Predigt zu Offenbarung 5,11ff u.a.

Sonntag, den 10. Mai 2009

Ehre sei Gott in der Höhe – und auch auf halber Höhe Braunschweiger Friedenskirche, Pastor Karsten Matussek Den ersten Teil der Verkündigung hörten wir gerade: eine wunderschöne Kantate von Johann Sebastian Bach. Darin heißt es: Herz und Mund und Wort und Leben muss von Christo Zeugnis geben ohne Furcht und Heuchelei, dass er Gott und Heiland sei. Darum geht es auch in unserem Monatsthema: Soli Deo Gloria – leben zur Ehre Gottes. Ich bin überzeugt, dass sehr viele Menschen sehr gelehrt über die richtige Gottesverehrung reden können. Das kann Theorie bleiben; es wird ja hoffentlich mehr geben als Worte zum Thema Ehre Gottes. Bei diesem Gedanken musste ich an einen Buchautor denken, der in Brasilien lebte. Er wollte seiner Mutter und ihrer Freundin die Iguacu-Wasserfälle zeigen. In seinem Buch erzählt, wie er einige Zeit zuvor einen Artikel in der Zeitschrift National Geographics über diese größten Wasserfälle der Welt gelesen hatte. Als dann seine Mutter und deren Freundin da waren, war er froh, ihnen ein so überaus informierter Reiseführer sein zu können. Sie würden das bestimmt zu schätzen wissen. Bevor die Touristen dort den Aussichtspunkt erreichen, müssen sie einen Waldweg gehen, der in Schlangenlinien nach oben führt. Dieser Autor schreibt nun, wie er diesen zwei Frauen auf dem Weg nach oben einen kleinen Vortrag hielt, um ihnen das Besondere an den Iguacu-Fällen zu erklären. Davon war er so erfüllt, dass er ohne Punkt und Komma redete. Nun fiel ihm dabei selber auf, dass er immer lauter reden musste. Ab jetzt möchte ich den Autor selbst zu Wort kommen lassen; er schreibt: 'Mit jeder Wegbiegung wurde meine Stimme lauter. Schließlich schrie ich, um ein Tosen zu übertönen, das inzwischen richtig störend war. Was dieser Lärm auch immer war, ich wünschte, er würde endlich aufhören, damit ich meinen Vortrag zu Ende bringen konnte. Erst als wir die Lichtung erreichten, erkannte ich, dass der Lärm, den wir hörten, bereits von den Wasserfällen kam. Meine Worte wurden von der Macht und dem Ungestüm dessen, was ich zu beschreiben versuchte, übertönt. Man konnte mich nicht mehr hören. Ich hatte kein Publikum mehr. Sogar meine Mutter sah lieber das Schauspiel, das sich bot, als meiner Beschreibung zuzuhören. Ich hielt den Mund.' Die gelehrten Ausführungen dieses Mannes wurden einfach übertönt von der starken Wirklichkeit dieser Wasserfälle. Worte reichten längst nicht mehr an das heran, was dort zu sehen war. Das scheint mir auch im Blick auf Gott ein passender Vergleich zu sein. Alles, was sich zur Ehre Gottes sagen lässt, tritt in den Hintergrund, wenn er in seiner Schönheit und Macht vor uns steht. Dann wird uns dass keiner mehr erklären müssen, warum es richtig ist, unser Leben auf ihn auszurichten; dann werden wir wissen, dass 1

