Nomos EDITORIAL. Eine nützliche Orientierungshilfe. Bundesarbeitsgemeinschaft übernimmt Herausgeberschaft

Heft 1_06.qxd 16.02.2006 13:20 Uhr Seite 3 EDITORIAL Bundesarbeitsgemeinschaft übernimmt Herausgeberschaft Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Frei...
Author: Horst Rothbauer
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EDITORIAL

Bundesarbeitsgemeinschaft übernimmt Herausgeberschaft Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege hat ab Januar 2006 die Herausgeberschaft für die Zeitschrift SOZIALwirtschaft und den Informationsdienst SOZIALwirtschaft aktuell übernommen.

In der Organisation arbeiten die sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland zusammen: Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Caritasverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft vertritt auf Bundesebene die Gesamtinteressen der Freien Wohlfahrtspflege gegenüber Staat und Öffentlichkeit und legt einvernehmlich gemeinsame fach- und sozialpolitische Positionen fest. Die örtlichen und regionalen Gliederungen und Mitgliedsorganisationen der Freien Wohlfahrtspflege betreiben rund 92.000 Dienste und Einrichtungen mit zirka 3,3 Millionen Plätzen. Sie beschäftigen fast 1,2 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; schätzungsweise bis zu drei Millionen Menschen sind bei ihnen ehrenamtlich engagiert. Die Organe der Bundesarbeitsgemeinschaft sind der Vorstand und die Mitgliederversammlung. Die Federführung der gemeinsamen Angelegenheiten liegt im zweijährigen Turnus bei einem der Spitzenverbände. Derzeitige Präsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege ist Barbara Stolterfoht vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Leiter der Geschäftsstelle ist Werner Ballhausen. Die Zeitschrift SOZIALwirtschaft und der Informationsdienst SOZIALwirtschaft aktuell erscheinen weiterhin in der Nomos-Verlagsgesellschaft in Baden-Baden. Die Chefredaktion bleibt weiter bei Gerhard Pfannendörfer. Beide Publikationen wenden sich vornehmlich an die Führungskräfte sozialer Organisationen. Ihre Themen sind alles, was Verantwortliche in Vorständen und Geschäftsführungen sozialer Leistungserbringer für ihre Arbeit wissen müssen. Nomos Verlag, Baden-Baden im Januar 2006

Eine nützliche Orientierungshilfe

Organisationen der Sozialwirtschaft Von Prof. Dr. Johanna BödegeWolf und Prof. Dr. Klaus Schellberg 2005, 178 S., brosch., 19,80 €, ISBN 3-8329-0342-9 (Studienkurs Management in der Sozialwirtschaft) Der Band ist für ein fundiertes Verständnis der verschiedenen Organisationen des Sozialsektors und ihrer Managementaufgaben unerlässlich. Die Autoren liefern einen aktuellen Überblick über Strukturen, Rechtsformen, ideelle Grundlagen, Entwicklungslinien, Formen der Zusammenarbeit und Managementaufgaben der freien und öffentlichen Träger sowie der Dienstleistungsunternehmen. Johanna Bödege-Wolf ist Professorin für Sozialadministration an der Katholischen Fachhochschule Norddeutschland. Klaus Schellberg ist Professor für Sozialverwaltung an der Fachhochschule München und Unternehmensberater bei xit forschung.planung.beratung, Nürnberg.

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Dieter Kreft, Ingrid Mielenz (Hrsg.)

Das gesamte Programm unter www.nomos.de

Wörterbuch Soziale Arbeit

Aufgaben, Praxisfelder, Begriffe und Methoden der Sozialarbeit und Sozialpädagogik 5. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage 2005, 1128 S., Hardcover € 59,-; sFr 101,- (2060 3) Dieses ausbildungs- und praxisbezogene Standardwerk gibt zuverlässig Auskunft über Ziele, Aufgaben, Arbeitsfelder und Methoden der Sozialen Arbeit - von A bis Z. Es ist ein Nachschlagewerk und zugleich eine Einführung in die Soziale Arbeit, das sich für Ausbildung und Praxis empfiehlt.

»Das Buch erweist sich als ein Muss für alle, die sich mit der Diskussion um die Sozialwirtschaft befassen...« In Constraste 235/2004 Forschung und Entwicklung in der Sozialwirtschaft

Wolf Rainer Wendt

Sozialwirtschaftslehre Grundlagen und Perspektiven

Joachim Merchel

Organisationsgestaltung in der Sozialen Arbeit

Grundlagen und Konzepte zur Reflexion, Gestaltung und Veränderung von Organisationen Reihe Votum. 2005, 228 S., br. € 15,00; sFr 26,90 (1877 3) Der Band fasst die Konzept- und Methodendiskussion so zusammen, dass es möglich wird, die Bedeutung dieses Aspekts für die Profession der Sozialen Arbeit besser einzuschätzen und Ansatzpunkte zu finden, um Organisationen in einer reflektierten Weise mit Entwicklungsimpulsen auszustatten. Robert Bachert

Buchführung und Bilanzierung

Controlling und Rechnungswesen in Sozialen Unternehmen Grundlagentexte Soziale Berufe. 2005, 132 S., br. € 16,00; sFr 28,60 (1949 4) Der Band vermittelt Praktikern das notwendige Knowhow und die grundlegenden Standards der Buchführung und im Speziellen der doppelten Buchführung. Dabei ist das didaktische Konzept des Buches konsequent auf die praktischen Bedürfnisse in NonprofitOrganisationen abgestimmt. André Richter

Die Erziehung des Sozialen

Über die Entwicklung von Bildungslandschaften und Jugendhilfestrukturen in den USA Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfeforschung, hrsg. von T. Rauschenbach. 2006, 224 S., br. € 19,50; sFr 34,30 (1114 0) Lässt sich - noch immer - von Amerika lernen? Gibt es in den USA ein anderes pädagogisches Grundverständnis? Welche Einflüsse sind dafür maßgebend? Warum ist das Verhältnis von schulischer und außerschulischer Pädagogik in den USA anders gelöst?

Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden

Sozialwirtschaftslehre Grundlagen und Perspektiven Von Prof. Dr. Wolf Rainer Wendt, Universität Tübingen 2002, 220 S., brosch., 34,– €, ISBN 3-7890-8113-2 (Forschung und Entwicklung in der Sozialwirtschaft, Bd. 1) Humandienstleistungen und soziale Unternehmen, in denen sich Menschen zu ihrer eigenen Versorgung vereinigen, sollen ihren Nutzern ein besseres Leben ermöglichen. Die Sozialwirtschaftslehre behandelt die Art und Weise, wie dieser Zweck in Organisationen, mit öffentlichen Mitteln und in persönlichen Haushalten ökonomisch erfüllt wird. Das Buch gliedert diese komplexe Thematik in eine ■

begriffliche Grundlegung der Bewirtschaftung sozialen Bedarfs,



komparative Darstellung der Sozialwirtschaft in Europa,



Erörterung der unterschiedlichen Konzepte im Handlungsfeld,



Analyse der Beziehung sozialer Dienstleistungen auf persönliches und familiäres Wirtschaften,



Beschreibung sozialen Wirtschaftens im Kontext des lokalen Gemeinwesens sowie



Untersuchung der Wohlfahrtsproduktion und Wertschöpfung in der Sozialwirtschaft.

In Grundlegung und Perspektiven weist das Werk dem Verständnis und der Rechtfertigung eines Wirtschaftens zur Versorgung von Menschen neue Wege.

Mehr Info im Internet: http://www.juventa.de Juventa Verlag, Ehretstraße 3, D-69469 Weinheim

JUVENTA

Nomos Verlagsgesellschaft 76520 Baden-Baden Tel. 0 72 21/21 04-37 | Fax -43 [email protected]

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INHALT EDITORIAL Vertrauen.....................................3 Gerhard Pfannendörfer MAGAZIN Personalplanung Kosten minimieren, Ressourcen optimieren ................6 Dieter Dienwiebel PORTRÄT Stiftung Pfennigparade Integration organisieren..............8 Jochen Walter THEMA Thesen Balancieren zwischen Stabilität und Instabilität ..........................10 Andreas Strunk Management von Instabilität Veränderung durch Vernetzung................................13 Markus Bienecker Interview »Ohne Störung keine Änderung«.................................14 Gespräch mit Prof. Dr. Peter Kruse Sozialwirtschaft Innovation tut Not ....................19 Wolf Rainer Wendt PRAXIS Wirtschaftsprüfun Kassenkontrolle .........................25 Nadja Jehle MEINUNG Konkurrenz Richtiger statt tüchtiger............28 Herbert Ammann FRAGEBOGEN Köpfe der Sozialwirtschaft: Josef Seekircher .........................32 RUBRIKEN Das Letzte..................................34 Vorschau/ Impressum .................................35

Stiftung Pfennigparade Integration organisieren

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Über 650 behinderte Mitarbeiter beschäftigt die Münchener Stiftung Pfennigparade, eines der größten Rehabilitationszentren für körperbehinderte Menschen in Deutschland, in ihrer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen sowie in einer Integrationsfirma. Dr. Jochen Walter, Vorstand der Stiftung Pfennigparade, spricht davon, dass es darauf ankomme, einen »Engelskreislauf« zu organisieren: »Wir tun Gutes für Menschen. Wir tun es gut. Wir verdienen gut. Mit dem Gewinn tun wir wiederum Gutes.«

Wirtschaftsprüfung Kassenkontrolle

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Wirtschaftsprüfer sind seit Langem für große soziale Unternehmen tätig. Immer häufiger fragen sich auch kleine Organisationen, ob die Zusammenarbeit mit dieser Beratern nützlich sein kann. Doch was die Experten eigentlich genau tun, ist oft wenig bekannt, stellt Nadja Jehle, selbstständige Steuerberaterin und Lehrbeauftragte an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin fest.

Konkurrenz Richtiger statt tüchtiger

Seite 28

Im Non-Profit-Sektor nimmt die Konkurrenz zu. Um diese Entwicklung verantwortlich gestalten zu können, muss das Thema offen diskutiert werden, das schließt Fehlentwicklungen mit ein. In der Wirtschaft beantwortet Konkurrenz die Frage, wer der »Tüchtigere« ist, im Sinne einer Produkteoptimierung und deren Test durch die Konsumenten auf dem Markt. Im Falle der ideellen Begründung geht es darum, wer der »Richtigere« ist.

Fragebogen »Tue was du tust«

Seite 32

Seit zehn Jahren leitet der Diplomverwaltungswirt Josef Seekircher die Sozial- und Jugendbehörde der Stadt Karlsruhe mit 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und einem Jahresetat von rund 150 Millionen Euro. Die Behörde ist zudem Träger eigener Einrichtungen wie Kindertagesstätten und Schülerhorte. Sein persönliches Motto »Tue was du tust«.

Instabilitätsmanagement

Seite 10

Die Sozialwirtschaft befindet sich in einer Erneuerungskrise, von der noch nicht ausgemacht ist, wie sie endet. Ein schöpferischer Ausweg hängt unter anderem davon ab, wie der Umgang mit Instabilitäten gelingt, meint Prof. Dr. Andreas Strunk, der sich seit über drei Jahrzehnten praktisch und wissenschaftlich mit Vorhaben des Veränderungsmanagements in der Sozialwirtschaft auseinandersetzt.

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MAGAZIN PERSONALPLANUNG

Kosten minimieren, Ressourcen optimieren ■ Dieter Dienwiebel Die TÜV Akademie GmbH hat ein Assessment Center entwickelt, das individuelle Aussagen über Fachkompetenzen, Methodenkompetenzen, soziale Kompetenzen, personale Kompetenzen, Kulturtechniken und psychomotorische Merkmale der Teilnehmer gestattet.

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ie TÜV Akademie GmbH gehört zur TÜV Rheinland Group und unterliegt nicht weniger als andere Gesellschaften und Träger dem Wettbewerbsdruck. Sie ist traditionell in der Berufsausbildung, der Fort- und Weiterbildung sowie der Berufs- und Benachteiligtenförderung tätig. Dabei kommen vereinzelt eignungsdiagnostische Instrumente wie Profiling und Assessment Center zum Einsatz. Um langfristig die Entwicklungen im Bildungs- und Ausbildungsmarkt mit zu bestimmen und die Nase vorn zu haben, sollten die Erfahrungen und Kräfte gebündelt und von Grund auf eine eigenständige Entwicklung der TÜV Akademie GmbH den Niederlassungen und Mitarbeitern für die Assessment Center–Technologie zur Verfügung gestellt werden. Die Entscheidung fiel auf ein modularisierbares Assessment Center, um es möglichst vielseitig adaptieren zu können und den Mitarbeitern in den Projekten fachlich abgesicherte Handlungsoptionen zur Verfügung zu stellen. Es ist also kein einzelnes Assessment Center vorgesehen, sondern es ist ein System von Assessment Centern in Angriff genommen worden. Dabei sind die langjährigen positiven Erfahrungen der Mitarbeiter bei der Anwendung einzelner eignungsdiagnostischer Instrumente eine nicht unerhebliche Voraussetzung für den Erfolg.

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Nunmehr ist eines der ersten Assessment Center in diesem System für die Niederlassungen des Unternehmens entwickelt worden. Es gestattet, individuelle Aussagen über Fachkompetenzen, Methodenkompetenzen, soziale Kompetenzen, personale Kompetenzen, Kulturtechniken und psychomotorische Merkmale zu treffen. Hierzu werden unterschiedliche Instrumente einschließlich Persönlichkeitstests eingesetzt. Die Kompetenzen und Kulturtechniken sind in 44 Dimensionen strukturiert, die aus minimal 130 und optimal 300 Einzelangaben für jeden Teilnehmer im Assessment Center hergeleitet und in Endgutachten zusammen mit Interviews und Feedbacks verdichtet und verarbeitet werden. Das Verfahren erfüllt folgende Parameter: • Es ist ein Assessment Center, das als eignungsdiagnostisches Instrument standardisiert und normiert ist. Es erfüllt die anspruchsvolle Norm DIN 33430. Gleichzeitig werden die Standards des Arbeitskreises Assessment Center e. V. berücksichtigt. • Das Instrument ist komplex und umfassend entwickelt. Im Moment liegt das Assessment Center zum Einsatz in der Benachteiligten- und Berufsförderung vor. Es ist von vornherein für die Adaption durch den Einsatz mit weiteren Modulen ausgelegt. Im Einzelnen heißt das, die Spannbreite des Einsatzes kann sein: – derzeitig von der Benachteiligtenund Berufsförderung und bis hin zum Einsatz für die Berufsausbildung, dem zweiten Bildungsweg oder auch für Privatschulen und – zukünftig zur Personalauswahl und Personalentwicklung in der Privatwirtschaft, insbesondere in mittelständigen Unternehmen. • Die Datenerfassung und Datenauswertung erfolgt mit einer eigens

Dieter Dienwiebel ist DiplomSozialpädagoge und Magister des Sozialmanagements. Er ist freiberuflich bei Bildungsträgern beschäftigt, hat Lehraufträge an Hochschulen übernommen und ist in Privatunternehmen als Trainer tätig. In Zusammenarbeit mit Diplombetriebswirten und Softwareingenieuren entwickelt er Assessment Center für freie Träger. E-Mail [email protected]

entwickelten Software, die gleichzeitig zur Unterstützung der Gutachtenerstellung verwendet wird. • Die Leistungsparameter bei der Anwendung der Assessment Center in den einzelnen Niederlassungen des Unternehmens, die Ergebnisse und auch die Qualitätskennziffern können zeitnah bestimmt und in der Unternehmenspolitik eingesetzt werden. • Die Entwicklung der Assessment Center wird als Projektmanagements nach DIN 69901 vorangetrieben. Es wird die Projektentwicklung systemisch mit einer breiten Mitarbeiterausbildung verbunden. Das Ergebnis ist ein beachtlich hoher Identifikationsfaktor, besonders bezüglich der Corporate Identity. Die Assessment Center-Technologie fordert professionelle Standards und Personalqualifizierung. Das ergibt sich zunächst aus dem ethischen Anspruch, Aussagen über Teilnehmer und Beteiligte in hoher Güte zu entwickelt und verantwortungsvoll mit den Betroffenen zusammenzuarbeiten. Aber weiterhin ergibt sich diese Forderung aus den betriebswirtschaftlichen Belangen eines Unterneh-

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mens. Der Leistungserstellungsprozess, der für die Eignungsdiagnostik erforderlich ist, erzeugt beträchtliche Aufwendungen. In der freien Wirtschaft und in vielen höheren Bildungseinrichtungen ist es unumstritten, dass sich diese Aufwendungen lohnen. Ein Assessment Center muss mit dem Unternehmen systemisch verbunden werden. Es bedarf ausgereifter Installationsstrategin, des Spezialisteneinsatzes und der Förderung engagierter Mitarbeiter, die Gestaltungsbedürfnisse und Selbstanspruch miteinander verbinden. Die Verknüpfung der Eignungsdiagnostik mit Bildungs- und Ausbildungsprojekten bedarf eines umfangreichen organisatorischen und fachlichen Aufwandes. Eine besondere Herausforderung ist, die Güte der Assessment Center zu bestimmen. Projekte, die von den Arbeitsagenturen oder regionalen »Einkaufszentren« im Zusammenhang mit der Assessment Center-Technologie ausgeschrieben werden, sind nicht mehr wie bisherige Projekte der Bildung, Umschulung oder Qualifizierung zu installieren und durchzuführen. Dieser Umstand wurde für Träger im Marktsegment der Berufsund Benachteiligtenförderung mitunter schmerzhaft und immer deutlicher wahrgenommen. Der bei vielen Trägern verbreitete Mythos, bisher haben wir alles geschafft, also schaffen wir das auch, scheitert hier. Es ist ein neuer Technologieanspruch notwendig. Diese Dimensionen werden in der TÜV Akademie GmbH berücksichtigt. Um die Kosten zu minimieren und gleichzeitig die Ressourcen zu optimieren wird ein Coaching realisiert. In Zusammenarbeit mit PROWORK Consultingbüro für Sozialmanagement und Personalentwicklung wurden so folgende Parameter miteinander verbunden: • die Fachberatung in der TÜV Akademie GmbH • die Beratung und Schulung von Mitarbeitern in den Ausbildungszentren und Niederlassungen • die Schulung und Qualifizierung der Projektleiter, der Beobachter, von Interviewern und die Schulung zur Gutachtenerstellung • die Entwicklung und Bereitstellung von Software zur Datenerfassung

und Datenverarbeitung sowie zur Verschriftlichung von Gutachten in den Assessment Center Diese Parameter betreffen also das Projektmanagement, die Mitarbeiterqualifizierung und Mitarbeiterpartizipation, die konsequente Einbindung des mittleren Managements und die Ausstattung mit effizienter und den spezifischen Ansprüchen genügenden Software. Die Erfahrungen besagen, dass bei der Durchführung der Assessment

entwickelt wird. Im Einzelnen und explizit werden sie auch in DIN 33430 angeführt und kommentiert. Es ist im Interesse der Teilnehmer, der Mitarbeiter, der externen Auftraggeber und des Unternehmens, die Validität und die Reliabilität zu bestimmen. Es ist von Interesse, die Objektivität des Instrumenteneinsatzes zu sichern. Diese Entwicklung ist für das angestrebte Sozialcontrolling von beachtlichem Wert. Es ist Ziel, die

»Die Entwicklung von Assessment Centern bei freien Trägern fordert das ganze Sozialunternehmen« Center und deren Auswertung die Mitarbeiter hoch engagiert sind. Hier entsteht gewissermaßen eine Eigendynamik. Die Mitarbeiter legen vor allem in den Personalkompetenzen zu. Das Lernvolumen für Mitarbeiter ist kaum zu unterschätzen. Zugleich können Probleme der Lehr- und Ausbildungsinhalte als auch der psychosozialen Begleitung oder auch des Case Managements für die Projektteilnehmer verbessert werden. Diese Effekte werden vom Management der freien Träger natürlich gern entgegen genommen und willkommen geheißen. Die Assessment Center sind aber nicht nur leistungsintensiv, sie sind auch anerkanntermaßen eine der hochwertigsten und anspruchsvollsten eignungsdiagnostischen Instrumente. Die Gütebestimmung gehört dazu. Sie sollte von freien Trägern in Zukunft verstärkt abgefordert werden. Diese Herangehensweise fordert im Projektmanagement die Spezialistenarbeit, ein komplexes Herangehen an die Eignungsdiagnostik, die Berücksichtigung spezifischer Bedingungen bei freien Trägern in der Sozialwirtschaft und natürlich eines ausreichenden Durchhaltevermögens und Engagements von Mitarbeitern und Führungskräften.

