II, 1–99 (2014) c 2014
Physik und Elektrotechnik 1 ¨ Dr. Jurgen Bolik Technische Hochschule N¨urnberg
I DD
Ua V
5 4 3 2 1
0
1
2
3
4
5
Ue V
TH N¨urnberg
2
Inhaltsverzeichnis 1
2
3
Elektrizit¨at 1.1 Elektrostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Elektrische Ladungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Das elektrische Feld . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Spannung und Potential . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4 Kapazit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.5 Influenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.6 Energieinhalt eines homogenen elektrischen Feldes 1.1.7 Der Piezoelektrische Effekt . . . . . . . . . . . . 1.2 Gleichstr¨ome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Stromst¨arke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Der Ohmsche Widerstand . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Leistung elektrischer Str¨ome . . . . . . . . . . . . ¨ 1.3 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4 4 4 5 8 10 14 15 15 17 17 19 23 24
Grundbegriffe der Elektrodynamik 2.1 Kr¨afte im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Der Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Das Gesetz von Biot-Savart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Elektromagnetische Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Das Induktionsgesetz und die Lenzsche Regel . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Ein- und Ausschaltvorg¨ange bei einer Reihenschaltung von Ohmschen Widerstand und Spule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Magnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Wechselstr¨ome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Erzeugung von Wechselstr¨omen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2 Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.3 Elektromotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 2.7 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40 42 45 45 48 49 52
Halbleiter als elektronische Bauelemente 3.1 Energieb¨ander . . . . . . . . . . . . . 3.2 Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Eigenleitung . . . . . . . . . 3.2.2 St¨orstellenleitung . . . . . . . 3.3 Halbleiter-Elektronik . . . . . . . . . 3.3.1 Halbleiterdiode . . . . . . . . 3.3.2 Bipolartransistoren . . . . . . 3.3.3 Feldeffekttransistoren . . . . ¨ 3.4 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . .
56 56 58 58 60 62 62 67 74 83
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29 29 31 32 35 35
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¨ Einfuhrung in die Halbleiterschaltungstechnik 4.1 Emitterschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Aussagenlogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Logische Grundschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Komplement¨are MOS-Logik (CMOS) . . . . . . . . . . . . . 4.5 Der Halbaddierer als Beispiel einer digitalen Rechenschaltung ¨ 4.6 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
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84 84 85 87 91 94 96
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Elektrizit¨at
1.1 1.1.1
Elektrostatik Elektrische Ladungen
• Es gibt zwei Arten der Ladung. Wir sprechen von positiven und negativen Ladungen. Die Gesamtladung ist der Unterschied der Betr¨age der positiven und negativen Ladungen. Ist die Gesamtladung eines K¨orpers gleich Null, so ist er insgesamt elektrisch neutral. • In abgeschlossenen Systemen bleibt die Ladungsmenge erhalten. • Ladung kommt nur als ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung e = 1, 602 · 10−19 C (Coulomb) vor, ist also gequantelt. Ein Elektron hat die Ladung −e, ein Proton hat die Ladung +e. • Gleichnamige Ladungen stoßen einander ab, ungleichnamige Ladungen ziehen einander an. Historische Anmerkung Benjamin Franklin (∗ 17.01.1706, † 17.04.1790) • Luftelektrizit¨at • Prinzip der Ladungserhaltung • Erfindung des Blitzableiters Das Coulombsche Gesetz Zwischen zwei Punktladungen Q1 und Q2 wirkt die Kraft F~ =
1 Q1 Q2 ~er . 4π0 r2
Dabei bezeichnet 0 die Influenzkonstante 0 = 8, 8542 · 10−12 C 2 J −1 m−1 und ~er :=
~r . |~r|
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Anmerkung Das Coulombsche Gesetz in dieser Form l¨asst sich mit Hilfe des allgemeinen Coulombschen Gesetzes der Maxwell-Gleichungen, ~ = −1 div E 0 ρ und dem Integralsatz von Gauß, ZZ ZZZ ~ ~ ~ d3 x E · dA = div E ∂Ω
Ω
herleiten.
1.1.2
Das elektrische Feld
Elektrische Kr¨afte, die auch auftreten, wenn der K¨orper ruht, werden Coulomb-Kr¨afte genannt. Neben der Coulomb-Kr¨aften werden wir die Lorentz-Kraft kennenlernen. Diese Kr¨afte sind proportional zur Ladung Q des Probek¨orpers. Daher ist die Definition ~ ~ =F E Q der elektrischen Feldst¨arke sinnvoll.
x
E (x , y)
y
Abbildung 1.1 Elektrisches Feld einer Punktladung
Die Felder zweier Punktladungen erzeugen Dipolfelder. Dabei l¨asst sich die Kraft auf eine Probeladung als Summe der vektoriellen Coulomb-Kr¨afte hervorgerufen durch die einzelnen Punktladungen berechnen.
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Im Falle zweier gleichnamiger Punktladungen Q erhalten wir ein Potential U folgender Form:
1
F⃗P ,2
F⃗P
P F⃗P ,1
U ( x , y)
2
Abbildung 1.2 Potential zweier gleichnamiger Punktladungen
Sind die Punktladungen ungleichnamig und gleich ±Q, so ergibt sich ein Potential U der Form:
1
P F⃗P ,1 U ( x , y)
F⃗P ,2
F⃗P
2
Abbildung 1.3 Potential zweier ungleichnamiger Punktladungen
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~ tritt h¨aufig die Verschiebungsdichte D ~ auf. Im Vakuum Neben der elektrischen Feldst¨arke E gilt ~ = 0 E ~ D und in linearen, isotropen Medien ~ = 0 E ~. D Dabei ist • : Dielektrizit¨atskonstante • 0 : elektrische Feldkonstante, Influenzkonstante; 0 = 8, 8542 · 10−12 CV −1 m−1
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1.1.3
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Spannung und Potential
Bewegt sich eine Ladung Q zwischen zwei Punkten, zwischen denen die Spannung U herrscht, so wird dabei die Energie W =Q·U frei. In einem elektrischen Feld wirkt auf eine Punktladung Q eine Kraft F . Der Abstand zweier Punkte 1 und 2 betrage s. Ist F konstant, so bezeichnen wir die Gr¨oße U=
F ·s Q
als (Betrag der) Spannung zwischen den Punkten 1 und 2. Die SI-Einheit von U ist 1 V (Volt). Ferner gilt: 1 J = 1 C · V . Um die Arbeit, die gegen eine nicht notwendigerweise konstante oder in Bewegungsrichtung wirkend Kraft aufgebracht werden muss, zu berechnen, verwenden wir Z~r2 W12 = −
F~ · d~r = −Q
~ r1
Z~r2
~ · d~r . E
~ r1
Als Spannung zwischen den Punkten 1 und 2 bezeichnen wir Z~r2 U12 = −
~ · d~r . E
~ r1
Ist das Kraftfeld F~ konservativ, so existiert ein Potential U = U (x, y, z), so dass U12 = U2 − U1 , wobei Ui = U (xi , yi , zi ) . Ein Kraftfeld F~ heißt konservativ, wenn F~ nur von den Ortskoordinaten abh¨angt und zu F~ = F~ (x, y, z) eine Funktion V = V (x, y, z) existiert, so dass ∂V ∂V ∂V F~ = −grad V = −( , , ) ∂x ∂y ∂z gilt.
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Berechnen wir beispielsweise die Arbeit W , die bei beliebigen Verschiebungen einer Ladung q im Coulomb-Feld F einer Ladung Q verrichtet wird, so erhalten wir Zr2 W12 = −
qQ F (r) dr = − 4π0
Zr2
1 qQ 1 1 qQ 1 r2 · = ( − ) dr = r2 4π0 r r1 4π0 r2 r1
r1
r1
und Zr2 F (r) dr) = −
W1∞ = lim (− r2 →∞
qQ 1 . 4π0 r1
r1
Setzen wir U∞ = 0 , so folgt daher U (r) =
Q . 4π0 r
Abbildung 1.4 Punktladung
Kreisf¨ormige H¨ohenlinien des Potentials U einer
¨ Die Innenwand eines metallischen Hohlk¨orpers ist eine Aquipotentialfl¨ ache. Gibt es im Inneren dieses Hohlk¨orpers keine Ladungen, so ist dort U = const. und daher E = 0. Dieser Abschirmeffekt wird bei dem sogenannten Faraday-K¨afig eindrucksvoll deutlich.
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1.1.4
10
Kapazit¨at
Die Proportionalit¨at zwischen Spannung U und Ladungsmenge Q gilt nicht nur f¨ur Punktladungen, sondern f¨ur beliebige Ladungsverteilungen. Wir schreiben daher Q = CU mit einer Konstante C. Diese wird Kapazit¨at genannt. Die SI-Einheit von C ist 1 F (F arad) = 1
C . V
Eine gleichm¨aßig geladene und unendlich ausgedehnte ebene Platte mit der Fl¨achenladungsdichte σ erzeugt ein homogenes elektrische Feld der St¨arke E=
σ , 20
da der elektrische Fluss durch die geschlossene Fl¨ache ∂Ω um eine Platte ZZ ~ · dA ~ = 2AE φ := E ∂Ω
¨ bereinstimmt, wobei A der Fl¨acheninhalt einer nach dem Coulombschen Gesetz mit −1 0 Aσ u (approximierenden endlich ausgedehnten) Kondensatorplatte ist. Die elektrische Feldst¨arke zwischen den Platten eines Plattenkondensators betr¨agt demnach n¨aherungsweise E=
Q . A0
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+Q
−Q
Abbildung 1.5 Feldkomponenten eines Plattenkondensators
Mit U = Ed und C=
Q U
erhalten wir f¨ur die Kapazit¨at eines Plattenkondensators C = 0
A . d
Das elektrische Feld eine Plattenkondensators ist n¨aherungsweise homogen. Insbesondere in den Randbereichen der Platten weicht es davon allerdings ab.
+Q
−Q
Abbildung 1.6 Feld eines Plattenkondensators
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Das Feld eines Kugelkondensators ist hingegen radialsymmetrisch.
R2 −Q
+Q
R1
Abbildung 1.7 Feld eines Kugelkondensators
Es gilt C = 4π0
R1 R2 . R2 − R1
Historische Anmerkung Allesandro Volta (∗ 18.02.1745, † 05.03.1827) • Erfindung der Batterie • Q ∼ U im Kondensator
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Parallel- und Reihenschaltung von Kondensatoren Die Kapazit¨at parallel geschalter Kondensatoren addiert sich, so dass C = C1 + C2 , da Q = Q1 + Q2 = C1 U + C2 U = CU .
