Offenbarung hat Folgen Predigt zu Mt 16,13-19 (Pfingsten 2015) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Liebe Gemeinde, in der Schriftlesung haben wir die Geschichte gehört, aufgrund derer wir Pfingsten feiern: Der Heilige Geist kommt auf die Jünger herab, Petrus ergreift das Wort und predigt über Jesus: Darüber, dass er der Messias ist, von dem schon die Propheten des Alten Bundes gesprochen haben. Darüber, dass sich in Jesus Gottes Heilszusagen erfüllen. Jesus ist der Christus. Das ist die Botschaft, die an Pfingsten in aller Öffentlichkeit verkündet wird. In der Zeit vorher, in der Zeit vor Jesu Tod und Auferstehung war das anders. Da waren sich viele nicht sicher: Wer ist dieser Jesus? Und Jesus selbst hat es manchmal im Unklaren gelassen. Denn das Entscheidende war noch nicht passiert: Karfreitag, Ostern, Pfingsten standen noch aus. Einmal aber hat Jesus seine Jünger gefragt: Für wen halten mich die Leute eigentlich? Der Predigttext  

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heute morgen berichtet von diesem Gespräch. Ich lese Mt 16, die Verse 13-19: 13 Jesus kam in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei? 14 Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten. 15 Er fragte sie: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? 16 Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn! 17 Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel. 18 Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. 19 Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. (Gebet) Liebe Gemeinde, dieses Gespräch Jesu mit seinen Jüngern ist so etwas wie eine vorgezogene Pfingstgeschichte. Ganz  

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deutlich, ganz klar spricht hier einer aus, was dann an Pfingsten verkündigt wird: Du, Jesus, bist der Christus. Christus heißt „Gesalbter“ – von Gott gesalbt, und das heißt: Mit Gottes Geist begabt. Der Messias ist der, der den Willen Gottes verkündigt und ihn tut. In aller Offenheit spricht Petrus dieses große Bekenntnis aus: Jesus, du bist der Christus, der Messias. Wie kommt er darauf? Hat er Jesus lange genug zugeschaut und zugehört? Hat er ausführlich über der Frage meditiert: Wer ist der Messias? Hat er Bücher gewälzt und Diskussionen geführt? Nein, er kommt zu dieser bedeutsamen Aussage aus einem Grund – und Jesus sagt ihm das: Nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Selig bist du! Da wird deutlich: Dass ein Mensch erkennt, wer Jesus ist, geschieht, weil Gott diese Erkenntnis schenkt. Dass die Menschen an Pfingsten den Aposteln zuhören, dass die Predigt ihr Herz anrührt, dass sie fragen: „Was sollen wir tun?“ und dass sie sich schließlich in großer Zahl taufen lassen: Das geschieht, weil Gott  

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ihnen die Erkenntnis schenkt: Jesus ist der Christus. Er ist derjenige, der uns zur Versöhnung und zum Heil gegeben ist. Gott schenkt Erkenntnis. Das heißt: Er offenbart sich. Mitten in unsere Wirklichkeit hinein bekommen wir einen Einblick in Gottes große, ewige Wirklichkeit: Und dieser Einblick verändert unseren Blick auf diese Welt, auf unser Leben, auf unsere bisher gekannte Wirklichkeit. Gott schenkt die Erkenntnis, er offenbart sich – das ist das Wunder, das an Pfingsten geschieht – nicht „durch Heer oder Kraft,“ wie der Prophet Sacharja sagt, nicht durch menschliche Möglichkeiten oder Fähigkeiten, durch Weisheit, Eifer oder Frömmigkeit, sondern „durch Gottes Geist“. Gott offenbart sich – und Petrus kann sagen: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! Gott offenbart sich – und 3000 Menschen lassen sich am Gründungstag der Kirche taufen. Gott offenbart sich – und fast 2000 Jahre nach Pfingsten kommen auf der ganzen Welt Menschen zu  

