Pressemitteilung vom Erwecken wir den Gestaltungsbeirat endlich zum Leben!

Pressemitteilung vom 08.03.2014 Erwecken wir den Gestaltungsbeirat endlich zum Leben! 2006 hat der Bauausschuss der Stadt Lindau auf Initiative von Li...
Author: Sylvia Heidrich
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Pressemitteilung vom 08.03.2014 Erwecken wir den Gestaltungsbeirat endlich zum Leben! 2006 hat der Bauausschuss der Stadt Lindau auf Initiative von Lindauer Architekten die Einrichtung eines Gestaltungsbeirats empfohlen. Voraussetzung für den Erlass einer entsprechenden Satzung sollte die Bereitstellung der entsprechenden Mittel ab 2007 sein. Bis zum Wirtschaftsplan 2013 hat der Stadtrat die Bereitstellung der Mittel aber mehrheitlich abgelehnt. Gemäß dem entsprechenden Antrag der Freien Wähler Lindau e. V. vom 28.05.2012 bestätigte der Bauund Umweltausschuss der Stadt Lindau bereits am 17.07.2013 seine Empfehlung aus 2006. Für das Haushaltsjahr 2014 wurden jetzt die entsprechenden Mittel (25.000 € jährlich) bereitgestellt. Eine entsprechende Satzung indes ist bisher noch nicht beschlossen worden, also gibt es auch keinen Gestaltungsbeirat – wasch‘ mich, aber mach‘ mich nicht nass? Dabei stehen gerade jetzt große Projekte an, die einer fachlichen Begleitung durch den Gestaltungsbeirat dringend bedürfen, damit die Befürchtungen in der Bevölkerung bezüglich des Stadtbildes aufgenommen und beachtet werden - zur Unterführung, zu den Bahnhöfen, zur Inselhalle, zu den Parkhäusern, zur Gartenschau und ihrer Nachnutzung! Wir Freien Wähler fordern die Verwaltung auf, dem Stadtrat jetzt unverzüglich eine entsprechende Satzung zur Entscheidung vorzulegen, und den Gestaltungsbeirat jetzt, 8 Jahre nach der Empfehlung des Bauausschusses, endlich zum Leben zu erwecken! Für die Freien Wähler Lindau e.V. Thomas Zipse, Katrin Erber-Seitz, Roland Manz

Dr. Thomas Zipse 2. Vorsitzender der Freien Wähler Lindau e. V. Weiterführendes: •

Salzburg – die „Mutter der Gestaltungsbeiräte“: http://www.stadtsalzburg.at/pdf/30_jahre_salzburger_gestaltungsbeirat__gestaltungs.pdf auf den Folgeseiten Beispiele aus Deutschland aus o. a. Dokument

Freie Wähler Lindau e. V. www.fw-lindau.de

Ludwigstraße 30 [email protected]

