Predigt zu Titus 3, 4-8 Liebe Gemeinde, Taufe und Pfingsten - das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Erneuerung des Heiligen Geistes“ – wie schön, wenn beides zusammen kommt! Ich möchte anlässlich deiner Taufe, liebe Christel, heute am Pfingstsonntag einen im Neuen Testament einzigartigen Text aus dem Titusbrief vorlesen:  Lesung Titus 3, 4-8

Taufe ohne eine damit einhergehende Erneuerung durch den Heiligen Geist war für den Apostel Paulus schlichtweg undenkbar. Die außergewöhnliche Umschreibung „Bad der Wiedergeburt“ drückt das aus! Liebe Christel, du wirst in diesem Taufbecken gleich ein Bad nehmen. Allein die Tatsache, dass du dich hier und heute taufen lassen möchtest, macht deutlich, dass da eine Erneuerung deines Geistes durch das Wirken des Heiligen Geistes stattgefunden hat. Denn bislang 1

dachtest du ja, eine Taufe auf das Bekenntnis deines Glaubens sei nicht nötig. Du bist im Alter von fünf Jahren zusammen mit deinen Geschwistern getauft worden und dir wurde von klein auf der christliche Glauben nahe gebracht – nicht zuletzt in der Flussschifferkirche in Hamburg…! Was heißt da eigentlich „Wiedergeburt“? Natürlich denken wir dabei nicht an eine Reinkarnation im buddhistischen Sinne…! Das griechische Wort meint vielmehr die Wiederherstellung eines ursprünglichen Zustands! Der Schöpfer des Lebens, der uns ja zu seinem Ebenbild geschaffen hat, möchte den Menschen zu dem machen, wie er ursprünglich gedacht war: sehr gut - in einer sehr guten Beziehung zu sich selbst, zu anderen und auch zu Gott! Wir spüren sofort eine Diskrepanz. Jeder Mensch wünscht sich natürlich, in heilen Beziehungen zu leben. Doch die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Tja, wird die ursprünglich sehr gute Beziehung zu Gott, wie sie im Paradies noch möglich war, jemals wiederhergestellt werden können? Wenn überhaupt kann eine Wiedergeburt im Sinne einer Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands nur durch Gottes Geist gewirkt werden. Das hängt dann natürlich auch davon ab, ob wir 2

offen dafür sind?! Christel, du möchtest erneuert werden und du weißt auch, dass Erneuerung nur durch Gottes Geist möglich ist. Weil du dich danach sehnst, lässt du dich heute taufen. Was heißt das nun konkret, durch den Heiligen Geist erneuert zu werden? a) Zunächst einmal bewirkt der Heilige Geist, dass sich mein Verhältnis zu Gott verändert. Jeder hat eine gewisse Vorstellung von Gott. Leider haben viele Leute höchst fragwürde Gottesbilder verinnerlicht. Im Titusbrief ist von einem Gott die Rede, der seinem Wesen nach gütig und menschenfreundlich ist. Paulus gebraucht ein interessantes und im gesamten Neuen Testament ausschließlich hier erwähntes Wort. Es handelt sich um das Wort „Menschenliebe“ oder auch „Menschenfreundlichkeit“. So unglaublich es ist, wir glauben an einen menschenfreundlichen Gott, der voller Güte ist und nur das Beste für jeden einzelnen Menschen will. Das kann man eigentlich nicht glauben – doch diese göttliche Liebe zu uns Menschen ist in Jesus Christus erschienen, der ja Mensch geworden ist. Im Glauben an Jesus Christus sehen wir die Welt und auch Gott mit anderen Augen. Dann sehe ich ein, dass Gott seinen Sohn in diese Welt gesandt hat, damit die oft so 3

angstbesetzten Gottesbilder aus unseren Köpfen verschwinden. So unglaublich es zu sein scheint, der transzendente Gott sehnt sich danach, uns seine Güte und Menschenfreundlichkeit nahe zu bringen – damit die ursprünglich sehr gut gedachte Beziehung zwischen Gott und Mensch wiederhergestellt wird. Ich versuch´s mal mit diesem Holzkreuz zu erklären…! Liebe Christel, was Jesus am Kreuz auch für dich getan hat, wirst du gleich hautnah zu spüren bekommen, wenn du dieses Bad der Wiedergeburt genommen hast, dann bist hoffentlich immer noch die quirlige, lebensfrohe Christel und doch wird diese Erfahrung deine Beziehung zu Gott erneuern. Du sollst nie wieder vergessen, dass du gewissermaßen mit Christus gestorben und auferstanden bist. Damit hast du eine Hoffnung, die deinem Leben eine neue Qualität verleiht – die Qualität des ewigen Lebens. Ewiges Leben heißt Leben aus der Beziehung zu Gott und in der Beziehung zu Gott – Christus in dir und du in ihm und das bis in Ewigkeit. Diese Erneuerung durch den Heiligen Geist hört nie auf, bis wir Gottes neue Welt sehen werden. Bis dahin wirst du immer wieder Dinge tun, die du eigentlich nicht tun wolltest. Dann bist du vielleicht enttäuscht von dir selbst. Du denkst, dass du nicht gut 4

