Perioperative Kardioprotektion

CME Weiterbildung • Zertifizierte Fortbildung Anaesthesist 2007 · 56:285–298 DOI 10.1007/s00101-007-1144-6 Online publiziert: 7. März 2007 © Springer ...
Author: Rudolf Breiner
2 downloads 1 Views 587KB Size
CME Weiterbildung • Zertifizierte Fortbildung Anaesthesist 2007 · 56:285–298 DOI 10.1007/s00101-007-1144-6 Online publiziert: 7. März 2007 © Springer Medizin Verlag 2007 Redaktion

H.J. Bardenheuer · Heidelberg H. Forst · Augsburg R. Rossaint · Aachen D. Spahn · Zürich

N. Butte · B.W. Böttiger · P. Teschendorf Klinik für Anaesthesiologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg

Perioperative Kardioprotektion Goldstandard β-Blockade? Zusammenfassung

CME.springer.de – Zertifizierte Fortbildung für Kliniker und niedergelassene Ärzte Die CME-Teilnahme an diesem Fortbildungsbeitrag erfolgt online auf CME.springer.de und ist Bestandteil des Individualabonnements dieser Zeitschrift. Abonnenten können somit ohne zusätzliche Kosten teilnehmen. Unabhängig von einem Zeitschriftenabonnement ermöglichen Ihnen CME.Tickets die Teilnahme an allen CME-Beiträgen auf CME.springer.de. Weitere Informationen zu CME.Tickets finden Sie auf CME.springer.de. Registrierung/Anmeldung Haben Sie sich bereits mit Ihrer Abonnementnummer bei CME.springer.de registriert? Dann genügt zur Anmeldung und Teilnahme die Angabe Ihrer persönlichen Zugangsdaten. Zur erstmaligen Registrierung folgen Sie bitte den Hinweisen auf CME.springer.de. Online teilnehmen und 3 CME-Punkte sammeln Die CME-Teilnahme ist nur online möglich. Nach erfolgreicher Beantwortung von mindestens 7 der 10 CME-Fragen senden wir Ihnen umgehend eine Bestätigung der Teilnahme und der 3 CMEPunkte per E-Mail zu. Zertifizierte Qualität Diese Fortbildungseinheit ist zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und damit auch für andere Ärztekammern anerkennungsfähig. Folgende Maßnahmen dienen der Qualitätssicherung aller Fortbildungseinheiten auf CME.springer.de: Langfristige Themenplanung durch erfahrene Herausgeber, renommierte Autoren, unabhängiger Begutachtungsprozess, Erstellung der CME-Fragen nach Empfehlung des IMPP mit Vorabtestung durch ein ausgewähltes Board von Fachärzten. Für Fragen und Anmerkungen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung: Springer Medizin Verlag GmbH Fachzeitschriften Medizin/Psychologie CME-Helpdesk, Tiergartenstraße 17 69121 Heidelberg E-Mail: [email protected] CME.springer.de

Myokardiale Ischämien zählen zu den wichtigsten Determinanten perioperativer Morbidität und Letalität. Entsprechend werden perioperativ verschiedene kardioprotektive Maßnahmen eingesetzt, um der mit der Lebenserwartung steigenden Anzahl chirurgischer Patienten mit kardiovaskulärem Risiko zu begegnen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der perioperativen β-Blockade. Obwohl nach Ansicht vieler Autoren eine perioperative β-Blockade bei Hochrisikopatienten eine effektive protektive Maßnahme darstellt, herrscht weitgehend Unklarheit über die Art und Dauer der β-Blockade sowie darüber, welche Patienten von einer perioperativen β-Blockade profitieren. Basierend auf den aktuell verfügbaren Daten werden Fragen zur praktischen Umsetzung diskutiert wie bevorzugte Substanzen, Beginn und Ende der Therapie, unerwünschte Wirkungen, Identifizierung von Risikopatienten sowie ökonomische Aspekte. Eine weitere Stoffklasse kardioprotektiver Substanzen sind die Statine. Neben der lipidsenkenden Wirkung werden ihnen sog. pleiotrope Mechanismen zugeschrieben, die ebenfalls das kardiovaskuläre Risiko vermindern. Weitere Maßnahmen, welche alternativ oder in Kombination mit einer perioperativen β-Blockade eingesetzt werden können, sind α2-Agonisten, eine thorakale Epiduralanalgesie oder eine koronare Revaskularisierung.

Schlüsselwörter β-Blockade · Kardioprotektion · Myokardiale Ischämie · Kardiales Risiko · Statine

Perioperative cardioprotection. Golden standard β-blockade? Abstract Myocardial ischemia is a major cause of perioperative morbidity and mortality. Because of a growing expectancy of lives, the prevalence of cardiovascular diseases is increasing, and thus the number of surgical patients presenting with a cardiovascular risk profile. Based upon pathophysiological considerations, different interventions to lower perioperative cardiovascular risk have been evaluated. The mostly discussed intervention believed to prevent cardiovascular complications in the perioperative period is the use of beta-blockers. Although many authors agree that perioperative beta-blockade is effective in high-risk patients, less is known about the optimal timing, dosage and the identification of patients in whom the intervention would be beneficial. Based upon the available data we try to answer questions about timing and dosage, and we discuss possible side effects and economic questions. Another cardioprotective option is the use of statins. Besides their lipidlowering properties, so called pleiotropic effects are believed to decrease cardiac risk. Furthermore, different interventions can be used in addition to or as an alternative to perioperative beta-blocker therapy, such as alpha-2 agonists, thoracic epidural analgesia or coronary revascularization.

Keywords β-blockade · Cardioprotection · Myocardial ischemia · Cardiovascular risk · Statins

Der Anaesthesist 3 · 2007

| 285

Patienten mit Myokardischämie im 12-Kanal EKG [N]

20 15 10 5 0 15 min post-OP

20 h

48 h

72 h

84 h

Abb. 1 9 Inzidenz postoperativer Myokardischämien bei gefäßchirurgischen Patienten (n=55; aus: Böttiger et al. 2004 [11])

Verbesserung der myokardialen Sauerstoffbalance Sauerstoffangebot

Sauerstoffbedarf

- koronarer Blutfluss - O2-Gehalt des Blutes

- Herzfrequenz - Kontraktilität - Wandspannung (Preload / Afterload)

Abb. 2 9 Die Verbesserung der myokardialen Sauerstoffbalance kann durch eine Erhöhung des Sauerstoffangebots (Erhöhung des koronaren Blutflusses und des Sauerstoffgehalts des Blutes) erreicht werden oder durch eine Verminderung des myokardialen Sauerstoffbedarfs (Verminderung von Herzfrequenz, Kontraktilität und myokardialer Wandspannung; aus [10])

Problematik

Myokardischämien treten meist unmittelbar postoperativ auf

In Deutschland werden jährlich ca. 1 Mio. nicht herzchirurgische Eingriffe bei Patienten mit KHK durchgeführt

