Olympiade der Nachhaltigkeit Gestaltung des Wohnblockes N26 im Rahmen des städtebaulichen Masterplanes für das Olympische Dorf in London durch die Architekten de Rijke Marsh Morgan, Architects, London.
Bei den Olympischen Spielen in Paris 1924 und auch noch 1936 in Berlin war es üblich, die Athleten in temporären Gebäuden unterzubringen, d.h. diese Bauten wurden nach dem Ende der Spiele wieder abgerissen. Zwischenzeitlich ist jedoch die Entwicklung des Olympischen Dorfes gleichzeitig zu einer städtebaulichen Aufgabe mutiert. Neben der Erfüllung der Rahmenbedingungen des Olympischen Komitees, ist die langfristige
Entwicklung
der
gastgebenden
Regionen
heute
ein
vorrangiges architektonisch-städtebauliches Kriterium; und das nicht allein. Ein nachhaltiges Materialkonzept ist ebenso Bestandteil wie der Ausweis eines energetisch auf die Zukunft optimierten Systems. Der Vorschlag, die Olympischen Spiele 2012 nach London zu holen, wurde dann auch hauptsächlich deshalb angenommen, weil das Lastenheft die Chance bot, dem bis dahin benachteiligten Stadtteil Stratford im Osten Londons nachhaltig aufzuwerten.
Städtebauliche Einbindung Der Olympische Park und seine unmittelbare Umgebung sollten sich an den viktorianischen Gartenkonzepten orientieren mit allen Komponenten einer Ideal-Stadt, wie beispielsweise einem Amphie-Theater, dem Marktplatz, Bädern, einer Akademie sowie schließlich allen erforderlichen Räumlichkeiten für den Handel. Das Quartier innerhalb des Olympischen Dorfes 2012, um das es nachfolgend im Wesentlichen geht, ist in dem Plan für Wohnbebauung unter der Bezeichnung N26 ausgewiesen. Jeweils mehrere Häuser sind um einen sorgfältig gestalteten und von einer Garage im Straßenniveau unterparktem Innenhof gruppiert. Die 9- bis11-geschossigen Gebäude orientieren sich zur Hauptstraße und sind im Erdgeschoss teilweise mit
Gewerbeflächen belegt. In den darüber aufsteigenden Stockwerken befinden sich die Wohnungen der Athleten. Großzügig verglaste Wintergärten verbinden die einzelnen Wohnblocks und lassen damit die Straßenfronten geschlossener erscheinen; dennoch erlauben sie Einblicke in die begrünten Innenhöfe. Auf den Rückseiten, die Innenhöfe umschließend, wird das Areal durch dreigeschossige Wohnhäuser begrenzt.
Neue Typologie des sozialen Wohnungsbaus 17 Architekten waren eingeladen worden, um das Quartier zu entwerfen. So sollten bewusst unterschiedliche Architektursprachen zum Ausdruck kommen, um im Zusammenspiel von Materialität und Nutzung, trotz der restriktiven Auflagen, eine vielfältige Straßenlandschaft zu entwickeln. Die individuelle Ausprägung der Fassaden des Ensembles war zentraler Bestandteil des Entwurfs, ebenso aber auch gestaltete Umsetzung der bauphysikalischen Anforderungen. Zu dem Zeitpunkt als de Rijke Marsh Morgan (dRMM) Architects in die Planungsgruppe eintraten, waren die Rahmenbedingungen allerdings schon weitgehend festgelegt, - die Infrastruktur war vorgegeben. Ebenso ließen die allgemeinen Regulierungen für die Spiele sowie die Qualitäts- und Kostenstandards nur wenig Gestaltungspielraum zu, - eine außergewöhnliche Herausforderung für die Architekten, der sie mit der Entwicklung zahlreicher
Detailentwürfe zu begegnen suchten, um so den
verbliebenen Spielraum dennoch kreativ zu nutzen, dabei jedoch gleichzeitig den strengen Vorgaben und dem städtebaulichen Konzept zu entsprechen. Eine neue Typologie des sozialen Wohnungsbaus wurde entwickelt. Außenraumgestaltung und Nutzung des Tageslichtes einerseits sowie eine räumliche Abstufung der Privatsphäre trugen ausdrucksstark zu einer eigenständigen Ausformulierung des städtebaulichen Gesamteindrucks bei. Ineinandergreifende Formen fördern den Gemeinschaftssinn im öffentlichen Raum; die individuelle Identität bleibt dennoch gewahrt. Sachbezüge, wie die Zahl der Wohneinheiten, ihre maximale Höhe und auch die Richtlinien zur farblichen Ausgestaltung waren in diesem Programm unterzubringen.