C1
C2
Abbildung 1.8 Parallelschaltung von Kondensatoren
F¨ur in Serie geschalteter Kondensatoren gilt C −1 = C1−1 + C2−1 , da U = U1 + U2 = Q(C1−1 + C2−1 ).
C1
C2
Abbildung 1.9 Reihenschaltung von Kondensatoren
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1.1.5
14
Influenz
Wird eine Punktladung vor eine im Ganzen ungeladene Metallplatte gebracht, so stehen die Feldlinien der Punktladung auf der Platte senkrecht, d.h. die f¨ur die Tangentialkomponente gilt ~t = 0 . E Zus¨atzlich verursachen die Influenzladungen an der Oberfl¨ache des Metalls einen Feldst¨arkesprung. Das f¨uhrt dazu, dass im Inneren des Metalls E = 0 ist. Die Kraftwirkung und die Feldlinien entsprechen dem Feld, das aus zwei Punktladungen besteht, wobei die Metallplatte die Symmetrieachse darstellt.
-
+
Abbildung 1.10 Feld einer Punktladung vor einer Metallplatte
Wird ein ungeladener Metallk¨orper einem elektrischen Feld ausgesetzt, so verzerrt er dieses durch die Influenzladungen.
-
+ + + + +
Abbildung 1.11 Influenzladungen auf einer Metallkugel
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Ber¨uhren sich zwei zun¨achst ungeladene Metallkugeln wie dargestellt in einem elektrischen Feld und werden dann getrennt, so tragen sie danach entgegengesetzt gleiche Ladungen.
-
+ + + + +
Abbildung 1.12 Influenzladungen auf sich be¨uhrenden Metallkugeln
1.1.6
Energieinhalt eines homogenen elektrischen Feldes
Die gesamte Arbeit f¨ur den Transport der Ladung Q betr¨agt ZQ W = 0
1 u dq = C
ZQ q dq =
1 Q2 1 = QU , 2C 2
0
wobei u = C −1 q ist und dq als infinitesimal kleine Ladung vorausgesetzt wird.
1.1.7
Der Piezoelektrische Effekt
Wird ein Isolator einem elektrischen Feld ausgesetzt, so verschieben sich die Ladungen und es entsteht eine mechanische Verschiebung. Umgekehrt kann eine mechanische Verschiebung Ladungen des Isolators so verschieben, dass ein elektrisches Feld entsteht. Das ist der Fall, wenn der Isolator eine polare Achse besitzt. Zu den wichtigen Piezokristallen z¨ahlen Quarz, Turmalin, Bariumtitanat BaT iO3 in tetragonaler Kristallform, Piezokeramiken mit Ti-Ionenverbindungen und NaK-Tartrat.
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Eine notwendige Voraussetzung f¨ur das Auftreten des piezoelektrischen Effekts ist die Existenz polarer Achsen.
A3
x
A1
y
A2
Abbildung 1.13 Kristallquerschnitt mit den drei polaren Achsen A1 , A2 , A3
In der Gleichgewichtslage gilt hier d~ := d~1 + d~2 + d~3 = 0 . Dabei sind di , i = 1, 2, 3, die eingezeichneten Abstandsvektoren. Eine Kompression des Kristalls f¨uhrt zu d~ 6= 0.
A3
A3
d⃗3
d⃗3
A1
d⃗1 ⃗ d =0
A1 d⃗2
d⃗1 ⃗ d
A2
d⃗2
A2
Abbildung 1.14 Piezoelektrische Verschiebung im Kristall
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1.2 1.2.1
17
Gleichstr¨ome Stromst¨arke
Fließt w¨ahrend einer Zeit 4t eine Ladungsmenge 4Q durch den Querschnitt eines Leiters, so sprechen wir davon, dass ein elektrischer Strom I fließt. Ist dieser zeitlich konstant, so definieren wir I=
4Q . 4t
Allgemein gilt I=
dQ . dt
Im SI-System ist die Einheit der Stromst¨arke: 1 A (Amp`ere) = 1
C . s
Die Kirchhoffschen Regeln Kirchhoffs Knotenregel: Pro Zeiteinheit muss an jedem Knoten die Summe der zugeflossenen Ladung gleich der Summe der abgeflossenen Ladung sein, d.h. X Ii = 0 . i
Kirchhoffs Maschenregel: Bei fester Umlaufrichtung ist die Summe aller Spannungsabf¨alle einer Masche gleich Null, d.h. X Ui = 0 . i
Begr¨undung: Wegunabh¨angigkeit der Potentialdifferenz Historische Anmerkung Gustav Robert Kirchhoff (∗ 12.03.1824, † 17.10.1887)
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Beispiel Um die Stromst¨arke in den Verzweigungspunkten eines Netzwerks zu bestimmen, betrachten wir Kirchhoffs Knoten- und Maschenregel.
I3 R3
I1
I2 R2
R1
I5 R5
U1
I4 R4
U2
R6 I6
Abbildung 1.15 Die Kirchhoffschen Regeln
Mit Hilfe des Maschenregel erhalten wir U1 − U2 = I1 R1 − I2 R2 , U2 = I2 R2 + I3 R3 + I5 R5 + I6 R6 , 0 = −I5 R5 + I4 R4 und mittels der Knotenregel −I1 − I2 + I3 = 0 , I4 + I5 − I3 = 0 , −I5 − I4 + I6 = 0 . Nehmen wir an, dass Ui , i = 1, 2, und Ri , i = 1, 2, ..., 6, gegeben sind, so bilden diese Gleichungen insgesamt ein lineares Gleichungssystem f¨ur die Variablen Ii ,i = 1, 2, ..., 6.
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1.2.2
19
Der Ohmsche Widerstand
Bei vielen Leitern, wie Metalldr¨ahten oder Elektrolytl¨osungen, l¨asst sich eine Proportionalit¨at zwischen dem Strom I, der durch den Leiter fließt, und der angelegten Spannung U feststellen. Der entsprechende Proportionalit¨atsfaktor heißt Leitwert. Dessen Kehrwert heißt Widerstand R. Das Ohmsche Gesetz lautet: R=
U . I
Die SI-Einheit von R ist 1Ω (Ohm) = 1
V . A
Ist der Ohmsche Widerstand homogen mit konstantem Querschnitt A und L¨ange l, so gilt R=
ρl . A
Die Gr¨oße ρ heißt spezifischer Widerstand des Materials. Dessen Kehrwert σ=
1 ρ
heißt elektrische Leitf¨ahigkeit. Jedoch gilt das Ohmsche Gesetz nicht f¨ur alle Leiter. Das zeigt sich bei Gasentladungsstrecken, wie Bogenlampen, Leuchtstoff- und Vakuumr¨ohren, und bei vielen Halbleiterbauteilen.
Spezifischer Widerstand ρ in 10−6 Ωm bei 18◦ C Silber Kupfer Aluminium Eisen Quecksilber Konstantan Quarzglas Porzellan Bernstein
0, 016 0, 017 0, 028 0, 098 0, 958 0, 50 5 · 1022 ≈ 1018 > 1022
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Die Stromdichte ~j ist mittels ZZ ~ ~j dA I= ~ = ~n dA und ~n die a¨ ußere Einheitsnormale der Fl¨ache A. definiert. Dabei ist dA Historische Anmerkung Andr´e-Marie Amp`ere (∗ 20.01.1775, † 10.06.1836) • Begriff der elektrischen Spannung und des elektrischen Stomes • elektrische Str¨ome erzeugen Magnetfelder Georg Simon Ohm (∗ 16.03.1789, † 06.07.1854)
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Serien- und Parallelschaltung Serien- oder Reihenschaltung • Durch in Reihe geschaltete Ohmsche Widerst¨ande fließt der gleiche Strom I. • Die Spannungen Ui an den Einzelwiderst¨anden addieren sich zu der Gesamtspannung U = U1 + U2 + .... + Un . • Daher betr¨agt der Gesamtwiderstand n
R=
X U = Ri . I i=1
R1
R2
Abbildung 1.16 Reihenschaltung Ohmscher Widerst¨ande
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22
Parallelschaltung • An parallelgeschalteten Widerst¨anden liegt die gleiche Spannung U . • Der Strom durch den Widerstand i betr¨agt Ii =
U . Ri
• Daher fließt insgesamt der Strom I = I1 + I2 + ... + In =
U U U + + ... + R1 R2 Rn
• und der Gesamtwiderstand der Schaltung betr¨agt n X 1 −1 U =( R= ) . I Ri i
R1
R2
Abbildung 1.17 Parallelschaltung Ohmscher Widerst¨ande
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1.2.3
23
Leistung elektrischer Str¨ome
Verschiebt sich eine Ladung Q zwischen zwei Orten mit Potentialdifferenz U , so wird dabei die Energie W = QU frei. Wird elektrische Energie in W¨armeenergie umgewandelt, so betr¨agt die W¨armeleistung P =
dW dQ =U· = UI . dt dt
Die SI-Einheit von P ist 1 W (Watt) = 1 V · A . Tritt der Ladungstransport zudem in einem Ohmschen Leiter auf, so gilt P = U I = I 2R =
U2 . R
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1.3
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¨ Ubungsaufgaben
Aufgabe 1 Zwei gleich große K¨ugelchen im Vakuum tragen die Ladungen Q1 = 24 µC und Q2 = −18µC. a) Wie viele u¨ bersch¨ussige Elektronen befinden sich auf der negativ geladenen Kugel? b) Mit welcher Kraft ziehen sich die beiden Kugeln bei 6 cm Abstand im Vakuum an? c) Mit welcher Kraft w¨urden sie sich bei 6 cm Abstand abstoßen, wenn sie vorher miteinander in Ber¨uhrung gekommen w¨aren?
Aufgabe 2 Vier freie, gleich große, positive Punktladungen Q befinden sich an den Eckpunkten eines Quadrats mit der Seitenl¨ange a. Welche Ladung m¨usste im Mittelpunkt des Quadrats angeordnet werden, damit das System aller Ladungen im Gleichgewicht ist? Aufgabe 3 Zur k¨unftigen Energiegewinnung wird beispielsweise versucht, jeweils zwei Atomkerne von ”schwerem” Wasserstoff (bestehend aus einem Proton mit einer positiven Elementarladung und einem ungeladenen Neutron) in den Anziehungsbereich der Kernkr¨afte von etwa 1, 5 · 10−15 m zu bringen, um die bei der Fusion freiwerdende Energie (4 MeV) zu nutzen. Ein Problem stellt dabei die Abstoßung der geladenen Kerne dar. a) 1 eV entspricht der Arbeit, um eine Elementarladung in einem Feld zwischen zwei Punkten zu u¨ berf¨uhren, zwischen denen eine Spannung von 1 V herrscht. Berechnen Sie diese Arbeit in J. b) Berechnen Sie die Arbeit, die n¨otig ist, um zwei solchen Kerne von 1 mm Abstand auf 1, 5 · 10−15 m zu bringen. c) Welche kinetische Energie und welche Geschwindigkeit muss ein Deuterium-Kern haben, damit er in den Bereich der Kernkr¨afte eines anderen Kerns kommen kann? d) Zeigen Sie, dass bei diesem Prozess insgesamt Energie frei wird.