88131 Lindau/Bodensee Mobil 0151 – 52354576

Gestaltungsbeiräte in Deutschland „Boom der Beiräte“ titelte 2011 das „Deutsche Architektenblatt“ und kommentierte die stetig steigende Zahl an Gestaltungsbeiräten in der Bundesrepublik Deutschland. Und tatsächlich lassen sich heute in den 16 Bundesländer mit rund 11.200 Gemeinden mehr als 80 Beiratsgremien finden, die dem Salzburger Modell eines Gestaltungsbeirates nahe kommen. Zu den fünf in den 80er-Jahren bestehenden oder gegründeten Beiräten gesellten sich in den 90er-Jahren weitere 15 Gremien, zwischen 2000 und 2010 nochmals 45 und allein in den letzten drei Jahren wurden rund 20 Fachbeiräte initiiert. Dieser exponentielle Anstieg der Zahl an Beiräten für Architektur und Stadtgestaltung mag wohl ein Beweis dafür sein, dass sich das „Modell Gestaltungsbeirat“ offensichtlich bewährt, zumal in den seltensten Fällen einmal eingesetzte Gremien wieder aufgelöst (oder nicht mehr mit Mitgliedern besetzt) wurden. Dies ist auch verständlich angesichts der harten Überzeugungsarbeit, die innerhalb einer beiratswilligen Gemeinde geleistet werden muss: oftmals jahrelange Diskussionen in politischen Gremien, Aufbereiten von Entscheidungsgrundlagen, Erstellen von Regelungen und in manchen Situationen auch Hoffen auf eine politisch günstige Konstellation in der nächsten Wahlperiode. Dabei müssen auch in Deutschland die Kommunen dem Ruf nach Deregulierung und Sparzwang folgen, mit dem Ergebnis, dass so manche städtische Bauverwaltung auf hauptberuflich tätige Planungsfachleute in ihrem Dienst verzichten muss. Um ein gewisses baukulturelles Niveau dennoch halten zu können, baut man zusehends auf den Rat nebenberuflicher Beiräte, auch wenn solchen in Deutschland keine rechtliche Verbindlichkeit und ihren Stellungnahmen daher nur beratender Charakter zukommt. „Architektenbeirat, Bauforum, Baukollegium, Baukunstbeirat, Beirat für Stadtgestaltung, Gestaltungsbeirat, Gestaltungsforum, Kommission für Stadtbild und Architektur, Stadtgestaltungsbeirat“ und noch etliche andere Bezeichnungen tragen die beratenden Gremien in Deutschland und drücken damit eine auch regional und historisch gewachsene Vielfalt aus. Der Titel „Gestaltungsbeirat“ scheint sich jedoch durchzusetzen; sogar auch dort, wo bereits länger bestehende Institutionen nach den Kriterien eines Gestaltungsbeirates reorganisiert werden, ersetzt meist diese Bezeichnung die zuvor gebräuchliche Namensgebung. Zu diesen Kriterien zählt unter anderem, dass die Unabhängigkeit des Gremiums gewährleistet wird, externe Fachleute mit Stimmrecht die Mehrheit bilden, Sitzungen kontinuierlich stattfinden und konkrete Planungsvorhaben zur Beurteilung vorgelegt werden. Eine zeitlich beschränkte Mitgliedschaft in Beiräten wird oftmals durch die Koppelung an eine Wahlperiode des Gemeinde- oder Stadtrates erfüllt. Dass Beiräte nichtöffentlich tagen ist die Regel; einzelne Ausnahmen davon bilden Gremien in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg. Die Sitzungen finden in der Regel monatlich oder zweimonatlich statt und je nach Größe der Stadt werden in diesen jährlich bis zu 50 Projekte behandelt. 24

Durchschnittlich werden drei bis fünf Fachleute in die Gestaltungsbeiräte berufen. Jedoch setzen sich rund ein Viertel der Gremien aus mehr Mitgliedern zusammen, wenn die Kerntruppe aus Architektur- und Stadtplanungsexperten um Sachverständige aus anderen Bereichen ergänzt wird. Dies können z.B. Fachleute im Bereich Denkmalpflege, Landschaftsplanung oder Kunst im öffentlichen Raum sein. Zuweilen gehören den Beiräten auch Vertreter aus Politik und Verwaltung (zumeist ohne Stimmrecht) an. Üblicherweise werden die Sachverständigen nach Vorschlägen der Verwaltung und Anhörung der Architektenkammern durch den Gemeinderat berufen. In den letzten Jahren ist die Tendenz, die Gestaltungsbeiräte mit nicht ortsansässigen Fachleuten zu besetzen, deutlich stärker geworden: Zwar gibt es vereinzelt noch die Regelung, dass alle Mitglieder ihren Wohn- und Geschäftssitz vor Ort haben müssen, doch in den meisten Fällen wird vorgeschrieben, dass mindestens ein oder zwei Mitglieder von auswärts oder aus der gesamten Region zu bestellen sind. In BadenWürttemberg z.B. wirken in allen genannten Gestaltungsbeiräten (bis auf eine Ausnahme) externe Fachleute als Sachverständige. Rund ein Dutzend der deutschen Gestaltungsbeiräte berufen auch Mitglieder aus Österreich und der Schweiz. Eine tragende Rolle bei der Verbreitung des „Modells Gestaltungsbeirat“ wird der bayrischen Stadt Regensburg zugeschrieben, welche 1998 ihren Beirat nach den Regeln der Gremien in Linz und Salzburg gestaltete. Für das „Regensburger Modell“ interessierten sich zahlreiche Vertreter anderer deutscher Städte, sei es aus dem politischen Bereich, der Administration oder der örtlichen Architektenschaft, wie z.B. Ingolstadt, Augsburg, Lindau, Karlsruhe, Ravensburg, Tübingen, Hannover, Kaiserslautern, Trier, Halle an der Saale, Lübeck oder Leipzig. Regensburg und auch etliche andere Städte dokumentieren das Wirken ihrer Gestaltungsbeiräte in Broschüren und tragen so zur weiteren Bekanntheit des Beiratsmodells bei. Darüber hinaus engagieren sich auch andere Institutionen mittels Publikationen oder Veranstaltungen: 2001 veröffentlichte der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen einen Leitfaden inklusive Mustergeschäftsordnung zu Gestaltungsbeiräten. 2003 erschien die Dokumentation der „StadtBauKultur NRW“, einer Initiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung, über Beiräte in diesem Bundesland. 2011 publizierte der „Bund Deutscher Architekten“ die Broschüre „Gestaltungsbeiräte – Mehr Kommunikation, mehr Baukultur“. Ergänzt wird diese Öffentlichkeitsarbeit durch zahlreichen Veranstaltungen der regionalen Architekturzentren oder landesweiten Architektenvereinigungen. Die intensive Beschäftigung mit dem Thema Gestaltungsbeirat führte im Nordrhein-Westfalen dazu, dass dieses westlichste Bundesland mit rund 30 Beiräten den Spitzenreiter unter seinen deutschen Nachbarländern darstellt. Ihm folgen die südlichen Bundesländer Baden-Württemberg mit 14 und Bayern mit elf Beiratsgremien. Je drei bis sechs Gestaltungsbeiräte sind in den angrenzenden Ländern Hessen und Thü-

