Potenziale der Industriekultur in Brandenburg

Köln, Potsdam 29. November 2010 Potenziale der Industriekultur in Brandenburg Endbericht Potenziale Industriekultur Brandenburg Seite 1 Köln, Pot...
Author: Cornelia Fürst
14 downloads 0 Views 2MB Size
Köln, Potsdam 29. November 2010

Potenziale der Industriekultur in Brandenburg Endbericht

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 1

Köln, Potsdam 29. November 2010

Potenziale der Industriekultur in Brandenburg Endbericht

Bearbeitung: Dr. Robert Datzer, Anette Seidel, Christiane Baum ift Freizeit- und Tourismusberatung GmbH Goltsteinstraße 87a D-50968 Köln Tel. 0221-98549501 Fax 0221-98549550 www.ift-consulting.de

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 2

Inhaltsverzeichnis

Seite Inhaltsverzeichnis

3

Vorbemerkung

5

Zusammenfassung der Kernergebnisse

6

1.

Ausgangssituation

13

2.

Touristische Bedeutung der Industriekultur

15

2.1

Besucherzahlen

16

2.2

Zielgruppen

17

2.3

Erfolgsfaktoren industriekultureller Einrichtungen

18

2.4

Brandenburg im Ländervergleich

21

3.

Primäranalyse

22

3.1

Ergebnisse der Expertengespräche

22

3.2

Erfassung touristisch relevanter industriekultureller Potenziale in Brandenburg

28

3.2.1

Methodisches Vorgehen bei der Auswahl der Standorte

28

3.2.2

Schriftliche Befragung und bewertete Einrichtungen

29

3.2.3

Ergebnisse der Befragung

33

3.2.3.1

Themen, Art der Einrichtungen und Angebote

33

3.2.3.2

Öffnungszeiten und Eintrittsgebühren

37

3.2.3.3

Verteilung der Standorte und Erreichbarkeit

38

3.2.3.4

Serviceeinrichtungen in der Anlage

38

3.2.3.5

Besucherzahlen

40

3.2.3.6

Marketing und Management

42

3.2.3.7

Touristische Infrastruktur im Umfeld

45

3.3

Bewertung touristisch relevanter industriekultureller Standorte

48

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 3

3.3.1

Bewertungskriterien

48

3.3.2

Ergebnisse der Bewertung

50

3.3.3

Zusammenfassung der Bewertung

52

4.

Folgerungen

53

4.1

Industriekulturelle Standorte – Touristische Ziele und Teil der eigenen Identität

53

4.2

Wirtschaftliche Potenziale / Effekte der Industriekultur

54

4.3

Vergleichsbeispiel Ruhrgebiet

55

4.4

Potenziale in Brandenburg

56

4.5

Wettbewerbsnachteile

57

4.6

Handlungsstrategien ableiten

57

5.

Handlungsfelder und Empfehlungen

59

5.1

Kommunikation

60

5.1.1

Kontinuierliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

60

5.1.2

Kommunikation mit Vertriebspartnern

60

5.1.3

Vernetzung von Marketingaktivitäten

60

5.1.4

Beschilderung

61

5.1.5

Intensivierung des thematischen Marketings

61

5.2

Produkt

63

5.3

Qualität

64

5.4

Vertrieb

65

5.5

Organisation

66

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 4

Vorbemerkung Das Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg hat die Firma ift Freizeit- und Tourismusberatung GmbH im September 2010 beauftragt, eine Untersuchung zur „Erfassung und Bewertung der Potenziale der Industriekultur in den Wachstumskernen des Landes Brandenburg“ zu erstellen. Das Thema Industriekultur hat innerhalb des Kompetenzfeldes Tourismus in den letzten zehn Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Die Industriekultur ist aber nicht alleine ein touristisches Thema. Sie spielt darüber hinaus eine wichtige Rolle als Teil der eigenen Vergangenheit und der städtischen bzw. regionalen Identität. Maßgeblichen Akteuren ist klar geworden, dass es eine wichtige Aufgabe ist, industrielle Standorte als Zeugnisse der eigenen Geschichte soweit wie möglich vor dem Verfall zu retten und einer sinnvollen Nachfolgenutzung zuzuführen. In diesem Zusammenhang stellt die Industriekultur einen stärkenden Faktor des Standortimages von „Regionalen Wachstumskernen“ dar, zumal sich viele industriekulturelle Einrichtungen in deren regionalen Einflussbereich befinden. Allerdings ist vielen Akteuren noch nicht bewusst, welches Potenzial das Thema beinhaltet und welche Chancen sich bieten, in Verbindung damit die eigene Standortqualität aufzuwerten. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist, auf Basis einer Analyse Aufmerksamkeit für ein Thema zu schaffen, dass in Brandenburg – verglichen mit Regionen wie dem Ruhrgebiet oder dem Saarland – ein vergleichsweise junges Angebot ist, aber wie in anderen Bundesländern auch über das Potenzial verfügt, einen positiven Beitrag zur wirtschaftlichen und identitätsstiftenden Entwicklung eines Landes zu leisten. Der vorliegende Bericht beinhaltet fünf Kapitel: 

Ausgangssituation des Themas Industriekultur



Touristische Bedeutung der Industriekultur



Analyse der aktuellen Situation auf Basis einer schriftlichen Befragung industriekultureller Standorte und der Durchführung von Expertengesprächen



Ableitung von Folgerungen und Handlungsstrategien aus der Analyse



Festlegung von Handlungsfeldern und Formulierung von Empfehlungen.

Begleitet wurde das Projekt von einer Arbeitsgruppe mit Vertretern unterschiedlicher Einrichtungen und Organisationen, denen wir für die tatkräftige Unterstützung danken. Im Rahmen der nun folgenden Schritte wird es darauf ankommen, die zentralen Ergebnisse der Analyse und die darauf aufbauenden Empfehlungen möglichst breit nach Innen zu vermitteln, um die Akzeptanz des Themas Industriekultur als Teil der eigenen Identität zu steigern und dafür zu sorgen, dass es intensiver als bisher touristisch vermarktet werden kann. Dr. Robert Datzer Köln, Potsdam im November 2010

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 5

Zusammenfassung der Kernergebnisse Zentrale Aufgabenstellung der vorliegenden Untersuchung war es, die Potenziale der Industriekultur des Landes Brandenburg zu erfassen und zu bewerten sowie Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten. In der vorangestellten Zusammenfassung werden die wichtigsten Analyseergebnisse, Folgerungen und Empfehlungen wiedergegeben. Generelle Bedeutung des Themas Industriekultur Die Auseinandersetzung mit dem Thema Industriekultur begann in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts in Großbritannien. Auslöser für eine stärkere Wahrnehmung in Deutschland war die Eröffnung der „Route der Industriekultur“ Ende der 90er Jahre im Ruhrgebiet. Für einen weiteren Schub sorgte die 2003 ins Leben gerufene „Europäische Route der Industriekultur“ (ERIH). Die Spuren, die der Strukturwandel in fast allen altindustriellen Regionen Europas hinterlassen hatte, führten zur Entwicklung von Nutzungskonzepten, die nicht alleine auf den Tourismus setzten, sondern auch auf 

neue Formen des Wohnens



die Ansiedlung von Produktion, Dienstleistung und Gewerbe



die städtebauliche Entwicklung (Quartiersdenken)

und die naturräumliche Entwicklung (Naherholung). Der Industriekultur-Tourismus ist mittlerweile dank des wachsenden Zuspruchs interessierter Reisender dabei, den Status als „Nischenmarkt“ zu verlassen. So zählten allein die 24 deutschen ERIH-Ankerpunkte in 2009 mehr als 3,7 Millionen Besucher. Obwohl Einrichtungen wie die UNESCO Welterbestätten Zeche Zollverein in Essen und die Völklinger Hütte im Saarland mehrere hunderttausend Besucher im Jahr erreichen, liegen die Besucherzahlen allerdings bei den meisten Standorten ähnlich wie bei den „klassischen Museen“ deutlich unter 30.000 Gästen. 

Die Mehrzahl der Besucher gehört nach wie vor zur Gruppe der Naherholer und Tagestouristen. Übernachtungsgäste sind eher die Ausnahme. Teilweise fehlen aber auch Übernachtungskapazitäten an oder in der Nähe der Standorte. Ein Problembereich ist nach wie vor die Vermarktung des Themas in Zusammenarbeit mit (öffentlichen) Tourismusstellen. Viele Touristiker haben eine gewisse Scheu davor, Industriekultur auf eine Ebene mit der klassischen Kultur zu heben. Eine sinnvolle Vernetzung mit anderen Angeboten in der Region bzw. Stadt ist jedoch eine der Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Ansprache von Übernachtungsgästen, da die Industriekultur alleine als Reiseanlass nicht tragfähig ist. Der Erfolg einer industriekulturellen Einrichtung hängt von ihrem wahrgenommenen Profil ab. Dazu gehören das jeweilige Umfeld ebenso wie die historische Bedeutung, der bautechnische Zustand und der Erlebnisgehalt des gesamten Ensembles. Bei fast allen Zielgruppen ist das rein technische Interesse eher gering ausgeprägt. Wichtig ist, dass eine erlebnisreiche und spannende Geschichte erzählt wird.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 6

Der Vergleich mit den im Industriekultur-Tourismus aktiven Bundesländern wie NordrheinWestfalen, Sachsen-Anhalt und dem Saarland zeigt, dass Brandenburg in den letzten Jahren aufgeholt hat, obwohl das Land kein klassisches Zentrum der Industrialisierung wie z. B. das Ruhrgebiet ist. Die industriekulturellen Angebote sind - mit Ausnahme der Lausitz – allerdings eher kleinteilig und verstreut. Trotzdem verfügt Brandenburg über herausragende industriekulturelle Einrichtungen. Das Industriemuseum in Brandenburg an der Havel, das Besucherbergwerk F60 in Lichterfeld und der Ziegeleipark Mildenberg in Zehdenick sind ERIH-Ankerpunkte und gehören damit zu den Highlights europäischer Industriekultur. Die Industriekultur wird über die TMB als Unterthema der Kultur vermarktet. Präsentiert werden 37 industriekulturelle Standorte mit entsprechenden Informationen. Verschiedene Publikationen zum Thema „Industriekultur in Brandenburg“ zeigen, dass das Thema Potenzial und Aktualität hat (z.B. die Veröffentlichung von Jörg Raach „Industriekultur in Brandenburg“, in der 91 brandenburgische Industriedenkmäler berücksichtigt werden). Ergebnisse der schriftlichen Befragung und der Expertengespräche Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung standen eine schriftliche Befragung von 58 industriekulturellen Standorten (73 Prozent der 79 angeschriebenen) sowie 10 ergänzende Expertengespräche, deren zentrale Ergebnisse nachfolgend stichpunktartig wiedergegeben werden. Schriftliche Befragung: 

Knapp 60 Prozent der erfassten und bewerteten Einrichtungen sind Museen, gefolgt mit weitem Abstand von industriellen Landschaften und Erlebnisrouten



Die Hälfte der Einrichtungen ist in den letzten 10 Jahren entstanden



In fast allen Einrichtungen werden Führungen angeboten, bei über der Hälfte gibt es Wechsel- und Sonderausstellungen sowie Events / Veranstaltungen von überregionaler Bedeutung, moderne Vermittlungsformen (Audioguides, Mehrsprachigkeit etc.) sind eher selten



Nur wenige Standorte sind täglich geöffnet, die meisten zwischen 30 und 50 Stunden wöchentlich



Drei Viertel der Einrichtungen sind eintrittspflichtig, wobei der Eintrittspreis fast überall unter 5 Euro liegt; der durchschnittliche Eintrittspreis beträgt schätzungsweise 3 Euro



Die einzelnen Standorte sind auf das gesamte Bundesland verteilt (mit einer Konzentration entlang der Oder, in der Lausitz und im unmittelbaren Umfeld von Berlin), die Erreichbarkeit ist häufig schwierig



Die touristische Infrastruktur ist verbesserungswürdig, zu den Schwachpunkten zählt vor allem das gastronomische Angebot



Die Besucherzahl aller erfassten Standorte beträgt rund 900.000, wobei allerdings mehr als die Hälfte auf die 8 besucherstärksten entfällt; 62 Prozent der befragten Einrichtungen haben weniger als 10.000 Besucher



Die Hauptzielgruppen sind Schulklassen, Familien mit Kindern und die Generation 50+

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 7



Zu den wichtigsten Marketinginstrumenten gehören der eigene Internettauftritt, schriftliche Publikationen und Pressemitteilungen



Die verfügbaren Marketingmittel sind gering (bei drei Viertel der Standorte sind es weniger als 5.000 Euro im Jahr)



Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl liegt bei 6 Personen (ohne Ehrenamtler).

Um eine Bewertung der einzelnen Standorte unter touristischen Gesichtspunkten vornehmen zu können, wurde auf die Kategorisierung der „ENERGIE-Route Lausitzer Industriekultur“ (Highlights, Sehenswert, Geheimtipp) zurückgegriffen. Von den gelisteten Standorten gehören demnach jeweils 16 Standorte den Kategorien „Highlights“ und „Geheimtipp“ an (= jeweils 26 Prozent) und 29 der Kategorie „Sehenswert“ (48 Prozent) an. Expertengespräche: 

Industriekultur ist kein rein touristisches Thema, daher stärkeres Bewusstmachen des Themas als Teil der eigenen Vergangenheit und der städtischen bzw. regionalen Identität



Maßgeblich für den Erhalt der technischen Denkmäler ist eine den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasste Nutzung (stärkere Konzentration auf privatwirtschaftlich ausgerichtete Nutzungsformen)



Das Thema Industriekultur verfügt über das notwendige Potenzial, einen höheren Stellenwert als bisher in der touristischen Vermarktung Brandenburgs zu erreichen



Die Lausitz wird als einzige Region gesehen, die die Chance hat, die Industriekultur als touristisches Schwerpunktthema zu vermarkten



Als Hinderungsgründe für eine größere touristische Bedeutung werden genannt:





Für die Touristiker hat das Thema keine Priorität, sie wissen zu wenig darüber



Unzureichende touristische Infrastruktur und Servicequalität (Öffnungszeiten, Ausstattung, baulicher Zustand, Informationen, generelle Zugänglichkeit, Unterkunftsmöglichkeiten, Gastronomie etc.), schwierige Erreichbarkeit auf Grund der dünnen Besiedlung Brandenburgs



Mangelnde Vernetzung einzelner Standorte, kein Bezug zu den übrigen touristischen Sehenswürdigkeiten, ungenügende Kommunikation der verantwortlichen Akteure



Unzureichende Personalausstattung, häufig ausschließlich ehrenamtlich Tätige, fehlender Nachwuchs an Gästeführern

Handlungsbedarf wird vor allem in folgender Hinsicht gesehen:: 

Aufklärungsarbeit bei den Touristikern leisten, um die Akzeptanz des Themas Industriekultur zu verbessern



Vernetzung der industriekulturellen Angebote mit anderen Themen (Natur- und Landschaftserlebnis, Fahrradtourismus, sonstige kulturelle Sehenswürdigkeiten etc.), Einbindung der industriekulturellen Standorte in ein touristisches Gesamtangebot

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 8



Ausbau einer Vermarktungsplattform für Industriekultur in Zusammenarbeit mit der TMB



Thematische Gliederung der Angebote und Einrichtungen, Entwicklung regionaler Schwerpunkte über bestimmte Themen (Textil, Bergbau etc.)



Intensivere Ansprache von Schulen als wichtiger Zielgruppe



Prüfung von Standorten hinsichtlich der Eignung als „Eventlocation“



Verbesserung der Kommunikation und Kooperation zwischen den Akteuren der Industriekultur und zu den Touristikern



Intensivierung und Verbesserung der Information und der Weiterbildung, Stärkung des Ehrenamtes, Benennung eines Verantwortlichen auf Landesebene, der die ehrenamtlichen Aktivitäten koordiniert



Unterstützung von Unternehmern, die technische Denkmäler für andere Zwecke als rein touristische nutzen wollen



Stärkere Einbindung der Kultur- und Kreativwirtschaft.

Folgerungen aus der Analyse Die Analyse hat gezeigt, dass das Thema Industriekultur in Brandenburg kein ausschließlich touristisches ist. Dies hat zur Konsequenz, dass außer einer Intensivierung der touristischen Vermarktung des Themas die industriekulturellen Zeugnisse stärker als Teil der eigenen Vergangenheit und der städtischen bzw. regionalen Identität bewusst gemacht werden müssen. Nur so können einzelne Standorte vor dem Verfall gerettet und einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden. Im Vordergrund steht daher eine den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasste Nutzungsform der einzelnen Standorte, die künftig auf Grund des weitgehend gedeckten Bedarfs an museal genutzten Industriedenkmälern in anderen Bereichen liegen wird. Für die Zukunft lassen sich daraus folgende Schlüsse ziehen: 

Stärkung des vorhandenen museal bzw. touristisch nutzbaren Bestandes durch Verbesserung der Qualität und der Intensivierung der Vermarktung statt Ausbau neuer Standorte

Intensiveres Werben (insbesondere auf der Ebene der zuständigen Ministerien und der RWKs) für den Erhalt industriekultureller Standorte als Teil der eigenen Vergangenheit und Identität, um damit die Bevölkerung und Investoren im Sinne einer geeigneten Nachfolgenutzung zu sensibilisieren. Die wirtschaftlichen Potenziale bzw. die durch die Industriekultur ausgelösten wirtschaftlichen Effekte werden häufig unterschätzt. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden folgende Eckdaten ermittelt: 



Die industriekulturellen Standorte werden aktuell von rund 1 Million Menschen besucht, die rund 2,2 Millionen Euro an Eintrittsgeldern zahlen



Der Anteil der Besucher industriekultureller Standorte an der Besucherzahl aller musealen Einrichtungen in Brandenburg beträgt rund 20 Prozent

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 9



Die Zahl der Beschäftigten industriekultureller Einrichtungen beläuft sich auf rund 500

Die sonstigen Ausgaben der Besucher industriekultureller Standorte (davon rund 70 Prozent Tagesausflügler und 30 Prozent Übernachtungsgäste) führen zu einem touristisch bedingten Umsatz (Gastronomie, Unterkünfte, Einzelhandel etc.) von rund 50 Millionen Euro im Jahr. Diese rein wirtschaftliche Betrachtungsweise zeigt, dass die Industriekultur nach wie vor ein Nischenthema ist – verglichen mit dem gesamten touristische Bruttoumsatz von rund 4,25 Milliarden Euro und der Zahl der im Tourismus Beschäftigten von 115.000 -, aber eines mit kontinuierlichem Wachstumspotenzial. Insofern sollte es auch nicht vernachlässigt, sondern gezielt weiter entwickelt werden, um durch ein inhaltlich verbessertes und marketingmäßig professioneller präsentiertes Angebot an Marktanteilen zu gewinnen. 