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Aufgabe 4 Ein Kondensator bestehe aus kreisf¨ormigen Platten von je 25 cm Durchmesser. Er wird bei einem Plattenabstand von d = 2 mm auf eine Spannung U = 3 kV aufgeladen und dann von der Spannungsquelle getrennt. a) Welche Ladungsmenge befindet sich auf den Platten? b) Wie groß ist die elektrische Feldst¨arke im Inneren des Kondensators? c) Wie a¨ ndern sich die Ladung, Spannung und elektrische Feldst¨arke, wenn der Plattenabstand auf 1 cm vergr¨oßert wird?
Aufgabe 5 Gegeben ist folgende Schaltung
C1
C4
A
mit
B
C2
C3
C1 = C2 = 100 nF , C3 = C4 = 50 nF . a) Berechnen Sie die Gesamtkapazit¨at der Schaltung. b) Berechnen Sie die Spannung an C1 , wenn an den Anschluss B eine Spannung von 160 V gegen¨uber A angelegt wird.
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Aufgabe 6 Gegeben ist die folgende Kondensatorschaltung
C2 C1
A
B
C3
C4
mit C1 = 10 nF , C2 = 8 nF , C3 = 6 nF , C4 = 3 nF . a) Berechnen Sie die Gesamtkapazit¨at C zwischen den Anschl¨ussen A und B. b) Es werden zun¨achst alle Kondensatoren entladen. Dann wird die Spannung UAB = 1 kV angelegt. Welchen Ladungen Q1 , Q2 , Q3 , Q4 tragen danach die positiv geladenen Platten der einzelnen Kondensatoren?
Aufgabe 7 a) Ein Plattenkondensator mit unbekannter Kantenl¨ange soll die Kapazit¨at C = 70 pF haben. Dieser besteht aus zwei quadratischen Platten, die einen Abstand von d = 8, 0 mm aufweisen und sich im Vakuum befinden. Bestimmen Sie die Kantenl¨ange des Kondensators. b) Der Kondensator wird mit einem Netzger¨at mit U = 12 kV geladen und anschließend vom Netzger¨at getrennt. Wie ver¨andern sich die Ladung, Spannung und elektrische Feldst¨arke, wenn der Plattenabstand auf d = 32 mm vergr¨oßert wird? ¨ c) Berechnen Sie die mechanische Arbeit, die erforderlich ist, um diese Anderung des Plattenabstands wie beschrieben zu erreichen.
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Aufgabe 8 Gegeben ist folgender Gleichstromkreis
R1
U R2
R5 I4
R4 R6
R3
Dabei sei R1 + R2 = 100 Ω , R3 = 100 Ω , R4 = 50 Ω , R5 = 30 Ω , R6 = 40 Ω und U = 5V . a) Nennen Sie ein Bauteil, das als regelbarer elektrischer Widerstand eingesetzt werden kann. b) Berechnen Sie den Gesamtwiderstand Rges der Schaltung in Abh¨angigkeit von R2 . c) Berechnen Sie die am Widerstand R3 in W¨arme umgesetzte elektrische Leistung f¨ur den Fall, dass R2 = 70 Ω gew¨ahlt wird. d) Berechnen Sie I4 f¨ur den Fall, dass R2 = 70 Ω gew¨ahlt wird. e) Bestimmen Sie den Wert von R2 , wenn I4 = 10 mA ist.
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Aufgabe 9 Berechnen Sie I1 , I2 , I3 und I, mit Hilfe von Maschen- und Knotenregel, f¨ur folgende Schaltung
R
I3
R3
I2
R2
I1
R1
I
I
U
Dabei sei U = 10 V , R = 60 Ω, R1 = R3 = 100 Ω und R2 = 200 Ω .
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2 2.1
29
Grundbegriffe der Elektrodynamik Kr¨afte im Magnetfeld
W¨ahrend im elektrischen Feld auf eine Ladung q immer eine Kraft wirkt, wirkt im Magnetfeld auf die Ladung nur dann eine Kraft, wenn sich die Ladung bewegt. Diese Kraft wird als LorentzKraft bezeichnet. Sie betr¨agt ~. F~ = q~v × B ~ die magnetische Flussdichte. Ihre SI-Einheit lautet: Dabei bezeichnet B Vs N = 1 2 = 1 T (T esla) −1 Cms m Die Feldlinien des B-Feldes sind geschlossen. 1
⃗ B
N or
d
Sü d
⃗ B
Abbildung 2.1 Einstellung einer Magnetnadel
Ein Draht der L¨ange l mit dem Querschnitt A enth¨alt nlA Elektronen. Dabei bezeichnet n die Teilchenzahldichte. Daher wirkt auf den Draht im Magnetfeld die Kraft ~. F~ = −enlA~v × B Da f¨ur den Strom I = −envA gilt, l¨asst sich die Kraft auch folgendermaßen schreiben: ~. F~ = I~l × B Dabei kennzeichnet ~l neben der L¨ange des Drahtes auch die technische Stromrichtung.
TH N¨urnberg
30
Die Kraftwirkung auf eine stromdurchflossene Leiterschleife l¨asst sich folgendermaßen veranschaulichen:
I ⃗ B
I ⃗ F
I
z
x
y
Abbildung 2.2 Stromdurchflossene Leiterschleife im Magnetfeld
TH N¨urnberg
2.2
31
Der Hall-Effekt
Unter der Wirkung der Lorentz-Kraft werden die Ladungstr¨ager senkrecht zur Bewegungsrichtung und dem Magnetfeld abgelenkt. An den Seitenfl¨achen lagern sich entgengesetzte Ladungen an, deren Feld nach kurzer Zeit die Wirkung der Lorentzkraft aufhebt. F¨ur die Feldst¨arke dieses Querfeldes gilt ~ H = −e~v × B ~. eE
I
A
B d b
e
-
UH
z y x
Abbildung 2.3 Die Lorentz-Kraft und der Hall-Effekt
Weiterhin gilt EH · b = UH und I = j · A = j · bd = envbd , wobei N V die Ladungstr¨agerdichte bezeichnet. Demnach erhalten wir n=
UH = −bvB = − wobei RH :=
1 . en
1 IB IB = −RH , en d d
TH N¨urnberg
2.3
32
Das Gesetz von Biot-Savart
Nach dem Gesetz von Biot-Savart ~ = dH
Id~l × ~r 4πr3
ist das Magnetfeld orthogonal zur Ebene, die von den Vektoren ~r und d~l aufgespannt wird. Beispiele a) Magnetfeld eines geraden Leiters
I
r
z
y x
Abbildung 2.4 Magnetfeldlinien um einen geraden stromdurchflossenen Leiter
Die Feldst¨arke eines geraden Leiters betr¨agt H(r) =
I . 2rπ
H ( r)
0
r
Abbildung 2.5 Die radiale Abh¨angigkeit des H-Feldes
TH N¨urnberg
33
b) Magnetfeld eines Kreisstroms
z
y x
I
Abbildung 2.6 Magnetfeldlinien um einen Kreisstrom
Die Feldst¨arke einer kreisf¨ormigen Leiterschleife mit Radius r betr¨agt im Ursprung H(r) =
I . 2r
c) Feldst¨arke im Inneren einer langen Zylinderspule
I
Abbildung 2.7 Magnetfeldlinien um eine Spule
TH N¨urnberg
Die Feldst¨arke im Inneren einer langen Zylinderspule betr¨agt H = In , wobei n : Anzahl der Drahtwindungen/Meter wobei n=
N l
die Windungsdichte, N die Windungszahl und l die L¨ange der Spule bezeichnet. Im Vakuum gilt ~ = µ0 H ~ B und in linearen, isotropen Medien ~ = µµ0 H ~. B Dabei ist • µ: Permeabilit¨at • µ0 : magnetische Feldkonstante, Induktionskonstante; µ0 = 1, 2566 · 10−6 V sA−1 m−1
34
TH N¨urnberg
2.4 2.4.1
35
Elektromagnetische Induktion Das Induktionsgesetz und die Lenzsche Regel
Mit dem magnetischen Fluss ZZ ~ · ~n dA , φ := B S
wobei ~n die a¨ ußere Einheitsnormale der Fl¨ache A ist, l¨asst sich das Induktionsgesetz folgendermaßen schreiben: I ~ d~s = − ∂φ . U= E ∂t C
⃗ B
n ⃗
φ
A
Abbildung 2.8 Magnetischer Fluss durch eine Fl¨ache
Die Induktivit¨at L des Leiters ist definiert als φ = LI . Bei einer langen, leeren Spule tritt durch jede Windung der Fluss µ0 HA und durch die N Windungen der Fluss N2 φ = µ0 N HA = µ0 AI . l Daher hat die Spule die Induktivit¨at L = µ0
N2 A. l
TH N¨urnberg
36
Die SI-Einheit der Induktivit¨at lautet: 1H = 1
Vs . A
Variiert der magnetische Fluss φ zeitlich, so wird eine Spannung induziert. Das kann beispielsweise ¨ • durch Anderung des Magnetfeldes • oder durch eine Drehung der Fl¨ache geschehen. ¨ des Magnetfeldes Induktion durch Anderung U
⃗ B
Nord
Süd
Abbildung 2.9 Verschiebung eines Stabmagneten, Teil 1
TH N¨urnberg
37
U
⃗ B
Nord
Süd
Abbildung 2.10 Verschiebung eines Stabmagneten, Teil 2
Induktion durch Drehung einer Leiterschleife
U ⃗ B
v ⃗ v ⃗
Abbildung 2.11 Drehung einer Leiterschleife im Magnetfeld, Teil 1
TH N¨urnberg
38
⃗ B
U
I v ⃗ z
x
y v ⃗ I
Abbildung 2.12 Drehung einer Leiterschleife im Magnetfeld, Teil 2
Lenzsche Regel, (H. F. E. Lenz, 1855) Der induzierte Strom ist immer so gerichtet, dass sein Magnetfeld der Induktionsursache entgegenwirkt. So verursacht sie Bewegung eines Stabmagneten in einer Leiterschleife einen induzierten Strom, dessen Magnetfeld der Bewegung des Stabmagneten entgegenwirkt.
⃗ B
I Nord
Süd
Abbildung 2.13 Verschiebung eines Stabmagneten
Auch die Ver¨anderung der Fl¨ache A eines Leiters in einem Magnetfeld kann zu einer induzierten Spannung f¨uhren.
