Praxisbericht zur Problematik des Wasserrechts an Seen

Praxisbericht zur Problematik des Wasserrechts an Seen „Der Kirchsee“ • Seit 16.06.1855 privates Seeeigentum Auszug aus der Gemarkungskarte von 182...
Author: Gundi Martin
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Praxisbericht zur Problematik des Wasserrechts an Seen

„Der Kirchsee“ • Seit 16.06.1855 privates Seeeigentum

Auszug aus der Gemarkungskarte von 1825

• 1917 Neuvermessung der Seegrenzen

Auszug aus der Reinkarte

Auszug aus der Ergänzungskarte Nr. 10 von 1918

Fragen: 1. Warum blieb bei der Abmarkung der Seegrenze das Wasserrecht unberücksichtigt, obwohl das Preußische Wassergesetz (PrWG) bereits galt? 2. Ließ das PrWG vom Wasserrecht abweichende privatrechtliche Vereinbarungen zu? 3. Was gilt heute? Abgemarkte Grenze oder Uferlinie? a. Bei Verlandung b. Bei Überflutung

Frage 1 Warum blieb bei der Abmarkung der Seegrenze das Wasserrecht unberücksichtigt, obwohl das PrWG bereits galt?

Warum blieb bei der Abmarkung der Seegrenze das Wasserrecht Frage 1 unberücksichtigt, obwohl das Preußische Wassergesetz (PrWG) bereits galt?

• Somit bestand keine Veranlassung für Verweis auf Wasserrecht. • Vielmehr lag Abmarkung wegen zu befürchtender Seespiegeländerungen auf der Hand.

Bei selbständigen Seen Vorrang des Grundbuchs:

Frage 1

Frage 2 Ließ das PrWG vom Wasserrecht abweichende privatrechtliche Vereinbarungen zu? • Keine Aussage im PrWG enthalten • Von Rechtsprechung entwickelt

Vorbehalt privatrechtlicher Regelungen Kommentar Holtz/Kreutz 1914, S. 81: Die jeweilige Uferlinie gilt jedoch nur dann als Eigentumsgrenze, wenn diese nicht etwa anderweit festgelegt ist …

Vorbehalt privatrechtlicher Regelungen Matthes, Wasser- und Uferrecht, 1956, S. 165: „Darüber, ob auch eine von der Uferlinie abweichende feste Grenzlinie vereinbart und katastermäßig festgelegt werden kann, sagt das Gesetz nichts. Zweifel über die Zulässigkeit einer solchen Grenzannahme sind durch die Entscheidung des OVG 76, 392 (vom 4.3.1920) beseitigt. Hiernach kann eine derartige Grenze auch abweichend vom Grundsatz des § 12, 1 jederzeit privatrechtlich vereinbart werden, z. B. bei rechtsgeschäftlichem Erwerb von Uferstreifen.“

Frage 3 Was gilt heute? Abgemarkte Grenze oder Uferlinie? a. Bei Verlandung b. Bei Überflutung

Landesrecht zu Verlandung an Seen Eigentumsänderung bei Verlandung von Seen stellt einen absoluten brandenburgischen Ausnahmefall dar! Andere Bundesländer : • entweder keine Eigentumsänderungen bei Verlandung (z.B. Baden-Württemberg), • überhaupt keine Eigentumsänderung (Sachsen) oder • Eigentumsänderung nur bei Fließgewässern (z.B. Mecklenburg-Vorpommern)

Landesrecht zu Verlandung an Seen Wassergesetz für Baden-Württemberg (WG) § 8 Überflutung und Verlandung bei öffentlichen Gewässern

(3) Entstehen in öffentlichen Gewässern durch Anschwemmung oder durch Zurücktreten des Wassers dauernde Verlandungen, so gehören sie dem Eigentümer des Gewässerbettes.

Landesrecht zu Verlandung an Seen Sächsisches Wassergesetz (SächsWG) § 3 Gewässereigentum, Eigentumsgrenzen und Duldungspflichten (zu § 4 WHG)

(3) Die Eigentumsgrenzen an einem oberirdischen Gewässer bestimmen sich nach dem Liegenschaftskataster. Veränderungen des oberirdischen Gewässers haben keine Auswirkungen auf das Eigentum.

Landesrecht zu Verlandung an Seen Wassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LWaG) § 54 Verlandung

(2) Bei einem stehenden Gewässer, dessen Grenzen sich nach § 52 Abs. 1 [= Uferlinie] bestimmen, tritt im Falle der Verlandung keine Eigentumsänderung ein. Der Eigentümer hat den früheren Anliegern den Zutritt zum Gewässer zu gestatten, soweit dies zur Ausübung des Gemeingebrauchs in dem bisher ausgeübten Umfange erforderlich ist.

