Praxisrelevante Ergebnisse der EMIS-Studie

11.Bayerisches Forum AIDS-Prävention Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e.V. (LZG) Ismaning, 10. - 11. Juli 2012 Praxisrelevante Ergebnisse der ...
Author: Marielies Feld
2 downloads 8 Views 1MB Size
11.Bayerisches Forum AIDS-Prävention Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e.V. (LZG) Ismaning, 10. - 11. Juli 2012

Praxisrelevante Ergebnisse der EMIS-Studie Dr. Ulrich Marcus Robert-Koch-Institut, Berlin

Einleitung Der Europäische MSM Internet Survey (EMIS) wurde im Jahr 2010 durchgeführt. Es handelt sich um die erste und bisher größte gesamteuropäische wissenschaftliche InternetBefragung von Männern, die Sex mit Männern haben. An der Befragung nahmen über 180.000 Männer europaweit teil, davon mehr als 55.000 Männer aus Deutschland. Der verwendete online-Fragebogen wurde in 25 Sprachen angeboten. Die leitenden Forschungsfragen für EMIS waren:  Wie sehen Häufigkeit und Verteilung von HIV-Expositionen und Kofaktoren für eine HIV-Übertragung auf europäischer Ebene aus?  Wie ist der Zugang zu und die Akzeptanz von bestehenden Präventionsangeboten? Wie werden Angebote praktisch umgesetzt?  Wo und in welchem Umfang gibt es unbefriedigte Präventionsbedürfnisse?  Welche Informationen benötigen wir, um (nationale) Stichproben zu vergleichen und Interventionen zielgerichtet zu planen? Methoden Es ist nahezu unmöglich, repräsentative Befragungen von MSM durchzuführen. Alle Untersuchungen bei MSM stützen sich auf sog. „convenience sample“. Auch die deutsche EMISStichprobe von mehr als 55.000 Teilnehmern ist nicht repräsentativ für alle in Deutschland lebenden MSM, sondern bestenfalls für die über schwule Internetportale erreichbaren MSM. Nicht repräsentativ für alle MSM ist die EMIS-Stichprobe z.B. in Bezug auf die Altersverteilung, Bildungsniveau und Sozialstatus, den Anteil HIV-Infizierter, und wahrscheinlich auch der Häufigkeit von sexuellem Risikoverhalten. Man kann versuchen diesen Selektionsbias (Verzerrungen durch unterschiedliche Erreichbarkeit und Teilnahmebereitschaft) zu quantifizieren, muss dafür aber Daten aus dem Surveillancesystem mit heranziehen und man muss bestimmte Annahmen machen, z.B. über den Anteil von MSM in der erwachsenen männlichen Bevölkerung. Es gibt zu dieser Frage zwar Befunde aus Repräsentativbefragungen der Bevölkerung, aber zum einen sind Antworten auf entsprechende Fragen von der Befragungstechnik, der Formulierung der Fragen und der Bereitschaft zu wahrheitsgemäßen Antworten abhängig, zum anderen von den Zeiträumen über die abgefragt wird (z.B. Lebenszeit, letzte 12 Monate). Eine andere Beschränkung von reinen Befragungsstudien liegt darin, dass die Befragten nur über Aspekte Auskunft geben können, die ihnen bekannt sind. Auf die Frage nach dem HIVStatus oder nach diagnostizierten sexuell übertragbaren Infektionen können nur diejenigen Auskunft geben, die entsprechende Tests gemacht haben. Der Vorteil einer europaweiten in vielen Ländern mit unterschiedlichen Testangeboten und Testraten durchgeführten Studie ist, dass – unter gewissen Vorbehalten – auch der Anteil nicht diagnostizierter Infektionen abgeschätzt und strukturelle Hindernisse für Angebote und deren Akzeptanz identifiziert werden können. Ergebnisse und Diskussion In dem Beitrag werden zum einen Europa-weite Vergleiche zum Anteil von Befragungsteilnehmern, die ungeschützten Analverkehr in den letzten 12 Monaten berichten, die in den letzten 12 Monaten auf HIV getestet wurden, und die (erfolgreich) antiretroviral behandelt werden dargestellt. Einflussfaktoren auf die Testbereitschaft werden analysiert. In Bezug auf

die Testung auf andere sexuell übertragbare Infektionen werden im europäischen Vergleich Testraten und Diagnoseraten dargestellt und im Vergleich zum Vereinigten Königreich der Anteil nicht-diagnostizierter Infektionen bei MSM in Deutschland abgeschätzt. Abschließend erfolgt eine Darstellung von soweit als möglich um die durch die Datenerhebung bedingten Verzerrungen bereinigten epidemiologischen Parameter für MSM in Deutschland: wie sieht die Altersverteilung der HIV-Prävalenz aus, welche Auswirkungen hat die antiretrovirale Therapie, wie verteilen sich sexuell übertragbare Infektionen, wie das Risikoverhalten in Bezug auf Erwerb und Weitergabe von HIV, und erklärt sich daraus die Altersverteilung der Neudiagnosen? Auf dieser Grundlage sollen mögliche Stellschrauben diskutiert werden, an denen die HIVPrävention in Deutschland verbessert werden könnte.

Praxisrelevante Ergebnisse der EMIS-Studie 11.Bayerisches Forum AIDSPrävention, Ismaning, 10.07.2012 Dr. Ulrich Marcus, RKI, Berlin

Altersverteilung von EMIS-Teilnehmern im Vergleich zur männlichen Normalbevölkerung 18.0 16.0 14.0 12.0 10.0

EMIS DE

8.0

DE males

6.0 4.0 2.0 0.0 10

Being ‘out’ to most or all significant others Non-gay identity Free/affordable HIV-testing UAI None with non-steady partners perceived as concordant with any partner of unknown or discordant status Knowing that „HIV infection can be controlled with medicines, so that its impact on health is much less.“

%

48.9 23.3 27.8 45.6 11.8 8.8 19.0 30.1 16.0 26.0 57.6 23.8 88.1 64.7 6.7 28.7 91.9

p adj. OR Lower Upper 1 Ref. 0.93