Mechanik-Training. Beispiele und Prüfungsaufgaben. Bearbeitet von Martin Mayr

Mechanik-Training Beispiele und Prüfungsaufgaben Bearbeitet von Martin Mayr 4., überarbeitete Auflage 2015. Buch. 256 S. Kartoniert ISBN 978 3 446 ...
4 downloads 0 Views 350KB Size
Mechanik-Training

Beispiele und Prüfungsaufgaben

Bearbeitet von Martin Mayr

4., überarbeitete Auflage 2015. Buch. 256 S. Kartoniert ISBN 978 3 446 44571 0 Format (B x L): 16,4 x 24,1 cm Gewicht: 474 g

Weitere Fachgebiete > Physik, Astronomie > Mechanik > Klassische Mechanik

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

Leseprobe Martin Mayr Mechanik-Training Beispiele und Prüfungsaufgaben ISBN (Buch): 978-3-446-44571-0 ISBN (E-Book): 978-3-446-44617-5

Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser-fachbuch.de/978-3-446-44571-0 sowie im Buchhandel.

© Carl Hanser Verlag, München

Vorwort Dieses Buch widme ich meiner Frau Lydia.

Prof. Ernst Schatz und Prof. Ulrich Thalhofer gilt mein besonderer Dank für ihre wertvolle Mitarbeit.

Das vorliegende Übungsbuch enthält insgesamt 155 Aufgaben, 103 Beispiele, die nach Mechanik-Themen geordnet sind, und 52 „Prüfungsaufgaben“ von vier Schwierigkeitsgraden. Bei den Prüfungsaufgaben muss der Leser selbst das Einordnen vornehmen; viele dieser Aufgaben sind zudem themenübergreifend. Die Themenauswahl ist auf das Studium an den Fachhochschulen abgestimmt, trotzdem werden Studierende der Universitäten und Technikerschulen ebenfalls geeignete Aufgaben vorfinden. Die für die Lösung benötigten Formeln und Zahlenwerte sind meinem Lehrbuch „Technische Mechanik“ entnommen. Gelegentlich wird direkt auf den Anhang dieses Buches verwiesen (z.B. verweist die Angabe A7.1 auf die Flächenmomente 2. Grades sowie die Biegewiderstandsmomente). Selbstverständlich eignen sich auch andere Lehr- und Handbücher zum Nachschlagen. Alle Bilder sind in Millimeter bemaßt, sofern nichts anderes vereinbart ist. Graphische Lösungen wurden z.T. mit Hilfe von CAD erstellt; diese sind dann so genau wie analytische Lösungen. Endergebnisse und Zwischenwerte werden meist auf eine praktisch sinnvolle Stellenzahl gerundet wiedergegeben. Die Aufgabenstellungen stammen aus einem breiten Bereich von Technik und Freizeit (siehe Sachthemen-Verzeichnis). Sie sind zumeist noch nicht auf das zugehörige Mechanikmodell abstrahiert. Somit hat der Leser die Möglichkeit, zusätzlich die Abstraktion, diesen ersten und oft schwierigsten Schritt einer Problemlösung, zu erlernen. Darüber hinaus sollen die praxisnahen Aufgabenstellungen, in Verbindung mit anschaulichen Bildern, zum Üben anregen. Die ausführlichen Lösungen zu allen Aufgaben ermöglichen ein autodidaktisches Lernen. Allerdings sollte der Leser eine Aufgabe zunächst so weit wie möglich selbständig bearbeiten und die angegebene Lösung nur zur Kontrolle verwenden. Bei meiner Arbeit zu diesem Buch fand ich große Unterstützung: Prof. Ulrich Thalhofer erstellte das druckreife Layout. Prof. Ernst Schatz gab zahlreiche Anregungen und half beim Korrekturlesen. Korrektur lasen auch Prof. Dr. Joachim Voßiek, Dipl.-Ing. Kathrin Fischer und meine Tochter Andrea. Die Bilder fertigten an Dipl-Ing. Robert Grimbacher, Dipl.-Ing. Daniel Dierig, Dipl.Ing. Jürgen Möller, Dipl.-Ing. Uschi Burger, Dipl.-Ing. Sabine Schmidt, Dipl.-Ing. Christoph Hunglinger, Dipl.-Ing. Marco Vasciarelli, Dipl.-Ing. Eugen Weber und Dipl.Ing. Stefan Wolf. Anregungen erhielt ich von Dipl.-Ing. Wilhelm Bezler, Dipl.-Ing. Hubert Breyer, Dipl.Ing. Alexander Egger, Dipl.-Ing. Axel Gebhardt, Prof. Dr. Johann Fuchs, Prof. Dr.