ringen sowie in den nördlichen Ländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern tätig. Jeweils zwei Beiräte werden in den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg eingesetzt. Von den drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen sind zwei Beiräte in die Liste aufzunehmen: das „Baukollegium“ Berlin, das 2008 den „Beirat des Stadtforums Berlin“ ersetzte, und der vor einem Jahr wieder gegründete Gestaltungsbeirat der Stadt Bremerhaven, nachdem der zuvor eingesetzte in

fünf Jahren kein einziges Mal tagte. Neben diesen ständigen Gestaltungsbeiräten wurden in einigen Städten (u.a. Frankfurt, Gelsenkirchen, Leverkusen, Braunschweig) auch stadtteil- oder projektbezogene Beiräte für städtebauliche Entwicklungsverfahren eingesetzt. Ein besonderes Modell, nämlich einen landesweit tätigen Gestaltungsbeirat aus drei Fachleuten, bietet die Architektenkammer Baden-Württemberg seit 2012 den Kommunen aber auch anderen Institutionen im Land an, um die Arbeitsweise eines solchen Instrumentes kennenlernen zu können.

Ausgewählte Gestaltungsbeiräte in Deutschland Gestaltungsbeirat der Stadt Regensburg (Bayern) Im Freistaat Bayern wurden nach dem Zweiten Weltkrieg sogenannte „Baukunstbeiräte“ gegründet, zuerst 1948 in Nürnberg und später in Augsburg, Erlangen und Fürth, die sich aus zahlreichen ehrenamtlich tätigen Mitgliedern zusammensetzen. Als erster eigentlicher „Gestaltungsbeirat“ gilt daher der 1998 von der Stadt Regensburg eingesetzte Beirat, der mittlerweile bundesweit eine Vorbildfunktion erfüllt und laut Oberbürgermeister zu einem „Marketinginstrument für die Stadt“ geworden ist. Der Regensburger Beirat, auf eine Initiative des Architekturkreises Regensburg hin gegründet, suchte sein Vorbild wiederum im Gestaltungsbeirat von Linz, welcher bekanntlich zehn Jahre zuvor dem Salzburger Beirat folgte.