Neben dem unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen gilt es hierbei auch Faktoren wie Identitätsstiftung durch den Erhalt kulturellen Erbes oder städtebauliche Inwertsetzung in Betracht zu ziehen, die die Lebensqualität der Bevölkerung erhöhen und die Ansiedlung neuer Unternehmen fördern. Auch diese Faktoren haben letztendlich eine wirtschaftliche Bedeutung, wenn man die sich daraus ergebenden Folgewirkungen mitberücksichtigt. Brandenburg spielt mittlerweile – gerade was die touristische Nutzung der Industriekultur angeht – im Bundesvergleich eine wichtige Rolle. Bisher haben wenige Landesmarketingorganisationen das Thema so klar positioniert wie die TMB. Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass Brandenburg über einen relativ großen Bestand an industriekulturellen Standorten verfügt, die für Besucher attraktiv sind. Legt man die von der Lausitz vorgeschlagene Kategorisierung (Highlights, Sehenswert und Geheimtipp) zugrunde, lassen sich alleine 25 Prozent der berücksichtigten Einrichtungen als Highlight bezeichnen. Optimierungsbedarf – vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit – besteht vor allem in folgenden Bereichen: 

Präsentation des Angebotes (moderne museale Präsentationsformen wie audiovisuelle Animation, Mehrsprachigkeit etc.)



Museumspädagogische Angebote



Touristische Infrastruktur am Standort und im unmittelbaren Umfeld (Gastronomie, Übernachtungsmöglichkeiten, Ausschilderung etc.)



Qualität der Marketinginstrumente (eigene Webseite etc.)



Zusammenarbeit mit den regionalen Tourismusorganisationen



Koordination des Themas Industriekultur auf Landesebene.

Die aus der Analyse ableitbaren Handlungsstrategien betreffen die touristische und die städtebauliche Inwertsetzung. Bezogen auf den Tourismus sind dies vor allem die Aspekte Infrastruktur und Servicequalität, Vermarktung, Schulung, Vernetzung und organisatorische Koordination der verschiedenen Aktivitäten. Bezogen auf die städtebauliche Inwertsetzung stehen die Aspekte Identitätsstiftung, bürgerschaftliches Engagement und Vernetzung im Vordergrund.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 10

Handlungsfelder und Empfehlungen Zu den zentralen Handlungsfeldern, an denen sich die künftige touristische Positionierung des Themas Industriekultur orientieren sollte, gehören die Bereiche Kommunikation, Produkt, Qualität, Vertrieb und Organisation. Im vorliegenden Bericht werden für diese Bereiche Empfehlungen formuliert, von denen nachfolgend einige beispielhaft skizziert werden. Kommunikation 

Kontinuierliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit



Kommunikation mit Vertriebspartnern



Bündlung von Marketingaktivitäten geeigneter Standorte



Beschilderung



Bildung von Themenschwerpunkten (Energie, Produktion, Siedlung / Wohnen / Architektur, Industriekultur am und um das Wasser, Bergbau) auf Landesebene – mit Ausnahme der Lausitz, wo die Industriekultur auch als regionales Schwerpunktthema wahrnehmbar ist



Jährlich wiederkehrende Veranstaltungen zu wechselnden industriekulturellen Themen – statt einmal alle 10 Jahre ein „Jahr der Industriekultur“.

Produkt 

Verknüpfung der Industriekultur mit anderen Kulturangeboten wie Kulturstädte, historischen Ortskerne, Schlösser und Burgen etc., da sie allein als Besuchsmotiv nicht trägt



Verknüpfung mit dem in der Vermarktung Brandenburgs im Vordergrund stehenden naturräumlichen Tourismus – hier insbesondere im Rahmen einer gezielten Produktentwicklung für Rad-, Wander- und Bootstouristen



Einbindung weiterer Angebote (Werksverkäufe etc.)

Qualität 

Ausbau der Servicequalität an den einzelnen Standorten (Schulung über die deutschlandweite ServiceQ-Zertifizierung)



Steigerung des Erlebniswertes durch moderne multimediale Präsentationsformen



Anregungen gewinnen durch Recherche von Best-Practice-Beispielen

Vertrieb 

Aufbau der Vermarktung auf lokaler, regionaler und landesweiter Ebene



Dabei Vernetzung mit Kooperationspartnern wie TMB, Reisegebieten oder lokalen Tourismusorganisationen



Kooperationen mit Hotels etc.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 11

Organisation Hier wurden folgende Vorschläge und Varianten diskutiert: 

Klärung der Frage der Zuständigkeit und des „Kümmerers“, Entwicklung einer landesweiten Plattform für die Vernetzung der Industriekultur in Brandenburg



Nutzung vorhandener Strukturen; dabei prüfen, bei welcher der vorhandenen Organisationen die Industriekultur angesiedelt werden könnte (d.h. Organisationen, die in Brandenburg mit den Bereichen Tourismus oder Kultur zu tun haben)



Im ersten Schritt prüfen, welche der für Koordinierungsaufgaben in Frage kommenden Organisation zu den geringsten Kosten Büroräume, Mitarbeiter, Kommunikation etc. zur Verfügung stellen kann



Klärung dieser und weiterer Fragen im Rahmen eines „Runden Tisches“, der sinnvoller Weise auf Initiative des Wirtschaftsministeriums einberufen werden sollte.



Formulierung einer Kooperationsvereinbarung, in der Fragen wie der Sitz der Koordinationsstelle, erforderliche Aufgaben, finanzielle Beteiligung etc. geklärt werden.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 12

1. Ausgangssituation Das Thema Industriekultur bzw. Industrietourismus ist ein vergleichsweise junges Phänomen. Seit den 1970er Jahren setzten sich Experten damit auseinander. Ausgangspunkt war Großbritannien, wo 1955 der Begriff „Industrial Archaeology“ für die wissenschaftliche Aufarbeitung des Erhalts und der Wertschätzung der Relikte der Industriellen Revolution verwendet wurde. Im Ironbridge Gorge Museum Trust in Telford / England fand 1973 die erste internationale Tagung zu diesem Thema statt und führte fünf Jahre später zur Gründung von TICCIH (The International Committee for the Conservation of Industrial Heritage), einem weltweiten Netzwerk, das sich mit dem Erhalt und der Vermarktung von industriekulturellen Standorten beschäftigt. Mit dieser Entwicklung wuchs auch in Deutschland das Bewusstsein dafür, dass die Überbleibsel der industriellen Vergangenheit nicht nur „lästige Übel“, sondern bedeutende Kulturgüter und damit erhaltenswert sind. Einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung des Themas Industriekultur hat die 2003 ins Leben gerufene „Europäische Route der Industriekultur“ (ERIH) geleistet. Grundlage war ein im Zeitraum 1999 bis 2002 erstellter Masterplan, in dem die Grundzüge des Konzeptes festgelegt wurden. Pate für die Idee war die Route der Industriekultur im Ruhrgebiet. Der 2008 abgeschlossene Aufbauprozess von ERIH, der unter der Regie des nordrheinwestfälischen Tourismusverbandes erfolgte, wurde mit Mitteln der EU aus dem INTERREGProgramm finanziert. Nach Beendigung der Förderphase wurde ERIH in einen Verein umgewandelt, der heute über 150 Mitgliedern in 16 europäischen Ländern hat (siehe www.erih.net). ERIH versteht sich als ein Netzwerk der wichtigsten Standorte des industriellen Erbes Europas. Das Rückrat der Route bilden die Ankerpunkte, deren Zahl 2010 auf 72 angewachsen ist. Insgesamt werden derzeit rund 850 Standorte in 32 europäischen Ländern auf der Webseite des Netzwerks gelistet. All diese Standorte bewerben sich gegenseitig und profitieren vom Erfahrungsaustausch. Ergänzt wird die Darstellung durch „Regionale Routen“ und „Europäische Themenrouten“. Übergeordnetes Ziel ist es, die Europäischen Standorte der Industriekultur zu schützen und ihren Erhalt als Antrieb für die Entwicklung von Regionen zu nutzen, die oftmals vom wirtschaftlichen Verfall bedroht sind. Der Tourismus wird dabei als Chance begriffen, das Bewusstsein für das Kulturgut zu fördern, den Kreis der am industriellen Erbe interessierten Menschen deutlich zu erweitern und den einzelnen industriekulturellen Standorten eine wirtschaftliche Perspektive im Sinne zusätzlicher Einnahmen zu bieten. Aufgabe der Regionalen Routen ist es, Landschaften und Gebiete zu erschließen, denen die Europäische Industriegeschichte ihren Stempel aufgedrückt hat. Aufgrund ihrer geografischen Ausdehnung bieten sie eine gute Basis für die Entwicklung und Vermarktung konkreter, buchbarer Angebote. Zu diesen Routen gehört in Deutschland neben dem Ruhrgebiet, dem Bergischen Land, dem Saar-Lor-Lux-Raum, dem Euregio Maas-Rhein-Gebiet, dem Rhein-Main-Raum, dem Nordwesten und Sachsen-Anhalt auch die Lausitz.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 13

Mit den Europäischen Themenrouten werden historische, europaweite Verbindungen zwischen den einzelnen Industriedenkmälern aufgezeichnet. Themen sind: Textil, Bergbau, Eisen & Stahl, Produktion, Energie, Transport & Kommunikation, Wasser. Die Zusammenarbeit innerhalb des europäischen Netzwerkes zeigt auch, dass alle europäischen Länder, die Relikte der Industrialisierung haben, ähnliche Probleme bei der Diskussion um Erhalt, Nutzung oder Abriss haben. Der Strukturwandel hat in fast allen altindustriellen Regionen Europas Spuren hinterlassen. Nun gilt es nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Nutzungskonzepte zu entwickeln. Dabei muss auch die Einbindung der Bevölkerung und der Privatwirtschaft sichergestellt werden. Nutzungskonzepte setzen in der Regel nicht mehr allein auf den Tourismus, da dieser Markt in vielen Regionen durch die Anzahl der Standorte bereits gesättigt ist bzw. vergleichsweise hohe Unterhaltskosten erfordert, sondern entwickeln interdisziplinäre Konzepte in den Bereichen: 

Neue Formen des Wohnens



Ansiedlung von Produktion, Dienstleistung und Gewerbe



Städtebauliche Entwicklung (Quartiersdenken)



Naturräumliche Entwicklung (Naherholung)

Der vorliegende Bericht beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Bewertung der touristisch genutzten Industriekultur im Land Brandenburg, vernachlässigt dabei aber nicht die zuvor genannten interdisziplinären Gesichtspunkte.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 14

2. Touristische Bedeutung der Industriekultur Als touristisch bedeutsames Thema hat die Industriekultur in Deutschland erst Mitte der 90er Jahre Fuß gefasst. Schlüsselereignisse waren die Aufnahme der Völklinger Hütte in die Liste der UNESCO-Welterbestätte im Jahre 1994 und die Eröffnung der „Route der Industriekultur“ im Ruhrgebiet im Jahre 1999. In anderen Ländern Europas, insbesondere in Großbritannien, hat die Industriekultur eine deutlich längere touristische Tradition. So ist z. B das seit Anfang der 70er Jahre kontinuierlich ausgebaute „Ironbridge Gorge Museum“ in Großbritannien (mit insgesamt 10 Museen) eines der weltweit besten Beispiele für die Entwicklung des Industriekultur-Tourismus. Die Begriffe Industriekultur und Industrietourismus sind sehr eng miteinander verbunden. So umfasst die Industriekultur - ein Begriff, den es erst seit wenigen Jahren gibt - im engeren Sinne die Technik- und Sozialgeschichte der Arbeit, die Architekturgeschichte von Fabriken, Industrieanlagen und die Entwicklung des geographischen Raumes - auch als Industrierevier bezeichnet (vgl. Wilhelm 2004). In der Regel stellt der Industriekultur-Tourismus eine besondere Form des Kulturtourismus dar. "Kulturtourismus in Industrielandschaften sei verstanden als eine Tourismusform, deren wesentliches Zielobjekt Industriebetriebe selbst und die von ihnen in charakteristischer Weise geprägten Räume sind" (Soyez 1993). Neben dem Besuch ehemaliger oder in Betrieb befindlicher Industrieanlagen zählt dazu auch der Besuch von Industriemuseen und Ausstellungen mit industriekulturellem Schwerpunkt (Hücherig, 1997). Im englischsprachigen Raum wird teilweise noch zwischen Industrie-Tourismus (Besichtigung aktiver Betriebe und Anlagen) und Industriekultur-Tourismus (auf industrielles Kulturerbe ausgerichteter Tourismus) unterschieden (Yale, 1992). In manchen Bereichen überschneiden sich diese beiden Formen auch (z .B. bei Werksmuseen) In der vorliegenden Untersuchung wird diese Unterscheidung daher nicht vorgenommen. Zu den Angeboten der Industriekultur gehören beispielsweise: 

Stillgelegte (oder noch in Betrieb befindliche) Produktionsstätten mit (ehemaligen) Produktionstechniken



Darstellung des ehemaligen Sozial- und Alltagslebens bzw. typischer Lebensweisen



Arbeitersiedlungen, Direktorenvillen etc.



Wiederbelebung ehemaliger handwerklicher Fähigkeiten



Industriemuseen



Industriedenkmale



Industrielandschaften (ehemaliger Tagebau, Landschaftsparks o. ä.), altindustrielle Folgelandschaften.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 15

2.1

Besucherzahlen

Leider liegen aus dem Bereich der Industriekultur kaum (aktuelle) Marktforschungsdaten vor. Erhebungen der Besucherzahlen von Standorten zeigen jedoch, dass der Industriekultur-Tourismus mittlerweile dank des wachsenden Zuspruchs interessierter Reisender nicht mehr als Nischenmarkt bezeichnet werden kann. So zählten allein die 24 deutschen Ankerpunkte der Europäischen Route der Industriekultur in 2009 mehr als 3,7 Millionen Besucher. Bei den einzelnen Standorten ist hinsichtlich der Besucherzahlen eine große Schwankungsbreite feststellbar. Europäische TOP-Einrichtungen wie das Ironbridge Gorge Museum in England, die UNESCO Welterbestätten Zeche Zollverein in Essen, Völklinger Hütte im Saarland oder der Rammelsberg bei Goslar erreichen mehrere hunderttausend Besucher im Jahr. Erste Schätzungen für die Zeche Zollverein im Europäischen Kulturhauptstadt Jahr RUHR 2010 belaufen sich sogar auf 1,5 bis 2 Millionen Besucher allein für diesen Standort. Die Mehrzahl der Anlagen kann jedoch zufrieden sein, wenn sie die Schallmauer von 30.000 Gästen überwindet. Kleinere, meist von ehrenamtlichen Mitarbeitern betreute Einrichtungen zählen jährlich weniger als 5.000 Besucher. Damit bewegen sich industriekulturellen Standorte durchaus in vergleichbaren – teilweise sogar höheren – Besucherzahl-Bereichen wie die „klassischen“ Museen.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 16

2.2

Zielgruppen

Die Mehrzahl der Besucher gehört nach wie vor zur Gruppe der Naherholer und Tagestouristen. Übernachtungsgäste sind eher die Ausnahme, was am immer noch vorhandenen Image des Themas – stärkere Nähe zur Arbeits- als zur Urlaubswelt – liegen mag. Teilweise fehlen aber auch Übernachtungskapazitäten an oder in der Nähe der Standorte. Hier müssen sich die Standorte aktiv mit Unterkunftsanbietern in ihrem Umfeld vernetzen und eine gemeinsame Vermarktung initiieren. Einen Nachfrageschub für den Industriekultur-Tourismus hat das Ereignis Kulturhauptstadt 2010 im Ruhrgebiet ausgelöst, wo das Thema Industriekultur eine zentrale Rolle spielt und wo die öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten im Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms zu einer deutlichen Imageprofilierung auch außerhalb des Ruhrgebiets beigetragen haben. Man kann davon ausgehen, dass sich dieser Erfolg auch positiv auf die Weiterentwicklung des Themas Industriekultur in anderen Regionen auswirken wird. Ein Problembereich ist nach wie vor die Vermarktung des Themas durch die (öffentlichen) Tourismusstellen. Viele Touristiker haben eine gewisse Scheu davor, Industriekultur auf eine Ebene mit der klassischen Kultur (Vermarktung von Schlössern, Burgen, historischen Ortskernen, Kunstmuseen etc.) zu heben. Eine sinnvolle Vernetzung mit anderen Angeboten in der Region bzw. Stadt ist jedoch eine der Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Ansprache von Übernachtungsgästen, da die Industriekultur alleine als Reiseanlass nicht tragfähig ist. Die originäre Zielgruppe, deren primäres Motiv der Besuch industriekultureller Einrichtungen ist, ist quantitativ gesehen eher klein. Genaue Informationen über den Einfluss des entsprechenden Angebotes auf die Reiseentscheidung oder die Reisezielwahl gibt es kaum. Besucherbefragungen an einzelnen Standorten zeigen jedoch, dass oft der Besuch einer (herausragenden) Veranstaltung Besuchsanlass ist oder (je nach Einzigartigkeit der Anlage) der Standort selbst (z. B. F60). Insbesondere die Übernachtungsbesucher, aber auch teilweise Tagesgäste, besichtigen ein Industriedenkmal oder eine Ausstellung als Teil eines Gesamtprogramms mit unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten in der Region oder Stadt. Insofern ist es wichtig, die Stationen der Industriekultur in das touristische Gesamtangebot zu integrieren. Die Herausforderung besteht also darin, die Angebote im Umfeld der Standorte sinnvoll zu vernetzen und zu vermarkten. Außerdem müssen die Standorte Angebote schaffen, die zum Wiederholungsbesuch einladen, um die Zielgruppe der Tagestouristen dauerhaft und nachhaltig anzusprechen. Im weiteren Sinne gehören zum Potenzial des Industriekultur-Tourismus alle diejenigen, die sich für Kultur und Zeugnisse unserer Vergangenheit interessieren, die Sehenswürdigkeiten gleich welcher Art erleben wollen oder die gerne etwas Neues ausprobieren oder kennen lernen möchten. Im musealen Bereich spielen Schulklassen eine wichtige Rolle, denen dort das mit der Industrie verbundene Lebensumfeld pädagogisch vermittelt wird. Auch Familien mit Kindern sind überdurchschnittlich häufig vertreten Hier ist insbesondere die Zielgruppe Großeltern-Enkelkinder interessant, da diese häufig saisonunabhängig unterwegs ist. Hinzu kommt, dass die sogenannte „Best-Ager“ Gruppe oft einkommensstark ist.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 17