4

Vorwort

Frank Gießner, Dipl.-Ing. Martin Grußler, Dipl.-Ing. Gottfried Hofmann, Prof. Dr. Wolfgang Käser, Dipl.-Ing. Hubert Keim, Prof. Dr. Franz Obinger, Prof. Dr. Willi Rößner, Prof. Dr. Eberhard Roos, Prof. Wilhelm Ruckdeschel, Dipl.-Ing. Gerhard Sauer, Dipl.-Ing. Ralf Schuler, Dipl.-Ing. Klaus Theilacker, Dipl.-Ing. Anton Werner, Dr. Helmut Wilplinger, Prof. Dr. Hans Wintrich, Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Wüst. Die folgenden Firmen halfen mit Informationen: AUDI, BÊCHÉ, Ballonbau Wörner, FENDT, GEDA, Greifzug, Kaiser & Kühne, KONE, Leitner, MAN Roland, Nagel, O&K, Pfaff-silberblau, Pfister, von Roll, Siemens, TÜV Bayern Sachsen Allen Genannten danke ich ganz herzlich. Nicht zuletzt gilt mein Dank dem Carl Hanser Verlag für die gute Zusammenarbeit. Augsburg, Januar 2015

Martin Mayr

Inhaltsverzeichnis Teil 1: Statik 1 2 3 4 5 6 7

Zentrales ebenes Kräftesystem S 1.1 bis S 1.4 . Allgemeines ebenes Kräftesystem S 2.1 bis S 2.6 Räumliches Kräftesystem S 3.1 bis S 3.6 . . Schwerpunkt, GULDINsche Regeln S 4.1 . . Innere Kräfte und Momente S 5.1 bis S 5.7 . Ebene, statisch bestimmte Fachwerke S 6.1 . Reibung S 7.1, S 7.2 . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

7 12 26 38 40 55 57

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

60 65 74 85

Kinematik der Punktbewegung D 1.1 bis D 1.6 . . . . . Kinematik der ebenen Bewegung des starren Körpers D 2.1, D 2.2 Kinematik der Relativbewegung D 3.1 bis D 3.3 . . . . . Arbeit und Leistung D 4.1 . . . . . . . . . . . Kinetik der Punktbewegung D 5.1 bis D 5.4 . . . . . . Kinetik der ebenen Bewegung des starren Körpers D 6.1 bis D 6.7 Kinetik der Relativbewegung D 7.1, D 7.2 . . . . . . . Stoßvorgänge D 8.1 bis D 8.3 . . . . . . . . . . Schwingungen D 9.1 bis D 9.11 . . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

97 104 110 115 116 121 132 135 138

. . . .

. . . .

. . . .

150 154 159 166

Prüfungsaufgaben Schwierigkeitsgrad 1 Schwierigkeitsgrad 2 Schwierigkeitsgrad 3 Schwierigkeitsgrad 4

SP 1.1 bis SP 1.5 SP 2.1 bis SP 2.6 SP 3.1 bis SP 3.5 SP 4.1 bis SP 4.5

. . . .

. . . .

. . . .

Teil 2: Kinematik, Kinetik, Schwingungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Prüfungsaufgaben Schwierigkeitsgrad 1 Schwierigkeitsgrad 2 Schwierigkeitsgrad 3 Schwierigkeitsgrad 4

DP 1.1 bis DP 1.4 DP 2.1 bis DP 2.4 DP 3.1 bis DP 3.4 DP 4.1 bis DP 4.3

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

Teil 3: Festigkeitslehre 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Ebener Spannungszustand F 1.1 . . . . . . . . . . . . . Anwendung der einachsigen Stoffgesetze auf Zug/Druck-Stäbe F 2.1bis F 2.5 Einfache Fälle der Kraft- und Momentenübertragung F 3.1, F 3.2. . . . Ringe und Behälter F 4.1, F 4.2 . . . . . . . . . . . . . Flächenmomente F 5.1 . . . . . . . . . . . . . . Biegung F 6.1 bis F 6.6 . . . . . . . . . . . . . . . Torsion F 7.1 bis F 7.3 . . . . . . . . . . . . . . . Schub bei Querkraftbiegung F 8.1, F 8.2 . . . . . . . . . . Knickung F 9.1, F 9.2 . . . . . . . . . . . . . . .

