Prof. Dr. Stefan Kadelbach, LL.M. SoSe 2013

Prof. Dr. Stefan Kadelbach, LL.M. SoSe 2013 Kolloquium "Völkerrecht II": Völkerrecht besonderer Teil (einschließlich internationaler Organisationen)...
Author: Claudia Fischer
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Prof. Dr. Stefan Kadelbach, LL.M.

SoSe 2013 Kolloquium "Völkerrecht II":

Völkerrecht besonderer Teil (einschließlich internationaler Organisationen) Donnerstags 14-16, RuW 1.303 A. Gliederung § 1 Einführung (18.4.) I.

Allgemeines zur Veranstaltung

II.

Zur Wiederholung: Einige Grundbegriffe 1. Quellen 2. Subjekte 3. Haftung

§ 2 Globale Ressourcen (25.4.) I.

Seerecht

II.

Luft und Weltraum

III.

Umwelt

IV.

Kulturgüter

§ 3 Internationale Wirtschaft (2.5., 16.5. und 23.5.) I.

Handel (WTO)

II.

Rohstoffe und Investitionen (ICSID)

III.

Arbeit: Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO)

IV.

Währung und Kapitalverkehr: Der Internationale Währungsfonds (IMF)

§ 4 Entwicklung (6.6.) I.

Ansätze

II.

Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit

III.

Die Weltbankgruppe

IV.

Modelle zur Bewältigung der Schuldenkrise

V.

Völkerrechtliche Sonderregeln für Entwicklungsländer

§ 5 Friedenssicherung und friedliche Streitbeilegung (13.6. und 20.6.) I.

Das völkerrechtliche Gewaltverbot und seine Ausnahmen

II.

Das System kollektiver Sicherheit der Vereinten Nationen 1. Der Begriff „System kollektiver Sicherheit“ 2. Die Verantwortung der UNO für Frieden und internationale Sicherheit a) Das Konzept der Kapitel VI und VII der UNC b) Peace Enforcement c) Peace-Keeping

III.

Regionale Systeme: NATO, EU

IV.

Auslandseinsätze der Bundeswehr

§ 6 Recht in bewaffneten Konflikten (27.6. und 4.7.) I.

Rückblick auf die Geschichte des humanitären Völkerrechts

II.

Internationale bewaffnete Konflikte 1. Beginn und Ende 2. Verbotene Mittel und Methoden 3. Geschützte Personen 4. Seekrieg und Luftkrieg 5. Sicherung der Beachtung 6. Neutralität

III.

Nicht-internationale bewaffnete Konflikte

B. Materialien I. Quellensammlungen Eine Vertragssammlung ist für die Veranstaltung erforderlich, bspw. 

A. Randelzhofer (Hg.), Völkerrechtliche Verträge, Beck-Texte dtv, München 13. Aufl. 2013 (Taschenbuchausgabe, 16,90 €).



C. Tomuschat (Hg.), Völkerrecht Textsammlung, Nomos, Baden-Baden 5. Aufl. 2012 (16,90 €).



Sartorius II, Internationale Verträge. Europarecht, Loseblattslg., C.H. Beck, München 51. Lfg. Dezember 2012.

II. Skripten und Lehrbücher Die Veranstaltung baut auf dem Kolloquium Völkerrecht I auf (s. S. Kadelbach, Skript Völkerrecht I, Stand 2011, erhältlich in der Buchhandlung Theo Hector). Zur Vorbereitung und Nacharbeit des Kolloquiums Völkerrecht II seien vor allem empfohlen: 

M. Ruffert/C. Walter, Institutionalisiertes Völkerrecht, C.H. Beck, München 2009 (zu den internationalen Organisationen),



W. Graf Vitzthum (Hg.), Völkerrecht, De Gruyter, Berlin - New York 5. Aufl. 2010 (zu den behandelten Bereichen).

Weitere Lesehinweise finden Sie in der anschließenden Sammlung von Verständnisfragen und Fällen. Zum Nachschlagen empfiehlt sich R. Wolfrum (Hg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Oxford 2012, für den ersten Zugriff auf ein bestimmtes Problem; enthält auch Zusammenfassungen von Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs. Die wichtigsten sind auch aufbereitet bei O. Dörr, Kompendium völkerrechtlicher Rechtsprechung, Tübingen 2004.