TH N¨urnberg
39
⃗ B
v ⃗
z
e
-
I
x
y
Abbildung 2.14 Induzierte Spannung in einem Draht
Historische Anmerkung Hans Christian Ørsted (∗ 14.08.1777, † 09.03.1851) • magnetische Wirkung des elektrischen Stroms Michael Faraday (∗ 22.09.1791, † 25.08.1867) • Drehung eines stromdurchflossenen Leiters im Magnetfeld • Elektromagnetische Induktion Joseph Henry (∗ 17.12.1797, † 13.05.1878) Nikola Tesla (∗ 10.07.1856, † 07.01.1943) • Mehrphasenwechselstrom • Funktechnik • Energie¨ubertragung
TH N¨urnberg
2.4.2
40
Ein- und Ausschaltvorg¨ange bei einer Reihenschaltung von Ohmschen Widerstand und Spule
Einschaltvorgang Wird der Schalter geschlossen, so gen¨ugt die Stromst¨arke I in dem abgebildeten Schaltkreis der Differentialgleichung U0 − LI 0 (t) = RI .
R
L
Abbildung 2.15 Einschaltvorgang
Die L¨osung dieser Differentialgleichung lautet I=
t U0 L (1 − e− τ ) , wobei τ := . R R
I (t ) I=
U I= 0 R
U0 t L
I=
L R
t U0 − ⋅(1−e τ ) R
t
Abbildung 2.16 Die Stromst¨arke I(t) nach dem Einschalten
TH N¨urnberg
41
Ausschaltvorgang Wird der Schalter ge¨offnet, so gilt RI + LI 0 (t) = 0 . Als L¨osung dieser Differentialgleichung erhalten wir t
I = I0 e− τ , wobei τ :=
L R
und I0 die Stromst¨arke vor dem Ausschalten bezeichnet.
TH N¨urnberg
2.5
42
Magnetisierung
Die Magnetisierung von Kristallen und Molek¨ulen wird durch mikroskopische Kreisstr¨ome verursacht. Diese Kreisstr¨ome beeinflussen die Flussdichte B, jedoch nicht die magnetische Feldst¨arke H. In magnetisierbarem Material gilt ~ = µ0 (H ~ + J~ ) , B mit der Magnetisierung J. Da die magnetische Suszeptibilit¨at χ mittels ~ J~ = χH definiert ist, folgt daher ~ = µ0 (1 + χ)H ~, B Setzen wir ein isotropes Medium voraus, so k¨onnen wir ~ = µµ0 H ~ B schreiben, wobei µ hier nicht notwendigerweise konstant ist. Somit gilt µ = 1 + χ.
Diamagnetismus Materialien, f¨ur deren Suszeptibilt¨at χ χ < 0 und |χ| 1 gilt, werden als diamagnetisch bezeichnet. Solche Stoffe erfahren in Magnetfeldern eine abstoßende Wirkung, d.h. eine Kraftwirkung in Richtung abnehmender Feldst¨arke.
Magnetische Suszeptibilit¨at χ in 10−6 Wismut Bi Gold Au Silber Ag Kupfer Cu Quecksilber Hg Wasser H2 O Stickstoff N2
−170 −30 −25 −10 −19 −9 −0, 06
TH N¨urnberg
43
Paramagnetismus Materialien, f¨ur deren Suszeptibilt¨at χ χ>0 gilt, werden als paramagnetisch bezeichnet. Im Gegensatz zu diamagnetischen Stoffen, werden paramagnetische Materialien in Richtung zunehmender Magnetfeldst¨arke gezogen.
Magnetische Suszeptibilit¨at χ in 10−6 Aluminium Al Platin P t Palladium P d Mangan M n Sauerstoff O2 fl¨ussiger Sauerstoff Luft
20 260 690 1000 1, 8 3600 0, 5
Ferromagnetismus Bei ferromagnetischen Materialien ist die Magnetisierung J und damit die Suszeptibilit¨at χ sehr groß. Außerdem ist χ von der Feldst¨arke H und der Vorgeschichte des Materials abh¨angig. J
JS
JR
HC HC
H
Abbildung 2.17 Hysterese der Magnetisierung
JS : S¨attigungswert der Magnetisierung JR : Remanenz-Magnetisierung HC : Koerzitivfeldst¨arke
TH N¨urnberg
44
W¨ahrend bei paramagnetischen Materialien die W¨armebewegung die Ordnung der ElementarSpinmomente u¨ ber große Temperaturbereiche stark st¨ort, kann die W¨armebewegung bei ferromagnetischen Stoffen die Ordnung dieser magnetischen Momente unterhalb einer bestimmten, relativ hohen Temperatur, der Curie-Temperatur TC , nicht in einem solchen Umfang aufheben. Beispielsweise betr¨agt die Curie-Temperatur f¨ur Eisen TC = 1017 K. Durch ein a¨ ußeres Magnetfeld bilden sich einheitlich magnetisierte Gebiete, die Weiss-Bereiche.
Abbildung 2.18 Schematische Darstellung der spontanen Magnetisierung
TH N¨urnberg
2.6 2.6.1
45
Wechselstr¨ome Erzeugung von Wechselstr¨omen
Die Drehung einer Leiterschleife innerhalb eines Magnetfeldes induziert in der Leiterschleife eine Spannung U .
U I ⃗ B
Abbildung 2.19 Drehspulgenerator
Durch die Leiterschleife der Fl¨ache A tritt der magnetische Fluss ~ ·A ~ = BA cos ϕ(t) , φ=B ~ ~n) ist. wobei ϕ = ](B,
TH N¨urnberg
46
⃗ B
φ
n ⃗
φ
Abbildung 2.20 Leiterschleife im Magnetfeld
Dreht sich die Leiterschleife mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω und gilt ϕ(t = 0) = 0, so wird in der Leiterschleife die Spannung U =−
∂φ = U0 sin(ωt) , wobei U0 := BAω , ∂t
induziert, wenn kein Kommutator verwendet wird. Wird an die Leiterschleife des Generators ein Kommutator angebracht, so ist es m¨oglich, die Spannung U = U0 | sin(ωt)| zu erzeugen. So wird pulsierender Gleichstrom, statt Wechselstrom erzeugt.
U
U0
0
T 2
T
3 T 2
2T
5 T 2
t
−U 0
Abbildung 2.21 Induzierte Spannung mit bzw. ohne Kommutator
Ist ω = const., so gilt ω=
2π = 2πν , T
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47
wobei T f¨ur die Schwingungsdauer und ν f¨ur die Drehfrequenz steht. Deren Mittelwert U¯ betr¨agt 1 U¯ = T
ZT 0
=
T
2U0 U0 | sin(ωt)| dt = T
Z2
T 2U0 1 2 sin(ωt) dt = (− cos(ωt)) T ω 0
0
2U0 T 2U0 2U0 (− cos(ω ) + 1) = ·2= . ωT 2 2π π
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2.6.2
48
Transformatoren
Mit Hilfe von Transformatoren kann die Wechselspannungsamplitude ver¨andert weden. Der Transformator besteht oft aus zwei Spulen unterschiedlicher Windungszahlen N1 und N2 , die durch ein hochpermeables Material verbunden sind. Damit die Wirbelstromverluste klein sind, muss auch die effektive Leitf¨ahigkeit des Spulenkerns klein sein. Außerdem nehmen wir an, dass sich die ohmschen Verluste der Spulen vernachl¨assigen lassen, sich das B-Feld phasengleich zum Strom I a¨ ndert und der Magnetfluss φ den Spulenkern nicht verl¨asst.
B
N1
U1
N2
U2 I2
I1
Abbildung 2.22 Transformator
An der Prim¨arspule liegt die Spannung U1 an. Nach Voraussetzung ist der Widerstand der Spule rein induktiv. Daher gilt ∂φ . ∂t Dabei steht φ f¨ur den Fluss durch eine Leiterschleife der Spule. U1 = N1
∂φ wiederum, induziert in der Sekund¨arspule die Spannung ∂t ∂φ U2 = −N2 . ∂t
Die Fluߨanderung
Somit erhalten wir f¨ur die Spannungstransformation U2 N2 =− . U1 N1
TH N¨urnberg
2.6.3
49
Elektromotoren
Der prinzipielle Aufbau eines Elektromotors entspricht dem eines Generators. W¨ahrend aber Generatoren einen Teil der Bewegungsenergie in elektrische Energie umwandeln, nutzen Elektromotoren elektrische Energie zur Erzeugung von Bewegungsenergie. Auf die bewegten Ladungstr¨ager wirkt im Magnetfeld die Lorentzkraft ~. F~ = q~v × B
⃗ B
I
+
-
Abbildung 2.23 Gleichstrommotor
Mit Hilfe eines sich mit dem Rotator drehenden Kommutators wird die Stromrichtung umgepolt. Auf die Leiterschleifen wird jeweils ein Drehmoment ~ = IA~n × B ~ M ausge¨ubt. Daher gilt ~ | = φI sin ϕ , wobei ϕ = ](~n, B) ~ . M = |M
TH N¨urnberg
50
⃗ M
⃗ B
F⃗ 2
F⃗1 φ n ⃗
F⃗1
F⃗ 2 n φ ⃗ ⃗ B
Abbildung 2.24 Drehmoment auf eine Leiterschleife
Da sich die mechanische Leistung durch Pmech = M ω und die elektrische Leistung durch Pel = U I berechnen l¨asst, erhalten wir f¨ur den Wirkungsgrad η eines Elektromotors η=
Mω . UI
Mittels der Bewegungsgleichung des Rotors θ
dω = M − ML dt
und den Kennlinien M = M (ω) l¨asst sich das Laufverhalten des Motors unter Last beschreiben. Dabei bezeichnet θ das Tr¨agheitsmoment des Rotors und ML das Lastmoment.
TH N¨urnberg
51
Gleichstrommotoren Der Spannungsabfall am Rotor ist gegeben als folgende Summe aus einem ohmschen und einem induktiven Spannungsabfall: Ur = Ir Rr + ωLIs , wobei die Indizes r und s f¨ur Rotor und Stator stehen. Rotor und Stator k¨onnen in Reihe (Reihenschluss- oder Hauptschlussmotor) oder parallel (Nebenschlussmotor) geschaltet werden.
