Praktikum Medizinische Physik 1 Optik des Auges

Universität Szeged Institut für Medizinische Physik und Informatik OPTIK DES AUGES I. Ziele: Zuerst sollen als Beispiele für grundlegende Experiment...
Author: Günter Kohler
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Institut für Medizinische Physik und Informatik

OPTIK DES AUGES I. Ziele: Zuerst sollen als Beispiele für grundlegende Experimente zur geometrischen Optik die Abbildungscharakteristika von dünnen Linsen, wie z.B. Brillengläsern, durchgeführt werden. Dann sollen als Beispiele für die optischen Eigenschaften des menschlichen Auges Untersuchungen zur Akkomodationsfähigkeit und zur Sehschärfe durchgeführt werden.

II. Theoretische Grundlagen: A. Optische Linsen Wir diskutieren die Abbildungseigenschaften von optischen Linsen im Rahmen der sog. geometrischen oder Strahlenoptik. Die grundlegende Annahme in diesem Modell ist, dass von jedem Punkt auf der Oberfläche eines Objektes in alle Richtungen Lichtstrahlen ausgesendet oder reflektiert werden. Diese sind geradlinig und ändern ihre Richtung nur an Grenzflächen zwischen unterschiedlichen Medien, wie z.B. Luft/Wasser, oder Luft/Glas. Die Lichtstrahlen werden an Grenzflächen gebrochen. Im Fall von sog. dünnen Linsen werden also die Lichtstrahlen beim Eintreten in die Linse an der Grenzfläche Luft/Glas und dann beim Austreten aus der Linse an der Grenzfläche Glas/Luft gebrochen. Es hat sich aber eingebürgert vereinfachend beide Einzelbrechungen zusammenzufassen und die resultierende Richtungsänderung entlang der Symmetrieachse oder auch Hauptebene der Linsen zu zeichnen vgl. Abb.

Hauptebene

Grundsätzlich sind zwei Typen von Linsen zu unterscheiden: Sammel- und Zerstreuungslinsen. Ihre Namen beziehen sich darauf, wie parallel einfallenden Lichtstrahlen nach dem Durchgang durch die Linsen weiter verlaufen. Bei der Sammellinse werden die parallel einfallenden Strahlen in einem Punkt auf der optischen Achse gebündelt. Diesen Punkt bezeichnet man als Brennpunkt oder Fokus (F). Aus Gründen der Symmetrie verfügt eine Sammellinse über zwei Brennpunkte mit jeweils identischen Brennweiten f. Die Brennweite ist definiert als die Strecke zwischen dem Brennpunkt und der Hauptebene der Linse. dünne Bikonvexlinse

dünne Bikonkavlinse

geometrisch erhaltene Strahlgänge

tatsächlicher Strahlgang

Brennpunkt

Brennpunkt

Hauptebene

Hauptebene

Für den Fall der Zerstreuungslinsen werden die parallel einfallenden Lichtstrahlen nicht gesammelt, sondern sie verlassen die Linse so, als kämen sie von einem Punkt auf der Einfallseite des Lichts. Bei Streuungslinsen bezeichnet man diesen gedachten Punkt als Brennpunkt der Linsen. Übereinkommend bezeichnet man die Brennweite von Sammellinsen mit positiven, die der Streuungslinsen mit negativen Werten.

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In der Augenoptik wird der reziproke Wert der Brennweite (gemessen in Metern) als Brechkraft (Brechwert) definiert

D

1 . Die Einheit der Brechkraft ist die Dioptrie (1 dpt f

= m-1). Die Brechkraft bzw. die Brennweite einer Linse hängt von ihren geometrischen Parametern (und dem Material) ab. Je größer die Wölbung der Linse ist, desto geringer ist deren Brennweite bzw. desto größer deren Brechkraft. B. Bildentstehung

Einen leuchtenden oder beleuchteten Gegenstandspunkt können wir sehen, wenn die von ihm ausgehenden Strahlen unsere Augen treffen. In der optischen Bildentstehung gehen die Lichtstrahlen durch optischen Elemente hindurch (z.B. die Linse), die deren Verlauf verändern. Ein Bildpunkt ist ein Ort auf der Abbildungsebene, in dem die von einem Gegenstandspunkt ausgesandten Strahlen erneut zusammentreffen. Siehe Bild. Für eine gegebene Linse mit der Brennweite (f) besteht folgender Zusammenhang zwischen Gegenstandsabstand (t) und Bildabstand (k) (Linsengleichung): 1 1 1 D   f b g Die lineare Vergrößerung einer Linse ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen der Bildgröße (K) und der Gegenstandgröße (T) gemäß deren eindimensionaler Ausbreitung. Mit Hilfe der Linsengleichung ergibt sich folgender Ausdruck: N

B b b f f    G g f g f

Wenn zwei dünne Linsen innerhalb ihrer Brennweiten hintereinander angeordnet werden, dann können sie durch eine einzige Linse ersetzen werden. Die Brennweite dieser Linse entspricht dann:

