Paderborn

Hans-Dieter Rinkens und Katja Eilerts / Paderborn 11-10 ist leicht, 11-9 nicht. Eine Feldstudie zu arithmetischen Fähigkeiten von Erstklässlern nach ...
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Hans-Dieter Rinkens und Katja Eilerts / Paderborn

11-10 ist leicht, 11-9 nicht. Eine Feldstudie zu arithmetischen Fähigkeiten von Erstklässlern nach der materialgebundenen Einführung von Addition und Subtraktion

Zu dem Thema „Arithmetische Fähigkeiten von Erstklässlern im Bereich des Addierens und Subtrahierens“ sind im Rahmen von vier Examensarbeiten eine Pilotstudie und eine Felduntersuchung qualitativ empirisch durchgeführt und repräsentativ anhand ausgewählter Leitfragen ausgewertet worden. Obwohl zahlreiche Untersuchungen immer wieder auf die enormen mathematischen Vorkenntnisse der Kinder schon vor Beginn der Grundschule hinweisen, sind Aussagen von LehrerInnen wie „ ...die Aufgabe 15-11 darf den Kindern im ersten Schuljahr noch nicht gestellt werden, da zweistellige Zahlen voneinander subtrahiert werden müssen, was noch viel zu schwer ist...“ besonders häufig zu hören. Ziel dieser Untersuchungen war es herauszufinden, ob die Kinder im ersten Schuljahr bereits Rechenstrategien kennen und auch anwenden können, obwohl diese zu diesem Zeitpunkt im Mathematikunterricht noch nicht thematisiert wurden. Alle Klassen, in denen die Tests durchgeführt wurden, arbeiten mit dem Schulbuch WELT DER ZAHL, welches von Hans-Dieter Rinkens und Kurt Höhnisch im Schroedel Verlag herausgegeben wird. Das Grundkonzept des Schulbuches geht vom Prinzip des ganzheitlichen Lernens aus, welches die Prinzipien des handlungsorientierten Unterrichts, des aktiv-entdeckenden Lernens, sowie das Lernen mit allen Sinnen umfasst. Die Untersuchungen haben nach der materialgebundenen Einführung des Addierens und Subtrahierens stattgefunden. Diese Einführung beinhaltet folgende behandelte Lernziele des Schulbuches: ƒ

Die Zahlen von null bis zehn kennen lernen,

ƒ

die Grundvorstellung des Addierens gewinnen, 1

ƒ

das Verständnis der Zahlen erweitern,

ƒ

die Grundvorstellung des Subtrahierens gewinnen.

Bei dem nächsten Lernziel, das sich der materialgebundenen Einführung anschließt, erwerben die Kinder die Grundlagen der Addition und Subtraktion, so dass sie die Rechenstrategien kennen lernen und auf Automatisierung abzielende Übungseinheiten berechnen. Um die arithmetischen Fähigkeiten von Erstklässlern direkt nach der materialgebundenen Einführungsphase untersuchen zu können, sind die Pilot- und Feldstudie zu einem Zeitpunkt durchgeführt worden, bevor die Kinder die Rechstrategien der Addition und Subtraktion kennen gelernt haben.

1. Untersuchungs-Design Die Pilotstudie ist im Frühjahr 2001 an fünf Schulen (12 Klassen) in NRW durchgeführt worden, wobei 263 Kinder am Additionstest und 256 Kinder am Subtraktionstest teilgenommen haben. Die empirische Untersuchung innerhalb der anschließenden FELDSTUDIE zur Ermittlung der arithmetischen Fähigkeiten bzgl. der Addition ist in insgesamt 113 Klassen von 48 Schulen durchgeführt worden. Insgesamt bearbeiteten

2492

Kinder

die

Additionshefte.

