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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen zur Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau nach Oświęcim/Polen

6. bis 12. Mai 2013

Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Inhaltsverzeichnis 1. Informationen ................................................................................................... 2 2. Konzeption.......................................................................................................... 3 3. Vorbereitung ..................................................................................................... 5 4. Programm............................................................................................................ 7 5. Die Projektfahrt .............................................................................................. 8 6. Das Zeitzeugengespräch ............................................................................. 20 7. Eindrücke der Schülerinnen und Schüler ................................................ 25 8. Impressionen .................................................................................................. 27 9. Wir sagen DANKE ......................................................................................... 30

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Informationen Teilnehmer:

Michelle Alpay Mona Alten Nino Bierenfeld Barbara Boakye-Yiadom Nawal Hachaichi Benjamin Hug Justine Menten Philipp Nelle Dennis Ramseier Bernadette Reinhardt Tanja Schiffer Fabian Wagner Yannick-Maurice Wiese

Verantwortliche Lehrpersonen: Martin Krautkrämer Nicole Lohse Susanne Noffke-Noll

Zeitraum:

6. bis 12. Mai 2013

Unterbringung:

Internationale Jugendbegegnungsstätte ul. Legionów 11 32-600 Oświęcim (Polen)

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Konzeption

„Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung.“ (Adorno) „Dieser Ort ist für die gesamte Menschheit von besonderer Bedeutung. Er ist Bezugspunkt für den universellen Diskurs über das Wertesystem der Gesellschaft und die aktuellen Probleme in der Welt.“ Im Mai 2013 werden die beiden Koblenzer Förderschulen mit einer ausgewählten Schülergruppe eine achttägige Studien- und Projektfahrt zu der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau in Oświęcim durchführen. Der sozio-kulturelle Hintergrund und das Umfeld unserer Schülerschaft vermitteln in den seltensten Fällen einen vollständigen gesellschaftspolitischen und geschichtlichen Hintergrund. Außerdem wird das Hineinversetzen in ein anderes

Denken

und

Fühlen

(Empathiefähigkeit)

oft

nicht

hinreichend

ausgebildet und macht insgesamt unsere Schülerschaft besonders empfänglich für

rechtes,

vielleicht

sogar

neonationalsozialistisches,

rassistisches

Gedankengut. Folgen wir der Aussage, so halten wir es für ein absolutes Gebot unserer pädagogischen Arbeit diesem präventiv entgegen zu wirken. In der konkreten, realen Begegnung und Auseinandersetzung vor Ort sehen wir die große, einmalige Chance eine Sensibilisierung für diese Thematik der deutschen Geschichte zu erreichen. Die

SchülerInnen

unserer

Schulform

lernen

viele

Dinge

durch

eigene

Anschauung, konkretes Tun/Handeln und eigenes Erleben. Eine Busfahrt von Koblenz nach Krakau und von dort weiter zur Gedenkstätte kann den SchülerInnen ansatzweise einen Eindruck vermitteln von der Entfernung des Lagers von ihrer Heimatstadt und von der Dauer der Transporte in die Konzentrationslager. Die Lehrer werden natürlich in der Vorbereitung zu dieser Fahrt auf die unterschiedlichen Bedingungen der Transporte eingehen. 3

Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Vor Ort werden die Jugendlichen sich an den Erhaltungsarbeiten in der Gedenkstätte beteiligen und damit einen

wichtigen Beitrag leisten. Des

Weiteren werden sie an Workshops der Freiwilligenorganisation teilnehmen. Außerdem werden sie in einer ganztägigen Fahrt nach Krakau das jüdische Viertel besuchen. Die

gemeinsame

Fahrt

der

beteiligten

Schulen

soll

die

interessierten

Schülergruppen der neunten Klassenstufe beider Schulen in ein gemeinsames Projekt einbinden und so, neben der eigentlichen Fahrt, die Zusammenarbeit der beiden Schulen intensivieren. Aktuell befinden sich in der Projektgruppe auch SchülerInnen mit Sinti-Hintergrund. Gerade diese SchülerInnen sind durch eine lebhafte familiäre Tradition sehr für dieses Thema sensibilisiert, haben aber oft nicht die Möglichkeit Gedenkstätten selbst zu besichtigen und sich dort zu informieren. Hier würde auch die Wahrnehmung des Lagers Auschwitz-Birkenau als sogenanntes Zigeunerlager eine weitere persönliche Betroffenheit und Verbundenheit zu den Geschehnissen herstellen können und den Blick auf die Geschichte der Vorfahren erweitern.

