Pädagogische Bausteine für die Arbeit in katholischen Tageseinrichtungen für Kinder

Jahrgang 4, Ausgabe 9 September 2009

Pädagogischer Baustein

Sprache stärken Einleitung

In dieser Ausgabe: Sprache stärken Seite Einleitung 1 Die Sprachentwicklung 2 Die Schreiperiode 3 Die erste und zweite Lallperiode 3 Die Periode des Wortverständnisses 4 Sprachförderrelevantes Verhalten im Alltag 6 Rhythmus und Melodie der Sprache 6 Bedeutung der Wörter verstehen 7 Grammatik 7 Sprache ermöglicht (Nach)Denken: Kognition 8 Sprache als Kommunikationsmittel 8 Ein paar Bemerkungen zur Mehrsprachigkeit 10 Reflektion und Weiterentwicklung des sprachförderlichen Verhaltens der Fachkraft 10 Sprachstandserhebungen - Beobachten und Dokumentieren 11 Literatur- und Medienempfehlungen 11

Herausgeber: Caritasverband für die Diözese Limburg e.V.

Referat Kinderhilfe Graupfortstraße 5 65549 Limburg a.d. Lahn

Pädagogische Bausteine 9/2009

„Sprache und Kommunikation sind für die Gestaltung des Lebens von zentraler Bedeutung. Sprachentwicklung gehört zu den wichtigsten Aufgaben einer Kindertagesstätte. Sprache hat neben der verbalen eine nonverbale, neben der inhaltlichen auch eine emotionale Dimension. All diese Dimensionen sind Voraussetzungen für die Kommunikation im Glauben.“ (aus: „Bildung und Erziehung in katholischen Kindertageseinrichtungen“ - Leitfaden der Bistümer in Hessen zur Umsetzung des Hessischen Bildung- und Erziehungsplans) Die Bedeutung der Sprachkompetenz für eine gelingende Kommunikation und damit auch für den Bildungsstand und den damit verbundenen Chancen in der Lebens- und Arbeitswelt ist unbestritten. Wer „Sprache stärken“ will, muss Kenntnisse über Sprachentwicklung und Methoden der Sprachförderung besitzen. Wichtig erscheint uns aber auch der Blick auf „Sprachförderrelevantes Verhalten“ in der Einrichtung und eine positive Haltung der Fachkräfte gegenüber dem Potential der Kinder und Eltern. So kann zum Beispiel die Mehrsprachigkeit von Kindern mit Migrationshintergrund als Herausforderung und als Chance gesehen werden und nicht als Belastung. Im Rahmen der Bildungsdebatte ist die Spracherziehung und -förderung in Kindertageseinrichtungen verstärkt ins Blickfeld geraten. Eine unüberschaubare Zahl von Veröffentlichungen und Stellungnahmen zu diesem Thema, vielfältige Sprachförderprogramme und nicht zuletzt Sprachtests und Sprachstandserhebungen kursieren auf dem „Fachmarkt“ und somit auch in den Einrichtungen. Neben einigen grundsätzlichen Ausführungen möchten wir mit dem vorliegenden Baustein deshalb auch eine Orientierungshilfe bieten und Empfehlungen aus unserer Sicht geben. Wie Sie es von der Fachberatung gewohnt sind, sind die Ausführungen dabei als Anregungen zu verstehen. Befassen Sie sich in Ihrem Team mit der Thematik und finden Sie für Ihre Einrichtung das passende Konzept einer Sprachförderung für die Ihnen anvertrauten Kinder. Hierzu - und entsprechend bei dem Studium dieses Bausteins - wünschen wir Ihnen viel Freude und Erfolg.

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Checkliste

Die Sprachentwicklung des Kindes Für die Entwicklung der Sprache und das Erlernen des Sprechens sind einige Vorbedingungen erforderlich. Einerseits sind das angeborene Anlagen und Fähigkeiten und andererseits Einflüsse aus der Umwelt des Kindes. Vier Anlagen, die für die normale Entwicklung der Sprache besonders wichtig sind: 1. Die akustisch-optische Entwicklung Das Gehör wird allgemein als wichtigste Vorbedingung der Sprachentwicklung angesehen. Bei einem normal hörenden Kind entsteht bald zwischen dem Hör- und dem Bewegungsanalysator in der Großhirnrinde eine Verbindung. Das erste äußerliche Merkmal dieser Verbindung ist das Hinwenden des Kopfes oder der Augen des Säuglings in Richtung der Schallquelle. Dieses Richtungshören tritt mit Beginn des zweiten Monats ein. Auch der Gesichtssinn ist für die Entwicklung der Sprache des Kindes wichtig. Das Kleinkind beobachtet die Mundbewegungen des Sprechenden und berührt sogar seine Lippen und die Zunge mit den Lippen. Mit dem Gesichtssinn beobachtet das Kind auch die Mimik und die verschiedenen Gebärden, mit denen wir ihm die Bedeutung des Wortes veranschaulichen. Der Gesichtssinn allein reicht aber zur Ausbildung der Lautsprache nicht aus. Es ist vorteilhaft, dem Kind gut sichtbare Silbenreihen mit übertriebenen Artikulationsbewegungen vorzusprechen und es dadurch zur Nachahmung anzuregen. Damit wird die Seh-Hörverbindung geübt. 2. Die motorisch-kinästhetische Entwicklung des Muskelsinns Schon das Neugeborene zeigt reflektorische Atembewegungen, Saugbewegungen und Bewegungen der Gliedmaßen. Der erste Schrei des Kindes nach der Geburt ist ein reflektorischer Vorgang, der durch die erste Ausatmung entsteht. Man kann an ihm den einfachsten physiologischen Vorgang der Lautbildung beobachten. Das Schreien des Kindes in den folgenden Lebenstagen wird durch die nach Abhilfe verlangenden Unlustgefühle ausgelöst. 3. Die psychomotorische Entwicklung Diese Entwicklung ist eine Folge der Reifung der höheren Nerventätigkeit des Kindes. Aus unwillkürlichen Bewegungen entstehen willkürliche Bewegungen und Lautäußerungen. Nach Bühler spielt das Prinzip der Auswahl der Bewegungen durch Erfolg und Misserfolg eine ausschlaggebende Rolle. Wenn zufällige (unwillkürliche) Lautäußerungen dem Kind die Erfüllung bestimmter Bedürfnisse bringen, dann beginnt es, solche Lautstereotypen willkürlich zu bilden. 4. Die allgemein körperlich-geistige Entwicklung Diese Entwicklung ist eine Vorbedingung für die Ausreifung der Verstandstätigkeit. In physiologischer Hinsicht hat dabei die Entstehung bedingter Reflexe eine große Bedeutung. Die Assoziation von Gegenständen und Wörtern wird durch ein rasch wachsendes Gedächtnis festgehalten. Wichtige Voraussetzungen zur Sprachentwicklung sind der ererbte Nachahmungstrieb und die ersten Anfänge des Gemütslebens. Das Innenleben bildet später einen der mächtigen Antriebe zum Erlernen der Sprache. Über die Sprachentwicklung des Kindes gibt es eine fast unüberschaubare Anzahl von Arbeiten namhafter Pädagogen, Ärzte, und Psychologen 2