genug bist – schon gar nicht gut genug, um Gott gerecht zu werden! Doch das Schöne ist, der Heilige Geist wird dir bewusst machen, dass du nicht erst besser werden musst, damit sich Gott gnädig erweist. Du bist geliebt – so wie du bist, so unvollkommen wie du bist. Wenn du diesen Gedanken verinnerlichst und er deine Seele erfüllt, wirst du gnädiger mit dir selbst sein. Denn es ist so, dass sich deine Beziehung zu Gott und die Beziehung zu dir selbst gegenseitig bedingen. Wenn du in einer heilen, von Vergebung geprägten Beziehung zu deinem Schöpfer lebst, wirst du dir selbst vergeben können und innerlich heil werden. So hat Gott sich das von Anfang an gedacht – sehr genial, wie ich finde. Und du tust gut daran, dir an seiner Gnade genügen zu lassen und dir jeden Morgen wieder neu bewusst zu machen, dass du ja gerechtfertigt und unendlich geliebt bist. Ich möchte dir ein Gebet schenken…! Wenn du dieses Gebet jeden Morgen betest, dann wird dich das verändern.

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b) Damit komme ich zu einem zweiten Punkt: Ich bin sicher, dass ein Mensch, der sich von Gott geliebt weiß, gnädiger mit sich selbst, aber auch gnädiger mit anderen Menschen umgeht. So heißt es in diesem Gebet der Jesus-Bruderschaft Gnadenthal: „Lass mich ein Kanal deiner Liebe und der Heilung, der Kraft und des Segens für jeden sein, den du mir heute in den Weg stellst“. Weißt du, was mich reizen würde? Dich in deinem Friseursalon zu erleben! Da stellt Gott dir in deinem Friseursalon täglich Menschen in den Weg. Da kann der Heilige Geist, der reichlich über dir ausgegossen wird, wie durch einen Kanal deine Kundinnen erreichen, die dir sicherlich auch ihre Sorgen anvertrauen…! In diesem Zusammenhang möchte ich dich noch auf einen Abschnitt im Titusbrief hinweisen, der dem Predigttext unmittelbar vorausgeht. Da fordert Paulus seinen Mitarbeiter Titus auf (2,3): „Lehre die älteren Frauen, ihr Leben so zu führen, wie es sich für jemand gehört, der dem Herrn dient. Sie dürfen nicht herumgehen und tratschen“…! Könnte ja sein, dass dich der Heilige Geist mitten bei der Arbeit an diesen Bibelvers erinnert?! Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass du zunehmend herausgefordert sein wirst, „mutig und stark zu sein“ – wie es in 6

deinem Taufspruch heißt. Sei mutig und stark, um ältere Frauen, die in deinem Salon sitzen und ohne sich dabei etwas zu denken, zu tratschen beginnen, ganz freundlich darauf hinzuweisen, dass das nicht gut ist…! Noch etwas wird im Titusbrief gezielt von älteren Frauen erwartet: „Sie sollen jüngere Frauen dazu anleiten, ihre Ehemänner und auch ihre Kinder zu lieben, besonnen und anständig zu leben und ihren Haushalt gut zu versorgen“ (2,4). Ich gehe mal davon aus, dass du auch jüngere Kundinnen hast. Vielleicht halten die dich für konservativ, wenn du ihnen mit Liebe und Treue, Anstand und Haushalt kommst…! Doch wenn du diese Menschenfreundlichkeit ausstrahlst, die du selbst von Gott her erfahren hast, dann wird manch eine Kundin, die deinen Salon verlässt, nicht nur an ihre neue Frisur denken. Ich wünsche dir, dass Gott dich für Menschen in deiner Nähe zum Segen werden lässt.

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Damit komme ich zum Schluss: Eins müssen wir bedenken: Wenn wir darauf bedacht sind, gute Werke zu tun, dann ist das sicherlich gut und nützlich für alle (V.8). Darum müssen wir uns auch weiterhin bemühen, Gutes zu tun. Doch bei allem Bemühen, dürfen wir nicht in das alte Denken verfallen, dass wir ja etwas leisten müssten, um Gott gerecht werden zu können. Leider ist das gar nicht so einfach. Entscheidend ist die Motivation. Wenn uns die Menschenfreundlichkeit Gottes begeistert, wird alles gut – in jeder Beziehung. Ich schließe mit dem abschließenden Satz des Gebets, das ich dir schenken möchte: „Alles, was ich tue, Heiliger Geist, geschehe, damit unser liebender Vater im Himmel verherrlicht werde und er heute an mir seinen Wohlgefallen habe.“ Heute hat der Vater im Himmel ganz sicher seinen Wohlgefallen an dir. Gott segne dich. Gott segne jeden hier, der sich danach sehnt, dass die ursprünglich sehr gute Beziehung zu Gott, zu sich selbst und zum Nächsten wiederhergestellt bzw. erneuert wird. AMEN 8

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