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© wetterfotografie.de/Bastian Werner Schwergewitter in Europa – innovative Wege für Risikovorsorge und -management Image: Walter Geiring / Picture Al...
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Schwergewitter in Europa – innovative Wege für Risikovorsorge und -management Image: Walter Geiring / Picture Alliance

Dr. Eberhard Faust Head of Research - Climate Risks and Natural Hazards 29 March 2017

Globale Mitteltemperatur und bodennahe Feuchte

gegenüber dem Mittel der Periode 1901-2000

Konsequenz: Bodennahe (spezifische) Feuchte - nahm

16 der 17 wärmsten Jahre fallen auf die Periode 2001-2016

über vielen Landgebieten signifikant zu.

Globale Mitteltemperatur – Abweichungen

Trend 1973-2012

0,94°C Abweichung vom Mittel 1901-2000.

Quelle: Munich Re, 2017

Signifikante Zunahme der bodennahen spezifischen Feuchte in Europa Quelle: Munich Re, basierend auf Daten des NCEI (National Centers for Environmental Information)/NOAA.

Quelle: Willett et. al. (2013), Clim. Past, 9, 657–677

Schwergewitter in Europa 1980 – 2015: Trends bei der Gewitterenergie und Jahresschäden

Quelle: Munich Re, 2017

Gewitterenergie (90. Perzentil): positive Trends (1978 - 2009) an den meisten Radiosonden-Stationen in Europa (rot gefüllte Kreise). Quelle: Mohr und Kunz, 2013, Atmos. Res., 123, 211-228

Munich Re NatCatSERVICE, 2017

Inflationsbereinigt mittels landesbezogenem Verbraucherpreisindex (in EUR). Normalisierung unter Berücksichtigung lokaler BIP-Entwicklungen (in EUR).

Überschwemmungen in Deutschland seit 1980 Anzahl der Schadenereignisse Anzahl

reine Überschwemmungen

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Quelle: Munich Re, 2017

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Überschwemmungen in Deutschland seit 1980 Anzahl der Schadenereignisse Anzahl

reine Überschwemmungen

"nasse" Unwetter

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Zunahmen sind durch immer besseres Reporting der kleineren Ereignisse mitbestimmt.

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Quelle: Munich Re, 2017

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Sturzflut-Ereignisse Mai/Juni 2016

Mai/Juni 2016, Schwerpunkt Süddeutschland: Gesamtschäden (D): 2,5 Mrd. € Versicherte Schäden (D): 1,2 Mrd. € Tote (D): 11 Artikel dazu im Topics Geo: https://www.munichre.com/topicsonline/en/2017/topics-geo/rainstormsover-europe Siehe auch im Anschluss an diese Präsentation.

Abweichung der jährlichen Anzahl Niederschlagsrekorde vom erwarteten Verlauf bei stationärem Klima [%]

Nördliche/Mittlere Breiten Jahr

Sommer Mai bis Sep

[%]

[%]

Europa: Niederschlagsrekorde im Winter- und Sommerhalbjahr haben gegenüber einem stationärem Klima signifikant zugenommen ↔ Änderung klimatischer Bedingungen! Quelle: Lehmann et al., 2015: Increased record-breaking precipitation events under global warming. Climatic Change, 10.1007/s10584-015-1434-y.

Extremniederschläge in mittlern und nördlichen Breiten Europas häufiger im Frühjahr (daneben auch im Winter und Herbst) Änderung des 20-jährlichen Extremniederschlags im Sektor mittlere und nördliche Breiten Europas 1950 – 2010 (rote Markierungen) Frühjahr 5-Tage-Niederschlag

Frühjahr Tagesniederschlag





● ●







Source: Van den Besselaar et al., 2013, Int.J.Clim.







Clustering in Deutschland – Aufeinander folgende Tage mit Starkniederschlägen

Cluster von 2 – 5 aufeinanderfolgen den Tagen mit Starkniederschlag in Deutschland haben zugenommen, für längere Cluster ist das nicht evident.