Fünf namhafte Architekturfachleute von auswärts, darunter ein ausländisches Mitglied, tagen in jährlich fünf bis sechs Sitzungen und zuweilen auch zu Sonderterminen. Nach Ablauf der zweijährigen Beiratsperiode werden zwei Mitglieder ausgewechselt, wobei die Mitgliedschaft auf zwei mal zwei Perioden beschränkt ist. Der Beirat behandelt eine große Bandbreite von Projekten, die von städtebaulichen Planungen in Gebieten ohne Bebauungsplan über Großbauprojekte, Vorhaben in der UNESCO-Welterbe-Altstadt, bis zum Einfamilienhaus reicht. Die Sitzungen sind in der Regel öffentlich und es nehmen auch die Sprecher der im Planungsausschuss vertretenen Fraktionen als aufmerksame Zuhörer teil.

Der Gestaltungsbeirat Regensburg: Prof. Paul Kahlfeldt (Berlin), Christine Schimpfermann (Regensburg), Carola Schäfers, Vorsitzende (Berlin), Prof. Ingrid Burgstaller (München), Prof. Uta Stock-Gruber (Buch am Erlbach), Prof. Victor López Cotelo (Madrid), Mitglied ohne Abbildung: Prof. Michael Gaenssler (München), 1993 © Stadt Regensburg

Beiratsprojekt in Regensburg: Alex Center, Abriss und Wiederaufbau eines Einkaufszentrums, Planung und Ausführung: Büro MGF (Stuttgart) mit Girndt und Wagner (Coburg), 2007 © Stadt Regensburg

Grußwort des Gestaltungsbeirates der Stadt Regensburg 30 Jahre Gestaltungsbeirat Salzburg – was für eine Leistung für eine Stadt, so lange anspruchsvoll für die Verbesserung der Qualität von Architektur und Städtebau zu sorgen. Salzburg als Vorreiter aller Gestaltungsbeiräte kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Viele der innovativen Ansätze wurden auch als Grundlage für den Gestaltungsbeirat Regensburg aufgenommen und hier seit Jahren erfolgreich umgesetzt. Der Gestaltungsbeirat ist ein öffentliches Instrument für die

Gestaltung der Stadt und ist mit seiner kreativen Betreuung ein Ort für Dialoge zwischen Politik, Fachleuten und Bauherren. Für spezifische Orte werden dabei anspruchsvolle architektonische Lösungen gefördert. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg bei der Sicherung der Gestaltqualität der Stadt. Beste Grüße aus Regensburg in dem gemeinsamen Bestreben nach Baukultur. Carola Schäfers, Berlin, Vorsitzende des Gestaltungsbeirates der Stadt Regensburg

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Beiratsprojekt in Regensburg: neues Wohn- und Geschäftshaus in historischer Umgebung, Planung: betaPlanungsteam mit Planungsgruppe DPW (Regensburg), 2007 © Stadt Regensburg

Beiratsprojekt in Regensburg: Sanierung Hotel und Geschäftshaus als ein Stück Altstadtreparatur, Planung: Hanns J. Huber (Regensburg), 2007 © Stadt Regensburg

Gestaltungsbeirat der Stadt Köln (Nordrhein-Westfalen) Seit 1988 bestellt der Rat der Stadt Köln seinen Gestaltungsbeirat als ständiges Gutachtergremium bei erheblichen städtebaulichen und baukünstlerischen Projekten. Drei Kölner Mitglieder und drei weitere aus dem deutschsprachigen Raum werden für die Dauer von fünf Jahren berufen und tagen sieben Mal jährlich in nicht öffentlichen Sitzungen. Der Gestaltungsbeirat wird an der Formulierung von Grundlagen für städtebaulich relevante Wettbewerbe beteiligt und mittels Vertreter in die Preisgerichte eingebunden. An den Beiratssitzungen nehmen politische Vertreter des

Stadtentwicklungsausschusses beratend teil oder schlagen Sachkundige aus der Bürgerschaft vor. Ohne Stimmrecht eingebunden in die Sitzungen sind auch Mitglieder der Stadtbezirksvertretungen zu Projekten aus ihrem Stadtbezirk sowie die Beigeordneten der Dezernate Wirtschaft und Liegenschaften, Bildung sowie Kunst und Kultur. Seit 2001 werden zusätzliche Beiratssitzungen mit den Mitgliedern des Stadtentwicklungsausschusses durchgeführt, um einen intensiveren Gedankenaustausch pflegen zu können.