175 176 185 187 189 191 199 202 205

6

10 11 12 13

Inhaltsverzeichnis

Zusammengesetzte Beanspruchung von Stäben F 10.1 bis F 10.9 Bauteilfestigkeit F 11.1 . . . . . . . . . . Dehnungsmessstreifen-Methode F 12.1, F12.2 . . . . Satz von CASTIGLIANO F13.1 . . . . . . . .

Prüfungsaufgaben Schwierigkeitsgrad 1 Schwierigkeitsgrad 2 Schwierigkeitsgrad 3 Schwierigkeitsgrad 4

FP 1.1 bis FP 1.4 FP 2.1 bis FP 2.6 FP 3.1 bis FP 3.4 FP 4.1, FP 4.2 .

Anhang: Sachthemen-Verzeichnis

.

.

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

206 220 221 225

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

228 231 239 247

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

253

7HLO  6WDWLN %LOG D ]HLJW GDV 3ULQ]LS HLQHU HLQIDFKHQ :LQGNDQDOZDDJH 8QWHU MHGHP GHU YLHU 5lGHU EHILQGHW VLFK GLH JOHLFKH 0HVVDQRUGQXQJ 'LH .UDIWPHVV]HOOH 1U  PLVVW GLH KRUL]RQWDOH :LGHUVWDQGVNUDIW 1U  GLH YHUWLNDOH $XIVWDQGVNUDIW

6 

'LH .UDIWEHUWUDJXQJ YRP 5DG DXI GLH 0HVV]HOOHQ HUIROJW EHU HLQHQ ]\OLQGULVFKHQ .ROEHQ VRZLH HLQHQ .HLO PLW GHP 1HLJXQJVYHUKlOWQLV  'LH hEHUWUDJXQJVJOLHGHU VLQG K\GURVWDWLVFK JHODJHUW GK ]ZLVFKHQ GHQ %HUKUIOlFKHQ EHILQGHW VLFK HLQ gOILOP VRGDVV VLH VLFK UHLEXQJVIUHL JHJHQHLQDQGHU YHUVFKLHEHQ N|QQHQ :HOFKH $XIVWDQGVNUDIW )$ ZLUNW DQ HLQHP 5DG ZHQQ DQ GHU .UDIWPHVVGRVH 1U  GLH .UDIW )  1 DQJH]HLJW ZLUG"

D

/|VXQJ $XI GHQ .HLO LQ %LOG E ZLUNW GLH KRUL]RQWDOH 0HVVNUDIW ) 'LHVH ZLUG LQ GLH YHUWLNDOH $XIVWDQGVNUDIW )$ XQG LQ GLH VFKUlJH .UDIW )8 DXI GLH 8QWHUODJH ]HUOHJW ,P .UlIWHSODQ YRQ %LOG F LVW GDV .UDIWHFN GLHVHU =HUOHJXQJ JH]HLFKQHW (V HUJLEW VLFK )$

 1 

$XV GHP .UDIWHFN OlVVW VLFK DXFK GLH DQDO\WLVFKH %H]LHKXQJ DEOHVHQ QlPOLFK )$

) WDQ D

) 

 ˜ )

 1 

8

Teil 1: Statik

F

75

Bild a zeigt eine rückverankerte Schrägseil-Fußgängerbrücke. Sechs Schrägseilpaare helfen den Brückenträger zu tragen. Sie sind am Pylon befestigt, ebenso das Seilpaar der Rückverankerung. Die Seillinien schneiden sich nahezu in einem Punkt (Punkt 2).

S 1.2

Mit welcher Kraft )W muss die Rückverankerung gespannt sein, wenn der Pylon nur druckbeansprucht sein soll? Wie groß ist die Kraft )P im Pylon? Graphische Lösung. Hinweis: Die beiden Seile der Seilpaare laufen nahezu parallel, sodass wir von einem ebenen Kräftesystem ausgehen können. Die Kräfte in der [,\-Ebene sind die resultierenden Kräfte der Seilpaare.

Gegeben sind Seilkräfte und Winkel aller Seilpaare in der [,\-Ebene.

1 Zentrales ebenes Kräftesystem

9

Nr

α in °

) in kN

1

–87

100

2

–67

110

3

–50

130

4

–41

150

5

–33

180

6

–28

210

/|VXQJ Wir tragen im Krafteck, Bild b, die gegebenen Kräfte )1 bis )6 an. Zusammen mit )W ergeben diese Kräfte eine Resultierende )R, die in Pylonrichtung zeigen muss. D. h. )W und )R liegen durch den Schnittpunkt der bekannten Wirkungslinien von )W und )R fest.