Quelle: Piper et al., 2016, NHESSD, doi:10.5194/nhess-2016-275

Projektion von Starkniederschlag

Periode 2016-2035 minus Referenzperiode1986-2005 (SRES A1B) Jun - Aug Dez - Feb Mitteleuropa: Zunahmen im Sommer und Winter bis zu ~10%

Quelle. IPCC, Fifth Assessment Report, WG1, Ch. 11

Besonderheiten extremer Sturzflutereignisse

Bei extremen Starkregen- und Sturzflutereignissen wie im Mai/Juni 2016: -

Verdolungen nicht mehr hydraulisch wirksam Verschlämmter Boden liegt vor Kanalisation spielt keine Rolle mehr Angemessene wasserbauliche Vorkehrungen in der Fläche nicht möglich bzw. wirtschaftlich.

Starkregengefahrenkarten – Beispiel mit eingezeichneten besonderen Risikoobjekten Wichtige Elemente: -Überflutungsausdehnung -Überflutungstiefe -relevante Fließgeschwindigkeit

Drei Intensitätsszenarien des Starkniederschlags: -selten (N ~30-jährlich, T=1h) -außergewöhnlich (N ~100-jährlich, T=1h) -extrem (N ~130 mm in 1h)

Szenario-abhängige örtliche maximale Fließgeschwindigkeiten sollten angegeben werden: >0,2 – 0,5 m/s; >0,5 – 2,0 m/s; >2,0 m/s Quelle: LUBW, 2016: Leitfaden Kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg (mit Verweis auf geomer GmbH als Ursprung der Karte).

Rolle der Öffentlichen Hand, Gebäudeeigentümer und Versicherungswirtschaft beim Risikomanagement

Öffentliche Hand

Gesamtrisiko

Private Gebäudeeigentümer

z.B. nachhaltige Raum- und Versicherungsschutz Bebauungsplanung, kann Prävention Entwässerungsdimensionierung, nicht ersetzen. Deiche, Retentionsflächen z.B. Gebäudeöffnungen gegen Starkregen und Oberflächenwasser schützen Verbleibendes Restrisiko absichern

Oder wird perspektivisch zunehmend teurer. Elementarschadenversicherung

Quelle: O. Hauner, Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft, 21.11.2016: Finanzielle Absicherung von Extremwetterereignissen und Naturkatastrophen.

Versicherung gegen Naturgefahren in Deutschland Sachversicherung 1. Sturmversicherung - Wind - Hagel

Ø-Versicherungsdichte: >80%

2. Elementarschadenversicherung - Überschwemmung - Rückstau - Starkregen - Erdbeben - Erdsenkung - Erdrutsch - Schneedruck - Lawinen - Vulkanausbruch

= Anteil der Gebäude, die gegen Schäden versichert sind.

Ø-Versicherungsdichte: 40 % (Hausrat: ca. 22 %) Quelle: GDV; Stand März 2017

Elementarschadenversicherung in Deutschland Gefährdungszonierung Überschwemmungsfrequenz GK 1 =

10-jährlich GK 2

GK 3

GK 4

ZÜRS = Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen der Deutschen Versicherungswirtschaft

Quelle: GDV, Institut für Ingenieurhydrologie, Angewandte Wasserwirtschaft und Geoinformatik

Deutschland-weite Zonierung des Starkregenrisikos – Ein laufendes Projekt der Versicherungswirtschaft und des Deutschen Wetterdienstes

Bundesweite Starkregenschaden - Daten aus ca. 10 Jahren gehen zu jedem Schadendatum regional kumuliert ein.

Ziel/Ergebnis: Deuschlandweite Karte, die die lokale Starkregengefährdung bzw. das entsprechende Risiko erkennen lässt.

Geländeformen wie Senken, Hänge, und Kuppen erklären lokale Verteilung der Schadenschwere. Lokale Verteilung von Häufigkeit und Intensität des Niederschlags gemäß RADARbasierter NiederschlagsReanalyse des Deutschen Wetterdienstes.

Quellen: GDV Naturgefahrenreport 2015, A.Vietor und A.Becker, Präsentation “Das Projekt Starkregen von GDV und DWD – ein Zwischenbericht”, 1.12.2016.

Zusammenfassung

-

Die Zunahme der bodennahen Temperatur bedingt die Zunahme der bodennahen Feuchte. Dies fördert Niederschlagsprozesse, im Sommer auch über Gewitter.

-

Die normalisierten Schäden aus Gewittern in Europa haben seit 1980 zugenommen.