1 1 1   f f1 f 2

,

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D  D1  D2

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C. Die Akkomodation des Auges Die Akkomodationsfähigkeit des Auges macht es möglich, dass wir die in verschiedenen Abständen vor unseren Augen angeordneten Gegenstände alle scharf wahrnehmen können. Dieses liegt an der veränderbaren Linsenkrümmung im Auge, was eine entsprechende Änderung der Linsenbrechkraft zur Folge hat. Im Falle der sich ändernden Objektabstände kann so immer ein scharfes Bild auf der Retina abgebildet werden. Im Ruhezustand bewirken die ringförmig angeordneten, erschlafften Ziliarmuskeln eine Spannung auf den Zonulafasern, die durch ihre Aufhängung am Linsenrand dazu führen, dass die Linse flach gezogen wird. Wenn der abzubildende Gegenstand näher ans Auge heranrückt, ziehen sich die Ziliarmuskeln zu einem kleineren Ring zusammen. Die Zonularfasern erschlaffen etwas und die Linse wölbt sich. Natürlich ist auch die Krümmungsfähigkeit der Linse begrenzt. Der, dem Auge am nächsten liegende Punkt, der noch scharf wahrgenommen werden kann, wird als Nahpunkt (tp) des Sehens bezeichnet. Dies ist der Punkt mit der höchsten Brechkraft. Der Punkt, der die Abbildung des am weitesten entfernt liegenden Gegenstandes infolge der Akkomodation noch scharf abbilden kann, bezeichnet man als Fernpunkt (tr). Es ist der Punkt mit der geringsten Brechkraft. Die Akkomodationsfähigkeit ist somit die Differenz zwischen dem größten und kleinsten Wert für die Brechkraft der Linse im Auge:

D  Dp  Dr 

1 n  1 n 1 1       t p k  tr k  t p tr

n bezeichnet die Brechkrafteigenschaft (Brechzahl). D. Die Bestimmung der Sehschärfe Die Bestimmung der zentralen Abbildungsfähigkeit des Auges in der Fovea gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Augenoptik. Den Winkel, der von der äußeren Kante eines beobachteten Gegenstandes ausgehender Strahl mit der Zentralachse des Auges gebildet wird, bezeichnet man als Sehwinkel α. Hierbei befindet sich der Scheitel im Zentralpunkt

der Hauptebene des Brechungssystems und liegt somit näherungsweise in der Augenpupille.

Die Größe des Sehwinkels wird also durch die Größe des Gegenstandes und die Gegenstandsweite bestimmt. Näherung:

Sehwinkel

G.grösse rad   G.grösse  360  60 B.m G.abs. G.abs. 2

G.grösse = Größe des Gegenstandes; G.abs.= Abstand; B.m=Bogenminute

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Der kleinste Sehwinkel, der zwischen zwei Punkten A und B gerade noch unterschieden werden kann, wird als Sehwinkelgrenze  bezeichnet. Bei einem nicht sehbeeinträchtigtem Menschen ist dieser Wert ungefähr 1 Bogenminute (1´). Die Sehwinkelgrenze ist ein veränderlicher Wert. Die Auflösungsfähigkeit des Auges, oder Sehschärfe (Visus) ist ein Wert, der die tatsächliche Sehwinkelgrenze zum Normalwert von 1´ prozentual ins Verhältnis setzt:

visus 

1'  100%  '

Wenn jemand somit für die Sehwinkelgrenze den Wert = 1' hat, beträgt seine Sehschärfe 100%. Beträgt die Sehwinkelgrenze = 2', so beträgt seine Sehschärfe 50%. Folglich läge die Sehschärfe für eine Sehwinkelgrenze von  = 0,8' bei 125%. Die Sehschärfe ist in der Fovea am größten, ungefähr 100%, weiter davon weg wird sie geringer, im blinden Punkt ist sie 0. Die Bestimmung der Sehschärfe erfolgt in der Praxis mittels Sehtafeln. Auf diesen Tafeln befinden sich Zahlen, Buchstaben oder Zeichen, die in Spalten angeordnet sind und von oben nach unten in bestimmten Schritten von Zeile zu Zeile immer kleiner sind. Aus einem bestimmten fest definierten Abstand aus betrachtet, erlauben sie den Sehwinkel zu