Ir
I
Rr
Rr
Is
L
Rs
L
Rs
Abbildung 2.25 Reihenschluss und Nebenschluss
TH N¨urnberg
2.7
52
¨ Ubungsaufgaben
Aufgabe 1 Der Abstand zweier paralleler Leiter ist d = 20 cm. Sie werden vom gleichen Strom I = 10 A in gleicher Richtung durchflossen. Wie groß ist die magnetische Flussdichte zwischen den Leitern im Abstand von 5 cm von einem der Leiter? Aufgabe 2 Eine lange Zylinderspule mit der Windungszahl N = 20000, der L¨ange l = 80 cm und dem Radius r = 10 cm erzeugt bei einer Stromst¨arke von I = 0, 8A im Vakuum ein Magnetfeld mit der Flussdichte B. Eine zweite Zylinderspule mit der Windungszahl Ni = 500, der L¨ange li = 8 cm und dem Radius ri = 2 cm wird mit konstanter Winkelgeschwindigkeit, wie abgebildet, im Inneren dieser Feldspule um ϕ ∈ [0, 2π) gedreht. F¨ur eine solche vollst¨andige Drehung der Induktionsspule wird die Zeit T = 8 s ben¨otigt. F¨ur die Permeabilt¨at µ gelte µ = µ0 = 4π · 10−7 V sA−1 m−1 .
φ
⃗ B
a) Berechnen Sie den magnetischen Fluss durch die Induktionsspule f¨ur den Drehwinkel ϕ1 = π4 . b) Berechnen Sie die induzierte Spannung als Funktion der Zeit. c) Geben Sie den zeitlichen Mittelwert der induzierten Spannung f¨ur eine Drehung von ϕ = 0 bis ϕ = π2 an.
TH N¨urnberg
53
Aufgabe 3 Ein Elektron wird durch ein homogenes elektrisches Feld mit U = 2, 5 kV beschleunigt und wird dann durch ein von diesem elektrischen Beschleunigungsfeld r¨aumlich getrenntes, homogenes Magnetfeld mit B = 0, 15 T , das senkrecht zur Bewegungsrichtung wirkt, abgelenkt. a) Welche Kraft wirkt hier als Zentripetalkraft? b) Bestimmen Sie den Radius der Kreisbahn. e des Elektrons c) Beschreiben Sie einen Versuch, um die spezifische Ladung m zu messen und geben Sie die Messgr¨oßen an.
Aufgabe 4 Ein waagrechter Kupferstab (l = 10 cm) wird beidseitig durch Kupferschienen gef¨uhrt. Senkrecht zur Anordnung wirkt, wie abgebildet, ein homogenes magnetisches Feld mit B = 0, 01 T . Der Leiter wird durch einen Antrieb mit einer konstanten Geschwindigkeit von 2 ms nach rechts bewegt.
⃗ B
v ⃗
a) Ermitteln Sie die Richtung des Induktionsstroms. ¨ b) Berechnen Sie die zeitliche Anderung des magnetischen Flusses. c) Wie groß ist der Induktionsstrom, wenn die aus dem Stab und den Schienen bestehende Anordnung einen Ohmschen Widerstand von 4 · 10−4 Ω hat? d) Welche Leistung muss der Antriebsmotor mindestens aufbringen (Reibung vernachl¨assigt)?
TH N¨urnberg
54
Aufgabe 5 Nach Schließen des Schalters zur Zeit t = 0 fließe, f¨ur t ≥ 0, der Ladestrom t
I(t) = I0 · e− RC .
R U C
a) Berechnen Sie den zeitlichen Verlauf der Kondensatorladung Q(t), wenn Q(t = 0) = 0 gelte. b) Welcher Energieverlust tritt am Ohmschen Widerstand auf?
TH N¨urnberg
55
Aufgabe 6 Im Inneren zweier Spulen (N = 100, l = 0, 1 m, Durchmesser = 5 cm) befinden sich ein Stahlguss- und ein Gusseisenkern. Die Abbildung zeigt die magnetische Flussdichte im Inneren der Spulen in Abh¨angigkeit vom Spulenstrom.
B T
Stahlguss 1,4 1,0 0,8
Gusseisen 0,1 0
0,2
0,4
0,8
1,2
A
I
a) Wie groß ist die Magnetisierung des Gusseisenkerns bei I = 0, 4 A? b) Berechnen Sie die Permeabilit¨atszahl von Stahlguss bei I = 0, 2 A und I = 1, 2 A. Kommentar? c) Nach dem Abschalten des Spulenstroms wird der Stahlgusskern innerhalb von 0, 1 s mit konstanter Geschwindigkeit aus der Spule entfernt. Wie groß ist die induzierte Spannung?
Aufgabe 7 Ein idealer Transformator wird sekund¨arseitig durch einen Ohmschen Widerstand belastet. Bestimmen Sie die Stomst¨arke I1 im Prim¨arkreis in Abh¨angigkeit vom Leerlaufstrom I10 , den Windungszahlen N1 und N2 und der Stromst¨arke I2 im Sekund¨arkreis.
TH N¨urnberg
3
56
Halbleiter als elektronische Bauelemente
3.1
Energieb¨ander
Elektronen sind Fermionen, die in einem Kristall einer deutlichen Impulsunsch¨arfe unterliegen. Das f¨uhrt zum Auftreten von Energieb¨andern. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen Elektronen und Ionengitter. Das verursacht eine Aufspaltung der Energieniveaus in Energieb¨ander. Die Besetzung der Energieniveaus in den B¨andern mit Elektronen erfolgt so, dass die Gesamtenergie minimal ist. Das h¨ochste vollbesetzte Band heißt Valenzband. Elektrische Leitf¨ahigkeit erfordert bewegliche Ladungstr¨ager. Daher m¨ussen Elektronen ein unbesetztes und erreichbares Energieniveau finden. In voll besetzten Energieb¨andern ist hingegen kein Ladungstransport m¨oglich. Auf das Valenzband folgt ein nicht vollbesetztes Band, das Leitungsband. Dazwischen kann eine verbotene Zone, eine sogenannte Energiel¨ucke sein, in der keine Energieniveaus f¨ur Elektronen existieren. Die Anzahl der zur Verf¨ugung stehenden frei beweglichen Ladungstr¨ager ist abh¨angig von der Temperatur. Die Beweglichkeit h¨angt ab von • Gitterschwingungen • St¨orungen im Gitteraufbau • Wechselwirkung der Ladungstr¨ager
TH N¨urnberg
57
Metalle sind durch ein teilweise gef¨ulltes Leitungsband und eine hohe Konzentration frei beweglicher Ladungstr¨ager gekennzeichnet.
a)
b)
c)
d)
Abbildung 3.1 B¨anderschemata
a) Metall mit einem Valenzelektron (Alkalimetalle) b) Metall mit zwei Valenzelektronen (Erdalkalimetalle) c) Halbleiter d) Isolator
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3.2
58
Halbleiter
Halbleiter besitzen ein voll besetztes Valenzband und, bei tiefen Temperaturen, ein leeres Leitungsband. Dazwischen liegt die Energiel¨ucke. Bei tiefen Temperaturen sind Halbleiter Isolatoren. Bei hoher Temperatur k¨onnen die Valenzelektronen durch die thermische Energie die Energiel¨ucke u¨ berwinden. Beispiele: Si, Ge, ZnS, GaAs, SiC, Cu2 O 3.2.1
Eigenleitung
Es befinden sich frei bewegliche Elektronen im Leitungsband und daher frei bewegliche Elektronenl¨ucken im Valenzband. Die Anzahldichte n der Leitungselektronen betr¨agt n = n(T ) = n0 e−
WG −µ kT
.
Dabei ist 3
n0 = n0 (T ) ∼ T 2 , T : absolute Temperatur µ : chemisches Potential, Fermigrenze k : Boltzmannkonstante WG : Energieunterschied (Bandabstand) zwischen Leitungs- und Valenzband. Elektronen k¨onnen thermisch, durch Phonon-Elektron-Wechselwirkung, oder optisch, durch Photon-Elektron-Wechselwirkung (manchmal unter Beteiligung von Phononen), angeregt werden und das Leitungsband erreichen.
TH N¨urnberg
59
In einem reinen, ungest¨orten Halbleiter sind sie Anzahldichten der Elektronen, nn , und der L¨ocher, np , gleich. F¨ur die Eigenleitungsdichte ni (intrinsische Leitf¨ahigkeit) gilt daher: ni = nn = np . Die Eigenleitf¨ahigkeit σ ist die Summe der Leitf¨ahigkeiten von Elektronen und L¨ochern und wird bestimmt von der Anzahldichte n und der Beweglichkeit µ dieser Ladungstr¨ager:
σ = e(µn + µp )ni .
ni
−3
in cm
10 14
Ge 10
12
10
10
10
8
10
6
10
4
Si
GaAs
250
300
350
400
450
500
T in K
Abbildung 3.2 Temperaturabh¨angigkeit der Eigenleitungsdichte
TH N¨urnberg
3.2.2
60
St¨orstellenleitung
Werden Fremdatome aus einer Nachbargruppe des Periodensystems in das Kristallgitter eingebaut, so k¨onnen sich Energieniveaus, die in der verbotenen Zone nahe am Leitungs- bzw. nahe am Valenzband liegen, ergeben. Weitere St¨orungen des Idealgitters ergeben sich durch • nichtst¨ochiometrische Zusammensetzungen • unbesetzte Gitterpl¨atze • Zwischengitterteilchen und Versetzungen • Kristallgrenzen • Abweichungen von der Kristallordnung (bis zum amorphen Zustand)
Dotierte Halbleiter
leeres Leitungsband
Donatoren
Akzeptoren volles Valenzband
Abbildung 3.3 B¨anderschemata von Halbleitern mit Donator- und Akzeptorniveaus
Donatoren Fremdatome mit Elektronen¨uberschuss in Hinblick auf das Wirtsatom. Sie haben Energieniveaus nahe dem Leitungsband. Daher k¨onnen Elektronen leicht in das Leitungsband u¨ bergehen.
TH N¨urnberg
61
Akzeptoren Fremdatome mit Elektronenmangel. Sie haben Energieniveaus nahe dem Valenzband. Daher k¨onnen Elektronen leicht aus dem Valenzband eingefangen werden. Die Temperaturabh¨angigkeit des Halbleiterwiderstandes wird durch • die Ladungstr¨agerkonzentration • die Beweglichkeit der Ladungstr¨ager bestimmt. Die Beweglichkeit wird oft durch die Gitterschwingungen beschr¨ankt. Bei Halbleitern weisen diese eine sehr viel geringere Temperaturabh¨angigkeit als die Ladungstr¨agerkonzentration auf. Halbleiter mit Donatoren weisen einen Elektronen¨uberschuss auf, Halbleiter mit Akzeptoren einen Elektronenmangel. Bei hinreichender St¨orstellendotierung wird die elektrische Leitf¨ahigkeit des gest¨orten Halbleiters, bei Donator-Dotierung, durch Elektronen oder, bei AkzeptorDotierung, durch L¨ocher bestimmt. Die jeweilige elektrische Leitung wird als n-Leitung oder p-Leitung bezeichnet. So l¨asst sich beispielsweise die Leitf¨ahigkeit durch Dotierung eines Kristallgitters vierwertiger Atome mit drei- bzw. f¨unfwertigen Fremdatomen ver¨andern. Dann entsteht n-Leitung durch f¨unfwerte Dotierungsatome, wie P , As, Sb und p-Leitung durch dreiwertige Dotierungsatome, wie B, Al, Ga, In. Erstere liefern ein Elektron, letztere erzeugen ein Loch, das jeweils zur elektrischen Leitf¨ahigkeit beitr¨agt. Die Leitf¨ahigkeit dotierter Halbleiter betr¨agt n¨aherungsweise • σ ≈ eµn nn f¨ur n-dotierte Halbleiter, • σ ≈ eµp np f¨ur p-dotierte Halbleiter.