Grußwort des Gestaltungsbeirates der Stadt Köln Der Beirat hier in Köln kann mittlerweile auch schon auf ein deutlich über 20-jähriges, erfolgreiches Wirken zurückblicken. Bei der damaligen Gründung war u.a. das „Salzburger Modell“ Vorbild und Orientierung. Die Arbeit unseres Beirats – welcher übrigens in nicht öffentlicher Sitzung tagt, daher können an dieser Stelle auch keine Projekte vorgestellt werden – ist vom Grundverständnis geprägt, keine Jury oder gar ein Gericht sein zu wollen, sondern Diskussions- und Ansprechpartner bei z.T. komplexen Fragen der architektonischen Gestaltung und des Städtebaus. Die Mitglieder des Kölner Gestaltungsbeirates: Vorsitzender Dipl.-Ing. Jürgen Minkus (7.v.l.), Dipl.-Ing. Peter Berner (8.v.l.), Dipl.-Ing. Anette Paul (10.v.l.), Prof. Christa Reicher (5.v.r.), Prof. Roger Riewe (3.v.r.), Prof. Dr. Michael Koch (2.v.r.), die Amtsleiterin des Stadtplanungsamt Anne Luise Müller (5.v.l.) sowie Mitarbeiter der Stadtverwaltung und Vertreter der Politik, 2013 © Stadt Köln

Eine Besonderheit bei uns ist vielleicht die jährliche Fachexkursion, gemeinsam mit Vertretern der Verwaltung und des Stadtentwicklungsausschusses. Diese privat getragenen Fachexkursionen sollen dem fachlichen Austausch der verschiedenen Akteure dienen und zu städtebaulich interessanten Orten führen. Sie unterstützen die Diskussion über Qualitätsansprüche anhand von konkreten städtbaulichen wie hochbaulichen Beispielen. Werte Kolleginnen und Kollegen, im Namen des Gestaltungsbeirats der Stadt Köln gratuliere ich herzlichst zu ihrem 30-jährigen Bestehen! Jürgen Minkus, Köln, Vorsitzender des Gestaltungsbeirates der Stadt Köln

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Architektenbeirat der Stadt Aachen (Nordrhein-Westfalen) Dass das Modell „Gestaltungsbeirat“ zuweilen auch Auswirkungen auf ähnliche Beratungsinstrumente zeitigt, kann anhand des Architektenbeirates der Stadt Aachen verdeutlicht werden. Dieses schon um 1953 gegründete Gremium aus ansässigen Architekturfachleuten änderte 1992 seine Satzung und diskutiert die vorgelegten Entwürfe nicht mehr beiratsintern, sondern im Dialog mit den Planern, Bauherren und Investoren. Auch stellte sich 2011 der ehrenamtlich tätige Beirat zum ersten Mal seit seinem Bestehen der Öffentlichkeit vor. Sieben in Aachen oder Köln freiberuflich tätige Architekten, Stadtplaner und Landschaftsarchitekten bilden mit Vertretern der Fraktionen im Stadtrat und der Planungs- und Bauverwaltung das monatlich tagende Gremium. In nicht öffentlichen Sitzungen werden Vorhaben, die für die Qualität des Aachener Stadtbildes von erheblichem Einfluss sind, behandelt. Das Spektrum reicht dabei von städtebaulich bedeutenden Großvorhaben bis hin zur Schließung kleiner Baulücken in der Innenstadt.

Die Mitglieder des Architektenbeirates Aachen: vordere Reihe: Vorsitzender Dipl.-Ing. Hans-Dieter Collinet, Dipl.-Ing. Maike Schlick (CDU), Dipl.-Ing. Ulrich Gaube (Grüne), Prof. Eva-Maria Pape, Dipl.-Ing. Christian Uwer, Dipl.-Ing. Günter Helten; hintere Reihe: Dipl.-Ing. Marc Beus (Linke), Dipl.-Ing. Ulrich Pathe (SPD), Dipl.-Ing. Bodo Dauvermann Abel; weitere Mitglieder ohne Abbildung: Dirk Schlun (FDP), Dipl.-Ing. Stephan Lenzen, Prof. Frank Hausmann, Dipl.-Ing. Fred Humblé (v.l.n.r.), 2013 © Stadt Aachen