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Von Ihnen seien genannt: A. Kussmaul, W. Preyer, H. Gutzmann, U. Nadoleczny, W. Wundt, E.F. Neumann, W. u. Cl. Stern, K. Bühler, F. Kainz, R. Luchsinger, K. Ohnesorg, G. E. Arnold, A. Gesell, O.C. Irwin, U.H. Maeder, u. a. Fast alle Arbeiten über die Sprachentwicklung des Kindes halten sich an die Einteilung von Kussmaul. Die Stadien der Sprachentwicklung lassen sich nicht auf bestimmte Zeitpunkte festlegen, sondern können je nach Voraussetzungen und äußeren Einflüssen erheblich schwanken. Folgende Angaben sind nur ungefähre Werte, die eine Orientierungsgrundlage bieten. Die Schreiperiode Erstes Vierteljahr Für den Säugling ist das Schreien die einzige Möglichkeit, sich der Umwelt bemerkbar zu machen und ein Verlangen anzuzeigen. Er entwickelt ein „moduliertes“ Schreien. Es dient der Äußerung subjektiver Zustände. Wenn er nass ist, schreit der Säugling anders als wenn er Hunger hat. Ausdruck der Abwehr: harter Stimmeinsatz; Ausdruck des Wohlbefindens: weicher Stimmeinsatz. Das Schreien ist eine Vorübung für das Sprechen lernen, zum einen in Bezug auf Atmung und Atmungsmuskulatur, zum anderen für die Ausbildung der Stimme. Vom dritten Monat an achtet der Säugling bereits auf den Stimmklang der Mutter, wenn sie zu ihm tritt und mit ihm spricht. Die erste und zweite Lallperiode Zweites und drittes Vierteljahr: Spielerisch und ohne Absicht wird die Beweglichkeit der Sprechorgane für das spätere Sprechen lernen trainiert. Eine motorische Funktionslust bzw. der Bewegungsdrang (z. B. strampeln) gibt dazu den Antrieb. Das Lallen bereitet dem Säugling sichtbar Freude. Er führt Lallmonologe (längere Selbstgespräche). Zuerst hört man nur Vokale, sehr bald werden auch Konsonanten gebildet und sogar Laute, die in unserer Sprache gar nicht vorkommen. Das Kind erprobt die Bewegungsmöglichkeiten von Lippen, Zunge, Kiefer und Gaumen auf spielerische Weise. Diese Lallperiode, das Spielen mit dem Mund unter Mitwirkung der Stimme, ist sehr wichtig für das Sprechen lernen. Die Lautbildungen, die der Säugling (drittes Vierteljahr) von seiner Umgebung hört und aufgreift, werden immer gezielter und melodischer. Das Gehör hat sich weiterentwickelt. Das Kind kann die Stimmen der Erwachsenen unterscheiden, es hört auf seinen Rufnamen und reagiert auf Gesang und Musik. Durch die Entwicklung des Gehörs wird das Kind befähigt, sein eigenes Lallen bewusst zu erleben. Es lauscht gespannt auf seine eigenen Laute, erfreut sich daran und formt sie wieder neu. Über das Gehör erfolgt gleichzeitig die Kontrolle der hervorgebrachten Laute. Über die Selbstnachahmung kommt das Kind zu einer wichtigen Periode der Fremdnachahmung. Mit der weiteren Entwicklung des Gehörs und der Artikulationsgeschicklichkeit wird das Kind befähigt, auch Ausrufe und Silben von Erwachsenen nachzuahmen. In der Sprachentwicklung nimmt von jetzt an das Gehör die leitende Rolle ein: Das Kind beginnt auf bekannt Worte zu hören. Das ist der Beginn des Sprachverständnisses. Pädagogische Bausteine 9/2009