TH N¨urnberg
3.3 3.3.1
62
Halbleiter-Elektronik Halbleiterdiode
Eine np-Diode ist ein Halbleiterkristall, der aus zwei verschieden dotierten Anteilen besteht, wobei der eine Anteil n-leitend und der andere p-leitend ist. ¨ Im Ubergangsbereich beider Anteile ist der Betrag des Konzentrationsgradient der Elektronen und L¨ocher sehr hoch. Daher tritt ein Diffusionsstrom der Minorit¨atsladungstr¨ager zwischen nund p-leitendem Bereich auf, der das Konzentrationsgef¨alle auszugleichen sucht. In dem angrenzenden Bereich rekombinieren diese. Dabei entsteht ein von beweglichen Ladungstr¨agern fast v¨ollig freier ”Verarmungsbereich”. Die ionisierten St¨orstellenatome bilden eine sogenannte ”Raumladung”, deren elektrisches Feld, dem Diffusionsprozess entgegenwirkt.
W
Leitungsband
Valenzband
+
+
+ +
-
-
-
-
+
+
+ +
-
-
-
-
+
+
+ +
-
-
-
-
Halbleitergitter
p
n
Abbildung 3.4 Gitterionen, Elektronen und L¨ocher einer Halbleiterdiode ohne Kontakt
W
Leitungsband
Valenzband
+
+
+
+
-
-
-
-
+
+
+
+
-
-
-
-
+
+
+
+
-
-
-
-
n
Halbleitergitter
p
Abbildung 3.5 Gitterionen, Elektronen und L¨ocher einer Halbleiterdiode mit Kontakt
TH N¨urnberg
63
Wird eine Spannung so angelegt, dass weitere bewegliche Ladungstr¨ager aus dem Bereich der Grenzfl¨ache abgezogen werden, so wird der elektrische Widerstand des Halbleiters gr¨oßer.
W
Leitungsband
Valenzband
+
+
+
+
+
-
-
-
-
+
+
+
+
-
-
-
-
+
+
+
+
-
-
-
-
-
Halbleitergitter
p
n
Abbildung 3.6 Gitterionen, Elektronen und L¨ocher einer Halbleiterdiode mit Kontakt und a¨ ußerem Feld
Nach Umpolung der a¨ ußeren Spannung, sinkt der elektrische Widerstand.
W
Leitungsband
Valenzband
-
+
+
+
+
-
-
-
-
+
+
+
+
-
-
-
-
+
+
+
+
-
-
-
-
n
+
Halbleitergitter
p
Abbildung 3.7 Gitterionen, Elektronen und L¨ocher einer Halbleiterdiode mit Kontakt und a¨ ußerem Feld
TH N¨urnberg
64
Die pn-Diode wirkt also als Gleichrichter.
-
+
n
p
Abbildung 3.8 Fluss- und Sperrrichtung der np-Diode
Wird an eine np-Diode eine Spannung U angelegt, so verschiebt sich die Feldstromdichte jf gegen¨uber der nahezu konstanten Diffusionsstromdichte jd . Ist U = 0, so gilt jf = jd = j0 . Wird die Spannung U angelegt, so ver¨andert sich die Wahrscheinlichkeit die Potentialdifferenz ±U zu u¨ berwinden um den Faktor exp(±
eU ). kT
Daher gilt jf = j0 exp(±
eU ). kT
TH N¨urnberg
65
Zeigt das a¨ ußere Feld in Flussrichtung, d.h. von der p- zu n-Seite, so betr¨agt die Gesamtstromdichte j = jf − j0 = j0 (exp(
eU ) − 1) . kT
Weist das Feld hingegen in Sperrrichtung, so betr¨agt die Gesamtstromdichte j = jf − j0 = j0 (exp(−
eU ) − 1) . kT
2
j mA 2 cm
1
−20
−10
0
j0
10
20
U mV
−1
Abbildung 3.9 Strom-Spannungs-Kennlinie einer np-Diode
¨ Ublich sind auch folgende Bezeichnungen: I = IS (exp(±
U ) − 1) , UT
wobei UT :=
kT e
als Temperaturspannung und IS als S¨attigungswert des Sperrstroms bezeichnet werden. F¨ur T = 300 K gilt UT = 25, 9 mV .
TH N¨urnberg
66
Allerdings wird durch einen Korrekturfaktor m eine Abweichung von der einfachen Shockleyschen Diodentheorie ber¨ucksichtigt. Die Diodenkennlinie wird dann besser angepasst und durch I = IS (exp(
U ) − 1) , wobei 1 ≤ m ≤ 2 , mUT
beschrieben. Sowohl UT als auch IS sind temperaturabh¨angig. N¨aherungsweise gilt ∂U 2 mV . ≈− ∂T I=const. K
TH N¨urnberg
3.3.2
67
Bipolartransistoren
Ein Transistor ist ein steuerbares Halbleiterbauelement, das u¨ ber drei Elektroden verf¨ugt und zum Verst¨arken oder Schalten eines Signals eingesetzt wird. In der Regel wird die Emitter-Basis-Strecke in Durchlassrichtung (UBE > 0) und die KollektorBasis-Strecke in Sperrrichtung (UBC < 0) betrieben. Entsprechend sind die Spannungsquellen f¨ur die folgende, am Emitteranschluss verbundene Schaltung gepolt.
IE
E
n
p
n
C
B U BE
IB
IC
U CE
Abbildung 3.10 Schema eines npn-Transistors und der Emittergrundschaltung
Der Elektronenstrom am Emitter IE f¨allt nur wenig zum Kollektor hin auf IC ab. Ein Teil dieses Emitterinjektionsstroms f¨uhrt zusammen mit einem Teil des Basisstroms IB zu einer Rekombination der Ladungstr¨ager.
TH N¨urnberg
68
Es gilt IE = IB + IC .
E
IE
n
p
n
-
IC
C
+
IB
B
Abbildung 3.11 Elektronen- und L¨ocherstr¨ome im npn-Transistor
TH N¨urnberg
69
C
C
n
p
B
B
n
E
E
Abbildung 3.12 Schaltsymbole eines npn-Transistors und einer a¨ quivalenten Diodenschaltung
C
C
p n
B
B
p
E
E
Abbildung 3.13 Schaltsymbole eines pnp-Transistors und einer a¨ quivalenten Diodenschaltung
TH N¨urnberg
70
Analog zur Emittergrundschaltung eines npn-Transistors, l¨asst sich eine Emittergrundschaltung f¨ur den pnp-Transistor aufbauen. Beide Grundschaltungen sind hier abgebildet:
IC IB
U BE
+ -
+ -
U CE
Abbildung 3.14 Emittergrundschaltung eines npn-Transistors
IC IB
U BE
+
+
U CE
Abbildung 3.15 Emittergrundschaltung eines pnp-Transistors
TH N¨urnberg
71
In Abh¨angigkeit von der Spannung UBE wird der Kollektorstrom IC bei festem Wert UCE gemessen. IC mA
25
20
15
10
5
0
200
400
600
800
U BE mV
Abbildung 3.16 Strom-Spannungs-Steuerkennlinie IC = IC (UBE )
In Abh¨angigkeit von der Spannung UCE wird der Kollektorstrom IC bei jeweils festem Wert UBE gemessen.
IC mA
40 35 30
U BE =700 mV ΔIC
25
Δ U CE
20 U BE =680 mV
15 Δ I C = S Δ U BE
10
U BE =660 mV
5 0
U BE =640 mV U BE =620 mV
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
U CE V
Abbildung 3.17 Ausgangskennlinien IC = IC (UCE ) f¨ur verschiedene Werte von UBE
Das Verh¨altnis B :=
IC IB
der Kollektorstromst¨arke IC zur Basisstromst¨arke IB heißt statische Stromverst¨arkung.
TH N¨urnberg
72
Unter der (differentiellen) Stromverst¨arkung wird die Gr¨oße β :=
∂IC ∂IB UCE =const.
verstanden. ¨ ¨ Die Anderung des Kollektorstroms IC im Verh¨altnis zur Anderung der Spannung UBE wird durch die Steilheit S beschrieben. Diese ist durch ∂IC S := ∂UBE UCE =const. definiert. Arbeitspunkteinstellung Durch die Einstellung des Arbeitspunktes kann der Transistor an Aufgaben, beispielsweise als Verst¨arker oder elektronischer Schalter zu dienen, angepasst werden.
U0 RC RB IC U CB IB
U CE U BE
Abbildung 3.18 npn-Transistor, Basis- und Arbeitswiderstand
Die Lage des Arbeitspunktes wird hier durch die Zusammenschaltung des Transistors mit dem aktiven Zweipol, eingangsseitig bestehend aus Betriebsspannung U0 und Basiswiderstand RB , ausgangsseitig bestehend aus Betriebsspannung U0 und Arbeitswiderstand RC , bestimmt. Im Eingangskreis gilt U0 = IB RB + UBE und im Ausgangskreis U0 = IC RC + UCE .
TH N¨urnberg
73
Abh¨angig vom Basisstrom IB kann der Arbeitspunkt entlang der Arbeitsgeraden verschoben werden.