es unsere beste Entscheidung war, zur Ehre Gottes zu leben. Und bis zu seinem Kommen, üben wir uns darin. Weil jede und jeder von uns darin ein Übender ist und weil diese Predigt in unseren manchmal nicht leichten Alltag passen soll, deswegen habe ich diese Predigt genannt: Ehre sei Gott in der Höhe – und auch auf halber Höhe! Zu Beginn möchte ich eine grundsätzliche Frage stellen: Gott die Ehre geben – warum eigentlich? Manchen von uns helfen vielleicht ihre letzten Urlaubserlebnisse, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Wir sehen eine atemberaubend schöne Landschaft oder Naturphänomene, die ganz unglaublich sind, wie z.B. dieses Polarlicht. Solche Anblicke machen dankbar oder wir spüren Ehrfurcht. Viele Menschen wenden sich in solchen Momenten an Gott und danken dem Schöpfer für seine ihm als Schöpfer für seine genialen Werke. Wenn wir in die Bibel schauen, sehen wir sogar, wie die ganze Schöpfung Teil daran hat, Gott zu ehren. In Psalm 19,2 heißt es z.B.: Der Himmel erzählt die Ehre Gottes, und das Himmelsgewölbe verkündet seiner Hände Werk. Und in Offenbarung 4,11: Würdig bist du, Herr, unser Gott, Ruhm und Ehre zu empfangen und für deine Macht gepriesen zu werden! Denn du bist der Schöpfer aller Dinge. Wie bewundernswert Gott ist, schaut der Schöpfung so zusagen aus jedem Knopfloch! Diese Ehre Gottes ist wie ein Echo, das von allen seinen Werken zu ihm zurückkommt. Es ist aber auch Gott selbst, dem seine Ehre nicht egal ist. So sagt er z.B.: Meine Ehre überlasse ich keinem anderen. Jesaja 48,11 Versteckt sich dahinter etwa die Frage aus dem Märchen: 'Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Schönste im ganzen Land?' Braucht Gott Komplimente; hat er vielleicht Selbstzweifel? Ich bin überzeugt: Gott braucht keine Komplimente. Die Frage ist vielmehr: Wer kann so mit Ehre – und in seinem Fall mit einem Maximum an Ehre umgehen, dass diese Ehre nicht irgendwann ein anderes Wort für ICH wird? 'Ehre – das bin Ich!!!' Wir kennen doch alle diesen starken Antrieb der Selbstsucht in uns. Daniel Hawk schreibt: 'Das Grundproblem der Menschheit ist, dass jeder glaubt, dass es einen Gott gibt und dass er selber dieser Gott ist.' Für Gott ist Ehre kein Mittel der Selbstsucht. Allein Gott ist so frei von sich selbst, dass er Ehre nicht mit Selbstsucht verwechselt. Gott fordert seinen Ruhm und sein Ansehen auch nicht verbissen ein, sondern er überzeugt uns von seiner Ehre. Er gehört wirklich ins Rampenlicht, dafür ein Beispiel. In Jesaja 57,15 heißt es: So spricht der Hohe und Erhabene, der ewig Thronende, dessen Name 'Der Heilige' ist: Als der Heilige wohne ich in der Höhe, aber auch bei den Zerschlagenen und Bedrückten, um den Geist der Bedrückten wieder aufzurichten und das Herz der Zerschlagenen neu zu beleben.

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Wir ehren Gott, weil er so sehr frei von sich selbst ist, dass er frei für andere ist, dass er da ist für andere – das ist seine unglaubliche Ehre! Im Jahr 1878 findet sich ein Beispiel für das, was wir in diesem Vers beschrieben bekommen. Zurzeit von Königen Victoria erkrankte ihr Enkel. Die Mutter des Kindes, Prinzessin Alice durfte nicht zu ihrem Sohn, weil dieser an ansteckender Diphtherie erkrankt war. Die Ärzte erlaubten keinem vom königlichen Hof, diesem Kind zu nahe zu kommen. Eines Tage hörte die Prinzessin, wir das Kind leise zur Krankenschwester sagte: 'Warum gibt mir meine Mama denn keinen Kuss mehr?' Was ihr Sohn da sagte, griff der Mutter so an Herz, dass sie zu ihrem Sohn ging und ihn küsste. Wenige Tage später wurde Prinzessin Alice begraben. Gerade weil Gott frei ist von sich selbst, ist er frei für andere. Er ist allein würdig, Ehre zu nehmen. Darum heißt es in Psalm 115,1 Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern dir steht Ehre zu für deine Gnade und Treue! Wie können wir aber Gott die Ehre geben? Wie gelingt das? Fängt das mit Worten an und hört das mit Liedern auf? Klappt das am besten, wenn wir innerlich ergriffen sind? Gott die Ehre geben – auch auf halber Höhe des Alltags Die Bibel spricht über konkrete Bereiche unseres Lebens, in denen wir für Gott leben können. a) Wir ehren Gott mit unserem Alltag Ob ihr also esst oder trinkt oder was immer ihr tut: Tut alles zur Ehre Gottes! 1. Korinther 10,31 An diesem Tag wird auf den Pferdeschellen stehen: heilig dem Herrn… Jeder Kochtopf in Jerusalem und Juda wird dem Herrn geweiht sein. Sacharja 14,20.21 Tut eure Arbeit gern, als wäre sie für den Herrn und nicht allein für Menschen. Kolosser 3,23 Diese Aussagen sprechen für sich und sie sagen uns: Unsere Leben ist ein Gottesdienst! Selbst in den Kleinigkeiten unseres Alltags werden wir gewürdigt, etwas für Gott zu tun. Wir sind Würdenträger. Alles, was wir tun, dürfen wir an ihn adressieren: Gott, dass ist alles für dich! Eigentlich kaum zu glauben, dass Gott auch das Alltägliche von uns so annimmt, als wäre es nur für ihn. Was wirft das für ein Licht in unseren oft spröden Alltag; das gibt unserem Leben einen geheimnisvollen Glanz! b) Wir ehren Gott mit unserem Körper Wisst ihr nicht, dass euer Körper ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott bekommen habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn ihr wurdet teuer erkauft. Ehrt nun Gott mit eurem Körper. 1. Korinther 6,19.20 Bei den Griechen und auch bei den Korinthern herrschte dazu eine ganz andere Meinung. Dort trennte man fein säuberlich zwischen Körper und Geist. Es war möglich samstags ausschweifende Gelage zu feiern und sonntags lammfromm in der Kirche zu sitzen. Diese Zweiteilung war typisch griechisch. Paulus sagt diesen Griechen: wir können das nicht künstlich trennen. Gott will uns ganz, ihm reicht ein glaubender Geist nicht. Für ihn ist unser Körper ein Werkzeug, das er für seine Arbeit einsetzen will. 3