-

Extreme Niederschlagsereignisse, manifest im Auftreten von Rekorden, nahmen in Europa signifikant gegenüber einem stationären Klima zu (Ausnahme: Südeuropa). Im Frühjahr nahm die Häufigkeit des früher 20-jährlichen Niederschlagsereignisses (19511970) bis 1990 – 2010 annähernd auf das Doppelte zu. Extremniederschläge mit Dauerstufen unter einem Tag nehmen zu. Starkniederschlagscluster von 2 – 5 Tagen Länge in Deutschland nehmen zu.

-

Unter fortgesetztem Klimawandel werden Starkniederschläge weiter zunehmen.

Zusammenfassung

-

Nach physischen Schutzmaßnahmen von Öffentlicher Hand und Gebäudebesitzern: Versicherungswirtschaft sichert das verbleibende Risiko ab. Überschwemmungsversicherung (EEV) hat in Deutschland durchschnittliche Versicherungsdichte von 40%, mit substanziellem Wachstum über die letzten Jahre. Bisher wird diese Risikovorsorge vor allem nahe der großen Flüsse und weniger in der Fläche angesichts der Starkregengefahr gesucht.

-

Bei Extremniederschlägen, für die in der Fläche keine wasserbaulichen Vorkehrungen mehr möglich sind, können Starkregengefährdungskarten und deren Einübung bei Verwaltung, Einsatzkräften und Bevölkerung die Gefahr für Leben und Gesundheit reduzieren. Das verbleibende wirtschaftliche Risiko kann durch eine Elementarschadenversicherung abgedeckt werden.

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Immer wieder Starkregen Eine lange anhaltende Großwetterlage mit Gewittern über Mitteleuropa verursachte von Ende Mai bis Mitte Juni heftige Niederschläge, die sowohl lokale Sturzfluten als auch groß­ flächige Überschwemmungen auslösten. Viele Orte wurden ohne Vorwarnung getroffen.

von Sophie Bachmair und Eberhard Faust

Europa Sturzflutserie 2016 2,4 Milliarden US$ – drittgrößter Überschwemmungsschaden in Deutschland Mehr als 30 Sturzflutereignisse in zwei Wochen in Deutschland Höchster Überschwemmungsschaden im Raum Paris seit 1910

Betroffen von den Unwettern in Europa waren ab dem 26. Mai 2016 zunächst Süd- und Mitteldeutschland, wo heftige Gewitter mit Hagel niedergingen. Am 29. Mai fiel in ­Teilen Baden-Württembergs deutlich mehr Regen als normalerweise im gesamten Monat. Vier Menschen kamen in plötzlich auftretenden Sturz­fluten ums Leben. Im Ort Brauns­bach wurde ein Großteil der Häuser beschädigt oder zerstört, ein namhafter Automobilhersteller der Region musste seine Produktion vorübergehend stoppen. Fast zeitgleich lösten Unwetter in den Benelux-Staaten und Frankreich Hochwasser aus, zunächst an kleineren Flüssen, später an der Loire und der Seine. In der Stadt Nemours südlich von Paris erreichte der Fluss Loing Rekordpegel. In Paris wurden der Louvre und das Musée d’Orsay geschlossen und Kunstwerke in höher gelegene Stockwerke verbracht. Vom 31. Mai bis 1. Juni folgten weitere Sturzfluten in Sachsen, Österreich und Bayern. Im niederbayerischen Simbach schwoll der gleich­namige Bach binnen weniger Stunden von

0,5 auf ungefähr 5 Meter an und überflutete etwa 5.000 Haushalte. Sieben Menschen starben. Auch danach kam es in ­Mitteleuropa, insbesondere Deutschland, in der ersten Juni-Hälfte noch wiederholt zu lokalen Schäden aus schweren Gewittern. Blockierende Wetterlage Die Überschwemmungen in Mitteleuropa beruhten auf einer besonderen Großwetterlage, die sich ungewöhnlich lang vom 27. Mai bis zum 9. Juni hielt. Sie war insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass das Band der schnellen Höhenströmung (Jetstream) eine Wellenform mit einem großen Bogen über Europa ausbildete, die dem griechischen Großbuchstaben Omega ähnelte (siehe Abbildung Seite 28). Innerhalb dieser sogenannten Omega-Lage bildeten sich unter dem Einfluss eines hochreichenden Tiefs über Deutschland und seinen Nachbarstaaten in labil geschichteter Luft zahlreiche Gewitter. Zugleich kam es im Bereich des zugehörigen

Munich Re Topics Geo 2016

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Katastrophenporträts

Omega-Lage verhindert Wetterwechsel Mittlerer Verlauf der polwärts über Europa aufgewölbten Schleife der schnellen Höhenströmung (Jetstream) über den Zeitraum 27. Mai bis 9. Juni 2016: Der Verlauf ähnelt dem griechischen Großbuchstaben Omega (Ω). Omega-Lagen halten sich ­hartnäckig und blockieren einen Wechsel der Wettersysteme.