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Checkliste

Die Periode des Wortverständnisses Viertes Vierteljahr: Das Kind tritt jetzt in die Periode des reflektorischen Wiederholens. Diese Wiederholungen werden als „Echolaute“ bezeichnet. Zunächst wiederholt das Kind einzelne Silben aus Wörtern, die ihm die Mutter vorgesprochen hat, ohne allerdings den Sinn zu verstehen. Etwa im elften Lebensmonat können diese Silben schonen einen Sinn tragen. „ham-ham“ z.B. bedeutet: „Ich möchte das haben.“ Bei den ersten Sprechversuchen des Kindes sind auch das Auge und der Tastsinn miteinbezogen. Es achtet auf das Mienenspiel des zu ihm Sprechenden, sieht auf den Mund und versucht, die Bewegungsabläufe des Mundes mit den Fingern zu ertasten. Es versteht z.B. auch das Kopfnicken für „ja“. Diese Gebärdensprache benutzt das Kind auch selbst, um sich verständlich zu machen. Einfache Anforderungen seiner Erzieher/innen befolgt das Kind und hat erfasst, dass auch seinen lautlichen Wunschäußerungen nachgekommen wird. Das Wortverständnis beginnt sich zu entwickeln. Kurze Sätze nimmt das Kind global als komplexe Lautgebilde wahr. Für das ungefähre Erfassen des Sinns ist es bedeutend, mit welchem Klang die Worte oder Sätze gesprochen werden. In der Periode der „Echolaute“ werden die Lallsilben „ma-ma“ und „pa-pa“ am häufigsten gebracht, weil sie für das Kind leicht zu bilden sind. Diese Worte werden von den Eltern immer wieder vorgesprochen und dabei deuten sie auf die jeweilige Person. Gegen Ende des ersten Lebensjahres spricht das Kind sinnbezogen. Es beginnt zu begreifen, dass es sich mit Lautformulierungen verständlich machen kann. Zweites und drittes Lebensjahr: Ohne dass das Kind schon sprechen kann, lernt es sehr früh zu verstehen, was die Eltern ihm sagen. Durch Mienen und Gebärden zeigt es deutlich, dass es weiß, was z. B. „Spazierengehen“ bedeutet. Dies nennt man den passiven Wortschatz des Kindes. Die von ihm im sprachlichen Umgang gebrauchten Wörter nennt man den aktiven Wortschatz, den das Kind in den ersten Monaten des zweiten Lebensjahres aufzubauen beginnt. Da die gesprochenen Wörter noch sehr stark an das Lallen erinnern, nennt man sie auch Lallwörter. Der „Einwortsatz“ ist das charakteristische Merkmal dieser Entwicklungsphase. Vorerst kann das Kind seinen Gedankengang nur in ein einzelnes Wort legen. Der Erwachsene muss auch den unterschiedlichen Tonfall des von dem Kind gesprochenen Wortes beachten. Je nach Modulation der Stimme und begleitender Gebärden bringt es zum Ausdruck, ob es z. B: einen Gegenstand haben möchte oder ihn nur wahrnimmt. Mit einem Wort wird alles ausgedrückt, was wir Erwachsene mit einem langen Satz sagen. Etwa ein halbes Jahr lang spricht das Kind in „Einwortsätzen“. In dieser Entwicklungsphase benutzt es einmal aufgenommene Begriffe auch für alle ähnlichen Dinge, z. B. benutzt es das Wort „Auto“ für alle anderen Fahrzeuge, die vier Räder haben. Das Sprachverständnis des Kindes hat sich bereits so erweitert, dass es erkennt, dass jedes Ding seiner Umwelt einen Namen hat. Man kann dem Kind Anweisungen geben, denen es auch folgen kann. Mit eineinhalb Jahren beherrscht das Kind im Durchschnitt 25 Wörter. Das Kind beginnt, mit der Sprache Gedanken auszudrücken. Mit den geistigen Fortschritten des Kindes entwickelt sich gleichzeitig die Sprache. Mit „Zweiwortsätzen“ kann es schon deutlicher sagen, was es will und was es bewegt. Immer mehr verschiedene Wörter werden zusammengestellt, bis schließlich auch der „Dreiwortsatz“ gebildet wird. Schritt für Schritt steigert sich so die sprachliche Ausdrucksfähigkeit. 4