Wirksamkeit der Technologie klar zu bestimmen, Entscheidungshilfen für die Entwicklungsrichtungen der Assessment Center und für die einzelnen Ausbildungs- und Bildungssegmente der TÜV Akademie GmbH bereitzustellen.

Resümee Die Herausforderungen eines komplexen Systems von Assessment Center bei einem freien Träger in der Sozialwirtschaft schaffen Übergänge zur Organisationsentwicklung und Personalentwicklung. Die Entwicklung will ausgewogen und differenziert vorangetrieben werden. Die TÜV Akademie GmbH hat die Entwicklung aufgenommen und hat mit Partnern und Spezialisten bereits wichtige Schritte getan. Sie setzt sich hier für die Interessen der Betroffenen, ihrer Mitarbeiter und für die Ausgestaltung einer wettbewerbsorientierten sozialen Infrastruktur ein. ◆

Von Anfang an besteht in der TÜV Akademie GmbH die Absicht, die Technologie im Unternehmen so zu installieren, dass die Assessment Center–Technologie nach den anerkannten Kriterien zur Gütebestimmung

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PORTRAIT STIFTUNG PFENNIGPARADE

Integration organisieren ■ Jochen Walter Über 650 behinderte Mitarbeiter beschäftigt die Münchener Stiftung Pfennigparade, eines der größten Rehabilitationszentren für körperbehinderte Menschen in Deutschland, in ihrer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen sowie in einer Integrationsfirma.

halb der Gruppe Pfennigparade (z. B. Betreuung des gesamten IT-Netzes im Konzern). Hierbei sind die Mitarbeiter entweder für längere Zeiträume beim Kunden vor Ort und integriert in dessen Arbeitsteams oder, oft mittels Telearbeitsplätzen, in den Büros der Pfennigparade für den Kunden tätig.

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Marktübliche Gehälter

enn wir aufgrund unserer schweren Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht tätig sein können, so wollen wir uns doch damit nicht abfinden. Wir wollen uns einen eigenen Weg suchen: eine zukunftsweisende Ausbildung absolvieren und uns in einer eigenen Firma selbst helfen. So formulierte es Karl-Jürgen Mai, der zusammen mit elf anderen Rollstuhlfahrern 1973 den Versuch wagte, ein »ganz normales Unternehmen« mit körperbehinderten Mitarbeitern zu gründen. Mit viel Engagement und der Unterstützung der Stiftung Pfennigparade sowie der Siemens AG, die als erster Kunde Programmieraufträge an die junge IT-Firma vergab, wurde aus dem Versuch ein erfolgreiches Projekt. Es war die Keimzelle für den Arbeitsbereich der Stiftung Pfennigparade mit mittlerweile sechs Tochtergesellschaften, deren körperbehinderte Mitarbeiter mit unterschiedlichen Dienstleistungen im Wettbewerb bestehen müssen. Zum Kundenstamm zählen neben Siemens Firmen wie BMW, Bosch, Allianz, TÜV, Infineon, HypoVereinsbank, Münchener Rück, aber auch viele Einrichtungen der öffentlichen Hand – insgesamt sind es rund 80 Firmenkunden. Im Jahr 2004 konnte mit den Dienstleistungen behinderter Mitarbeiter ein Umsatz von 30 Millionen Euro erwirtschaftet werden, davon sechs Millionen inner-

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Besonders erfolgreich ist die ITSparte der Pfennigparade: weit über 300 Mitarbeiter in der »Besonderen Werkstatt« – einem Teil der Werkstatt für behinderte Menschen – und in der Integrationsfirma tätig. Sie erzielen eine so hohe Wertschöpfung, dass sie erstens ein marktübliches Gehalt beziehen und zweitens für diesen Personenkreis keine Pflegesätze durch die zuständigen Kostenträger anfallen, wie sie für eine Behindertenwerkstatt üblich sind. Die einzige Art von Subvention, die hier in Anspruch genommen wird, sind für schwerbehinderte Mitarbeiter in der Integrationsfirma individuelle Förderungen (»Nachteilsausgleiche«) sowie bei den Mitarbeitern der Besonderen Werkstatt die Anrechnung auf die Ausgleichsabgabe für nicht besetzte Schwerbehinderten-Pflichtplätze der Kunden. Bei den in dieser Sparte beschäftigten schwerbehinderten Menschen handelt es sich ausschließlich um hoch qualifiziert ausgebildete Personen (z. B. Informatiker, Netzwerkspezialisten, Techniker, Kaufleute). Sie benötigen jedoch aufgrund ihrer besonders schweren körperlichen Einschränkungen bestimmte Rahmenbedingungen, um ihre Leistungsfähigkeit der Gesellschaft zur Verfügung stellen zu können. Technische Hilfsmittel (z. B. spezielle PCTastaturen), barrierefreie Zugänge in allen Gebäudeteilen, längere Mittags-

Dr. Jochen Walter ist Vorstand der Stiftung Pfennigparade in München. Der 44-jährige gebürtige Hamburger ist nach Lehre und Studium seit über zwölf Jahren im Management sozialwirtschaftlicher Unternehmen tätig. Die Gruppe Pfennigparade ist ein Rehabilitationszentrum für körperbehinderte Menschen mit Sitz in München und Niederlassungen im süddeutschen Raum. Sie beschäftigt rund 1.800 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von etwa 90 Millionen Euro. E-Mail [email protected]

pausen, um den Pflegebedarf auch tagsüber sicher zu stellen, von Pflegekräften begleitete Toilettengänge, auf blinde oder sehbehinderte Menschen abgestimmte Präsentationen, Kommunikationshilfen für sprach- oder hörbehinderte Menschen sind nur einige Beispiele für diese speziellen Rahmenbedingungen. Darüber hinaus bietet die Stiftung Pfennigparade Möglichkeiten, in einer behindertengerechten Mietwohnung zu leben, die benötigten pflegerischen Hilfen (ggfs. rund um die Uhr) ambulant einzukaufen, spezielle Fahrdienste, medizinisch-therapeutische Angebote, spezielle Fach- und Beratungsdienste usw. Diese und andere Hilfsmittel können – wenn gewünscht – in unterschiedlichem Ausmaß genutzt werden, damit nicht nur das Arbeitsleben möglichst eigenständig bewältigt werden kann. In der mittlerweile über 30-jährigen Erfolgsgeschichte der IT-Sparte der Stiftung Pfenningparade hat sich gezeigt, dass es immer wieder eine

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große Herausforderung ist, die geleistete Arbeit der behinderten Mitarbeiter zu einer wirtschaftlich verwertbaren und entlohnten Arbeit und damit zu einem in der Gesellschaft anerkannten und mit positiven Wertmaßstäben bedachten Gut zu transformieren. Die durch lange Arbeitslosigkeit und erfolglose Bewerbungsodysseen oftmals enttäuschten Mitarbeiter müssen rasch (wieder) Verantwortung übernehmen und unter möglichst realistischen und normalen Bedingungen ihre volle Leistungsfähigkeit entwickeln. So entsteht schnell (wieder) die Situation eines »normalen« Arbeitnehmers mit allen Rechten und Pflichten. Ein fester Arbeitsvertrag und die entsprechende Entlohnung einschließlich der vollen Sozialversicherungsbeiträge sorgen für die notwendige wirtschaftliche Unabhängigkeit. Durch zunehmend erworbene Erfahrung und erzielte Erfolge verbessert sich die berufliche und allgemeine Zufriedenheit von Monat zu Monat. Und es zeigt sich die Berechtigung des Freud-Zitats »Arbeit ist das stärkste Band zur Realität« gerade auch in der beruflichen Rehabilitation. Durch den Aufbau von Spezialwissen, das gestiegene Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit und die Teameingliederung in hochprofessionelle Arbeitsgruppen unserer Kunden gelingt es nicht wenigen Mitarbeitern, sich nach einiger Zeit wieder neu zu orientieren und in einem anderen Unternehmen Fuß zu fassen.

Fazit Die Verbindung von unternehmerischen Handeln – die Tochtergesellschaften werden effizient und konsequent betriebswirtschaftlich ausgerichtet geführt – mit der engagierten Verwirklichung des sozialen Auftrags einerseits, langjährig gewachsene Kundenbeziehungen und ein breiter Erfahrungsschatz mit der Gestaltung von Arbeitsaufgaben für behinderte Menschen andererseits sind wahrscheinlich die entscheidenden Faktoren für dieses Erfolgsmodell. Es ist letztlich der Versuch, immer wieder einen »Engelskreislauf« zu organisieren: »Wir tun Gutes für Menschen. Wir tun es gut. Wir verdienen gut. Mit dem Gewinn tun wir wiederum Gutes.« ◆

Schnell und kompakt Der Informationsdienst SOZIALwirtschaft aktuell unterrichtet schnell und kompakt über neue Entwicklungen in der Sozialwirtschaft. Im Mittelpunkt stehen Informationen und Kommentare zu politischen, fachlichen, rechtlichen und steuerlichen Trends. Neben kurzen Fachbeiträgen informieren Kurzmeldungen, Unternehmensnachrichten, Tipps, Personalien und Terminhinweise. Leser sind Vorstände sowie Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer von Wohlfahrtsverbänden, Vereinigungen, Initiativen und Einrichtungsträgern, Leitungskräfte in sozialen Diensten und Einrichtungen, Referenten in Verwaltungen und Organisationen, Berater, Wissenschaftler und Studierende in Aus- und Weiterbildung. Einige Themen der letzten Zeit: Kommunale Armutsberichte: Wissen zum Handeln Kommunale Armuts- und Sozialberichte sollen die Lebenslagen vor Ort abbilden und der Kommunalpolitik Wege für eine bessere Daseinsvorsorge zeigen. Allerdings fängt fast jede Studie wieder von vorne an, da vergleichbare Standards fehlen. Ein Projekt der Universität Gießen will das ändern. SOZIALwirtschaft aktuell 13/2005 Persönliches Budget: Die Leistungsanbieter müssen wachsam sein Mit Persönlichen Budgets bekommen Menschen anstelle der bislang üblichen Sachleistung einen Geldbetrag, mit dem sie die für ihre individuelle Situation passenden Hilfen selbst organisieren können. Eine Herausforderung sowohl für die Budgetnehmer als auch für die Anbieter sozialer Dienste und Einrichtungen, die sich nun direkt mit dem Nutzer auseinander setzen müssen. Ein Modellprojekt in Baden-Württemberg legte nun die ersten Ergebnisse vor. SOZIALwirtschaft aktuell 14/2005 Sozialimmobilien: Ungewisse Zukunft Die demografische Entwicklung zwingt dazu, die Grundlagen der Investitionen in Sozialimmobilien neu zu gestalten. Selbst wenn Alternativen zur stationären Pflege weiter entwickelt werden, ist eine weitere Zunahme an stationären Pflegeplätzen unumgänglich. SOZIALwirtschaft aktuell 15–16/2005 Unternehmensführung: Erfolgreich steuern in Krisenzeiten Der Non-Profit-Sektor steht unter einem enormen Wettbewerbsdruck. Gleichzeitig beeinflusst die Vorgabe externer Budgets durch die Kostenträger die Arbeit von Non-Profit-Organisationen in entscheidender Weise. Doch mit Instrumenten der betrieblichen Steuerung können die geringen Spielräume genutzt werden. SOZIALwirtschaft aktuell 17/2005 Finanzmanagement: Energiekosten kappen – jetzt! Mit großer Sorge beobachten die Geschäftsleitungen vieler sozialer Einrichtungen die stetig steigenden Energiekosten. Mit organisatorischen und technischen Maßnahmen können die Energiekosten konsequent gedeckelt werden. SOZIALwirtschaft aktuell 20/2005

Der Informationsdienst erscheint alle zwei Wochen. Das Jahresabonnement des Informationsdienstes SOZIALwirtschaft aktuell kostet 99,– Euro. Der Kombi-Preis für die Zeitschrift SOZIALwirtschaft und den Informationsdienst SOZIALwirtschaft aktuell beträgt 149,– Euro. Probehefte und Bestellung: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, 76520 Baden-Baden, Telefon 07221 2104-0, Fax 07221 210427, E-Mail [email protected], Internet http://www.nomos.de

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THEMA THESEN

Balancieren zwischen Stabilität und Instabilität ■ Andreas Strunk Die Sozialwirtschaft befindet sich in der Legitimationskrise. Wie die einzelne Organisation diese Zeit bewältigt, hängt ab vom Umgang der Verantwortlichen mit Stabilität und Instabilität. Ein kluges Veränderungsmanagement setzt auf die Organisation von Wertkonflikten und die Beteiligung aller.

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er Autor beschäftigt sich seit Anfang der 1970erJahre praktisch und wissenschaftlich mit Vorhaben des Veränderungsmanagements in der Sozialwirtschaft. Er setzt vor allem auf ein methodisches Konzept der Selbstorganisation. Hier ist er stark beeinflusst von dem Bremer Wissenschaftler Prof. Dr. Peter Kruse, mit dem er 1994 Konzepte zu einer Entinstitutionalisierung einer »Großpsychiatrie« entworfen hat. Peter Kruse legte zu dieser Zeit die Grundlage für sein Konzept des Balancierens zwischen Stabilität und Instabilität als Modell einer modernen Unternehmensentwicklung. (1) Dieses Konzept ist inzwischen von Peter Kruse erfolgreich weiterentwickelt worden und wird in dem vorliegenden Heft der Zeitschrift SOZIALwirtschaft erläutert. Die 30 Thesen von Andreas Strunk spiegeln sowohl seine eigenen Erfahrungen als auch die Erfahrungen und Erkenntnisse von Peter Kruse wieder, wie diese von ihm in dem auf Seite 13 besprochenen Buch »Next Pracitce. Erfolgreiches Management von Instabilität. Veränderung durch Vernetzung« beschrieben werden.

Prof. Dr. Andreas Strunk ist Hochschullehrer an der Fachhochschule Esslingen und vertritt dort die Fächer Sozialpädagogik und Organisationswissen für die Soziale Arbeit. Er ist Gesellschafter der GISAmbH und konzentriert sich dort auf Vorhaben der Organisationsentwicklung und Führungskräfteberatung. E-Mail [email protected]

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Veränderungsmanagement organisiert einen Entwicklungsprozess in einer Organisation mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit dieser Organisation angesichts neuer Kontextbedingungen zu optimieren. Der Entwicklungsprozess muss geplant, durchgeführt und evaluiert werden.

2.

Die Sozialwirtschaft befindet sich in einer Erneuerungskrise, von der man schlecht abschätzen kann, ob es sich um eine »schöpferische Zerstörung« oder um eine »Zerstörung des Schöpferischen« handelt. Ein schöpferischer Ausweg aus der Krise hängt auch von der Qualität des Veränderungsmanagements in der Sozialwirtschaft ab.

3.

Da Veränderungsmanagement sorgfältig geplant werden muss, wird qualifiziertes Planerwissen benötigt. Die Ausgangslage in der Sozialwirtschaft ist hoch komplex. Das bedeutet für Planung und Durchführung von Veränderungsmanagement, dass die Organisation von Wertkonflikten und die Beteiligung von Betroffenen im Vordergrund stehen müssen.

4.

Wenn Veränderungsmanagement erfolgreich sein soll, muss man auf das organisationale Selbstverständnis der Organisation achten, wenn man nicht Schiffbruch erleiden will. Es gibt viele systemisch bedingte Unverträglichkeiten. So wird man mit einer Strategie der Selbstorganisation in Organisationen, die streng auf Hierarchie setzen, wenig ausrichten können.

5.

Es gibt nicht »die Sozialwirtschaft«. In der Sozialwirtschaft gibt es unterschiedliche Welten und Wirklichkeitskonstruktionen. Das Management der Sozialwirtschaft wird sich einer neuen Professionalisierung stellen müssen. Es geht um die Kunst des Balancierens zwischen Stabilität und Instabilität in jedem organisationalen Einzelfall. Management von Instabilität muss mit Unsicherheit umgehen können. Hier ist eine entsprechende organisatorische Intelligenz nötig. Das Verständnis von und das bewusste Umgehen mit Instabilität gibt eine gewisse Sicherheit in der Unsicherheit.

6.

In der Organisation müssen die Personen und Gruppen identifiziert werden, die an alten Mustern festhalten wollen. Hier ist zu fragen, ob sie irritierbar sind. Denn sie werden möglicherweise auf notwendige – und phasenweise bewusst eingeführten – Irritationen lösungsorientiert reagieren müssen.

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Zur Kunst des Balancierens zwischen Stabilität und Instabilität gehört auch die Identifikation von Bereichen in der Organisation, die weiterhin von Stabilität be-

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stimmt sein müssen. Zu viel Instabilität kann eine Organisation zerstören. Insofern ist Achtsamkeit im Umgang mit unverzichtbaren Stabilitätsanteilen der Organisation notwendig.

kultur. Sie ist sowohl Impuls als auch Ergebnis der Organisationsentwicklung. In ihr werden die Erfahrungen mit Komplexität, Instabilität, Fehlern und Toleranz integriert. Die am Beginn des Prozesses formulierte Vision spielt die Rolle eines Ordners in der neuen Zirkularität.

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18.

Aufgrund des sehr hohen und zum Teil unübersichtlichen Innovationsdruckes, der auf das System der Sozialwirtschaft einwirkt, ist es oft nicht prognostizierbar, welche organisationale Antwort in dem Unternehmen »richtig« oder »falsch« ist. Insofern weiß niemand so recht, wohin die Reise geht.

»Faszination ist wohl die unerschöpflichste und positivste Quelle menschlicher Kreativität und Veränderungsbereitschaft. Sie besteht im Kern aus der Mischung von Irritation und Neugier.« (Peter Kruse) Es ist deshalb sinnvoll, auf der Führungsebene eine Vision für die Fortentwicklung der Organisation zu entwickeln. Sie wird als emotionale Basis für das Veränderungsmanagement dienen können.

10.

Auf der Führungsebene wird man die Spreu vom Weizen trennen müssen, indem Normstrategien festgelegt werden. Denn: »Leistungsträger, die eine Vision nicht teilen, sind keine Querdenker, sondern Quertreiber. Sie zerstören die Glaubwürdigkeit der Veränderung.« (Peter Kruse)

11.

In der Organisationsentwicklung gibt es keine isolierte Selbstorganisationsmöglichkeit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihre Selbstorganisation ist eingebunden in strukturelle Vorgaben. Die Entwicklung und Pflege dieser Vorgaben ist Aufgabe der Führungsmannschaft. Insofern handelt es sich um einen wechselseitig aufeinander bezogenen Prozess von »Strukturverantwortung« und »Selbstorganisationspotenzial«.

12.

Zur Strukturverantwortung der Führungskräfte gehört ihre Vorbildfunktion für die Vermittlung und die Verkörperung der formulierten Vision. Hier ist »Leadership« gefragt.

13.

Kopflastige Strategien des Veränderungsmanagements können Handlungsspielräume in der Organisation einengen. Es ist sinnvoll, gezielt mit der Kraft der Imagination zu arbeiten, weil dadurch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Führungskräfte ganzheitlich aktivierbar sind und damit eher Handlungsspielräume ausweiten oder neu erfinden.

14.

Veränderungsmanagement wird von oben initiiert. Auf der Führungsebene wird die Richtungsentscheidung getroffen: Funktionsoptimierung (Verbesserung der eingespielten betrieblichen Zirkularität) oder Innovation (Entwicklung einer neuen betrieblichen Zirkularität).

15.

Wenn der Weg der Innovation gewählt wird, dann muss akzeptiert werden, dass die Leistungsfähigkeit der Organisation zunächst geringer werden kann. Das kann zusätzliche personelle Ressourcen und zusätzliche Finanzierung kosten. Enttäuschungen müssen gegebenenfalls bearbeitet werden.