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Vorbereitung Eine Vorbereitung und intensive Beschäftigung der Teilnehmergruppe in einer schulübergreifenden Geschichts-AG mit gemeinsamen Projekten hat über das gesamte Schuljahr 2012/2013 hinweg stattgefunden. Dabei standen folgende Aktionen im Mittelpunkt der Vorbereitung:

Besuch der Ausstellung „Sonderzüge in den Tod“ in Koblenz (Januar 2012) Lesen des Buchs „Mirjam Ghettokind“ (E. Heimes) im Deutschunterricht zu Beginn des Schuljahres Lesung mit E. Heimes in der Hans-Zulliger-Schule am 29. August 2012 Inhaltliche

Auseinandersetzung

mit

der

Thematik

im

Geschichtsunterricht (2. Halbjahr Klasse 8 und 1. Halbjahr Klasse 9) Putzen mehrerer Stolpersteine in Koblenz Meditation anlässlich der Pogromnacht am 9. November 2012 gemeinsam mit Herrn N. Wiechmann (MdL) Gemeinsames Treffen am 17. Dezember 2012 (nachmittags), inhaltlicher Schwerpunkt ist der Film „Das Leben ist schön“. Teilnahme und Mitgestaltung der Statio anlässlich des HolocaustGedenktags in Kooperation mit dem Förderverein Mahnmal Koblenz (27.Januar 2013). Besuch der Ausstellung „Die Überlebenden sind die Ausnahme – Der Völkermord an Sinti und Roma“ im Rathaus der Stadt Koblenz Gemeinsamer Elternabend am 27. Februar 2013 Treffen mit Herrn Superintendent Pfarrer R. Stahl am 8. April 2013

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Eindrücke aus der Vorbereitung der Fahrt

Spendenübergabe „Ein Licht für Koblenz“

Meditation am 9. November mit Herrn MdL N. Wiechmann

Treffen mit Herrn Pfarrer R. Stahl

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Programm Datum

Ablauf

6:00 Abfahrt in Koblenz 6.05.13 21.30 Ankunft in Oświęcim 21:30 Abendessen, Begrüßung, Zimmerbelegung 7:30 Frühstück 8:20 Fußweg zur Gedenkstätte 9:00-13:00 Führung im ehemaligen KZ Auschwitz I 7.05.13 13:30 Mittagessen 15:00-15:30 Einführung in die Geschichte und pädagogische Arbeit der Jugendbegegnungsstätte 15:30-17:30 Stadtführung durch Oświęcim, Besuch des jüdischen Zentrums sowie der Synagoge 18:30 Abendessen 8:00 Frühstück 8:30 Fußweg zur Gedenkstätte 9:00-12:00 Erhaltungsarbeiten auf dem Gelände der Gedenkstätte Auschwitz 8.05.13 12:30 Mittagessen 13:40 Fahrt nach Birkenau 14:00-17:30 Führung im ehemaligen KZ Auschwitz II Birkenau 18:30 Abendessen 8:00 Frühstück 9:00-12:00 Erhaltungsarbeiten auf dem Gelände der Gedenkstätte Birkenau 12:30 Mittagessen 9.05.13 15:00-18:00 Zeitzeugengespräch mit einem ehemaligen Häftling des KL Auschwitz 18:30 Abendessen 8:00 Frühstück 9:00-12:00 Erhaltungsarbeiten auf dem Gelände der Gedenkstätte Birkenau 12:30 Mittagessen 10.05.13 14:00-16:00 „Bilder im Kopf“: Workshop zur Auswertung des Besuches der Gedenkstätte 18:30 Abendessen 20:00 Teilnahme an der Veranstaltung „Alternative Bühne der IJBS“ 8:00 Frühstück 11.05.13 9:00 Fahrt nach Krakau 10:30-14:00 Stadtführung durch das jüdische Viertel Kazimierz/die Altstadt 20:00 Abendessen 6:30 Frühstück 12.05.13 7:00 Rückfahrt nach Koblenz 22:00 Ankunft in Koblenz 7

Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Die Projektfahrt

von links nach rechts Stehend:

Nicole Lohse, Philipp Nelle, Bernadette Reinhardt, Nino Bierenfeld, Yannick-Maurice Wiese, Nawal Hachaichi, Susanne Noffke-Noll, Martin Krautkrämer, Fabian Wagner, Dennis Ramseier, Tanja Schiffer

Sitzend:

Benjamin Hug, Michelle Alpay, Barbara Boakye-Yiadom, Mona Alten, Justine Menten

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Montag, 6. Mai 2013 Nachdem wir pünktlich um 6 Uhr in Koblenz los gefahren sind, dauerte die Fahrt nach Oświęcim circa 15 Stunden. Gegen 21.30 Uhr kamen wir in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim an. Dort erhielten wir zunächst noch unser Abendessen und konnten anschließend die Zimmer belegen.

Eingangsbereich der Internationalen Jugendbegegnungsstätte

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Dienstag, 7. Mai 2013 Am Vormittag gingen wir zu Fuß zur Gedenkstätte des ehemaligen Stammlagers Auschwitz. Bei einer dreistündigen Führung wurden uns die Lebensbedingungen im Konzentrationslager erläutert und wir erfuhren eindrucksvoll durch eine Vielzahl

an

Gegenständen

und

Dokumenten,

wie

schwierig

sich

die

Lebenssituation der Insassen gestaltete.

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz

Die weiße Rose – ein Symbol der Erinnerung

Am Nachmittag erhielten wir eine Einführung in die Arbeit der Aktion Sühnezeichnen, Friedensdienste e.V. sowie in die Geschichte der Internationalen Jugendbegegnungsstätte. Später besuchten wir das jüdische Zentrum und die Synagoge in Oświęcim und nahmen an einer Stadtführung teil, bei welcher wir beispielsweise den ehemaligen „Adolf-Hitler-Platz“ sowie das Gelände der ehemaligen größten Synagoge von Oświęcim besichtigten.

Rundgang durch die Altstadt von Oświęcim mit Besuch der Synagoge

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Mittwoch, 8. Mai 2013 An diesem Tag sollten unsere Erhaltungsarbeiten auf den Geländen der beiden Gedenkstätten

beginnen.

Wir

gingen

zunächst

zu

Fuß

zum

ehemaligen

Stammlager und begannen dort mit dem Kehren von zwei großen Parkplätzen. Alle waren motiviert und zeigten großen körperlichen Einsatz.

Führung im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz – Birkenau Nachmittags hatten wir eine dreistündige Führung auf dem Gelände von Birkenau, bei welcher wir unter anderem die ehemaligen Baracken, die Judenrampe und die Überreste der Krematorien sahen. Da es während der Führung ein starkes Gewitter gab, mussten wir uns in den Räumlichkeiten der ehemaligen „Sauna“ (Gebäude zur Reinigung der arbeitsfähigen Häftlinge) unterstellen. Dort feierten Besucher aus Israel einen jüdischen Gottesdienst, an welchem wir teilnahmen. Leider verstanden wir kaum etwas, da dieser auf 12

Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Hebräisch war. Jedoch hörten wir die Namen ehemaliger Konzentrations- und Vernichtungslager heraus. Unsere Führerin erklärte uns zudem, dass das jüdische Totengebet „Kaddisch“ gebetet wurde.

Gedenkstein in deutscher Sprache zur Erinnerung an die Ermordeten in Auschwitz-Birkenau

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Donnerstag, 9. Mai 2013 An unserem dritten Tag in Oświęcim arbeiteten wir vormittags vor dem Gelände der Gedenkstätte in Birkenau und erhielten den Auftrag Erde auf einer länglichen Fläche an der Bushaltestelle auszuheben. Erhaltungsarbeiten in Auschwitz-Birkenau

Am Nachmittag hatten wir ein Gespräch mit einem ehemaligen Insassen des Vernichtungslagers Birkenau Herrn Prof. Dr. W. Dlugoborski. Der polnische Professor ist einer der letzten deutschsprachigen Zeitzeugen, die in der Nähe des

ehemaligen

Konzentrations-und

Vernichtungslagers

Auschwitz

leben.