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In dieser Entwicklungsphase liegt auch das erste Fragealter. Das Kind setzt sich verstärkt mit seiner Umgebung auseinander und erfragt dabei die Namen der Dinge, die es sieht. Es sind zumeist Gegenstände, die das Kind erfragt. Oft stellt es die Frage mehrmals, um sich den Begriff auch gut einzuprägen. In dieser Zeit bereichert das Kind sein Wissen, lernt viele neue Wörter und Wortzusammenstellungen. Am Ende des zweiten Lebensjahres beträgt der Wortschatz etwa 250 Wörter. Vom Beginn bis zum Ende des dritten Lebensjahres vollzieht sich eine rasche Entwicklung der Sprache. Das Kind beginnt in Mehrwortsätzen zu sprechen, die noch recht ungeformt sind. Die „Dreiwortsätze“, die bald durch neue Worte erweitert werden, sind vom Satzbau her noch sehr fehlerhaft. Diese Periode wird als „physiologischer Dysgrammatismus“ bezeichnet. Die Zeit des Stammelns, die jedes Kind länger oder kürzer durchläuft, ist eine weitere Auffälligkeit innerhalb der Sprachentwicklung. Unter Stammeln wird eine unkorrekte Lautbildung, das Weglassen und Auswechseln von schwierigen Lauten verstanden. Einen schwer zu sprechenden Laut wechselt das Kind gerne mit „T“ aus und sagt z. B. statt Kind „Tind“. Dieses so genannte „physiologische Stammeln“ ist in den ersten drei Jahren nicht als Störung anzusehen. Mit der weiteren Sprachentwicklung und der zunehmenden Geschicklichkeit der Sprechorgane wird die Lautbildung immer korrekter. Das Kind führt viele Selbstgespräche, die als egozentrisches Sprechen bezeichnet werden. Wenn es sich mit einem Spielmaterial beschäftigt, begleitet es sein Spiel meist auch mit der Sprache. Dieses Sprechhandeln ist ein wesentlicher Bestandteil der Hinführung zur inneren Sprache und damit zum Denken. Die Gedankenausformung zum äußeren, also lauten Sprechen wird als „Denksprechen“ bezeichnet. Mit dem inneren Sprechen werden alle Gemütsbewegungen und auch alle Informationen verarbeitet. Im dritten Lebensjahr bildet das Kind selbstständig Sätze, es stellt Fragen, kann Fragen beantworten, kann Zusammenhänge auf Bildern beschreiben und es kann kurze Reime auswendig lernen. Es spricht am Anfang in der Gegenwartsform und eignet sich neben den Hauptwörtern nun auch andere Wortarten an. Zunächst spricht es von sich selbst immer in der dritten Person und setzt seinen eigenen Namen voran, weil es mit seinem Namen gerufen wird. Dann aber bezeichnet es sich mit „ich“. Dies bedeutet, dass es auch als Persönlichkeit wächst und damit seinen Willensausdruck stärker herausstellt. Mit Ende des dritten Lebensjahres verfügt das Kind schon über etwa 800 Wörter im Sprachgebrauch. Viertes und fünftes Lebensjahr: Das zweite „Fragealter“ setzt gegen Ende des dritten Lebensjahres ein und erreicht Mitte des vierten Jahres seinen Höhepunkt. Die „Warum-Frage“ steht zunächst im Vordergrund. Das Kind hat so viele Dinge um sich, die seine Neugierde erwecken und die es ergründen möchte. Da sie ihm noch unverständlich sind, muss es sich mit seinen Fragen an Erzieher/innen wenden. Dabei lernt es Zusammenhänge zu begreifen und es erwirbt viel neues Wissen. Für die geistige Entwicklung des Kindes ist die Frageperiode eine ganz wichtige Phase. Die Fragen sind Kennzeichen für den Entwicklungsstand des Denkens. Mit dem Gebrauch aller Fragewörter („wozu, wohin, woher“ usw.) kann das Fragealter über das vierte Lebensjahr hinaus anhalten. Für Erzieher/innen ist es unbedingt erforderlich, die Pädagogische Bausteine 9/2009

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Fragen der Kinder ernst zu nehmen und sie in kindgemäßer und leicht verständlicher Form zu beantworten. Es ist immer zu bedenken, dass mit Frage und Antwort das Wissen der Kinder bereichert wird. Die sprachliche Entwicklung macht in der Vorschulzeit große Fortschritte. Die Sprache wird verständlicher und klarer, die Lautbildung verbessert sich und schwierigen Lautverbindungen weicht das Kind nicht mehr aus, sondern bemüht sich lautrichtig zu sprechen. Spätestens im Alter von fünf Jahren sollte das Erlernen der Sprache in den Grundsätzen abgeschlossen sein. Das Kind beherrscht nun alle Laute und Lautverbindungen. Es kann seine Gedanken, Absichten und Wünsche anderen Menschen mitteilen. Ein Merkmal gegen Ende des fünften Lebensjahres ist die bewusste kontrollierte Aussprache. Das Kind ist in der Lage eine Kurzgeschichte nachzuerzählen. Es hat gelernt, anderen zuzuhören und an einer Unterhaltung teilzunehmen. Der Verlauf des Spracherlernens und der Sprachentwicklung verläuft in allen Sprachen nach dem gleichen Muster. Daher ist davon auszugehen, dass Kinder, die in ihrer nicht-deutschen Erstsprache diese Entwicklungsschritte durchlaufen haben, die grundlegenden „Regeln“ der Sprache beherrschen und weitere Sprachen darauf aufbauen können. Was viele Sprachen unterscheidet sind Sprachmelodie, Lautrepertoire und die Grammatik. Durch Vorlesen, Erzählen, Reimen, Singen und vor allem beim Miteinander sprechen können Sie die Kinder beim Erlernen der Zweitsprache maßgeblich unterstützen. Sprachförderrelevantes Verhalten im Alltag Sprachförderung ist eine Querschnittsaufgabe, die sich durch alle Bereiche der täglichen Arbeit einer jeden Erzieherin/eines jeden Erziehers zieht. Ihnen als Fachkraft kommt die Aufgabe zu, langfristig und kontinuierlich alle Kinder in ihrem Spracherwerb zu begleiten und zu unterstützen. Für eine ganzheitliche und systematische Sprachförderung im Alltag der Kindertageseinrichtung ist ein solides Grundwissen über den Spracherwerb von Kindern notwendig sowie die Bereitschaft, das eigene Handeln immer wieder auf Aspekte der Sprachförderung hin zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Ausgangspunkt einer jeden sprachlichen Förderung muss die jeweilige sprachliche Kompetenz sein, die jedes Kind in seiner Erstsprache mit in die Einrichtung bringt und die individuell sehr unterschiedlich sein kann. Dabei gelingt Sprachförderung in „handlungsrelevanten“ Situationen, angeknüpft an Themen und Interessen der Kinder. Rhythmus und Melodie der Sprache Kinder lernen etwa bis zum Alter von 6 Jahren das vollständige Lautrepertoire sowie die Sprachmelodie ihrer Sprache(n). In der Kindergartenzeit gilt es das Gehör zu schulen sowie das Hören und Unterscheiden von Lauten wie „r“ und „l“ oder „d“ und „t“ zu lernen. l Insbesondere alle Klangspiele, Laut- und Leise Spiele, Geräuscheraten etc. bieten sich zur Schulung des Gehörs an. Für die Unterscheidung von Lauten eignen sich Reime und Lieder. 6