2.3

Erfolgsfaktoren industriekultureller Einrichtungen

Die Erfahrung zeigt, dass bei fast allen Zielgruppen das rein technische Interesse eher gering ausgeprägt ist. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass Ausstellungen und Präsentationen nicht zu techniklastig bzw. zu „trocken“ sein sollten. Wichtig ist, dass eine erlebnisreiche und spannende Geschichte erzählt wird. Unter dem Motto „Geschichten erzählen Geschichte“ führen viele Standorte sehr erfolgreiche Themenführungen durch, bei denen (historische) Persönlichkeiten (ggf. auch kostümiert) die Historie aus dem Blickwinkel ihrer Erlebniswelt erzählen (Bergmann, Bergmannsfrau, Arbeiter, Unternehmer etc.). Viele Standorte locken ihre Besucher auch durch außergewöhnliche Inszenierungen – wie die Illumination von Jonathan Park im Landschaftspark Duisburg-Nord – oder nutzen die altindustriellen Relikte als Kulisse für Konzerte und andere Events. Der Erfolg einer industriekulturellen Einrichtung hängt von ihrem wahrgenommenen Profil ab. Dazu gehören das jeweilige Umfeld ebenso wie die historische Bedeutung, der bautechnische Zustand und der Erlebnisgehalt des gesamten Ensembles. Eine Studie aus dem Jahr 2005 zu den „Erfolgsfaktoren industrietouristischer Einrichtungen“ (Dr. Antje Wolf, Paderborner Geographische Studien, Bd. 18) definiert folgende Erfolgsfaktoren: 





Investitionen / Finanzierung 

Mittel zum Aufbau und Erhalt bzw. zur Führung des laufenden Betriebes



Ausweitung und Diversifizierung von Angebot, Interpretation und Infrastruktur

Networking / Vernetzung des Angebotes 

Verankerung in der Region



Vernetzung mit anderen Sehenswürdigkeiten, Freizeiteinrichtungen, Gastronomie und Unterkunftsanbietern

Bekanntheitsgrad  





Bekannte Markennamen (z. B. Villeroy & Boch, Autostadt Wolfsburg, DB Museum etc.)

Einzigartigkeit, Qualität des Produktes 



Gasometer Oberhausen, Zeche Zollverein

Z. B. hochwertige Markenprodukte

Setup 

Planvoll geordnete, nachvollziehbare Struktur



Kein klassischer Rundweg

Realisierung von Events und Ausstellungen 

Erhöhung des Bekanntheitsgrades



Anziehung von Wiederholungsbesuchern



Differenzierung in einem übersättigtem Markt

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 18





Herausragende Interpretations- / Präsentationsformen 

Einbezug von Info- und Edutainmentkonzepten



Beobachtung realer Arbeits-/ Produktionsprozesse



Multimediale Informationsvermittlung, Erlebnischarakter

Authentizität, Einzigartigkeit des Reliktes 



Immersion 







Eintauchen in fiktive Welten, Simulation einer Erlebniswelt

Design / Architektur 

Beeindruckende Ästhetik, Bedeutung



Bekannter Architekt

Location, gute verkehrstechnische Anbindung 

Erreichbarkeit des Standortes



Hohe Bevölkerungsdichte im Einzugsbereich (bsp. Ruhrgebiet)



Lage in etablierter Tourismusdestination (bsp. Zeppelinmuseum Friedrichshafen, Region Bodensee)

Allianzen und Kooperationen 



Bezug auf historische Entwicklung der Stadt bzw. Region

Mit Firmen

Trägerschaft / Organisationsform Privatwirtschaftlich-kommerzielle Betreiber agieren im Markt i. d. R. erfolgreicher als öffentliche Betreiber





Normung 

Reduktion von Informationen



klare Strukturierung des Angebots



Auszeichnung mit Gütesiegeln





Stories / Thematisierung 



Multisensuales story telling

Cocktails / Multifunktionalität 

 

Wirkt Überangebot entgegen und vermittelt Kunden das Gefühl, nichts Wesentliches verpasst zu haben

Ausreichende Anzahl besucherrelevanter Infrastruktur (Gastronomie, Museumsshop, allgem. Serviceeinrichtungen) Gewährleisten Multioptionalität des Kunden

Emotionalisierung / Merchandising

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 19





Specialised Marketing 

Markt- bzw. Zielgruppenkenntnisse



professionelle Öffentlichkeitsarbeit und Marketing



Besucherfreundliche Öffnungszeiten, akzeptable (Eintritts-) Preise

Personal- / Besuchermanagement 

gute Service- und Dienstleistungsqualität



qualifiziertes Personal



gutes Besuchermanagement

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass für den Erfolg industriekultureller Einrichtungen nicht ein einzelner Faktor entscheidend ist, sondern das richtige Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren. Es zeigt sich, dass Personal- / Besuchermanagement, die Investitionen / Finanzierung und das Specialised Marketing als Basisfaktoren den größten Einfluss auf den Erfolg haben. Alle übrigen Erfolgsfaktoren sind Zusatzfaktoren Am wenigsten relevant für den Erfolg sind Immersion, Setup sowie Organisationsform / Trägerschaft.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 20

2.4

Brandenburg im Ländervergleich

Brandenburg gehört zu Bundesländern – neben Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und dem Saarland -, in denen das Thema Industriekultur eine überdurchschnittliche Rolle spielt – und dies, obwohl das Land kein klassisches Zentrum der Industrialisierung wie z. B. das Ruhrgebiet oder Ironbridge ist. Die industriekulturellen Angebote sind - mit Ausnahme der Lausitz - eher kleinteilig und verstreut. Industrieanlagen entstanden im Umfeld von Berlin als Zulieferer, entlang der Oder und den traditionellen Industriestandorte der DDR. Dennoch verfügt Brandenburg über herausragend industriekulturelle Einrichtungen. Das Industriemuseum in Brandenburg an der Havel, das Besucherbergwerk F60 in Lichterfeld und der Ziegeleipark Mildenberg in Zehdenick sind ERIH-Ankerpunkte und gehören damit zu den Highlights europäischer Industriekultur. Neben diesen drei herausragenden Standorten ist in Brandenburg in der Lausitz mit der Regionalen Route ENERGIE Route ein Schwerpunkt erkennbar, Potenzial hätte ggf. auch das Thema Industriekultur am und um das Wasser mit den Kanälen, der IBA SEE und ausgesuchten Museen. Obwohl die Industriekultur in Brandenburg ein noch relativ junges Thema ist, wird es über die TMB als Unterthema der Kultur vermarktet. Präsentiert werden 37 industriekulturelle Standorte mit entsprechenden Informationen. Auf der Webseite der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) findet man unter de m Suchbegriff „Industriekultur“ allerdings kein Angebot aus Brandenburg. Verschiedene Publikationen zum Thema „Industriekultur in Brandenburg“ zeigen, dass das Thema Potenzial und Aktualität hat. Hervorgehoben werden soll an dieser Stelle die Veröffentlichung von Jörg Raach („Industriekultur in Brandenburg“), der in seiner Untersuchung 91 brandenburgische Industriedenkmäler berücksichtigt hat. Erfahrungen aus anderen Regionen zeigen, dass ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche und authentische Inwertsetzung und Vermarktung der Industriekultur die Akzeptanz der Bevölkerung ist. Dabei zeigt sich oft das Problem, dass der Strukturwandel und der damit einhergehende Verlust von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen in der Region ein negatives Image fördern. Experten aus dem Ruhrgebiet berichten, dass die Wertschätzung und Akzeptanz für altindustrielle Standorte als Kulturgut mit dem zeitlichen Abstand wächst. Sie raten daher dazu, keine übereilten Entscheidungen über Nutzungskonzepte oder Abriss zu treffen. Bestandteil der Maßnahmen zur Erhöhung der Akzeptanz sollte es sein: 

Stolz und regionale Identität und



ehrenamtliches Engagement zu fördern sowie



das Interesse der Bevölkerung als Besucher (Tagestourismus) zu wecken.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 21

3. Primäranalyse Im Rahmen der Untersuchung der industriekulturellen Potenziale des Landes wurden im ersten Schritt 

Gespräche mit ausgewählten Akteuren geführt



die vorhandenen Standorte erfasst und



anschließend bewertet.

Die Ergebnisse dieser Analysephase werden in den nachfolgenden Abschnitten präsentiert.

3.1

Ergebnisse der Expertengespräche

Die Ergebnisse der vor Ort geführten Gespräche werden stichpunktartig zusammengefasst. Zur Dokumentation werden darüber hinaus Einzelaussagen in anonymisierter Form wiedergegeben. Zu den Gesprächspartnern zählten Vertreter der involvierten Ministerien, der kulturellen und touristischen Einrichtungen des Landes sowie der IHK. Die zehn Gespräche, die in der zweiten Septemberhälfte geführt wurden, dauerten im Durchschnitt rund eine Stunde. Folgende zentrale Themen standen im Vordergrund: 

Genereller Stellenwert des Themas Industriekultur, Veränderungen in der Wahrnehmung, eigene Aktivitäten / Maßnahmen, Beurteilung und Einschätzung der Erfolgsaussichten der Standorte, Erfolgsbeispiele, Probleme, Anforderungen an die Standorte etc.



Erwartungen an das Projekt, künftige Entwicklung und Positionierung, eigene Vorstellungen und Vorschläge hinsichtlich der künftigen Positionierung des Themas, erforderliche Maßnahmen etc.

Gesprächsteilnehmer: 

Frau Faber-Schmidt, Kulturland Brandenburg e.V.



Herr Hahn, IHK Cottbus



Herr Hütte, TMB



Herr Professor Karg, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum



Herr Kiefer, Kompetenzzentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft Berlin-Brandenburg



Herr Klenner, Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Mitbegründer von ERIH und verantwortlich für Industriekultur im Land NRW



Herr Kober, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes



Frau Dr. Köstering, Museumsverband Brandenburg e.V.



Herr Linsen, Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 22



Herr Stricker, Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft



Frau Seitz, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur

Zusammenfassung der Gesprächsergebnisse Einigkeit besteht unter den Gesprächspartnern, dass die Industriekultur kein rein touristisches Thema ist. Ziel müsse es daher sein, außer einer Intensivierung der touristischen Vermarktung des Themas die industriekulturellen Zeugnisse stärker als Teil der eigenen Vergangenheit und der städtischen bzw. regionalen Identität bewusst zu machen. Nur so könnten die einzelnen Standorte vor dem Verfall gerettet und einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden. Maßgeblich für den Erhalt der technischen Denkmäler ist nach Auffassung der Gesprächspartner eine den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasste Nutzung. Da bei den meisten Objekten eine museale Nutzung aus finanziellen Gründen als Option ausscheide, müsse man sich stärker auf andere, mehr privatwirtschaftlich ausgerichtete Nutzungsformen konzentrieren. Vor allem Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft werden als mögliche Partner gesehen. Als erschwerend wird die aktuelle Tendenz der Kommunen eingestuft, die städtebauliche Entwicklung auf die Ortskerne zu konzentrieren, also weniger auf die Randlagen, wo sich viele technische Denkmäler - und in den Augen der Bevölkerung problematische Industriebrachen - befinden. Die Wunschvorstellungen gehen hier eher in Richtung Räumung statt Erhalt. Die Gesprächspartner sind mehrheitlich der Überzeugung, dass das Thema Industriekultur über das notwendige Potenzial verfügt, einen höheren Stellenwert als bisher in der touristischen Vermarktung Brandenburgs zu erreichen. Dass dies aktuell noch nicht der Fall ist, wird in erster Linie folgenden Faktoren zugeschrieben: 

Für die Touristiker hat das Thema keine Priorität, sie wissen zu wenig darüber



Die unzureichende touristische Infrastruktur und Servicequalität der meisten Standorte bzw. des Umfeldes (Öffnungszeiten, Ausstattung, baulicher Zustand, Informationen, generelle Zugänglichkeit, Unterkunftsmöglichkeiten, Gastronomie etc.), schwierige Erreichbarkeit auf Grund der dünnen Besiedlung Brandenburgs



Mangelnde Vernetzung einzelner Standorte, kein Bezug zu den übrigen touristischen Sehenswürdigkeiten, ungenügende Kommunikation der verantwortlichen Akteure



Unzureichende Personalausstattung, häufig ausschließlich ehrenamtlich Tätige, fehlender Nachwuchs an Gästeführern

Unter dem Gesichtspunkt der regionalen Schwerpunktbildung spielt das Thema Industriekultur nach Ansicht der Gesprächspartner die wichtigste Rolle in der Lausitz. Sie wird als einzige Region gesehen, die die Chance hat, die Industriekultur als touristisches Schwerpunktthema zu vermarkten. Obwohl es in Brandenburg mittlerweile eine Vielzahl technischer Denkmäler gebe, würden diese eher mit lokalen Standorten in Verbindung gebracht als mit einer größeren regionalen Einheit. Außerdem seien die drei ERIH-Standorte zu wenig, um Brandenburg zu einer größeren Bedeutung im europäischen Wettbewerb zu verhelfen.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 23

Handlungsbedarf sehen die Gesprächspartner vor allem in folgender Hinsicht: 

Aufklärungsarbeit bei den Touristikern leisten, um die Akzeptanz des Themas Industriekultur zu verbessern



Vernetzung der industriekulturellen Angebote mit anderen Themen (Natur- und Landschaftserlebnis, Fahrradtourismus, sonstige kulturelle Sehenswürdigkeiten etc.), Einbindung der industriekulturellen Standorte in ein touristisches Gesamtangebot



Ausbau einer Vermarktungsplattform für Industriekultur in Zusammenarbeit mit der TMB



Thematische Gliederung der Angebote und Einrichtungen, Entwicklung regionaler Schwerpunkte über bestimmte Themen (Textil, Bergbau etc.)



Intensivere Ansprache von Schulen als wichtiger Zielgruppe



Prüfung von Standorten hinsichtlich der Eignung als „Eventlocation“



Verbesserung der Kommunikation und Kooperation zwischen den Akteuren der Industriekultur und zu den Touristikern



Intensivierung und Verbesserung der Information und der Weiterbildung, Stärkung des Ehrenamtes, Benennung eines Verantwortlichen auf Landesebene, der die ehrenamtlichen Aktivitäten koordiniert



Organisation eines Themenjahres wie im Jahre 2000 in Ergänzung von kontinuierlich stattfindenden Veranstaltungen



Unterstützung von Unternehmern, die technische Denkmäler für andere Zwecke als rein touristische nutzen wollen



Stärkere Einbindung der Kultur- und Kreativwirtschaft.