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sammen, um sich von diesem Gott begeistern zu lassen. Gott offenbart sich, und auch in Rittersbach / Großeicholzheim erkennen Menschen, dass ihnen Gottes Liebe gilt, unverdient und uneingeschränkt. Und das hat Folgen: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen. Als Jesus ihm das ins Gesicht sagt, hat Petrus noch keine Ahnung, was Jesus meint mit „Gemeinde bauen“. Dann aber, an Pfingsten, merkt er es: Menschen kommen zusammen, die erste Gemeinde entsteht, die Kirche wird gegründet. Und jetzt hat Petrus auch keine Angst mehr. Aus dem mutlosen Verleugner wird der furchtlose Bekenner. Gemeinsam mit den anderen Aposteln hat er nun die Aufgabe, die Gemeinde zu leiten – 3000 Taufen am ersten Tag! Und jeden Tag kamen neue dazu. Was für eine Bewegung, was für eine Begeisterung! Aber so hat Jesus es gewollt: Er will Gemeinde bauen. Kirche entsteht, weil Jesus sie baut. Jesus möchte, dass wir in Gemeinschaft und als Gemein  

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schaft an ihn glauben. Keiner von uns ist ohne diese Gemeinschaft zum Glauben gekommen. Es gibt keinen persönlichen Glauben ohne die Gemeinschaft. Viele Bilder verdeutlichen das: Das Bild vom guten Hirten und seiner Herde. Das Bild vom Leib Christi – und er ist das Haupt. Er dient er uns und fordert uns auf, zusammen zu bleiben und einander zu dienen. Die Gemeinschaft von Christen – die Gemeinde vor Ort – ist deshalb nicht einfach nur der Ort, an dem unser persönlicher Glaube gestärkt wird. Gott weckt in uns Glauben, damit Gemeinde entsteht. Und diese Gemeinschaft geht über die Ortsgrenzen hinaus: Wir sind weltweit verbunden mit Christen aller Hautfarben, aller Kulturen, aller Sprachen. An Pfingsten kommen Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen. Sie sprechen unterschiedliche Sprachen. Durch das wundersame Wirken des Heiligen Geistes geschieht nun, dass sie nicht alle erst dieselbe Sprache lernen müssen. Nein, jeder darf seine Sprache behalten und hört in seiner Sprache die gute Botschaft von Jesus.  

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Auch das ist eine Folge von Gottes Offenbarung: Gott schenkt die Einheit trotz aller Vielfalt. Die Unterschiede dürfen bestehen bleiben. Zum Ende seiner Rede an Petrus sagt Jesus noch etwas Bedeutsames: Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. Petrus bekommt – und die anderen Jünger mit ihm – eine Funktion, ein Amt: Ihr sollt binden und ihr sollt lösen. Offensichtlich braucht es in der Gemeinschaft, die Jesus gründet, in dem Haus, das er baut, bestimmte Ämter, damit Aufgaben erfüllt werden. Beim Binden und Lösen geht es um die Befreiung von Schuld. Menschen sollen die Botschaft von der Befreiung hören, damit sie nicht mehr gebunden sind an Neid, an Ehrsucht, an Geld und Besitz. In der Kirche ist der Ort, wo Menschen die Loslösung von ihrer Schuld erfahren sollen, die Befreiung von Sorgen, von Not, von Ungewissheit. Es soll gelöst werden.  

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Und was soll gebunden werden? Ich verstehe das so: Schuld soll beim Namen genannt werden. Sünde soll nicht einfach schöngeredet werden. Wo Streit ist, soll nicht einfach ein Löffelchen Harmoniesuppe drüber gekippt werden, sondern Dinge sollen benannt werden, damit sie ausgeräumt werden können. Damit Versöhnung möglich ist. Und sie ist möglich, weil Gott uns seinen Geist schenkt. Im 1. Timotheusbrief schreibt Paulus: Gott hat euch nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Amen.

 

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