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l Besonders bedeutsam ist die deutliche Aussprache der Fachkraft, die ihr Alltagshandeln sprachlich und lautmalerisch begleitet. Um insgesamt die Fähigkeit Laute zu bilden und (Sprach-) Melodien nachzuahmen, zu üben, bieten sich Atemübungen und Übungen zur Mundmotorik an: l Ausprobieren der eigenen Stimme: „Brüllen wie ein Löwe“, „Piepsen wie ein Mäuschen“, „Zischen wie die Schlange“… l Unterschiedliche Stimmlagen ausprobieren: hoch und tief, laut und leise, hell und dunkel… l Wattebausch pusten, Salzstangen ohne Hände essen…. Für Kinder mit Zweitsprache Deutsch ist es wichtig, sich das Lautrepertoire der neuen Sprache anzueignen, insbesondere Laute, die in der Herkunftssprache nicht vorkommen. Dies gelingt durch das Sprachvorbild von Muttersprachler/innen der deutschen Sprache, z.B. bei ausführlichen Gesprächen zu Themen, die die Kinder interessieren! (z.B. beim Mittagessen, in der Bauecke, auf dem Außengelände…) Bedeutung der Wörter verstehen. Ein Wort ist mehr als bloße Lautfolge: Um ein Wort zu verstehen, muss man seine Bedeutung kennen und verstehen. Kinder beginnen mit dem Erwerb einzelner Wörter, deren Bedeutung jedoch sehr vielfältig sein kann: so kann das Wort „wauwau“ für ganz unterschiedliche Tiere stehen. Später wird die Bezeichnung ausschließlich für Hunde gewählt und noch später wird auch hier unterschieden zwischen Pudel und Schäferhund etc. In der Kindergartenzeit beginnen die Kinder zunehmend Wörter in Ober- und Unterbegriffe zu sortieren (Obst - Äpfel, Birnen, Kirschen…) und sie entwickeln auch die Fähigkeit abstrakte Wörter zu lernen. Um sich auszudrücken verwenden Kinder gerne Mehrzweckverben („tun“ und „machen“); dies wird im Laufe der Zeit weniger und durch speziellere Verben ersetzt (statt „ich mache ein Bild“ dann „ich male ein Bild“). Der Wortschatz erweitert sich und wird differenzierter. Unterstützend beim Erwerb und Verstehen der Wortbedeutungen und der Erweiterung des Wortschatzes wirken z.B. l Spiele wie Teekesselchen, zum Erkunden von Mehrfachbedeutungen von Wörtern, oder das Erkunden von Gegensatzpaaren, l die Begleitung des täglichen Ablaufes in der Kita durch vielfältige sprachliche Äußerungen, die auf den Anlass bezogen sind (z.B. wir essen/ verspeisen/ mampfen/ genießen/ probieren den Nachtisch beim Mittagessen). Gerade für ganz junge Kinder ist hier die Wickelsituation eine besondere Gelegenheit zur Förderung des Spracherwerbs durch die sprachliche Begleitung der pflegerischen Handlungen l Geschichten und Bilderbücher, die gemeinsam gehört, betrachtet und besprochen werden. Grammatik Mit dem Erwerb der Sprache erlernen Kinder auch die jeweilige Grammatik der Sprache. Besonders wichtig in der Kita ist das Sprachverhalten der Fachkräfte als Vorbild. Es gilt, keinen „verbalen“ Rotstift mit Korrekturen anzusetzen, sondern in Dialogen und Gesprächen mit dem Kind immer wieder auf den richtigen Gebrauch der Wörter zu achten und es anzuregen selbst Pädagogische Bausteine 9/2009