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C. Fälle und Probleme § 1 Grundbegriffe: Dazu werden keine speziellen Fragen besprochen. Sollten Sie hier Defizite feststellen, sei zur Nacharbeitung das Skript „Völkerrecht I“ empfohlen! § 2 Globale Ressourcen Lektüre: Proelß, Raum und Umwelt im Völkerrecht, in Vitzthum, Völkerrecht, S. 389 (418-489). I. Seerecht 1. In einer Inselgruppe wird in schwedischen Gewässern durch die Marine ein russisches U-Boot aufgespürt. Welche Befugnisse haben die schwedischen Behörden? 2. Die Bundesrepublik Deutschland nimm im Bereich der Deutschen Bucht Hoheitsgewässer in einer Breite von 16 sm in Anspruch, um Ölunfälle leichter bekämpfen zu können (BGBl. 1984 I, 1366). Ist dies zulässig? 3. Sind die Küstenstaaten berechtigt, radioaktive Abwässer oder Abfälle innerhalb von 200 sm von der Küstenbasislinie einzuleiten oder zu versenken? Vgl. Internationaler Seegerichtshof, Beschluss v. 3. 12. 2001, Case No. 10, The MOX Plant Case (Ireland v. United Kingdom), http://www.itlos.org.; EuGH, Rs. C-459/03, Slg. 2006, I-4635 (Kommission v. Irland), beide ohne Entscheidung in der Sache. 4. Das Piratenproblem vor der somalischen Küste ist Ihnen aus der Tagespresse bekannt. Was sagt die Seerechtskonvention dazu? 5. Aufgrund eines kanadischen Gesetzes von 1995 ("Coastal Fisheries Protection Act") wird festgelegt, dass Schiffe, die keine Flagge, eine Billigflagge oder die Flaggen Spaniens oder Portugals führen, außerhalb der 200 sm-Wirtschaftszone angehalten und aufgebracht werden können, wenn sie gegen kanadische Fischereiregelungen verstoßen. Am 9. 3. 1995 bringen Schiffe der kanadischen Küstenwache den spanischen Trawler "Estai" in etwa 220 sm Entfernung von der Küstenbasislinie auf und schleppen es in einen kanadischen Hafen. Dazu IGH, Fisheries Jurisdiction Case (Spain v. Canada), ICJ Rep. 1998, 432, bearbeitete Kurzfassung in O. Dörr, Kompendium völkerrechtlicher Rechtsprechung, S. 681 ff. 6. Das Schiff Saiga, ein Öltanker, der unter Flagge des Staates Saint Vincent fährt und von einer Schweizer Gesellschaft gechartert ist, versorgt Schiffe, die vor der Küste Guineas fischen, mit Öl. Es wird von einem Boot der Küstenwache auf Hoher See aufgebracht, da es unberechtigt in die ausschließliche Wirtschaftszone eingefahren und dort der Schmuggelei nachgegangen sei. Guinea beruft sich auf das Recht der Nacheile. Es hält das Schiff in Conakry fest, ohne Saint Vincent zu benachrichtigen oder die Stellung einer Kaution zu fordern. Saint Vincent verlangt nunmehr das Schiff und die Besatzung heraus und fordert eine Entschädigung für die konfiszierte Fracht. Internationaler Seegerichtshof (International Tribunal of the Law of the Seas – ITLoS) Case No. 1, Urt. 4. 12. 1997, The M/V "Saiga" (Saint Vincent and the Grenadines v. Guinea), ILM 1998, 362 oder http://www.itlos.org. Der jüngste Fall, in dem es um das Festhalten eines Schiffes geht (ITLoS Case No. 21), betrifft die argentinische Fregatte „Ara Libertad“, dessen Beschlagnahme in einem ghanaischen Hafen am 2. Oktober 2012 gerichtlich angeordnet wurde. Welche Regeln sind hier zusätzlich zu beachten? II. Luft und Weltraum 1. Am 23. 6. 2012 um 10:40 Ortszeit ortet die syrische Armee nach eigenen Berichten auf dem Radarschirm ein nicht identifiziertes Ziel, das in geringer Höhe und mit hoher Geschwindigkeit in syrischen Luftraum eingedrungen sei. Sie ordnet den Abschuss an. Es stellt sich heraus, dass es sich um eine türkische Militärmaschine vom Typ F4 Phantom handelte, die sich nach türkischer Darstellung auf einem Aufklärungsflug befand. Hätte es einen Unterschied gemacht, wenn es sich um - ein Militärflugzeug mit Navigationsdefekt oder - eine Linienverkehrsmaschine