Wir lesen aus dem Krafteck ab:

)W = 6,25 cm → )W = 1250 kN (Zugkraft) )R = 7,25 cm → )R = )P = 1450 kN (Druckkraft)

S 1.3

Auf ein nahezu aufrecht am Wind segelndes Segelschiff wirken die folgenden aerodynamischen Kräfte, Bild a:

Wind-Querkraft (Auftriebskraft) )A = 240 N Widerstandskraft )W = 80 N

10

Teil 1: Statik

Der Winkel zwischen dem „scheinbaren Wind“ (vom Schiff aus beobachtete Windrichtung) und dem gesegelten Kurs beträgt γ A = 28° . Analytisch sind zu bestimmen: − aerodynamische Gesamtkraft )T (bestehend aus Auftriebs- und Widerstandskraft) − Vortriebskraft )V (in Richtung des gesegelten Kurses) − Krängungskraft )K (quer zur Richtung des gesegelten Kurses)

90°

/|VXQJ Hierzu Bild b. 2 )T = )A2 + )W = 240 2 + 80 2 N ≈ 253 N

Für die Kräftezerlegung benötigen wir den Winkel εH. Dieser folgt aus ε H = γ A − ε A ≈ 28° − 18,43° ≈ 9,57° mit ε A = arctan

)W 80 N = arctan ≈ 18,43° . )A 240 N

)V = )T ⋅ sin ε H ≈ 253 N ⋅ sin 9,57° ≈ 42 N )K = )T ⋅ cos ε H ≈ 253 N ⋅ cos 9,57° ≈ 249 N Die Kräftezerlegung lässt sich auch unmittelbar mit den gegebenen Größen durchführen, Bild c:

)V = )A ⋅ sin γ A − )W ⋅ cos γ A = 240 N ⋅ sin 28°−80 N ⋅ cos 28° ≈ 42 N )K = )A ⋅ cos γ A + )W ⋅ sin γ A = 240 N ⋅ cos 28° + 80 N ⋅ sin 28° ≈ 249 N

1 Zentrales ebenes Kräftesystem

11

Ein Boot zieht gemäß Bild a an einem Seil einen Gleitschirm nebst Person hinter sich her. Die Person übt auf den Punkt $ die Kraft )P = 750 N aus. Die Wirkungslinien der Kräfte von Seil, Schirm und Person haben die Winkel α = 35° und β = 45° zur horizontalen Achse sowie γ = 5° zur vertikalen Achse.

S 1.4

Mit welcher Seilkraft )S muss am Punkt $ gezogen werden? Wie groß ist die Kraft )G, mit welcher der Gleitschirm am Punkt $ zieht? (analytische Lösung)

/|VXQJ Es handelt sich um ein zentrales ebenes Kräftesystem mit den drei Kräften )S, )G und )P am Punkt $, Bild b. Wir zerlegen die drei Kräfte in ihre horizontalen und vertikalen Komponenten (gestrichelt) und schreiben nacheinander die Kräftegleichgewichtsbedingung in den beiden Richtungen an:

12

Teil 1: Statik



− )S ⋅ cos α + )G ⋅ cos β + )P ⋅ sin γ = 0

(1)



− )S ⋅ sin α + )G ⋅ sin β − )P ⋅ cos γ = 0

(2)

Dieses Gleichungssystem kann z.B. folgendermaßen aufgelöst werden:

(1) ⋅ sin β − (2) ⋅ cos β

liefert:

− )S ⋅ cos α ⋅ sin β + )S ⋅ sin α ⋅ cos β + )P ⋅ sin γ ⋅ sin β + )P ⋅ cos γ ⋅ cos β = 0 )S =

sin γ ⋅ sin β + cos γ ⋅ cos β ⋅ )P ≈ 4,411 ⋅ )P ≈ 3309 N cos α ⋅ sin β − sin α ⋅ cos β

(1) ⋅ sin α − (2) ⋅ cos α

liefert:

)G ⋅ cos β ⋅ sin α − )G ⋅ sin β ⋅ cos α + )P ⋅ sin γ ⋅ sin α + )P ⋅ cos γ ⋅ cos α = 0 )G =

sin γ ⋅ sin α + cos γ ⋅ cos α ⋅ )P ≈ 4,987 ⋅ )P ≈ 3740 N sin β ⋅ cos α − cos β ⋅ sin α

)G folgt mit dem nunmehr bekannten )S auch direkt aus (1) oder (2). Bild a zeigt den Kofferraumdeckel eines Pkws in geöffnetem Zustand. Zwei seitliche Druckzylinder erleichtern das Öffnen. Sie befinden sich zwischen den Gelenkpunkten % (Karosserie) und & (Kofferraumdeckel). Der Kofferraumdeckel hat insgesamt die Gewichtskraft )G = 200 N . & ausüben, damit der Deckel im Welche Druckkraft )Z muss jeder Zylinder mindestens & geöffneten Zustand gehalten wird? Welche Kraft )A (Größe und Richtung) wirkt hierbei von jedem der beiden Scharniere $ auf den Deckel?

