STEUERN Pascal Hinny

Ein neues Konzept für die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen Erläuterung der Vernehmlassungsantwort der Treuhand-Kammer zum bundesrätlichen Vorschlag für ein Bundesgesetz über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen vom 21. Dezember 2001. Die Entgegen dem bundesrätlichen Vorschlag fordert die optionen Frist zur Vernehmlassung ist am 30.Juni Treuhand-Kammer den Übergang zur Besteuerung 2003 abgelaufen. von Mitarbeiteroptionen bei Ausübung oder allen- Gemäss Vorschlag des Bundesrats solfalls, hinsichtlich von regelmässig börslich, vor- oder len Mitarbeiteraktien im Zeitpunkt des besteuert werden. Mitarbeiausserbörslich gehandelten Optionen, im Zeitpunkt Erwerbs teroptionen sollen «grundsätzlich im des definitiven Rechtserwerbs. Mitarbeiteraktien sol- Zeitpunkt des unwiderruflichen Recht(Zuteilung oder Vesting) belen demgegenüber im Zeitpunkt des definitiven Rechts- serwerbs steuert werden» [2]. Sind besondere erwerbs besteuert werden. Der definitive Rechtser- Voraussetzungen erfüllt, kann aber für eine Besteuerung im Zeitwerb erfolgt dabei, sobald der Arbeitnehmer frei von auch punkt der Ausübung optiert werden [3]. im Arbeitsverhältnis begründeten Resolutiv- oder Sus- Die vorgeschlagenen gesetzlichen Bein Art. 17a E-DBG und pensivbedingungen über die Beteiligungsrechte ver- stimmungen Art. 7 Abs. 3bis und 14a E-StHG werden fügen kann. Im Lichte grenzüberschreitender Aspek- durch einen ausführlichen Verordte muss hinsichtlich von definitiv erworbenen, aber nungsvorschlag ergänzt. noch nicht ausgeübten Mitarbeiteroptionen die Einführung einer Wegzugsbesteuerung geprüft werden. 2. Stellungnahme der

Treuhand-Kammer

Die Fachgruppe Steuern der Schweizerischen Kammer der Wirtschaftsprüfer-, Steuerexperten und Treuhandexperten hat mit Schreiben vom 30. Juni 2003 zum bundesrätlichen Vorschlag Stellung genommen: vgl. www.treuhand-kammer.ch, News (nachfolgend «Vernehmlassungsantwort»). Als Mitautor der Vernehmlassungsantwort erläutere ich im Folgenden die Stellungnahme der Treuhand-Kammer.

1. Ausgangslage Die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen ist seit mehr als einem Jahrzehnt Gegenstand von intensiven Diskussionen. Verschiedene Gerichtsentscheide sowie in Bund und Kantonen unterschiedliche und sich zum Teil widersprechende Besteuerungspraxen haben zunehmend zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit geführt. Der Bundesrat hat den Handlungsbedarf erkannt und am 14. März 2003 ein Vernehmlassungsverfahren für ein neues Bundesgesetz über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen eröffnet [1]. Der Vorschlag basiert auf dem Bericht der gemischten Arbeitsgruppe Besteuerung von MitarbeiterDer Schweizer Treuhänder 10/03

Pascal Hinny, Prof. Dr. iur., Inhaber des Lehrstuhls für Steuerrecht, Universität Freiburg i. Ü., Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte; Lenz & Staehelin, Mitglied der Fachgruppe Steuern der Treuhand-Kammer, Zürich

Grundsätzlich begrüssen wir die Bemühungen des Bundesrates für eine neue tragfähige Regelung der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen, welche den Schweizer Unternehmensstandort fördert. Im Grundsatz schliessen wir uns auch hinsichtlich der Besteuerung von Mit849