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gehandelt hätte? Zu Abschüssen von Zivilflugzeugen kommt es immer wieder. Die Streitbeilegung scheitert in derartigen Fällen meist an der Unzuständigkeit internationaler Gerichte, s. z.B. Case concerning the Aerial Incident of 10 August 1999 (Pakistan v. India), ICJ Rep. 2001, 12, wiedergegeben bei O. Dörr, Kompendium völkerrechtlicher Rechtsprechung, S. 701 ff. 2. Es entspricht gängiger Praxis, per Satellit Aufnahmen von der Erdoberfläche anderer Staaten zu übertragen und auszuwerten. Neben vielem anderen werden auf diese Weise bspw. Erkenntnisse über die Standorte von Raketen und militärische Aktivitäten gewonnen. Steht diese sog. Fern- oder Erderkundung mit dem Völkerrecht in Einklang? Dazu Fischer, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 56 Rn. 60 ff. 3. Nehmen Sie an, über der mecklenburgischen Seenplatte stürzt ein russischer Satellit ab, in den eine nuklearbetriebene Steuerungseinheit eingebaut ist. Die Bergung und Dekontamination verursacht Kosten. Wer hat diese zu tragen? Wo ist diese Frage geregelt? S. Proelß in Vitzthum, Völkerrecht, S. 446. III. Umwelt 1. Die Rubrik „Der klassische Fall“ a) Im kanadischen Ort Trail (British Columbia) betreibt eine kanadische Gesellschaft eine Zinkund Bleischmelze, deren Schwefeldioxydabgase im U.S.-Bundesstaat Washington erhebliche Schäden für die Land- und Forstwirtschaft verursachen. Die USA verlangen von Kanada die Einstellung des Betriebes und Schadensersatz. Trail Smelter Case, U.S. vs. Canada, RIAA III, 1911 (1941). b) Frankreich beabsichtigte, den Fluss Font-Vive zur Energiegewinnung zu nutzen. Dieser Fluß führt vom vollständig auf französischem Territorium gelegenen Pyrenäensee Lac Lanoux zum französisch-spanischen Grenzfluss Carol. Es war geplant, den Font-Vive in das zu Frankreich gehörende Ariège-Tal abzuleiten. Nach der Nutzung sollte es dem Carol wieder zugeleitet werden. Spanien machte geltend, das Vorhaben bedürfe seiner Zustimmung. RIAA XII, 281 (1957). 2. Wenden Sie die Kernaussagen aus den beiden Fällen zu 1 auf folgenden Fall an: Aufgrund einer Panne strömten aus einem Goldbergwerk in Rumänien, das von einer mehrheitlich australischen Gesellschaft betrieben wird, giftige, zyanidhaltige Substanzen in einen Zufluss von Theis und Donau. Nicht nur in Rumänien, auch in der Slowakei und in Ungarn starben Fische und Vögel. Das Wasser war für die Trinkwasserversorgung unbrauchbar, die Bewässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen wurde hoch riskant. Fischer und Bauern erlitten Einbußen. -

In welchem Verfahren und gegen wen können mit Aussicht auf Erfolg Ansprüche geltend gemacht werden?

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Ist das Haftungsrecht generell ein geeignetes Instrument des Umweltschutzes?

3. Was regelt das sog. Kioto-Protokoll? Welche Strategien zur Verminderung des CO 2-Ausstoßes sind vorgesehen? Was sind die Probleme derartiger internationaler Regime zum Schutz von Gemeinschaftsgütern? Wer haftet für die Schäden? Zur Vertiefung: J. Brunnée, The Kyoto Protocol: Testing ground for compliance theories?, ZaöRV 63 (2003), 255 ff.; zur Umsetzung Kobes, Grundzüge des Emissionshandels in Deutschland, NVwZ 2004, 513 ff. § 3 Internationales Wirtschaftsrecht Zu I: Handel Lesehinweise: Einführung bei M. Krajewski, Wirtschaftsvölkerrecht, 3. Aufl. 2012, S. 38-127; dt. Übersetzung der wichtigsten Vertragstexte: Ch. Tietje (Hg.), Welthandelsorganisation, dtv, 4. Aufl. 2009. Die Vertragstexte sowie Entscheidungen der Panels und des Appellate Body sind in englischer Sprache im Internet erschließbar über http://www/wto.org; für das Studium aufbereitete Entscheidungen bei Ch. Pitschas/J. Neumann/Ch. Herrmann, WTO-Recht in Fällen, 2. Aufl. 2013; Lehrbücher: Ch. Herrmann/W. Weiß/Ch. Ohler, Welthandelsrecht, 2. Aufl. 2007; M. Hilf/St. Oeter, WTO-Recht, 2. Aufl. 2010.