Landesrecht zu Verlandung an Seen Tradition des Preußischen Wassergesetzes (§17 Abs. 3) : Bei Seen, die Teile von Wasserläufen sind und nicht im Eigentume der Anlieger als solcher stehen, gehören Anlandungen, Erdzungen und trockengelegte Randflächen innerhalb der bisherigen Eigentumsgrenzen den Eigentümern des Sees. Diese haben jedoch den früheren Anliegern den Zutritt zu dem See zu gestatten, soweit dies zur Ausübung des Gemeingebrauchs in dem bisher geübten Umfang erforderlich ist.

Fortgeltung des Preußischen Wassergesetzes § 58 Abs. 2 Wassergesetz der DDR vom 17. April 1963 (GBl. Teil 1 Nr. 5 S. 77): Gleichzeitig treten außer Kraft:

f) alle wasserrechtlichen Bestimmungen der ehemaligen Reichs- und Landesgesetzgebung, hierzu gehören: 1. das Preußische Wassergesetz vom 7. April 1913 mit sämtlichen Änderungen und Ausführungsbestimmungen (GS. S. 53);

Fortgeltung des Preußischen Wassergesetzes Urteil des LG Frankfurt (Oder) v. 28.12.2011 (11 O 235/09): … Preußische Wassergesetz … nicht durch das Wassergesetz der DDR aufgehoben worden. Nach dem Grundsatz lex posterior derogat lex anterior * wird das früher erlassene Gesetz nur in dem Umfang aufgehoben, in dem es denselben Sachverhalt regelt und deshalb dem jüngeren Gesetz zu widersprechen vermag. Das Wassergesetz der DDR traf jedoch keine Regelung über die Eigentumszuordnung einer Verlandung. * „Das jüngere Gesetz hebt das ältere Gesetz auf.“

Fortgeltung des Preußischen Wassergesetzes Aufhebung erst mit Bbg. Wassergesetz 1994 durch gegensätzliche Regelung: Eigentum an der (künftigen) Verlandung wächst nunmehr den Eigentümern der Ufergrundstücke zu Bisheriges Eigentum ist geschützt (§ 7 Abs. 1 BbgWG): Soweit bei Inkrafttreten dieses Gesetzes das Eigentum an Gewässern I. Ordnung nicht dem Bund oder dem Land, an Gewässern II. Ordnung nicht den Eigentümern der Ufergrundstücke zusteht, bleibt das bisherige Eigentum aufrechterhalten.

Novellierung des Bbg. Wassergesetzes 2008 § 7 wird aufgehoben Begründung: Die bei In-Kraft-Treten des Wassergesetzes im Jahre 1994 sinnvolle, obgleich nur deklaratorische Regelung ist mittlerweile entbehrlich. Die Eigentumszuordnung ergibt sich stets aus dem Grundbuch. Folge: Bisheriges Eigentum bei abweichender Verordnung des BbgWG nicht mehr geschützt.

Novellierung des Bbg. Wassergesetzes 2008 Aufhebung § 7 bei Verlandung unproblematisch, wenn vor 2008 Uferstreifen entstanden ist (Uferlinie und Eigentumsgrenze fallen auseinander) Aufhebung § 7 führt bei Überflutung zu Konflikt: • Greift die gesetzliche Folge (Veränderung mit der Uferlinie) oder

• bleibt das bisherige Eigentum (Abmarkung/Grundbuch) aufrechterhalten?

Novellierung des Bbg. Wassergesetzes 2008 • Greift die gesetzliche Folge (Veränderung mit der Uferlinie) oder • bleibt das bisherige Eigentum (Abmarkung/Grundbuch) aufrechterhalten? Argumente: • Amtl. Begründung bei Aufhebung § 7: „Die Eigentumszuordnung ergibt sich stets aus dem Grundbuch.“ • Preußische Rechtsprechung zum Vorbehalt privatrechtlicher Regelungen in Gegenwart übertragbar

Vermessungsarbeiten: • Fehlende Rechtsklarheit im Gesetzeswortlaut blieb nicht folgenlos • Durchführung der Vermessungsarbeiten sehr schwierig: • Verweigerung des Zutrittes • Nachbarschaftsstreitigkeiten • Unterschiedliche Auffassungen über den Grenzverlauf

Vermessungsarbeiten:

Vermessungsarbeiten:

Vermessungsarbeiten:

Ergebnis der Vermessungsarbeiten:

Natürliche Veränderungen

Natürliche Veränderungen

künstliche Veränderungen

künstliche Veränderungen

künstliche Veränderungen

Abmarkung

Abmarkung

Abmarkung

Abmarkung

Abmarkung

Grenztermin • Am 25.08.2015 war Grenztermin • 1 Zustimmung • 4 Widersprüche • Eigentümer des Gewässergrundstückes nahm nicht teil

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