16.

In der Entwicklung einer neuen Zirkularität entsteht Schritt für Schritt eine neue Organisations-

Ordner heißt hier: Die Vision sollte so formuliert sein, dass sie eine Attraktion darstellt, eine positive Dynamik in der Organisation auslöst, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehrheitlich sagen können: »Dafür will ich mich engagieren!« Veränderungsmanagement organisiert eine »lernende Organisation«. (2) Eine lernende Organisation entsteht durch

• die Formulierung einer Vision • die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, persönliche Meisterschaft zu üben (»Selbstmotivation«) • die Bewältigung mentaler Barrieren • den Aufbau innerorganisatorischer Teams und Netzwerke • die Beachtung einer Systemperspektive (die Organisation in ihrem Kontext)

19.

Eine lernende Organisation ist prinzipiell irritierbar. Insofern erhält sie sich eine Anpassungsfähigkeit sowohl nach innen als auch nach außen. Allerdings ist eine nur reaktive Instabilität oft nicht ausreichend. Notwendig ist häufig eine proaktive Instabilität im Sinne eines vorgehaltenen kreativen Freiraumes in der Organisation. Insofern kann es sinnvoll sein, in bestimmten Bereichen der Organisation durch bewusste Irritationen einen solchen Handlungsspielraum offen zu halten.

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In der Regel ist es so, dass in einer lernenden Organisation ausreichend analytische und ausreichend lösungsorientierte Kompetenzen vorhanden sind, die für die Überlebensfähigkeit der Organisation genügen. Aber dieses Wissen und die Fähigkeiten sind oft nicht verfügbar. Ein externer Berater ist selten klüger als die Klienten, die er berät. Diese Hypothese gilt zumindest für jene Berater, die sich an dem »Selbstorganisationsparadigma« orientieren. Solche Berater verstehen ihre Arbeit als »Mäeutik«, als Hebammenkunst. Sie beherrschen vor allem Techniken, die zur Selbstbefähigung der Klienten verhelfen.

21.

Es gibt Bereiche in der Organisationskultur, die durch Selbstbefragung nur schwer zugänglich sind. Es handelt sich hier um geheime Spielregeln oder um Prozesse, die in der Alltagssprache als »Teufelskreise« bezeichnet werden. Hier kann es hilfreich sein, dass der Berater eine Modellierung solcher Kreisläufe anbietet – gewissermaßen als Reiseführer in die weitgehend unbekannten Reviere der Organisation.

22.

Wenn man im Bild einer Personalisierung bleiben will, dann steht hinter geheimen Spielregeln und Teufelskreisen ein »Gegenspieler« zum »Ordner«, der in der Vision wirksam werden soll. Eine neue Zirkularität kann erst dann voll wirksam werden, wenn die Macht des Gegenspielers dadurch überwunden wird, dass die betreffenden Spielregeln und Kreise bewusst werden, ihre Wirksamkeit gezielt irritiert wird und sich neue Regelwerke in der Organisation entfalten können.

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Im Veränderungsmanagement wird ein kultureller Wandel in der Organisation gestaltet. »Organisationskultur« ist insofern ein tragender Begriff (3), als er ein zentrales Kraftfeld in der Organisation bezeichnet, nämlich den Handlungsraum für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der u. a. bestimmt ist durch • nichtpersonale Ressourcen • personale Ressourcen • Aufträge • Erreichbarkeiten Bei der Veränderung der Organisationskultur müssen regelmäßig Verfahren der Selbstevaluation eingesetzt werden. Diese dienen in besonderer Weise der Entwicklung einer Selbstorganisationskultur.

24.

In der Organisationskultur spielt die Art des Umgangs miteinander eine große Rolle. Angesprochen ist Vertrauen als organisationale Essenz. Neben dem Personenvertrauen ist Systemvertrauen wichtig. Mit Systemvertrauen ist die Gewissheit angesprochen, dass innerhalb der Organisation fair getauscht werden kann, bei-

dender Bedeutung. Neue Handlungsmuster entstehen oft im Kleinen, manchmal angestoßen durch schwache Ursachen. Aber sie tragen in sich schon Spuren der Attraktion. Wenn diese durch Reflexion sichtbar werden können, steigt ihre Attraktivität. Auf diese Weise wird deutlich, wie die neue Zirkularität eine neue Organisationskultur schaffen kann.

28.

Es gibt unterschiedliche Formen der Ausdifferenzierung von Organisationskulturen. Das hängt ab vom Entwicklungsstand der Organisation. Setzt sie eher auf Einzelintelligenz, auf Teamintelligenz oder auf Netzwerkintelligenz? Die »Intelligenzschwerpunkte« korrelieren mit dem Grad von Komplexität und Dynamik, auf den sich die Organisation einstellen muss. Entsprechend unterschiedlich sind auch Führungsaufgaben (anweisen, coachen, moderieren).

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Organisationen, die auf Netzwerkintelligenz setzen, sind darauf angewiesen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Selbstorganisationspotenziale in hohem Maße einbringen können. Strukturverantwortung bei den Führungskräften bedeutet, dass diese ihre Systemkompetenz entwickeln. In der Organisation selbst muss ein weitgehender Wertkonsens herrschen. Ebenfalls braucht die Organisation als Rahmen für die freie Dynamik verlässliche Regeln. Gemeinsam getragene Werte und vereinbarte Regeln bilden hier einen Stabilitätsrahmen für das Management von Instabilität. Unter diesen Voraussetzungen gelingt das Balancieren zwischen Stabilität und Instabilität.

»Das Einlassen auf Instabilität gibt Sicherheit in der Unsicherheit« spielsweise im Verhältnis von Lohn und Leistung. Beide Formen des Vertrauens steigern die Tragbarkeit von Unsicherheit und sind deshalb hilfreich beim Umgang mit Komplexität.

25.

Einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer Vertrauenskultur spielt die Erhöhung der Vernetzungsdichte in der Organisation. Dies kann u. a. durch die Einführung einer Intranetplattform und durch Internetforen geschehen. Beides bietet eine gute Grundlage für organisationales Wissensmanagement. (4) Offener Wissensaustausch stärkt den Zusammenhalt. Darüber hinaus kann durch die Schnelligkeit, die im Intranet und in Internetforen ermöglicht wird, eher auf relevante Indikatoren für sich anbahnende Lösungen oder Probleme und Krisen geachtet werden.

26.

Ein kreatives Wissensmanagement lebt von Spannungen innerhalb der Kultur, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gebildet wird. Spannungen entstehen regelmäßig zwischen den konservativen Kräften und den innovativen Kräften innerhalb der Organisation. Je konstruktiver gestritten werden kann und darf, desto besser ist das für eine Kultur des Wandels. Insofern sollten »Hofnarren«, »Vorkämpfer« und »Querdenker« nicht stigmatisiert werden. Es empfiehlt sich ein achtsamer Umgang mit ihnen. Sie erzeugen notwendige Differenzen, ohne die Innovation undenkbar ist.

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Ohne Differenzen keine Innovation. Die Spannungen, die durch Differenzen entstehen, können neue Handlungsmuster antreiben, wenn in einem System Selbstorganisation wirksam werden darf. In der Mitarbeiterkultur können sich selbst verstärkende Kreisläufe im Sinne einer neuen Zirkularität bilden. Diese müssen allerdings sichtbar werden können. Die Sichtbarkeit tritt durch Reflexion ein. Insofern sind Maßnahmen der Selbstevaluation in der Mitarbeiterkultur von entschei-

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Zum Balancieren zwischen Stabilität und Instabilität gehört auch phasenweise die Verlangsamung von Prozessen, vor allem wenn es darum geht, einen organisationalen Konsens im Veränderungsmanagement zu erzielen. Das dürfte bei der Erzielung eines Wertekonsens der Fall sein. Hier bieten sich dialogische Verfahren an. (5) Die Sozialwirtschaft befindet sich in einer Legitimationskrise. In solchen Zeiten ist die Besinnung auf die ihr eigenen Werte von zentraler Bedeutung. ◆

(1) Kruse, Peter, Erkenntnisse von Chaos- und Selbstorganisationstheorie für die Gestaltung betrieblicher Veränderungsprozesse, in: Dieter Schwiering, Mittelständische Unternehmensführung im kulturellen Wandel, Stuttgart 1996, SchäfferPoeschel, S. 157–179. (2) Peter M. Senge, Die fünfte Disziplin, Stuttgart 2003 (9. Auflage bei Klett-Cotta). (3) Edgar H. Schein, Organisationskultur, BergischGladbach 2003 (Edition Humanistische Psychologie). (4) BBJ Intern, Wissensmanagement bei BBJ, Berlin 2005, BBJ-Verlag, Internet: http://www.bbj.de). (5) Martina und Johannes F. Hartkemeyer, L. Freemann Dhority, Miteinander Denken. Das Geheimnis des Dialogs, Stuttgart 1998 (Klett-Cotta).

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MANAGEMENT VON INSTABILITÄT

Veränderung durch Vernetzung ■ Markus Bienecker

Ein Kennzeichen des gegenwärtigen Wirtschaftens ist: Es gibt keine Ruhezonen mehr. Die Anforderungen insbesondere an das Management steigen. Der Wettbewerbsdruck für Unternehmen wächst auch in der Sozialwirtschaft und mit ihm die Notwendigkeit, sich auf grundlegende Veränderungen einzulassen.

D

ie Komplexität und Dynamik des gesamten Lebens steigert sich stetig und immer schneller. Der rasante Wandel der Zeit prägt nicht nur unsere Gesellschaft im neuen Jahrhundert, sondern er zeigt sich auch mit zunehmender Dynamik in den stetig wachsenden technischen und wirtschaftlichen Vernetzungen. Diesem, von der Außenwelt kommenden Veränderungsdruck, müssen sich Unternehmen und Organisationen stellen und ihre Innenwelten entsprechend anpassen. Benötigt werden hierfür nicht mehr nur »best practice« – die Optimierung der Funktionen –, sondern vielmehr »next practice« – die Veränderung der Prozessmuster. Entscheidend ist, wie es den Unternehmen und Organisationen gelingt, die Prozessmusterwechsel aktiv zu gestalten und damit ihre Überlebensfähigkeit in den global vernetzten Märkten zu sichern. Peter Kruse beschreibt in seinem Buch »next practice« Veränderung als Unternehmer und erklärt sie als ein aus

Markus Bienecker ist als Bereichsleiter in der Kinder- und Jugendhilfe beim Sozialdienst katholischen Frauen e. V. der Diözese Rottenburg-Stuttgart für die Koordination der ambulanten und flexiblen Hilfen zuständig. Daneben ist er für die Gesellschaft für Innovation, Systementwicklung und Soziale Arbeit (GISA mbH) in Wernau sowie für die Katholische Fachschule für Sozialpädagogik in Stuttgart tätig. Er studierte an der Fachhochschule Leipzig Sozialwirtschaft und an der Fachhochschule Mainz Sozialpädagogik und ist systemischer Berater. E-Mail [email protected]

der Experimentalpsychologie kommender Wissenschaftler. Die Zweigleisigkeit von praktischer Anschaulichkeit und theoretischer Fundierung macht sein Buch besonders lesenswert. Im Kern geht es Kruse um die Vermittlung eines Verständnishintergrundes für den Umgang mit Veränderungen in Unternehmen und Organisationen und er arbeitet dafür allgemein gültige Prinzipien heraus. Die Chaos- und Selbstorganisationstheorie dient als Verständigungsrahmen und als Gestaltungskonzept für Veränderungsprozesse in Unternehmen und Organisationen. Der Gültigkeitsbereich bestehender Erkenntnisse und Forschungsstrategien erfährt eine neue Dimension. Peter Kruse geht es um die Faszination, die von den Konzepten der Chaos- und Selbstorganisationstheorie ausgeht. Er konkretisiert die Prinzipien und entwickelt hieraus die Theorie dynamischer Systeme, welche sich sinnvoll und unmittelbar auf betriebliche Belange übertragen lässt. Systeme lassen sich immer anhand zweier Dimensionen einordnen: Zustand – stabil und instabil – und Organisation – einfach und komplex. Neuordnung ist immer mit dem Aufbrechen von Stabilität verbunden. Peter Kruse verdeutlicht in diesem Zusammenhang, wie die Selbstorganisationstheorie das Verständnis und die Bewältigung komplexer instabiler Situationen erleichtern kann. Eine aktive Destabilisierung ist in einem System immer dann notwendig, wenn Neuordnung erwünscht wird. Unter der Überschrift »Veränderung als Krise und Chance« geht Kruse darauf ein, wie mit dynamischen Märkten erfolgreich umgegangen werden kann. Dies erfordert die Fähigkeit, eine gezielte strategische Balance zwischen Stabilität und Instabilität herstellen zu können. Peter Kruse vergleicht das Management von Stabilität dabei mit dem Segeln an einer bekannten Küste, an der Karten die exakte Bestimmung von Position, Weg und Ziel erlauben. Management von Instabilität entspricht seiner Auffassung hingegen der Situation des Aufbruchs zu unbekannten Kontinenten, bei dem niemand den Weg kennt oder die Risiken abschätzen kann. Instabilität ist dennoch immer nur ein Übergang von einem Muster zum nächsten. Prinzipiell sucht ein instabiles System von sich aus nach einem Ordnungszustand. Der erfolgreiche Umgang mit dynamischen Märkten erfordert die Fähigkeit, eine gezielte strategische Balance zwischen Stabilität und Instabilität herzustellen. Wie diese Balance erreicht wird, beschreibt Kruse in mehreren Prinzipien der Selbstorganisation, von denen zentral die Iteration zu nennen ist. Iteration »bezeichnet den kreisförmigen Prozess des Wiedereinspeisens des Ergebnisses einer Regelanwendung in die Regel« und führt somit zu

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THEMA eigendynamischen Ordnungsbildungen. Die Iteration verdeutlicht in Veränderungsprozessen verdeckte Problemstrukturen und verschafft Zugänge zu bereits in der Systemdynamik angelegten Lösungswegen. Nach

»Nextmoderator« ist ein Verfahren der Online-Moderation. Überall dort, wo die alte Moderationstechnik an deren Grenzen stößt, kann mit Hilfe der NextmoderatorSoftware eine rechnergestützte, simultane Moderation großer Gruppen ermöglicht werden.

»Management von Stabilität ist wie das Segeln an einer bekannten Küste. Management von Instabilität ist wie der Aufbruch zu unbekannten Kontinenten« Darstellung der dynamischen Systemtheorie an einem Praxisbeispiel und Zusammenfassung seiner wichtigsten Thesen geht Peter Kruse darauf ein, wie Veränderungen mithilfe von Management-Werkzeugen gemessen und gefördert werden können. »Nextexpertizer« ist ein Interviewverfahren, das mit Hilfe von PC-Software Mitarbeiterbefragungen und Strategieentwicklungsprozesse unterstützt, in dem die Befragten das Interview-Gerüst selbst mitentwickeln. Dies stellt sicher, dass Inhalt und Sprache der Befragung mit den Gewohnheiten in der Organisation übereinstimmen und dass die befragten Experten in ihren Rollen als Experten deren Lebenswelt, deren Unternehmen und deren Organisationseinheit ernst genommen werden.

Auch wenn Flip-Chart und Metaplan-Wände sich noch eine ganze Weile in Unternehmen und Organisationen halten werden, verdeutlichen die genannten Instrumente, dass Organisationen künftig mehr als je bereit sein müssen, sich immer wieder auf neue, gemeinsame Lernprozesse und Lernmethoden einzulassen. ◆ Peter Kruse: next practice. Erfolgreiches Management von Instabilität. Gabal Verlag. 2. Auflage. Offenbach 2005. 220 Seiten. 25,90 Euro. ISBN 3-89749-439-6.

INTERVIEW

»Ohne Störung keine Änderung« Ohne eine tragfähige Identität und ohne von allen akzeptierten Grundwerte gibt es keine Innovationen. Aber auch Instabilität ist notwendig, damit Neues entstehen kann, sagt der Bremer Trainer, Coach und Unternehmensberater Prof. Dr. Peter Kruse. Das Gespräch mit ihm für SOZIALwirtschaft führte Markus Bienecker. SOZIALwirtschaft: Herr Prof. Dr. Kruse, Ihr Buch »next practice« trägt den Untertitel »Veränderung durch Vernetzung«. Sie beschreiben, dass auf dynamische Veränderungen in Organisationen am besten mit der Bildung von Netzwerken reagiert werden kann. Wie ist dies genau zu verstehen? Können Sie dies näher erläutern? Peter Kruse: Die Erhöhung der Vernetzungsdichte in Wirtschaft und Gesellschaft treibt die Komplexität und Dynamik der alltäglichen Lebensbedingungen. Angesichts der explodierenden Vielfalt und der zunehmenden Veränderungsgeschwindigkeit reicht die Intelligenz Einzelner nicht mehr aus, um adäquate Lösungen zu finden. Die Zeit der Vordenker ist vorbei. Um die Gesamtheit der vorhandenen Informationen einzubeziehen, wird es immer wichtiger, Formen kollektiver Intelligenz zu nutzen. Der

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Systemtheoretiker W. Ross Ashby hat diese Forderung schon in den 1950er Jahren prägnant in einer Regel zusammengefasst: Der erfolgreiche Umgang mit komplexer Dynamik ist gebunden an ein Lösungssystem, das mindestens die gleiche Variabilität besitzt wie die Problemstellungen (»Ashby‚s Law«). In einer global vernetzten Welt ist die bevorzugte Organisationsform, um den Anforderungen gerecht zu werden, die Bildung von Netzwerken. Wenn sich Menschen in freier Interaktion, also weitgehend ohne hierarchische Begrenzungen, miteinander verknüpfen, entsteht eine Intelligenz, bei der das Ganze mehr ist als die Summe der Teile. Die Gestaltpsychologen haben dieses Phänomen »Übersummativität« genannt. Die Lösungen werden dabei nicht im stillen Kämmerlein erdacht, sondern sie sind das Ergebnis eines offenen und letztlich unvorhersagbaren Selbstorganisationsprozesses. SOZIALwirtschaft: Teamarbeit und Rationalisierung gab es aber in den Organisationen und Unternehmen bisher bereits. Peter Kruse: Bei der Realisierung des Mehrwertes der Vernetzung ist es wichtig, sich den Unterschied zu der Abschöpfung von Synergieeffekten zu vergegenwärtigen. In den letzten Jahrzehnten haben die Unternehmen sy-