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arbeiteraktien dem bundesrätlichen Vorschlag an, wobei u.E. allerdings der Zeitpunkt des Erwerbs genauer zu präzisieren ist. Bei der Besteuerung von Mitarbeiteroptionen vertreten wir – v. a. angesichts erheblicher Bewertungsprobleme – demgegenüber den Standpunkt, dass diese grundsätzlich im Zeitpunkt der Ausübung zu besteuern seien. Für eine detailliertere Kritik am bundesrätlichen Vorschlag sei auf Ziff. I der Vernehmlassungsantwort verwiesen. Neben diesen materiellen Aspekten erachten wir in formeller Hinsicht die Regelungstechnik, wonach entscheidende Elemente des Steuerrechtsverhältnisses auf Verordnungsstufe geregelt werden, als mit dem Legalitätsprinzip unvereinbar. Zudem erscheint es mit Rangordnung und Charakter des StHG unvereinbar, im StHG auf Regelungen des DBG und Ausführungsverordnungen zum DBG zu verweisen. Angesichts dieser grundsätzlichen Divergenzen gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag haben wir uns erlaubt, direkt einen neuen Vorschlag für eine gesetzliche Regelung zu formulieren. Dieser Vorschlag orientiert sich zusammenfassend an den folgenden – hinten näher erläuterten – sechs Grundsätzen: – Mitarbeiterbeteiligungen gelten als Erwerbseinkommen, soweit sie unter dem Verkehrswert abgegeben werden. – Die Realisation des Einkommens erfolgt bei definitivem und unwiderruflichem Rechtserwerb, frei von im Arbeitsverhältnis begründeten Resolutiv- oder Suspensivbedingungen. – Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen sind steuerfrei zu belassen, auch wenn Beteiligungsrechte ursprünglich im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erworben wurden. – Die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen soll für Arbeitgeber und Steuerverwaltungen einfach verständlich und praktikabel sein. – Die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen soll im internationalen Verhältnis kompatibel und attraktiv sein. – Im DBG und StHG soll je eine gleichlautende aber eigenständige gesetzliche Regelung festgeschrieben werden. 850

Entsprechend schlägt die TreuhandKammer folgende gesetzliche Regelung (Art. 17(3) und (4) und entsprechende Art. 7(1quinquies) und (1quater) StHG) für die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen vor:

3. Gesetzesvorschlag Der Hauptvorschlag sieht vor, dass Mitarbeiteraktien im Zeitpunkt des definitiven und unwiderruflichen Rechtserwerbs und Mitarbeiteroptionen im Zeitpunkt der Ausübung besteuert werden: «Art. 17 1 ... 2 ... 3 Einkünfte aus der Zuteilung von Beteiligungsrechten (Aktien, Stammanteile, Genossenschaftsanteile, Genussscheine usw.) der Arbeitgeberin oder einer mit der Arbeitgeberin verbundenen Gesellschaft sowie von Anteilen, welche den Wert solcher Beteiligungsrechte unmittelbar reflektieren (z.B. Phantom Stock) sind im Zeitpunkt des definitiven Rechtserwerbs zu besteuern. Steuerbar ist die Differenz zwischen dem Verkehrswert und einem allfälligen tieferen Ausgabepreis. Einer allfälligen – ausserhalb des Arbeitsverhältnisses begründeten – Veräusserungssperrfrist ist mit einem Einschlag von 6% vom Verkehrswert der Beteiligungsrechte pro volles Jahr Sperrfrist Rechnung zu tragen. Der definitive Rechtserwerb erfolgt, sobald der Arbeitnehmer frei von im Arbeitsverhältnis begründeten Bedingungen über die Beteiligungsrechte verfügen kann. Ausserhalb des Arbeitsverhältnisses begründete Bedingungen (z.B. Sperrfristen) hindern den Eintritt des definitiven Rechtserwerbs nicht. 4 Einkünfte aus der Zuteilung von Mitarbeiteroptionen bezogen auf Beteiligungsrechte der Arbeitgeberin oder einer mit der Arbeitgeberin verbundenen Gesellschaft (Aktien, Stammanteile, Genossenschaftsanteile, Genussscheine usw.) sowie bezogen auf Anteile, welche den Wert solcher Beteiligungsrechte unmittelbar reflektieren (z. B. Phantom Stock) sind bei deren Ausübung zu besteuern. Die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Beteiligungsrechte und dem Ausübungspreis einschliesslich des allfällig für die Option entrichteten Entgeltes ist zu 50% steuerbar, soweit im Zeitpunkt der Zuteilung der Ausübungspreis mindestens dem Verkehrswert des Beteiligungsrechtes entsprach.»