Quelle: Munich Re, basierend auf NCEP/NCAR-Reanalyse-Daten

Bodentiefs Elvira zu großflächigen gewittrigen Niederschlägen im Nordosten und im Z ­ en­trum Frankreichs. Die lange Ver­weildauer ist ein typisches Merkmal von Omega-Lagen, da diese eine V ­ erlagerung von Wettersystemen von West nach Ost blockieren. In bestimmten Regionen hatte diese Blockierung weitreichende Folgen. So bildeten sich vom 28. Mai bis zum 5. Juni in Deutschland Tag für Tag Gewitter mit mindestens 50 Millimeter Niederschlag. Die Gewitter verlagerten sich kaum, sodass der gesamte Regen über jeweils wenigen Quadrat­kilometern niederging. An einigen Orten wurden Tagesniederschläge gemessen, die statistisch alle 200 Jahre auftreten. In Gebieten mit stärker geneigtem Gelände und Taleinschnitten, wie etwa in Braunsbach oder Simbach, führten diese extremen lokalen Regenmengen zu plötzlich auftretenden, verheerenden Sturzfluten. Für das Hochwasser an der Loire und der Seine konnte man basierend auf Frühwarnsystemen vorwarnen und mehrere Tausend Menschen in Sicherheit bringen. Milliardenschäden an Gebäuden

Auslöser von Sturzfluten Ausgangspunkt von Sturzfluten sind meist kleinräumige Gewitterzellen. Dabei gelangen warme und feuchte Luftmassen in große Höhe und kondensieren dort zu mächtigen Wolken. Solche Gewitterzellen können ­theoretisch überall auftreten. Wo genau sie sich entladen, ist so gut wie nicht vorhersagbar. Wie schnell, an welchen Orten und in welchem Ausmaß Starkniederschläge zu Sturzfluten und Überschwemmungen führen, hängt von den Eigenschaften des jeweiligen Einzugsgebiets ab. Faktoren, die einen gefährlich schnellen Abfluss des Oberflächenwassers begünstigen, sind steiles Gelände, geringes Wasserrückhaltevermögen der Landschaft durch einen hohen Anteil befestigter und bebauter Flächen, wassergesättigte oder verschlämmte Böden und eine geringe oder fehlende Vegetation. Sind nach wiederholten Niederschlägen die Böden völlig durch­nässt, können Hänge instabil werden, und es kann zu Erd­rutschen kommen. Aufgrund ihrer hohen Bewegungsenergie reißen die abfließenden Wasser­ massen abgeschwemmte Erde und Treibgut mit sich. Wenn dann Durchlässe von Bachläufen verstopfen, staut sich das Wasser vor dem Hindernis – gibt es nach, kommt es zu einer Flutwelle. Von allen ­Faktoren ist die extreme Niederschlagsmenge in kürzester Zeit aber der wichtigste.

28

Munich Re Topics Geo 2016

Der Gesamtschaden durch die Unwetter in Deutschland wird auf 2,6 Milliarden Euro geschätzt. Die versicherten Schäden betragen eine Milliarde Euro in der Sach- und 200 Millionen Euro in der Kfz-Versicherung. Bei den Sturzfluten waren für das Ausmaß der Gebäudeschäden nicht allein die Überschwemmungshöhe maßgeblich, sondern vor allem die Fließgeschwindigkeit und mit­ gerissene Bäume, Trümmer, Geröll, Geschiebe und Schlamm. Diese Variablen können allerdings nur schwer bei der Schadenmodellierung berücksichtigt werden. In Frankreich belief sich der versicherte Schaden durch die Flusshochwasser auf 1,2 Milliarden Euro. Davon entfielen etwas mehr als die Hälfte auf Wohngebäude, knapp ein Viertel auf Gewerbe, ein Sechstel auf Landwirtschaft und ca. ein Zwanzig­stel auf die Kfz-Sparte. 1.220 Kommunen waren betroffen, 175.000 Schä­den wurden gemeldet.