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1. Aufgrund des Lebensmittelrechts der Europäischen Union war der Verkauf hormonbehandelten Rindfleischs aus den USA auf dem Gemeinsamen Markt verboten, da dieses gesundheitsschädlich sei. Die USA vermuteten dahinter Protektionismus und riefen die Streitschlichtungsinstanzen der WTO an. Wie verläuft das Verfahren? Wie war in der Sache zu entscheiden? Welche Folgen hat dies für die EU und ihre Mitgliedstaaten? Appellate Body, WT/DS26/AB/R und WT/DS48/AB/R – EC – Measures concerning meat and meat products (1998). 2. Section 609 des US-amerikanischen Public Law 101-162 verbietet die Einfuhr von Shrimp, die kommerziell auf eine Weise gefangen werden, die Meeresschildkröten schaden. Ausnahmen sind für Staaten vorgesehen, die nach diesem Gesetz zertifiziert sind. Eine solche Zertifizierung setzt voraus, dass eine Fangtechnik gesetzlich vorgeschrieben wird, die Meeresschildkröten von den Netzen fernhält und die der in den USA verwendeten vergleichbar ist. In den Lebensräumen der Meeresschildkröten müssen „turtle excluder devices“ verwendet werden. Indien, Malaysia, Pakistan und Thailand beantragten die Einberufung eines Panels, da sie diese Regelung für unvereinbar mit dem GATT halten. US – Import prohibition of certain shrimp and shrimp products. Die Entscheidungen der Schiedsgerichte sind abgedruckt in ILM 1998, 832 und ILM 1999, 118 sowie bei Pitschas/Neumann/Herrmann, S. 97 ff. 3. Wie steht es mit Genehmigungs- und Etikettierungspflichten beim Handel mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln? Der Bericht des WTO-Panels (EC – Measures affecting the approval and marketing of biotech oroducts WT/DS291-293/R) (2006) umfasst rund 1000 Seiten; vgl. Zur Einordnung Herrmann/Weiß/Ohler, S. 261 f. Zu IV: Investitionen Lektüre: Dolzer, Wirtschaft und Kultur, in Vitzthum, Völkerrecht, S. 491 (519-529); Reinisch, in: Tietje (Hg.), Internationales Wirtschaftsrecht, 2009, S. 346-374. 1. Die Barcelona Traction, Light and Power Company, Ltd., war eine Kapitalgesellschaft kanadischen Rechts und unterhielt seit 1911 ihren Geschäftssitz in Toronto. Gesellschaftszweck war die Entwicklung der Energieversorgung in Katalonien. Drei ihrer vielen Tochterunternehmen waren Kapitalgesellschaften kanadischen Rechts, die übrigen waren nach spanischem Recht registriert. Ein hoher, aber nicht näher bekannter Anteil der Geschäftsanteile wurde von belgischen Staatsangehörigen gehalten. Infolge des spanischen Bürgerkrieges kam die Dividendenzahlung ins Stocken und wurde 1940 wegen der Devisenbewirtschaftung auch nur noch in Peseten, nicht mehr, wie bisher, in britischen Pfund wieder aufgenommen. 1948 beantragten einige spanische Anteilseigner, die auf nicht mehr aufklärbare Weise in den Besitz auf Pfund lautender Schuldverschreibungen der Gesellschaften gelangt waren, die Eröffnung des Konkursverfahrens, die umgehend angeordnet wurde. Die Geschäftsführung wurde entlassen, die Anteile billig an spanische Gesellschafter veräußert. Belgische Aktionäre sahen hierin eine versteckte Enteignung. IGH, The Barcelona Traction, Light and Power Company, Ltd., Belgien/Spanien, ICJ Reports 1970, 3, teilw. abgedr. bei O. Dörr, Kompendium völkerrechtlicher Rechtsprechung, S. 266 ff. -

Konnte Belgien den Anspruch gegen Spanien geltend machen?

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Angenommen, dies wäre der Fall gewesen: Nach welchen Maßstäben war zu entscheiden?