Der Alternativvorschlag sieht ebenfalls vor, dass Mitarbeiteroptionen grundsätzlich im Zeitpunkt der Ausübung besteuert werden. Hinsichtlich von regelmässig börslich, vor- oder ausserbörslich gehandelten Optionen steht dem Arbeitnehmer aber ein Wahlrecht für die Besteuerung im Zeitpunkt

des definitiven und unwiderruflichen Rechtserwerbs zu: «Art. 17 4 ...[siehe Hauptvorschlag]...entsprach. Hinsichtlich von börslich, vor- oder ausserbörslich gehandelten Optionen steht dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht für die Besteuerung im Zeitpunkt des definitiven Rechtserwerbs gemäss Absatz 3 offen. Das steuerbare Einkommen bemisst sich dabei anhand der Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem allfällig dafür bezahlten Preis. Einer allfälligen – ausserhalb des Arbeitsverhältnisses begründeten – Veräusserungssperrfrist ist mit einem Einschlag von 6% vom Verkehrswert der Beteiligungsrechte pro volles Jahr Sperrfrist Rechnung zu tragen.»

4. Erläuterungen zum Vorschlag 4.1 Mitarbeiterbeteiligungen als Erwerbseinkommen Geldwerte Vorteile aus der Zuteilung von Mitarbeiteraktien und -optionen durch den Arbeitgeber sind als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit steuerlich zu erfassen. Dazu würden an sich die bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen in Art. 16 ff. DBG und gemäss Art. 7 StHG genügen. Da diesbezüglich aber Unsicherheiten bestehen und in den Kantonen hinsichtlich der Umsetzung unterschiedliche Auffassungen vorherrschen, schlagen wir ebenfalls eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage vor. 4.1.1 Definitionen Als Mitarbeiteraktien gelten Beteiligungsrechte (am Eigenkapital von Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften bzw. diesen gleichgestellten ausländischen Rechtsformen) der Arbeitgeberin oder einer mit der Arbeitgeberin verbundenen (Gruppen-)Gesellschaft bzw. Anteile, welche den Wert solcher Beteiligungsrechte unmittelbar reflektieren (z.B. Phantom Stock). Als Mitarbeiteroptionen gelten Optionen zum Erwerb von solchen Beteiligungsrechten und Anteilen. Wir sind der Auffassung, dass sich eine unterschiedliche Behandlung von Phantom Stock und Phantom-StockDer Schweizer Treuhänder 10/03

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Optionen gegenüber Mitarbeiteraktien und Mitarbeiteroptionen sachlich nicht rechtfertigt. Beide Formen der Mitarbeiterbeteiligung dienen demselben Zweck und sind im Ausland z.T. ebenso üblich wie die eigentlichen Mitarbeiterbeteiligungen. Hinzu kommt, dass das Cash Settlement vielfach effizienter ist und die im Zusammenhang mit der Titellieferung entstehenden Umtriebe, Gebühren und Abgaben auf ein Minimum reduziert werden können, ohne das Ziel der Beteiligung am Unternehmenserfolg aus den Augen zu verlieren. Die Zuteilung von Mitarbeiteraktien oder Optionen von Drittgesellschaften fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Regelung, welche sich v.a. bei den Mitarbeiteroptionen im engeren Sinn auf die (bevorzugte) steuerliche Behandlung der Beteiligung am «eigenen» Unternehmen bezieht. Dies schliesst aber die Berücksichtigung einer Veräusserungssperrfrist bei der Bewertung anderer Formen der Mitarbeiterbeteiligungen (z.B. bei der Zuteilung von Drittbeteiligungsrechten) im Rahmen der ordentlichen Einkommensbemessung nicht aus.

4.2 Besteuerungszeitpunkt und Einkommensbemessung 4.2.1 Mitarbeiteraktien Das Einkommen aus der Zuteilung von Mitarbeiteraktien soll – im Grundsatz wie bisher – im Zeitpunkt des definitiven und unwiderruflichen Rechtserwerbs (nachfolgend «Rechtserwerb») besteuert werden. Gemäss umstrittener bundesgerichtlicher Praxis sind Mitarbeiteraktien erworben, auch wenn sie mit einer Verfügungssperre und einer im Arbeitsverhältnis begründeten Rückgabeverpflichtung belastet sind, wenn ihr Erwerb mithin resolutiv bedingt ist [4]. Das Bundesgericht setzt sich damit über den im gleichen Urteil statuierten Grundsatz hinweg, wonach Einkommen als erzielt (und steuerbar) gilt, «wenn der Steuerpflichtige Leistungen vereinnahmt oder einen festen Rechtsanspruch darauf erwirbt, über den er tatsächlich verfügen kann» [5]. Gesperrte Mitarbeiteraktien verbleiben Der Schweizer Treuhänder 10/03