IC
U0 RC
IB
0
U0
U CE
Abbildung 3.19 Ausgangskennlinien mit Arbeitsgeraden
TH N¨urnberg
3.3.3
74
Feldeffekttransistoren
Bei einem Feldefeffekttransistor (FET) erfolgt die Steuerung, anders als bei einem bipolaren Transistor, durch ein elektrisches Querfeld, das die Ausdehnung der Verarmungszone der Ladungstr¨ager und damit den Querschnitt des Stromkanals beeinflusst. Da der Sromfluss fast ausschließlich von einer Art der Ladungstr¨ager verursacht wird, wird der FET als unipolarer Transistor bezeichnet. Der leitf¨ahige Kanal kann • p-leitend (p-Kanal-FET) oder • n-leitend (n-Kanal-FET) und • bereits bestehen (selbstleitender FET) oder • erst durch die Steuerspannung erzeugt werden (selbstsperrender FET). Die a¨ ußeren Anschl¨usse heißen Drain D und Source S. Gate G wird die Steuerelektrode zwischen D und S genannt. Der Anschluss B ist die Elektrode des Substrats (Bulk: Masse). ¨ Die Trennung der Gate-Elektrode vom Stromkanal DS kann durch einen pn- bzw. np-Ubergang, wie bei Sperrschicht-FETs, oder durch eine Isolierschicht, wie bei MOS- (Metal Oxide Semiconductor) FETs erfolgen. Bei Isolierschicht-FETs besteht das Gate aus Aluminium oder polykristallinem Silizium und die Isolierschicht aus einem Oxid (SiO2 , Al2 O3 ), wie bei MOS-FETs, oder aus Silziumnitrid (Si3 N4 ), wie bei MNS- (Metal Nitride Semiconductor) FETs.
TH N¨urnberg
75
• Da bei Sperrschicht-FETs der Strom an D im Falle verschwindender Spannung UGS am gr¨oßten ist, werden Sperrschicht-FETs als selbstleitend bezeichnet.
S
G
n
D n
p
n-Kanal Raumladungszonen
p
p B
Abbildung 3.20 n-Kanal Sperrschicht-FET
• Bei MOS-FETs kann sich, durch Verbindung der Raumladungszonen (Verarmungszonen) und der aus der Eigenleitung stammenden Elektronen (hier der Minorit¨atsladungstr¨ager), im p-dotierten Halbleitermaterial ein Inversionskanal aus freien Elektronen bilden. U GS
- +
S
G
n
D n
p
Inversionskanal
Raumladungszone B
Abbildung 3.21 n-Kanal Enhancement MOS-FET
Zumal der beschriebene Transistor ohne Gate-Spannung UGS nicht leitet, wird er als selbstsperrend bezeichnet. Ein solches MOS-FET wird Enhancement MOS-FET genannt.
TH N¨urnberg
76
Depletion MOS-FETs hingegen zeigen einen Verlauf der Kennlinien, der qualitativ dem der Sperrschicht-FETs entspricht. Sie sind selbstleitend.
S
G
D
n
n
p
n-Kanal
Raumladungszone B
Abbildung 3.22 n-Kanal Depletion MOS-FET
TH N¨urnberg
77
¨ In folgender Ubersicht sind die Feldeffekttransistoren in Sperrschicht-FETs und MOS-FETs eingeteilt. Dabei wird unterschieden, ob es sich um n- oder p-Kanal-FETs handelt und bei MOS-FETs zus¨atzlich, ob sie selbstleitend oder selbstsperrend sind. Klassifikation von Feldeffekttransistoren 1) Sperrschicht-FET a) n-Kanal
D
G
S
Abbildung 3.23 n-Kanal Sperrschicht-FET
Kennlinien ID (UDS ) und ID (UGS )
ID
U DS
Abbildung 3.24 Kennlinie ID = ID (UDS )
ID
Up
U GS
Abbildung 3.25 Kennlinie ID = ID (UGS )
TH N¨urnberg
78
b) p-Kanal
D
G
S
Abbildung 3.26 p-Kanal Sperrschicht-FET
Kennlinien ID (UDS ) und ID (UGS )
ID U DS
Abbildung 3.27 Kennlinie ID = ID (UDS )
ID
Up U GS
Abbildung 3.28 Kennlinie ID = ID (UGS )
TH N¨urnberg
79
2) MOS-FET 2.1 Depletion MOS-FET (selbstleitend) a) n-Kanal
D
B G
S
Abbildung 3.29 n-Kanal MOS-FET
Kennlinien ID (UDS ) und ID (UGS )
ID
U DS
Abbildung 3.30 Kennlinie ID = ID (UDS )
ID
Up
U GS
Abbildung 3.31 Kennlinie ID = ID (UGS )
TH N¨urnberg
80
b) p-Kanal
D
B G
S
Abbildung 3.32 p-Kanal MOS-FET
Kennlinien ID (UDS ) und ID (UGS )
ID U DS
Abbildung 3.33 Kennlinie ID = ID (UDS )
ID
Up U GS
Abbildung 3.34 Kennlinie ID = ID (UGS )
TH N¨urnberg
81
2.2 Enhancement MOS-FET (selbstsperrend) a) n-Kanal
D
B G
S
Abbildung 3.35 n-Kanal MOS-FET
Kennlinien ID (UDS ) und ID (UGS )
ID
U DS
Abbildung 3.36 Kennlinie ID = ID (UDS )
ID
Up
U GS
Abbildung 3.37 Kennlinie ID = ID (UGS )
TH N¨urnberg
82
b) p-Kanal
D
B G
S
Abbildung 3.38 p-Kanal MOS-FET
Kennlinien ID (UDS ) und ID (UGS )
ID U DS
Abbildung 3.39 Kennlinie ID = ID (UDS )
Up
ID U GS
Abbildung 3.40 Kennlinie ID = ID (UGS )
Der Wert Up auf der UGS -Achse bezeichnet die Schwellenspannung (pinch-off voltage). Das ist die Gatespannung, bei der ID , bis auf einen kleinen Wert des Sperrstroms, verschwindet. Die beschriebenen Kennlinien des n-Kanal-Sperrschicht-FETs a¨ hneln jenen des npn-Bipolartransistors. Dabei wird die Drainelektrode dem Kollektor, die Sourceelektrode dem Emitter und die Gateelektrode der Basis zugeordnet. Der Arbeitsbereich der Spannung UGS liegt, im Unterschied zu dem Arbeitsbereich UBE des npn-Transistors, bei negativen Werten.
TH N¨urnberg
3.4
83
¨ Ubungsaufgaben
Aufgabe 1 Der Sperrs¨attigungsstrom einer Germanium-p-n-Diode betrage 1 µA, der einer Silizium-Diode 0, 1 pA. Berechnen Sie die Spannung, die in Flussrichtung anzulegen ist, damit bei T = 300 K die Stromst¨arke 1 mA bzw. 100 mA betr¨agt. Aufgabe 2 Durch Bestrahlen mit Licht werden in einem n-dotierten Siliziumkristall zus¨atzliche ElektronenLoch-Paare erzeugt, so dass die L¨ocherdichte von pn0 = 1, 2 · 105 cm−3 auf pn (t0 ) = 1013 cm−3 angehoben wird. Nachdem bei t0 das Licht abgeschaltet wird, u¨ berwiegt die Rekombination der ¨ Elektronen-Loch-Paare die Entstehung dieser. F¨ur die Anderung der L¨ocherdichte gelte pn (t) − pn0 dpn (t) =− , dt τp mit τp = 10 µs und dem Anfangswert pn (t0 ) . Bestimmen Sie die L¨ocherdichte f¨ur t = t0 + 100 µs und t = t0 + 250 µs.
TH N¨urnberg
4 4.1
84
¨ Einfuhrung in die Halbleiterschaltungstechnik Emitterschaltung
Es gibt drei grundlegende Schaltungsarten, einen Transistors als Verst¨arker einzusetzen. Dabei ist entweder das Emitter-, Kollektor- oder das Basispotential konstant. Entsprechend werden diese Schaltungen als Emitter-, Kollektor- oder Basisschaltung bezeichnet. +
RC Ia IC Rg
Ie
Ua
Ue
Ug
Abbildung 4.1 Emitterschaltung
Nehmen wir an, dass IC nur von UBE , nicht aber von UCE , abh¨angt, so gilt 4IC ≈ S4UBE = S4Ue und 4Ua = −4IC RC ≈ −SRC 4Ue . Die Spannungsverst¨arkung betr¨agt dann A=
4Ua ≈ −SRC . 4Ue
TH N¨urnberg
4.2
85
Aussagenlogik
Mengenlehre A, B und C seien Mengen. • Durchschnitt und Vereinigung zweier Mengen A ∩ B := {x|x ∈ A ∧ x ∈ B} , A ∪ B := {x|x ∈ A ∨ x ∈ B} • Kommutativit¨at A ∩ B = B ∩ A, A ∪ B = B ∪ A • Assoziativit¨at (A ∩ B) ∩ C = A ∩ (B ∩ C) , (A ∪ B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C) • Distributivit¨at A ∩ (B ∪ C) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C) , A ∪ (B ∩ C) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C)
Aussagen und Wahrheitsfunktionen A und B seien Aussagen. • Die Aussage ¬A (nicht A oder Negation von A) ist genau dann wahr, wenn A falsch ist. • Die Aussage A ∧ B (A und B) ist genau dann wahr, wenn A und zugleich B wahr ist. • Die Aussage A ∨ B (A oder B) ist genau dann wahr, wenn A oder B (d.h. mindestens eine der beiden Aussagen) wahr ist. • Die Aussage A ⇒ B (A impliziert B) ist genau dann falsch, wenn A wahr ist und B falsch. • Die Aussage A ⇔ B (A a¨ quivalent zu B) ist genau dann wahr, wenn A und B den gleichen Wahrheitswert haben.
TH N¨urnberg
86
Wahrheitstafel A w w f f
B w f w f
¬A f f w w
A∧B w f f f
A∨B w w w f
A⇒B w f w w
Einige Aussageregeln A, B und C seien Aussagen. • S¨atze von de Morgan: ¬(A ∨ B) ⇔ (¬A) ∧ (¬B) und ¬(A ∧ B) ⇔ (¬A) ∨ (¬B) • Kontrapositionssatz (A ⇒ B) ⇔ (¬B ⇒ ¬A) • Satz zum modus ponens (A ⇒ B) ∧ A ⇒ B
TH N¨urnberg
4.3
87
Logische Grundschaltungen
Bei Digitalschaltungen werden anhand der Spannungswerte UH und UL mit UL < UH zwei Betriebszust¨ande H und L definiert. Ist U ≥ UH bzw. U ≤ UL , so ist das System im Zustand H bzw. L. Dem Zustand H wird die 1 und dem Zustand L die 0 eineindeutig zugeordnet. Außerdem wird hier wahren Aussagen die 1 und falschen Aussagen die 0 eineindeutig zugeordnet. Die Funktionsweise folgender Schaltungen l¨asst sich nun sehr einfach mit Hilfe der Wahrheitstafeln beschreiben.