Die

Feldstudie

zu

den

Subtraktionsaufgaben wurde von 2427 Kindern in 111 Klassen von 49 Grundschulen bearbeitet. Das Untersuchungs-Design unterscheidet sich zur Pilotstudie nur in dem Aspekt, dass diesmal „fast“ alle 231 Additions- bzw. 231 Subtraktionsaufgaben, welche jeweils in 21 Kategorien eingeteilt waren [vgl. Clustering Abb. 1 und 2] untersucht worden sind. Diese 21 Kategorien wurden so eingeteilt, dass immer ein Aufgabentyp eine Kategorie bildet. Somit wurde gewährleistet, dass in jedem Additions- bzw. Subtraktionsheft eine Aufgabe eines bestimmten Aufgabentyps vorkam. Jeweils elf Aufgaben,

welche

als

besonders

einfach

eingestuft

worden

waren,

sind

herausgenommen worden. Dies sind alle Aufgaben in denen die Null als Summand bzw. Subtrahend vorkommt oder deren Ergebnis gleich null waren im Zahlenraum bis fünf. Jedes Kind hat ein DIN A6 großes Heft bekommen. Auf dem Deckblatt sind Zahlix und Zahline, die Handpuppen von WELT DER ZAHL, abgebildet. In einer Sprechblase wird 2

durch die Wörter „Plus“ oder „Minus“ deutlich, ob es sich um ein Heft mit Additionsoder Subtraktionsaufgaben handelt. Im unteren Bereich des Deckblatts haben die Kinder ihren Namen eingetragen. Dem Deckblatt folgen die Blätter mit den Aufgaben, wobei auf jedem Blatt jeweils nur eine Aufgabe steht. Dadurch haben die Schüler die Möglichkeit etwas zu zeichnen. Die Lehrer haben den Kindern bei der Durchführung der Tests keine Hinweise oder Aufforderungen zum Zeichnen gegeben, so dass diese sich auf das Bearbeiten der Aufgaben konzentriert haben. Zu Anfang der Tests haben die Klassenlehrer den Kindern deutlich gemacht, dass diese nicht alle Aufgaben bearbeiten müssen, so dass sie zur nächsten Aufgabe weiterblättern durften, wenn sie eine Aufgabe nicht lösen konnten. Die Tests sind im Abstand von mindestens zwei Tagen durchgeführt worden. Es hat keine Zeitbegrenzung für die Durchführung gegeben, so dass die Schüler nicht unter Zeitdruck gestanden und genügend Zeit gehabt haben, alle Aufgaben zu berechnen. Jeder Klassenlehrer der Testschulen hat ein Info-Blatt ausgefüllt, auf dem Angaben über die Schule, die Klasse und ihre Größe gemacht worden sind. Es folgen Angaben zum Unterricht, mit welchem Unterrichtswerk und mit welchen Materialien gearbeitet worden ist. Die Angaben zum Test beinhalten das Datum und die Seitenzahl im Mathematikbuch zum Zeitpunkt der Durchführung. Die Auswertung der Rückmeldebögen zeigte, dass nur sehr wenige Kinder Materialien zur Berechnung der Aufgaben verwendet haben und die Kinder ca. 20 Minuten im Durchschnitt für die Berechnung der Aufgaben brauchten. 1.2 Aufgabenentwicklung Die Aufgaben sind den Kindern in der formalen Gleichungsschreibweise a + b = x und a – b = x gestellt worden. Mit „a“ und „b“ sind die gegebenen Zahlen mit „x“ die gesuchte Zahl gemeint. Bei dem Test haben die Schüler Aufgaben berechnet, bei denen die Summe bzw. die Differenz gesucht gewesen ist. Die Aufgaben liegen alle im Zahlenraum bis zwanzig. Die Kriterien für die Auswahl der Aufgaben der Untersuchung sind in Form von jeweils sechs Leitfragen für die Addition sowie für die Subtraktion formuliert und in weitere Untersuchungspunkte gegliedert. Die Kinder sollten zu jedem Unterpunkt mindestens zwei Aufgaben berechnen, so dass die 3

Auswertung im Hinblick auf die aufgestellten Thesen auf mindestens zwei Aufgaben basiert. Als Hilfsmittel ist die Einspluseinstafel bzw. der Einsminusbaum eingesetzt worden. Um die Einspluseinstafel benutzen zu können, ist sie um die Aufgaben im Zahlenraum bis einschließlich zwanzig erweitert worden.