Braune Fluten tosen am 1. Juni 2016 nach mehrstündigem Gewitterregen durch den bayerischen Ort Simbach. Die Wassermassen reißen abgeschwemmten Boden, Geröll, Holz und vieles andere mit.

Munich Re Topics Geo 2016

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Katastrophenporträts

Änderungsrisiko Für die dreitägigen Niederschlagssummen, die zu den Überschwemmungen in den Einzugsgebieten von Seine und Loire geführt haben, wurden Wiederkehrperioden von deutlich mehr als 150 Jahren (Seine) und ca. 100 Jahren (Loire) berechnet. Eine Klimamodell-basierte Studie zeigte, dass die Wahrscheinlichkeit solcher Niederschlagsmengen in der Region gegenüber einer virtuellen Welt ohne Klimawandel bereits verdoppelt ist. Auch die Gewitter in Deutschland haben diverse Rekorde gebrochen. Noch nie seit Beobachtungsbeginn 1960 war in einer zusammenhän­ genden Gewitterperiode mit Stark­ niederschlagsneigung eine so große Fläche tatsächlich betroffen. Dieser Rekord ist auf die außerge­ wöhn­liche Dauer der Wetterlage zu­rückzuführen. Das entspricht einem Phänomen, das bereits in Topics Geo 2014 (Seite 35 ff.) dargestellt wurde: Immer häufiger werden im Sommerhalbjahr der Nordhalbkugel anhal-

tende Wetterlagen beobachtet, deren Auswirkungen durch die große Andauer einen extremen Charakter erhalten.

Treibgut und Überflutungsgebiete in bebauten Arealen bei vorgegebenen Extremniederschlags-Szenarien ausweisen.

Unwettergefahren frühzeitig ­erkennen

Anhand dieser Informationen können Evakuierungspläne erstellt werden und Einsatzkräfte sowie Anwohner entsprechende Übungen abhalten. Nach den Erfahrungen von 2016 in Europa sollte klar sein, dass extreme Niederschlagsmengen innerhalb kurzer Zeit an nahezu jedem Ort möglich sind. Eine Überschwemmungsver­ sicherung sollte daher auch weit abseits von Flüssen ein wesentliches Element der Risikovorsorge sein.

Der Sommer 2016 hat gezeigt, dass eine einzige Großwetterlage sowohl punktuelle Starkniederschläge mit Sturzfluten als auch flächige Niederschläge mit Flussüberschwemmungen auslösen kann. Bei extremen Niederschlagsmengen und Sturz­ fluten können Maßnahmen wie naturnaher Gewässerausbau, Reduktion der Versiegelung, Hochwasserschutzbauten oder höhere Kapazi­t ä­ ten bei Gewässerdurchlässen und Entwässerungssystemen im Rahmen realistischer Kosten-Nutzen-Kalküle kaum noch zu einer Verminderung möglicher Schadenfolgen beitragen. Zielführender für solche Extrem­er­ eignisse erscheint die Entwicklung von Gefährdungskarten, die für Gemeinden bevorzugte Abflusswege, wahrscheinliche Aufstauungen von

Sturzfluten und Flussüberschwemmungen unterscheiden sich Die Abfluss-Diagramme zeigen für zwei fiktive Beispiele die typischen Verläufe einer Sturzflut und einer Hochwasserwelle in einem Fluss. Bei Sturzfluten wird der maximale Abfluss sehr schnell erreicht und kann um einen zwei- bis dreistelligen Faktor höher sein als der normale Abfluss. In großen Flüssen steigt der Hochwasserabfluss dagegen allmählich an und erreicht selten mehr als das Zehnfache des Normalwerts. Absolut betrachtet sind Abflussscheitel und -volumen (schraffierte Fläche) eines Flusshochwassers um ein Vielfaches höher als bei einer Sturzflut. Bei einer Flussüberschwemmung werden große Flächen unter Wasser gesetzt. Sturzfluten hingegen reißen in geneigtem Gelände Geröll und Treibgut mit. m3/s

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