Die Gesprächspartner äußern die Hoffnung, dass das Thema Industriekultur durch die vorliegende Studie eine Aufwertung im Lande erfährt und die formulierten Maßnahmen von den verschiedenen Akteuren auch umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang wird auf die Rolle der IBA hingewiesen, die zu einer gewissen Sensibilisierung hinsichtlich der industriekulturellen Vergangenheit beigetragen habe. Nun müsse aber durch Nachfolgemaßnahmen für eine konsequente Fortsetzung des eingeschlagenen Weges gesorgt werden. Die IHK Cottbus und die IHK Ostbrandenburg vertreten die Auffassung, dass Industriedenkmäler in die Förderung aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ des Landes Brandenburg aufgenommen werden sollten. Darüber hinaus empfehlen die beiden Organisationen eine einheitliche touristische Vermarktung der besonders bedeutenden Industriegüter durch die Tourismus Marketing Brandenburg GmbH. Ausgewählte Einzelaussagen 

Städtebaulich gesehen liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung der Innenstädte, die meist in Randlagen befindlichen industriekulturellen Standorte stehen daher nicht im Mittelpunkt; Kommunen konzentrieren ihre Aktivitäten auf die Ortskerne



Fördertechnisch ist für die museale Nutzung technischer Denkmäler nicht mehr viel zu erwarten; kaum mehr Bedarf nach musealer Nutzung; entsprechende Gebäude haben

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 24

in der Regel nur dann eine Chance zum Erhalt, wenn sie für andere Zwecke genutzt werden; intensivere Nutzung in Verbindung mit Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft 

Technische Denkmäler müssen stärker als Teil der städtischen Identität begriffen werden; industrielle Vergangenheit stärker als Teil der eigenen Vergangenheit bewusst machen; Industrie ist ein Perspektivthema; es muss mehr Stolz auf die industrielle Vergangenheit erkennbar werden



Vielfalt der industriellen Standorte sichtbar machen, nicht nur touristisch nutzbare erhalten



Großes Problem sind die Industriebrachen, die auch zum Thema Industrie gehören, jedoch das Image von Städten und der Industriekultur negativ beeinflussen (z.B. Frankfurt / Oder); die Funktion der Stiftung von Identität wird eher als schwierig eingeschätzt; die Bevölkerung wäre froh, wenn Industriebrachen geräumt würden



Vernetzung einzelner Standorte intensivieren, auch mit Sehenswürdigkeiten ohne industriekulturellen Hintergrund; Einzelstandorte werden kaum besichtigt, nur in Verbindung mit anderen Attraktionen; Ziel sollte es sein, die einzelnen industriekulturellen Standorte in ein touristisches Gesamtangebot zu integrieren; Besucher wollen mehrere Dinge sehen



Kooperation mit Standorten in Berlin anstreben, damit diese für Partner in Brandenburg werben



Dünne Besiedlung Brandenburgs ist ein großes Problem für die industriekulturellen Standorte; schwierige Erreichbarkeit, fehlende touristische Infrastruktur; wenig zu erleben im jeweiligen Umfeld; Touristen haben kein Interesse an Standorten mit einem „trostlosen Umfeld“



Aufbereitung von Informationen ist wichtig, über die meisten Denkmäler gibt es kaum Informationen; viele Einrichtungen wissen nicht, wie man Besucher richtig informiert



Standorte brauchen Hinweise, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um touristisch nutzbar zu sein; wenig Erfahrung hinsichtlich der touristischen Vermarktung



Nicht alle Standorte können besichtigt werden; Bereitstellung von Grundinformationen, damit sie zumindest wahrgenommen werden können



Wie kommuniziert man das Thema Industriekultur am besten? Über die Regionen und einzelne Städte oder als Thema des Bundeslandes Brandenburg? Kommunikation macht nur Sinn, wenn eine gewisse Substanz vorhanden ist; Industriekultur ist nicht für alle Regionen geeignet



Stärkere Einbindung in den Fahrradtourismus; Kombination mit dem Natur- und Landschaftserlebnis; Industriekultur muss stärker vom Schwerpunktthema Natur profitieren; abgelegene Standorte in Verbindung mit dem Thema Natur erlebbar machen; Radtourismus und Wassertourismus können gute „Aufhänger“ sein, um darüber das Thema Industriekultur zu vermitteln



Vernetzung der industriekulturellen Angebote mit anderen Themen ist ganz wichtig, z.B. winterliches Brandenburg, Absprachen zwischen Leistungsträgern und Trägern der Einrichtungen klappen jedoch oft nicht

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 25



Handwerk als spezielles Thema hervorheben, nicht nur Industrie



Wie bereits im Jahre 2000 ein Themenjahr organisieren; man braucht besondere Ereignisse, um auf das Thema Industriekultur aufmerksam zu machen



Regionale Schwerpunkte über bestimmte Themen (Textil, Bergbau etc.) schaffen; das Bewusstsein für die Industriekultur ist am stärksten in der Lausitz ausgeprägt, hier sollte daher auch der touristische Schwerpunkt liegen; Industriekultur hat für die Lausitz das Potenzial eines Alleinstellungsmerkmals; klar machen, welche Standorte für welches Thema stehen



Viele Standorte leben vom ehrenamtlichen Engagement, muss daher erhalten werden; viel Wissen geht verloren, da viele Ehrenamtler, die an den Standorten beschäftigt waren, ausscheiden; es fehlt häufig am Nachwuchs; Qualifizierung von Führern vor Ort ist wichtig; erst das authentisch vermittelte Wissen über die einzelnen Standorte macht sie für Besucher zur Attraktion; Fördermittel zur Verfügung stellen, um ein Konzept für die Vermittlung industriekultureller Themen zu entwickeln



Touristiker haben ein Problem mit dem Thema Industriekultur, wissen zu wenig darüber und messen ihm keine Priorität bei; um die Bedeutung zu erhöhen, muss Aufklärungsarbeit geleistet werden; TMB motivieren, sich stärker für das Thema einzusetzen; Thema Kultur findet insgesamt gesehen zu wenig Berücksichtigung bei der touristischen Vermarktung Brandenburgs; die touristische Vermarktung ist sehr naturlastig



Industriekulturelle Standorte haben nur eine Chance, wenn die Servicequalität vor Ort deutlich verbessert wird (Öffnungszeiten, Erreichbarkeit, Ausstattung etc.); Mehrwert für Besucher muss herausgestellt werden



Viele Einzelprobleme bei den Einrichtungen vorhanden, neben Management auch häufig schlechter baulicher Zustand; die touristischen Angebote (z.B. Gastronomie) in der Anlage und in der Umgebung sind ein Kernproblem



Schulen sind wichtige Zielgruppe, müssen intensiver beworben werden



Prüfen, welche Standorte als „Eventlocation“ geeignet sind; Problem ist hier allerdings, dass die meisten Standorte kein touristisches Umfeld (Übernachtungsmöglichkeiten etc.) haben



Kleine industriekulturelle Einrichtungen führen eher ein Schattendasein und werden insgesamt kaum wahrgenommen, zumal die Vermarktung und das Management meist ehrenamtlich und wenig professionell organisiert sind



Kaum Chancen Industriekultur als Thema im Rahmen der Kultur gesamtstrategisch zu betrachten, da Stellenwert und Bedeutung insgesamt bislang nicht so hoch eingeschätzt werden



Brandenburg verfügt über Zugpferde, die besser vermarktet werden müssen; guter Ansatz ist ERIH, ggf. können weitere Standorte mittelfristig aufgenommen werden



Weiterqualifizierung der Akteure im Bereich Industriekultur wichtig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Einrichtungen vielfach von ehrenamtlichen Mitarbeitern geführt werden

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 26



Hoffnung, dass das Thema durch die Studie eine Aufwertung im Land erfährt und die formulierten Maßnahmen von den verschiedenen Akteuren (MWE, RWKs etc.) auch umgesetzt werden



Vermarktungsplattform für Industriekultur ausbauen; thematische Gliederung der Angebote und Einrichtungen, so dass die Auffindbarkeit optimiert wird



Ziel sollte es sein, dass Industriedenkmale langfristig auch Wertschöpfung bringen, was aber nicht so einfach realisierbar ist



IBA hat für Aufmerksamkeit gesorgt; das durch die IBA Erreichte muss erhalten bleiben



Zuständigkeitsproblem der IBA, d.h. wie geht es weiter nach Abschluss des Projektes; keine Gesamtstrategie vorhanden, viele Einzelaktivitäten



Industriekulturelle Einrichtungen könnten zu „Kreativquartieren“ (ggf. Arbeiten und Wohnen) entwickelt werden, sofern sie baulich dazu geeignet sind; wichtig ist eine gute Erreichbarkeit der Einrichtungen und eine ausreichende Größe, so dass mindestens 15-20 Unternehmer dort aktiv werden könnten (kritische Masse muss vorhanden sein)



Die Räumlichkeiten / Anlagen sollten einen Bezug zu Teilmärkten aus der Kultur- und Kreativwirtschaft haben (z.B. Textil/Mode, Glaskunst/Kunstgießerei etc.)



Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft können wiederum eine Sogwirkung auf Touristen ausüben, die sich die Werkstätten ansehen wollen (vgl. Berlin, Direktorenhaus); hierdurch könnten auch neue Zielgruppen angesprochen werden, jüngeres Publikum, internationale Gäste



Unternehmer der Kultur- und Kreativwirtschaft sind häufig wenig „sichtbar“, da sie wenig organisiert sind; ggf. ergeben sich aus dem Projekt Ansätze zur Vernetzung zwischen Industriekultur und Kultur- / Kreativwirtschaft



Unterstützung von Einzelaktivitäten von Unternehmern in Verbindung mit Einrichtungen der Industriekultur wäre ein denkbarer Ansatz



Kommunikation und Kooperation zwischen den Akteuren der Industriekultur ist verbesserungsbedürftig



Kooperation zwischen RWKs und Reisegebieten findet kaum statt, da der Tourismus zumeist außerhalb der RWKs stattfindet; Tourismus ist eher ein Randthema bei den RWKs, was sowohl bei der Formulierung als auch bei der erwarteten Umsetzung von Handlungsempfehlungen berücksichtigt werden sollte



Idee / Hinweis: Karte erstellen, historische Stadtkerne und Einrichtungen der Industriekultur (nach erfolgter Gruppierung) einzeichnen.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 27

3.2 Erfassung touristisch relevanter industriekultureller Potenziale in Brandenburg 3.2.1 Methodisches Vorgehen bei der Auswahl der Standorte Brandenburg verfügt über eine hohe Anzahl an Einrichtungen, die die Industriegeschichte des Landes repräsentieren. Wie bereits erläutert, sind aus der Kenntnis der Situation vor Ort nicht alle Standorte für eine industriekulturelle Nutzung unter touristischen Gesichtspunkten geeignet. Aus diesem Grund musste ein methodisches Verfahren gewählt werden, mit dem gewährleistet ist, dass alle touristisch relevanten industriekulturellen Standorte bei der Erfassung und Bewertung berücksichtigt werden. Es wurde dabei wie folgt vorgegangen: 

Erfassung und Übertragung der Objekte und Einrichtungen in eine sogenannte „LongList“. Basis der Recherchen waren die Internetseiten der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH (TMB), das Buch von Jörg Raach „Industriekultur in Brandenburg“, eigene Internetrecherchen, die Liste der Technikmuseen des Museumsverbandes des Landes Brandenburg sowie Ergänzungen des Auftraggebers und der begleitenden Projektgruppe.



Parallel dazu wurden den Vertretern der RWKs und der Reisegebiete Listen mit in ihrem Zuständigkeitsgebiet liegenden Einrichtungen zugeschickt mit der Bitte, Ergänzungen vorzunehmen und eine erste Einschätzung hinsichtlich ihrer industriekulturellen Bedeutung aus touristischer Sicht vorzunehmen.



Ergebnis der ersten Arbeitsschritte war eine Liste mit 218 Einrichtungen und Objekten, die es weiter zu spezifizieren galt.



Im nächsten Schritt wurden die Einschätzungen der berücksichtigten Organisationen und Experten zu einer Art „Ranking“ zusammengeführt. Alle Objekte mit mehr als zwei Nennungen (d.h. von mehr als zwei Organisationen / Experten als touristisch relevant eingestuft) wurden in den Erhebungsplan aufgenommen.



Ergebnis waren 92 industriekulturelle Standorte, die über ein vermutetes und / oder bekanntes touristisches Potenzial verfügen.



Dank der Unterstützung der TMB und des Museumsverbandes Brandenburg e.V. sowie eigener Recherchen konnten Adressen und Ansprechpartner von 79 Einrichtungen ermittelt werden, an die ein Fragebogen per Post verschickt wurde.



Der Rücklauf verlief trotz mehrfachen telefonischen Nachhakens schleppend. Die letzten Fragebögen sind am 8.11.2010 bei der ift GmbH eingegangen. Insgesamt konnten 58 Fragebögen sowie die Daten von fünf weiteren Einrichtungen – auf Basis von ift recherchierter Informationen – ausgewertet werden. Die Rücklaufquote beträgt somit 73 bzw. 80 Prozent – bei Berücksichtigung der zusätzlich ermittelten Angaben.



Da leider Vertreter von wichtigen Einrichtungen auch nach mehrfachem Nachfassen nicht geantwortet haben, hat sich die ift GmbH nach Rücksprache mit dem MWE entschlossen, so weit wie möglich alle wichtigen Informationen zu den Einrichtungen selbst zu recherchieren, so dass diese teilweise in die Auswertung einbezogen werden konnten. Es handelt sich dabei um folgende Einrichtungen: Museumspark Rüdersdorf, Dieselkraftwerk Kunstmuseum Cottbus, Museum Kraftwerk / Erlebnis-Kraftwerk Plessa,

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 28

Industriekraftwerk Schwarze Pumpe Spremberg (letzten beiden Einrichtungen nicht vollständig bewertet, da zu wenige Informationen vorlagen) und Werkssiedlung "Gartenstadt Marga" Senftenberg. Als Fazit kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass die Befragungsergebnisse dank der hohen Rücklaufquote repräsentativ für das touristisch nutzbare industriekulturelle Angebot des Bundeslandes Brandenburg sind.

3.2.2 Schriftliche Befragung und bewertete Einrichtungen Die Ergebnisse der schriftlichen Befragung dienen als Grundlage für die Einschätzung der Potenziale der Industriekultur in Brandenburg. Den Ansprechpartnern der Einrichtungen wurde ein Fragebogen übermittelt, in dem die nachfolgend benannten Inhalte abgefragt wurden (vgl. dazu den Fragebogen im Anhang). Bei den meisten Fragen handelte es sich um geschlossene Fragen (teilweise mit der Möglichkeit für Mehrfachnennungen), um den Arbeitsaufwand für das Ausfüllen so gering wie möglich zu halten und quantitative sowie gut operationalisierbare und für Dritte nachvollziehbare Ergebnisse zu erzielen. Inhalt des Fragebogens: 

Name und Anschrift



Thema: Energie, Wasser, Bergbau, Eisen und Stahl, Glas, Textil, Siedlung, Wohnen, Architektur, Transport und Kommunikation, Erlebnisrouten, Produktion, Industrielle Landschaft



Art der Einrichtung: Museum, Industrielle Landschaft, Erlebnisroute, Betrieb / Unternehmen, Sonstiges



Angebotsformen: Museale Einrichtung, Führungen, Themenweg, Bildungsangebote, Kurse, Events



Authentische Gebäude, Gerätschaften / Maschinen



Alleinstellungsmerkmale und Besonderheiten



Medien / Art der Präsentation: Anschauungsobjekte, Infotafeln, Erlebnisführungen, Multimedia, Audioguide



Erlebbarkeit des Angebotes: Mitmachangebote / Erprobungsmöglichkeiten



Geplante und notwendige Maßnahmen in den nächsten 2 Jahren



Öffnungszeiten



Eintrittsgestaltung



Barrierefreiheit



Serviceeinrichtungen und touristische Infrastruktur am Standort: Shop, Besucherzentrum, Angebote für Kinder, Allg. Serviceeinrichtungen, Parkplätze, ÖPNV

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 29



Marketing / Management: Eröffnungsjahr, Zielgruppen, Besucher, Marketingmaßnahmen, Personal, Marketingetat, Fördermittel



Touristische Infrastruktur im Umfeld: Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe, Rad- / Wanderwege, Shopping, Freizeit- und Kultureinrichtungen.

Tabelle 1: Bewertete Standorte in alphabetischer Reihenfolge Name der Einrichtung

Ort

AEG Werkssiedlung Rathenauviertel

Hennigsdorf

Agrarmuseum Wandlitz

Wandlitz

Alte Chemiefabrik

Cottbus

Alte Ölmühle Wittenberge

Wittenberge

Besucherbergwerk F60

Lichterfeld

Besucherzentrum IBA-Terrassen

Großräschen

Binnenschifffahrts-Museum Oderberg

Oderberg

Biotürme

Lauchhammer

Brachymedial-Fernrohr im Optikpark Rathenow

Rathenow

Brandenburgisches Freilichtmuseum Altranft Brandenburgisches Museum für Klein- und Privatbahnen Brandenburgisches Textilmuseum Forst

Bad Friedenwalde, OT Altranft

Bücker-Museum Rangsdorf

Rangsdorf

Buckower Kleinbahn

Buckow

Dampfmaschinenhaus "Moschee"

Potsdam

Dampfschlepper "Nordstern"

Brandenburg/Havel

Erlebnis-Kraftwerk Plessa

Plessa

excursio-Besucherzentrum

Welzow

Familiengarten

Eberswalde

Feuerwehr- und Technikmuseum

Eisenhüttenstadt

Finower Wasserturm

Eberswalde

Finowkanal

Eberswalde

Gartenstadt Marga

Senftenberg, OT Briekse

Glasmacherhaus Neuglobsow

Stechlin, OT Menz

Handwerksmuseum im Museumshof

Neuruppin

Heidekrautbahn-Museum

Wandlitz, OT Basdorf

Historische Mühle

Potsdam

Hütten- und Fischereimuseum

Peitz

Industrielehrpfad Kirchmöser

Brandenburg an der Havel

Industriemuseum Brandenburg an der Havel

Brandenburg an der Havel

Industriemuseum Region Teltow

Kleinmachnow

Industriepark Schwarze Pumpe

Spremberg

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Gramzow Forst (Lausitz)

Seite 30

Name der Einrichtung

Ort

Königlich Preußische Militäreisenbahn

Am Mellensee

Krafthaus am Schiffshebewerk Niederfinow

Britz

Kreismuseum Oberhavel

Oranienburg

Kulturfabrik / Museum Fürstenwalde

Fürstenwalde

Kulturzentrum Rathenow / Optik Industrie Museum

Rathenow

Kunstgussmuseum Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus Landgut A. Borsig Kontor GmbH

Lauchhammer Cottbus Nauen OT Groß Behnitz

Luftfahrtmuseum Finowfurt

Schorfheide

Museumsdorf Baruth Glashütte

Baruth/Mark

Museumspark Rüdersdorf

Rüdersdorf

Ofen- und Keramikzentrum Velten

Velten

Patent-Papierfabrik Hohenofen

Sieversdorf

"Raffinerie im Öl"

Schwedt/Oder

Sender- und Funktechnikmuseum SMB-Gelände (TH-Wildau) + SchwartzkopffSiedlung Stadt- und Brauereimuseum

Königs Wusterhausen

Stadt- und Industriemuseum Guben

Guben

Stadt- und Technikmuseum Städtische Sammlungen Cottbus/ Stadtmuseum Cottbus Stadtmuseum "Alte Burg" Stellwerk "Wm" und BW-Gelände (Historischer Lokschuppen) Tabakmuseum Vierraden

Ludwigsfelde

Technisches Denkmal Brikettfabrik Louise

Domsdorf

Technisches Denkmal Gaswerk

Neustadt Dosse

Uhrenturm, ehem. Singer und Veritas Werk

Wittenberge

Vierseithof

Luckenwalde

Weißgerbermuseum

Doberlug-Kirchhain

Wettermuseum Lindenberg

Tauche, OT Lindenberg

Ziegeleimuseum Glindow

Glindow

Ziegeleipark Mildenberg

Mildenberg

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Wildau Pritzwalk

Cottbus Wittenberge Wittenberge Schwedt/Oder

Seite 31

Karte 1: Lage der bewerteten Standorte

Quelle: Google Maps, „meine Karten“, Bearbeitung ift GmbH

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 32

3.2.3 Ergebnisse der Befragung 3.2.3.1 Themen, Art der Einrichtungen und Angebote Bei der Industriekultur in Brandenburg handelt es sich um ein breit gefächertes Themenspektrum. Der Schwerpunkt liegt in den Bereichen Produktion, Erlebnisrouten, industrielle Landschaften sowie Siedlung, Wohnen, Architektur (Mehrfachnennungen möglich). Das Thema Bergbau ist zwar quantitativ gesehen selten als Themenschwerpunkt benannt worden, spielt aber unter dem Gesichtspunkt der Besucherzahlen eine wichtige Rolle. Zu den Standorten gehören die IBA-Terrassen, das Besucherbergwerk F60 sowie das technische Denkmal Brikettfabrik Louise. Relativ häufig wurden auch die Themen Siedlung, Wohnen, Architektur genannt. Hierbei handelt es sich mehrheitlich weniger um sogenannte Werkssiedlungen, die zu besichtigen sind, sondern um Museen, die u.a. dieses Thema in ihren Ausstellungen zeigen. Allerdings sind mit der Schwartzkopff-Siedlung in Wildau, der Rathenau-Siedlung in Hennigsdorf, oder der Gartenstadt Marga in Senftenberg auch Siedlungen unter den erfassten Standorten.