Perioperative Myokardischämien gehören zu den bedeutendsten Risikofaktoren für eine erhöhte Morbidität und Letalität im Rahmen chirurgischer Eingriffe [10, 43]. Die Inzidenz perioperativer Myokardischämien bewegt sich zwischen 4,5% und 78%, abhängig von der untersuchten Patientenpopulation und den angewandten diagnostischen Kriterien [8, 11, 29, 36, 42, 43]. Myokardischämien treten v. a. unmittelbar postoperativ auf [11]. So konnte in einer Gruppe von gefäßchirurgischen Patienten gezeigt werden, dass bei 44% postoperativ eine myokardiale Ischämie nachweisbar war. Bei 88% dieser Patienten wurden myokardiale Ischämien bereits 15 min postoperativ beobachtet ([11]; . Abb. 1). Badner et al. [2] konnten ebenfalls in der unmittelbaren postoperativen Phase (Tag der Operation und 1. postoperativer Tag) die höchste Inzidenz myokardialer Infarkte bei Risikopatienten beobachten. Zwischen 5 und 7% der westlichen Bevölkerung in Industrienationen leiden unter einer koronaren Herzerkrankung (KHK). Extrapoliert man amerikanische Daten zu Prävalenz und Inzidenz der KHK auf deutsche Verhältnisse, so kann man davon ausgehen, dass von den in Deutschland etwa jährlich 8 Mio. nicht herzchirurgischen Eingriffen ca. 1 Mio. bei Patienten mit KHK durchgeführt werden [45]. Von diesen Patienten wiederum erleiden 15.000 einen perioperativen Myokardinfarkt. Die Letalität liegt hier bei 20–50% [10]. Perioperativ auftretende Myokardischämien bedingen die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen [42]. Wie Mackey et al. [42] beobachten konnten, mussten Patienten, die eine perioperative Myokardischämie erlitten, häufiger und länger auf Intensivstationen betreut werden, und es kam häufiger zu einer Wiedervorstellung dieser Patienten in der Notfallambulanz und zu verlängerten erneuten Intensivstationaufenthalten [42]. Insgesamt verursachen im perioperativen Verlauf auftretende kardiovaskuläre Komplikationen in den USA Kosten von etwa 22 Mrd. US-$ jährlich [43, 45]. Vor dem Hintergrund der ständig zunehmenden Lebenserwartung und der sich ändernden Alterstruktur der Bevölkerung ist mit einer Zunahme kardiovaskulärer Krankheiten zu rechnen [62].

Pathophysiologie

Pathophysiologisch kommt es zu einem Missverhältnis zwischen myokardialem Sauerstoffbedarf und -angebot

286 |

Der Anaesthesist 3 · 2007

Die wichtigsten kardialen Komplikationen in der perioperativen Phase sind Myokardischämien, höhergradige Herzrhythmusstörungen, eine dekompensierende Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt und Tod kardialer Ursache [42, 43]. Pathophysiologisch kommt es zu einem Missverhältnis zwischen myokardialem Sauerstoffbedarf und -angebot [9, 35]. In der perioperativen Situation können Schmerz [5, 44], psychischer und physischer Stress [45, 49], Hypothermie [24, 25], Anämie [50] und hämodynamische Instabilität, v. a. arterielle Hypertonie und Tachykardie [29, 57], die myokardiale Sauerstoffbalance negativ beeinflussen. Diesem Missverhältnis kann auf beiden Seiten entgegen gewirkt werden: Das Sauerstoffangebot kann durch Steigerung des koronaren Blutflusses erhöht werden. Der

CME Tab. 1

Zusammenfassung randomisierter und retrospektiver Studien sowie von Metaanalysen zur perioperativen β-Blockade

Randomisierte kontrollierte Studien Autor

Anzahl Patienten

β-Blocker-Protokoll

Follow-up

Outcomea

Bemerkungen

Mangano et al. 1996 [46]

200

Atenolol 30 min vor Eintritt in OP; postoperativ für 7 Tage

2 Jahre

Gesamtletalität in Atenololgruppe ↓ (9% vs. 21%)

Betrifft nur entlassene Patienten; β-Blocker wurden in Placebogruppe abgesetzt

Poldermans et al. 1999 [55]

112

Bisoprolol 7 Tage präbis 30 Tage postoperativ

30 Tage

Tod kardialer Ursache ↓ (3,4% vs. 17%)

Nicht verblindet, niedrige Ereignisrate in β-Blockergruppe, nach Interimsanalyse abgebrochen

Raby et al. (MAVS-Studie) 1999 [57]

26

Esmololinfusion unmittelbar postoperativ für 48 h

49 h postoperativ

Postoperative myokardiale Ischämien ↓ (33% vs. 73%)

Postoperativ in Kontrollgruppe öfter β-Blocker verschrieben

Zaugg et al. 1999 [78]

59

1. Atenolol vor Einleitung und im Aufwachraum, anschließend 12-stündlich; 2. intraoperative Gaben nach Herzfrequenz

3 Tage postoperativ

Analgetikabedarf ↓, verbesserte hämodynamische Stabilität

Patienten mit manifester Herzinsuffizienz nicht mit eingeschlossen

Urban et al. 2000 [66]

107

Esmolol postoperativ titriert nach Herzfrequenz; anschließend Metoprolol bis Entlassung

Bis zur Entlassung

Postoperative Ischämien ↓ (6% vs. 15%), Myokardinfarkt ↓ (2% vs. 6%)

Patienten mit chronischer β-Blockade eingeschlossen

Yang et al. 2004 [74]

496

Metoprolol 2 h präoperativ i.v./p.o.; postoperativ bis max. 5 Tage

30 Tage

Kein Unterschied in der Inzidenz kardialer Komplikationen inkl. Tod (10% vs. 12%)

Doppelblindstudie, 6 Monate Follow-up wird erwartet

POBBLE-Studie 2005 [53]

103

Metoprolol p.o. 1 Tag prä- bis 7 Tage postoperativ

30 Tage

33% myokardiale Ischämien in beiden Gruppen

Patienten mit früherem Myokardinfarkt ausgeschlossen

Juul et al. (DIPOM-Studie) 2006 [32]

921

Metoprolol 1 Tag präoperativ bis max. 8 Tage postoperativ

18 Monate (6–30)

Letalität 16% in beiden Gruppen

Nur Patienten mit Diabetes mellitus

Outcomea

Bemerkungen

2,5 vs. 3,2% Myokardinfarkte bzw. Mortalität Risikoreduktion bei RCRI von ≥2; β-Blocker schädlich bei RCRI ≤1

Länger wirksame β-Blocker effektiver als kürzer wirksame Warum β-Blocker bei RCRI ≤1?

Retrospektive Kohortenstudien Autor Anzahl β-Blocker-Protokoll Patienten Redelmeier et 37.151 Atenolol vs. Metoprolol al. 2005 [58] Lindenauer et 663.635 β-Blocker vs. keine β-Blocker al. 2005 [40] Metaanalysen Autor

Anzahl Patienten 632

Anzahl Studien

Outcomea

McGory et al. 6 Studien aus 8 PublikaMortalität ↓ (2% vs. 12%), myokardiale Ischämie 2005 [48] tionen ↓ (15% vs. 33%) Devereaux et 2.437 22 Studien Risiko für Bradykardie und Hypotonie ↑ al. 2005 [16] Biccard et al. 295 5 Studien Myokardischämien ↓ (4,5% vs. 15,4%) 2006 [9] Wiesbauer et 2.057 69 Studien Myokardischämien ↓, Arrhythmien ↓ al. 2007 [72] a Outcome bezieht sich auf Interventionsgruppe. RCRI: Revised Cardiac Risk Index.

Bemerkungen Kleine Anzahl an Studien ausgewertet Keine klaren Hinweise für positive Effekte Keine Verminderung schwerer kardialer Komplikationen Keine Veränderung der Mortalität

Sauerstoffbedarf wiederum kann durch Verminderung der Herzfrequenz, der Kontraktilität sowie der myokardialen Wandspannung herabgesetzt werden (. Abb. 2). Weiterhin kann es zur Ruptur koronarer atherosklerotischer Plaques mit anschließender Thrombusbildung und Gefäßokklusion kommen [13, 15]. Die Mechanismen hierfür sind vielfältig, diskutiert werden inflammatorische Reaktionen, Stressreaktionen sowie eine erhöhte Gerinnungsaktivität bei herabgesetzter Fibrinolyse [12, 56]. Der Anaesthesist 3 · 2007

| 287

Tab. 2

Auswahl empfohlener Präparate und Dosierungen zur perioperativen β-Blockade

β-Blocker Atenolol Bisoprolol MetoprololSuccinat

Handelsname Tenormin® Concor® Beloc-Zok® Beloc-Zok mite®

Dosisempfehlung 50–100 mg/Tag 5–10 mg/Tag 47,5–95 mg/Tag

Darreichungsform p.o. p.o. p.o.

