs ausgeschrieben werden. (1) Personalfragebogen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung (...) nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. (…)

§ 94

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für persönliche Angaben in schriftlichen Arbeitsverträgen, die allgemein für den Betrieb verwendet werden sollen, sowie für die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze. (1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien (…) nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. (…)

§ 95

(2) In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die bei Maßnahmen des Absatzes 1 Satz 1 zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. (…) (3) Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung. (4)

Förderung der Berufsbildung

§ 96

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben im Rahmen der betrieblichen Personalplanung (…) die Berufsbildung der Arbeitnehmer zu fördern. Der Arbeitgeber hat auf Verlangen des Betriebsrats den Berufsbildungsbedarf zu ermitteln und mit ihm Fragen der Berufsbildung (…) zu beraten. Hierzu kann der Betriebsrat Vorschläge machen. (2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darauf zu achten, dass unter Berücksichtigung der betrieblichen Notwendigkeiten den Arbeitnehmern die Teilnahme an betrieblichen oder außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung ermöglicht wird. Einrichtung und Maßnahmen der Berufsbildung

§ 97

(1) Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat über die Errichtung und Ausstattung betrieblicher Einrichtungen zur Berufsbildung, die Einführung betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen und die Teilnahme an außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen zu beraten (2) Hat der Arbeitgeber Maßnahmen geplant oder durchgeführt, die dazu führen, dass ich die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer ändert und ihre beruflichen Kenntnisse oder Fähigkeiten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr ausreichen, so hat der Betriebsrat (…) mitzubestimmen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. (…) Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen (1) Der Betriebsrat hat bei der Durchführung von Maßnahmen der Berufsbildung mitzubestimmen.

§ 98

(2) Der Betriebsrat kann der Bestellung einer mit der Durchführung der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Person widersprechen oder ihre Abberufung verlangen, wenn diese die (…) Eignung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes nicht besitzt oder ihre Aufgaben vernachlässigt. (3) Führt der Arbeitgeber betriebliche Maßnahmen der Berufsbildung durch oder (…), so kann der Betriebsrat Vorschläge für die Teilnahme von Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern des Betriebs an diesen Maßnahmen (…) machen. Einrichtung und Maßnahmen der Berufsbildung

§ 99

(3) Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat über die Errichtung und Ausstattung betrieblicher Einrichtungen zur Berufsbildung, die Einführung betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen und die Teilnahme an außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen zu beraten (4) Hat der Arbeitgeber Maßnahmen geplant oder durchgeführt, die dazu führen, dass ich die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer ändert und ihre beruflichen Kenntnisse oder Fähigkeiten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr ausreichen, so hat der Betriebsrat (…) mitzubestimmen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. (…)

Seit 1996 gibt es in NRW die Zukunftsinitiative Textil (ZiTex). Zunächst als Landesinitiative gegründet, ging sie 2004 in die Trägerschaft der textilen Arbeitgeberverbände NRW und der IG Metall NRW über. ZiTex ist angetreten, um die Textilwirtschaft bei der Bewältigung des strukturellen Wandels zu unterstützen. Dies geschieht in den sehr unterschiedlichen Themenfeldern Forschung, Entwicklung oder Internationalisierung und trägt zur Standort- und Beschäftigungssicherung der Betriebe bei. Um das immer relevanter werdende Thema der Aus- und Weiterbildung intensiv bearbeiten zu können, wurde 2002 die Qualifizierungsinitiative Textil NRW (QuiTex) gestartet. Die Qualifizierungsinitiative Textil NRW (QuiTex) ist ein Partnerprojekt der Zukunftsinitiative Textil NRW (ZiTex). Sie wird getragen und mitfinanziert durch die textilen Landesverbände in NRW und die IG Metall Bezirksleitung NRW. Zur Durchführung von QuiTex gründeten die Träger die Arbeitsgemeinschaft „Verbesserung der Aus- und Weiterbildung in der Textilindustrie NRW GbR“. Beim Projektmanagement werden sie von den Beratungsgesellschaften Matrix GmbH & Co. KG, Düsseldorf und ISA CONSULT GmbH, Bochum, unterstützt. Ansprechpartner der Arbeitsgemeinschaft sind: • Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V. Postfach 8049, 48943 Münster, Telefon 0251 / 53000-0 (Frau Stecken, Herr Tschöpe) • Verband der Rheinischen Textilindustrie e.V., Postfach 20 01 53, 42201 Wuppertal, Telefon 0202 / 2580-0 (Frau Schneider) • Industriegewerkschaft Metall Bezirksleitung NRW, Roßstr. 94, 40476 Düsseldorf, Telefon 0211 / 45484-0 (Herr Sattler) Das Projekt wird gefördert mit Mitteln der Europäischen Union und des Landes Nordrhein-Westfalen.