regelmässig in einem Depot der Arbeitgeberin und sind damit der Verfügungsgewalt des solchermassen belasteten Arbeitnehmers entzogen. Tritt die entsprechende Bedingung ein (z.B. Auflösung des Arbeitsverhältnisses), fällt der (diesbezüglich käufliche) Eigentumserwerb zivilrechtlich ex tunc dahin. Gegenteilige Abmachung vorbehalten, bezieht sich dies jedoch nur auf das nackte Eigentum, nicht aber auf etwaig bezogene Früchte, wie z.B. Dividendeneinkünfte [6]. Für das Steuerrecht bedeutet dies konsequent, dass die Veranlagung, mit welcher das Einkommen aus Erwerb der Mitarbeiteraktie erfasst wurde, revidiert werden muss. Dies erscheint uns wenig praktikabel. Wir schlagen daher vor, dass dieser umstrittene Zeitpunkt des definitiven und unwiderruflichen Erwerbszeitpunkts gesetzlich als Zeitpunkt definiert wird, in welchem der Mitarbeiter die Mitarbeiteraktien frei von arbeitsvertraglichen (Resolutivoder Suspensiv-)Bedingungen erhält (nachfolgend «Rechtserwerb»). Mithin würde der Erwerb von mit einer Rückgabeverpflichtung belasteten Mitarbeiteraktien erst im Zeitpunkt des Wegfalls dieser Verpflichtung steuerlich erfasst. Ausserhalb des Arbeitsverhältnisses begründete, vom Arbeitnehmer vielfach frei wählbare, Veräusserungssperrfristen (nachfolgend «Sperrfristen») sind, wie bisher, mit einem Einschlag zu berücksichtigen. Dieser kann, besondere Fälle vorbehalten, entsprechend der bisherigen Praxis u.E. durchaus 6% des Verkehrswertes der Mitarbeiterbeteiligung betragen. Das steuerbare Einkommen bemisst sich anhand der Differenz zwischen dem Verkehrswert im Zeitpunkt des Rechtserwerbs, abzüglich eines allfälligen Diskonts für Sperrfrist, und dem vom Mitarbeiter für die Aktie bezahlten Preis. 4.2.2 Mitarbeiteroptionen Auch bei Mitarbeiteroptionen erfolgt der definitive und unwiderrufliche Rechtserwerb, sobald der Mitarbeiter die Optionen frei von arbeitsvertraglichen Verpflichtungen oder Bedingungen ausüben kann (siehe vorangehender Abschnitt). In diesem Zeitpunkt ist

das Einkommen grundsätzlich realisiert und besteuerungswürdig. Anders als bei den Mitarbeiteraktien stellen sich aber bei den Optionen erhebliche Bewertungsprobleme. Nur sehr wenige Optionen werden regelmässig börslich, vor- oder ausserbörslich gehandelt, so dass ein objektiver Marktwert leicht feststellbar wäre. Die bisher angewendeten Bewertungsmethoden (z.B. Black/Scholes) sind angesichts der verschiedenen zu treffenden Annahmen nur bedingt zuverlässig (grosser Spielraum bei der Definition der Parameter) und gehen von einem perfekten Markt aus. Letzterer existiert bei Mitarbeiteroptionen in aller Regel aber nicht. Insbesondere auch bei jungen Unternehmen ist eine solche Bewertung mit grossen Unsicherheiten behaftet. Zu pauschal ist demgegenüber der bundesrätliche Vorschlag, wonach die Parameter für die Black/Scholes-Formel fest vorgegeben werden. Zudem geht die Besteuerung im Zeitpunkt des Rechtserwerbs davon aus, dass dieser Zeitwert realisiert wird. Schliesslich ist die Bewertung von Mitarbeiteroptionen (auf seiten der Arbeitgeberin und der Steuerbehörden) mit einigem Verwaltungsaufwand verbunden. Aus diesen Gründen erscheint es uns – als Hauptvorschlag – sachgerecht, den Besteuerungszeitpunkt generell bis zum Zeitpunkt der Ausübung hinauszuschieben [7]. In jenem Zeitpunkt kann das zugeflossene Einkommen ohne weiteres festgestellt werden. Die Besteuerung im Zeitpunkt der Ausübung führt ausserdem dazu, dass Mitarbeiteroptionen, die sich auf Titellieferung oder auf sog. Cash Settlement beziehen gleich behandelt werden können. Allerdings müssen bei der Besteuerung im Zeitpunkt der Ausübung folgende Aspekte beachtet werden: – ab dem Zeitpunkt des Rechtserwerbs angewachsene private – an sich steuerfreie – Kapitalgewinnkomponenten drohen mitbesteuert zu werden und – private – an sich steuerlich unbeachtliche – Kapitalverluste «drohen» steuerliche Wirkung zu entfalten, 851