Esmolol

Breviblock®

Nach Herzfrequenz (z. B. 65 Jahre, arterielle Hypertonie, Nikotinabusus, Hyperlipoproteinämie, Diabetes mellitus). Zwei Punkte sind bei dieser Studie jedoch hauptsächlich zu kritisieren: Erstens wurde bei Patienten unter chronischer β-Blockade diese abgesetzt und die Patienten der Placebogruppe zugeteilt. Somit ist nicht auszuschließen, dass akute Absetzphänomene zum schlechteren Abschneiden der Placebogruppe beigetragen haben [60]. Zweitens wurden ausschließlich Komplikationen in die Analyse eingeschlossen, welche nach Entlassung der Patienten aus dem Krankenhaus aufgetreten waren. Bezieht man die Letalität während der Hospitalisation mit ein, ist der Unterschied zwischen den beiden Patientengruppen nicht länger signifikant [56]. Poldermans et al. [55] untersuchten die Effekte eine perioperativen β-Blockade an einer Gruppe von 7 Hochrisikopatienten (Patienten mit positivem Befund einer Dobutamin-Stress-Echokardiographie). Aufgrund einer hohen relativen Risikoreduktion von 91% wurde die Untersuchung vorzeitig beendet. Dieser große Effekt ist jedoch mit Vorsicht zu interpretieren, da die Ereignisrate in der

CME β-Blockergruppe insgesamt gering war, nur 112 Patienten untersucht wurden und die Untersuchung nicht verblindet war. Zaugg et al. [78] konnten durch die perioperative Gabe von Atenolol bei den behandelten Patienten eine stabilere Hämodynamik als bei der Kontrollgruppe beobachten. Außerdem erholten sich die Patienten schneller nach der Narkose, der Analgetikabedarf war herabgesetzt. Raby et al. [57] und Urban et al. [66] benutzten eine postoperative Esmololinfusion zur Herzfrequenzkontrolle. In der Untersuchung von Urban et al. [66] wurden die Patienten anschließend auf eine orale Medikation mit Metoprolol umgestellt. In beiden Untersuchungen konnte eine Reduktion postoperativer myokardialer Ischämien beobachtet werden. In weiteren Untersuchungen von Yang et al. [74] und im Rahmen der POBBLE-Studie [56] an gefäßchirurgischen Patienten sowie von Juul et al. [32] an Patienten mit Diabetes mellitus konnten keine positiven Effekte einer perioperativen β-Blockade gezeigt werden.

Kohortenstudien In 2 großen retrospektiven Kohortenstudien von Lindenauer et al. [40] und Redelmeier et al. [58] hatte eine perioperative β-Blockade einen positiven Effekt auf kardiale Komplikationen. In der Untersuchung von Lindenauer et al. [40] gilt dies jedoch nur für Patienten mit erhöhtem kardialem Risiko (7 Revised Cardiac Risk Index, RCRI, ≥2 nach Lee et al. [37]).

7 Revised Cardiac Risk Index

Metaanalysen Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Biccard et al. [9], die in einer Metaanalyse bei Hochrisikopatienten einen größeren protektiven Effekt als bei Patienten mit mittlerem Risiko (RCRI 1 und 2) fanden. In der Gruppe der Patienten mit mittlerem kardialem Risiko wurde zwar eine deutliche Reduktion der auftretenden Myokardischämien beobachtet, schwere kardiale Komplikationen (Myokardinfarkt, instabile Angina pectoris, Herzinsuffizienz, lebensbedrohliche Arrhythmien, zerebrovaskuläre Ereignisse, Tod) wurden in dieser Patientengruppe jedoch nicht deutlich vermindert. McGory et al. [48] fassten die Daten von 8 Publikationen aus 6 Untersuchungen zusammen und fanden eine deutliche Risikoreduktion durch eine perioperative β-Blockade. Devereaux et al. [16] dagegen konnten aus der Analyse von 22 Studien keine klaren positiven Effekte einer perioperativen β-Blockade zeigen, es zeigte sich nur ein erhöhtes Risiko für Bradykardien und Hypotonien unter β-Blockertherapie. Wiesbauer et al. [72] untersuchten im Rahmen ihrer Metaanalyse 69 Publikationen. Sie unterschieden zwischen herzchirurgischen und nicht herzchirurgischen Patienten. Die Autoren fanden eine signifikante Reduktion von Arrhythmien und Myokardischämien, jedoch keinen Effekt auf die Mortalität.

Bei Hochrisikopatienten fand sich ein größerer protektiver Effekt als bei Patienten mit mittlerem Risiko

Schlussfolgerungen Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die großen Therapieeffekte, wie sie in den Untersuchungen von Mangano [46] und Poldermans [55] gezeigt werden konnten, in späteren Studien mit größeren Patientenzahlen [74] nicht zu sehen waren. Die durchgeführten Metaanalysen [16, 48, 72], welche ebenfalls kritisch zu bewerten sind [63], sprechen eher für positive Effekte. Die Ergebnisse großer randomisierter Studien wie der POISE-Studie [54] bleiben abzuwarten.

Die Ergebnisse großer randomisierter Studien bleiben abzuwarten

β-Blocker der Wahl? Die kardioprotektive Wirkung der β-Blockade besteht am ehesten in der Abschwächung der adrenergen Stressantwort in der perioperativen Phase. Es ist nicht geklärt, ob etwa Rezeptorselektivität oder -affinität, Lipophilie oder intrinsische sympathomimetische Aktivität die Effektivität oder Sicherheit der Behandlung beeinflussen. Aufgrund der Heterogenität der verschiedenen Untersuchungen bezüglich Art der eingesetzten β-Blocker lassen sich keine Rückschlüsse auf den am besten geeigneten β-Blocker ziehen. Basierend auf den verfügbaren kontrollierten und randomisierten Studien (. Tab. 1) ist es jedoch empfehlenswert, 7 β 1-selektive Blocker (z. B. Atenolol, Metoprolol, Bisoprolol, Esmolol) einzusetzen (. Tab. 2; [56]). Lang wirksame Präparate scheinen Patienten besser vor kardialen Ereignissen zu schützen als kurz wirksame [58]. Alternativ könnten Präparate kürzer wirkender β-Blocker mit verzögerter Wirkstofffreisetzung eingesetzt werden (z. B. Metoprolol-Succinat). Zu beachten ist außerdem, dass nichtselektive β-Blocker wie etwa Propranolol eher bronchopulmonale Komplikationen verursachen [3, 21]. Bei der Wahl des β-Blockers sollten immer die für

7 β1-selektive Blocker Lang wirksame Präparate scheinen besser vor kardialen Ereignissen zu schützen als kurz wirksame

Der Anaesthesist 3 · 2007

| 289

Anzahl Anästhesisten (%)

50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% Immer

Abb. 3 9 Häufigkeit des Einsatzes von β-Blockern unter kanadischen Anästhesisten, denen die Literatur über perioperative β-Blockade bekannt war (n=534; mod. nach [67])

Gewöhnlich

Patient

bek. KHK

bek. β-Blocker Th.

best. Risikofaktoren: - Alter > 65 - Diabetes - art. Hypertonus - Nikotinabusus - Niereninsuff. - HLP

≥ 2 RF

∅ β-Blocker Th.