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Checkliste

zu sprechen. Besonders wichtig ist l das gute Sprachvorbild der Fachkraft mit grammatisch komplexen Sätzen: Statt „Kinder, aufräumen!“ lieber „Ich möchte, dass alle Kinder jetzt die Spielsachen aufräumen“ oder „Bitte räumt die Legosteine jetzt in den Kasten!“ l immer wieder Sprechanlässe für die Kinder zu schaffen und dabei im Gespräch selbst auf den richtigen und vielfältigen Gebrauch der Wörter und Sätze zu achten. Gerade auch mehrsprachigen Kindern prägen sich Sätze durch Lieder, Reime und Gedichte besonders gut ein. Sprache ermöglicht (Nach-)Denken: Kognition Im Laufe des Spracherwerbs lernen Kinder nicht nur Dinge zu benennen, sondern sie auch in Zusammenhänge zu setzen, sich zunehmend gedanklich mit Themen und Inhalten auseinanderzusetzen und Fantasiewelten zu erschaffen: Sie benennen den Bauklotz als Auto oder Puppenschrank und schon kann das Spiel mit ihm losgehen. So wird Sprache zum Mittel zur Gestaltung von Fantasieszenarien und bietet die Möglichkeit darin zu interagieren. („So tun also ob“-Spiele) Im Laufe der Kindergartenzeit entdecken Kinder die Welt durch die Brille der Sprache: l Sprache bietet ihnen die Möglichkeit, gemeinsam zu Handeln, zu Planen und zu Deuten sowie Zusammenhänge zwischen Ereignissen herzustellen l sie erkennen, dass andere Kinder andere Wünsche und Vorstellungen haben, dass man die Welt aus unterschiedlichen Perspektiven sehen kann (Perspektivenwechsel) l und sie legen zunehmend Wert auf Erklärungen und erklären selbst gerne; sie entwickeln eigene Theorien über die Welt. Eine gelungene Förderung im sprachlich-kognitiven Bereich wird unterstützt durch: l das Aufgreifen der Interessen der Kinder und das gemeinsame Gespräch hierüber, l das Bereitstellen von Materialien und Alltagsgegenständen, die sich vielfältig nutzen und interpretieren lassen (Tücher, Kartons, Holzklötze, …), l das Zulassen und Anregen von Rollenspielen und Fantasiespielen „Ich wäre der … und du wärst …“ sowohl im Innen- als auch im Außenbereich, l das Schaffen von Möglichkeiten für die Kinder planerisch tätig zu werden und mit ihnen gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden (z.B. Kinderkonferenz, Beteiligung an der Planung des Alltags in der Kita). Unverzichtbar ist die Haltung der Fachkraft, die die Erklärungen und Theorien von Kindern ernst nimmt und auf diese eingeht. Durch die Beachtung ihres sprachlichen Wissens (auch in der Erstsprache) und aller sprachlichen Äußerungen erhalten Kinder die Bestätigung, dass Sprache ein nützliches Werkzeug ist. Dies unterstützt die Motivation, weiter sprachlich aktiv zu sein. Wichtig: Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache erwerben diese sprachlich kognitiven Fähigkeiten oftmals in ihrer Erstsprache! Dies gilt es zu unterstützen. Sprache als Kommunikationsmittel Sprache ist wichtig für den zwischenmenschlichen Austausch. Sie stellt Kindern Hilfsmittel bereit, um Beziehungen aktiv zu gestalten, z.B. das Spiel in eine Richtung zu lenken oder Streitigkeiten zu lösen. Und sie stellt Hilfsmittel bereit für die Teilhabe (Partizipation) an sozialen Gemeinschaften, z.B. einen Vorschlag machen, im Gesprächskreis etwas berichten. 8

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Wichtigster Rahmen für die Sprachentwicklung der Kinder ist der Dialog: Angesprochen werden und jemanden ansprechen zu können ist für die sozial-kommunikative Entwicklung von Kindern zentral. Eine „gefragte“ Person zu sein, motiviert und gibt Selbstvertrauen. Besondere Bedeutung kommt dem Dialog mit der pädagogischen Fachkraft zu: Sie l ist gefordert, sich auf eine Begegnung auf Augenhöhe mit Interesse an den Fragen, Theorien, Kenntnissen, dem Wissen und Erlebten der Kinder einzulassen. l muss in der Lage sein, sich intensiv auf die gemeinsame „Welterkundung“ mit dem Kind einzulassen und das Kind als Person mit eigenen Bedürfnissen, Interessen und Sichtweisen anerkennen. Die Ausdrucksfähigkeit von Kindern ist dabei nicht an grammatikalisch korrekte Satzstrukturen gebunden. Wichtig ist, dass die Kinder die Sprache zunehmend als Mittel der Kommunikation nach ihren Möglichkeiten nutzen und hier eine Bestätigung erfahren. Sprachliche Förderung der Kommunikationsfähigkeit des Kindes geschieht auch und insbesondere durch das Zusammensein mit anderen Kindern: mit gleichaltrigen, aber auch mit jüngeren oder älteren Kindern. Das gemeinsame Planen und Handeln fördert ihre kommunikativen Fähigkeiten. Unterstützt wird dies durch: l das Schaffen von „Sprachinseln“ im Alltag, also räumliche und zeitliche Nischen, in denen Kinder ungestört und unbehelligt miteinander kommunizieren können (z.B. in der Kuschelecke, am Frühstückstisch…). l die Möglichkeit, Konflikte zunehmend sprachlich auszutragen. Dieses sollte nicht durch voreiliges Einmischen unterbunden werden. Kinder üben zu argumentieren und zu überzeugen. l das Zuhören beim Erzählen von Geschichten aus dem kindlichen Alltag, die uns Erwachsenen oftmals als völlig unbedeutend erscheinen, aber für das Kind eine große Wichtigkeit haben: Es entsteht durch das Erzählen des Erlebten so etwas wie verfügbare Vergangenheit. Die Kinder bewältigen die Aufgabe, sich Erlebtes zu vergegenwärtigen und gedanklich zu ordnen. l das Suchen und Nutzen von gemeinsamen Gesprächsanlässen im Alltag des Kindergartens wie Gesprächskreise, Mittagessen, Kaffeerunde, Vorlesen, gemeinsame Wege, beim Basteln, . Die wichtigste Anregung für kindliches Erzählen bietet jemand, der dem Kind aufmerksam und mit Neugierde und Interesse am Erlebten zuhört. Diese Aufmerksamkeit erwarten die Kinder während der gesamten Kindergartenzeit von ihren erwachsenen Bezugspersonen. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge ist die Sprachentwicklung eng verknüpft mit der Entwicklung des Sprachverständnisses, im Englischen mit Literacy bezeichnet. Das Sprachverständnis geht über die verbale Sprache hinaus und bezieht die Bedeutung der Schriftsprache mit ein. Es geht darum, zu verstehen, welche Rolle verbale und nonverbale Sprache in unserem Alltag spielt. Kinder beschäftigen sich schon früh mit Schriftsprache, wenn sie z. B. versuchen, Buchstaben ihres Namens in Texten wieder zu erkennen und nachzuschreiben oder sich gegenseitig Bilderbücher „vorzulesen“. Diese Neugier auf Schriftsprache kann von Ihnen im Alltag spielerisch gefördert werden: l allgemein gültige Symbole (als Vorstufe und/ oder Ersatz für Schrift) kennen und deuten lernen Pädagogische Bausteine 9/2009