Darum ist es Gott wichtig, dass wir dieses Werkzeug auch instand halten. Wir hören es immer wieder in den Medien, dass viele ihren Körper mit Arbeit oder unentwegter Beschäftigung ausbeuten. Mit unserem Körper ist ein Auftrag verbunden, den wir von Gott haben. Ausgeruht sein, die Ruhe des Sonntags tanken, gesund essen, ausreichend schlafen, unsere Kräfte pflegen, auf unseren Körper hören – das alles gehört dazu und wird Teil unseres persönlichen Gottesdienstes. Wir gehen davon aus, dass Gottes Arbeit wichtig ist. Dann sind auch seine Werkzeuge wichtig. Ehren wir Gott mit unserem Körper. Und natürlich ist hier auch Sexualität angesprochen. Wenn es um unseren Körper geht, ist dieses Thema denkbar nahe. Um es gleich vorweg zu sagen: Gott findet Sex super; das ist ein wichtiger Teil seiner Schöpfung. Weil aber Sex die intime und vertrauensvolle Beziehung zweier Menschen 'verkörpert', darum können wir mit Sex nicht beliebig umgehen. Praktizierte Sexualität hat eine Tiefendimension, die wir nicht aus den Augen verlieren dürfen. Darum hat Sex auch etwas Heiliges an sich. Paulus schreibt den Korinthern: 'Ehrt Gott mit eurem Körper.' Hier möchte ich Max Lucado zitieren, der prägnant schreibt: 'Unverbindlicher Sex, Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe, entspricht dem Sexleben der Korinther von damals. Uns wird vorgegaukelt, wir könnten unseren Körper hingeben, ohne dass dies Auswirkungen auf unsere Seele hätte. Doch das stimmt nicht. Wir Menschen sind psychosomatisch geschaffen. Das bedeutet, Körper und Seele sind so eng verflochten, dass alles, was den Körper betrifft, auch die Seele beeinflusst. Der ichbezogene Ausdruck „solange es niemandem schadet“ klingt edel, aber eigentlich wissen wir nicht, wem es letztlich schadet.' Sexualität gehört zu uns und unserem Körper. Und dieser Körper ist Gott heilig; er nennt ihn einen Tempel. c) Wir ehren Gott mit unserem Gehorsam Als ich über das Thema der Ehre Gottes nachdachte, wurde mir klar, was auf keinen Fall fehlen darf. Stellen wir uns vor, in einem großen Stadion singen unzählig viele Menschen machtvoll ein Halleluja. Ich bin überzeugt, dass es etwas gibt, was mindestens genauso Verehrung Gottes sein und was doch keiner mitkriegen würde – außer Gott. Dafür wieder ein Beispiel der Bibel: Jesus aber sprach (in Gethsemane): Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm doch diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, soll geschehen, sondern was du willst. Markus 14,36 Weißt du, was ich meine? Jesus hat keine schönen Worte mehr. So viele Fluchtgedanken kreisen durch seinen Kopf, soviel Alternativen drängen sich ihm auf. Doch mit seinem 'Restvertrauen' beugt er sich unter den Willen seines Vaters und entscheidet sich, seinem Vater gehorsam zu sein. 'Ehre sei Gott in der Höhe!' Jesus zeigt uns hier, was es bedeuten kann, Gott in der Tiefe zu ehren. Wenn der Glaube keinen Sinn mehr macht; wenn wir Gott nicht mehr verstehen und uns trotzdem nach seinem Wort und Willen richten wollen.