Dlugoborski erzählte von den schrecklichen Lebensbedingungen im Lager und wie ihn letztlich eine schwere Krankheit rettete, da er danach im Krankenbau unter besseren hygienischen Bedingungen arbeiten durfte. Für alle Teilnehmer war dieser Nachmittag sehr beeindruckend und bewegend. Fotos sind in dem später folgenden Unterpunkt „Zeitzeugengespräch“ ab Seite 24 zu finden. 14

Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Freitag, 10. Mai 2013 An unserem vorletzten Tag setzten wir die Arbeit vom Vortag vor dem Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers Birkenau fort und hoben die Fläche mit Spitzhacke, Spaten und Schaufel tiefer aus. Auch heute zeigten alle Jugendlichen und Lehrer großen körperlichen Einsatz um die Arbeit gut zu beenden..

Nachmittags hatten wir mit der Bildungsreferentin der Jugendbegegnungsstätte einen Workshop, bei welchem wir mit Hilfe von Bildern und Fotos unsere Erfahrungen und Eindrücke der vergangenen Tage Revue passieren ließen und über das Erlebte und Bewegende sprachen. Abends gingen wir gemeinsam zunächst in die Altstadt von Oświęcim, bevor wir an einem Konzert in unserer Unterkunft teilnahmen.

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Workshop zur Auswertung der Gedenkstättenfahrt „Bilder im Kopf“

Viele Eindrücke und bewegende Erlebnisse aus den vergangenen fünf Tagen konnten durch den Workshop aufgearbeitet und gemeinsam reflektiert werden. Mit Hilfe der ausgewählten Bilder und der sich daran anschließenden Partnerarbeit gelang es uns, individuelle Momente in Worte zu fassen und für unsere Mitschüler darzustellen. Insgesamt war es spannend zu erfahren, wie andere die Woche erlebt haben und, welche Erlebnisse, bzw. Bilder sie besonders beeindruckt hatten.

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Samstag, 11. Mai 2013 Am vorletzten Tag fuhren wir nach Krakau. Dort erhielten wir zunächst eine Stadtführung durch das ehemalige jüdische Viertel Kazimierz und die Altstadt von Krakau. Unter anderem sahen wir einige Synagogen, einen Drehort des Kinofilms „Schindlers Liste“, das Stadtschloss, die Marienkirche und die berühmten Tuchhallen. Bevor wir jedoch zurück nach Oswiecim fuhren, erhielten alle

die

Möglichkeit

ausgiebig

Mitbringsel

und

das

eine

oder

andere

Kleidungsstück zu kaufen. Gegen 20 Uhr kamen wir wieder in Oswiecim an und gestalteten den letzten gemeinsamen Abend. Stadtführung durch Krakau

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz

Original-Schauplatz zu den Dreharbeiten von Schindlers Liste

Wavelschloss

Hauptmarkt mit Marienkirche

Krakauer Tuchhallen

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Sonntag, 12. Mai 2013 Nun hieß es wieder früh aufzustehen, bereits um viertel nach sechs zu frühstücken und pünktlich um sieben Uhr zurück nach Koblenz aufzubrechen. Leider hatten wir einige Staus und kamen erst spät in Koblenz an. Dennoch konnten wir auf eine spannende und sehr bewegende Fahrt zurück blicken und uns mit unzähligen Eindrücken verabschieden.

„Derjenige, der sich an Geschichte nicht erinnert, wird verpflichtet, sie wieder mitzuerleben“ (George Santayana)

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Das Zeitzeugengespräch Waclaw Dlugoborski geboren 1926 in Warschau Häftlingsnummer 138871 Auschwitz II - Birkenau

Bereits am Vorabend haben wir gemeinsam viele Fragen vorbereitet, die wir Herrn Dlugoborski stellen wollten und die uns, insbesondere nach den bewegenden Erlebnissen in Auschwitz und Birkenau, sehr interessierten. Zunächst berichtete er ausführlich über seinen Werdegang und im Anschluss bekamen wir die Möglichkeit offen gebliebene Fragen zu stellen. Herr Dlugoborski kämpfte als Jugendlicher im polnischen Widerstand gegen die deutschen Besatzer. Am 3. Mai 1943 wurde er (damals 17 Jahre alt) mit einer Gruppe