Abbildung 1: Industriekultur Brandenburg – Standorte unter thematischen Gesichtspunkten 25

20

15

10

5

0

Quelle: ift GmbH, N=63

Knapp 60 Prozent der erfassten und bewerteten Einrichtungen sind Museen, gefolgt mit weitem Abstand von industriellen Landschaften und Erlebnisrouten. Aktive Betriebe und Unternehmen spielen in diesem Kontext eine untergeordnete Rolle.18 Einrichtungen wurden sonstigen Themen zugeordnet wie z.B. „Besucherbergwerk“ und „Technisches Denkmal“. Darüber hinaus wurde eine Reihe von Einrichtungen mehreren Typen zugeordnet.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 33

Rund 50 Prozent der Anlagen sind in ihrer heutigen Form nach 2000 entstanden, einige davon auch erst nach 2005. Nur vier Einrichtungen sind vor 1990 entstanden, der Rest zwischen 1990 und 2000. Die Inwertsetzung bzw. touristische Nutzung industriekultureller Einrichtungen ist in Brandenburg demzufolge vergleichsweise jung – das heißt, zur Hälfte nicht älter als 10 Jahre.

Abbildung 2: Industriekultur Brandenburg - Art der Standorte 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Museum

Industrielle Landschaf t

Erlebnisroute

Betrieb / Unternehmen

Quelle: ift GmbH, N=62 (Mehrfachnennungen)

Für die Bewertung der erfassten Einrichtungen war eine möglichst umfassende Erhebung der verschiedenen Angebote von hoher Bedeutung, da sich die Einrichtungen hinsichtlich der Attraktivität erheblich voneinander unterscheiden. Neben den vorgegebenen Kategorien gibt es daher viele Einzelnennungen, die exemplarisch wiedergegeben werden. In fast allen Einrichtungen werden Führungen angeboten, die allerdings von unterschiedlicher Erlebnisqualität sind (vgl. die Abbildung „Vermittlung des Angebotes“). Einzelne Einrichtungen – wie beispielsweise der Finowkanal – bieten keine Führungen an. Bei über der Hälfte der Einrichtungen gibt es Wechsel- und Sonderausstellungen sowie Events / Veranstaltungen von überregionaler Bedeutung bzw. mit besonderer Ausstrahlungskraft. Bildungsangebote und Kurse gehören nicht zum Standardangebot. Neben Führungen sind Informationstafeln am Objekt, Anschauungsobjekte und Broschüren die wesentlichen Elemente der Vermittlung des Angebotes an die Besucher. Moderne und innovative Vermittlungsformen – wie z.B. spezielle Inszenierungen, Licht- und Klanginstallationen, Audioguide oder mehrsprachige Angebote – gibt es relativ selten.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 34

Abbildung 3: Industriekultur Brandenburg – Angebote

Führungen

Museale Einrichtung Wechsel- / Sonderausstellungen Events/Veranstaltungen mit besonderer Ausstrahlung Themenweg / -pfad oder begehbarer Ort mit Inf ormationsaufbereitung Bildungsangebote, Kurse

Sonstige

0

10

20

30

40

50

60

Quelle: ift GmbH, N=61 (Mehrfachnennungen), rot markierte Balken: Kriterien sind in die Bewertung der Anlagen eingeflossen

Immerhin 20 Einrichtungen präsentieren ihre Highlights über Video- oder Multimediainstallationen. Bei der Bewertung dieser Angebote muss jedoch berücksichtigt werden, dass es sich bei vielen der untersuchten Einrichtungen um kleinere Anlagen mit weniger als 5.000 Besuchern handelt, für die innovative Vermittlungsformen zu kostspielig in der Anschaffung und im Unterhalt sind. Die genannten Alleinstellungsmerkmale und Besonderheiten der jeweiligen Einrichtungen können aufgrund der Fülle der Nennungen nicht graphisch dargestellt werden. Es zeigt sich jedoch, dass viele Objekte einer der Kategorien „Älteste“, „Größte“, „Bedeutendste / Wichtigste“ ihrer Art zugeordnet werden können oder spezielle Mitmach- und Erlebnisangebote offerieren, die – zumindest aus der Perspektive der Anbieter – ein einzigartiges Erlebnis darstellen. Beispiele sind: „Längste Fassadenmalerei Deutschlands“ (Raffinerie in Öl), „Älteste Hochofenanlage Brandenburgs“ (Hütten- und Fischereimuseum Peitz), „Einer der besten Orte um Landschaftswandel nach dem Bergbau zu erleben“ (IBA Terrassen), „Ehemalige größte bewegliche Arbeitsmaschine der Welt“ (Besucherbergwerk F 60), „Größtes Ziegeleimuseum Europas“ (Ziegeleipark Mildenberg). Die Alleinstellungsmerkmale werden dadurch untermauert, dass alle Einrichtungen und Objekte in historischen Gebäuden und / oder über historische Gerätschaften verfügen, die ausgestellt werden. Hier ist die Zahl der Doppelnennungen besonders hoch.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 35

Abbildung 4: Industriekultur Brandenburg – Vermittlung des Angebotes Führung (deutsch) Informationstafeln am Objekt (deutsch) Anschauungsobjekte Broschüren mit fachlicher Aufbereitung (deutsch) Spezielle Erlebnisführungen (z.B. ehemaliger Mitarbeiter) Video/Multimedia-Installationen Originalgetreue Nachbildung von Objekten / Ereignissen Spezielle Inszenierung des Standortes Spezielle Licht-/ Klanginstallationen Informationstafeln am Objekt (mehrsprachig) Mehrsprachige Führungen Audioguide Broschüren mit fachlicher Aufbereitung (mehrsprachig) Sonstiges

0

10

20

30

40

50

60

Quelle: ift GmbH, N=60

Abbildung 5: Industriekultur Brandenburg – Authentizität der Kulisse 60 50 40 30 20 10 0 Historische Gebäude

Historische Gerätschaf ten

Quelle ift GmbH, N=62

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 36

Darüber hinaus offerieren viele Einrichtungen sogenannte „Mitmachangebote“ für Besucher oder spezielle zielgruppenorientierte Touren, um das Erleben der ausgestellten Inhalte besonders attraktiv zu gestalten. Um die Attraktivität des Angebotes weiter aufrecht zu erhalten, planen die Einrichtungen zahlreiche Maßnahmen, die auch als notwendig erachtet werden. Dazu zählen beispielsweise die Überarbeitung und Erweiterung der Ausstellung, bauliche Veränderungen an den Gebäuden, Optimierung von Marketing / Werbung, Einrichtung von Gastronomie / Restaurant, Erweiterung Besucherbereich (WC, Shop, Ausstellungsraum), Optimierung der Führungsangebote, Ausbau des Schulungsangebotes für die Mitarbeiter.

3.2.3.2 Öffnungszeiten und Eintrittsgebühren Die Öffnungszeiten sind von hoher Bedeutung für die Bewertung der jeweiligen Einrichtung, denn nur geregelte Öffnungszeiten ermöglichen einen Besuch. Gerade Anlagen, die durch ehrenamtliche Mitarbeiter geführt werden, sind häufig nicht regelmäßig geöffnet. Nur wenige der befragten Einrichtungen sind täglich geöffnet. Die Museen sind in der Regel mindestens einen Tag pro Woche (montags) geschlossen. Auch unterscheiden sich die Öffnungszeiten im Sommer und im Winter, wo eingeschränkte Öffnungszeiten gelten. Grund dafür sind die unzureichende Beheizbarkeit einzelner Anlagen und die deutlich geringere Nachfrage im Winterhalbjahr. Einige Anlagen sind nur im Rahmen geführter Touren zugänglich – beispielsweise die Biotürme, das Besucherbergwerk F 60 oder die Alte Ölmühle in Wittenberg. Je nach Saisonzeiten variieren auch die Öffnungszeiten in Stunden pro Woche. Die meisten Einrichtungen sind zwischen 30 und 50 Stunden geöffnet, knapp 20 Prozent unter 20 Stunden pro Woche (zumeist am Wochenende wie die Buckower Kleinbahn, die Heidekrautbahn und die Biotürme). Die empfohlene Aufenthaltsdauer ist recht unterschiedlich. Die meisten Einrichtungen geben Besichtigungszeiten von 1 bis 2 Stunden an, dicht gefolgt von 2 bis 4 Stunden. Das bedeutet, dass neben dem Besuch der industriekulturellen Einrichtung auch andere Aktivitäten ausgeübt werden können. In der Regel ist das Besichtigungsangebot als Halbtagesprogramm ausgelegt. Rund 76 Prozent der Anlagen sind eintrittspflichtig (überwiegend Museen), 24 Prozent nicht. Bei den nicht eintrittspflichtigen Anlagen handelt es sich um Werkssiedlungen, industrielle Landschaften oder Erlebnisrouten wie die IBA-Terrassen oder auch der Finowkanal. Bei fast allen eintrittspflichtigen Einrichtungen liegt der Durchschnittspreis (bezogen auf verschiedene Altersgruppen) unter 5 Euro - bei vielen liegt er sogar bei nur 1 bis 2 Euro. Nur bei wenigen ist er höher – zum Teil deshalb, weil Führungen im Preis inbegriffen sind. Für alle eintrittspflichtigen Einrichtungen schätzen wir den Durchschnittspreis im Gesamtdurchschnitt auf rund 3 Euro.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 37

Abbildung 6: Industriekultur Brandenburg – Empfohlene Aufenthaltsdauer 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 bis < 1 Stunden

1 bis < 2 Stunden

2 bis < 4 Stunden

4 bis < 6 Stunden

> 6 Stunden

Quelle: ift GmbH, N=62

3.2.3.3

Verteilung der Standorte und Erreichbarkeit

Die einzelnen Standorte sind auf das gesamte Bundesland verteilt. Eine Konzentration von Einrichtungen ist feststellbar in der Lausitz, im Umfeld von Berlin und entlang der Oder mit traditionellen Industriestandorten der DDR. Der primäre Quellmarkt fast aller Einrichtungen ist Berlin. Lediglich die Standorte in der Lausitz generieren u.a. Nachfrage aus Dresden und Leipzig. Das heißt, das Einzugsgebiet ist eher regional, in Einzelfällen überregional, selten national oder international. Die Erreichbarkeit ist aufgrund der Lage der Objekte sehr unterschiedlich, am einfachsten aber mit dem PKW (vgl. dazu auch den Abschnitt Serviceeinrichtungen und touristische Infrastruktur sowie Anbindung an das Umfeld).

3.2.3.4 Serviceeinrichtungen in der Anlage Die Verpflegungsangebote in den Einrichtungen sind sehr unterschiedlich. 25 Prozent halten kein Angebot vor, sehr viele Einrichtungen bieten lediglich einen Picknick-Platz an. Nur 23 bzw. 16 Einrichtungen haben ein Café und / oder ein Restaurant in der Anlage. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Zum einen ist es aufgrund der teilweise geringen Nachfrage problematisch, einen wirtschaftlichen Betrieb zu führen, zum anderen existieren im unmittelbaren Umfeld gastronomische Einrichtungen, denen nicht durch eine z.B. museumsinterne Restauration Konkurrenz gemacht werden soll. Deshalb wird häufig nur ein Basisangebot in Form eines Imbisses oder Kiosks angeboten, der im Allgemeinen recht unproblematisch zu führen ist.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 38

Einen Shop, in dem Souvenirs, Bücher oder andere kleine Gegenstände käuflich erworben werden können, haben knapp 70 Prozent der Einrichtungen. Nur wenige sind mit einem Besucherzentrum oder beidem ausgestattet. Dagegen sind Sonderausstellungsbereiche oder Veranstaltungsräumlichkeiten nahezu in allen musealen Einrichtungen zu finden (industrielle Landschaften oder Erlebnisrouten fallen hier aus der Bewertung heraus). Abbildung 7: Industriekultur Brandenburg – Serviceeinrichtungen und Infrastruktur 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0

Quelle ift GmbH, N=60

Spezielle Angebote für Kinder gibt es in 50 Prozent der Anlagen (zumeist Führungen für Kinder als Teil des museumspädagogischen Angebotes). Angesichts des bildungspolitischen Auftrags sollten grundsätzlich alle musealen Einrichtungen museumspädagogische Angebote offerieren (vgl. auch Zielgruppen).

Abbildung 8: Industriekultur Brandenburg – Angebote für Kinder 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Spielplatz

Museumspädagogische Angebote

Gef ührte Touren f ür Kinder

Wickeltisch/-raum

Quelle: ift GmbH, N=61

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 39

Weitere Serviceeinrichtungen bzw. touristische Infrastrukturangebote sind der nachfolgenden Graphik zu entnehmen. Nicht alle Anlagen sind ausgeschildert, was eine Auffindbarkeit durch ortsunkundige Besucher erschwert. Zwar ist die Anbindung an Bahn und Bus von zahlreichen Anlagen gewährleistet, jedoch fehlen zumeist Informationstafeln für den ÖPNV. Für die Attraktivität und Erschließung neuer Besuchergruppen von Bedeutung ist das Angebot an Beherbergungsmöglichkeiten am Standort. Eigenen Angaben zufolge existiert bei rund 50 Prozent der Einrichtungen ein entsprechendes Angebot (vgl. touristische Infrastruktur im Umfeld). 63 Prozent der Einrichtungen ist teilweise, 33 Prozent vollständig barrierefrei.

Abbildung 9: Industriekultur Brandenburg – Serviceeinrichtungen und touristische Infrastrukturangebote 70 60 50 40 30 20 10 0

Quelle: ift GmbH, N=60

3.2.3.5 Besucherzahlen Die Analyse der Besucherzahlen zeigt große Unterschiede zwischen den Einrichtungen. Die Mehrzahl verzeichnet bis zu 10.000 Besucher pro Jahr. Einrichtungen mit mehr als 45.000 Besuchern jährlich gibt es nur 8, auf die allerdings über die Hälfte der Besucher aller 55 erfassten Standorte entfällt.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 40

Abbildung 10: Industriekultur Brandenburg – Besucherzahlen 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 bis 2.500

2.501 bis 5.000 5.001 bis 10.000

10.001 bis 20.000

20.001 bis 45.000

> 45.000

Quelle ift GmbH, N=55

Zu den besucherstarken Einrichtungen zählen: 

Brachymedial-Fernrohr im Optikpark Rathenow:

86.000



Besucherzentrum IBA-Terrassen:

80.000



Besucherbergwerk F 60:

62.000



Luftfahrtmuseum Finowfurt:

50.000



Familiengarten Eberswalde:

50.000



Museumspark Rüdersdorf:

50.000



Ziegeleinpark Mildenberg:

48.000



Historische Mühle Potsdam:

45.000

Die Entwicklung der Besucherzahlen der letzten drei Jahre weist keine außerordentlichen Schwankungen oder Steigerungen aus (Ausnahme: Kreismuseum Oberhavel, Laga-Jahr 2009, statt rund 12.000 Besucher über 115.000). Bei den meisten Besuchern handelt es sich um Individualgäste. Einzelne Einrichtungen haben einen sehr hohen Anteil an Gruppenreisenden - wie z.B. IBA-Terrassen, excursio, Museumsdorf Baruth oder Kunstgussmuseum in Lauchhammer. Da nur 55 der 63 berücksichtigten Einrichtungen Besucherzahlen angegeben haben, kann die Gesamtzahl für die industriekulturellen Standorte in Brandenburg nur geschätzt werden. Unsere Schätzung bezieht sich auf die Zahl von rund 90 Standorten, die von uns im weitesten Sinne als touristisch relevant betrachtet wird. Die Schätzung wird aus folgenden vorhandenen Zahlen abgeleitet:

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 41



Rund 470.000 Besucher der 8 besucherstärksten Standorte



Rund 430.000 Besucher der übrigen 47 Standorte

Die Besucherzahl aller erfassten 55 Standorte beträgt demnach rund 900.000, was einem Durchschnittswert von rund 16.000 Besuchern entspricht. Geht man bei den übrigen 35 nicht berücksichtigten bzw. besuchermäßig nicht zu erfassenden Standorten (nicht befragt, keine geschlossene Einrichtung, keine Eintrittsgebühr) von einer deutlich niedrigeren Durchschnittszahl aus (3.000 bis 4.000), kommt man auf zusätzlich rund 120.000 Besucher. 