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indem bei negativer Kursentwicklung ein geringeres oder allenfalls gar kein Einkommen besteuert wird. – Schliesslich führt die Besteuerung erst im Zeitpunkt der Ausübung zu einem Zinsvorteil. Der Bundesrat schlägt hinsichtlich der Ausübungsbesteuerung einen pauschalen Einschlag von 50% vor [8]. Um der Steuerfreiheit privater Kapitalgewinne Rechnung zu tragen, aus Praktikabilitätsgründen sowie aus Gründen der Standortattraktivität sind wir mit diesem Vorschlag einverstanden. Denkbar ist u.E. aber auch ein anhand der Zeit zwischen Rechtserwerb und Ausübung abgestufter Einschlag; z.B. ein Einschlag von 20% pro Jahr, maximal aber 60%. Steuersystematisch nicht zu rechtfertigen ist die vom Bundesrat vorgeschlagene generelle Anwendung des Rentensatzes [9], da es bei der Zuteilung und Ausübung von Mitarbeiteroptionen i.d.R. nicht um die Ausrichtung einer einmaligen anstelle einer wiederkehrenden Leistung geht. Dies wäre anders, wenn sich der aus den Optionen zufliessende geldwerte Vorteil auf mehr als eine Bemessungsperiode beziehen würde. Ausgehend von der hier favorisierten generellen Ausübungsbesteuerung können wir uns – hinsichtlich von regelmässig börslich, vor- oder ausserbörslich gehandelten und damit vom Markt (und nicht etwa nur von einer zur Stellung von Kursen beauftragten Bank) bewerteten Optionen – alternativ auch eine wahlweise Besteuerung im Zeitpunkt des Rechtserwerbs oder der Ausübung vorstellen. Bei diesen Optionen lässt sich der Verkehrswert ohne grösseren Aufwand und zuverlässig feststellen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Besteuerung im Zeitpunkt der Ausübung auch international vorherrschend ist [10]. Gewisse Staaten lassen dabei, entsprechend dem hier vorgeschlagenen Alternativvorschlag, ein Wahlrecht zu.

4.3 Gesetzliche Regelung in DBG und StHG In formeller Hinsicht verlangt das Legalitätsprinzip, die Elemente des 852

Steuerrechtsverhältnisses in einem formellen Gesetz zu regeln. Da die Arbeitgeber im Veranlagungsverfahren hinsichtlich von Mitarbeiterbeteiligungen eine wesentliche Aufgabe wahrnehmen und gleichzeitig ihre Mitarbeiter vielfach in verschiedenen Kantonen rekrutieren, ist eine harmonisierte gesetzliche Grundlage nicht nur verfassungsrechtlich vorgegeben, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Entsprechend ist eine dem DBG entsprechende Regelung auch im StHG vorzusehen.