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stematisch mehrere Stufen der organisatorischen Optimierung durchlaufen. Zuerst wurde die Effizienz einzelner funktionaler Einheiten erhöht. Im nächsten Schritt hat man die funktionale Trennung auf hohem Leistungsniveau aufgelöst, um weitere Potenziale durch eine übergreifende Integration entlang der Prozessketten zu heben. Schließlich wurden der Rahmen über die Unternehmensgrenzen hinaus gespannt – vom Lieferanten bis zum Endverbraucher. Die Bildung intelligenter Netzwerke ist nun nicht etwa die nächste Stufe der Synergienutzung. Netzwerkbildung ist keine neue Form der Projektarbeit. Netzwerke organisieren sich nicht über Ziele und Meilensteine. Der Mehrwert der Netzwerke liegt in der Ausbildung assoziativer Kopplungen. Wenn sich Menschen über Unternehmens-, Bereichs- und Hierarchiegrenzen hinweg zum offenen Austausch von Informationen miteinander verbinden, entsteht eine Intelligenz, die in der Lage ist, die Leistungsfähigkeit indirekt zu steigern, ohne dass eine unmittelbare Ursache-Wirkungs-Relation aufgestellt werden kann. Vernetzung lässt sich nicht verordnen. Führung hat nicht die Aufgabe, Informationsflüsse zu steuern, sondern die kulturellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Netzwerke entstehen können. Einen Netzwerker des Jahres zu prämieren, ist absurd. Im Netzwerk tritt der Einzelne hinter den Erfolg des Systems zurück. SOZIALwirtschaft: Welche Bedingungen braucht es, damit Netzwerke geknüpft werden können? Peter Kruse: Netzwerkbildung wird besonders durch drei Voraussetzungen begünstigt: sinnstiftende Identität, weitgehende Transparenz und unbegrenzte Involvierung. Da die Austauschprozesse in einem Netzwerk nicht gesteuert werden können, ist das Funktionieren mehr als in hierarchischen Organisationsformen angewiesen auf eine grundsätzliche gemeinsame Ausrichtung der Beteiligten. Ohne eine tragfähige Identität und ohne von allen akzeptierte Grundwerte sind das subjektiv empfundene Risiko und die Schwelle zur Weitergabe bedeutsamer Informationen zu hoch. Wenn einzelne Teilnehmer oder Gruppen verdeckt eigene Interessen verfolgen, entsteht Misstrauen und die spontane Austauschaktivität nimmt ab. Netzwerke sind keine auf Bestand ausgerichteten Beziehungssysteme. Wertvolle Ergebnisse entstehen nur bei hinreichender Instabilität. Für das notwendige Grundrauschen ist es wichtig, dass möglichst viele und möglichst unterschiedliche Impulse aufeinander treffen. Kreative Störung ist das Salz in der Suppe der Netzwerkintelligenz. SOZIALwirtschaft: In der Gestaltung von Veränderungen unterscheiden Sie zwei Arten: Funktionsoptimierung und Prozessmusterwechsel. Der zweite Begriff beschreibt ein zentrales Prinzip in Ihrem Buch. Was ist hier die Kernaussage? Haben Sie ein Beispiel dafür? Peter Kruse: Bei der Funktionsoptimierung steht die Verbesserung eines bestehenden Musters im Vordergrund – es geht um »best practice«. Wenn wir erfolgreich sind mit einer bestimmten Handlungsweise, schüttet das Gehirn Belohnungshormone aus. Wir versuchen, einfach so weiter zu machen, wie bisher. Irgendwann erreicht jedes Muster aber das Ende der in ihm steckenden Leistungsmöglichkeiten. An diesem Sättigungspunkt geht es nicht mehr darum, das Gleiche besser zu machen, sondern darum, es ganz anders zu versuchen. Erst der Prozessmuster-

Peter Kruse ist geschäftsführender Gesellschafter der »nextpractice GmbH« in Bremen und Honorarprofessor für Allgemeine und Organisationspsychologie an der Universität Bremen. Nach Studien der Psychologie, Biologie und Humanmedizin promovierte er 1984 im Bereich der Experimentalpsychologie als Stipendiat der Hochbegabtenförderung der Studienstiftung des deutschen Volkes mit summa cum laude. Gegenwärtig ist er bei verschiedenen Managementinstituten und internationalen Unternehmen als Trainer, Coach und Berater tätig. Der Schwerpunkt von Peter Kruses beraterischen Arbeit liegt in der Anwendung und praxisnahen Übertragung von Selbstorganisationskonzepten auf die Gestaltung betrieblicher Veränderungsprozesse. Das Methodenund Beratungsunternehmen »nextpractice« ist spezialisiert auf die strategische und praktische Begleitung von kulturellem Wandel und die Entwicklung von EDV-gestützten Consulting-Tools zum innovativen Umgang mit Komplexität und Vernetzung. wechsel eröffnet neue Leistungshorizonte – Innovation, »next practice« ist gefragt. Allerdings ist es für Prozessmusterwechsel notwendig, alte Muster aktiv aufzubrechen. Ohne ein Aufweichen der alten Muster gewinnt der stabilisierende Trägheitseffekt. Ohne Störung keine Änderung des Bestehenden. Da sich die Rahmenbedingungen in der Gesellschaft immer schneller ändern, nimmt die Notwendigkeit solcher Prozessmusterwechsel tendenziell zu. Eigentlich sollten wir ständig über grundsätzliche Erneuerung nachdenken, um zukunftsfähig zu bleiben. SOZIALwirtschaft: Beispiele? Peter Kruse: Im Sport gibt es vielfältige Beispiele für Prozessmusterwechsel. Das berühmteste ist wohl der Übergang vom »Straddle« zum »Fosbury-Flop« beim Hochsprung. Alle Beispiele lehren uns, dass derartige Übergänge mit Leistungseinbußen verbunden sind. Als der Skispringer Jens Weisflog vom normalen auf den VStil wechselte, erreichte er erst nach einiger Zeit wieder Höchstleistungen. Die Leistungseinbußen sind eine Folge der Notwendigkeit, das alte Muster aufzubrechen, bevor neue Muster eine Chance haben. Beim Erlernen des Morse-Alphabets hat man diesen Effekt bereits früh experimentell nachweisen können. Wenn die Funker mit ihrer Ausbildung beginnen, dekodieren sie Worte, indem sie einzelne Buchstaben übersetzen. Irgendwann verstehen sie dann unmittelbar ganze Wörter, schließlich Sätze. Am Ende des Lernens hören sie den eingehenden Signalen einfach nur noch zu. Die Funker durchlaufen mehrere Prozessmusterwechsel und immer kurz bevor sie eine

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THEMA neue Leistungsstufe erreichen, machen sie wieder Anfängerfehler, die sie eigentlich längst überwunden haben. Zur Ermöglichung des Prozessmusterwechsels wird die alte Stabilität spielerisch aufgebrochen. Der Fehler ist die Begleiterscheinung des kreativen Überganges. Das Gehirn investiert Energie in die Zerstörung des Bestehenden, um das Neue zu ermöglichen. Im Allgemeinen fällt es den Menschen nicht leicht, diesen notwendigen Leistungseinbruch zu akzeptieren. Man möchte eigentlich zu neuen Horizonten aufbrechen, ohne den Schmerz des Überganges in Kauf nehmen zu müssen.

schen tendieren zu Stabilität und versuchen in ihrem System die Orientierung zu behalten. Sie plädieren in Ihrem Buch für ein Aufbrechen dieser Strukturen und erzeugen damit gezielt Instabilität. Worin sehen Sie hierin den Gewinn für die Organisationen? Was bedeutet in diesem Zusammenhang für Sie Instabilität? Können Sie hierfür ein konkretes Beispiel aus der Praxis nennen? Peter Kruse: Hier liegt ein Missverständnis vor. Es geht bei der kreativen Instabilität nicht um das Aufbrechen von Strukturen. Nur allzu häufig wurde und wird vergeblich versucht, Veränderungen durch eine Re-Strukturierung herbeizuführen. Bei der Idee der Instabilität als Veränderungsmotor steht der Wechsel persönlicher Perspektiven im Vordergrund und nicht die Neuordnung organisatorischer Zuständigkeiten. In diesem Sinne kann ein Umzug in ein neues Gebäude durchaus positivere Auswirkungen haben als der Versuch, bestehende Machtgefüge aufzubrechen. Wenn Menschen durch den Angriff auf ihre Position irritiert werden, antworten sie nur allzu häufig mit Stabilisierung und dem Festhalten am Bestehenden. Für die Förderung der Veränderungsbereitschaft ist es mitunter weit hilfreicher, Wände einzureißen als Abteilungen aufzulösen. Die Struktur sollte der Strategie folgen und nicht umgekehrt.

»Der Fehler ist die Begleiterscheinung des kreativen Überganges« SOZIALwirtschaft: Veränderungen sind meist mit großen Anstrengungen aller Beteiligten verbunden. Wenn wir über Veränderungsbereitschaft sprechen – welche Voraussetzung müssen Mitarbeiter mitbringen, damit sie Veränderungen tolerieren oder mittragen können? Spielt aus Ihrer Sicht das Alter und die Dauer der Organisationszugehörigkeit der Mitarbeiter eine Rolle? Peter Kruse: Beim Faktor Alter wird zumeist recht trivial und kurzsichtig argumentiert. Richtig ist: Je älter das Gehirn ist, desto mehr nimmt die spontane Aktivität ab und desto häufiger wird auf bewährte Muster zurückgegriffen. Richtig ist: Junge Leute haben im Schnitt eine höhere Spontanaktivität im Gehirn, sie sind neugieriger und haben es leichter bei grundlegenden Neuerungen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass sie bei Innovationen generell erfolgreicher sind. Ältere Menschen haben erfahrungsabhängig eine höhere Fähigkeit, mit komplexen Anforderungssituationen umzugehen. Im Laufe des Lebens erlernen wir Strategien, die es uns gestatten, intuitiv das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Der Versuch, Veränderungsbereitschaft im Unternehmen einfach durch die Verjüngung der Belegschaft zu erhöhen, kann zu einem fatalen Verlust an Problemlösungskompetenz führen. SOZIALwirtschaft: Was sind dann die wichtigen Faktoren für erfolgreiche Innovationen? Peter Kruse: Das Maß der Veränderungsbereitschaft im Unternehmen entscheidet sich in erster Linie nicht über das Alter der Mitarbeiter oder darüber, wie viele Jahre sie schon im Unternehmen sind. Für die Fähigkeit zum erfolgreichen Prozessmusterwechsel ist die Unternehmenskultur von ausschlaggebender Bedeutung. Gibt es eine »große Idee« – eine Vision –, für die es sich lohnt, den Schmerz der Veränderung zu ertragen? Wie überzeugend und glaubwürdig ist die Führung in der Phase des Umbruchs? Wie hoch ist die unternehmerische Bereitschaft, auftretende Fehler zu tolerieren und die im Übergang notwendigen zusätzlichen Ressourcen zu investieren? Friedrich Nietzsche hat es auf den Punkt gebracht: »Wer ein Wozu hat, erträgt fast jedes Wie.« SOZIALwirtschaft: Organisationen sind ständigen Veränderungsdynamiken und den damit verbundenen Verunsicherungen unterworfen. Die darin agierenden Men-

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SOZIALwirtschaft: Können Sie das an einem Beispiel erläutern? Peter Kruse: Während der Hochphase des »Business Process Reengeneering« habe ich eine für mich sehr einprägsame Erfahrung gemacht: In einem großen Automobilwerk wurde mit enormem Analyseaufwand und unter Einsatz vieler externer Berater eine Re-Strukturierung durchgeführt. Der Erfolg blieb bescheiden und entsprach bei weitem nicht dem Aufwand. Dann kam man auf die Idee, die Führungskräfte auf der oberen Ebene über die Bereiche zu rotieren und dafür zu sorgen, dass der Logistikchef Produktionsaufgaben übernahm, der Vertriebsleiter in die Qualitätssicherung wechselte und so weiter. Durch die Änderung der Perspektiven entstand eine kreative Instabilität, deren Wirkung auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens beeindruckend und nachhaltig war. SOZIALwirtschaft: Störung soll also im System die Bereitschaft zur Instabilität erhöhen. Ist das Management Ihrer Meinung entsprechend gerüstet, um mit diesen Störungen adäquat umgehen zu können? Peter Kruse: In Reaktion auf den durch die Globalisierung enorm gestiegenen Wettbewerbsdruck stand im Management für lange Zeit die Optimierung von Prozessen und Strukturen im Vordergrund. Die zentrale Aufgabe war die Erhöhung der Produktivität und die Reduktion von Kosten. Zusätzlich angeheizt durch das Konzept des »shareholder value« hat diese Ausrichtung zu einer Führungskultur geführt, in der die für kreative Prozesse erforderlichen Störungen kaum Akzeptanz finden. Die Vermeidung von Ineffizienzen ist zwar eine notwendige, aber keineswegs eine hinreichende Bedingung für das Überleben eines Unternehmens oder einer Organisation. Die eigentliche Herausforderung, vor der das Management in entwickelten und gesättigten Märkten gegenwärtig steht, ist die Notwendigkeit, originelle neue Lösungen

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zu verwirklichen, die einen hinreichenden Unterschied machen. Unternehmertum akzeptiert die Störung als Geburtswehe der Innovation. Nach der intensiven Phase der Optimierung braucht das Management wieder eine höhere Bereitschaft unternehmerische Risiken einzugehen und Störungen zuzulassen. Dies erfordert in erster Linie eine Änderung des Rollenverständnisses der Manager. SOZIALwirtschaft: Was würden Sie Unternehmen und Organisationen empfehlen? Peter Kruse: Die Änderung des Rollenverständnisses ist nicht primär eine Frage von gut gemeinten Appellen, von Coaching oder von Führungskräftetrainings. Meines Erachtens ist es am wirkungsvollsten, die Wahrnehmung des Managements neu auszurichten. Unternehmerisches Denken entsteht über die intensive Beobachtung und die Kenntnis von Marktanforderungen. Je mehr Menschen im Unternehmen oder in der Organisation ein ausgeprägtes Empfinden für die Entwicklungen des Marktes haben, desto einfacher ist es, Akzeptanz für notwendige Änderungen zu finden. Das Erkennen von Chancen erzeugt konkrete Motivation, Risiken einzugehen: Es ist das Auge des Bauern, das die Kühe fett macht. SOZIALwirtschaft: Kennen Sie diese Schwierigkeiten aus eigener Erfahrung als Unternehmer? Peter Kruse: Auch im Bereich der Unternehmensberatung hat es in den letzten Jahren eine fatale Abkoppelung von den Anforderungen des Marktes gegeben, deren Konsequenz in der Folge deutlich spürbar geworden ist. Anstatt nach Innovationen zu suchen, haben die Unternehmensberatungen den Trend zur Optimierung in den Unternehmen und Organisationen mit immer neuen Moden bedient. Durch das Handeln nach dem Prinzip »Mehr desselben« ist eine Übersättigung entstanden, die für die starken Einbrüche im Beratungsgeschäft mitverantwortlich sein dürfte. Statt das unternehmerische Risiko einzugehen, frühzeitig die Suchrichtung zu wechseln und proaktiv zu agieren, hat ausgerechnet eine Branche mit explizitem Avantgarde-Auftrag versucht, Störung im eigenen Tun weitgehend zu vermeiden. SOZIALwirtschaft: Gibt es aus Ihrer Sicht in der Sozialwirtschaft andere Probleme als in der »normalen« Wirtschaft? Sind Ihre Erfahrungen auch dort anwendbar?

sondern reflektiert mehr oder weniger direkt die schwer zu durchschauenden und noch schwerer vorhersagbaren öffentlichen Meinungsbildungsprozesse, die die Grundlage des politischen Handelns in einer Demokratie sind. Die Gestaltungskräfte in der Sozialwirtschaft stehen in dem Spagat, einerseits einen persönlich existenziell fordernden »Kunden« befriedigen zu wollen und andererseits dem Auftrag einer institutionalisierten Mangelverwaltung gerecht werden zu müssen. Die Mitarbeiter im sozialen Bereich spüren diese Quadratur des Kreises jeden Tag am eigenen Leib. Die Burn-out-Rate ist entsprechend hoch. Eine Reduktion der immanenten Spannung ist nur möglich, wenn es gelingt, einen intensiven Informationsfluss zwischen den Beteiligten des »Kundenmarktes« und des »Politikmarktes« zu gewährleisten. Der Versuch einer Erhöhung der Effizienz der sozialen Systeme durch die Definition von Produkten und durch industrielle Optimierungstechniken ist zum Scheitern verurteilt, da die notwendigen Wettbewerbsmechanismen gar nicht greifen. Die Richtung von Veränderungsprozessen kann anders als bei Wirtschaftsunternehmen nicht unmittelbar aus Marktnotwendigkeiten abgeleitet werden. SOZIALwirtschaft: Denken Sie, dass für ein erfolgreiches Management von Instabilität weitere neue Modelle und Konzepte erforderlich sind? Peter Kruse: Die Modelle sind weitgehend entwickelt und Konzepte gibt es eher zu viele. Was wir im Moment wirklich brauchen, sind Werkzeuge, die das alltägliche Handeln von Managern und Beratern unterstützen. Es reicht nicht, eine Situation theoretisch einordnen zu können. Der systemische Beratungsansatz hat zwar viele Köpfe bewegt, aber noch nicht sehr viele eigenständige und praxisnahe Methoden hervorgebracht. Die Erkenntnis der Neurophysiologie, dass das menschliche Verhalten entscheidend von den emotionalen Bewertungen des limbischen Systems geprägt wird, hilft nur weiter, wenn Verfahren zur Verfügung stehen, die es erlauben, diese »weichen Faktoren« schnell und unkompliziert zu messen. Die Erkenntnis der Systemtheorie, dass Netzwerke eine übersummative Intelligenz entwickeln können, hilft nur weiter, wenn Verfahren zur Verfügung stehen, die es erlauben, diese Netzwerkintelligenz bei realen Problem-

»Vernetzung lässt sich nicht verordnen«

Peter Kruse: Ob Wirtschaftsunternehmen oder NonProfit-Organisation – jede Institution, in der mehrere Menschen miteinander arbeiten, kann letztlich als ein soziales System betrachtet werden. Die Erfolgsfaktoren und Stolpersteine bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen sind durchaus vergleichbar. Die internen Abläufe und die strukturellen Prinzipien unterscheiden sich letztlich wenig. Es gelten ähnliche Anforderungen für professionelles Management. Große Unterschiede ergeben sich allerdings, wenn man die Situation vom Markt her analysiert. In der Sozialwirtschaft gelten grundsätzlich andere Wettbewerbsbedingungen als in der übrigen Wirtschaft. Nicht das Nachfrageverhalten des Kunden definiert Angebot und Preis, sondern die aktuelle sozialpolitische Schwerpunktsetzung. Diese Schwerpunktsetzung wiederum bildet nicht reale Bedürfnisse von Zielgruppen ab,

stellungen ins Spiel zu bringen. In unserem Methodenund Beratungsunternehmen haben wir uns daher darauf spezialisiert, computergestützte Werkzeuge zu entwickeln, die den Praktikern helfen, mit komplexer Dynamik angemessen umzugehen. Mit dem Befragungsverfahren »nextexpertizer« sind wir beispielsweise in der Lage, die unbewussten Einstellungen, die intuitiven Wissensstrukturen und die emotionalen Bewertungen von bis zu dreihundert Menschen abzubilden. Das Verfahren verbindet die qualitative Aussagekraft frei geführter Interviews mit der mathematischen Vergleichbarkeit standardisierter Fragebögen. Es wird von der Kulturanalyse bis zur Markenbewertung eingesetzt. Mit dem Programmsystem »nextmoderator« können wir bis zu tausend Menschen zu einem sozialen Gehirn verbinden. Auf der Basis eines lokalen Computernetzwerkes (LAN) wird eine freie Ideenbörse erzeugt, in der die Beteiligten mit der Effizienz einer Klein-

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THEMA gruppe und der Faszination einer Großveranstaltung gemeinsam Lösungen erarbeiten – vom Brainstorming bis hin zum gewichteten Portfolio konkreter Maßnahmen. SOZIALwirtschaft: Sie beraten mit Ihrem Methodenund Beratungsunternehmen verschiedene Unternehmen und Organisationen aus diversen Branchen. Wie arbeiten Sie und Ihr Team als Berater? Worin liegt Ihr Erfolgsrezept? Peter Kruse: Der Ansatz von »nextpractice« stellt die Lösungskompetenz in den zu beratenden Unternehmen

SOZIALwirtschaft: Sie haben mehrere hohe Auszeichnungen, wie den »Weiterbildungs-Award 2004« oder den SPD-Innovationspreis erhalten. Erst kürzlich wählte sie das PERSONALmagazin zu den 40 einflussreichsten Persönlichkeiten für das Personalwesen in Deutschland. Welche Ziele haben Sie sich noch für die Zukunft gesteckt? Peter Kruse: Die größte Aufgabe, die wir meines Erachtens in den nächsten Jahren und Jahrzehnten miteinander zu bewältigen haben, ist die Neudefinition gesellschaftlicher Solidarität. Es geht um individuelle und kollektive Überlebensstrategien in einer globalisierten Marktwirtschaft. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich, zwischen der Teilhabe an und dem Ausschluss von den Segnungen der modernen Welt wird sich weiter dramatisch verschärfen. Dabei geht es in Zukunft wohl nicht mehr um das gewohnte Nord-SüdGefälle; der Graben wird tief und quer durch alle Gesellschaften laufen. Schon die demografische Entwicklung wirft für sich genommen unübersehbare Probleme auf. Die Medien erhöhen zusätzlich das Bewusstsein für die Ungerechtigkeit der Situation. Die zu erwartenden sozialen Spannungen sind enorm. Daran mitzuwirken, neue Formen kollektiver Intelligenz dafür einzusetzen, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen, ist für mich ein wichtiges persönliches Ziel. Wir brauchen die Kreativität und das Verantwortungsgefühl vieler Menschen. Wir brauchen Sinnstiftung, Transparenz und Involvierung. ◆

»Die Zeit der Vordenker ist vorbei« und Organisationen in den Mittelpunkt. In unserem Verständnis sind nicht die Berater die Experten, sondern die Menschen vor Ort. So wie die Planer von Wegen in öffentlichen Parks einfach die Intelligenz nutzen sollten, die sich über die Schleichwege der Besucher offenbart, halten wir es für Erfolg versprechender, der Kreativität der Kunden, Führungskräfte und Mitarbeiter zu vertrauen, als auf vorgefertigte Konzepte zu setzen. Unsere Aktivität beschränkt sich auf Interventionen, die das Verständnis für die anstehenden Aufgaben erhöhen, die die Eigenaktivität im System anregen und die die erreichten Ergebnisse einer gemeinsamen Reflexion zugänglich machen. Die Umsetzung und Verfolgung von Maßnahmen und Projekten bleibt uneingeschränkt in der Verantwortung der Menschen in den Unternehmen und Organisationen.