β-Blocker Statine? PDK

β-Blocker-Therapie fortsetzen ggf. Dosiserhöhung Statine*? PDK*

β-Blocker

< 2 RF

∅ β-Blocker

β-Blocker Therapie beginnen und / oder Vorstellung der / des Patientin / en in der kardiologischen Ambulanz

Vorgehen: Metoprolol-Succinat 95 mg Metoprolol-Succinat 47,5 mg

1-0-0 bei guter LVF 1-0-0 bei eingeschränkter LVF

Kontraindikationen: - Asthma bronchiale (relativ) - Bradykardie, AV-Block (II, III) - Sick Sinus Syndrom - akut dekompensierte Herzinsuffizienz *Besonderheiten: - Eine bestehende Statintherapie soll fortgesetzt werden - Der PDK bezieht sich auf entsprechende abdominelle Eingriffe

Abb. 4 8 Algorithmus der Klinik für Anaesthesiologie am Universitätsklinikum Heidelberg zur perioperativen β-Blockade von Patienten mit erhöhtem kardialem Risiko (LVF: linksventrikuläre Funktion, HLP: Hyperlipoproteinämie, KHK: koronare Herzerkrankung, PDK: Periduralkatheter, RF: Risikofaktoren)

290 |

Der Anaesthesist 3 · 2007

CME 40% 35%

1 Monat 6 Monate

Abb. 5 7 Verminderung kardiovaskulärer Ereignisse bei gefäßchirurgischen Patienten nach Gabe von Atorvastatin (p=0,018 nach 6 Monaten). Komplikationen: instabile Angina pectoris, Myokardinfarkt, Apoplex, Tod kardialer Ursache. (Mod. nach [18])

Komplikationen

30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% Atorvastatin

Placebo

das jeweilige Präparat spezifischen Eigenschaften, wie etwa Wirkdauer, Metabolisierung und Nebenwirkungsprofil, beachtet werden (Übersicht in [76]).

Beginn der perioperativen β-Blockade In den verschiedenen Untersuchungen (. Tab. 1) konnte eine Kardioprotektion durch β-Blocker erreicht werden, unabhängig davon, ob die Medikation schon Wochen präoperativ begonnen worden ist oder erst unmittelbar vor der Narkoseeinleitung. Wenn möglich sollten β-Blocker bereits Tage oder Wochen vor dem operativen Eingriff angesetzt werden, um eine Adaptation des Kreislaufs an die neuen Verhältnisse zu ermöglichen [19, 23, 56].

Wenn möglich sollten β-Blocker bereits Tage oder Wochen vor dem operativen Eingriff angesetzt werden

Therapeutisches Ziel Gewöhnlich wird die Herzfrequenz als physiologisches Surrogat für den Sympathikotonus verwendet. Die Zielfrequenz liegt in Ruhe bei 50–60/min [19, 23, 46, 55, 78]. So konnten Feringa et al. [22] in einer Kohortenstudie an 272 gefäßchirurgischen Patienten beobachten, dass mit abnehmender Herzfrequenz und steigender Dosierung der β-Blocker in der perioperativen Phase das Risiko für perioperative Myokardischämien abnahm. Allerdings waren die Patienten nicht randomisiert, unerwünschte Nebenwirkungen wurden nicht erwähnt. Zu beachten ist weiterhin, dass β-blockierte Patienten eine auf die Herzfrequenz bezogen niedrigere Ischämieschwelle aufweisen. Dies bedeutet, dass bei diesen Patienten schon bei niedrigeren Herzfrequenzen eine relative Tachykardie besteht, die das Auftreten von Ischämien begünstigt [69].

Patienten unter β-Blockade weisen eine auf die Herzfrequenz bezogen niedrigere Ischämieschwelle auf

Postoperative β-Blockertherapie Besteht bei Patienten unabhängig von der perioperativen Situation die Indikation zur β-Blockade, sollten diese nach Entlassung oder noch während des stationären Aufenthalts weiter 7 kardiologisch betreut und die Einstellung wenn notwendig optimiert werden (Zielfrequenz 50–60/min). Bei diesen Patienten sollte die β-Blockade lebenslang weitergeführt werden. Patienten, bei denen eine ausschließlich perioperative Indikation besteht, sollten die β-Blockade mindestens für die Zeit des Krankenhausaufenthalts, besser aber für einen Monat postoperativ erhalten. Um Entzugsphänomenen vorzubeugen, sollte die Dosierung bis zum endgültigen Absetzen langsam reduziert werden. Die Empfehlungen für die postoperative Dauer der β-Blockade sind jedoch aufgrund der aktuellen Datenlage noch spekulativ. Es scheint jedoch sinnvoll, die Therapie vor allem in den ersten postoperativen Tagen fortzuführen, da hier das Risiko für myokardiale Ischämien am höchsten ist [2, 11].

7 Kardiologische Betreuung

Die β-Blockade sollte besser für einen Monat postoperativ erhalten bleiben

Chronische β-Blockade Eine bereits präoperativ bestehende Dauertherapie mit β-Blockern sollte weitergeführt werden. Shammash et al. konnten beobachten, dass ein akutes Absetzen einer bestehenden Dauertherapie in der perioperativen Phase das Risiko für einen postoperativen Myokardinfarkt erhöht [60]. Auf-

Eine bereits präoperativ bestehende Dauertherapie sollte weitergeführt werden Der Anaesthesist 3 · 2007

| 291

7 Absetzphänomene

Chronisch β-blockierte Patienten sind weniger gut vor einer Tachykardie geschützt als akut blockierte

7 DECREASE-IV-Studie

grund der kompensatorisch zunehmenden β-Rezeptorendichte und der erhöhten Katecholaminspiegel unter chronischer Blockade kann es bei abruptem Entzug zu 7 Absetzphänomenen kommen. Bei KHK-Patienten konnte ein Anstieg der ischämischen Episoden um 64% und eine Zunahme der Angina-pectoris-Anfälle bei 40% der Patienten beobachtet werden. Besonders ausgeprägt sind diese Effekte etwa 2 Tage nach dem Absetzen [10]. Dies hat besondere Bedeutung für chirurgische Patienten, da die Inzidenz perioperativer Myokardinfarkte in den ersten 3 postoperativen Tagen am höchsten ist [2, 11, 26]. Daher sollte unbedingt auf die Weitergabe der β-Blocker v. a. in diesem Zeitraum geachtet werden. Die sich anschließende Frage ist die nach der Effektivität einer chronischen β-Blockade in der perioperativen Phase. Giles [27] konnte im Rahmen einer Analyse aus 18 Studien keinen protektiven Effekt einer perioperativ weitergeführten β-Blockerdauertherapie bei nicht herzchirurgischen Eingriffen nachweisen. Ein möglicher Grund könnten unterschiedlich stark ausgeprägte Stressreaktionen unter akuter und chronischer β-Blockade sein. Yndgaard et al. [75] fanden heraus, dass Patienten ohne jegliche β-Blockade und Patienten mit chronischer β-Blockade die gleiche Menge Isoprenalin benötigten, damit es zu einem Anstieg der Herzfrequenz um 25 Schläge/min kam. Als Erklärungsmodell könnte eine Erhöhung der β-Rezeptorendichte unter chronischer Therapie dienen. Dies würde bedeuten, dass chronisch β-blockierte Patienten weniger gut als akut blockierte vor einer Tachykardie geschützt sind, welche wiederum das Risiko für perioperative kardiale Komplikationen erhöht [22]. Verschiedene Möglichkeiten sind denkbar, diesem Problem zu begegnen. Eine temporäre Erhöhung der Dosierung und eine hierdurch besser kontrollierte Herzfrequenz wäre ein Ansatz. Ebenfalls zu erwägen sind Kombinationstherapien mit anderen kardioprotektiven Maßnahmen wie etwa α2-Rezeptoragonisten [71, 73], Statinen [18] oder einer thorakalen Epiduralanalgesie [4]. Die Kombination sympatholytischer Therapien findet im klinischen Alltag Anwendung, wird jedoch noch kontrovers diskutiert [77]. Möglicherweise hebt hierbei das Risiko für Hypotonien und Bradykardien eventuelle positive Effekte wieder auf. Große klinische Studien sind nötig, diese Frage zu beantworten [70]. Die Effektivität einer Kombination von Statinen mit β-Blockern wird im Rahmen der 7 DECREASE-IV-Studie [59] untersucht. Es gibt Hinweise darauf, dass Statine in der Lage sind, der Aufregulierung der β-Adrenozeptoren unter β-Blockertherapie entgegen zu wirken [51]. Auch hier bleiben die Ergebnisse großer randomisierter Studien abzuwarten (DECREASE IV; [59]).