4.4 Grenzüberschreitende Aspekte In der Vernehmlassungsantwort vom 30. Juni 2003 wurden die grenzüberschreitenden Aspekte kurz angesprochen, ohne dass jedoch dazu detailliert Stellung genommen wurde. Diese Fragen sollen hier – in Anbetracht des diesbezüglich jüngsten Vorschlags der OECD vom August 2003 [11] – etwas vertieft werden [12]: Mitarbeiterbeteiligungspläne werden häufig für die Kader von international tätigen Unternehmen aufgesetzt. Diese Kaderangehörigen wechseln nicht selten ihren Arbeits- und/oder Wohnort vom Ausland in die Schweiz oder umgekehrt, was bei unterschiedlichen Besteuerungssystemen zu Doppel- oder Nichtbesteuerung führen kann. Die hier vorgeschlagene gesetzliche Regelung muss auch den Gesichtspunkten des nationalen und des DBA-Rechts Rechnung tragen bzw. mit diesen Regelungen kompatibel sein. Schliesslich soll die Regelung auch der Standortattraktivität zuträglich oder zumindest nicht abträglich sein [13]. International ist die Besteuerung von Mitarbeiteroptionen im Zeitpunkt der Ausübung vorherrschend [14] und scheint auch von der EU-Kommission präferiert zu werden [15]. Das OECDMusterabkommen 2000 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen (nachfolgend OECDMA) und der dazugehörige Kommentar (nachfolgend OECD-MA-Kommentar) bzw. dessen Entwurf vom August 2003 überlassen diese Frage den

einzelnen Staaten [16]. Für die internationale Einkunftsabgrenzung schlägt die OECD in ihrem neuesten Kommentarvorschlag folgende Kriterien vor: – Mitarbeiteroptionen enthalten eine Arbeitslohn- und eine Veräusserungsgewinnkomponente, wobei geldwerte Vorteile bis zur Optionsausübung als Arbeitslohn und anschliessend erzielte geldwerte Vorteile als Veräusserungsgewinne gelten [17]. Die Zuteilung des Besteuerungsrechts erfolgt entsprechend anhand der Art. 15 und 13 OECD-MA. – Die Arbeitslohnkomponente darf – unabhängig vom Zeitpunkt des tatsächlichen Erwerbs – auch nach einem allfälligen Wegzug vom bisher berechtigten Staat noch besteuert werden [18]. – Für die Frage, welchem Arbeitsverhältnis ein geldwerter Vorteil aus einer Mitarbeiteroption zuzuordnen ist (z.B. bei Wegzug aus der Schweiz und Weiterarbeit bei einer ausländischen Konzerngesellschaft), stellt der Vorschlag auf die Zeitspanne ab, innerhalb welcher die Option verdient wurde. Dabei ist der Erwerb im Zeitpunkt des unwiderruflichen und definitiven Rechtserwerbs, wie er für den hier vorgeschlagenen Gesetzesvorschlag definiert wurde [19] abgeschlossen. Für den hier vorgeschlagenen Hauptvorschlag der reinen Ausübungsbesteuerung, gemäss vorgeschlagenem Art. 17(4) E-DBG, bedeutet dies folgendes:

4.4.1 Wegzug ins Ausland vor Optionsausübung Sachverhalt: Wegzug einer bisher in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtigen Person, welche im Zusammenhang mit ihrer in der Schweiz ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit Mitarbeiteroptionen bezogen hat. Nationales Recht: Zieht der Arbeitnehmer vor Optionsausübung ins Ausland, so entgeht er der Schweizer Steuerpflicht, weil bei Ausübung, im gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt der Der Schweizer Treuhänder 10/03

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Besteuerung, das Anknüpfungskriterium für die Besteuerung fehlt. Internationales (DBA-)Recht (sofern dem OECD-MA bzw. dem neuen OECD-MA-Kommentarentwurf [s.o.] entsprechend): Zuweisung des Besteuerungsrechts an die Schweiz, sofern der unwiderrufliche und definitive Rechtserwerb bereits stattgefunden hat; ansonsten allenfalls proratierte Zuweisung. Mangels fehlender nationaler gesetzlicher Grundlage kann aber in diesem Zeitpunkt nicht besteuert werden. 4.4.2 Zuzug aus dem Ausland vor Optionsausübung Sachverhalt: Zuzug einer bisher in der Schweiz nicht steuerpflichtigen Person, welche im Zusammenhang mit ihrer früheren im Ausland ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit Mitarbeiteroptionen bezogen hat. Nationales Recht: Vor dem Zuzug in die Schweiz zugeteilte, aber erst nach dem Zuzug ausgeübte Mitarbeiteroptionen wären gemäss Art. 17(4) E-DBG in der Schweiz bei Ausübung steuerbar. Internationales (DBA-)Recht (sofern dem OECD-MA bzw. dem neuen