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Ist die Entscheidung noch zeitgemäß?

2. Eine britische Gesellschaft (Wena) betreibt zwei Hotels in Ägypten. Mit der EHC (Egyptian Hotels Company), die im Besitz des ägyptischen Staates steht, schließt sie einen langfristigen Vertrag über Überlassung, Entwicklung und Aufbau der Gebäude gegen Zahlung einer Miete. Da Wena Beanstandungen über den Zustand dieser Hotels vorbringt, diese aber unbeachtet bleiben, hält sie einen Teil der Miete zurück. EHC fordert diese weiterhin ein. In der Folgezeit verschaffen sich Schlägertrupps den Besitz an den Hotels, richten zunächst einigen Schaden an, und entlassen das Personal. Wena hat zunächst in Ägypten erfolglos einige Schiedsverfahren betrieben und versucht es nun vor dem ICSID-System. Dort macht die Gesellschaft Entschädigung und entgangenen Gewinn geltend. Wena-Hotels (ILM 2002, 881 ff.) Was ist die Besonderheit an diesem Verfahren? Wie ist in der Sache zu entscheiden? 3. V ist eine Gesellschaft, die im Eigentum des schwedischen Staates steht und in Deutschland die Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel betrieb. Sie will für Einbußen i.H.v. ca. 3,5 Mrd €

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entschädigt werden, die ihr durch die sog. Energiewende und die mit ihr einhergehende Stilllegung ihrer Kraftwerke entstanden seien. Im Juni 2012 hat sie das ICSID angerufen. Mit Aussicht auf Erfolg? Zusatzfrage außerhalb des Kursstoffs: Könnte V auch den EuGH oder/und das BVerfG anrufen? Zu V: Arbeit Lektüre: Die ILO wird in den völkerrechtlichen Lehrbüchern vernachlässigt. Zur den im folgenden Fallbeispiel angedeuteten Debatten die Kontroverse zwischen P. Alston, Core Labour Standards and the Transformation of the International Labour Rights Regime, European Journal of International Law (EJIL) 2004, 457 ff. und B. Langille, Core Labour Rights – The True Story, EJIL 2005, 409 ff. Nach Schätzungen der ILO arbeiten allein in den Entwicklungsländern 250 Mio Kinder im Alter zwischen 5 und 14 Jahren, fast die Hälfte mehr als neun Stunden täglich. 70 % sind in der Landwirtschaft tätig. In einigen Ländern müssen Kinder - meist ohne Schutzmaske - die Flaggen auf den Feldern hochhalten, die Flugzeuge mit Pflanzengift einweisen. 50 Mio Kinder arbeiten unter Bedingungen, die als gefährlich eingestuft werden, u.a. im Bergbau und im Transportwesen. In einigen Ländern Asiens und Afrikas werden Kinder als Sklaven verkauft. Verbreitet ist auch die Rekrutierung Minderjähriger zu Soldaten. Im Juni 1999 wurde eine neue ILO-Konvention gegen die Kinderarbeit aufgelegt, die gegenüber Kindern und Jugendlichen bis zum Alter von 18 Jahren Zwangsarbeit, Prostitution und pornographischen Missbrauch untersagt. Zwar gibt es schon lange wesentlich weiterreichende Übereinkommen auch der ILO, doch blieben diese weitgehend wirkungslos. Die Konzentration auf besonders schwerwiegende Verstöße bedeutete einen neuen Ansatz. -

Wie kommt ein derartiges Übereinkommen zustande und wie wird seine Einhaltung überwacht?

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Zahlreiche Übereinkommen der ILO betreffen denselben Gegenstand, haben aber auch nur teilweise überschneidende Teilnehmerkreise. Man denkt seit einigen Jahren darüber nach, diese Abkommen jeweils zusammenzuziehen, ohne dass Staaten sich von eingegangenen Pflichten lösen können. Welche rechtlichen Schwierigkeiten treten dabei auf?