bestimmen. Die Zeichen sind so bemessen, dass sie sich prinzipiell aus einer 5×5 Matrix erstellen lassen. Somit beträgt das ganze Zeichen das Fünffache des minimalen Sehwinkels. Es ist somit schwierig, die Zahlen und Buchstaben in all ihren Teilen mit gleichem Sehwinkel abzubilden. Deshalb hat man andere Zeichen (z.B. die AmmonZeichen) entworfen. Mit ihnen kann man die tatsächlichen (isognostische) und die identischen (isogonischen) Erkennungseigenschaften bestimmen. In Ungarn sitzt die Untersuchungsperson 5 m entfernt von der Lesetafel entfernt. Dabei verwenden wir die von Kettesy entwickelte dezimale Sehschärfentafel als Grundlage. Auf der Tafel sind rechts die Zahlen, links die AmmonZeichen angeordnet. Auf der Visustafel nach Kettesy entsprechen die obere Zahlen einem Visus-Wert von 0,1 (Sehwinkel  = 10'). Die in der vorletzten Reihe liegenden Zahlen haben einen Visus-Wert von 1,0. Die in der untersten Reihe angeordneten Zeichen sind nur für ganz bestimmte Berufe von Bedeutung (z.B. für Testpiloten).

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E. Sehkorrekturen mittels Brille Bei Normalsichtigen (Emmetropie) beträgt die Akkomodationsfähigkeit des Auges vom Nahpunkt, ungef. 25 cm bis unendlich. Somit lassen sich Abbildungsfehler einteilen in: Kurzsichtigkeit (Myopie): bei an Kurzsichtigkeit leidenden Personen ist die negative Linse positive Bifokallinse Augenachse (in ihrem anteroposterioren Durchmesser zu lang), womit die von einem unendlich angeordneten Gegenstand kommenden parallel verlaufenden Strahlen vor der Retina fokussieren, somit nicht den Punkt des scharfen Sehens erreichen können. Der Patient kann nah gut sehen, da sein Fernpunkt kleiner als unendlich ist. Dieser Defekt kann mittels Zerstreuungslinse (negativ) korrigiert werden. Weitsichtigkeit (Hypermetropie): Die Augenmittelachse ist kürzer als normal, deshalb werden die aus der Nähe eintreffenden Strahlen hinter der Retina fokussiert, das Abbild ist verschwommen. Weitsichtigkeit ist mittels einer Sammellinse (positiv) korrigierbar. III. MESSAUFGABEN A. Bestimmung der Brennweite von Linsen 1. Untersuchung der vorliegenden Linsen. Welches ist die Zerstreuungs- und welches die Sammellinse? 2. Bilden Sie mittels der Sammellinse, die an der Decke des Raumes befindliche Lampe ab. Bestimmen Sie anhand des Abbildes die Brennweite der Linse und deren Brechkraft. 3. Mit der Zerstreuungslinse lässt sich kein (vom Schirm erfassbares) Abbild darstellen. Zur Bestimmung der Brennweite sind zwei Linsen in Kombination zu verwenden. B. Die Bestimmung der Akkomodationsfähigkeit des Auges 1. Mittels Brennweitenbestimmung ist der Nahpunkt (tp) bzw. der Fernpunkt (tr) des eigenen Auges zu bestimmen, und anhand der unten angegeben Formel die Akkomodationsfähigkeit zu bestimmen.

D  D p  Dr 

1 1  t p tr

Für die Bestimmung des Nahpunkts ist ein Bandmaß, für die des Fernpunkts ein Bandmaß oder die Schätzung zu verwenden. Bestimmen Sie dies für beide Augen. Brillenträger können dies mit Brille oder auch mit bloßem Auge durchführen. 2. Die allgemeine Brechkraft beträgt ca. 60 dpt. Von einem 10 m entfernt platzierten, 1 m großen Gegenstand wird auf der Retina ein wie großes Abbild erstellt?

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C. Bestimmung der Sehschärfe mit Hilfe der Visus-Tafel nach Kettesy Bei der Bestimmung der Sehschärfe sitzt der Patient in ca. 5 m Entfernung von den unterschiedlich großen Ammon-Zeichen auf der Tafel. Anhand der subjektiven Schärfeempfindung der 14 unterschiedlich großen Zeichen ist die Sehschärfe zu bestimmen ist.

Definition: Unter dem Nahpunkt versteht man den Abstand, ab dem ein Objekt gerade noch scharf auf der Retina abgebildet wird. Mit fortschreitendem Alter lässt die Akkomodationsfähigkeit der Linse nach, und der Abstand zwischen Auge und Nahpunkt vergrößert sich. Dieses Phänomen ist unter dem Begriff Altersweitsichtigkeit bekannt. Durchführung: Seinen Nahpunkt kann man bestimmen, indem man den Daumen (oder Bleistiftspitze usw.) so dicht vor ein Auge hält, dass er gerade noch scharf gesehen wird. Dabei ist das andere Auge geschlossen. Mit einem Lineal lässt sich leicht der Abstand (in cm) messen. Beim normalsichtigen jungen Menschen beträgt dieser Abstand ca. 25 cm. Der Fernpunkt, ist der vom Auge am weitesten entfernte Punkt, an dem ein Objekt scharf gesehen wird. Dieser rückt mit zunehmender Alter näher zum Auge hin. Punkte die hinter dem Fernpunkt liegen, werden unscharf gesehen.

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