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Innovation tut Not ■ Wolf Rainer Wendt

Neuerungen bringen oft Unruhe in ein austariertes System. Dennoch garantieren nur Innovationen das Überleben letztlich auch der sozialen Unternehmen.

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ie gegenwärtigen Sozialreformen, so wie sie politisch in die Wege geleitet werden, führen nicht von allein zu Neuerungen in den Organisationen der Sozialwirtschaft und in der von ihnen geleisteten humandienstlichen Versorgung. Neuerungen sind indes nötig, um einem sich ändernden Bedarf im Wandel der Lebensverhältnisse nachzukommen. Innovationen bezeichnen neue Produkte oder Verfahren, die sich in Konkurrenz zu vorhandenen Produkten oder Verfahren durchsetzen. Ein bloß zusätzliches Angebot stellt keine Innovation dar. Der Frage ist nachzugehen, was im sozialwirtschaftlichen Bereich an Innovationen erwartet werden kann, wo Bedarf an ihnen besteht und wie sie zustande kommen.

Im Wettbewerb um Lösungen Im System der sozialen Versorgung unterscheiden wir zwischen »services in cash« und »services in kind«. Bei Erörterung sozialwirtschaftlicher Innovationen beziehen wir uns auf die sächlichen Einrichtungen und Dienste, die personenbezogen vorgehalten werden. Die Geldleistungen sind zwar der hauptsächliche Gegenstand der po-

Prof. Dr. Wolf Rainer Wendt ist Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Sozialarbeit e. V. und Honorarprofessor der Eberhard Karls Universität Tübingen. Er ist Herausgeber der Edition »Forschung und Entwicklung in der Sozialwirtschaft« sowie Autor zahlreicher Bücher und Fachaufsätze zur Sozialen Arbeit und zur SOZIALwirtschaft. E-Mail [email protected]

litischen Debatte, in der es um die Reform der sozialen Sicherungssysteme geht. Änderungen in der Art und Weise der finanziellen Absicherung und Unterstützung, etwa die Umstellung bei der Zahlung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe oder die Einführung der Praxisgebühr im Gesundheitswesen, stellen aber keine Innovationen in dem Sinne dar, in dem der Begriff durch den österreichischen Nationalökonomen Joseph Schumpeter in Gebrauch genommen und seither verwendet wird. Innovationen werden nicht politisch ausgehandelt und eingeführt; sie sind das Ergebnis einer Umstellung in der Praxis, also in der Art und Weise, wie etwas »gemacht« wird. Schumpeter nannte die Einführung neuer Produkte und Verfahren in der Wirtschaft einen Vorgang »schöpferischer Zerstörung« bestehender Strukturen. Innovation ist demnach ein Prozess, in dem die Planung, die Erzeugung und ein »Durchsetzen neuer Kombinationen« erfolgt. Innovator ist der schöpferische Unternehmer. Er ist dem Wettbewerb ausgesetzt; der Wettbewerb sorgt für Innovation. Das Neue setzt sich im Wettbewerb gegen das Alte durch. Der kreative Unternehmer erfindet oder greift eine Erfindung auf, führt eine neue Methode der Produktion ein, organisiert den Herstellungsprozess neu und macht ein neues Geschäftsfeld auf. Ein innovatives Produkt setzt sich am Markt durch, und das Unternehmen profitiert davon solange, bis auch die Konkurrenz entsprechende Produkte anbietet: Die Innovation hat sich verbreitet und verliert mit der Zeit ihren Vorzug. Zusammenfassend erklärte Schumpeter die Innovation als das »Aufstellen einer neuen Produktionsfunktion« (siehe zu diesem Verständnis Wendt 2005.) Vom ökonomischen und technologischen Konstrukt »Innovation« ist der lockere Umgang mit dem Wort zu unterscheiden. Alle Welt will heutzutage innovativ sein. In der Fülle der Waren und Dienste, die angeboten werden, fällt nur auf, was mit dem Anschein des Neuen daherkommt. Im sozialen Bereich lässt sich jeder Vorschlag, etwas anders als bisher zu machen, mit dem Attribut »innovativ« schmücken. Wenn sich Veränderungen in der Lebenspraxis der Gesellschaft durchsetzen, lässt sich durchaus von sozialen Innovationen sprechen. So ist der Begriff der Sozialinnovation auch besetzt. Er bezeichnet »neue Wege, Ziele zu erreichen, insbesondere neue Organisationsformen, neue Regulierungen, neue Lebensstile, die die Richtung des sozialen Wandels verändern, Probleme besser lösen als frühere Praktiken« (Zapf 1989, 177). Der häufig erhobene Anspruch, sozial innovativ zu sein, bedeutet aber oft nur, kreativ zu sein und mit neuen Ideen aufzuwarten. Invention wird mit Innovation verwechselt; ein guter Einfall hat aber nicht ohne weiteres in der Realität Bestand.

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THEMA In der organisierten sozialen Versorgung geht es um die Technologie und die Produkte, mit denen der Versorgungsauftrag erfüllt wird. Innovationen sind hier tatsächlich das Bessere, welches das bisher mehr oder minder Gutes ersetzt und zu verdrängen vermag. Sozialwirtschaftlich wird mit Produkten und Verfahren ein gesellschaftlich ausgemachter Bedarf gedeckt. Dafür wird beständig nach angemessenen Lösungen gesucht. Wer sie bietet, konkurriert mit der seitherigen Bedarfsdeckung, die nicht ohne weiteres aufgegeben wird. Eine neue Art und Weise der Leistungserbringung muss sich durchsetzen – im Wettbewerb unter Anbietern, bei den nachfragenden Leistungsträgern und in der sozialpolitisch interessierten Öffentlichkeit, die sich nicht zuletzt als Anwalt der Nutzer geriert. Ein Versorger im sozialen Feld bedient zugleich vielfältig normierte und sich ändernde Erwartungen. Wenn wir mit Schumpeter fragen: Wie wandlungs- und innovationsfähig sind die Strukturen der Wohlfahrtsindustrie? dürfen wir nicht übersehen, dass der Sozialmarkt, auf dem sie mit neuen Produkten und Verfahren auftreten kann, ein regulierter ist. Die Nachfrage, der ein Dienstleister nachkommt, lässt sich nicht einfach durch das Angebot der gemeinnützigen oder auch privat-gewerblichen Akteure steuern. Sie werden im Rahmen von Versorgungsaufträgen bezahlt, auf welche sie nur auf dem Umweg über die Politik Einfluss nehmen können. Andererseits werden in der sozialpolitischen Debatte über drängende Probleme die praktischen Lösungen in der Art und Weise der Leistungserbringung nicht gefunden. Hier hat der Wettbewerb unter Anbietern seine Funktion. Eine sozialwirtschaftliche Innovation etwa in der Jugendhilfe, der Behinderten- oder der Altenhilfe wird dem allgemeinen Auftrag in qualitativ neuer Weise gerecht und setzt sich deshalb durch.

Neuerung, von oben angestoßen Das besondere Verhältnis von Auftrag und Dienstleistungsangebot in der Sozialwirtschaft führt dazu, dass der Anstoß zu Innovationen häufig aus der Politik und vom Gesetzgeber erfolgt. Wer rechtsgemäß handeln und seine institutionalisierte Beteiligung an der Ausführung sozialpolitischer Maßnahmen sichern will, neigt zu einem »nachahmenden Isomorphismus«. Die Leistungserbringer im korporatistischen System der Wohlfahrtspflege bewegen sich erst, wenn sie »von oben« dazu genötigt werden. Ein Beispiel: Die vom Gesetzgeber im Zuge der Gesundheitsreform geforderte Integrierte Versorgung gemäß § 140 SGB V führt zu neuen sektor- und fachübergreifenden Lösungen. Die Krankenkassen schließen Verträge ab, in denen sich die Vertragspartner »zu einer qualitätsgesicherten, wirksamen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten verpflichten« (§ 140 b Abs. 3 SGB V). Die Ausgestaltung der Integrierten Versorgung in diesem Rahmen (vgl. zur Vertragsgestaltung Bohle 2005) ist dabei in einer vielseitigen Weise möglich. In der Folge gibt es Innovationen: Krankenhäuser organisieren sich neu zu einem Produkt genannt »Gesundheitszentrum«; es bilden sich Ärztenetze, Medizinische Versorgungszentren und andere Verbünde von Leistungserbringern.

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Ein weiteres Beispiel: Der Gesetzgeber hat den Weg von einer einrichtungszentrierten zu einer personenzentrierten Finanzierung eröffnet und damit den Wechsel von Sachleistungen zu Geldleistungen in der Subjektförderung ermöglicht. Dabei lösen Budgets die herkömmliche Alimentation ab, und mit ihnen können die berechtigten Nutzer innovativ bedient werden. Insoweit diese die Wahl haben, müssen sich die Leistungserbringer in Konkurrenz untereinander anstrengen, mit ihren Produkten bei den Kunden »anzukommen«. Bekanntlich ermöglicht § 17 SGB IX grundsätzlich ein (trägerübergreifendes) Persönliches Budget überall im Sozial- und Gesundheitswesen. Die Gestaltung von komplexen Angeboten, die sowohl den individuellen, subjektiven Bedürfnissen von Budgetnehmern als auch dem objektiven Zweck einer Rehabilitation nachkommen, ist offen, »neue Kombinationen« in der Erbringung von Leistungen der Krankenbehandlung, der medizinischen Rehabilitation, der Teilhabe am Arbeitsleben, der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, bei Pflegebedürftigkeit können sich durchsetzen. Allerdings gibt es eine Menge Hindernissen bei der Einführung der Budgets und auf sie bezogener Innovationen (vgl. Büscher u. a. 2005). Ein anderes Feld der Betätigung, das politisch favorisiert wird, ist die Frühförderung von Kindern. Sie kann therapeutisch und pädagogisch kindzentriert betrieben werden. Aber auch in Konkurrenz zu einem solchen Vorgehen familienzentriert aufgrund der Erfahrung, dass mangelnde Befähigung von Eltern ein hauptsächliches Risiko für Kinder darstellt. Genannt sei hier beispielsweise STEEP als Frühinterventionsprogramm zur Unterstützung

Wolf Rainer Wendt (Hg.): Innovation in der sozialen Praxis. Bedingungen und Möglichkeiten der Erneuerung in Kontexten Sozialer Arbeit. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2005, 145 Seiten. 27,- Euro. ISBN 3-8329-1514-1. Innovationen sind die Stärke der produzierenden Wirtschaft. Sie stehen für Zukunftsfähigkeit. Innovative Lösungen werden aber auch gebraucht, um die soziale Versorgung für die Zukunft weiterzuentwickeln und zu sichern. Welche Bedeutung Innovationen im Wandel sozialer Verhältnisse und bei der Neustrukturierung sozialberuflicher Arbeit und sozialwirtschaftlicher Leistungserbringung zukommt, beleuchten Beiträge eines neuen Bandes aus der Reihe »Forschung und Entwicklung in der Sozialwirtschaft«. In einem innovationstheoretischen Teil des Herausgebers Wolf Rainer Wendt wird das Verständnis von Innovation in Wirtschaft, Technik und Gesellschaft erörtert. Innovationsprozesse in einzelnen Gebieten Sozialer Arbeit und den Ebenen der organisierten sozialen Versorgung sind Gegenstand von Beiträgen aus der Praxis. Fazit der Artikel: Soziale Arbeit ist zukunftsfähig, wenn sie mit neuen Lösungen dem Wandel ökonomischer und gesellschaftlicher Verhältnisse begegnet.

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der elterlichen Kompetenz von »Risikofamilien«, das gegenwärtig als Forschungsprojekt von zwei Fachhochschulen in Kooperation mit Beratungsstellen umgesetzt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Das Programm (»Steps towards effective and enjoyable parenting«) stammt aus den USA und ist von Martha Erickson an der University of Minnesota entwickelt worden. Frühförderung ist im Sozial- wie im Bildungswesen geboten und gewollt, also können passende Produkte als Verfahrensinnovationen zum Zuge kommen. Für sie wird eine unabhängige Forschungs- und Entwicklungsarbeit gebraucht. Denn es besteht die Gefahr kurzlebiger Anpassungsinnovationen, wenn auf eine gerade vorherrschende politische Linie und die daraus resultierende Bereitstellung von Mitteln rasch mit einem darauf zugeschnittenen Produkt geantwortet wird. Etwa wenn in der Öffentlichkeit geschlossene Heime für schwererziehbare Kinder gefordert werden oder wenn auf die Not der Arbeitslosigkeit mit Qualifizierungsangeboten geantwortet wird, die finanziell gefördert werden, aber die Betroffenen nicht wirklich weiterbringen. Bei legislativen Vorgaben und gegenüber politischen Reformvorhaben ist sozialunternehmerische Bewegungsfreiheit in der Entwicklung von Innovationen angebracht.

und gemeinschaftliche Kreativität in der Selbsthilfe forciert und Eigeninitiative belohnt werden. »Von unten« sind in den vergangenen Jahren verschiedene neue Wohnformen als Wohn- und Hausgemeinschaften von Menschen entstanden, die im Alter oder bei Behinderung oder bei drohender oder eingetretener Obdachlosigkeit selber nach für sie passenden Lösungen suchten. Dabei mussten eine Menge Hindernisse überwunden werden; nicht zuletzt standen und stehen dem Gemeinschaftswohnen Vorschriften im Wege, die für Heime gelten. Man findet sich zwar informell zusammen, damit das Vorhaben aber Bestand hat, braucht man formale Regelungen, auch in Hinblick auf die Inanspruchnahme professioneller Dienstleistungen. Exemplarisch für eine Innovation von Bürgerseite sei eine Entwicklung in der Schweiz genannt (vgl. Abbildung Seite 22). Neue Wohnformen für alte Menschen sind in den 1990er-Jahren von Seniorengenossenschaften in Baden-

»Die Leistungserbringer bewegen sich erst, wenn sie dazu genötigt werden«

In einem Vergleich von Einsätzen von Non-Profit-Organisationen in der lokalen Beschäftigungspolitik in Los Angeles und in Berlin stellte eine Forschergruppe sarkastisch fest, dass sich die Organisationen leicht zu bloßen Vollstreckern der Politik machen lassen, allerdings in unterschiedlicher Weise: Die engagierten Organisationen in Los Angeles könnten »mehrheitlich als pragmatische Trüffelschweine charakterisiert werden, die auf der Suche nach lukrativen Aufträgen und zur Sicherstellung ihrer Mission dazu bereit sind, aktiv das beschäftigungspolitische Feld zu durchwühlen und umzugraben, um sich neue Handlungsfelder zu erschließen«. In Berlin dagegen könne man von »staatsnahen Minenhunden« sprechen, »die sich gehorsam in die von den Verwaltungen angelegten beschäftigungspolitischen Minenfelder zwängen lassen, um von dort sodann entweder Vollzug zu melden und die brauchbaren Programme zu apportieren — oder an der kurzen Leine des Zusätzlichkeitskriteriums den Beweis zu erbringen, dass auch dieses beschäftigungspolitische Projekt zur Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit ein Rohrkrepierer war« (Eick u. a. 2004, 179).

Neuerung, von unten eingeführt Der größte Teil sozialer Versorgung wird informell geleistet. Dabei finden sich immer wieder neue Lösungen, die nur deshalb unbemerkt bleiben, weil sie das formelle System nicht berühren. Es kann aber von sich aus auf die Ansätze zugreifen, die es jenseits seiner Organisation gibt. Insbesondere die Vielfalt des Bürgerengagements generiert Innovationen. Bürgerschaftliches Engagement stellt politisch wie sozialwirtschaftlich ein »Lernprojekt des Sozialstaates« dar (Hummel 1995, 14 ff.). Wie in der Erwerbswirtschaft die selbstständige Existenzgründung gefördert wird, sollte auch im sozialen Bereich individuelle

Württemberg ausgegangen (vgl. Otto 1995). Überhaupt sind genossenschaftliche Lösungen sowie Stiftungsaktivitäten als zivile Gegenstücke zu Innovationen in und von herkömmlichen Wohlfahrtsorganisationen zu nennen. Auf dem Gebiet der Behindertenhilfe gibt es musterhaft in Skandinavien Assistenzgenossenschaften wie etwa die Stockholmer Genossenschaft für Selbstbestimmtes Leben (STIL). Hier sind es die Menschen mit einer Behinderung, die als Arbeitgeber ihrer Helfer auftreten. STIL beschäftigt bei 250 Mitgliedern über 1.000 Assistenten; der einzelne Behinderte nimmt für seinen Bedarf mehrere Assistenten in Anspruch. Ähnlich die Tätigkeit der JAG (Jämlikhet Assistans Gemenskap) für ihre geistig- und lernbehinderten Mitglieder (http://www.jag.de). In Deutschland sind nach dem skandinavischen Vorbild Assistenzgenossenschaften in Bremen (1990) und in Hamburg (1993) entstanden.

Erforderlich: Strukturinnovationen Neuerungen mit Nutzwert ergeben sich in der sozialen Branche des Wirtschaftens nicht nur mit Produkten als absatzfähige Leistungen, sondern auch in neuen Strukturierungen oder Organisationsformen der Leistungserbringung und der Wohlfahrtsproduktion. Solche Neuerungen optimieren das Gefüge, in dem intern entschieden, geführt und kooperiert wird. Es ändern sich die gebräuchlichen Produktionsverfahren. In Hinblick auf sie induzieren sich Organisations- und Verfahrens- oder Prozessinnovationen wechselseitig. Letztere sind auf strukturelle Veränderungen angewiesen, weil sich sonst die vorhandene Art und Weise der Leistungserbringung nicht überwinden lässt. Deshalb ist für die nach § 17 SGB V vorgesehenen Persönlichen Budgets in der Erprobungsphase bis Ende 2007 ausdrücklich »die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung« vorgesehen (§ 17 Abs. 6 SGB V).