Die Gesamtbesucherzahl aller touristisch relevanten industriekulturellen Einrichtungen dürfte damit bei über einer Million liegen. Der Museumsverband Brandenburg hat 2008 für 249 seiner 339 Mitglieder (dies entspricht 73,5 Prozent der angeschriebenen Museen) 3,5 Millionen Besucher ermittelt. Darin enthalten sind auch Museen, die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erfasst wurden. Wir schätzen den Anteil der nicht erfassten Museumseinrichtungen auf rund eine Million Besucher, sodass wir insgesamt auf 4,5 Millionen Museumsbesucher in Brandenburg kämen. Da aber nicht alle industriekulturellen Standorte in der Statistik des Museumsverbandes Berücksichtigung finden, dürfte die Gesamtzahl von Besuchern industriekultureller Standorte und von Museen noch etwas höher sein. Auf Basis der verfügbaren Daten schätzen wir den aktuellen Anteil der Besucher industriekultureller Standorte an allen brandenburgischen musealen Einrichtungen auf rund 20 Prozent. Dies entspricht auch in etwa dem Anteil der ermittelten absoluten Zahl von rund 90 industriekulturellen Standorten – von denen aber nur 58 befragt werden konnten – an allen (geschätzten) rund 400 musealen Einrichtungen.

3.2.3.6

Marketing und Management

Hinsichtlich der Zielgruppen zeichnen sich drei Hauptgruppen ab: Schulklassen, Familien mit Kindern und die Generation der über 50jährigen bzw. der Senioren. Als ergänzende Zielgruppe sind Vereine und Verbände zu betrachten (Gruppengeschäft, z.B. für Vermietung von Veranstaltungsräumlichkeiten, Incentivereiseziel). Junge Erwachsene stehen vergleichsweise selten im Fokus.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 42

Abbildung 11: Industriekultur Brandenburg – Zielgruppen 60 50 40 30 20 10 0

Quelle: ift GmbH, N=60

Zur Ansprache der Besucher werden verschiedene Marketinginstrumente eingesetzt (vgl. Graphik). Von großer Bedeutung sind der eigene Internetauftritt, Broschüren, Informationsflyer und Publikationen. Darüber hinaus werden Pressemitteilungen und eine Einbindung in das kommunale Marketing genannt. Festzuhalten ist, dass insgesamt gesehen im Marketing eine solide Basisarbeit geleistet wird. Anzumerken ist, dass nicht jede Einrichtung einen eigenen Internetauftritt hat, was sicherlich nicht mehr zeitgemäß ist. Zwar sind die diesbezüglichen Informationen auf einer anderen Internetseite (Ortsseite) zu finden, aber meist zu wenig detailliert. Vertriebsaktivitäten sowie die Einbindung in das regionale und überregionale Marketing befinden sich noch in den Kinderschuhen. Während die großen und besucherstarken Einrichtungen von der Vermarktungsseite her in der Regel recht gut aufgestellt sind, wird für die kleinen Einrichtungen nur ein Basismarketing betrieben, was natürlich auf Grund der dünnen Personaldecke und der geringen Finanzmittel nachvollziehbar ist.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 43

Abbildung 12: Industriekultur Brandenburg – Marketingmaßnahmen Eigener Internetauf tritt Publikation, Flyer, Broschüre Pressemitteilungen Einbindung in kommunales Marketing Verlinkung Internetseiten Anzeigen Bildarchiv Kooperation mit Reisegebiet / TMB Buchbare Pauschalen / Angebote (allein oder in Kooperation) Kooperationsmarketing mit anderen Anbietern Messebesuche Kooperation mit Reiseveranstaltern Internet Werbung (z.B. Google) Vertriebsaktivitäten Pressereisen 0

10

20

30

40

50

60

Quelle: ift GmbH, N=60

Der Marketingetat wird nur von wenigen Einrichtungen angegeben. Zum Teil liegt dies aber auch daran, dass nur sehr wenige Einrichtungen über einen separat ausgewiesenen Marketingetat verfügen. Fest steht, dass auch hier die Schwankungsbreite zwischen den Anlagen sehr groß ist. Umgerechnet auf den Betrag pro Besucher schwanken die Marketingausgaben zwischen 6 Cent und 5 Euro pro Besucher. Die meisten Einrichtungen geben weniger als einen Euro pro Besucher aus. Zu der Höhe der erhaltenen Fördermittel wurden kaum Angaben gemacht, sodass keine generellen Aussagen möglich sind. Die Schwankungsbreite liegt zwischen 1.500 Euro und knapp 13 Millionen Euro (Finowkanal).

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 44

Abbildung 13: Industriekultur Brandenburg – Marketingetat 14 12 10 8 6 4 2 0 Bis 1.000 €

1.001 bis 2.500 €

2.501 bis 5.000 €

5.001 bis 10.000 €

10.001 bis 20.000 €

> 20.000 €

Quelle: ift GmbH, N=38

Die Personalsituation ist dadurch gekennzeichnet, dass generell gesehen nur wenige Mitarbeiter in den Einrichtungen beschäftigt sind. Vollzeitkräfte sind selten, dafür gibt es aber viele Teilzeitkräfte und Aushilfen. Ausnahmen sind der Ziegeleipark Mildenberg, der Vierseithof und das IBA Besucherzentrum. Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl liegt bei ca. 6 Personen (ohne ehrenamtliche Mitarbeiter). Einige Einrichtungen werden nur durch ehrenamtliche Mitarbeiter gemanagt (Stellwerk "Wm" und BW-Gelände / Historischer Lokschuppen, Finower Wasserturm, HeidekrautbahnMuseum). Insgesamt gesehen ist das ehrenamtliche Engagement in den untersuchten Einrichtungen sehr hoch. Soweit möglich nehmen die Mitarbeiter an Schulungen teil. In 33 Einrichtungen werden die Mitarbeiter regelmäßig geschult. An der ServiceQualität Deutschland haben bisher Mitarbeiter von 8 Einrichtungen teilgenommen.

3.2.3.7 Touristische Infrastruktur im Umfeld Die Attraktivität der touristischen Infrastruktur im Umfeld der Einrichtungen ist von großer Bedeutung für die gesamte Aufenthaltsqualität der Besucher und damit eine wichtige Voraussetzung für Wiederholungsbesuche. Den Angaben der Einrichtungen zufolge ist in der Regel ein relativ attraktives touristisches Umfeld vorhanden. Zahlreiche Anlagen verfügen über Beherbergungsmöglichkeiten und Gastronomieangebote in der unmittelbaren Nähe, d.h. bis zu einem Kilometer Entfernung. Weitere kulturelle Einrichtungen, Sehenswürdigkeiten oder Freizeitmöglichkeiten befinden sich ebenfalls in der Nähe vieler Standorte. Positiv, wenn auch nicht flächendeckend, ist die Nähe zu regionalen oder überregionalen Radwanderwegen, womit sich die wichtige Zielgruppe der Radfahrer leichter erschließen lässt (vgl. Zielgruppenbeschreibung).

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 45

Ein Teil der Einrichtungen liegt in der Nähe von Wasserwegen, wodurch sich attraktive Verknüpfungsangebote rund um das Thema Aktiv entwickeln lassen.

Abbildung 14: Industriekultur Brandenburg – Touristische Infrastruktur (Entfernung bis 1 km) 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0

Quelle: ift GmbH, N=60

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 46

Abbildung 15: Industriekultur Brandenburg – Touristische Infrastruktur (Entfernung bis 5 km) 40 35 30 25 20 15 10 5 0

Quelle: ift GmbH, N=60

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 47

3.3 Bewertung touristisch relevanter industriekultureller Standorte 3.3.1 Bewertungskriterien Die Bewertung der Einrichtungen erfolgt in Anlehnung an das Bewertungsraster der ENERGIE-Route Lausitzer Industriekultur, das zum Teil an die Erfordernisse dieses Projektes angepasst wurde. Die nachfolgenden zentralen Oberkategorien mussten erfüllt sein, um im Rahmen dieser Untersuchung in die Betrachtung einbezogen zu werden: 

Zuordnung zu mindestens einem Thema aus der Themenliste



Authentizität: Originalschauplatz bzw. bedeutsamer Ort



Symbolwert: Ausstrahlungskraft der Landschaften und Bauten



Erlebbarkeit: touristische Erschließung.

Die Operationalisierbarkeit der im Einzelnen genannten Muss-Kriterien erfolgt auf der Basis der Erhebungen aus dem Fragebogen (vgl. hierzu auch die vorangegangen Auswertungen; die entsprechenden Muss-Kriterien sind in der Ergebnisdarstellung in den Graphiken rot gekennzeichnet): Tabelle 2: Bewertungskriterien Merkmal

Highlight

Führungen



Qualifizierte Füh• rungsangebote oder selbständiges Begehen möglich

Qualifizierte Füh• rungsangebote oder selbständiges Begehen möglich

Qualifizierte Führungsangebote auf Anfrage oder selbständiges Begehen möglich

Authentizität der Kulisse



Ausreichende authentische Kulisse ohne zu große Eingriffe



Ausreichende authentische Kulisse ohne zu große Eingriffe



Ausreichende authentische Kulisse ohne zu große Eingriffe

Parken



Ausreichende Parkmöglichkeiten



Ausreichende Parkmöglichkeiten



Ausreichende Parkmöglichkeiten

Öffnungszeiten



Öffnungszeiten ganzjährig, an mindestens 6 Tagen die Woche



Geregelte Öffnungszeiten

Interpretation des Themas



Qualitätsvolle Interpretation des jeweiligen Themas



Qualitätsvolle Interpretation des jeweiligen Themas

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Sehenswert

Geheimtipp

Seite 48

Marketing



Stets aktuelle Internet-Präsenz



Stets aktuelle Internet-Präsenz



Informationsbroschüren



Informationsbroschüren

Ausschilderung •

Ausschilderung



Ausschilderung

Veranstaltungen



Veranstaltungen mit (über)regionaler Ausstrahlungskraft

Kinderangebote •

Angebote für Kinder und Jugendliche

Shop



Shop

Gastronomie



Gastronomie in der Einrichtung

Besucherzentrum



Besucherzentrum

Alle Einrichtungen müssen die drei Bereiche Führungen, Authentizität der Kulisse und Parken erfüllen, um mindestens der Kategorie „Geheimtipp“ zugeordnet werden zu können. Um zu den „sehenswerten“ Einrichtungen zu zählen, müssen zudem noch die Kriterien Öffnungszeiten, Interpretation des Themas, Marketing und Ausschilderung erfüllt sein. „Highlights“ sind die Einrichtungen, die darüber hinaus noch die Kriterien Veranstaltungen, Kinderangebote, Shop, Gastronomie und Besucherzentrum mit ihren definierten Ausprägungen erfüllen. Wie die Auswertung der Befragung gezeigt hat, sind im Rahmen der Potenzialermittlung eine Reihe weiterer Inhalte abgefragt worden, die nicht unmittelbar in die Bewertung einfließen. Hintergrund ist der, dass aufgrund der Vergleichbarkeit und Praxiserfahrung die Kriterien der ENERGIE-Route Lausitzer Industriekultur herangezogen wurden. Nur bei den Einrichtungen, bei denen eine Abweichung aus inhaltlichen Gründen Sinn macht, werden die Kriterien entsprechend angepasst. Darüber hinaus wird das Bewertungskriterium „Gastronomie“ weicher eingesetzt, da es in einigen Fällen Gastronomie im direkten Umfeld der Einrichtung gibt, so dass ein eigenes Angebot unnötig konkurrierend wirken würde. Alle erfassten Einrichtungen wurden auch bewertet. Allerdings lagen insbesondere zu den Standorten Industriepark Schwarze Pumpe, Gartenstadt Marga sowie dem Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus kaum Informationen vor (keine Erreichbarkeit der zuständigen Mitarbeiter), so dass die Bewertung bzw. Zuordnung auf der Grundlage eigener Kenntnisse erfolgt ist.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 49

3.3.2 Ergebnisse der Bewertung Auf der Grundlage der Angaben der Einrichtungen, eigener Nachrecherchen sowie Ergänzungen der Fragebögen zeichnet sich nachfolgendes Ergebnis ab. Zu den Highlights zählen folgende Einrichtungen (Quelle: ift GmbH): 1. Besucherzentrum IBA-Terrassen 2. Besucherbergwerk F60 3. Optikpark Rathenow (mit Brachymedial-Fernrohr) 4. Familiengarten Eberswalde 5. Finowkanal und Schiffshebewerk am Oder-Havel-Kanal 6. Industriemuseum Brandenburg an der Havel 7. Ziegeleipark Mildenberg 8. Hütten- und Fischereimuseum Peitz 9. Landgut A. Borsig Kontor GmbH 10. Erlebnis-Kraftwerk Plessa 11. Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus (kein FB) 12. Museumspark Rüdersdorf Zusätzlich werden folgende Einrichtungen für die Kategorie „Highlights“ vorgeschlagen: 1. Technisches Denkmal Brikettfabrik Louise (keine Gastronomie) 2. Museumsdorf Baruther Glashütte (kein Besucherzentrum) 3. Ofen- und Keramikmuseum Velten (keine Gastronomie, kein Besucherzentrum) 4. Excursio-Besucherzentrum (keine Gastronomie). Zu den Einrichtungen, die der Kategorie „Sehenswert“ zugeordnet wurden, zählen die nachfolgenden. Die in kursiver Schrift gesetzten Einrichtungen müssen lediglich noch ein Kriterium erfüllen, um zu den Highlights zu zählen. Tabelle 3: Einrichtungen der Kategorie „Sehenswert“ Einrichtung Brandenburgisches Museum für Klein- und Privatbahnen (keine Angebote für Kinder und Jugendliche) Binnenschifffahrts-Museum Oderberg Historische Mühle (keine Gastronomie) Tabakmuseum Vierraden (kein Besucherzentrum) Königlich Preußische Militäreisenbahn (keine Gastronomie) Industrielehrpfad Kirchmöser (keine überregionalen Veranstaltungen)

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Ort Gramzow Oderberg Potsdam Schwedt / Oder Mellensee Brandenburg / Havel

Seite 50

Einrichtung Stadt- und Industriemuseum Guben Finower Wasserturm Weißgerbermuseum Brandenburgisches Freilichtmuseum Altranft Kulturzentrum Rathenow / Optik Industrie Museum Luftfahrtmuseum Finowfurt Stadt- und Brauereimuseum Kulturfabrik / Museum Fürstenwalde Ziegeleimuseum Glindow Bücker-Museum Rangsdorf Technisches Denkmal Gaswerk Brandenburgisches Textilmuseum Forst Biotürme Kunstgussmuseum Dampfmaschinenhaus "Moschee" Sender- und Funktechnikmuseum Buckower Kleinbahn Feuerwehr- und Technikmuseum Stadt- und Technikmuseum Heidekrautbahn-Museum Agrarmuseum Wandlitz Stadtmuseum Alte Burg Alte Mühle Wittenberge

Ort Guben Eberswalde Doberlug-Kirchhain Bad Freienwalde, OT Altranft Rathenow Schorfheide Pritzwalk Fürstenwalde Glindow Rangsdorf Neustadt / Dosse Forst / Lausitz Lauchammer Lauchammer Potsdam Königs Wusterhausen Buckow Eisenhüttenstadt Ludwigsfelde Wandlitz, OT Basdorf Wandlitz Wittenberge Wittenberge

Quelle: ift GmbH

Zu der Kategorie „Geheimtipps“ zählen auf der Grundlage der Erhebungen folgende Einrichtungen: Tabelle 4: Einrichtungen der Kategorie „Geheimtipps“ Einrichtung AEG Werkssiedlung Rathenauviertel "Raffinerie im Öl" Uhrenturm, ehem. Singer und Veritas Werk Alte Chemiefabrik Patent-Papierfabrik Hohenofen Krafthaus am Schiffshebewerk Niederfinow Stellwerk "Wm" und BW-Gelände (Historischer Lokschuppen) Wettermuseum Lindenberg

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Ort Hennigsdorf Schwedt /Oder Wittenberge Cottbus Sieversdorf Britz Wittenberge Tauche, OT Lindenberg

Seite 51

Einrichtung Glasmacherhaus Neuglobsow Vierseithof Industriemuseum Region Teltow Kreismuseum Oberhavel Handwerksmuseum im Museumshof Dampfschlepper "Nordstern" Städtische Sammlungen Cottbus/Stadtmuseum Cottbus SMB-Gelände (TH-Wildau) + Schwartzkopff-Siedlung

Ort Stechlin, PT Menz Luckenwalde Kleinmachnow Oranienburg Neuruppin Brandenburg / Havel Cottbus Wildau

Quelle: ift GmbH

Von den 61 gelisteten Standorten gehören demnach jeweils 16 Standorte den Kategorien „Highlights“ und „Geheimtipp“ an (= jeweils 26 Prozent) und 29 der Kategorie „Sehenswert“ (48 Prozent) an.

3.3.3 Zusammenfassung der Bewertung Zusammenfassend lässt sich aus der Erfassung und Bewertung der industriekulturellen Einrichtungen festhalten: 

Themen: Thematische Cluster in der Vermarktung fehlen bisher weitgehend, Standorte sind zahlenmäßig zu gering für regionale Cluster (Ausnahme Lausitz)



Angebot: Relativ klassisch, Schwerpunkt liegt auf Museen, Authentizität (Gebäude, Geräte) bei den meisten Standorten gegeben



Vermittlung des Angebotes: Audio-/visuelle Animation / Interpretation und mehrsprachige Informationen an wenigen Standorten, Erlebnisorientierung (Erlebnisführungen, Installationen etc.) fehlen oftmals



Marketingmaßnahmen: Basismaßnahmen bei fast allen Standorten, Kooperation mit (über-) regionalem Tourismus, Vertriebsaktivitäten und Pressereisen vergleichsweise wenig, Marketingetats meist gering – entspricht Standorten in anderen Regionen



Serviceeinrichtungen: Defizite im Bereich gastronomische Versorgung / Verpflegung



Zielgruppen: Entsprechen den Erfahrungen aus anderen Regionen, vergleichsweise wenig museumspädagogische Angebote



Touristische Infrastruktur: Dezentrale, teilweise isolierte Lage der Standorte, Anschluss an (über)regionale Rad- / Wanderwege bei immerhin der Hälfte der Einrichtungen vorhanden, Relativ häufig touristische Infrastruktur (Gastronomie / Beherbergung) in der Nähe (1 bzw. 5 Kilometer) vorhanden



Organisation: Keine regionale oder landesweite Zuständigkeit (Kümmerer) für Industriekultur erkennbar, dünne Personaldecke an den Standorten – wie in anderen Regionen auch, Abhängigkeit von Ehrenamtlern (Nachwuchsprobleme).