Zu VI. Währung Lektüre: M. Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 9. Aufl. 2011, S. 331-344. 1. B, eine deutsche Bank, will D, einen russischen Devisenhändler, aus einem Wechsel in Höhe von 1 Mio. € in Anspruch nehmen und erhebt Klage vor dem Landgericht Frankfurt. D macht geltend, die Forderung sei nicht durchsetzbar, da sie unter Art. VIII Abschn. 2 lit b S. 1 des Bretton Woods Abkommens von 1944 über den Internationalen Währungsfonds (International Monetary Fund - IMF) falle. Die Bestimmung lautet: "Exchange contracts which involve the currency of any member and which are contrary to the exchange control regulations of that member maintained or imposed consistently with this Agreement shall be unenforceable in the territories of any member." Nehmen Sie an, das russische Devisengesetz macht die Aufnahme von Krediten bei Ausländern von einer Bewilligung der russischen Nationalbank abhängig, Fall nach BGH NJW 1994, 1868. -

Was ist die Aufgabe des IWF?

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Welchen Sinn hat die zitierte Regelung?

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Wie ist der Fall zu lösen?

2. Griechenland erhielt als Teil eines sog. Rettungsschirms durch den IWF seit Frühjahr 2010 Kreditzusagen über 30 Mrd. €, die in mehreren Tranchen ausgezahlt werden sollten. Für den gesamten Stabilisierungsmechanismus stellte der IWF 250 € bereit. Die von Griechenland gegebenen Zusagen (Kürzung der Staatsausgaben, Erhöhung der Steuereinnahmen, Privatisierungen) konnten bislang nicht im avisierten Umfang eingehalten werden (vgl. IMF Country Report No. 13/20, Greece, vom Januar 2013, http://www.inf.org.external/pubs/ft/ser/2013/cr1320.pdf). Dennoch wurden im

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Zusammenwirken mit den anderen Vertretern der anderer institutioneller Geldgeber, der EUKommission und der Europäischen Zentralbank, weitere Kredittranchen überwiesen. -

Nach welchen Kriterien, in welchem Verfahren und auf welche Weise werden diese Mittel vergeben?

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Ist die gegenüber Griechenland verfolgte Politik mit den Statuten des IWF vereinbar? Krit. dazu Gaitanides, Intervention des IWF in der Eurozone – mandatswidrig?, NVwZ 2011, 848 ff.

3. Auf dem sog. G 20-Gipfel wurde im April 2012 beschlossen, die Mittel des IWF um 430 Mrd $ auf eine Billion $ aufzustocken, um weltweit in Zahlungsbilanzschwierigkeiten geratene Länder besser unterstützen zu können. Halten Sie den IWF für geeignet, um diese Aufgabe zu bewältigen? § 4 Entwicklung Lektüre: zur Einführung Dolzer, Wirtschaft und Kultur, in Vitzthum, Völkerrecht, S. 491 (549555); ausführlicher Kadelbach, Entwicklungsvölkerrecht, Festschrift Michael Bothe, 2008, S. 625 ff. = http://www.normativeorders.net/de/?option=com_content&view=article&id=320 und Kaltenborn, Entwicklungs- und Schwellenländer in der Völkerrechtsgemeinschaft, AVR 46 (2008), 205 ff. Problem: Zahlreiche Staaten der sog. dritten Welt befinden sich in einer schweren strukturellen Krise. Welche internationalen Hilfsmechanismen stehen zur Verfügung, um diese abzumildern? Bestehen sogar entsprechende rechtliche Pflichten? Wo liegen die Grenzen des völkerrechtlich Zulässigen, diese Mittel als Hebel zur Durchsetzung wirtschaftlicher, sozialer und verfassungsrechtlicher Reformen einzusetzen? Gibt es überhaupt ein Sondervölkerrecht der Entwicklungszusammenarbeit? § 5 Friedenssicherung und friedliche Streitbeilegung Lektüre: Bothe, Friedenssicherung und Kriegsrecht, in Vitzthum, Völkerrecht, S. 639-691. 1. Nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center in New York am 11. 9. 2001 erklärte die NATO den sog. Bündnisfall. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den Anschlag und wies auf das Recht der USA zur Selbstverteidigung hin. Daraufhin setzten eine Reihe von NATOStaaten ihre Truppen in Afghanistan ein mit dem Ziel, die amtierende Regierung zu entmachten und Mitglieder des Terrornetzwerkes Al Quaida zu fassen. -

Lassen sich diese Maßnahmen mit Art. 51 UNC vereinbaren, welche Merkmale des Art. 51 UNC sind ggf. problematisch?

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Bietet Kapitel VII UNC eine Grundlage?