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THEMA Manche Arbeitsbereiche können überhaupt nur mit neuen Strukturen aufrechterhalten werden. Nehmen wir den Wandel der offenen Kinder- und Jugendarbeit in den letzten Jahren (vgl. Düx/Rauschenbach/Züchner 2002). Die »Komm-Struktur« der Jugendhäuser herrscht nicht mehr vor; mit den informations- und kommunikationstechnologischen Möglichkeiten von heute lassen sich virtuelle Vernetzungen gestalten, in denen und mittels derer Treffen, Events und andere Veranstaltungen zustande kommen. In Baden-Württemberg sind regionale Jugendagenturen entstanden, die über ein Internetportal erreicht werden und für Jugendliche Informations- und Beratungsangebote insbesondere in Frage des Übergangs von Schule in Beruf und Arbeitswelt bereitstellen. Die Jugendagentur wird als »Koordinierungsnetzwerk« verstanden und erfordert naturgemäß ein anderes Management als das eines Jugendhauses (vgl. Hintermair 2004). Dass es vergleichbare Neustrukturierungen in der Altenpflege gibt (Stichwort »virtuelles Altenheim«), sei nur angemerkt (Greuél/Blechschmidt 2003). Manche verstreute spezialisierte Leistungsangebote lassen sich dadurch wirtschaftlich und bedarfsentsprechend besser weiterführen, indem sie gebündelt ihre Synergie entfalten können. Das neue Produkt nennt sich dann Kompetenzzentrum. Die Bezeichnung bezieht sich gleichermaßen auf die Befähigung, die professionell eingebracht wird, und auf die Befähigung, die gepflegt und angestrebt wird. Kompetenzzentren bilden die Mitte eines Netzwerks und sind ein Kommunikationsknoten, der das Wissen und Können von Experten einerseits und informell vorhandenen Rat andererseits zusammenführt. Das Zentrum ist (drittens) dazu da, Wissen und Können zu erzeugen, Rat zu akkumulieren. Die Ressourcen der Unterstützung werden beispielsweise in einem Kinder- und Familienhilfezentrum gebündelt (Langhanky u. a. 2004). Beratung in dem doppelten Sinn der Bereitstellung von Rat und des Sichberatens von Menschen bietet ein Familienkompetenzzentrum. Mit ihm verankert sich das fachliche Angebot in dem Erfahrungsfeld von Lebensgemeinschaften, Eltern und Kindern und stellt sich besser auf sie ein (siehe Wendt 2005 a). Statt funktionszentriert wird prozessorientiert gearbeitet. So auch in polyvalenten Sozialzentren, musterhaft in Zürich (vgl. Stocker 2000, Waldvogel 2004). Wenn es um die Infrastruktur der sozialen Versorgung geht, lassen sich Neuerungen insbesondere auf kommunaler Ebene dadurch erreichen, dass die öffentliche Hand,

Bürgerschaftliches Engagement bringt immer wieder soziale Innovationen hervor. Beispiel Schweiz: Um eine Wohngemeinschaft für obdachlose Menschen bei Bern zu tragen, gründeten zwei Personen 1989 die Stiftung für Berner Obdachlose. Beschäftigungsangebote kamen hinzu, weshalb die Organisation seit 1998 Stiftung für Berner Wohn- und Arbeitsprojekte hieß. Daraus ist, nachdem weitere soziale Unternehmen angeschlossen wurden, im Juni 2005 die »Stiftung für soziale Innovation« geworden. In ihren Aktivitäten verbindet sie Wohnmöglichkeiten und Werkstätten mit Läden für den Verkauf von Produkten und mit Schulungsprogrammen für Erwerbslose (Internet http://picobollo.domainserver.ch/stiftung).

lichen Vorhaben und der Lebenswirklichkeit der Menschen leicht auftut.

Projekt ist nicht gleich Innovation Im sozialen Bereich gelten Projekte zumeist als innovative Vorhaben. Mit einer gewissen Berechtigung wird, wer mit dem Entwurf einer Neugestaltung sozialer Aktivität hervortritt, mit Vorschusslorbeeren bedacht. Innovationsbedarf besteht schließlich, und neue Ansätze der Bedarfsdeckung sind daher stets willkommen. Außerhalb der Sozialen Arbeit haben Projekte nicht die gleiche Bedeutung. Man spricht etwa bei einem Bauprojekt oder einem Verkehrsprojekt kaum je von einer Innovation. Ganz im Gegenteil werden solche Vorhaben im sozialen Umfeld oft als Beeinträchtigung von Lebensqualität empfunden. Die Besserung, die mit der Realisierung solcher Projekte eintritt, kommt gewöhnlich nicht den unmittelbar Betroffenen zugute. Projekte der Sozialen Arbeit hingegen beginnen bei der Lage einer Bevölkerungsgruppe oder des lokalen Gemeinwesens und sollen eine neue Qualität für das Leben der Betroffenen bringen.

»Ein guter Einfall ist noch keine Innovation« gemeinnützige Anbieter und Bürgerinitiativen zusammenwirken. Im lokalen Umfeld sind »human service innovations« auch eine Sache der Sozialplanung, der sozialraumorientierten Arbeitsteilung und von Public-PrivatePartnership. Dazu gibt es internationale Erfahrungen (Poole et al 2002, Richie/Alperin 2002) und gute Beispiele hierzulande (Leitner/Richter 2004, Hummel 2005). Produktentwicklung im Dialog mit den Bürgern hilft überdies die Kluft vermeiden, die sich zwischen amt-

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Solange diese neue Qualität nicht tatsächlich erreicht ist und sich in der Realität behauptet, liegt die Innovation

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noch nicht vor. Im Projektstadium befindet sie sich in einer Laborsituation. Es wird experimentiert und ist bestenfalls in der Erprobungsphase, in der viele reale Gegebenheiten noch ausgeklammert sind: Man hat eine geeignete Personengruppe ausgesucht, die Problematik selektiert, einen passenden Ort gefunden und die Beteiligten sind besonders motiviert. Es muss erst noch bewiesen werden, dass der Erfolg des Projekts auch im Normalfall des Alltags und rauer sozialer Wirklichkeit eintritt. Indes braucht man für nachhaltige Innovationen in der sozialen Versorgung sehr wohl den Versuch unter Laborbedingungen und das Modellvorhaben als eine beispielhafte Erprobung im Feld. Allenthalben fördern denn auch Bund und Land sowie private Stiftungen modellhafte Projekte, und die Europäische Union legt für Beschäftigungsund Bildungsvorhaben, für die Jugend, für Integration und gegen soziale Exklusion entsprechende Programme auf. Dem Erprobungscharakter gemäß erfolgt die Förderung von Projekten zeitlich begrenzt. Es liegt in der Natur von Modellversuchen, dass sie nicht unbefristet finanziert werden. Man muss sich also rechtzeitig um eine Übersetzung in die Regelversorgung kümmern, für deren beabsichtigte Änderung ein Projekt eigentlich bezahlt wird. In der Sozialen Arbeit ist immer wiederkehrend die Klage zu hören, dass Vorhaben nicht weitergeführt werden können und eine Maßnahme, die sich bewährt hat, eingestellt wird. Gewöhnlich besteht der Erfolg eben nur in einer gut geleisteten Arbeit und nicht darin, dass sie im Sinne Schumpeters auf ihrem Gebiet die Konkurrenz aussticht. Zum Charakter von Innovationen gehört, dass sie sich durchsetzen. Sie verdrängen gewohnte Produkte oder Verfahren, setzen sich an ihre Stelle. Wenn soziale Projekte eingeführt und »bewilligt« werden, haben sie aber häufig gar nicht den Anspruch, an die Stelle einer vorhandenen Praxis zu treten. Sie sollen nicht mit ihr wetteifern, sondern sie eher ergänzen. Der Anschein von Konkurrenz wird oft vermieden, weil im korporatistischen Interessengeflecht der bedrohliche Anspruch die Chance der Förderung eines Projekts mindern würde. Dann ist es kein Wunder, wenn am Ende die übliche Praxis bleibt, wie sie ist. Wenn man schon in Diensten für Menschen den offenen Wettstreit meidet, sollte man wenigstens in und mit gesellschaftlichen Anstrengungen konkurrieren, den drängenden Problemen mit neuen Lösungen zu begegnen. Der Anspruch sozialwirtschaftlicher Neuerungen richtet sich letztlich auf die Qualifizierung organisierter Daseinsvorsorge und sozialer Entwicklung. Es besteht ein wechselseitiger Zusammenhang von sozialwirtschaftlichen Neuerungen in der Gestaltung von Dienstleistungen und sozialen Innovationen im Leben und Handeln von Menschen. Wenn sie sich in neuer Weise engagieren und ihr Einsatz in kooperativer Vernetzung in Angebotsstrukturen eingebunden wird, lassen sich damit neue Produkte in der Versorgung erstellen. Und umgekehrt fördert und unterhält eine professionell betriebene Vernetzungsarbeit das partikulare Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger in gemeinsamen wie auch in eigenen sozialen Belangen.

Innovative Wohlfahrtsproduktion In der Sozialbranche geht es bei neuartigen Produkten, Arrangements und Verfahren gewissermaßen um die Technologie der Wohlfahrtsproduktion. Wohlfahrtsproduktion verstanden als Transformationsprozess, in dem aus den Ressourcen, die man beizieht, ein Ertrag an Lebensqualität und humaner Entwicklung erstellt wird.

Literatur Bohle, Thomas: Vertragsgestaltung in der Integrierten Versorgung. Ecomed-Verlag, Heidelberg 2005. Büscher, Andreas/Budroni, Helmut/Hartenstein, Almut/Holle, Bernhard: Probleme bei der Umsetzung von Innovationen im Pflegemarkt – sichtbar am Beispiel personenbezogener Budgets. In: bpa magazin, 11, 1, 2005. S. 12–13. Düx, Wiebken/Rauschenbach, Thomas/Züchner, Ivo (Red.): Innovation in der Kinder- und Jugendarbeit. Schriftenreihe Jugendhilfe in NRW, Heft 1. Votum, Münster 2002. Eick, Volker/Grell, Britta/Mayer, Margit/Sambale, Jens: Nonprofit-Organisationen und die Transformation lokaler Beschäftigungspolitik. Westfälisches Dampfboot, Münster 2004. Greuèl, Marius/Ulrike Blechschmidt: Integriertes Versorgungsmanagement für ältere und chronisch kranke Patienten am Beispiel der netzinternen Koordinierungsstelle HomeCare Nürnberg im Praxisnetz Nürnberg Nord. Bundesmodellprojekt »Virtuelles Altenheim«. Eigendruck, Nürnberg 2003. Hintermair, Christa: Netzwerk ohne doppelten Boden. In: ProjektArbeit, 3, 1, 2004. S. 33–38. Hummel, Konrad: Das bürgerschaftliche Engagement als Lernprojekt des Sozialstaates. In: Hummel, Konrad (Hg.): Bürgerengagement. Lambertus, Freiburg 1995. S. 14–41. Hummel, Konrad: Kommunale Sozialpolitik – was ist machbar? Thesen zur Innovationsfähigkeit der kommunalen Sozialpolitik am Beispiel Augsburg. In: Wendt, Wolf Rainer (Hg.): Innovation in der sozialen Praxis. Nomos, Baden-Baden 2005. S. 50–59. Langhanky, Michael/Frieß, Cornelia/Hußmann, Marcus/ Kunstreich, Timm: Erfolgreich sozial-räumlich handeln. Die Evaluation der Hamburger Kinder- und Familienhilfezentren. Kleine-Verlag, Bielefeld 2004. Leitner, Hans/Richter, Hanka: Eine Stadt bewegt sich! Über die Entwicklung integrierter, flexibler und regionalisierter Hilfen zur Erziehung in Frankfurt (Oder). Frankfurt (Oder) 2004. Otto, Ulrich: Seniorengenossenschaften. Modell für eine neue Wohlfahrtspolitik? Leske und Budrich, Opladen 1995. Poole, Dennis L. et al.: The Capacity of Community-Based Organizations to Lead Local Innovations in Welfare Reform: Early Findings from Texas. In: Nonprofit Management and Leadership, 12, 3, 2002. S. 261–276. Richie, Nicholas D./Alperin, Diane E. (eds.): Innovation and Change in the Human Services. Second Edition. Charles C. Thomas Publ., Springfield, Ill. 2002. Stocker, Monika: Plädoyer für eine zukunftsfähige Sozialpolitik im Jahrzehnt danach. Zürich 2000. Waldvogel, Rosann: Von der Funktion zum Prozess. Zürichs umfassende Reform der öffentlichen Sozial- und Jugendhilfe. In: Blätter der Wohlfahrtspflege, 151, 3, 2004. S. 104–107. Wendt, Wolf Rainer: Dimensionen sozialer Innovation. In: Innovation in der sozialen Praxis. Nomos, Baden-Baden 2005. S. 13–49. Wendt, Wolf Rainer: Was Familienberatung leistet. Ihre Ökonomie und ihr Beitrag zur Kompetenz von Familien. 2005 a, als pdf-Datei online unter http://www.dgsinfo.de/pdf/wendt_familienberatung.pdf. Zapf, Wolfgang: Über soziale Innovation. In: Soziale Welt, 40, 1–2, 1989. S. 170–183.

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THEMA In der Bekämpfung von Armut weiß man, dass zwischen Einkommensarmut, Verhaltens- und Bildungsarmut zu unterscheiden ist und dass nachhaltige Lösungen nicht von Einkommenstransfers zu erwarten sind. Familien, die seit Generationen von Sozialhilfe leben, wird nicht mit mehr Geld aus ihrer Lage geholfen. Hier sind im Verfahren »neue Kombinationen« im Sinne von Schumpeter gefragt. Einzelne Maßnahmen gibt es genug, sozialpädagogisch oder sozialtherapeutisch Verhaltensprobleme zu lösen und den Mangel an Bildung zu beheben. Einen Schritt weiter gehen Programme, die sich bei und nach einer Krisenintervention des problematischen Familienlebens insgesamt annehmen. Innovativ darüber hinaus kann ein Vorgehen sein, das in Anerkennung der je individuellen Weise des Zurechtkommens von Personen oder Familien ihre Bereitschaft und Anstrengung herausfordert, selber mit professioneller Unterstützung eigene Wohlfahrt zu produzieren.

Die Herstellungsarbeit konzentriert sich dann auf den Haushalt und die Lebenswelt der Adressaten, und es ist ihr Produkt, das zustande kommt. In den vergangenen Jahrzehnten ist die humandienstliche Versorgung im Prozess der Deinstitutionalisierung den Weg von stationären Einrichtungen zu ambulanten Dienstleistungen gegangen. Weitere Schritte führen zu neuen Kombinationen mit der Selbsthilfe und Eigenaktivität von Menschen in persönlicher und gemeinschaftlicher Lebensführung und Daseinsgestaltung. Hier besteht Innovationspotenzial. In der Sozialwirtschaft, so können wir schließen, ist die Forschung und Entwicklung darauf anzulegen, Formen zu finden, in denen die Koproduktion von individueller Wohlfahrt bei vielfältig gegebenem Bedarf gelingen kann. ◆

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Zukunftsperspektiven für den Dritten Sektor Christoph Tiebel

Dritter Sector und Economie Sociale Systemvergleich und Entwicklungsperspektiven unter den Bedingungen der europäischen Integration

Dritter Sector und Economie Sociale Systemvergleich und Entwicklungsperspektiven unter den Bedingungen der europäischen Integration Von Prof. Dr. Christoph Tiebel, Leiter der Forschungsgruppe Gesundheits- und Sozialmanagement, FH Heilbronn und Unternehmensberater

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2005, 167 S., brosch., 38,– €, ISBN 3-8329-1515-X Trotz der gestiegenen Erwartungen an den Dritten Sektor von staatlicher und gesellschaftlicher Seite ließ sich eine exakte Einbindung des Sektors in das wirtschaftliche Gefüge der Gesellschaft bisher nicht vornehmen. Das Buch ermöglicht einen Überblick über die verschiedenen Ansätze, mit denen sich der Dritte Sektor in Deutschland bewerten lässt und welche Entwicklungsper-

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spektiven das bestehende System durch die Prinzipien der Economie Sociale hat. Es befasst sich mit den systembedingten Besonderheiten des Dritten Sektors, die sich u.a. aus der Europäisierung ergeben. Es erfolgt eine Bewertung des Dritten Sektors mit Hilfe der Ansätze der Neuen Politischen Ökonomie. Zudem wird die Frage behandelt, ob das Prinzip der Economie Sociale für den Dritten Sektor zum Aufbau einer volkswirtschaftlich effizienten Bürgergesellschaft einen wichtigen Beitrag leisten kann. Der Autor, Prof. Dr. Tiebel, beschäftigt sich als Leiter der Forschungsgruppe Gesundheits- und Sozialmanagement an der FH Heilbronn seit Jahren mit den spezifischen Gegebenheiten des Dritten Sektors und arbeitet als Unternehmensberater vornehmlich mit Non-Profit-Unternehmen aus dem sozialen Bereich zusammen.

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WIRTSCHAFTSPRÜFUNG

Kassenkontrolle ■ Nadja Jehle

Wirtschaftsprüfer sind seit Langem für große soziale Unternehmen tätig. Immer häufiger fragen sich auch kleine Organisationen, ob die Zusammenarbeit mit dieser Beratern nützlich sein kann. Doch was die Experten eigentlich genau tun, ist oft wenig bekannt.

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ei der Wirtschaftsprüfung werden in Unternehmen vornehmlich die Buchhaltung und die Bilanzierung durchleuchtet. Die Wirtschaftsprüfung ist deshalb keine Wirtschaftlichkeitsprüfung. In der Theorie wird bei einer Wirtschaftsprüfung ein Ist- mit einem Soll-Zustand verglichen und auf der Grundlage der Abweichung ein Urteil gebildet. Dieses Urteil wird im Prüfungsergebnis dokumentiert. Die Wirtschaftsprüfung soll die formale und sachliche Korrektheit der Angaben eines Unternehmens sicherstellen.

Wer geprüft werden muss Soziale Unternehmen sind immer noch im Wesentlichen in der Rechtsform des eingetragenen Vereins oder als gemeinnützige GmbH anzutreffen. Für eingetragene (gemeinnützige) Vereine besteht keine Buchführungspflicht. Der Verein wird zwar steuerrechtlich wie eine Kapitalgesellschaft behandelt, die handelsrechtlichen Buchführungspflichten treffen ihn jedoch

Nadja Jehle ist Diplomkauffrau und selbstständige Steuerberaterin. Sie arbeitet als Lehrbeauftragte für die Facheinheit Rechnungswesen an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin und bereitet angehende Steuerberaterinnen und Steuerberater auf das Examen vor. Während ihrer langjährigen Tätigkeit als Prüferin in einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat sie auch NonProfit-Unternehmen geprüft. E-Mail [email protected].

nicht, da der Verein nicht unter das Handelsgesetzbuch (HGB) fällt, solange er kein Handelsgewerbe (bzw. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb) betreibt. Der Vorstand eines Vereins ist lediglich verpflichtet, Rechenschaft in Form einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung abzulegen. Die gemeinnützige GmbH ist unabhängig von ihrer Gemeinnützigkeit eine Kapitalgesellschaft mit den gleichen Rechten und Pflichten wie Gewinn orientierte GmbHs. Gemeinnützige GmbHs müssen nach § 316 Abs. 1 HGB geprüft werden, wenn sie bestimmte Größenmerkmale überschreiten. Diese Größenklassen bestimmen sich nach den Kriterien Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Anzahl der Arbeitnehmer (§ 267 HGB). GmbHs sind buchführungspflichtig (§ 13 Abs. 3 GmbHG i. V. m. § 6 HGB und § 238 HGB). Damit ist eine doppelte Finanzbuchhaltung gemeint. Eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, eine reine Kassenbuchführung oder auch eine Haushaltsplan-Abrechnung reicht nicht aus. Am Ende des Geschäftsjahres hat die GmbH einen Jahresabschluss aufzustellen, der aus einer Bilanz, einer Gewinn- und Verlustrechnung und einem Anhang besteht (§ 264 Abs. 1 HGB). Vorschriften zur Prüfung sozialer Unternehmen, die keine gemeinnützigen GmbHs sind, können sich aus Verordnungen, Beschlüssen der Mitgliederversammlung, Satzungen von Verbänden oder anderen Gesetzen entsprechend seiner Tätigkeit ergeben.

Was geprüft werden muss Bei prüfungspflichtigen GmbHs müssen der Jahresabschluss, der Lagebericht und die Buchführung geprüft werden. Bei freiwilligen Prüfungen bestimmt sich der Umfang der Prüfung durch den Auftrag, der erteilt wird. Die Prüfung kann sich ebenfalls auf den Jahresabschluss, den Lagebericht und die Buchführung erstrecken. Es kann aber auch nur der Auftrag zur Prüfung der Kassenführung oder zur Prüfung der Verbindlichkeiten o. Ä. ergehen.