jugendlicher

Widerstandskämpfer

beim

Wartungstraining

von

Maschinengewehren in einer Privatwohnung von der Gestapo überrascht und verhaftet. Er verbrachte 4 Tage im Keller der Gestapo Zentrale in Warschau, eingesperrt in eine Art Käfig. Von dort kam er in das polnische Zentralgefängnis „Paviak“, wo er von den Besatzern 4 Monate lang festgehalten wurde. Er hatte keinerlei Möglichkeit mit seiner Familie Kontakt aufzunehmen. Seine Eltern wussten also nicht, wo er ist und ob er noch lebt. Herr Dlugoborski erzählte, dass es sein Glück war, noch so jung gewesen zu sein. Denn die Gestapo wusste, dass die Jugendlichen keine besonderen Informationen und auch noch keine besondere Ausbildung hatten – insofern konnte man von ihnen nichts Neues erfahren. Darum wurde er auch während der Zeit im Gefängnis und während der Verhöre nicht geschlagen oder gefoltert. In diesem „Paviak“ hat Herr Dlugoborski in der Tischlerei gearbeitet. Dort entwendete er 20

Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz einen kleinen Meißel, eine kleine Säge und einen kleinen Hammer. Diese Werkzeuge versteckte er in seiner weiten Hose. Am 28. August 1943 wurde er nach Auschwitz verlegt. Dank seiner Arbeit im Widerstand

wusste

er

einiges

über

Auschwitz.

Er

wusste

um

die

Lebensbedingungen dort und er wusste von den Tötungen. Er erzählte, im Untergrund habe es sehr genaue Informationen über Auschwitz gegeben. Auch hatte er einen Onkel, der Geologe war, 1940 verhaftet wurde und nach Auschwitz kam. Dieser wurde jedoch ein Jahr später wieder frei gelassen, weil er für die Nazis in den Karpaten (einem Gebirge) nach Öl suchen sollte. Dieser Onkel hatte schon viel über das Vernichtungslager Auschwitz berichtet. Insofern seien er und seine Freunde auf Auschwitz gut vorbereitet gewesen. Sie wussten, was sie erwartete. In dem Waggon, der sie nach Auschwitz brachte waren ca. 15 Bauern und 30 Widerstandskämpfer. Mit seinem Werkzeug wollten Herr Dlugoborski und seine Freunde den Boden des Waggons aufsägen, um zu fliehen. Die Bauern jedoch wollten das nicht. Sie kamen vom Land, hatten bis dahin ein gutes Leben, hielten sich für unschuldig und dachten, sie kämen nach Deutschland, um in der Landwirtschaft zu arbeiten. Sie hatten keine Ahnung von den Vorgängen in Auschwitz und konnten sich auch nicht vorstellen, dass dort Vernichtung betrieben würde. So gelang ihnen durch die fehlende Unterstützung der Bauern kein Fluchtversucht. In Auschwitz angekommen wurden Herr Dlugoborski, seine Freunde und die Bauern auf der Rampe selektiert. Sie wurden alle zum Arbeitsdienst eingeteilt. Ihnen wurde alles weggenommen. Sie wurden geduscht, am ganzen Körper rasiert, ihnen wurde eine Nummer eintätowiert (die er uns später auch zeigte) und Kleidung wurde ausgeteilt. Doch auch hier hatten sie wieder etwas Glück: Die gestreiften Lageranzüge waren ausgegangen. Es gab zu viele Inhaftierte im