Unerwünschte Nebenwirkungen

Im Rahmen einer Metaanalyse fand sich eine erhöhte Inzidenz von behandlungsbedürftigen Bradykardien und Hypotonien

Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen von β-Rezeptorenblockern sind Bradykardie, Hypotension, Induktion oder Verschlechterung einer Herzinsuffizienz, atrioventrikuläre Überleitungsstörungen und eine Bronchialobstruktion [20]. Devereaux et al. [16] fanden im Rahmen ihrer Metaanalyse eine erhöhte Inzidenz von behandlungsbedürftigen Bradykardien und Hypotonien in der Gruppe der Patienten, die β-Rezeptorenblocker erhielten. In der Mehrzahl der Fälle ließ sich eine solche Komplikation jedoch leicht durch intravenöse Gaben von Atropin oder einem Antihypotonikum (z. B. Ephedrin) beherrschen [8]. Um diese Komplikationen zu erkennen, ist eine engmaschigere Überwachung der Kreislaufparameter notwendig [8]. Erwähnt wurden bereits Absetzphänomene einer chronischen β-Rezeptorenblockade. Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage nach Absetzphänomenen einer perioperativen akuten β-Blockade. Obwohl in den verfügbaren randomisierten kontrollierten Studien nicht von Absetzphänomenen berichtet worden ist, scheint es sinnvoll, die Dosierung des β-Rezeptorenblockers bis zum endgültigen Absetzen langsam zu reduzieren, sofern keine Indikationen für eine Langzeittherapie bestehen.

Patientenauswahl β-Blocker zeigen einen protektiven Effekt bei Patienten mit hohem kardialem Risiko

292 |

Der Anaesthesist 3 · 2007

β-Blocker zeigen einen protektiven Effekt bei Patienten mit hohem kardialem Risiko [9, 16, 40]. Es erscheint daher sinnvoll, vor allem bei diesen Patienten eine perioperative β-Blockade anzuwenden, sofern keine Kontraindikationen bestehen. Bei Patienten mit niedrigem kardialem Risiko scheint eine β-Blockade keinen Nutzen zu bringen, zumal hier die unerwünschten Nebenwirkungen wie Bradykardie und Hypotonie in den Vordergrund treten [9, 40]. Die in den meisten Studien angewendeten Kriterien für ein hohes kardiales Risiko waren: F Alter >65 Jahre, F Diabetes mellitus,

CME F F F F

arterieller Hypertonus, Nikotinabusus, Niereninsuffizienz, Hyperlipoproteinämie.

Der in der Untersuchung von Lindenauer et al. [43] angewendete Revised Cardiac Risk Index (RCRI) von Lee et al. [37] weist als zusätzliches Kriterium das Risiko des chirurgischen Eingriffs auf. Aufgrund der aktuellen Studienlage scheinen v. a. Hochrisikopatienten (induzierbare Ischämie im Belastungstest [55]) sowie Patienten mit einer KHK oder Risikofaktoren für eine KHK zu profitieren. Die von der American Heart Association und dem American College of Cardiologists herausgegebenen Richtlinien [19] empfehlen die perioperative Gabe von β-Blockern bei kardialen Risikopatienten. Obwohl viele Anästhesisten um die positiven Effekte einer perioperativen Blockade bei kardialen Risikopatienten wissen, kommt sie nur bei einem geringen Prozentsatz zur routinemäßigen Anwendung (. Abb. 3; [61, 67]). Van den Kerkhof et al. [67] werteten die Ergebnisse einer Umfrage unter kanadischen Anästhesisten aus. Von den 565 teilnehmenden Anästhesisten war einem großen Anteil (95%) die Literatur über perioperative β-Blockade bekannt. Von diesen wiederum stimmten 93% darin überein, dass KHK-Patienten von einer perioperativen β-Blockade profitieren. Jedoch wurden β-Blocker bei KHK-Patienten nur von 57% regelmäßig eingesetzt. Bei der Umsetzung einer perioperativen β-Blockade in der klinischen Praxis können Handlungsprotokolle von Nutzen sein. Zu diesem Zweck haben wir in unserer Institution, basierend auf den verfügbaren Daten, einen 7 Algorithmus entwickelt, mit dessen Hilfe Risikopatienten identifiziert werden und eine β-Blockade begonnen werden kann (. Abb. 4). Die Risikofaktoren entsprechen denen in der Studie von Mangano et al. [46] verwendeten. In einzelnen Fällen kann es sinnvoll sein, Patienten, die neu auf einen β-Blocker eingestellt werden, kardiologisch zu betreuen. Dies kann entweder präoperativ geschehen oder, falls dies zeitlich nicht möglich ist, postoperativ. Bei der Anwendung solcher Leitlinien sollte jedoch stets die individuelle Situation des Patienten berücksichtigt werden. Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, nach sorgfältiger Prüfung der verfügbaren Informationen und dem klinischen Erscheinungsbild vom vorgegebenen Schema abzuweichen [38].

Die perioperative β-Blockade bei kardialen Risikopatienten kommt nur bei einem geringen Prozentsatz zur routinemäßigen Anwendung

7 Algorithmus

Pharmaökonomische Aspekte Der Kosteneffektivität einer Behandlung kommt bei steigenden Kosten im Gesundheitssystem eine immer größere Bedeutung zu. Biccard errechnete eine „number needed to treat“ (NNT) von 18,5 für Patienten mit hohem kardialem Risiko, um 1 kardiovaskuläre Komplikation zu verhindern, basierend auf 8 Studien (1152 Patienten) zur perioperativen β-Blockade [8]. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass kardiale Komplikationen durch eine β-Blockade kosteneffektiv vermindert werden können. Zu bedenken ist jedoch, dass diese Berechnung für Hochrisikopatienten gilt und dass Kosten zur Behandlung unerwünschter Nebenwirkungen wie Hypotonie und Bradykardie bei Patienten mit niedrigerem Risiko den kostensparenden Effekt wieder aufheben können.

Kardiale Komplikationen können durch eine β-Blockade kosteneffektiv vermindert werden

Statine Statine (3-HMG-CoA-Reduktase-Hemmer) werden eingesetzt, um den Cholesterinspiegel im Blut zu senken. Es konnte belegt werden, dass sie kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Ereignisse [28, 65] bei Patienten mit KHK oder mit Risikofaktoren für eine KHK vermindern können. Dies wird zum einen direkt auf die lipidsenkende Wirkung zurückgeführt, zum anderen auf sog. 7 pleiotrope Effekte. Diese sollen zur Stabilisierung atherosklerotischer Plaques führen und somit einer Ruptur mit anschließender Thrombosierung und Gefäßokklusion vorbeugen.