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Checkliste

l Namen, Begrüßungsformeln in verschiedenen Schriftzeichen für Kinder sichtbar aufhängen, Alltagsgegenstände im Haus sichtbar beschriften, Treppenstufen mit großen Zahlen beschriften l Geheimsprachen entwickeln, eigene Symbole für Regeln o. ä. vereinbaren. Ein paar Bemerkungen zur Mehrsprachigkeit Die Erstsprache des Kindes ist ein wichtiger Teil der Identität des Kindes. Es muss Respekt vor seiner Muttersprache erfahren, indem die Sprache ernst genommen wird und Platz im Kindergartenalltag findet. Das Kennen lernen unterschiedlicher Sprachen bereichert alle Kinder. Möglich sind z.B. l Begrüßungen in den unterschiedlichen Sprachen der Kinder, l Ermuntern der Kinder, Dinge oder Begriffe in seiner Erstsprache zu benennen, l Reime, Verse und Lieder in unterschiedlichen Sprachen l Einbeziehen von Eltern in den Kindergartenalltag, z.B. Vorlesezeiten Je besser ein Kind seine Erstsprache spricht, je größer und differenzierter sein Wortschatz ist, umso leichter lernt es die Zweitsprache. Es soll verhindert werden, dass die Entwicklung der Erstsprache mit dem Eintritt in die Kita stagniert. Eltern sollen motiviert werden, mit ihrem Kind in der Erstsprache zu sprechen und so seinen Spracherwerb zu unterstützen, z. B. durch l das Betrachten und Lesen von (zweisprachigen) Bilderbüchern, l das gemeinsame Gespräch der Eltern mit ihren Kindern in der Erstsprache über das Erleben und die Themen der Kita. Kinder anderer Erstsprachen sollen die deutsche Sprache nicht als Ausgrenzung erleben, stattdessen sollen sie erfahren, dass sie verstanden und ernst genommen werden, auch wenn sie sich nur rudimentär auf Deutsch verständigen können. Reflektion und Weiterentwicklung des sprachförderlichen Verhaltens der Fachkraft Neben Grundkenntnissen der Sprachentwicklung, die für den genauen Blick auf den sprachlichen Entwicklungsstand eines jeden einzelnen Kindes notwendig sind, gilt es, die sprachfördernden Aspekte im Verhalten jeder Fachkraft zu unterstützen und zu verbessern. Hilfreiche Fragen dabei sind: l Wie ist mein eigenes Sprachvorbild? l Wie gestalte ich als Fachkraft Dialoge oder Unterhaltungen? l Wie engagiert und interessiert bin ich den Kindern gegenüber? l Ist meine Haltung durch Sensibilität, Akzeptanz, Wertschätzung und Ermutigung als Grundlage jedes sprachförderlichen Verhaltens geprägt? Ein Qualifizierungsprogramm zur Selbstevaluation und zur gemeinsamen Reflexion der Sprachförderkompetenz der pädagogischen Fachkräfte bietet die Dortmunder Ratingskala zur Erfassung sprachförderrelevanter Interaktionen (DO-RESI). Sie bietet eine gute Grundlage für Teams, das eigene Handeln bezüglich seiner sprachförderden Aspekte im Alltag immer wieder zu überprüfen und weiter zu entwickeln (siehe Literaturempfehlung: „Sprachförderkompetenz“). 10