Vielfalt und Nachhaltigkeit durch keramische Fassaden Mehrere Gebäude des Olympischen Dorfes wurden mit vorgehängten Betonfertigteilfassaden bekleidet. Um dieser Uniformität auszuweichen, gleichzeitig aber auch das eigene Farbkonzept zu realisieren und den bauphysikalischen Anforderungen langfristig zu entsprechen, entschieden sich die Architekten dRMM für den von ihnen zu planenden Block N26 für eine Ziegelfassade der Moeding Keramikfassaden GmbH, und zwar in der Longoton-Hochformatversion mit Plattenlängen bzw. -höhen bis zu 3,00 m. Auf Basis der außerordentlichen Gestaltqualität dieses in einer Vielzahl von Formaten,
Farben
und
Oberflächenstrukturen
verfügbaren
Systems
enzwickelten die Architekten ein signifikantes Farb- und Lichtkonzept für die Fassaden der strassenbegleitenden Wohnhäuser. Im Norden, mit einer fast weißen Ziegelplattenbekleidung beginnend, wurden die Farben nach Süden hin über Zwischentöne zunehmend dunkler, bis schließlich zu einem fast schwarzen Schiefergrau. Gleichzeitig wechseln die geschosshoch senkrecht montierten Keramikelemente mit einer großzügig bodentiefen Verglasung der Fenster und Balkontüren. Das System der vorgehängten, hinterlüfteten und wärmegedämmten MoedingZiegelfassade entspricht zugleich höchsten Wärmeschutz-Anforderungen; das durchgefärbte keramische Material erfüllt darüber hinaus die Vorgaben für Beständigkeit und geringsten Wartungsaufwand. Und last but not least, hatte dieses Fassadensystem für die Architekten vor dem Hintergrund der bereits stark eingeschränkten Gestaltungsfreiheit den weiteren unschätzbaren Vorteil des geringen Flächengewichtes und der damit vergleichsweise niedrigen Systemkosten. So ließ das Budget einen zusätzlichen Spielraum für weitere überlagerte Ausgestaltungen der Fassaden, wie beispielsweise Balkone mit Glasfüllungen
oder
auch
bodentiefe
Fenstertüren,
die
ebenfalls
mit
Brüstungen aus Glas gesichert wurden. Die Balkonvorsprünge variieren von Geschoss zu Geschoss und erzeugen so ein aufgelockertes Fassadenbild. Die einzelnen Stockwerke sind durch horizontale Aluminiumbänder akzentuiert. Mit relativ geringem Kostenaufwand konnten so innerhalb des Budgets interessante skulpturale Effekte realisiert werden; gleichzeitig aber auch eröffnet das Ensemble mit seinen modernen Materialien und intelligenten Systemlösungen einen Ausblick in eine nachhaltige bauliche Zukunft. 5.533 Zeichen
Projektdaten
Projektname:
N26, Stratford City North, Olympic Village
Bauherr:
Lend Lease Developments für Olympic Delivery
Masterplan:
Fletcher Priest Architects, London
Architekten N26:
de Rijke Marsh Morgan Architects, London
Projektsteuerung:
Lend Leas Developments Ltd
Fassadenplanung:
de Rijke Marsh Morgan Architects, London
Fassadenhersteller: MOEDING Keramikfassaden GmbH, Marklkofen Tragwerksplanung:
WSP group limited, London
H/L/S-Planung:
Hoare Lea Partnership, Bristol
Aktustik:
Hann Tucker Associates, London
Geschossfläche:
20.000 qm
Geschosse:
3 - 11
Fertigstellung:
2011
Olympisches Dorf, London 2012, Block N26 Blick von Norden in den Innenhof des Südgebäudes. Die Fassaden sind mit 3,00 Meter hohen, unterschiedlich breiten Keramikplatten in vier verschiedenen Grundtönen bekleidet. Architekten: de Rijke Marsh Morgan Architects, London Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Alex de Rijke, London)
Olympisches Dorf, London 2012, Block N26 Die Randbebauung des Blocks N26 öffnet sich zu den Hauptstraßen hin mit weit ausladenden Balkons und großzügig bodentiefer Verglasung zwischen den vertikal montierten Keramikplatten. Architekten: de Rijke Marsh Morgan Architects, London Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Alex de Rijke, London)
Olympisches Dorf, London 2012, Block N26 Blick auf die Rückseite der 9- bis 11-geschossigen Wohnblocks aus dem gestalteten Innenhof heraus, der straßenbündig von einer Tiefgarage unterparkt ist. Die Fassadenbekleidung variiert von Nord nach Süd durch einen zunehmenden Anteil der dunkleren Grautöne des massiven Keramikmaterials. Die einzelnen Geschossebenen sind durch horizontale Aluminiumbänder akzentuiert. Architekten: de Rijke Marsh Morgan Architects, London Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Alex de Rijke, London)
Olympisches Dorf, London 2012, Block N26 Nord/West-Ecke eines der straßenbegleitenden Wohnblocks. Die geometrisch variierende Anordnung der Balkon-Vorsprünge verschafft den Fassaden mit relativ geringem Kostenaufwand einen herausgehobenen skulpturalen Effekt. Architekten: de Rijke Marsh Morgan Architects, London Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Alex de Rijke, London)
Olympisches Dorf, London 2012, Block N26 Die vielen, aufgelockert angeordneten Balkone bilden zusammen mit deren Glasbrüstungen, der großzügigen Verglasung und insbesondere im Kontext mit der abgestimmten Farbgestaltung der Ziegelfassade ein gezielt eingesetztes architektonisches Gestaltungskonzept. Alles erfüllt seinen Sinn. Architekten: de Rijke Marsh Morgan Architects, London Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Alex de Rijke, London)
Olympisches Dorf, London 2012, Block N26 Die Materialität der Fassade wiederholt sich auch in den Foyers und strahlt bereits beim Betreten der Wohnanlage Freundlichkeit aus. Architekten: de Rijke Marsh Morgan Architects, London Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Alex de Rijke, London)