7 Pleiotrope Effekte

Lipidsenkende Wirkung Statine hemmen die Cholesterolsynthese und senken den LDL-Cholesterinspiegel. Durch die verminderte endogene Cholesterolproduktion kommt es zu einer Zunahme der Dichte an LDL-Rezeptoren auf der Zelloberfläche, was zu einer erhöhten Aufnahme von LDL-Partikeln aus dem Plasma Der Anaesthesist 3 · 2007

| 293

Durch erhöhte Aufnahme von LDLPartikeln aus dem Plasma wird die Bildung atherosklerotischer Plaques vermindert

Pleiotrope Effekte der Statine führen zur Stabilisierung atherosklerotischer Plaques

führt. Dadurch wird die Bildung atherosklerotischer Plaques vermindert. Man geht davon aus, dass eine Senkung des LDL-Spiegels um 30 mg/dl mit einer relativen Risikoreduktion für eine KHK von 30% einhergeht [28].

Pleiotrope Mechanismen Pleiotrope Effekte der Statine führen über verschiedene Wege zur Stabilisierung atherosklerotischer Plaques. Sie reduzieren die Größe des Lipidkerns, inhibieren die Neovaskularisation und modulieren inflammatorische Prozesse, was sich in einer Senkung des C-reaktiven Proteins (CRP) widerspiegelt. Sie verbessern die Endothelfunktion und den arteriellen Blutfluss, indem sie unter anderem die Expression der endothelialen NO-Synthase steigern und Endothelin 1 reduzieren. Weiterhin inhibieren sie die Plättchenfunktion bei Förderung der Fibrinolyse [7, 17].

Studien Eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse durch perioperative Statintherapie konnte in klinischen Studien gezeigt werden

7 Rhabdomyolyse

Eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse durch eine perioperative Statintherapie konnte in verschiedenen klinischen Studien gezeigt werden. In einer prospektiven, randomisierten und placebokontrollierten Doppelblindstudie von Durazzo et al. [18] wurde die protektive Wirkung von Artovastatin bei gefäßchirurgischen Patienten (n=100) untersucht. Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse war in der Atorvastatingruppe um den Faktor 3,1 niedriger (. Abb. 5). Retrospektive Studien mit großen Patientenzahlen [39, 52] konnten ebenfalls protektive Effekte zeigen. Es bleiben jedoch offene Fragen, etwa wann eine perioperative Statintherapie begonnen werden sollte und wie lange sie postoperativ weitergeführt werden sollte. In der Studie von Durazzo et al. [18] erhielten die Patienten Statine durchschnittlich 31 Tage (2–45 Tage) präoperativ, die Therapie wurde postoperativ fortgesetzt (perioperative Therapie insgesamt 45 Tage). Postoperatives Absetzen einer Statintherapie scheint das Risiko kardialer Ereignisse zu erhöhen [14]. Eine wesentliche Komplikation einer Statintherapie ist die statininduzierte Myopathie oder 7 Rhabdomyolyse. In der perioperativen Phase kann dieses Risiko durch verschiedene Faktoren erhöht werden, wie etwa eine eingeschränkte Nierenfunktion oder die Verwendung verschiedenster Medikamente. Die Anwendung von Analgetika kann darüber hinaus die auftretenden Symptome maskieren. Das Risiko für diese Komplikationen ist insgesamt jedoch gering [7, 17]. Statine scheinen also bei einem eher geringen Risiko perioperativ eine kardioprotektive Wirkung zu haben. Die Ergebnisse großer randomisierter Studien, wie der DECREASE-IV-Studie [59], sind hier jedoch noch abzuwarten.

Pharmaökonomische Aspekte

Durch eine perioperative Statintherapie können Kosten eingespart werden

Ähnlich wie für die perioperative β-Blockade führte Biccard [6] eine Kosten-Nutzen-Analyse für eine perioperative Statintherapie durch. Er errechnete eine NNT von 15, um 1 kardiovaskuläre Komplikation zu verhindern. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass durch eine perioperative Statintherapie Kosten eingespart werden können, auch wenn man Kosten für Labortests zum Entdecken von Enzymerhöhungen und die Behandlung unerwünschter Nebenwirkungen mit einbezieht [6].

Alternativen α2-Agonisten

7 Clonidin

294 |

Der Anaesthesist 3 · 2007

α2-Agonisten wie Clonidin, Mivazerol und Dexmedetomidin verbessern die hämodynamische Stabilität, vermindern die zentrale Katecholaminfreisetzung und dilatieren poststenotische Koronararterien [16, 56]. Entsprechend können sie ebenfalls die kardiale Morbidität und Letalität in der perioperativen Phase positiv beeinflussen. Eine Metaanalyse [73] zeigte insgesamt eine Reduktion von Letalität und Myokardinfarkt bei gefäßchirurgischen Patienten. In einer prospektiven, randomisierten Doppelblindstudie konnte durch die perioperative Gabe von 7 Clonidin die 2-Jahres-Letalität gesenkt werden, nicht jedoch die Rate an perioperativen Myokardinfarkten [73].

CME Thorakale Epiduralanalgesie Eine thorakale Epiduralanalgesie (TEA) scheint ebenfalls kardiovaskuläre Komplikationen bei KHK-Patienten zu vermindern, im Besonderen wenn sie postoperativ fortgeführt wird [4]. Die Sympathikolyse thorakaler Segmente führt zu einer Dilatation der Koronararterien und verbessert so den koronaren Blutfluss und die myokardiale Funktion. Weiterhin kann eine TEA das Herz vor einer Tachykardie schützen und somit die myokardiale Sauerstoffbalance positiv beeinflussen. Auch im nichtoperativen Umfeld stellt die TEA eine Option zur Behandlung einer therapierefraktären Angina pectoris dar [64].

Die Sympathikolyse thorakaler Segmente führt zu einer Dilatation der Koronararterien

Koronare Revaskularisierung Ob eine präoperative koronare Revaskularisierung das perioperative Risiko von KHK-Patienten vermindern kann, ist noch nicht abschließend geklärt. McFalls et al. [47] konnten in einer kürzlich veröffentlichten Studie keine Reduktion der Letalität durch eine präoperative koronare Revaskularisierung beobachten. Das Risiko der Intervention selbst, ob 7 perkutane transluminale koronare Angioplastie (PTCA) oder Bypasschirurgie, muss sorgfältig gegen eventuelle protektive Effekte im Rahmen des geplanten chirurgischen Eingriffs abgewogen werden. Hinzu kommt das Risiko von Patienten nach einer PTCA, perioperativ die Thrombozytenaggregation fortzuführen (Risiko von Hämorrhagien) oder abzusetzen (Risiko einer Stentthrombose; [33]). Es wird empfohlen, den chirurgischen Eingriff nach einer 7 Bypassoperation um 4 Wochen und nach einer PTCA mit „bare metal stent“ um mindestens 6 Wochen zu verschieben [16]. Da die Endothelialisierung jedoch nicht immer nach 6 Wochen bereits abgeschlossen ist, werden von einigen Autoren sogar Intervalle von mehr als 3 Monaten zwischen Stenteinlage und chirurgischem Eingriff empfohlen [68]. Allgemein wird empfohlen, der Entscheidung für eine koronare Revaskularisierung vor einer Operation die selben Kriterien zugrunde zu legen wie bei Patienten ohne geplanten chirurgischen Eingriff [19].