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Sprachstandserhebungen - Beobachten und Dokumentieren Um ein Kind angemessen in seiner Bildung und Entwicklung unterstützen zu können, müssen pädagogische Fachkräfte seinen Entwicklungsstand einschätzen und beurteilen können. Mit einem systematischen und ganzheitlichen Beobachtungsverfahren, das bei allen Kindern regelmäßig angewendet wird, findet man sehr genau heraus wie der Entwicklungsstand des einzelnen Kindes ist. Wichtig ist dabei, dass die Beobachtungen anschließend dokumentiert werden, damit sie nicht verloren gehen und auch den Kolleg/innen und den Eltern zur Verfügung stehen. Spätestens, wenn die Beobachtungen ausgewertet werden und als Grundlage für die pädagogische Planung verwendet werden, weiß die pädagogische Fachkraft wo das Kind in seiner sozialen, emotionalen, motorischen, kognitiven und sprachlichen Entwicklung steht. Eine pädagogische Mitarbeiterin, die weiß, wie sich die sprachliche Entwicklung des Menschen vollzieht, nimmt auf diesem Wege wahr, ob ein Kind sich sprachlich normal entwickelt oder ob es hier Auffälligkeiten aufweist. Dafür braucht sie keine Sprachstanderhebung. Durch die regelmäßige Beobachtung des Kindes hat eine pädagogische Fachkraft sogar eine bessere Chance, Sprachauffälligkeiten beim Kind wahrzunehmen als mit einer Sprachstanderhebung, denn Sie beobachtet das Kind mehrmals über einen längeren Zeitraum. Die Sprachstandserhebung ermöglicht - wenn überhaupt - eine Momentaufnahme. Bei Kindern mit Migrationshintergrund, die Sprachauffälligkeiten aufweisen, empfiehlt sich eine gezielte Beobachtung mit dem Beobachtungsverfahren SISMIK. Bei Kindern, die Deutsch als Erstsprache sprechen, ist der Beobachtungsbogen SELDAK zu empfehlen, wenn die Sprache noch mal genau unter die Lupe genommen werden soll. Wenn ein Kind Auffälligkeiten im sprachlichen Bereich aufweist, sind diese im Gespräch mit den Eltern anzusprechen. Je nach Auffälligkeit ist eine Diagnostik zu empfehlen. In Wiesbaden haben sich die katholischen Kindertageseinrichtungen auf das Beobachtungsund Dokumentationsinstrument „Zauberkiste“* geeinigt.

Literatur- und Medienempfehlungen SISMIK - Sprachverhalten und Interesse an Sprache bei Migrantenkinder in Kindertageseinrichtungen Michaela Ulich + Toni Mayr Herder Verlag 1. Auflage 2003 ISBN: 978-3-451-28270-6

SELDAK - Sprachentwicklung + Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern Michaela Ulich + Toni Mayr Herder Verlag 1. Auflage 2006 ISBN: 978-3-451-29021-3 Pädagogische Bausteine 9/2009

Michaela Uhlich Staatsinstitut für Frühpädagogik IFP (Hrsg.) CD: Lust auf Sprache - sprachlicher Bildung und Deutsch lernen in Kindertagesstätten 2. Auflage 2008, ISBN 978-3-451-31052-2 Herder Brigitte Wilmer-Mielenhausen Sprachförderung für Kleinkinder - Ideen für Krippe, Kita und Tagesmütter 2. Auflage 2008, ISBN 978-3-451-32057-6, Herder 11

Literatur- und Medienempfehlungen

Anne Winner Kleinkinder ergreifen das Wort - Sprachförderung mit Kindern von 0 - 4 Jahren April 2007, ISBN 978-3-589-24522-2 Cornelsen Sprachförderkompetenz - Selbst- und Teamqualifizierung für Erzieherinnen, Fachberatungen und Ausbilder (mit DVD) - Dortmunder Rating-Skala zur Erfassung sprachförderlevanter Situationen (DO-RESI) von Lilian Fried und Eva Briedigkeit, Cornelsen Verlag, Berlin, Düsseldorf, Mannheim, 2008, ISBN 978-3-589-24512-3, Preis: 39,95 3 Dieses Buch inklusive DVD empfiehlt sich für alle, die ihre eigenen sprachfördernden Verhaltensweisen erkennen und verbessern wollen. Es eignet sich für Teams, die gegenseitig ihr Handeln beobachten und sich bzgl. ihrer sprachförderrelevanten Verhaltensweisen Feedback geben möchten. Kinder-Sprache stärken! Sprachliche Förderung in der Kita: das Praxismaterial von Karin Jampert, Anne Zehnbauer, Petra Best, Andrea Sens, Kerstin Leuckefeld, Mechthild Laier (Hrgs.), Deutsches Jugendinstitut, Verlag das Netz, Weimar, Berlin, 2009 ISBN 978-3-86892-011-6, Preis: 29,90 3 Dieses Materialpaket bietet grundlegende Informationen zum Thema Kindersprache und enthält viele Vorschläge zur Umsetzung von Sprachförderung im Kindergartenalltag. Zusätzlich sind Plakate zu den Bereichen des kindlichen Spracherwerbs vorhanden, die sich gut für den Personalraum eignen. www.dbl-ev.de Deutscher Bundesverband für Logopädie e. V. Informationen zu allen Themen rund um Sprachentwicklung und Sprachförderung (auch zum bilingualen Spracherwerb) Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen die Fachberatungen der einzelnen Bezirke gerne zur Verfügung: 12

Caritasverband für die Diözese Limburg Referat Kinderhilfe Graupfortstr. 5 65549 Limburg a.d. Lahn Fax: 06431 997-190 Mariska van Dijk Telefon: 06431 997-204 Mobil: 0175 7252690 E-Mail: [email protected] Eva Hannöver-Meurer Telefon: 06431 997-274 E-Mail: [email protected] Martin Serafin Telefon: 06431 997-203 E-Mail: [email protected] Caritasverband Wiesbaden-RheingauTaunus e. V. Dagmar Geisler Friedrichstraße 26-28 65185 Wiesbaden Tel. 0611 174-183, Fax 0611 174-140 E-Mail: [email protected] Caritasverband Frankfurt e. V. Gabriele Behn Telefon: 069 2982-147, Fax 069 2982-254 E-Mail: [email protected] Pädagogische Bausteine 9/2009