UND x1 x2
Äquivalenz NAND
&
x1
y x1 x2
&
> =1
x2
Exlusives ODER (XOR), Antivalenz NOR
y x1
1
> =1
x2
Negation
x
y
Abbildung 4.2 Logische Schaltungen
Es gilt • f¨ur die UND-Funktion x1
x2
y
0 1 0 1
0 0 1 1
0 0 0 1
y
y
ODER x1
=
x2
x1 x2 y
=1
y
TH N¨urnberg
88
• f¨ur die ODER-Funktion x1
x2
y
0 1 0 1
0 0 1 1
0 1 1 1
• f¨ur die Exklusiv-ODER-Funktion (XOR) x1
x2
y
0 1 0 1
0 0 1 1
0 1 1 0
Anmerkung – Das exklusive Oder verk¨upft zwei Aussagen A und B mittels (A ∧ ¬B) ∨ (¬A ∧ B) . – Die logischen Funktionen Antivalenz und das exklusive Oder sind gleich. ¨ – Die Antivalenz l¨asst sich als Negation der Aquivalenz beschreiben. Die Negation l¨asst sich folgendermaßen durch NAND bzw. NOR-Gatter darstellen:
Negation NAND x
1
y
1.)
2.) x
&
x
y
&
y
> =1
y
1
NOR 1.)
2.) x
> =1
x y 0
Abbildung 4.3 Darstellung der Negation durch NAND- bzw. NOR-Gatter
TH N¨urnberg
89
Die jeweils unter 1.) genannten Darstellungen k¨onnen mittels ¬x = ¬(x ∧ x) = ¬(x ∨ x) begr¨undet werden. Die UND-Funktion l¨asst sich folgendermaßen durch NAND bzw. NOR-Gatter darstellen:
UND x1 x2
&
y
NAND x1 x2
&
&
y
NOR x1
> =1
> =1 y
x2
> =1
Abbildung 4.4 Darstellung der UND-Funktion durch NAND- bzw. NOR-Gatter
Diese Darstellungen lassen sich f¨ur die NAND-Gatter durch ¬¬(x1 ∧ x2 ) = x1 ∧ x2 und f¨ur die NOR-Gatter durch ¬(¬x1 ∨ ¬x2 ) = ¬¬x1 ∧ ¬¬x2 = x1 ∧ x2 begr¨unden.
TH N¨urnberg
90
Die ODER-Funktion l¨asst sich folgendermaßen durch NAND bzw. NOR-Gatter darstellen:
ODER x1
> =1
y
x2
NAND x1
& &
y
&
x2
NOR x1
> =1
> =1
x2
y
Abbildung 4.5 Darstellung der ODER-Funktion durch NAND- bzw. NOR-Gatter
F¨ur NAND-Gatter sei auf die Eigenschaft ¬(¬x1 ∧ ¬x2 ) = x1 ∨ x2 und f¨ur NOR-Gatter auf die Eigenschaft ¬¬(x1 ∨ x2 ) = x1 ∨ x2 verwiesen.
TH N¨urnberg
4.4
91
Komplement¨are MOS-Logik (CMOS)
Mit zwei selbstsperrenden MOS-FETs l¨asst sich eine Inverterschaltung aufbauen. Dabei ist die Source-Elektrode des n-Kanal-FETs mit der Masse verbunden. Die SourceElektrode des p-Kanal-FETs hat den Wert der Betriebsspannung VDD .
V DD
T2
Ue
Ua T1
Abbildung 4.6 CMOS-Inverter
Da der Betrag der Schwellenspannungen beider MOS-FETs bei ca. 1, 5V liegt, ist bei der Betriebsspannung von VDD = 5V mindestens ein MOS-FET leitend. – Ist Ue = 0, so leitet der p-Kanal-FET, w¨ahrend der n-Kanal-FET sperrt. Demnach liegt am Ausgang die Spannung Ua = VDD . – Ist Ue = VDD , so sperrt der p-Kanal-FET, w¨ahrend der n-Kanal-FET leitet. Demnach liegt am Ausgang die Spannung Ua = 0. Im station¨aren Zustand fließt kein Strom. Allerdings fließt w¨ahrend des Umschaltens ein Querstrom, falls die Eingangsspannung in dem Bereich |Up | < Ue < VDD − |Up | liegt.
TH N¨urnberg
92
¨ Die folgende Abbildung zeigt die Ubertragungskennlinie und den qualitative Verlauf des Querstroms f¨ur den CMOS-Inverter mit einer Betriebsspannung von VDD = 5V :
I DD
Ua V
5 4 3 2 1
0
1
2
3
4
5
Ue V
¨ Abbildung 4.7 Ubertragungskennlinie und Querstrom eines CMOS-Inverters
TH N¨urnberg
93
CMOS-NOR-Gatter Abgebildet ist ein CMOS-NOR-Gatter mit zwei selbstsperrenden n-Kanal- und zwei selbstsperrenden p-Kanal-MOS-FETs. Das Netzwerk aus p-Kanal-MOSFETs muss genau dann niederohmig sein, wenn das Netzwerk aus n-Kanal-MOSFETs hochohmig ist. Demnach m¨ussen bei einem CMOS-NOR-Gatter die p-Kanal-MOSFETs in Reihe und die n-Kanal-MOSFETs parallel geschaltet werden. V DD
T 1' U1
T 2' U2
T1
T2
Ua
Abbildung 4.8 CMOS-NOR-Gatter
U1
U2
0 0 1 1
0 1 0 1
T1
T10
sperrt leitet sperrt leitet leitet sperrt leitet sperrt
T2
T20
sperrt leitet leitet sperrt sperrt leitet leitet sperrt
Ua 1 0 0 0
TH N¨urnberg
4.5
94
Der Halbaddierer als Beispiel einer digitalen Rechenschaltung
Rechenoperationen lassen sich mit Hilfe • eines Mikrocomputerprogramms • mit einem Arithmetikprozessor • parallel mit Hardware-Rechenbausteinen durchf¨uhren. Addierer heißen Schaltungen zur Addition zweier Bin¨arzahlen. Die Addition einstelliger Bin¨arzahlen ist bereits durch Halbaddierer m¨oglich. Werden zwei einstellige Bin¨arzahlen addiert, so k¨onnen folgende F¨alle auftreten: 0 0 1 1
+ + + +
0 1 0 1
= = = =
0 1 1 10
¨ Kennzeichnen wir den Ubertrag durch den Werte einer Variablen c1 und u¨ bersetzen die Addition in eine Wahrheitstafel, so l¨asst sich schreiben: a0
b0
s0
c1
0 0 1 1
0 1 0 1
0 1 1 0
0 0 0 1
TH N¨urnberg
95
Diese Zuordnung kann durch die abgebildete Schaltung mit einem Antivalenz- und einem UND-Gatter erreicht werden.
a0
=1
&
b0
s0
c1
Abbildung 4.9 Halbaddierer
Mit Hilfe der Boolschen Funktionen c 1 = a0 b 0 , d.h. der UND-Verkn¨upfung von a0 und b0 , und s0 = a0 ⊕ b0 = ¬a0 b0 + a0 ¬b0 , d.h. der Antivalenz-Verkn¨upfung von a0 und b0 , zeigt sich, dass die abgebildete Schaltung die gesuchte Ausgabe f¨ur die Addition einstelliger Bin¨arzahlen liefert.
TH N¨urnberg
4.6
96
¨ Ubungsaufgaben
Aufgabe 1 Gegeben sind die Kennlinien eines Feldeffekttransistors. Der Transistor wird mit einem Drainwiderstand von RD = 1 kΩ an einer Spannung U0 = 15 V betrieben. Wie groß darf der Drainstrom maximal sein, damit stets UDS > 5 V gilt? Wie groß ist die Spannungsverst¨arkung, wenn der Arbeitspunkt im Punkt c der Eingangskennlinie liegt? (graphische L¨osung) ID mA
U DS =15 V
a
10 8
b 6 c
4
d 2 e f −3
0 −2
−1
0
V
U GS
ID mA
j
10
k
l
m
8
−0,0V a
i
h
−0,5V b
g
6
n
−1,0 V c
4 −1,5 V d
2
−2,0 V e f 0 0
5
10
15
V
U DS
TH N¨urnberg
97
Aufgabe 2 Bestimmen Sie die Spannungsverst¨arkung f¨ur einen Transistor in Basisschaltung. Dabei sei der Eingangswiderstand des Transistors Re = 50 Ω und dessen Ausgangswiderstand Ra = 500 kΩ. Der Kollektor- oder Lastwiderstand sei RL = 5 kΩ. Die Stromverst¨arkung habe den Wert 0, 98.
RL IC
IE
U2 Ua
Ue
t t IB U1
Aufgabe 3 Skizzieren Sie ein CMOS-NAND-Gatter und beschreiben Sie die Signale an den Eing¨angen X1 und X2 , den MOS-FETs und dem Ausgang Y .
TH N¨urnberg
Notation und Konstanten E: elektrische Feldst¨arke D: Verschiebungsdichte H: magnetische Feldst¨arke B: magnetische Flussdichte : Dielektrizit¨atskonstante 0 : elektrische Feldkonstante, Influenzkonstante; 0 = 8, 8542 · 10−12 CV −1 m−1 µ: Permeabilit¨at µ0 : magnetische Feldkonstante, Induktionskonstante; µ0 = 1, 2566 · 10−6 V sA−1 m−1 χ: magnetische Suszeptibilit¨at k: Boltzmann-Konstante; k = 1, 38 · 10−23 JK −1
98
TH N¨urnberg
Literatur [1] F. J. Bailey, Halbleiter-Schaltungen, Oldenbourg Verlag [2] C. Gerthsen, H. O. Kneser, H. Vogel, Physik, Springer-Verlag [3] S. Goßner, Grundlagen der Elektronik, Halbleiter, Baulemente und Schaltungen, Shaker Verlag [4] H. F. Grave, Grundlagen der Elektrotechnik I, II, Akademische Verlagsgesellschaft [5] A. Hammer, K. Hammer, Taschenbuch der Physik, J. Lindauer Verlag [6] K.-H. Hellwege, Einf¨uhrung in die Festk¨orperphysik, Springer-Verlag [7] E. Hering, R. Martin, M. Stohrer, Physik f¨ur Ingenieure, Springer-Verlag [8] J. D. Jackson, Classical Electrodynamics, John Wiley & Sons [9] H. Lindner, H. Bauer, C. Lehmann, Taschenbuch der Elektrotechnik und Elektronik, Carl Hanser Verlag [10] F. Reinhardt, H. Soeder, dtv-Atlas zur Mathematik, Deutscher Taschenbuch Verlag [11] M. Reisch, Halbleiterbauelemente, Springer-Verlag [12] SMART, Mathematik- und Physikaufgabensammlung, Universit¨at Bayreuth, http://btmdx1.mat.uni-bayreuth.de/smart/wp/ [13] U. Tietze, Ch. Schenk, Halbleiterschaltungstechnik, Springer-Verlag
99