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 52

4. Folgerungen Die nachfolgend formulierten Folgerungen dienen im Wesentlichen dazu, auf Basis der Analyse vorhandene Problembereiche zu identifizieren und Ansatzpunkte für eine positive Entwicklungsperspektive des Themas Industriekultur zu finden. Basierend darauf werden im Kapitel 5 die Handlungsfelder definiert und Empfehlungen formuliert.

4.1 Industriekulturelle Standorte – Touristische Ziele und Teil der eigenen Identität Insbesondere die Expertengespräche haben gezeigt, dass das Thema Industriekultur in Brandenburg kein ausschließlich touristisches ist. Bezogen auf die Zukunft bedeutet dies, dass außer einer Intensivierung der touristischen Vermarktung des Themas die industriekulturellen Zeugnisse stärker als Teil der eigenen Vergangenheit und der städtischen bzw. regionalen Identität bewusst gemacht werden müssen. Nur so können einzelne Standorte vor dem Verfall gerettet und einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden. Im Vordergrund steht daher eine den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasste Nutzungsform der einzelnen Standorte. Der Bedarf an museal genutzten Industriedenkmälern ist mittlerweile weitgehend gesättigt. Da künftig eine entsprechende Nutzung vor allem aus finanziellen Gründen in den meisten Fällen als Option ausscheidet, rücken andere, mehr privatwirtschaftlich ausgerichtete Nutzungsformen (Gewerbe, Wohnen, Veranstaltungsort etc.) in den Vordergrund. Erschwerend auf den Erhalt industriekultureller Denkmäler wirkt sich zum einen die generell gesehen schwierige Haushaltslage auf allen öffentlichen Ebenen aus, zum anderen die in vielen Kommunen feststellbare Konzentration von städtebaulichen Maßnahmen auf die Ortskerne. Letzteres führt zu einer Vernachlässigung der Randlagen, in denen sich viele Industriedenkmäler befinden. Für die Zukunft lassen sich daraus folgende Schlüsse ziehen: 

Stärkung des vorhandenen museal bzw. touristisch nutzbaren Bestandes durch Verbesserung der Qualität und der Intensivierung der Vermarktung statt Ausbau neuer Standorte



Intensiveres Werben (insbesondere auf der Ebene der zuständigen Ministerien und der RWKs) für den Erhalt industriekultureller Standorte als Teil der eigenen Vergangenheit und Identität, um damit die Bevölkerung und Investoren im Sinne einer geeigneten Nachfolgenutzung zu sensibilisieren.

Wie wichtig es ist, auf Alternativen zu rein touristischen Nutzungsformen zu setzen, zeigen Erfahrungen aus anderen deutschen Regionen. In der Regel lassen sich nur 10 Prozent aller in einer Region vorhandenen industriellen Standorte touristisch vermarkten, da ansonsten der Wettbewerbsdruck für die einzelnen Standorte zu groß wird und ein Überangebot entsteht. Touristisch profilieren können sich nur Standorte, die eine einzigartige Gebäudestruktur, Architektur oder Maschinenbestand haben, die als Alleinstellungsmerkmal in der Ver-

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 53

marktung tragfähig sind. Hinzu kommt, dass die touristisch vermarkteten Standorte in der Regel nicht ohne öffentliche oder private Förderung erhalten und betrieben werden können. Dies bedeutet, dass auch vor dem Hintergrund der nachlassenden öffentlichen Förderung auf einen weiteren Ausbau im Sinne einer rein touristischen Nutzung verzichtet werden sollte. Bei allen Nutzungskonzepten geht es darum, nicht nur kurzfristig eine Lösung zu schaffen, sondern langfristige, nachhaltige und wirtschaftliche Nutzungskonzepte zu entwickeln. Mit dieser Thematik beschäftigt sich derzeit auch ein von der EU (Interreg IVB) gefördertes Projekt unter Trägerschaft des Regionalverbandes Ruhr (www.manageplus.eu).

4.2

Wirtschaftliche Potenziale / Effekte der Industriekultur

Bei den vorgenannten Überlegungen stellt sich grundsätzlich die Frage, ob das Thema Industriekultur überhaupt zukunftsträchtig und wirtschaftlich tragfähig ist und in welcher Relation die erforderlichen Investitionen und der zu erwartende wirtschaftliche Nutzen stehen. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen der weiteren Inwertsetzung der Industriekultur in Brandenburg lässt sich nur bedingt aus den durchgeführten Untersuchungen ableiten und würde den Auftrag der vorliegenden Studie überschreiten. Eine solche Berechnung wäre auch nicht seriös vorzunehmen, da dies stark von den Nutzungskonzepten der einzelnen Standorte abhängt. Für einzelne Standorte machen solche Wirtschaftlichkeitsberechnungen dann Sinn, wenn es um das Abwägen unterschiedlicher Nutzungskonzepte geht. Anhaltspunkte zur Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung der Industriekultur für die touristische Entwicklung in Brandenburg bieten Kriterien wie Besucherzahlen und Anzahl von Beschäftigten. Die Besucher einer industriekulturellen Einrichtung zahlen Eintrittsgebühr, nutzen die touristische Infrastruktur (Gastronomie und Übernachtungsbetriebe) oder kaufen im regionalen Umfeld ein - sorgen also für Umsatz und Einkommen. Hinzu kommt, dass mit einer wachsenden Besucherzahl auch der Bedarf nach zusätzlichem Personal steigt, was sich wiederum positiv im Sinne der Schaffung von Arbeitsplätzen auswirkt. Zusätzliche wirtschaftliche Effekte werden durch die Instandhaltung bzw. bauliche Aufwertung der Objekte ausgelöst. Im Rahmen unserer schriftlichen Befragung wurden rund eine Million Besucher industriekultureller Einrichtungen ermittelt, von denen rund drei Viertel Eintritt bezahlen. Bei einem geschätzten durchschnittlichen Eintrittspreis von 3 Euro, erwirtschaften die industriekulturellen Einrichtungen damit im Jahr rund 2,2 Millionen Euro an Eintrittsgeldern. Die durchschnittliche Zahl der Beschäftigten (ohne Ehrenamtler) beträgt bei den erfassten Einrichtungen 6 Personen, bei den übrigen im Rahmen der Befragung nicht berücksichtigten dürften es weniger sein. Die Gesamtzahl der Arbeitsplätze bei touristisch relevanten industriekulturellen Standorten dürfte damit in Brandenburg bei unter 500 liegen. Schwieriger zu schätzen sind die indirekten wirtschaftlichen Effekte (für Übernachtungs-, Gastronomie- und Einzelhandelsbetriebe etc.), die durch die Besucher industriekultureller Standorte ausgelöst werden, zumal deren Nutzung in der Regel mit der anderer touristischer Attraktionen verbunden wird. Man kann jedoch davon ausgehen, dass der größte Teil

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 54

der Besucher Tagesausflügler sind, die deutlich weniger als Übernachtungsgäste ausgeben. Auf Basis der vom dwif ermittelten Zahlen (zum Teil bezogen auf 2009, zum Teil auf 2004) gibt der durchschnittliche Übernachtungsgast in Brandenburg rund 117 Euro, der durchschnittliche Tagesausflügler rund 20 Euro aus. Der gesamte touristische Bruttoumsatz beträgt rund 3,3 Milliarden Euro, die Zahl der direkt im Tourismus Beschäftigten 115.000. Wir schätzen, dass rund 70 Prozent der Besucher industriekultureller Einrichtungen Tagesausflügler und 30 Prozent Übernachtungsgäste sind. Legt man das gleiche Ausgabeverhalten zugrunde wie bei den touristischen Gästen in Brandenburg, kommt man auf einen Gesamtumsatz von rund 50 Millionen Euro im Jahr, der durch Besucher industriekultureller Standorte generiert wird. Natürlich muss man mit derartigen Zahlen vorsichtig umgehen, da man sie nicht eindeutig den industriekulturellen Einrichtungen zuordnen kann Sie bieten aber zumindest einen Anhaltspunkt, wenn es um die Bewertung der wirtschaftlichen Bedeutung des Themas Industriekultur im touristischen Gesamtzusammenhang geht. Diese rein wirtschaftliche Betrachtungsweise zeigt, dass die Industriekultur nach wie vor ein Nischenthema ist, aber eines mit kontinuierlichem Wachstumspotenzial. Insofern sollte es auch nicht vernachlässigt werden, sondern gezielt weiter entwickelt werden, um durch ein inhaltlich verbessertes und marketingmäßig professioneller präsentiertes Angebot an Marktanteilen zu gewinnen. Neben dem unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen gilt es hierbei auch Faktoren wie Identitätsstiftung durch den Erhalt kulturellen Erbes oder städtebauliche Inwertsetzung in Betracht zu ziehen, die die Lebensqualität der Bevölkerung erhöhen und die Ansiedlung neuer Unternehmen fördern. Auch diese Faktoren haben letztendlich eine wirtschaftliche Bedeutung, wenn man die sich daraus ergebenden Folgewirkungen mitberücksichtigt.

4.3

Vergleichsbeispiel Ruhrgebiet

Am Beispiel der IBA Emscherpark, die Ausgangspunkt der industriekulturellen Vermarktung im Ruhrgebiet war (Präsentationsjahr 1998), lässt sich erkennen, dass die durch die IBA angestoßenen Projekte ein großes Potenzial für die weitere Entwicklung und Vermarktung der Industriekultur in der Region Ruhrgebiet bieten. Auch hier gab es seinerzeit viele Stimmen, die für sofortigen Abriss der altindustriellen Relikte plädierten. Eine Wertschätzung der Bevölkerung für diese Überbleibsel des Strukturwandels gab es Ende der 80er Jahr nicht. Die Initiative ging von Historikern, Architekten und Stadtplaner aus. Heute hat das Ruhrgebiet durch die Industriekultur ein unschätzbares Alleinstellungsmerkmal. Die touristische Vermarktung funktioniert über den Kulturtourismus ebenso wie in Kombination mit dem naturräumlichen Tourismus. Der neu entwickelte RuhrtalRadweg wurde vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) als „ADFC-Qualitätsroute“ mit 4 von 5 Sternen ausgezeichnet. Die Stadt Essen hat sich mit dem Motto „Essen für das Ruhrgebiet“ erfolgreich als europäische Kulturhauptstadt 2010 beworben. Spektakuläre Veranstaltungen wie die Teilsperrung der Autobahn A40 oder die Schachtzeiten (über 350 gelbe Ballons an den Eingängen ehemaliger Zechen) hatten eine sehr große Öffentlichkeitswirksamkeit und wären ohne Mitwirkung der lokalen Bevölkerung nicht möglich gewesen. Diese ist inzwischen stolz auf ihren „Pott“ und auch auf die Zeichen der industriellen Vergangenheit.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 55

Dennoch zeigt sich hier auch, dass eine rein touristische Nutzung der Anlagen nicht tragfähig ist. Von den mehr als 3.000 industriekulturellen Standorten im Ruhrgebiet werden nur rund 10 Prozent touristisch genutzt.

4.4

Potenziale in Brandenburg

Die teilweise nicht weniger spektakulären Bauten / Landschaften der IBA Fürst-PücklerLand können durchaus einen ähnlichen Startpunkt für das Land Brandenburg darstellen. Es gilt jedoch, diese Projekte zu nutzen, weiterzuentwickeln und vor allem ihre Fortführung sicherzustellen. Darin besteht sicher nach Ende einer solchen Förderphase die größte Herausforderung. Natürlich verfügt das Ruhrgebiet als eine der bevölkerungsreichsten Regionen Deutschlands und mit seiner Lage in einem relativ dicht besiedelten Gebiet über ganz andere Quellmärkte als Brandenburg. Doch auch Brandenburg hat – dank seiner Nähe zu Berlin – gute Chancen. Zwar ist Berlin auch touristische Wettbewerbsdestination, aber eben auch Ballungsraum, der – durch ausreichend attraktive und erlebnisorientierte Angebote – durchaus zum stabilen Fundament regionaler Nachfrage werden kann. Auch hier gibt es gute Vergleichsbeispiele aus dem europäischen Netzwerk ERIH. So haben sich zum Beispiel fünfzehn Industriemuseen in Katalonien (Spanien) mit Blick auf eine gemeinsame Vermarktung der Industriekultur zusammengeschlossen. Und das, obwohl sie nicht nur Barcelona als benachbarte Wettbewerbsdestination haben, sondern auch noch die Mittelmeerküste. Auch hier hat man erkannt, dass Industriekultur ein Add-on zu anderen touristischen Angeboten ist und nur vernetzt erfolgreich vermarktet werden kann. Grundsätzlich stellt sich die Frage, was tut man mit den Relikten der Industrialisierung, wenn man sie nicht nutzt. Sie einfach dem Verfall zu überlassen, wäre für das gesamte Land keine Aufwertung. Abriss und Neubebauung der Grundstücke führen zum einen zum Identitätsverlust der Region und der Bevölkerung, zum anderen werfen sie Probleme der Entsorgung auf. Brandenburg spielt mittlerweile – gerade was die touristische Nutzung der Industriekultur angeht – im Bundesvergleich eine wichtige Rolle. Bisher haben wenige Landesmarketingorganisationen das Thema so klar positioniert wie die TMB. Die meisten der industriekulturellen Einrichtungen in Brandenburg sind weniger als zehn Jahre alt. Viele dieser Einrichtungen haben bereits heute ein großes touristisches Potenzial, andere können (mit teilweise wenigen Ergänzungen) ihr Angebot aufwerten. Deshalb empfiehlt es sich, das vorhandene industriekulturelle Angebot weiter qualitativ auszubauen. Der generelle Aufwärtstrend des Themas Industriekultur im Tourismus - nicht zuletzt durch die Imageförderung der Kulturhauptstadt RUHR 2010 - ist klar erkennbar. Die Beispiele aus anderen Regionen in Deutschland und Europa können als erfolgreiche Modelle dienen, wie Industriekultur in das touristische Angebot des Landes Brandenburg integrierbar ist und welche städtebaulichen und privatwirtschaftlichen Nutzungskonzepte tragfähig sind. Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass Brandenburg über einen relativ großen Bestand an industriekulturellen Standorten verfügt, die für Besucher attraktiv sind. Legt man die von der Lausitz vorgeschlagene Kategorisierung (Highlights, Sehenswert und Geheimtipp) zugrunde, lassen sich alleine 25 Prozent der berücksichtigten Einrichtungen als

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 56

Highlight bezeichnen. Der Anteil ließe sich erhöhen, wenn Einrichtungen der Kategorie „Sehenswert“ ihr Angebot mit einem relativ geringen Aufwand qualitativ verbessern und somit die Anforderungen erfüllen, die für eine Höhereinstufung erforderlich wären.

4.5

Wettbewerbsnachteile

Industriekulturelle Standorte generieren ihr Besucherpotenzial wie die meisten anderen Museen oder Kulturstätten in erster Linie durch Tagesausflügler, die in der Regel aus einem Einzugsgebiet von 1 bis 1 ½ Stunden Fahrzeit kommen. Die besucherstärksten Einrichtungen befinden sich daher in bevölkerungsreichen Regionen wie dem Ruhrgebiet. Die dünne Besiedlung Brandenburgs stellt einen zentralen Wettbewerbsnachteil hinsichtlich der Steigerung der Besucherzahlen dar. Ziel muss es daher sein, den Anteil derjenigen zu erhöhen, die als Übernachtungsgäste von außerhalb nach Brandenburg kommen und die die Industriekultur als Teil des gesamten touristischen Angebotes erleben wollen. Der weitgehend ländliche Charakter und die damit einhergehende niedrige Bevölkerungszahl trägt auch maßgeblich dazu bei, dass es in Brandenburg - mit Ausnahme der Lausitz keine durchgängige regionale Konzentration industriekultureller Standorte gibt. Dies erschwert die Entwicklung thematischer und regionaler Routen, die eine gemeinsame Vermarktung des Themas Industriekultur erleichtern und somit maßgeblich zum Erfolg unter touristischen Gesichtspunkten beitragen. Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass Brandenburg generell gesehen über ein gutes industriekulturelles Angebot verfügt – quantitativ und qualitativ. Optimierungsbedarf – vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit – besteht vor allem in folgenden Bereichen: 

Präsentation des Angebotes (moderne museale Präsentationsformen wie audiovisuelle Animation, Mehrsprachigkeit etc.)



Museumspädagogische Angebote



Touristische Infrastruktur am Standort und im unmittelbaren Umfeld (Gastronomie, Übernachtungsmöglichkeiten, Ausschilderung etc.)



Qualität der Marketinginstrumente (eigene Webseite etc.)



Zusammenarbeit mit den regionalen Tourismusorganisationen



Koordination des Themas Industriekultur auf Landesebene.

Der Fairness halber ist jedoch festzuhalten, dass die Bereitschaft zur Optimierung des Angebotes vorhanden ist, es aber in der Regel an den erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen fehlt, um die notwendigen Maßnahmen in die Wege zu leiten.

4.6

Handlungsstrategien ableiten

Aus der Analyse lassen sich Handlungsstrategien für die touristische und die städtebauliche Inwertsetzung bzw. Nutzung der industriekulturellen Anlagen ableiten, die nachfolgend für die beiden Bereiche getrennt stichpunktartig aufgelistet werden:

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 57

Tourismus 

Industriekultur nicht als Einzelthema positionieren, sondern mit Hilfe der Vernetzung mit anderen kulturtouristischen Angeboten und dem naturorientiertem Tourismus.



Brandenburg deutschlandweit und international stärker als industriekulturelle Destination bewerben (Deutsche Zentrale für Tourismus).



Konzentration auf Highlights und Sehenswertes bei der touristischen Vermarktung. Geheimtipps sollten gelistet (Internet, evtl. auch Broschüren), jedoch nicht aktiv vermarktet und mit Vertriebsaktivitäten (Angebotsentwicklung, Kooperation mit Reiseveranstalter etc.) versehen werden.