Abb. 1: Erweiterte Einspluseinstafel

Abb. 2: Einsminusbaum

Analog zur Einspluseinstafel ist der Einsminusbaum erstellt worden. Durch das Markieren der verschiedenen Cluster in den beiden Tafeln ist deutlich geworden, ob die Aufgaben gleichmäßig verteilt sind und jeder in den Leitfragen formulierte „Aufgabentyp“ bei der Auswahl der Aufgaben berücksichtigt worden ist. Die Übersicht in den folgenden Tabellen sollen veranschaulichen, welche Leitfragen mit den jeweiligen Unterpunkten zur Analyse der Aufgaben aufgestellt wurden:

4

Tab. 1: Leitfragen bzgl. der Additionsaufgaben

Tab. 2: Leitfragen bzgl. der Subtraktionsaufgaben

1.3 Auswertung des Additionstests Im Durchschnitt sind alle Aufgaben im Zahlenraum bis zehn zu 88,59 % richtig gelöst worden. Der Durchschnitt aller Aufgaben mit dem Ergebnis zwischen Zehn und Zwanzig lieg mit 82,14 % deutlich darunter. Etwa ein Fünftel der Aufgaben liegen über dem Durchschnitt des Zehner-Raumes. Die weiteren Aufgaben im Raum von Zehn bis Zwanzig sind mit 15 % bis 32 % falsch gelöst worden. Die schwierigste Aufgabe in diesem Raum war 9+8, die nur zu 62,40 % richtig gelöst wurde. Da die Aufgaben im Zahlenraum bis Zehn deutlich besser gelöst wurden, wird die Vermutung bestätigt, dass die ZAHL ZEHN eine Schwellenzahl ist. Die Zahl Zehn hat sich des Weiteren auch als 5

Orientierungszahl herausgestellt, da die Aufgaben im Zehnerraum und die Aufgaben ohne Zehnerüberschreitung von deutlich mehr Kindern richtig bearbeitet wurden. Da aufgrund der Konstruktion der Studie nur wenige Kinder überhaupt in ihrem Heft eine Additionsaufgabe und die dazu entsprechende Tauschaufgabe bekommen haben, können im Folgenden auch nur bedingte Aussagen dazu gemacht werden. Untersucht man das KOMMUTATIVGESETZ unter zu Hilfenahme der Cluster und vergleicht immer die zwei entsprechenden Cluster miteinander, in denen die Tauschaufgaben stehen, so präsentiert die Auswertung, dass es insgesamt nur einen ganz geringen Prozentsatz gibt, dass heißt sich die Auswertungen der entsprechenden Cluster nur um 2 % unterscheiden. Das betont die Annahme, dass die Kinder bereits das Kommutativgesetz anwenden. Aber auch in diesem Beispiel wird deutlich, dass die aktiv handelnde Zahl von besonderer Bedeutung ist. Je größer der zweite Summand wird, desto schlechter werden die Aufgaben gelöst. Da der Prozentsatz aber wie bereits erwähnt sehr gering ist, kann davon ausgegangen werden, dass viele Kinder die Tauschaufgaben bereits schon rechnen können. Die VERDOPPLUNGSZAHLEN bis einschließlich 5+5 und die Aufgabe 10+10 sind immer zu mindestens 90 % richtig gelöst worden. Die übrigen Aufgaben sind nur zu maximal 80 % korrekt gelöst worden. Dies unterstreicht nochmals die Erkenntnis, dass die Zehn für die Kinder eine Schwellen- bzw. Orientierungszahl ist. Insgesamt sind die Verdopplungsaufgaben bis zu 7,8 % häufiger richtig gelöst worden als die entsprechenden einfacheren Aufgaben. Das bestätigt die Vermutung, dass die Kinder im Zahlenraum bis Zehn die Verdopplungsaufgaben erkannt und automatisiert haben. Bei den Aufgaben im Zahlenraum bis 20 sind die Ergebnisse ganz anders ausgefallen. Bis auf die Aufgaben, die die Zehn als ersten Summanden besitzen, sind alle