Wer prüfen darf Der Beruf des Wirtschaftsprüfers gehört zu den freien Berufen. Viele Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer arbeiten jedoch in Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Wirtschaftsprüfer darf sich nur nennen, wer das Wirtschaftsprüfungsexamen bestanden hat. Üblicherweise wird eine Prüfung jedoch in einem Team durch einen oder mehrere Berufsanwärter unter Leitung eines Wirtschaftsprüfers durchgeführt.

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PRAXIS Wie eine Wirtschaftsprüfung abläuft Nach der Auftragserteilung wird ein Zeitplan für den Ablauf der Prüfung erstellt und mit dem Unternehmen abgestimmt. Für die Zeit, die die Prüfer vor Ort prüfen, sollte ihnen ein Raum (z. B. ein Besprechungszimmer) zur Verfügung gestellt werden. Die Prüfer sind normalerweise mit einem eigenen Notebook und Arbeitsmaterial ausgestattet. Dennoch freuen sie sich über einen Kaffee oder Tee. Prüfungen werden regelmäßig in Stichproben durchgeführt. Eine lückenlose Prüfung (jeder Beleg und jeder Sachverhalt eines Jahres würden geprüft werden) würde die Sicherheit und Genauigkeit der Prüfungsaussagen nur unwesentlich verbessern, jedoch die Kosten der Prüfung erheblich steigern. Deshalb unterteilt sich die Prüfung meistens in eine so genannte Vorprüfung und eine Hauptprüfung.

Was in einer Vorprüfung passiert Die Art und der Umfang der Prüfungshandlungen bestimmen sich nach Art des zu prüfenden Unternehmens (Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit sowie das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld der Gesellschaft), Größe und wirtschaftliche Lage des zu prüfenden Unternehmens und der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems. Dazu befassen sich die Prüferinnen und Prüfer in der Vorprüfung zunächst mit dem Aufbau und der Funktionsweise des Unternehmens. Sie versuchen zu verstehen, wie die Abläufe im Unternehmen gestaltet sind, wer

zu prüfenden Unternehmens sowie spezifisches Wissen über die Geschäftstätigkeit des Mandanten. Diese Kenntnisse sind wichtig für die Risikobeurteilung und die Identifikation möglicher Problemfelder, die wirksame und sachgerechte Prüfungsplanung und Prüfungsdurchführung, die Würdigung von Prüfungsnachweisen und eine verbesserte Dienstleistung gegenüber dem Mandanten. Um das interne Kontrollsystem zu verstehen, werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter — hauptsächlich die der Buchhaltung — gebeten, den Prüfern die einzelnen Abläufe detailliert zu schildern. Durch ihre externe Position erkennen sie oftmals Verbesserungsmöglichkeiten, die im Unternehmen aufgrund von Betriebsblindheit nicht mehr gesehen werden. Aber: Anders als bei Unternehmensberatern ist diese Systemaufnahme bei den Prüfern nur ein Mittel zum Zweck. Es ist nicht ihr Ziel, die Organisationsstruktur oder die gesamte Funktionsweise des Unternehmens zu verändern. Die Wirtschaftsprüfer versuchen aufgrund der Systemaufnahme eine Einschätzung abzugeben, ob es im Unternehmen eingebaute Kontrollen gibt, die Fehler im Rechnungswesen verhindern oder aufdecken können. So verhindert beispielsweise eine Unterschriftenregelung, dass jeder Mitarbeiter über Gelder verfügen kann oder Eingangsrechnungen müssen von dem Vorgesetzten gegengezeichnet werden, damit nicht jeder einfach Bestellungen vornehmen kann und das Unternehmen diese dann bezahlt. Die vorhandenen Kontrollen werden dann von den Prüferinnen und Prüfern auf ihre Funktionsfähigkeit getestet. Sind die Kontrollen verlässlich, wirkt sich das in der Hauptprüfung auf den Prüfungsumfang aus.

»Der Bestätigungsvermerk ist kein Urteil über die wirtschaftliche Lage und die Geschäftsführung« die Entscheidungsträger sind und welche Schwachstellen sich im Aufbau und in den Abläufen verbergen. Erst die Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit sowie das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des zu prüfenden Unternehmens versetzen die Prüfer in die Lage, Ereignisse, Geschäftsvorfälle, Geschäftspraktiken sowie Prozesse zu erkennen, die sich wesentlich auf den Abschluss auswirken könnten. Dazu gehören grundlegendes Wissen um die allgemeine wirtschaftliche Lage, Wissen um die besonderen Merkmale und Verhältnisse der Branche des

Erratum Nicht jeder Steuerberater beherrscht die Feinheiten des Gemeinnützigkeitsrechts, führte Siegfried Rutz in SOZIALwirtschaft 6/2005 aus. Der redaktionelle Hinweis auf Seite 5 dieser Ausgabe stellt ihn selbst als Steuerberater vor. Das ist jedoch falsch: Er ist als Unternehmensberater in Berlin tätig. Wir bedauern den Irrtum. Redaktion SOZIALwirtschaft

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Was in der Hauptprüfung passiert

Die Hauptprüfung findet nach Ablauf des Geschäftsjahres statt. Das Unternehmen muss zunächst den Jahresabschluss aufstellen, erst dann können die Prüferinnen und Prüfer mit ihrer Arbeit anfangen. Dazu werden ihnen der Jahresabschluss, eine Summen- und Saldenliste und idealerweise ein Kontennachweis (eine Zuordnung der einzelnen Konten zu den Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung, damit ersichtlich ist, welche Konten in welche Posten eingeflossen sind) vorgelegt. Die Prüferinnen und Prüfer untersuchen die einzelnen Bilanzposten in Stichproben. Dabei handeln sie nach einer intern festgelegten Wesentlichkeitsgrenze. Sie prüfen also nicht jeden Kleinstbetrag, sondern hauptsächlich betragsmäßig größere und bedeutende Posten. Werden Verstöße oder Fehler aufgedeckt, sind die Prüfungshandlungen auszudehnen, soweit die bisherigen Prüfungsfeststellungen keine abschließende Beurteilung erlauben. Im Extremfall ist eine lückenlose Prüfung erforderlich. Erste Prüfungsschritte sind regelmäßig so genannte analytische Prüfungshandlungen. Diese bestehen aus Plausibilitätsprüfungen, Trendanalysen, Kennzahlenanalysen. Dabei handelt es sich um Plausibilitätsbeurteilungen von Verhältniszahlen und Trends, durch die Beziehungen von

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prüfungsrelevanten Daten eines Unternehmens zu anderen Daten aufgezeigt sowie auffällige Abweichungen festgestellt werden. Dadurch können die Prüferinnen und Prüfer ungewöhnliche Werterelationen oder unerwartete Schwankungen im Zeitablauf feststellen und diesen durch zusätzliche Prüfungshandlungen nachgehen. Im Laufe der Prüfung erbitten die Prüferinnen und Prüfer weitere Unterlagen. Findet die Prüfung nicht zum ersten Mal in diesem Unternehmen durch diese Prüfer statt, kann das zu Arbeitserleichterungen führen, da das Unternehmen bereits weiß, welche Unterlagen benötigt werden und kann diese schon im Vorfeld erstellen. Wird kein handelsrechtlicher Jahresabschluss, sondern nur eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erstellt, werden entsprechend die Posten dieser Rechnung geprüft. In beiden Fällen gilt immer: Die Prüfer arbeiten sich von der Übersicht zum Detail vor, denn eine Zahl birgt regelmäßig mehrere Konten, Sachverhalte oder Belege in sich.

Wie im Detail geprüft wird Bei bilanzierenden sozialen Unternehmen werden regelmäßig die Posten Forderungen und Verbindlichkeiten von Interesse sein. Hierzu werden oft Saldenbestätigungen der Kunden oder Lieferanten angefordert. Dabei werden natürlich keine Klienten angeschrieben, falls diese direkter Vertragspartner sein sollten. Es geht dabei vielmehr um größere Forderungen, beispielsweise gegen ein Sozialamt. Werden keine Saldenbestätigungen eingeholt oder werden diese nicht beantwortet, erfolgt eine Prüfung der Forderungen regelmäßig über die Zahlungseingänge bis zum Prüfungszeitpunkt oder, falls diese noch nicht erfolgt sind, durch Prüfen der zugrunde liegenden Rechnungen und Verträge. Verbindlichkeiten werden zum einen dadurch geprüft, dass die Rechnungseingänge des neuen Jahres durchgesehen werden, um festzustellen, ob eine Rechnung dem falschen Jahr zugeordnet ist oder durch einfache Plausibilitätsprüfungen (z. B. beträgt die monatliche Miete 2.000 Euro, dann müssen am Jahresende 24.000 Euro gebucht sein).

Hauptprodukt der Prüfer ist der Prüfungsbericht und der Bestätigungsvermerk. In dem Prüfungsbericht sollen wesentliche Ergebnisse der Prüfung verständlich, eindeutig und problemorientiert dargestellt und begründet werden. Durch den Prüfungsbericht werden die Organe des geprüften Unternehmens über das Ergebnis der Prüfung unterrichtet. Der Bestätigungsvermerk ist ein Gesamturteil über die Prüfung. Beurteilt wird die Übereinstimmung der Buchführung, des Jahresabschlusses und des Lageberichtes mit den für das geprüfte Unternehmen geltenden Normen für die Rechnungslegung. Der Bestätigungsvermerk ist ebenfalls ein Urteil über die zutreffende Abbildung der wirtschaftlichen Lage und der Risiken der künftigen Entwicklung. Aber: Der Bestätigungsvermerk ist kein Urteil über die wirtschaftliche Lage und die Geschäftsführung.

Was Wirtschaftsprüfer sonst noch machen Neben der Prüfungstätigkeit, zu der neben den gesetzlich vorgeschriebenen und den freiwilligen Prüfungen auch Prüfungen besonderer Vorgänge (z. B. Gründungs-, Umwandlungs-, Unterschlagungs- und Kreditwürdigkeitsprüfungen); Funktionsprüfungen und -beratungen (interne Kontrollen, Organisation, EDV) gehören, gibt es viele weitere Tätigkeitsfelder, in denen ein soziales Unternehmen mit Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfern zu tun haben kann. Dazu gehören: • Steuerberatung, Wirtschafts- und Unternehmensberatung • Gutachter- und Sachverständigentätigkeit • Treuhandtätigkeit (z. B. Testamentsvollstecker, Nachlass-, Konkurs- und Vergleichsverwalter, Liquidator, Betreuer, Pfleger, Vormund) Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer bieten auch Rechtsberatung und Rechtsbesorgung an, allerdings in stark eingeschränktem Umfang. ◆

Die Bestände auf Bankkonten werden mit den Kontoauszügen der Bank abgestimmt. Wenn möglich, wird auch von den Banken eine Saldenbestätigung eingeholt. Kassenbestände müssen zum Geschäftsjahresende aufgenommen werden. Die Zählung und das betragsmäßige Ergebnis müssen in einem Protokoll festgehalten werden. Der gezählte Betrag muss mit dem Betrag, der im Kassenbuch ausgewiesen wird, übereinstimmen. Der gleiche Betrag muss sich dann auf dem entsprechenden Konto in der Buchhaltung wieder finden.

Wie die Prüfung endet Ihre Feststellungen dokumentieren die Prüferinnen und Prüfer zum einen in einer Umbuchungsliste, die meist so von dem zu prüfenden Unternehmen gebucht wird. Feststellungen, die Abläufe oder den Aufbau im Unternehmen betreffen, werden regelmäßig in einem so genannten »Management Letter« festgehalten. Darin werden die Schwachstellen aufgeführt und Verbesserungsvorschläge gemacht.

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MEINUNG KONKURRENZ

Richtiger statt tüchtiger ■ Herbert Ammann

I

m Non-Profit-Sektor nimmt die Konkurrenz zu. Um diese Entwicklung verantwortlich gestalten zu können, muss das Thema offen diskutiert werden, das schließt Fehlentwicklungen mit ein. In der Wirtschaft beantwortet Konkurrenz die Frage, wer der »Tüchtigere« ist, im Sinne einer Produkteoptimierung und deren Test durch die Konsumenten auf dem Markt. Im Falle der ideellen Begründung geht es darum, wer der »Richtigere« ist. In vielen Organisationen der Gemeinnützigkeit, eine Ausnahme sind die Organisationen des Sports, wird der Begriff der Konkurrenz der profitorientierten Erwerbswirtschaft zugeordnet. Für sich selbst wird primär »Kooperation« reklamiert. Konkurrenz ist etwas für die Anderen, etwas leicht Anrüchiges, man könnte sich daran beschmutzen. Ist Konkurrenz gar einer der Gründe der Existenz gemeinnütziger Werke und etwas, was die Trägheit des eigenen Seins beleben könnte?

Konkurrenz als Tabu Kürzlich las ich im »Spiegel«, dass die ersten zweihundert »4 X 4 Landwind« aus chinesischer Produktion in Europa angeboten werden, und dass weitere Tausende Autos in den nächsten Monaten folgen sollen. Es sei alles etwas abgekupfert, qualitativ weniger überzeugend als die europäischen Modelle, lediglich der Motor sei original Mitsubishi. Dafür seien die Autos 40 Prozent billiger als die Modelle der etablierten Autoindustrie. Ford sei zu 30 Prozent am Werk in China beteiligt. Eine der üblichen Meldungen im Wirtschaftsteil unserer Medien. Vor etwa zehn, fünfzehn Jahren war hingegen zu lesen, dass die internationale Autoindustrie sich um die besten Startpositionen im Wachstumsmarkt China balgt. In der Wirtschaft gehört Konkurrenz zum Geschäft, meistens auch zum Selbstverständnis, ist Teil der Philosophie, vor allem dann, wenn die gesellschaftliche Situation weder Monopole noch Kartelle zulässt.

Dr. Herbert Ammann ist Geschäftsführer der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft mit Sitz in Zürich. Die im Jahre 1810 gegründete Organisation zählt heute mehr als 3.500 Mitglieder, davon 2.500 Einzelpersonen. Die Gesellschaft verbindet Menschen und Organisationen, die sich für die soziale Entwicklung im Dienst der Allgemeinheit, für ein soziales Gleichgewicht und für eine angemessene Unterstützung der Bedürftigen einsetzen. Internet http://www.sgg-ssup.ch 28

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Nicht profitorientierte Organisationen, gerade solche der Wohlfahrt, haben traditionell ein anderes Verhältnis zu Konkurrenz. Sie verstehen sich in Abgrenzung, wenn nicht gar als Gegensatz zu Wirtschaftsunternehmen. Sie wollen mit Absicht keine Profite machen, die Mittel sollen, so die Philosophie, ausschließlich den statuarisch definierten Benefitären zukommen. (1) Häufig wird aufgrund dieser Haltung in zu geringem Umfang auf die Bildung von Rückstellungen geachtet. In der Betriebsrechnung wird die Verzinsung des Eigenkapitals ungenügend berücksichtigt. Im Falle betriebsnotwendiger Immobilien ist das oft ein verhängnisvoller Fehler, der dann sichtbar wird, wenn Renovationen anstehen. Moderate Defizite sind keineswegs tabu, sondern die Regel. Sie werden noch immer in vielen Non-Profit-Organisationen und deren Umfeld als Ausweis verstanden, dass die entsprechende Organisation ihre Arbeit verantwortungsvoll und zugunsten ihrer Klientel leistet. In den meisten Fällen besteht eine zugesicherte oder sehr wahrscheinliche Garantie, dass das ausgewiesene Defizit hinterher abgedeckt wird, sei es über Spenden, über staatliche Leistungen, interne oder externe Ausgleichszahlungen anderer Art. Allein dieser Mechanismus führt zu einer anderen Art des Wirtschaftens. Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass es einige wenige Non-Profit-Organisationen mit sehr hohen Kapitalreserven gibt, welche über Jahre und Jahrzehnte hinweg höhere Einnahmen als Ausgaben ausweisen. Das tritt dann ein, wenn die Organisation für Benefitäre geschaffen wurde, welche real an Bedeutung verloren haben, aber in der Wahrnehmung der Bevölkerung immer noch einen beachtlichen Notstand repräsentieren, in der Schweiz beispielsweise die Bevölkerung in Berggebieten. Organisationen mit einem entsprechenden Zweck werden häufig mit weit überdurchschnittlich vielen und hohen Legaten bedacht. Die Hortung von hohen Reserven wird jeweils mit einer ungewissen Zukunft begründet. Wer über Kapitalreserven verfügt, welche zehnmal oder noch mehr so hoch sind wie der Umsatz, wird anders wirtschaften, als es üblich ist. Auf diese Sonderform wird im Folgenden nicht weiter eingegangen. Non-Profit-Organisationen begründen ihr Dasein und ihren Zweck ideell. Sie verstehen sich als ausgleichende Institution im gemeinnützigen Sinne, welche Bedürfnisse aufgreifen, die am Markt, also durch die Wirtschaft, nicht abgedeckt werden können, oder gar durch diese geschaffen wurden. Beispiele dafür sind Arbeitslosigkeit, also ein ungenügender Arbeitsmarkt oder die Schuldenfalle, mit verursacht durch Kleinkredite, Konsumsucht oder Armut. Mit dieser Absetzung von der marktorientierten Konkurrenzwirtschaft ist eine implizite Absage an das Zentralelement der Wirtschaft, die Konkurrenz verbunden. Überse-

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hen wird allerdings, dass in der ideellen Begründung des eigenen Handelns, sei es human, christlich, sozialistisch, liberal, islamisch oder sonst was, ein anderer Kern der Konkurrenz aufgenommen wird.

meinnützige Tätigkeit auf staatliche Transferzahlungen zurückgreifen, ist es unumgänglich, dass auch für die Non-Profit-Organisationen die in der Verwaltung üblichen Kontrollen zu gelten haben.

In der Wirtschaft beantwortet Konkurrenz die Frage wer der »Tüchtigere« ist, im Sinne einer Produkteoptimierung und deren Test durch die Konsumenten auf dem Markt. Im Falle der ideellen Begründung geht es darum wer der »Richtigere« ist. So sind in den letzten beiden Jahrhunderten, für die gleichen Aufgaben, verschiedene Hilfswerke konfessioneller, sozialistischer, liberaler Provenienz entstanden.

In den letzten Jahrzehnten, in der Folge des Ausbaus des Sozialstaats, wurden Non-Profit-Organisationen immer stärker im direkten oder indirekten Auftrag des Staates tätig und so von dessen Geld abhängig. Selbst wenn verschiedene Organisationen um solche staatlichen Transferzahlungen konkurrieren, hat das einen anderen Charakter als die Konkurrenz zwischen Unternehmen der Wirtschaft. Sie richtet sich ausschließlich an den Staat. Ausweichmöglichkeiten zu anderen möglichen Partnern bestehen nicht. (3) Zudem ist die erwähnte ideelle Ausrichtung der Non-Profit-Organisationen häufig verbunden mit politischen Kräften mit gleicher oder ähnlicher ideologischer Ausrichtung, welche auch die Politik prägen.

Die Non-Profit-Organisationen und der Staat Im Verlaufe der Zeit, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, ebneten sich die ideologischen Unterschiede zusehends ein. Kooperative Modelle, solche der Arbeitsteilung, der Aufteilung von Gebieten und der Wahrnehmung gemeinsamer Interessen gegenüber Dritten, zunehmend gegenüber dem Staat, setzten sich durch. In dieser Zeit löste in vielen Ländern der Staat die Bürgerinnen und Bürger als größter Geldgeber der Non-Profit-Organisationen ab. (2) In manchen Ländern und Bereichen erscheint der Non-Profit-Sektor zunehmend als Teil des Staates. In den letzten Jahrzehnten kamen neue Non-Profit-Organisationen dazu, die sich entweder auf allgemein humane und ökologische Werte, beispielsweise Menschenrechte, berufen, oder solche, die neu entstandene partikuläre gesellschaftliche Gruppen ansprechen, beispielsweise islamische Gläubige oder Anhänger weltanschaulicher Gruppen und Sekten.