Servicequalität an den Standorten weiter ausbauen und gemeinsame, landesweite Qualitätskriterien definieren.



Touristiker stärker für das Thema begeistern, um die Vermarktung und den Vertrieb über die Tourismusstellen zu intensivieren und eine Vernetzung mit anderen Angeboten sicherzustellen.



Schulung der Standorte (Bedarf der Tourismusstellen, Unterkunftsbetriebe, Veranstalter etc.).



Ehrenamt weiter ausbauen und landesweit koordinieren.



Interdisziplinäre Konzepte für Standorte unterstützen, um Serviceeinrichtungen (Einzelhandel, Dienstleistungen, etc.) einzubinden.



Landesweite Vernetzung und Koordination der Aktivitäten.

Städtebauliche Inwertsetzung 

Identitätsstiftung stärker betonen.



Förderung von bürgerschaftlichem Engagement.



Aktive Einbindung von privaten Akteuren / Unternehmen (finanziell und / oder in der Trägerschaft) bereits in der Ideenentwicklungsphase zur Entlastung der öffentlichen Hand.



Interdisziplinäre Konzepte entwickeln.



„Von anderen lernen“ – Best-Practice-Beispiele aus Deutschland und dem europäischen Ausland (insbesondere Niederlande) berücksichtigen.



Authentische Entwicklung der Städte und Regionen (unterstützt auch den Tourismus) begünstigen.



Keine schnellen Entschlüsse (Wertschätzung steigt mit zeitlichem Abstand, Abriss ist irreversibel).



Landesweite Vernetzung der Akteure, (Neu-) Organisation der Aufgaben und Zuständigkeiten.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 58

5. Handlungsfelder und Empfehlungen Ausgehend von den zuvor erstellten Analysen und den daraus abgeleiteten Folgerungen werden folgende fünf Handlungsfelder festgelegt, an denen sich die künftige touristische Positionierung des Themas Industriekultur orientieren sollte: 

Kommunikation



Produkt



Qualität



Vertrieb



Organisation

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 59

5.1

Kommunikation

Generell gilt es bei allen Beteiligten (Anbietern und potenziellen Besuchern) das Bewusstsein für das Thema Industriekultur und die damit verbundenen Angebote zu steigern. Dazu sind folgende Maßnahmen sinnvoll:

5.1.1 Kontinuierliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Gerade bei geringen Budgets und Produkten mit wenig bzw. schlechtem Image muss eine kontinuierliche und gute Presse- und Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt werden. Hierzu gehört neben der Erstellung von Pressemitteilungen, Vorhalten von professionellem Bildmaterial und kompetenten Ansprechpartnern für die Presse auch die Durchführung von Pressereisen, die in Zusammenarbeit verschiedener Standorte organisiert werden sollten. Zuständigkeit 

Standorte in Kooperation mit Tourismusstellen für lokale / regionale Presse



TMB / landesweite Organisation für überregionale Presse

5.1.2 Kommunikation mit Vertriebspartnern Erfahrungen in anderen Regionen zeigen, dass die Unkenntnis über die Industriekultur und das teilweise negative Image zunächst zu Ablehnung führen. Die meisten Vertriebspartner sind jedoch von den Einrichtungen und Angeboten begeistert, wenn sie diese selbst erlebt haben. Deshalb sollten Vertriebspartner zu sogenannten Fam-Trips eingeladen werden, in deren Rahmen die industriekulturellen Standorte ihre Angebote vorstellen. Viele Tourismusregionen laden regelmäßig die Verkaufsleiter der Hotels zu Informationsveranstaltungen ein. So organisiert z. B. Düsseldorf Marketing und Tourismus seit fast 20 Jahren sehr erfolgreich alle zwei Monate Verkaufsleitertreffen, die zum einen dem Austausch mit den Akteuren aus der Hotellerie und zum anderen der Vorstellung von Produkten (hierzu werden Referenten von Standorten eingeladen) dient. Zuständigkeit 

Standorte / Kommunale Tourismusstellen - Ansprache Leistungsträger, Vertriebspartner vor Ort



Regionale Tourismusorganisationen / TMB - Ansprache vorhandener Vertriebskontakte



TMB – Deutsche Zentrale für Tourismus

5.1.3 Vernetzung von Marketingaktivitäten Angesichts der geringen Budgets der Standorte und der allerorten knapper werdenden Mittel ist die Bündelung von Marketingaktivitäten sinnvoll und notwendig. Sie schafft Synergieeffekte und stärkt Marktpräsenz einzelner Standorte, da im gemeinsamen thematischen Marketing eine viel größere Strahlkraft erreichbar ist als durch einen einzelnen Standort. Große überregional bedeutsame Standorte werden zum Zugpferd / Aushängeschild der

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 60

Industriekultur. Nach diesem Prinzip arbeiten die Europäische Route der Industriekultur (ERIH) und die Route Industriekultur Ruhrgebiet, die sogenannte Ankerpunkte als historisch und touristisch bedeutsame Standorte definiert haben. Wichtig ist auch, die Zusammenarbeit mit der TMB und den anderen regionalen / lokalen Tourismusstellen weiter zu intensivieren und dabei eine sinnvolle Aufgabenteilung nach Kompetenz und finanziellen Möglichkeiten zu entwickeln. Oft betätigen sich Standorte im Vertrieb, ohne dafür das Know How und die Manpower zu haben, anstatt mit den Touristikern zusammenzuarbeiten. Bei der Vernetzung der Marketingaktivitäten empfiehlt es sich, gemeinsame Qualitätsstandards der Standorte zu entwickeln und zu kommunizieren, um einen einheitlichen Außenauftritt zu gewährleisten. Zuständigkeit 

Landesweite Organisation – Abstimmung von Qualitätsstandards

5.1.4 Beschilderung Erfahrungen aus anderen Regionen zeigen, dass die touristische Hinweisbeschilderung industriekultureller Anlagen im Straßenraum und die einheitliche Ausschilderung mit Wiedererkennungswert an den Standorten und im unmittelbaren Umfeld sehr stark wahrgenommen werden. Langfristig sollte die Zielsetzung sein, alle Anlagen auszuschildern und als Points of Interest in die Rad- und Wanderwege aufzunehmen.

5.1.5 Intensivierung des thematischen Marketings Die Bildung von (regionalen) Themenschwerpunkten ermöglicht die gemeinsame Vermarktung von thematisch verwandten Standorten, zeigt historische Zusammenhänge und stärkt die Wahrnehmung der Themen und Standorte. Geeignete Themen für Brandenburg sind: 

Energie



Produktion



Siedlung / Wohnen / Architektur



Industriekultur am und um das Wasser



Bergbau



Transport und Kommunikation

Als gutes Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit haben sich Themenjahre bzw. jährlich wiederkehrende Veranstaltungen bewährt, und zwar nicht allgemein zum Thema „Industriekultur“, sondern zu einzelnen Unterthemen. So führt zum Beispiel die Industrieregion Frankfurt-Rhein-Main seit 2003 jährlich die Tage der Industriekultur durch. Was zunächst als Tagesveranstaltung begann, ist inzwischen

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 61

ein fast einwöchiges Veranstaltungsprogramm mit über 240 Veranstaltungen. Themen waren z.B. „Großer Bahnhof für die Industriekultur“ (alles rund um Bahnhöfe, Transport, Eisenbahn, Dampfloks, Dampfmaschinen), „Essen und Trinken“ (Nahrungsmittel, Produktion etc.), „Energie“, „(Flug-) Häfen (rund um Flugzeug und Schiffsindustrie)“ und „Automation – Mensch und Maschine“. Dabei werden neben touristischen Attraktionen auch produzierende Unternehmen vor Ort oder andere Branchen (Architektur, Städtebau etc.) mit eingebunden (http://www.route-der-industriekultur-rhein-main.de/). Auch andere Regionen führen sehr erfolgreich jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen durch, so z.B. das Ruhrgebiet die ExtraSchicht (lange Nacht der Industriekultur), SachsenAnhalt seit 2007 die Tage der Industriekultur, Chemnitz (Tage der Industriekultur) oder die Woiwodschaft Schlesien / Polen (Industriada). Neben der guten Wirkung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit schafft man damit auch Wiederholungsbesuchsanlässe für Tagestouristen aus der Region.

Zuständigkeit: 

TMB in Kooperation mit regionalen und lokalen Tourismusstellen

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 62

5.2

Produkt

Wie bereits erwähnt, sind Schulklassen eine der Hauptzielgruppen für das Thema Industriekultur: Daher sollte die Entwicklung von museumspädagogischen Angeboten intensiviert werden. Für die touristische Vermarktung sollte die Industriekultur mit anderen Kulturangeboten wie Kulturstädten, historischen Ortskernen, Schlössern und Burgen etc. verknüpft werden, da sie allein als Besuchsmotiv nicht trägt. Ebenso sinnvoll ist die Verknüpfung mit dem in der Vermarktung Brandenburgs im Vordergrund stehenden naturräumlichen Tourismus – hier insbesondere im Rahmen einer gezielten Produktentwicklung für Rad-, Wander- und Bootstouristen. Nicht nur für diese Zielgruppen sollte das gastronomisches Angebot an den Standorten weiter ausbaut werden, da es die Verweildauer am Standort erhöht und den Ertrag steigert. Wenn möglich sollte dabei auf Authentizität und regionale Küche / Produkte gesetzt werden. Auch über die Einbindung weiterer Angebote (wie Werksverkäufe, Produzenten, Standorte ohne touristische Nutzung) können Besucher angezogen und vor allem zum Wiederholungsbesuch angeregt werden. So finden sich z. B. in der Zeche Waltrop im Ruhrgebiet, dem Hauptsitz der Firma Manufactum mit Brot & Butter Laden (Verkauf von Spezialitäten) und dem Restaurant Lohnhalle, inzwischen auch Anbieter von exklusiven Gartenmöbeln, eine Oldtimer Werkstatt und verschiedene Kreativfirmen. Durch die Veranstaltung von saisonalen Events (Gartentage, Apfeltage o.ä.) werden Besuchsanlässe geschaffen. Zuständigkeit 

Touristische Produktentwicklung – TMB, regionale / kommunale Tourismusstellen in Kooperation mit Standorten

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 63

5.3

Qualität

Die Servicequalität an den Standorten sollte weiter ausgebaut werden. Ein sinnvolles Instrument hierfür ist die Schulung über die deutschlandweite ServiceQ-Zertifizierung, da somit bundesweit anerkannte und einheitliche Standards übernommen werden können. Der Erlebniswert der Standorte sollte durch Einsatz von multimedialen Präsentationen erhöht werden. Auch hier empfiehlt sich zunächst die Konzentration auf die besucherstarken Attraktionen / Highlights. Erfahrungen im europäischen Netzwerk ERIH haben gezeigt, dass hier nicht jeder Standorte „das Rad neu erfinden“ muss, sondern über den Austausch mit anderen Kollegen sowie die Recherche von Best-Practice-Beispielen in Netzwerken wie ERIH, TICCIH o. ä. gute und – vor allem in der Praxis bereits erprobte – Ideen gefunden werden können. Zuständigkeit 

ServiceQ - TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH, Standorte



Netzwerke – Standorte

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 64

5.4

Vertrieb

Bei der Vermarktung ist es wichtig, diese entsprechend lokal, regional und landesweit aufzubauen. So ist es – neben den eigenen Vertriebsaktivitäten der Standorte – sinnvoll, sich mit Kooperationspartnern wie TMB, Reisegebieten oder lokalen Tourismusorganisationen für den Vertrieb zu vernetzen. Wichtig für die Zusammenarbeit mit den Touristikern sind gute und professionell aufbereitete, gebündelte Informationen. Der Touristiker ist kein Industriekulturexperte und will / kann sich nicht durch seitenlange Beschreibungen der industriellen Historie lesen. Er benötigt 

Ideen für seine Zielgruppe(n)



Gute Informationen und kostenloses Bildmaterial



Verlässliche Qualität in Beratung, Bearbeitung, Rechnungsstellung und Durchführung



Hilfestellung bei der Konzeption von Reiseangeboten



Planungssicherheit (wenn die Kataloge der Touristiker publiziert werden, steht bei manchen Standorten noch nicht einmal das Veranstaltungsprogramm für das kommende Jahr)



Einen (kompetenten) Ansprechpartner

Aufgrund dieser Anforderungen wird empfohlen, die Geheimtipps lediglich zu listen und den Vertrieb und die Angebotsentwicklung auf Sehenswertes und Highlights zu konzentrieren. Für die Standorte ist es auch sinnvoll, Kooperationen mit Hotels im Umfeld einzugehen, um Übernachtungsgäste anzusprechen. Eine weitere wichtige Einnahmequelle für industriekulturelle Standorte ist die Nutzung als Tagungs- und Konferenzlocation. Hierfür könnte geprüft werden, ob in der landesweiten Datenbank www.tagen-in-brandenburg.de eine eigene Rubrik für industriekulturelle und andere ungewöhnliche Locations eingerichtet werden kann, in der sich Firmen, Konferenzveranstalter und Privatpersonen informieren können. Zuständigkeit 

Tourismusstellen und Standorte

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 65

5.5

Organisation

Neben der Frage der Finanzierung von Maßnahmen stellt sich vor allem die der Zuständigkeit und des „Kümmerers“. Viele Aktivitäten bedürfen des Anstoßes und der (landesweiten) Koordination. Insbesondere angesichts der teilweise sehr dünnen Personaldecke an den Standorten ist es fraglich, in wie weit Kapazitäten (finanziell und personell) für die Weiterentwicklung zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist die Industriekultur ein interdisziplinäres Thema mit unterschiedlichen Akteuren (Tourismus, Städtebau, Denkmalpflege, Museumsverband, Land, private Träger etc.), die unterschiedliche Organisationsformen, Interessen und Kompetenzen haben. Diese gilt es zu vernetzen und sinnvoll zu bündeln. Dazu sollte eine landesweite Plattform für die Vernetzung der Industriekultur in Brandenburg entwickelt werden. Der Aufbau einer effizienten Organisationsstruktur zur Handhabung des Themas Industriekultur bedeutet nicht automatisch die Gründung einer neuen Organisation. Ziel sollte es vielmehr sein, vorhandene Strukturen zu nutzen und dabei zu prüfen, bei welcher der vorhandenen Organisationen die Industriekultur angesiedelt werden könnte. In Frage kommen Organisationen, die in Brandenburg mit den Bereichen Tourismus oder Kultur zu tun haben. Hauptaufgabe einer solchen Organisation wird es sein, die Aktivitäten der mit dem Thema Industriekultur betreuten Akteure zu koordinieren und für eine bessere Wahrnehmung und Vermarktung der Industriekultur zu sorgen. Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass sich viele Organisationen mehr oder weniger intensiv mit der Industriekultur beschäftigen. Neben einzelnen Ministerien (Wirtschaft und Europaangelegenheiten, Infrastruktur und Landwirtschaft sowie Wissenschaft, Forschung und Kultur) und touristischen Organisationen (TMB, Reisegebiete) sind dies vor allem der Museumsverband, Kulturland Brandenburg, das Landesamt für Denkmalpflege und die RWKs. Erfahrungen aus anderen Bundesländern und aus vergleichbaren Projekten zeigen, dass auf Grund vielfältiger Interessenslagen bei entsprechenden Entscheidungen pragmatische Überlegungen in den Vordergrund gerückt werden sollten. Geprüft werden sollte in einem ersten Schritt, welche der für Koordinierungsaufgaben in Frage kommenden Organisation zu den geringsten Kosten Büroräume, Mitarbeiter, Kommunikation etc. zur Verfügung stellen kann. Diese und weitere Fragen könnten im Rahmen eines „Runden Tisches“ geklärt werden. Um sicherzustellen, dass sich die übrigen Akteure durch die Koordinationsstelle auch gut vertreten fühlen, sollte im Vorfeld von den Beteiligten eine Kooperationsvereinbarung entwickelt werden. Diese regelt beispielsweise 

den Sitz der Koordinationsstelle



die erforderlichen Aufgaben



die finanzielle Beteiligung der einzelnen Akteure



Aufgaben, Zuständigkeiten und Kompetenzen der einzelnen Akteure im landesweiten Netzwerk unter Berücksichtigung des beim einzelnen Akteur vorhandenen Know Hows, Manpower, Finanzen, etc.



gemeinsame Zielvereinbarungen

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 66



die Entwicklung von abgestimmten, gemeinsamen Maßnahmen



die Umsetzung von Aktivitäten



die Kommunikation (wie wird sichergestellt, dass alle Akteure informiert werden, wie wird die Kommunikation nach außen organisiert).

Zielsetzung sollte es sein, dass alle Aktivitäten im Bereich Industriekultur landesweit abgestimmt bzw. bekannt sind und dass durch die Bündelung von Budgets und die Koordination von Aktivitäten die größtmögliche gemeinsame Außenwirkung erreicht wird. Eine weitere Aufgabe, die einer professionellen Organisation bedarf, ist die Einbindung von Ehrenamtlern. Viele Standorte können ohne diese unbezahlten Hilfskräfte nicht überleben. Viele industriekulturelle Standorte haben Probleme, entsprechenden Nachwuchs zu finden oder die Ehrenamtler zu betreuen, zu schulen und auch entsprechend zu motivieren bzw. zu würdigen. Hier könnte eine übergeordnete Koordinierungsstelle (landesweit oder regional organisiert) ein entsprechendes Ehrenamt-Netzwerk für Brandenburg zur Rekrutierung, Schulung, Betreuung und zum Erfahrungsaustausch schaffen. Dadurch könnten auch landesweite Qualitätsstandards für die Ehrenamtler (z.B. über Service Q, Gästeführer-Schulungen etc.) eingeführt werden. Ein weiterer Tätigkeitsbereich könnte die Ansprache von Schulen (Nachwuchs) sein. Über die landesweite Vernetzung von Akteuren, Aktivitäten und Interessen kann das Thema Industriekultur für Brandenburg zu einem zentralen Schwerpunkt werden, der nachhaltig, identitätsstiftend und wirtschaftlich tragfähig ist.

Potenziale Industriekultur Brandenburg

Seite 67