einfacheren

Aufgaben

auch

wirklich

besser

gelöst

worden

als

die

Verdopplungsaufgaben. Aus diesen Ergebnissen kann man schließen, dass die Kinder im Zahlenraum bis 20 noch zählend rechnen. Um die Vermutungen absolut zu bewahrheiten bzw. zu widerlegen, hätten die Kinder zusätzlich ihre Rechenwege aufzeichnen müssen bzw. hätten die Kinder klinisch interviewt werden müssen, wie sie zu dem Ergebnis gelangt sind, was aber nicht Bestandteil der Untersuchung war. 6

Bei der Analyse, welche Funktion die ZAHL NULL spielt wurde festgestellt, dass es mehr Aufgaben gibt, bei denen der erste Summand Eins oder Zwei ist und die häufiger richtig beantwortet wurden, als Aufgaben, bei denen die Null der erste Summand ist. Zum Teil unterschieden sich die Werte nur um 1% und sind somit irrelevant, aber es gibt auch größere Unterschiede. So wurde die Aufgabe 1+9 von 91,09 % der Kinder, die sie bearbeitet haben, richtig gelöst, die Aufgabe 0+9 jedoch nur von 84,94 %. Bei den Aufgaben, bei denen die Null zweiter Summand war, ist 10+0 von 89,6 % der Kinder richtig gelöst worden. Die Aufgaben 10+1, 10+2, 10+3 und 10+4 wurden häufiger richtig gelöst, da sie alle um 90 % richtig gelöst wurden. Von den Aufgaben mit der Null als zweiten Summanden sind die meisten häufiger richtig gelöst worden als ihre Tauschaufgaben. Die Aufgabe 12+0 wurde genauso oft (89,7 %) wie ihre Tauschaufgabe richtig gelöst. Insgesamt haben 2385 Kinder Aufgaben mit der Null als ersten und zweiten Summanden bearbeitet. Von diesen haben 2087 beide Aufgaben ohne Fehler und 102 beide falsch gelöst. 123 Kinder haben die Aufgabe mit der Null als ersten Summanden falsch, jedoch die Aufgabe mit der Null als zweiten Summanden richtig gelöst. Nur 73 Schüler haben die Aufgaben mit der Null als zweiten Summanden falsch und die Tauschaufgabe richtig gelöst. Daraus lässt sich erkennen, dass die Zahl Null insgesamt nicht mehr als Problemzahl gekennzeichnet werden kann, da die entsprechenden Aufgaben von sehr vielen Kindern korrekt gelöst worden sind.

1.4 Auswertung des Subtraktionstests Insgesamt sind die Subtraktionsaufgaben von verhältnismäßig vielen Kindern richtig und fehlerfrei bearbeitet worden. Bei der Untersuchung hat sich herausgestellt, dass die Kinder schon vor der Einführung der Rechenstrategien diese kennen und mit ihnen rechnen können. Grundsätzlich lässt sich über die arithmetischen Fähigkeiten der Kinder sagen, dass die Kinder mit zunehmender Größe der beiden Rechenzahlen die SICHERHEIT

IN DER

ZAHLREIHE verlieren, da die Aufgaben mit einem großen Minuend

und einem großen Subtrahend den Kindern die größten Schwierigkeiten bereiten und somit auch von den wenigsten Kindern richtig bearbeitet wurden. Ebenso hat sich die 7