Die Zeiten ändern sich Konkurrenz existiert und gewinnt, so meine Beobachtungen und meine These, an Bedeutung, auch in NonProfit-Organisationen. Folgende Entwicklungen begünstigen diesen Trend: • Auch für Non-Profit-Organisationen hat die Globalisierung eingesetzt, die lokale, regionale oder nationale Hegemonie ist für die Zukunft nicht mehr gesichert. Die Auftraggeber, sei das der Staat, Private oder Non-ProfitOrganisationen, erhalten zunehmend die Möglichkeit auf Angebote anderer zurückzugreifen. Das gilt sowohl für den Kernbereich einer Non-Profit-Organisation wie

»Arbeitsplätze im dritten Sektor sind begehrt«

Viele Non-Profit-Organisationen sind per Satzung in ihrem geografischen Wirkungsbereich beschränkt, meistens auf einen bestimmten Staat, eine Provinz oder lediglich auf eine Kommune. Da sie per Definition dem Gemeinwohl verpflichtet sind, dem allgemeinen oder demjenigen einer gesellschaftlichen Subeinheit, haben sie einen direkten Bezug zu den jeweiligen staatlichen Organen und sind an guten Beziehungen interessiert. (Selbst dann, wenn sich eine Organisation in Opposition, gar einer Fundamentalopposition zum Staat versteht, ist sie auf die ordnungsgebende Funktion des Staates angewiesen. Sie muss also mindestens über Kenntnisse des Staates und seiner Organe verfügen, um ihre eigenen Aktivitäten darauf ausrichten zu können und sei das im Extremfall um die staatlichen Toleranzgrenzen auszunutzen.) In den meisten Fällen führt diese gemeinsame Basis über die Jahre und Jahrzehnte zu einer engen Verflechtung. Diese zeigt sich nicht nur auf der Ebene der Politik, entscheidender dünkt mich die Zusammenarbeit der Non-Profit-Organisationen mit der staatlichen Verwaltung. Letztere ist, bezogen auf das jeweilige Staatsgebiet, monopolistisch. Wenn Non-Profit-Organisationen mit politischer Billigung des Souveräns des entsprechenden Gemeinwesens in der Wohlfahrt tätig sind, dann müssen sich Non-Profit-Organisationen auch den Regeln der staatlichen Verwaltung anpassen. Wenn sie für ihre ge-

auch für neue Entwicklungen und Tätigkeitsfelder. So wird unser Programm »SeitenWechsel«, welches wir, die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft, für Deutschland der Patriotischen Gesellschaft von 1765 in Lizenz übertragen haben, ohne wesentliche inhaltliche Veränderungen, aber unter jeweils anderem Namen in Hannover, Stuttgart und München angeboten. Vorgehensweisen und Methoden, welche andernorts und von anderen entwickelt wurden, sollten deklariert werden; das gebietet die intellektuelle Redlichkeit. Konkurrenz, im Sinne von Übernahme von Ideen und Konzepten, entsteht weit über die geografischen Grenzen der eigenen Tätigkeit hinaus. Was der chinesische »Off-Roader Landwind« für die Automobilindustrie, erlauben Sie mir diesen Vergleich, ist der »Blickwechsel« der Agentur Mehrwert für Programme der sozialen Verantwortung der Wirtschaft in Mitteleuropa. • Reiche Länder mit einer ausgeprägten Spendentradition, wie die Schweiz, sind für internationale Non-ProfitGroßorganisationen, Multis des dritten Sektors, ein interessanter Spendenmarkt. Seit vielen Jahren schon sichern sie sich mit großem Werbeaufwand einen wachsenden Anteil am schweizerischen Spendenmarkt. Im

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MEINUNG Gegensatz zu den einheimischen gemeinnützigen Organisationen halten sie sich häufig nicht an die vor Ort gültigen Absprachen und die Sammelkultur. Sie treten offen als Konkurrenten auf und halten sich nicht an Absprachen innerhalb der Branche. Der so entstehende Druck auf den Spendenmarkt führt bei den ansässigen Non-Profit-Organisationen zu vermehrtem, vorerst verstecktem Konkurrenzverhalten. Darüber hinaus entsteht eine Tendenz, sich vermehrt auf externe Beratungs- und Marketingfachleute zu verlassen. Wenn der Spendenmarkt enger wird und die Konkurrenten über mehr und »professionellere« (4) Ressourcen verfügen, dann so die Meinung, muss dringend nachgezogen, also auch »professionalisiert« werden. • Der Trend, vermehrt auf frei schaffende Spezialisten zurückzugreifen, schafft erst mal Konkurrenz zu den eigenen Leuten im Haus, welche diese Aufgaben bis jetzt erledigt haben. Wenn sich dann wirklich eine Reihe von Kleinunternehmen gebildet haben, die ihre Dienste schwergewichtig Non-Profit-Unternehmen anbieten, dann stehen diese ihrerseits in einem Konkurrenzverhältnis zueinander. Non-Profit-Organisationen lernen die Vorteile der Konkurrenz bei ihren Anbietern zu schätzen. • Arbeitsplätze im dritten Sektor sind begehrt. Das gilt nicht nur für die Non-Profit-Organisationen selbst. Zunehmend ist zu beobachten, dass spezialisierte Kleinunternehmen entstehen, welche sich teilweise oder ausschließlich auf Non-Profit-Organisationen ausrichten. Die Löhne im Non-Profit-Sektor sind nur unwesentlich tiefer als bei der öffentlichen Hand, besser als in vielen Branchen der Konkurrenzwirtschaft. Non-Profit-Organisationen gelten, gerade wegen ihrer ideellen Ausrichtung und wegen ihrer tendenziellen Ablehnung der Konkurrenz, als soziale Arbeitgeber und ihre Arbeitsplätze als relativ sicher. Ein kaum zu unterschätzender Vorteil angesichts der heutigen Arbeitslosenzahlen. • Auf den Arbeitsmärkten hat sich eine Hierarchie der Non-Profit-Organisationen herausgebildet, unabhängig von ihrer Tätigkeit. Es gibt Gewinner und Verlierer, also Organisationen, welche bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den gegenwärtigen und den künftigen,

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über ein hohes Prestige verfügen und solche, bei denen man sich nur dann bewirbt, wenn andere Möglichkeiten nicht mehr bestehen. Konkurrenz wird in Zukunft bei Non-Profit-Organisationen eine bedeutendere Rolle spielen, als wir uns das bis anhin gewohnt waren. Es ist an der Zeit, sich dieser Diskussion zu stellen, Konkurrenz als wichtigen Entwicklungsfaktor in die eigene Kultur und die Entwicklung der Organisation einzubeziehen, aber auch, einen verantwortungsvollen Umgang damit zu finden. Konkurrenz wird dann fruchtbar werden, wenn die Organisationen bereit sind, deren Anwendung an den Ansprüchen der eigenen Philosophie zu messen.

Anmerkungen (1) Wer das jeweils definiert und mit welcher Legitimation ist immer wieder Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Auch das Verfügungsrecht über Mittel von Non-Profit-Organisationen ist eine Quelle von Macht. (2) Laut Statistik der Schweizer Zentralstelle für Wohlfahrtsunternehmen haben die Zuwendungen des Staates an die NonProfit-Organisationen im Jahr 2004 die Spenden und Legate der Bürgerinnen und Bürger um mehr als 20 Prozent übertroffen. Wenn man die Gelder der öffentlich rechtlich verfassten Kirchen ebenfalls als Mittel der öffentlichen Hand definiert, wird das Verhältnis noch deutlicher. (3) Dass der Sozialstaat in seiner heutigen Ausprägung in vielen Ländern an seine Grenzen stößt und die Finanzierbarkeit immer stärker in Frage gestellt ist, hat, soweit ich es beobachten kann, bis anhin genau sowenig das Grundverhältnis beeinflusst, wie die mancherorts erhobene Forderung, dass die Non-Profit-Organisationen vermehrt eigenständig sozialstaatliche Leistungen zu erbringen hätten. Letzteres ist ja wohl nur dann möglich, wenn die Bürgerinnen und Bürger ihrerseits bereit sind, Non-Profit-Organisationen in beträchtlich höherem Ausmaß zu finanzieren. Indikatoren, die in diese Richtung weisen, sind mir nicht bekannt. (4) Ich habe den Begriff in Anführungszeichen gesetzt. Es wäre wünschenswert, wenn die Diskussion um Professionalität auch einmal mit der Frage der zunehmenden Spezialisierung und Partikularisierung auf der einen Seite und andrerseits mit der Frage der Bezahlung bzw. der Qualität der Leistung ver◆ knüpft würde.

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Das gesamte Nomos Programm  suchen  finden  bestellen unter www.nomos.de

Forschung und Entwicklung in der Sozialwirtschaft Forschung und Entwicklung in der Sozialwirtschaft

Wolf Rainer Wendt (Hrsg.)

Innovation in der sozialen Praxis

Innovation in der sozialen Praxis Herausgegeben von Prof. Dr. Wolf Rainer Wendt, Universität Tübingen 2005, Band 4, 145 S., brosch., 27,– €, ISBN 3-8329-1514-1 Innovationen sind die Stärke der produzierenden Wirtschaft. Sie stehen für Zukunftsfähigkeit. Innovative Lösungen werden auch gebraucht, um die soziale Versorgung für die Zukunft weiterzuentwickeln und zu sichern. Welche Bedeutung Innovationen im Wandel sozialer Verhältnisse und bei der Neustrukturierung sozialberuflicher Arbeit und sozialwirtschaftlicher Leistungserbringung haben, kommt in den Beiträgen dieses Bandes zur Sprache. In einem innovationstheoretischen ersten Teil (W. R. Wendt) wird das Verständnis von Innovation in Wirtschaft, Technik und Gesellschaft erörtert. Innovationsprozesse in einzelnen Gebieten Sozialer Arbeit und den Ebenen der organisierten sozialen Versorgung sind Gegenstand von sechs Beiträgen aus der Praxis:

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Forschung und Entwicklung in der Sozialwirtschaft



Kommunale Sozialpolitik: Was ist machbar? (K. Hummel)



Organisierte Innovation: Was die Wohlfahrtsverbände tun (W. Schrank)



Innovationsbedarf im Jugendamt – Reform oder Konsolidierung? (W. Hinte)



Das Innovationspotential der Gemeinwesen- und Quartiersarbeit (M. Lüttringhaus)



Neue Formen der Sozialen Arbeit mit Familien (A. Eggert-Schmid Noerr)



Innovationen im und durch Case Management (P. Löcherbach)

Fallgruppen der Sozialarbeit FdS© als Antwort auf die Einführung der Diagnosis Related Groups in Akut-Krankenhäusern Von Dipl.-Psych. Albert Brühl, SPI Köln

Albert Brühl

Fallgruppen der Sozialarbeit FdS© als Antwort auf die Einführung der Diagnosis Related Groups in Akut-Krankenhäusern

2004, Band 3, 241 S., brosch., 39,– €, ISBN 3-8329-0488-3 Die Fallgruppen der Sozialarbeit (FdS©) sind ein empirisch valides Klassifikationssystem Sozialer Arbeit. Das Buch stellt Bezüge her zur Fallkostenkalkulation der Deutschen Krankenhausgesellschaft und diskutiert die Reaktionen der Sozialarbeit auf die Einführung des medizinbasierten pauschalierenden Entgeltsystems der Diagnosis Related Groups (DRG’s).

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Informieren Sie sich im Internet unter www.nomos.de über die früher erschienenen und noch verfügbaren Bände dieser Schriftenreihe.

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FRAGEBOGEN KÖPFE DER SOZIALWIRTSCHAFT: JOSEF SEEKIRCHER

»Tue was du tust« SOZIALwirtschaft befragt, in Anlehnung an Marcel Prousts Fragebogen, Führungskräfte der Sozialwirtschaft nach ihren Erfahrungen und Meinungen, nach ihrem Arbeiten und Leben. In diesem Heft antwortet der Josef Seekircher, seit über zehn Jahren Leiter der Sozial- und Jugendbehörde der Stadt Karlsruhe.

SOZIALwirtschaft: Was war Ihre Motivation, Führungskraft in der Sozialwirtschaft zu werden? Josef Seekircher: Die Lösung von sozialen Fragen hat mich schon als Jugendlicher in der Jugendzentrumsbewegung interessiert. Dieses Interesse hat sich in meiner beruflichen Laufbahn noch verstärkt und bewegt mich bis heute. SOZIALwirtschaft: Was ist für Sie Erfolg in der Sozialwirtschaft? Josef Seekircher: Erfolg bedeutet für mich als Verantwortlichen in kommunaler Sozial- und Jugendfürsorge, wenn der Ausgleich der verschiedenen Interessens- und Lebenslagen gelingt. Schön ist auch, wenn eine Lücke im Versorgungssystem zur Zufriedenheit aller Beteiligten geschlossen wird. SOZIALwirtschaft: Welches Ereignis in Ihrem Leben hat Ihre berufliche Laufbahn am meisten beeinflusst? Josef Seekircher: Mich haben weniger Ereignisse als vielmehr Personen beeinflusst. Frühere Chefs, Freunde, die Ehefrau, die Kinder, Kollegen, mein Supervisor und mein derzeitiger Coaching-Club waren und sind wichtige Richtungsweiser in meinem Berufsleben. SOZIALwirtschaft: Welche Rolle spielten Zufall und Glück in Ihrer Karriere? Josef Seekircher: Glück, andere nennen es Fügung, spielt eine wichtige Rolle, besonders dann, wenn ich Menschen kennen lerne, denen ich vertrauen kann und mit denen ich gerne und hervorragend zusammenarbeite. SOZIALwirtschaft: Haben Sie Vorbilder? Josef Seekircher: Ja, ich habe viele Menschen kennen gelernt, die mir Vorbild waren und immer noch sind. Dies sind aber keine »Idole«, sondern frühere Chefs, mein früherer Oberbürgermeister und sein Mitarbeiterstab sowie viele Freunde. SOZIALwirtschaft: Welche Ihrer Eigenschaften war beruflich besonders wichtig?

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Josef Seekircher (51) studierte an der Fachhochschule Kehl, sein erster Berufseinsatz führte ihn in die Kämmerei der Stadt Karlsruhe. Seinen Zivildienst leistete er beim Stadtjugendausschuss e. V., der in Karlsruhe für die kommunale Jugendarbeit zuständig ist. Nach dem Zivildienst wurde er dort zunächst stellvertretender Geschäftsführer, dann Geschäftsführer dieser Organisation. Von 1991 bis 1995 war er persönlicher Referent des Sozialdezernenten in Karlsruhe. Seit 1993 ist er Leiter der Sozial- und Jugendbehörde Karlsruhe. In der Behörde sind 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Rund 150 Millionen Euro an Transfermitteln müssen jährlich für die Empfänger der verschiedenen Hilfen bewilligt und verwaltet werden. Die Behörde ist zudem Träger eigener Einrichtungen wie Kindertagesstätten und Schülerhorte. E-Mail [email protected]

Josef Seekircher: Zuverlässigkeit, Menschen zu der passenden Aufgabe zu führen und zunehmend eine Eigenschaft, die ich mir hart erarbeiten musste, nämlich Geduld.

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SOZIALwirtschaft: Welche waren eher hinderlich? Josef Seekircher: Ungeduld zur falschen Zeit und Ehrgeiz an der falschen Stelle.

gen, Einzelkämpfertum, Ämterhäufung und Abwertungen. SOZIALwirtschaft: Haben Sie ein persönliches Motto für Ihr eigenes Führungskonzept?

SOZIALwirtschaft: Was kennzeichnet Ihren Arbeitsstil? Josef Seekircher: Tue was du tust. Josef Seekircher: Motivierend, liberal, fordernd, humorvoll, auf Ausgleich bedacht. SOZIALwirtschaft: Was war Ihr bisher größter beruflicher Erfolg? Josef Seekircher: Ich arbeite noch daran. Beim derzeitigen sozialpolitischen Umbruch stehe ich vor meiner bisher größten Bewährungsprobe. SOZIALwirtschaft: Ihr größter Misserfolg? Josef Seekircher: Unzufrieden bin ich mit mir, wenn ich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enttäuscht habe. SOZIALwirtschaft: Welche Eigenschaften schätzen Sie besonders an Ihren Mitarbeitern? Josef Seekircher: Humor, Lust an der Arbeit und der Aufgabe, den Riecher für Erfolg, die Freude an der Leistung. SOZIALwirtschaft: Welches Verhalten von Mitarbeitern macht Ihnen am meisten Probleme? Josef Seekircher: Ich ärgere mich über mangelnde Zusammenarbeit und verliere langsam das Verständnis für das Gejammere über die viele Arbeit im öffentlichen Dienst. SOZIALwirtschaft: Welche Eigenschaften sind bei Führungskräften in der Sozialwirtschaft besonders wertvoll, welche besonders hinderlich? Josef Seekircher: Besonders wertvoll sind der Blick über den Tellerrand und die Fähigkeit, Wirkungszusammenhänge zu sehen und bei den Entscheidungen zu berücksichtigen. Hinderlich sind der Mangel an Entscheidun-

SOZIALwirtschaft: Welche strukturellen Probleme in der Sozialwirtschaft erschweren am meisten unternehmerische Erfolge? Josef Seekircher: Die zu stark abgegrenzten Systeme der Kostenträgerschaft sorgen in einigen Arbeitsfeldern für teuere Lähmung und Verwirrung bei den Betroffenen. Außerdem sind die häufigen und schnellen Wechsel in den gesetzlichen Grundlagen weder für Fachleute und noch weniger für die Bürger zu verstehen. SOZIALwirtschaft: Wie sehen Sie die Chancen und Perspektiven für Betriebe und Unternehmen in der Sozialwirtschaft? Josef Seekircher: Durch den Abbau der öffentlichen Verwaltung und den Rückzug des Staates aus vielen Aufgaben werden die Verbände, Unternehmen und Betriebe der Sozialwirtschaft einen neuen Aufschwung erleben, wenn sie bezahlbare und klientengerechte Dienstleistungen bereitstellen. SOZIALwirtschaft: Wie entspannen Sie sich? Josef Seekircher: Beim Sport, bei Gesprächen mit meiner Frau und mit Freunden, beim Lachen im Dienst und vor allem in der Natur. SOZIALwirtschaft: Was werden Sie machen, wenn Sie nicht mehr Führungskraft sind? Josef Seekircher: Oh, das kann dauern. Ich gehöre zu der Generation für die eine längere Lebensarbeitszeit angesagt sein wird. Aber nach der Erwerbsarbeit baue ich mir ein neues Leben außerhalb der Sozialwirtschaft auf und lasse meine Nachfahren ihre Zeit und ihre Stadt gestalten. ◆

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16.02.2006

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DAS LETZTE

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ie meisten Fehler machen Unternehmen, wenn es ihnen gut geht, und nicht, wenn es ihnen schlecht geht. Alfred Herrhausen, deutscher Bankier

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er in einer Stadt eine Neuerung veranlasst, der glaube bloß nicht, dass es in seiner Macht stehe, der Bewegung ein Ziel zu setzen oder ihr die von ihm gewünschte Richtung zu geben. Niccoló Machiavelli, italienischer Politiker und Schriftsteller

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enn die Einführung einer Neuerung auf zu große Schwierigkeiten stößt, beweist das, dass sie unnötig ist.

Karikatur: Reinhold Löffler

Luc de Clapiers Vauvenargues, französischer Schriftsteller

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nsere Fehlschläge sind oft erfolgreicher als unsere Erfolge. Henry Ford, amerikanischer Industrieller

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us dem Chaos sprach eine Stimme zu mir: Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen! Ich lächelte und war froh, und es kam schlimmer. Büroweisheit

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Schlagfertige Antworten »Warum kommen Sie erst jetzt zur Arbeit?« »Weil Sie mir gesagt haben, dass ich meine Zeitung zu Hause lesen soll.« »Wir können Sie leider nicht einstellen, da wir keine Arbeit für Sie haben.« »Aber das würde mir überhaupt nichts ausmachen.«

ein Plan überlebt den Kontakt mit dem Feind. Sunzi, chinesischer General (um 500 v. Chr.)

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in neuer Irrtum ist mir lieber als alle Gewissheiten. Hans Magnus Enzensberger, deutscher Schriftsteller 34

SOZIAL wirtschaft

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»Wie schaffen Sie es eigentlich, dass Ihr Personal immer so früh ins Büro kommt?« »Ganz einfach: Wir haben 20 Angestellte und zehn Parkplätze.«