Grußwort des Architektenbeirates der Stadt Aachen Aachen ist mit dem UNESCO Weltkulturerbe des Aachener Doms, dem Denkmalbereich Innenstadt und über 3000 Baudenkmälern trotz erheblicher Kriegszerstörung (65%) noch reich an historischer Bausubstanz. Dieses Potential war Verpflichtung, sich insbesondere in den Jahrzehnten des Wiederaufbaus gegen vordergründige Modernismen und angeblich funktionale, verkehrliche wie ökonomische Zwänge zu stemmen und an dem baukulturellen Profil der Stadt weiter zu bauen. Deshalb wurde schon 1953 ein ehrenamtlicher Architektenbeirat von der Verwaltung eingesetzt. 1992 erhielt der AB eine Geschäftsordnung und ist seitdem Berater von Rat und Verwaltung. Wie und in welchen Perioden er qualifiziert und erfolgreich beraten konnte, kann man heute unschwer erkennen. Wegen der geringen Durchsetzbarkeit von Gestaltungsansprüchen in der BRD hängt vieles jeweilig von seiner Überzeugungskraft, der Mitwirkungsbereitschaft der Architekten und Investoren wie der Anerkennung in Rat und Verwaltung ab. Heute genießt der AB mit sieben unabhängigen, stimmberechtigten Mitgliedern aus Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung sowie fachkundigen Vertretern aus Rat und Verwaltung ein hohes Ansehen. Die Projekte reichen vom Neubau im historischen Umfeld des Weltkulturerbes bis hin zum Großprojekt in den Campusarealen der RWTH Aachen. In Salzburg spürt man das Qualitätsbewusstsein, das das heutige Bauen prägt und das baukulturelle Erbe verantwortungsvoll fortschreibt. Das ist sicherlich auch dem nachhaltigen Wirken des Gestaltungsbeirates der Stadt zu verdanken. Dazu unser herzlichster Glückwunsch auch für die Zukunft. Hans-Dieter Collinet, Vorsitzender des Architektenbeirates der Stadt Aachen

Architektur- und Städtebaubeirat der Stadt Trier (Rheinland-Pfalz) Die älteste Stadt Deutschlands ließ sich lange Zeit von einem Architektur- und Städtebaubeirat beraten, bis dieser zur Auffassung gelangte, dass „die ihm an die Hand gegebene Geschäftsordnung nicht mehr dazu geeignet ist, Fehlentwicklungen im Baugeschehen in Trier wirkungsvoll positiv zu beeinflussen“. Exkursionen in die Städte Regensburg und Maastricht überzeugen Politik und Verwaltung, das bestehende Gremium in einen Gestaltungsbeirat umzuwandeln und mit fünf Fachleuten zu besetzen, die ihren Wohn- und Geschäftssitz nicht im Land Rheinland-Pfalz haben dürfen. Seit 2004 beurteilen renommierte Experten auf den Gebieten

Städtebau, Architektur und Landschaftsplanung alle Bauvorhaben, die aufgrund ihrer Größenordnung und Erscheinung prägend für das Stadtbild in Erscheinung treten. Der Beirat hat die Aufgabe, zeitgenössische Qualitätsansprüche zu definieren und gemeinsam durch Beratung im Entwurfsprozess mit Bauherren und Architekten umzusetzen. Nach einer zwei Jahre dauernden Beiratsperiode werden zwei Mitglieder ausgewechselt, wobei eine Mitgliedschaft vier Jahre nicht überschreiten darf. Die teilweise öffentlichen Sitzungen finden in der Regel in Abständen von zwei bis drei Monaten statt.

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Beirat für Stadtgestaltung der Stadt Kassel (Hessen) Der Beirat für Stadtgestaltung besteht seit 1992 und berät bis zu zwölf Mal im Jahr den Magistrat der Stadt Kassel bei Planungen und Vorhaben von besonderer Bedeutung in architektonischer, stadtplanerischer und baukünstlerischer Hinsicht. Das Gremium bilden der Stadtbaurat und sechs ehrenamtlich tätige Fachleute, die Repräsentanten der Berufsverbände Bund Deutscher Architekten, Bund Deutscher Baumeister,

Bund Deutscher Landschaftsarchitekten, der Vereinigung für Stadt- und Regionalplanung sowie der Universität Kassel Fachbereich Architektur und Stadtplanung sind. Sie sind in Kassel tätig und werden für eine zweijährige Amtsperiode durch den Magistrat in den am längsten bestehenden Gestaltungsbeirat des Bundeslandes Hessen berufen.