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Lager. So bekamen sie Kleidung von ermordeten Juden. Diese Kleidung war gut und warm und schützte sie im Winter gut vor der Kälte im Lager. Zunächst wurden sie alle einer Quarantänebaracke zugeteilt. Hier schliefen sie auf Pritschen ohne Stroh oder Decken, bekamen sehr spärliches Essen und mussten jeden Tag schwer und lange arbeiten. Sie schleppten Steine für den Straßenbau. Diese Arbeit wurde von SS-Leuten überwacht. Sie wurden geschlagen, misshandelt und gequält. Viele Freunde, ältere Menschen und auch die Bauern hielten diese Strapazen nicht lange aus. Sie wurden krank und viele starben schon bald. Nach der Quarantäne wurden die Übriggebliebenen auf verschiedene Baracken verteilt. Jetzt erst konnte Herr Dlugoborski Kontakt zu seiner Familie aufnehmen. Viel durfte er nicht schreiben (jeder Brief wurde kontrolliert) aber die Eltern wussten, dass er lebte und sie durften ihm Lebensmittelpakete schicken. Die Lebensmittelpakete, die nun erlaubt wurden, beschreiben eine Wende des Krieges. Die Deutschen verloren zunehmend Schlachten und es mangelte an Arbeitskräften in den Fabriken für Kriegsmaterial und anderswo. Darum wurden die KZ-Häftlinge plötzlich gebraucht. Ab dem Frühjahr 1944 wurden die Bedingungen für „arische“ Häftlinge in den KZs besser. Bis dahin wurden sie durch schwere Arbeit und schlechte Lebensbedingungen vernichtet. Die Verbesserungen galten jedoch nicht für jüdische Häftlinge!!! Für jüdische Häftlinge galt weiter die Selektion an der Rampe und im Lager. Die Selektion im Lager war ungleich schlimmer, weil, wer schon im Lager lebte, genau wusste, was in den „Duschen“ und in den Krematorien passierte. Herr Dlugoborski berichtete von ganzen Transporten jüdischer Gefangener, die gar nicht selektiert wurden, sondern direkt in die Gaskammern gehen mussten. Seine Arbeit nach der Quarantäne war zunächst die Ordnung der Magazine (im sogenannten Kanada-Lager). Die Kleidung und Besitztümer, die den Juden abgenommen wurden, mussten verladen, geordnet und katalogisiert werden. 6 22

Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Monate später wurde er der Kanalreinigung zugeteilt. Hier mussten täglich die Latrinen geleert und gesäubert werden. Bei einer Entlausungsaktion im April 1944 (nach einer Typhusepidemie) durften die Häftlinge warm duschen, jedoch die Kleidung wurde mit kaltem Wasser desinfiziert und musste nass wieder angezogen werden. Hierbei zog sich Herr Dlugoborski eine Lungenentzündung zu, die ihn fast tötete. Nur durch die Hilfe von Freunden und Kollegen überlebte er. Danach konnte er keine schwere Arbeit mehr leisten und er wurde einer Genesungsbaracke zugeteilt. Hier hatte er ein eigenes Bett mit einer Bettdecke. Die Arbeit allerdings war gefährlich. Er kam mit den unterschiedlichsten Infektionskrankheiten in Kontakt und seine Aufgabe war es auch, Leichen zu transportieren. Gleichzeitig gab es keine Möglichkeiten der Desinfektion und zum Waschen stand nur kaltes Wasser zur Verfügung. Doch insgesamt war diese Arbeit körperlich nicht ganz so schwer wie beispielsweise das Reinigen der Latrine oder Bauen von Straßen. In den Wirren der letzten Kriegstage gelang ihm, ausgestattet mit Kleidung und Mützen ermordeter Juden, mit einigen Kollegen die Flucht. Während der Flucht traf er glücklicherweise auf eine polnische Familie, die ihn und seine Kollegen im Keller versteckten bis die russische Armee im Januar 1945 Auschwitz erreichte und das Lager befreite. Er fand seine Eltern wieder, studierte und wurde Professor für Wirtschaftsund Sozialgeschichte in Polen. Auf Fragen der Jugendlichen, ob er von medizinischen Versuchen des Doktor Mengele wüsste oder ob er Verletzungen, Qualen, Misshandlungen ertragen musste, erwidert Herr Dlugoborski: Ja, das habe er erlebt, doch seien diese Fakten zu grausam, um sie Jugendlichen zu erzählen. Auf die Frage, ob er heute unter Albträumen leide, erzählt er, dass er nicht träume. Es sei ihm gelungen, mit diesem Thema abzuschließen. Nach dem Ende des Krieges habe er jedoch 25 Jahre das Vernichtungslager Birkenau nicht mehr 23

Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz betreten um diesen Teil seiner Geschichte zu vergessen. Erst viele Anfragen für Zeitzeugengespräche waren nötig, dass er das Gelände wieder betrat und seitdem regelmäßig Menschen über seine Erlebnisse berichtet.

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Eindrücke der Schülerinnen und Schüler: Rückblick auf die Projektfahrt

1)

Was hat dich am meisten beeindruckt und bewegt?

„Am meisten beeindruckt hat mich, wie die Menschen schlafen mussten.“ „Dieser riesige Berg an Haaren bei der Führung in Auschwitz.“ „Mich hat am meisten beeindruckt, dass sich der Zeitzeuge noch an so viel erinnern konnte.“ 2)

Warum hat dich dies bewegt und beeindruckt?