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OECD-MA-Kommentarentwurf entsprechend): Zuweisung des Besteuerungsrechts an den Herkunftsstaat, sofern der unwiderrufliche und definitive Rechtserwerb bereits stattgefunden hat; ansonsten allenfalls proratierte Zuweisung an diesen ausländischen Staat. Mithin wird das Schweizer Besteuerungsrecht zurückgedrängt. 4.4.3 Fazit grenzüberschreitende Aspekte: Wegzugsbesteuerung? Im Lichte des internationalen Steuerrechts zeigt sich, dass die konsequente Ausübungsbesteuerung – mit Besteuerungsverzicht, wenn der Arbeitnehmer vor Ausübung ins Ausland wegzieht und abkommensrechtlichem Ausschluss vom Besteuerungsrecht, wenn ein Arbeitnehmer nach Rechtserwerb zuzieht – zu einem Verlust an Steuersubstrat führt. Es stellt sich daher die Frage, ob hinsichtlich von definitiv erworbenen, aber noch nicht ausgeübten oder teilweise erworbenen Mitarbeiteroptionen gesetzlich eine Wegzugsbesteuerung eingeführt werden sollte. Diese könnte etwa durch definitive Abrechnung über den dannzumaligen Optionswert im Zeitpunkt des Wegzugs oder aber durch Sicherstellung und de-

finitive Abrechnung im Zeitpunkt der Ausübung erfolgen. Denkbar wäre auch ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen für die eine oder andere Variante. Im EU-internationalen Verhältnis wäre dazu zu prüfen, ob eine solche Wegzugsbesteuerung einen Verstoss gegen den freien Personenverkehr darstellt oder ob allenfalls Art. 21(3) des Personenverkehrsabkommens eine solche Massnahme rechtfertigen würde. In diese Überlegungen wären unbedingt auch die Quellensteuerordnung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen des Arbeitgebers einzubeziehen.

Anmerkungen 1 Vgl. Pressemitteilung der Eidg. Steuerverwaltung vom 14. März 2003: www.estv.admin. ch/data/d/presse.php. 2 Pressemitteilung ESTV (a.a.O.). 3 Pressemitteilung ESTV (a.a.O.). 4 BGE vom 6. November 1995, StE 1996, B 22.2 Nr. 12, E. 3.b.)bb) mit weiteren Hinweisen. 5 BGE vom 6. November 1995, StE 1996, B 22.2 Nr. 12, E. 3.b)aa). 6 Felix F. Ehrat, Kommentar zu Art. 154 OR, Ziff. 7, in: Honsell/Vogt/Wiegand (Hrsg.), Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 3.A. Basel 2003; Von Thur/Escher, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Zweiter Band, Zürich 1974, 276.

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7 Nicht praktikabel erscheint die systematisch zweitbeste Variante, wonach die Besteuerung bei Ausübung, zurückbezogen auf den Zeitpunkt des definitiven Rechtserwerbs stattfindet. 8 Art. 17a(3) Entwurf DBG des Bundesrates. 9 Art. 17a(5) Entwurf DBG des Bundesrates. 10 Eine erst kürzlich erstellte Übersicht zeigt folgendes Bild für den Besteuerungszeitpunkt von Mitarbeiteroptionen (Tax Management International, Forum, Global Equity Plans in a Declining Market, Volume 14, Number 2, June 2003 mit verschiedenen Länderübersichten): Belgien (4): bei Zuteilung; Kanada (9): bei Ausübung; Dänemark (13): bei Zuteilung oder Ausübung; Frankreich (15): bei Ausübung; Deutschland (23): bei Ausübung; Hong Kong (25): bei Ausübung; Italien (28): bei Ausübung; Niederlande (30): bei Vesting mit Wahlrecht für Ausübungsbesteuerung;