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Auch andere haben das erlebt: Abraham mit seinem Sohn auf dem Weg zum Berg Moria; Hiob, der die Welt und den Himmel nicht mehr verstand; Maria, die durch Jesus um ihren guten Ruf und ihre Pläne gebracht wurde. Und immer wieder sagten diese Menschen: 'Nicht mein Wille geschehe, sondern deiner.' Was meinen wir, wird Gott als größere Ehre empfinden: Wenn ein ganzes Stadion Gott Halleluja singt oder wenn ein Mensch – vielleicht mit Ach und Krach – Gott gehorsam bleibt? Zvi Kolitz bericht von einem Juden, der vor der spanischen Inquisition fliehen musste und dabei auf offenen Meer Frau und Kind verlor. Als er dann ohne alles dastand, betete er: 'Gott Israels, ich bin hierher geflohen, um dir dienen zu können, aber du hast alles getan, damit ich nicht an dich glaube. Solltest du meinen, es wird dir gelingen, mich von meinem Weg abzubringen, so sage ich dir, mein Gott und Gott meiner Väter: Es wird dir nicht gelingen. Du kannst mich schlagen, mir alles nehmen, was ich auf der Welt habe, auch mein Leben. Aber ich werde immer an dich glauben und werde immer dich lieben – dir selber zum Trotz!' Es klingt ein wenig verzweifelt und auch trotzig und doch ist jedes dieser Worte gefüllt mit Anbetung bis an den höchsten Rand. Ich bin überzeugt, bei solchen Worten wird es still im Himmel; dann stock den Engeln und vielleicht Gott selbst der Atem. Dieser erkämpfte Gehorsam wird immer eine unglaublich große Verehrung Gottes bleiben. Jeder steht irgendwann an so einem Punkt, wo wir gefragt werden, welchen Weg wir gehen und ob wir Gott treu bleiben. Von allen unbemerkt werden wir gefragt. Aber die Engel jubeln über unsere Treue. Und dann wissen wir, dass wir wirklich seine Kinder sind, dass wir seine DNS in uns tragen, dass unser Rufen echt ist: Abba, lieber Vater! Der bekannte Theologe Karl Barth prägt einmal folgenden Satz: 'Wo anders sucht und schafft Gott seine Ehre, als im Heil des Menschen?' In seinem Sohn Jesus beugte sich Gott zu uns herab und nahm unser Gesicht in seine Hände und küsste uns. Wissend, dass es ihn alles kosten wird. Kein Preis war ihm zu teuer, um uns zu erlösen. Wir ehren Gott für dieses Heil, dass jedem offen steht und das krisensicher ist. Und wir ehren Gott, weil wir seine Rettungstat bestätigen, wenn wir sie auch annehmen. Das Kreuz steht fest – wo stehst du? Wo anders sucht Gott seine Ehre, als im Heil des Menschen. Du ehrst Gott, wenn du ihm glaubst, dass Jesus reicht, um dich zu retten. Du ehrst Gott, wenn du selbst deine alltäglichen Aufgaben ihm widmest. Du ehrst Gott, wenn du ihm deinen Körper für seine Aufgaben zur Verfügung stellst. Du ehrst Gott, wenn du als seine Tochter oder als sein Sohn ihm gehorsam bleibst. Offenbarung 5,11: Ich sah eine unzählbar große Schar von Engeln. Sie standen im Kreis rings um den Thron, um die vier lebendigen Wesen und um die Ältesten, und ich hörte, wie sie in einem mächtigen Chor sangen: »Würdig ist das Lamm, das geopfert wurde, Macht und Reichtum zu empfangen, Weisheit und Stärke, Ehre, Ruhm und Anbetung!«

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