„An den Haaren konnten wir erkennen, wie viel die Menschen durchgemacht und gelitten haben.“ „Der Zeitzeuge war so beeindruckend, weil es so interessant war zu erfahren, wie er ins Konzentrationslager kam.“ „Erst so konnte ich mir richtig vorstellen, dass auch Kinder im KZ waren und, wie viele Menschen gestorben sind.“ 3)

Welche Bilder hast du nach der Fahrt im Kopf?

„Der Berg an Haaren, die vielen Koffer und Schuhe in Auschwitz.“ „Die unzähligen Fotos der Häftlinge an den Wänden.“ „Der Weg der Häftlinge von der Judenrampe in die Gaskammern.“ „Die Spielzeuge der Kinder, die ihnen die Nazis weggenommen haben.“

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz 4)

Was hast du Neues erfahren und gelernt?

„Ich habe erfahren, dass ich so etwas nie erleben möchte.“ „Ich habe erfahren, dass die Menschen teilweise mehr als zwölf Stunden arbeiten musste.“ „Ich habe teilweise erfahren, wie grausam die Versuche von Dr. Mengele an den Kindern und Zwillingen waren.“ 5)

Was hat die Woche in Auschwitz insgesamt bei dir bewirkt und hat sich deine Einstellung zum Nationalsozialismus verändert?

„So etwas darf auf keinen Fall noch einmal passieren.“ „Vorher haben wir nur Bilder gesehen und Texte gelesen. Aber, wenn man das selbst sieht, sieht man erst, was alles passiert ist.“ 6)

Was denkst du über Menschen, die heute dem Nationalsozialismus nachtrauern und ausländerfeindlich sind?

„Sie sind einfach nur dumm und herzlos.“ „Die Menschen, die heute den Nazis anhängen, haben gar keine Ahnung, was in den Vernichtungslagern passiert ist.“ „Hätten sie das selbst erlebt, würden sie sicher nicht so denken.“ „Solche Menschen darf man heute überhaupt nicht unterstützen.“

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Impressionen Aus dem Vortreffen mit Herrn Pfarrer Stahl: dzień dobry do widzenia cześć dziękuję proszę bardzo przepraszam

dschen dobre do widsenja tscheschtsch dschengkuje prosche bardso pscheprascham

Guten Tag Auf Wiedersehen Hallo/Tschüss danke bitte sehr Entschuldigung

-> Diese Karte erhielt jeder Teilnehmer von Herrn Stahl und sie kam an vielen Stellen zum Einsatz. Danke!

Weitere Fotos der Fahrt

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Und neben dem ernsten Thema gab es auch Phasen, wo wir einfach mal viel gelacht haben 

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Projektfahrt der beiden Koblenzer Förderschulen nach Auschwitz Wir sagen DANKE! Ein großes Dankeschön gilt all jeden, die unsere Fahrt finanziell, aber auch von schulischer Seite ermöglicht haben. Nur so konnten wir dieses große Projekt durchführen und unvergessliche sowie bewegende Momente in Polen erleben. Zunächst möchten wir uns bei beiden Schulleiterinnen der Hans-Zulliger-Schule und der Diesterweg-Schule bedanken. Ohne die Unterstützung und die durchgängige Hilfe von Frau R. Schneider und von Frau D. Konrath wäre vieles sicherlich schwieriger und teils unmöglich geworden. Danken sagen möchten wir auch all jenen, die uns finanziell und durch Treffen mit den beteiligten Jugendlichen unterstützt haben. Unser Dank gilt: -

Herrn Superintendent Pfarrer Rolf Stahl und der evangelischen Kirchengemeinde

Koblenz-Lützel

zum

einen

für

die

finanzielle

Unterstützung, zum anderen für das Vorbereitungstreffen -

Herrn MdL Nils Wiechmann für die Herstellung vieler Kontakte und seinem persönlichen Einsatz

-

Herrn MdL Andreas Biebricher und dem Verein „Ein Licht für Koblenz“

-

der Firma Zahntechnik Kimmel und ihrem Verein „Bildung ist Gold wert“

-

der Stiftung Jugend der Sparkasse Koblenz

-

der Lotto Rheinland-Pfalz Stiftung

-

Herrn Peter Gentzik

-

dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz

-

der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.

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