Beirat für Baukultur der Stadt Weimar (Thüringen) Die Kulturstadt Weimar gründete 1995 den ersten Gestaltungsbeirat des Bundeslandes Thüringen, der aus sieben Mitglieder bestand, unter welchen sich zwei auswärtige Persönlichkeiten befanden. Dem Stadtrat, der die Fachleute für drei Jahre beruft, werden dazu von der Architektenkammer Thüringen, der Ingenieurkammer Thüringen, der BauhausUniversität Weimar, vom Bau- und Umweltausschuss, vom Kulturausschuss und vom Oberbürgermeister Vorschläge unterbreitet.

Die in der Regel vierteljährlichen Sitzungen sind nicht öffentlich. Für die Mitglieder des Bauausschusses ist die Teilnahme an den Sitzungen möglich, falls dies im Einzelfall nicht durch den Beirat ausgeschlossen wird. Dies war u.a. auch der Grund, weshalb das Gremium 2012 als Beirat für Baukultur neu gegründet und die Mitgliedszahl auf neun, davon mindestens drei auswärtige, erhöht wurde. Dem Beirat können seitdem Städtebauer, Architekten, Landschaftsarchitekten, Kunsthistoriker und Historiker angehören.

Gestaltungsbeirat der Stadt Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern) Die Hansestadt Stralsund gilt seit den 90er-Jahren als Modellstadt der Altstadtsanierung in den neuen Bundesländern und gründete 1999 einen unabhängigen Gestaltungsbeirat aus fünf auswärtigen Fachleuten. Das Gremium aus Architekten, Stadtplanern und Denkmalpflegern diskutiert mindestens vier Mal jährlich in öffentlichen Sitzungen fast alle Bauvorhaben in der Altstadt mit den privaten Antragstellern und erteilt zuweilen auch Ausnahmen von der gültigen Gestaltungssatzung. 2002 wurde die Altstadt zusammen mit der historischen Altstadt von Wismar in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Auch die Hansestadt Wismar beschäftigt seit 2011 einen UNESCO-Sachverständigen-Beirat mit fünf auswärtigen Experten.

Grußwort aus Stralsund Als 1999 von der Bürgerschaft der Stadt Stralsund der Gestaltungsbeirat beschlossen und eingesetzt wurde, war selbstverständlich der Salzburger das große Vorbild. Übernommen wurden die Anzahl der Mitglieder, ihr Blick von außen und vor allem das öffentliche Tagen. Im Gegensatz zu Salzburg liegt der Fokus in Stralsund auf der Entwicklung der Altstadt und ihrer unmittelbaren Umgebung, die zusammen mit Wismar 2002 zum Welterbe erklärt wurde. Obwohl im Krieg nur wenig zerstört war 1990 die wertvolle Altstadt mit ihren mehr als 500 Einzeldenkmalen durch Jahrzehnte lange Vernachlässigung in einem erbarmungswürdigen Zustand. Der Gestaltungsbeirat hat mit seinen öffentlichen Sitzungen zum Diskurs über die Bedeutung und Entwicklung der Innenstadt beigetragen mit dem gemeinsamen Ziel, Stralsund zu einer vitalen zukunftsgerichteten Stadt zu entwickeln, die aus ihrer Geschichte lernt. In aller Öffentlichkeit ist dafür unter den Mitgliedern ebenso wie mit den Architekten, Bauherrn, Verwaltung und Politik diskutiert und gestritten worden unter dem Leitsatz „Aus Streitkultur entsteht Baukultur“. Den Anstoß und den Mut zur Öffentlichkeit verdanken wir dem Gestaltungsbeirat von Salzburg. Ihm wünschen wir noch viele weitere wirkungsvolle Jahre.