„HANDELNDE“ ZAHL, als eine Zahl herausgestellt, die eine entscheidende Bedeutung für die richtige Bearbeitung einer Aufgabe hat. Im Einzelnen bedeutet dies, dass die Aufgaben mit einem Subtrahend kleiner als fünf von mehr Kindern richtig bearbeitet werden konnten und den Kindern somit weniger Schwierigkeiten bereiten als die Aufgaben mit einem Subtrahend größer als vier. Bei der Betrachtung einzelner Aufgabentypen, wie z.B. den Aufgaben mit der Zahl Zehn oder der Zahl Null, hat die Auswertung der Ergebnisse ergeben, dass einige Aufgabentypen besser bearbeitet werden konnten. Die ZAHL ZEHN hat sich als Schwellenzahl und als Hinderniszahl herausgestellt, so dass die Aufgaben im Zehnerraum und die Aufgaben ohne Zehnerüberschreitung von deutlich mehr Kindern richtig bearbeitet werden konnten. Ebenso wird die Zahl Zehn, von den Kindern als Orientierungszahl genutzt, wenn sie als Subtrahend oder als Ergebnis in einer Aufgabe vorkommt, so dass diese Aufgaben den Kindern weniger Schwierigkeiten bereiten und folglich auch von mehr Kindern bearbeitet werden konnten. Nicht ganz eindeutig lässt sich feststellen, inwieweit die Zahl Zehn als Minuend für die Kinder eine Orientierungszahl darstellt, und somit auch diese Aufgaben einfacher bearbeitet werden können. Die Aufgaben mit der ZAHL NULL haben den wenigsten Kindern Schwierigkeiten bereitet, so dass sich die Zahl Null nicht als Problemzahl herausgestellt hat und sowohl die Zahl Null als Subtrahend als auch als Ergebniszahl eine besondere Zahl darstellt mit der die Kinder einfacher rechnen können. Die ZAHL ZWANZIG dagegen wird von den Kindern wahrscheinlich nicht als eine Zehnerzahl erkannt und somit auch nicht als Orientierungszahl genutzt, da die Aufgaben mit der Zwanzig den Kindern Probleme bereiten. Obwohl im Unterricht noch keine Rechenstrategien thematisiert wurden., legt die Auswertung die Vermutung nahe, dass die Kinder bei Aufgaben mit dem Ergebnis Eins, in der Auswertung auch ERGÄNZUNGSAUFGABEN genannt, den Minuend und Subtrahend als Nachbarzahlen erkennen

und

diese

Aufgaben

den

Kindern

somit

leichter

fallen.

HALBIERUNGSAUFGABEN dagegen werden von den Kindern als solche wahrscheinlich nicht erkannt und wurden auch nicht besser bearbeitet. Die Untersuchung der zusätzlichen Fragestellung, ob die handelnde Zahl wichtiger ist als die Einsicht in Bündelungen, hat ergeben, dass die aktive handelnde Zahl zwar von 8

grundsätzlich großer Bedeutung ist, die Kinder in ihren Lösungen der Aufgaben aber auch ganz klare Ansätze von Einsicht in Bündelungen aufzeigen. Einsicht in Bündelung vs. handelnde Zahl

x-5= x-6= x-7= x-8= x-9= x - 10 =

72,00% 70,00%

x-5=

68,00%

x-6= x-7=

66,00%

x-8=

64,00%

x-9=

62,00%

69,78% 67,24% 65,98% 64,69% 63,39% 70,04%

x - 10 =

60,00% 1

Abb. 3: Einsicht in Bündelung vs. handelnde Zahl

Diese graphische Darstellung veranschaulicht sehr deutlich, dass die handelnde Zahl von großer Bedeutung ist, d.h. je größer die handelnde Zahl wird, desto schlechter werden die Aufgaben berechnet. Allerdings wird hier auch ganz klar aufgezeigt, dass die Einsicht in Bündelungen bei sehr vielen Kindern vorhanden sein muss, da Aufgaben mit der Fünf bzw. Zehn als Minuenden mit Abstand am Besten berechnet werden. Im Folgenden werden nun bestimmte Aufgabenreihen gegenübergestellt, um detailliertere Einblicke und Ergebnisse zu erzielen. Es wurden die Aufgaben „11-5 bis 20-5“ versus „11-6 bis 20-6“ ... bis versus „11-10 bis 20-10“ graphisch ausgewertet. x-6=