Zur Vertiefung: C. Gray, International Law and the Use of Force, 2. Aufl. 2004, S. 159 ff. 2. War der Einsatz militärischer Gewalt durch eine von den USA geführte Armee im Irak im März 2003 mit dem Völkerrecht vereinbar? Dazu u.a. Bothe, Der Irak-Krieg und das völkerrechtliche Gewaltverbot, AVR 41 (2003), 255 ff. 3. Welchen Rechtfertigung gibt es für den Einsatz französischer und westafrikanischer Truppen in Mali? 4. Im Zuge des Bürgerkrieges in Libyen erließ der UN-Sicherheitsrat Resolution 1970 vom 26. Februar 2011, durch die Verletzungen der Menschenrechte verurteilt, gegen Libyen ein Waffenembargo verhängt, gegen 16 Angehörige des Gaddafi-Regimes ein Reiseverbot ausgesprochen wurde und deren Auslandskonten einzufrieren waren; ferner wurde die Situation zur weiteren strafrechtlichen Beurteilung an den Internationalen Strafgerichtshof überwiesen. Nachdem die Arabische Liga die Errichtung einer Flugverbotszone befürwortet hatte, erließ der Sicherheitsrat am 17. März 2011 bei fünf Enthaltungen Resolution 1973; sie erinnert die Mitgliedstaaten an die Verantwortung zum Schutz der Zivilbevölkerung, ermächtigt sie, außerhalb einer Besetzung libyschen Territoriums alle hierfür notwendigen Maßnahmen zu ergreifen („all necessary measures“) sowie die Flugverbotszone und die übrigen Sanktionen durchzusetzen. Die Resolutionen stützen sich auf Kapitel VII der UN-Charta.

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Zu Recht?

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Besteht eine Schutzverantwortung (Responsibility to Protect) des Inhaltes, dass die Staaten zu einem Eingreifen womöglich verpflichtet waren? Müssten sie das in Syrien dann auch tun?

Zur Vertiefung: Orford, From promise to practice? The legal significance of the responsibility to protect concept, Finnish YbIL 21 (2013), 65 ff. 5. Der UN-Sicherheitsrat hat verschiedene Einrichtungen geschaffen, so die die United Nations Compensation Commission (UNCC), die Entschädigungsansprüche bearbeitete, die infolge der Invasion des Irak in Kuwait entstanden, und die Straftribunale für Jugoslawien und Ruanda 1993 bzw. 1994. Die Resolutionen über die beiden Straftribunale erlegt allen Staaten eine Pflicht zur Amtshilfe auf. -

Welche Grundlage bietet die Charta hierfür?

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Kann die Nutzung dieser Kompetenzen gerichtlich überprüft werden?

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Was sind die Folgen eventueller Kompetenzüberschreitungen durch den UNSicherheitsrat?

§ 6 Recht in bewaffneten Konflikten Lektüre: Bothe, Friedenssicherung und Kriegsrecht, in Vitzthum, Völkerrecht, S. 639 (691-740); Gasser, Humanitäres Völkerrecht – eine Einführung, 2008. 1. Die USA hielten auf ihrer Militärbasis in Guantanamo Bay (Kuba) in Afghanistan gefasste Mitglieder der Taliban und der Zugehörigkeit zu Al Qaida verdächtige Personen fest. Der Status von Kriegsgefangenen wurde ihnen nicht zuerkannt. Zu Recht? Was sind die Konsequenzen? 2. In den letzten Jahren wurde über folgende Vorfälle berichtet: 

In Afghanistan kam es zu Angriffen alliierter Truppen auf vermeintlich militärische Ziele, die allein zivile Opfer forderten. In welcher Weise ist die Zivilbevölkerung vor Kampfhandlungen geschützt? Welche strafrechtlichen Bestimmungen gelten hier und wer ist für die Ermittlungen zuständig?



Während des Südossetien-Krieges schossen im Sommer 2008 im Gefolge der russischen Truppen agierende ossetische Milizen auf mehrheitlich von Georgiern bewohnte Dörfer; welche Regeln gelten hier?



Wie sind die gezielte Tötung des Terrorismus verdächtiger Personen durch die regulären Armeen Israels (Gaza), Russlands (Tschetschenien) oder der USA (Afghanistan) zu beurteilen? Dazu N. Melzer, Interpretative Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities, Genf 2009; U.N. General Assembly, Human Rights Council: Report of the Special Rapporteur on extrajudicial, summary or arbitrary executions, Philip Alston, v. 28. 5. 2010, Doc A/HRC/14/24/Add.6.

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