Die Mitglieder des Gestaltungsbeirates Stralsund mit Vertretern der Verwaltung (v.l.n.r.): Volker Zahn, Heinz Nagler, Peter Boie (Sanierungsträger SES), Jochen Joedicke, Inken Baller, Ulrike Wendland, Sabine Uhlig und Ekkehard Wohlgemuth (Stadtplanung), 2013 © Volker Zahn

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Prof. Inken Baller, Berlin Vorsitzende des Gestaltungsbeirats 1999-2013

Beiratsprojekt in Stralsund: Erweiterung Hansa-Gymnasium, 2003 © Volker Zahn

Beiratsprojekt in Stralsund: Hotel Kontorhaus am Querkanal, 2004 © Volker Zahn

Beiratsprojekt in Stralsund: Wohnhaus Jacobichorstraße, 2005 © Volker Zahn

Gestaltungs- und Welterbebeirat der Stadt Lübeck (Schleswig-Holstein) Nach dem Vorbild des Salzburger Gestaltungsbeirates schuf die Lübecker Bürgerschaft mit einem Beschluss im Jahr 2003 die Grundlagen für ihren Beirat, ein unabhängiges Sachverständigengremium aus fünf renommierten, auswärtigen Fachleuten für Städtebau, Architektur und Denkmalpflege. Diese werden von der Bürgerschaft, dem obersten Gremium der Politik, auf Vorschlag des Bürgermeisters für drei Jahre gewählt. Seit 2011 bezeichnet die Hansestadt Lübeck laut ihrem Managementplan für die „Welterbestätte Lübecker Altstadt“ das Gremium „Gestaltungs- und Welterbebeirat“, das in dieser zusätzlichen Eigenschaft bei Vorhaben, die das Welterbe berühren, befasst wird. Der Beirat behandelt Bauprojekte, die denkmalwürdige Gebäude betreffen, im Welterbegebiet Altstadt liegen oder von ihrer Größenordnung her bzw. aufgrund ihres Standorts besonders prägend für das Stadtbild sind.

Grußwort des Gestaltungs- und Welterbebeirates der Hansestadt Lübeck 30 Jahre Salzburger Gestaltungsbeirat – ein ehrwürdiges Alter. Die Salzburger zählen damit im deutschsprachigen Raum nicht nur zu den ersten, die eine solche Institution eingeführt haben. Sie haben auch über diese lange Zeit durchgehalten, ein Zeichen, dass sich das Instrument bewährt hat und auch weiter entwickeln konnte. Der Salzburger Gestaltungsbeirat ist damit zum Vorbild für andere Städte geworden, die von dort positive Anregungen gewinnen konnten. Das gilt auch für den Lübecker Gestaltungs- und Welterbebeirat, der in diesem Jahr sein 10-jähriges Bestehen feiert. Hier deutet schon der Name an, dass es bei der Baukultur immer zugleich um das Weiterbauen und um das Bewahren des bereits Gebauten geht. Diese integrale Sicht hat sich auch in Salzburg bewährt. Städte mit einem gut funktionierenden Gestaltungsbeirat sind in der Regel prosperierende und attraktive Gemeinwesen. Man hat dort erkannt, dass guter Rat gerade beim Planen und Bauen etwas wert ist. In diesem Sinne gratulieren wir der Stadt Salzburg zum Jubiläum und wünschen ihr weiterhin gute Erfahrungen mit einem aufmerksamen, kritischen und konstruktiven Beirat. Prof. Thomas Will, Dresden Sprecher des Gestaltungs- und Welterbebeirates Lübeck

Beiratsprojekt in Lübeck: Aldi Neubau in der Kanalstraße an der Stadtmauer der Altstadt, Architekt Georg Tkotz (Lübeck), 2005

Beiratsprojekt in Lübeck: Neubau eines internationalen Studentenwohnheimes mit 105 Heimplätzen in der Fischstraße, Architekt Klaus Mai (Lübeck), 2005 © Stadt Lübeck Die derzeitigen Mitglieder des Lübecker Gestaltungs- und Welterbebeirates (v.l.n.r.): Prof. Jórunn Ragnarsdóttir, Prof. Kunibert Wachten, Prof. Thomas Will, Jürgen Böge, Prof. Zvonko Turkali, 2013

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