x-8= 11 - 6 = 12 - 6 =

80,00% 70,00% 60,00% 50,00% 40,00% 30,00% 20,00% 10,00% 0,00%

13 - 6 = 14 - 6 = 15 - 6 =

12 - 8 =

70,00% 60,00% 50,00%

13 - 8 = 14 - 8 =

40,00% 30,00%

15 - 8 = 17 - 8 =

19 - 6 =

20,00% 10,00%

20 - 6 =

0,00%

16 - 6 = 17 - 6 = 18 - 6 =

Ergebnisse

11 - 8 =

80,00%

16 - 8 = 18 - 8 = 19 - 8 = Ergebnisse

20 - 8 =

In der ersten Tabelle „x-6“ wird sehr deutlich, dass die Aufgaben 11-6, 16-6 und 20-6 am Besten berechnet wurden. Auch an dem zweiten Beispiel „x-8“ ist analog entsprechendes zu entdecken, die Aufgaben 11-8 und 18-8 wurden im Vergleich zu den anderen sehr gut gelöst. Die Reihen „x-5, „x-7“, „x-9“ und „x-10“ spiegeln gleiche 9

Phänomene wieder. Als wichtiges Fazit dieser Betrachtung kann festgehalten werden, dass den Kindern die Subtraktion als Ergänzen noch nicht bekannt ist, nur im Fall der Nachbarzahl. Des Weiteren ist es interessant zu beobachten, dass z.B. die Aufgabe 18-8 besser gelöst worden ist, als die Aufgabe 18-10. Diese Analysen bestätigen immer wieder, dass die Kinder bereits zum Zeitpunkt der Testdurchführung grundlegende Einsichten im Bereich der Bündelungen anwenden. 1.5 Auswertung beider Tests „Fehleranalyse“ Aus der Fehleranalyse ist zu erkennen, dass die Schülerfehler tatsächlich nicht zufällig geschehen, sondern eine Strategie aufzeigen, die den Entwicklungsstand der Kinder in der Arithmetik verdeutlichen. Aufgrund der relativ wenigen Fehler im Additionstest (13,69 %) kann gesagt werden, dass die Kinder gewisse Strategien bereits anwenden. Trotzdem ist zu unterstreichen, dass sehr viele Aufgaben zählend berechnet werden, da der Verzählfehler –1 und +1 in beiden Tests am häufigsten vorkommt. Im Additionstest sind es 29,32 % der falsch bearbeiteten Aufgaben. Im Subtraktionstest verzählen sich die Schüler bei 25,30 % von 13037 falschen Aufgaben. Weitere häufig auftretende Fehlertypen

sind

die

Stellenwertfehler,

die

Einstellungsfehler

und

die

Ähnlichkeitsfehler. Die Untersuchung der Fehlerhäufigkeit gleicher Fehler bei denselben Kindern hat ein positives Ergebnis geliefert. Im Durchschnitt haben 70-75 % der Kinder im Additionstest den Fehler nur einmal gemacht. Bei 20-30 % der Kinder kommt der Fehler zwei oder dreimal vor. Es sind nur 50 Schüler, die bestimmte Fehler fünfmal oder noch öfter im Test wiederholen. Bei diesen Kindern kann davon ausgegangen werden, dass es sich schon um eingeprägte Fehlermuster handelt, die durch gezielte Übungen ausgeglichen werden müssen. Bei 2493 beteiligten Schülern sind dies nur 2 %. Im Subtraktionstest trifft es auf 6,45 % der Schüler zu. Hier sind es 157 Kinder, die bestimmte Fehler sehr oft wiederholen. Das Gesamtergebnis der Auswertung unterstreicht wieder, dass die Kinder schon eine Grundvorstellung für die Rechenarten entwickelt haben und die Addition und