7 Perkutane transluminale koronare Angioplastie

7 Bypassoperation

Fazit für die Praxis Perioperativ auftretende kardiovaskuläre Komplikationen sind verantwortlich für eine erhöhte Morbidität und Letalität im Rahmen chirurgischer Eingriffe. Die Behandlung dieser Komplikationen zieht hohe Kosten nach sich und fordert die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen. Aufgrund der sich verändernden Altersstruktur der Bevölkerung ist in den westlichen Industrienationen mit einer Zunahme von Patienten mit kardiovaskulären Begleiterkrankungen zu rechnen. Der Prävention kardiovaskulärer Komplikationen kommt daher besondere Bedeutung zu. Dem Anästhesisten stehen hierzu verschiedene medikamentöse Therapieoptionen zur Verfügung. Die perioperative β-Blockade bei Patienten mit deutlich erhöhtem Risiko stellt eine Maßnahme zur Verminderung kardiovaskulärer Komplikationen dar. Eingesetzt werden sollten β1-selektive Präparate (z. B. Atenolol, Bisoprolol, Metoprolol, Esmolol), um β2-vermittelte Nebenwirkungen wie eine Bronchokonstriktion zu minimieren. Die Therapie sollte frühzeitig begonnen werden, um eine bessere Adaptation des Kreislaufs an die neuen Verhältnisse zu ermöglichen (Herzfrequenz zwischen 50 und 60/min). Postoperativ ist unbedingt auf die Weiterführung der Therapie zu achten, da hier das Risiko für ischämische Komplikationen am höchsten ist. Soll die β-Blockade nicht lebenslang fortgeführt werden, so empfiehlt sich eine Dosisreduktion über mehrere Wochen bis zum endgültigen Absetzen. Eine bereits präoperativ bestehende chronische β-Blockade sollte unbedingt weitergeführt werden. Bei Kontraindikationen gegen eine β-Blockade stehen alternative Maßnahmen zur Verfügung, wie etwa die Gabe von α2-Agonisten oder Statinen. Eine thorakale Epiduralanalgesie kann ebenfalls erwogen werden. Im Bedarfsfall können diese Maßnahmen auch in Kombination mit einer β-Blockade eingesetzt werden. Große randomisierte Studien zu sympatholytischen Kombinationstherapien stehen jedoch noch aus. Die Indikation zu einer präoperativen koronaren Revaskularisierung mittels perkutaner transluminaler Angioplastie mit oder ohne Stenteinlage sollte sehr sorgfältig und nach Rücksprache mit dem Kardiologen gestellt werden, da dann das perioperative Risiko für mindestens 6 Wochen, in Einzelfällen sogar bis zu 6 Monaten nach der Intervention, deutlich erhöht ist. Die Ergebnisse großer randomisierter Studien zur Effektivität einer perioperativen β-Blockade (POISE) oder einer β-Blockade in Kombination mit Statinen (DECREASE IV) werden erwartet. Der Anaesthesist 3 · 2007

| 295

Korrespondierender Autor Dr. Nils Butte Klinik für Anaesthesiologie, Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 110, 69120 Heidelberg [email protected] Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral.

Literatur 4. Beattie WS, Badner NH, Choi P (2001) Epidural analgesia reduces postoperative myocardial infarction: a metaanalysis. Anesth Analg 93: 853–858 7. Biccard BM, Sear JW, Foex P (2005) Statin therapy: a potentially useful peri-operative intervention in patients with cardiovascular disease. Anaestehsia 60: 1106–1114 9. Biccard BM, Sear JW, Foex P (2006) Acute peri-operative beta blockade in intermediate-risk patients. Anaesthesia 61: 924–931 11. Böttiger BW, Motsch J, Teschendorf P et al. (2004) Postoperative 12-lead ECG predicts peri-operative myocardial ischemia associated with myocardial cell damage. Anaesthesia 59: 1083–1090 13. Cohen MC, Aretz TH (1999) Histological analysis of coronary artery lesions in fatal postoperative myocardial infarctioin. Cardiovasc Pathol 8: 133– 139 16. Devereaux PJ, Beattie WS, Choi PT et al. (2005) How strong is the evidence for the use of perioperative beta-blockers in non-cardiac surgery? Systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ, doi:10.1136/bmj.38503.623646.8F 18. Durazzo AE, Machado FS, Ikeoka DT et al. (2004) Reduction in cardiovascular events after vascular surgery with atorvastatin: A radnomized trial. J Vasc Surg 39: 967–976 19. Eagle KH, Berger PB, Calkins H et al. (2002) ACC/AHA guidelines update for perioperative cardiovascular evaluation for noncardiac surgery – executive summary a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice Guidelines (Committee to Update the 1996 Guidelines on Perioperative Cardiovascular Evaluation for Noncardiac Surgery). Circulation 105: 1257–1267 27. Giles JW, Sear JW, Foex P (2004) Effect of chronic beta-blockade on perioperative outcome in patients undergoing non-cardiac surgery: an analysis of observational and case control studies. Anaesthesia 59: 574–583 28. Grundy SM, Cleeman JI, Merz CN et al. (2004) Implications of recent clinical trials for the National Cholesterol Education Program Adult Treatment Panel III Guidelines. Circulation 110: 227–239

296 |

Der Anaesthesist 3 · 2007

32. Juul AB, Wetterslev J, Gluud C et al. (2005) Effect of perioperative betablockade in patients with diabetes undergoing major non-cardiac surgery: randomised placebo controlled, blinded multicentre trial. BMJ 332: 1482 33. Kaluza GL, Joseph J, Lee JR et al. (2000) Catastrophic outcomes of noncardiac surgery soon after coronary stenting. J Am Coll Cardiol 35: 1288–1295 40. Lindenauer PK, Pekow P, Wang K et al. (2005) Perioperative beta-blocker therapy and mortalitiy after major noncardiac surgery. N Engl J Med 353: 349–361 42. Mackey WC, Fleisher LA, Haider S et al. (2006) Perioperative myocardial ischemic injury in high-risk vascular surgery patients: Incidence and clinical significance in a prospective clinical trial. J Vasc Surg 43: 533–538 46. Mangano DT, Layug EL, Wallace A, Tateo I (1996) Effect of atenolol on mortality and cardiovascular morbidity after noncardiac surgery. N Engl J Med 335: 1713–1720 47. McFalls EO, Ward HB, Moritz TE et al. (2004) Coronary-artery revascularization before elective major vascular surgery. N Engl J Med 351: 2795– 2804 48. McGory ML, Maggard MA, Ko CY (2005) A meta-analysis of perioperative beta blockade: What is the actual risk reduction? Surgery 138: 171–179 53. POBBLE Trial Investigators (2005) Perioperative beta-blockade (POBBLE) for patients undergoing infrarenal vascular surgery: Results of a randomized double-blind controlled trial. J Vasc Surg 41: 602–609 54. POISE Trial Investigators (2006) Rationale, design, and organization of the PeriOperative ISchemic Evaluation (POISE) Trial: A randomized controlled trial of metoprolol versus placebo in patients undergoing noncardiac surgery. Am Heart J 152: 223– 230 55. Poldermans D, Boersma E, Bax JJ et al. (1999) The effect of bisoprolol on perioperative mortalitiy and myocardial infarction in high risk patients undergoing vascular surgery. N Engl J Med 341: 1789–1794