Spanien (40): bei Ausübung; US: bei Ausübung, sofern nicht steuerfrei als sog. non-statutory stock options (NSOs); Vgl. auch EUKommission, Generaldirektion Unternehmen, Aktienoptionen für Arbeitnehmer, Die rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen für Arbeitnehmeraktienoptionen in der EU, Juni 2003: http://europa.eu.int/ comm/enterprise/entrepreneurship/support_ measures/stock_options/final_report_stock_ de.pdf, 8 und 34. 11 OECD, Cross-Border Income Tax Issues Arising From Employee Stock-Option Plans, Revised Public Discussion Draft, Paris August 2003: http://www.oecd.org/dataoecd/46/34/ 4357310.pdf 12 Die nachfolgenden Ausführungen geben die persönliche Auffassung des Autors des vorliegenden Artikels wieder. 13 In diesem Zusammenhang sei etwa darauf hingewiesen, dass 10 von 15 EU-Mitglied-

staaten Mitarbeiteroptionen steuerlich begünstigen: EU-Kommission, a.a.O., 46. 14 Siehe die Übersicht in Anm. 10; EU-Kommission, a.a.O., 8 und 34. 15 EU-Kommission, a.a.O., 8. 16 OECD, a.a.O., 19: Vorschlag für Ziff. 12.3 zu Art. 15 OECD-MA-Kommentar. 17 OECD, a.a.O., 17 ff. und insbesondere 19 mit einem Vorschlag für Ziff. 12.2 zu Art. 15 OECD-MA Kommentar. Dem schliesst sich denn auch die EU-Kommission (a.a.O., 51) an. 18 OECD, a.a.O., 16 mit einem Vorschlag für Ziff. 2.2 zu Art. 15 OECD-MA Kommentar. 19 OECD, a.a.O., 21 mit einem Vorschlag für Ziff. 12.6 – 12.9 zu Art. 15 OECD-MA-Kommentar. Zum Begriff des Rechtserwerbs vgl. oben Ziff. 4.2.1.

RESUME

Un nouveau concept pour l’imposition des options des collaborateurs en droit fiscal suisse L’imposition des options de collaborateurs fait l’objet de discussions intenses depuis plus d’une décennie. Diverses décisions judiciaires, ainsi que des pratiques fiscales différentes, voire partiellement contradictoires, ont contribué à une insécurité juridique qui n’a cessé de s’amplifier tant sur le plan cantonal que fédéral. Cette situation a amené le Conseil fédéral, le 14 mars 2003, à lancer une procédure de consultation concernant une nouvelle loi fédérale régissant l’imposition des options remises aux collaborateurs. La Chambre fiduciaire suisse a fait connaître sa position sur ce projet de loi le 30 juin 2003. Contrairement au projet du Conseil fédéral, la Chambre fiduciaire demande que le passage à l’imposition des options de collaborateurs se fasse lors de l’exercice ou, pour ce qui concerne les options traitées régulièrement en bourse, avant ou hors bourse, lors de l’acquisition définitive du droit à l’option. En revanche, les actions des collaborateurs doivent être imposées uniquement au moment de l’acquisition définitive du 854

droit. L’acquisition est considérée comme définitive dès lors que le collaborateur peut disposer librement de la participation, franche de toutes conditions suspensives ou résolutoires dépendant des rapports de travail. L’imposition des options des collaborateurs au moment de l’exercice de celle-ci est également une solution reconnue par la doctrine dominante sur le plan international. Elle est en outre compatible avec les principes proposés récemment par l’OCDE pour l’attribution du droit d’imposition en cas de participations des collaborateurs. Compte tenu de certains aspects transfrontaliers, il conviendrait enfin d’examiner la possibilité d’une imposition au départ pour ce qui concerne les options des collaborateurs acquises définitivement, mais non encore exercées. Le groupe technique fiscalité de la Chambre fiduciaire a élaboré un projet de loi concret pour l’imposition des options de collaborateurs. Ce projet s’inspire des principes suivants:

– les droits d’option de collaborateurs sont considérés comme des revenus d’une activité lucrative dès qu’ils sont négociés au-dessous de leur valeur vénale; – la réalisation du revenu intervient au moment de l’acquisition définitive et irrévocable du droit, libre de toutes conditions suspensives et résolutoires dépendant des rapports de travail; – les gains en capital provenant de l’aliénation de la fortune privée doivent être maintenus francs de tout impôt, même si les droits de participation ont été acquis à l’origine dans le cadre des rapports de travail; – l’imposition des options de collaborateurs doit être compréhensible et praticable pour les employeurs et les administrations fiscales; – l’imposition des options de collaborateurs doit être compatible et attrayante dans les rapports internationaux; – la LIFD et la LHID doivent prévoir une réglementation identique, mais autonome. PH/MA L’Expert-comptable suisse 10/03