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Subtraktion im Zwanzigerraum gut beherrschen. Obwohl immer wieder Fehler auftreten, sind diese bei den meisten Kindern nicht festgesetzte Vorgehensweisen. „Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen“ Die Unterschiede in der Bearbeitung der Tests zwischen Jungen und Mädchen zeigen nur geringe Differenzen. Die Jungen lösen 84,78 % der Additionsaufgaben und 70,67 % der Subtraktionsaufgaben richtig. Bei den Mädchen sind es 82,37 % der Additionsaufgaben und 68,13 % der Subtraktionsaufgaben, die sie richtig berechnen. Die Betrachtung der einzelnen Aufgaben zeigt, dass beide Geschlechter die Aufgabentypen

sehr

ähnlich

bearbeitet

haben,

d.h.

dass

zum

Beispiel

Subtraktionsaufgaben, bei denen beide Zahlen größer als zehn sind, von beiden Gruppen schlechter gelöst wurden, als Aufgaben ohne Zehnerübergang. Obwohl die Jungen bei dem Test meistens etwas bessere Ergebnisse erzielt haben, sind die Leistungen durchschnittlich bei den Jungen und Mädchen im ersten Schuljahr in Arithmetik gleich. „Auswertung des Materials“ Die Auswertung des Materials zeigt, dass eine sinnvolle Auswahl an Materialien im Unterricht gegeben sein muss, um den Bedürfnissen möglichst vieler Kinder gerecht zu werden. Ein zu großes oder zu kleines Angebot von Arbeitsmitteln kann das Lernen der Schüler negativ beeinflussen. Auf der Grundlage der Feldstudie und der Rückmeldungen der Lehrer kann davon ausgegangen werden, dass drei bis fünf unterschiedliche

Anschauungsmittel

sehr

hilfreich

für

die

Erarbeitung

des

Unterrichtsstoffes sind, wobei die Materialien nicht nur aus einer Kategorie, wie z.B. den unstrukturierten Materialien, stammen dürfen.

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Literatur 1. Gooßen, E.: Feldstudie zu den arithmetische Fähigkeiten von Erstklässlern – Paderborn: Universität Paderborn, Fachbereich Mathematik, unveröffentlichte Examensarbeit 2003. 2. Heimann, M.: Arithmetische Fähigkeiten von Erstklässlern im Bereich des Addierens nach der materialgebundenen Einführungsphase – eine Feldstudie – Paderborn: Universität Paderborn, Fachbereich Mathematik, unveröffentlichte Examensarbeit 2002. 3. Scharper, K.: Arithmetische Fähigkeiten von Erstklässern im Bereich des Subtrahierens nach der materialgebundenen Einführungsphase – Eine Feldstudie – Paderborn: Universität Paderborn, Fachbereich Mathematik, unveröffentlichte Examensarbeit 2002. 4. Rinkens, Hans-Dieter/ Höhnisch, Kurt (Hrsg.): WELT DER ZAHL. Schulbuch 1. Schuljahr. Hannover: Schroedel Verlag GmbH 1998. 5. Rinkens, Hans-Dieter/ Höhnisch, Kurt (Hrsg.): WELT DER ZAHL. Praxisbegleiter 1. Schuljahr. Hannover: Schroedel Verlag GmbH 1998. 6. Rinkens, Hans-Dieter: Arithmetische Fähigkeiten am Schulanfang. Paderborn: Unveröffentlichtes Manuskript 1996. 7. Weigt, S.: Studie zu den arithmetischen Fähigkeiten von Erstklässlern nach der materialgebundenen Einführung des Addierens und Subtrahierens – Pilotstudie – Paderborn: Universität Paderborn, Fachbereich Mathematik, unveröffentlichte Examensarbeit 2001.

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