56. Priebe HJ (2005) Perioperative myocardial infarction – aetiology and prevention. Br J Anaesth 93: 9–20 66. Urban MK, Markowitz SM, Gordon MA et al. (2000) Postoperative prophylactic administration of betaadrenergic blockers in patients at risk for myocardial ischemia. Anesth Analg 90: 1257–1261 67. Van Den Kerkhof EG, Milne B, Parlow JL (2003) Knowledge and practice regarding prophylactic perioperative beta-blockade in patients undergoing noncardiac surgery: a survey of canadian anesthesiologists. Anesth Analg 96: 1558–1565 68. Vicenzi MN, Leislitzer T, Heitzinger B et al. (2006) Coronary artery stenting and non-cardiac surgery – a prospective outcome study. Br J Anaesth 96: 686–693 71. Wallace AW, Galindez D, Salahieh A et al. (2004) Effect of clonidine on cardiovascular morbidity and mortality after noncardiac surgery. Anesthesiology 101: 284–293 72. Wiesbauer F, Schlager O, Domanovits H et al. (2007) Perioperative β-blockers for preventing surgery-related mortality and morbidity: a systematic review and meta-analysis. Anesth Analg 104: 27–41 78. Zaugg M, Tagliente T, Lucchinetti E et al. (1999) Beneficial effects from beta-adrenergic blockade in elderly patients undergoing noncardiac surgery. Anesthesiology 91: 1674–1686

Das komplette Literaturverzeichnis ... ... finden Sie in der elektrischen Version dieses Beitrags unter DerAnaesthesist.de

CME

Fragen zur Zertifizierung Was trifft für die Pathophysiologie perioperativer Myokardischämien nicht zu? o Durch eine Tachykardie kann es zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und -bedarf kommen. o In der perioperativen Stresssituation kann es zur Ruptur koronarer atherosklerotischer Plaques kommen. o Eine arterielle Hypertonie wirkt sich ungünstig auf die myokardiale Sauerstoffbalance aus. o Durch eine Verlängerung der Diastolendauer können β-Blocker den koronaren Blutfluss verbessern. o Eine Verminderung der myokardialen Wandspannung erhöht den Sauerstoffbedarf des Herzens. Welche Aussage zum Einsatz von β-Blockern zur perioperativen Kardioprotektion ist richtig? o Wenn möglich, sind nichtselektive β-Blocker zu bevorzugen. o Bei der Wahl des β-Blockers sollten die für das jeweilige Präparat spezifischen Eigenschaften (z. B. Wirkdauer, Metabolisierung, Nebenwirkungsprofil) beachtet werden. o Hypotonie und Bradykardie sind keine typischen Nebenwirkungen für eine β-Blockertherapie. o Eine perioperative β-Blockade sollte erst postoperativ begonnen werden.

o

Die angestrebte Herzfrequenz des Patienten sollte nicht unter 80/min liegen.

Was trifft für die Durchführung einer akuten perioperativen βBlockade nicht zu? o Die β-Blockade sollte frühzeitig, wenn möglich bereits Tage bis Wochen vor dem operativen Eingriff, begonnen werden. o Angestrebt werden Herzfrequenzen zwischen 50 und 60/ min. o Die Therapie sollte ausschleichend beendet werden. o Es ist mit einem verminderten Auftreten von Bradykardien und Hypotonien zu rechnen. o Besonders in der unmittelbaren postoperativen Phase sollte auf die Weiterführung der β-Blockade geachtet werden, da hier die Gefahr myokardialer Ischämien am höchsten ist. Was trifft für das Risiko von Patienten unter chronischer βBlockertherapie zu? o Eine Kombination mit anderen kardioprotektiven Maßnahmen kann sinnvoll sein. o Eine temporäre Erhöhung der Dosierung des β-Blockers ist bei chronisch β-blockierten Patienten kein möglicher kardioprotektiver Ansatz. o Ein Absetzen der chronischen Therapie beeinflusst das perioperative Risiko nicht. o Unter chronischer β-Blockade kommt es zu einer Abnahme der β-Rezeptorendichte.

o

Bitte beachten Sie: Antwortmöglichkeit nur online unter: CME.springer.de Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. Es ist immer nur eine Antwort möglich.

Aufgrund des selben Angriffspunkts ist eine Kombination mit α2-Agonisten nicht sinnvoll.

Was trifft für die unerwünschten Wirkungen von βBlockern nicht zu? o Eine engmaschige Kontrolle der Kreislaufparameter zur frühzeitigen Erkennung von unerwünschten Nebenwirkungen ist empfehlenswert. o Eine vorbestehende Herzinsuffizienz kann sich verschlechtern. o Es kann zum Auftreten von atrioventrikulären Überleitungsstörungen kommen. o Eine Bronchialobstruktion kann Folge einer β-Blockertherapie sein. o Auftretende Hypotonien und Bradykardien lassen sich in den meisten Fällen nur unzureichend behandeln. Was trifft für die Auswahl von Patienten zur perioperativen βBlockade zu? o Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit sollten keine βBlockertherapie erhalten. o Das Vorhandensein von nur 2 Risikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit ist keine Indikation für eine perioperative β-Blockade. o Bei Beginn einer perioperativ durchzuführenden β-Blockade sind Kontraindikationen sorgfältig zu prüfen. o Algorithmen zur perioperativen β-Blockade erschweren den klinischen Alltag.

o

Aufgrund der durchgeführten Studien gibt es klare Empfehlungen über die Dauer einer postoperativen Fortsetzung der β-Blockade.

Welche Aussage zu den kardioprotektiven Effekten der Statine trifft nicht zu? o Die lipidsenkende Wirkung hat einen kardioprotektiven Effekt. o So genannte pleiotrope Mechanismen führen zur Plaquestabilisierung. o Statine modulieren inflammatorische Prozesse. o Statine sollten perioperativ weiter verabreicht werden. o Statine hemmen die endotheliale NO-Synthase. Welche Aussage zu den folgenden kardioprotektiven Maßnahmen trifft nicht zu? o α2-Agonisten stellen eine Alternative oder Ergänzung zur perioperativen β-Blockade dar. o Eine Anämie kann die Sauerstoffbalance negativ beeinflussen. o Eine suffiziente postoperative Schmerztherapie kann ebenfalls das Risiko kardialer Komplikationen vermindern. o Eine Hypothermie hat keinen negativen Einfluss auf das Verhältnis von Sauerstoffangebot und -verbrauch. o Die Vermeidung von psychischem Stress kann den myokardialen Sauerstoffverbrauch vermindern.

D Mitmachen, weiterbilden und CME-Punkte sichern durch die Beantwortung der Fragen im Internet unter CME.springer.de Der Anaesthesist 3 · 2007

| 297

Welche Aussage zur thorakalen Epiduralanalgesie trifft zu? o Eine thorakale Epiduralanalgesie ist eine Alternative zur Behandlung einer therapierefraktären Angina pectoris. o Die Blockade thorakaler Segmente führt zur Abnahme des myokardialen Blutflusses. o Ein Schutz vor einer Tachykardie kann nicht erreicht werden. o Durch die thorakale Sympathikolyse wird der Sauerstoffverbrauch des Herzens erhöht. o Eine thorakale Epiduralanalgesie darf nicht bei β-blockierten Patienten durchgeführt werden. Welche Aussage zur präoperativen koronaren Revaskularisierung trifft nicht zu? o In den ersten 4 Wochen nach einer koronaren Angioplastie mit Stenteinlage ist das perioperative Risiko deutlich erhöht. o Die Endothelialisierung von koronaren Stents ist schwer vorherzusehen und kann weit über 6 Wochen andauern. o Die Indikation für eine koronare Angioplastie mit oder ohne Stenteinlage sollte aufgrund des bevorstehenden Eingriffs gestellt werden. o Das Absetzen der Thrombozytenaggregationshemmung ist problematisch, da hierdurch das Risiko einer Stentthrombose zunimmt. o Das Risiko der Revaskularisierung selbst muss gegen eventuelle protektive Effekte der Intervention abgewogen werden.

298 |

Der Anaesthesist 3 · 2007

Diese Fortbildungseinheit ist 12 Monate auf CME.springer. de verfügbar. Den genauen Einsendeschluss erfahren Sie unter CME.springer.de