S 2.1

Lösungsweg sowohl rechnerisch als auch zeichnerisch.

2 Allgemeines ebenes Kräftesystem

13

5HFKQHULVFKH /|VXQJ & Bild b zeigt den Deckel mit der bekannten Gewichtskraft )G /2, den unbekannten Kom& ponenten )Ax und )Ay der Kraft )A sowie der nur der Größe nach unbekannten Kraft & & )Z . Zum einfacheren Rechnen zerlegen wir )Z ebenfalls in zwei Komponenten, nämlich in )Z ⋅ cosβ und )Z ⋅ sin β . Der Winkel β ergibt sich mit Hilfe von Bild a zu

β = arctan

F 150 mm = arctan ≈ 16,7° . D 500 mm

Das Momentengleichgewicht um $ führt auf: )Z ⋅ sin β ⋅ D −

)Z =

)G ⋅E = 0 2

)G ⋅ E 200 N ⋅ 400 mm ≈ ≈ 278 N 2 ⋅ sin β ⋅ D 2 ⋅ sin 16,7° ⋅ 500 mm

Die Kräftegleichgewichte in [- und \-Richtung liefern:



)Ax + )Z ⋅ cos( 45°+β) = 0 )Ax = − )Z ⋅ cos( 45°+β) ≈ −278 N ⋅ cos( 45°+16,7°) ≈ −132 N



) )Ay + )Z ⋅ sin( 45°+β) − G = 0 2

14

Teil 1: Statik

) )Ay = − )Z ⋅ sin( 45°+β) + G ≈ −278 N ⋅ sin( 45°+16,7°) + 100 N ≈ −145 N 2 Die Kraftkomponenten haben beide negatives Vorzeichen, wirken damit entgegen den eingezeichneten Richtungen. & Resultierende )A :

)A =

2 2 )Ax + )Ay ≈ 1322 + 1452 N ≈ 196 N

α = arctan

)Ay )Ax

≈ arctan

− 145 N ≈ 47,7° − 132 N

Kontrolle mit Hilfe eines Momentengleichgewichts um &: )Ax ⋅ D ⋅ sin 45° − )Ay ⋅ D ⋅ cos 45° −

)G (E − D ⋅ cos 45°) = 0 2

?

− 132 N ⋅ 500 mm ⋅ sin 45° − (− 145 N ) ⋅ 500 mm ⋅ cos 45° − 100 N(400 mm − 500 mm ⋅ cos 45°) = 0 Das Momentengleichgewicht ist erfüllt, somit stimmen die Kraftkomponenten )Ax und )Ay sowie die Druckkraft )Z.

=HLFKQHULVFKH /|VXQJ Bild c zeigt links den Lageplan. Von vornherein bekannt sind die Wirkungslinien von & & )G /2 und )Z . Am Kofferraumdeckel wirken insgesamt 3 Kräfte. 3 Kräfte sind nur & dann im Gleichgewicht, wenn ihre Wirkungslinien sich in HLQHP Punkt schneiden. )G /2 & und )Z schneiden sich in '; durch diesen Punkt muss somit auch die Wirkungslinie von

2 Allgemeines ebenes Kräftesystem

15

& )A gehen. & Das Krafteck im Kräfteplan beginnen wir mit der bekannten Kraft )G /2 & & ( )G /2 = 2 cm) . Parallelen zu den Wirkungslinien von )A und )Z aus dem Lageplan liefern das geschlossene Krafteck. )Z = 5,6 cm → )Z ≈ 280 N

)A = 3,9 cm → )A ≈ 195 N

Die Pfeilspitzen müssen im Krafteck einen einheitlichen Umfahrungssinn ergeben, im vorliegenden Fall den Uhrzeigersinn. Diese Richtungssinne können in den Lageplan übertragen werden. Das Lager A zieht demnach am Deckel, während der Druckzylinder, wie bereits angenommen, eine Druckkraft ausübt.

Fazit: Bei 3 Kräften lässt sich die zeichnerische Lösung meist einfacher und schneller durchführen als die rechnerische. Die Genauigkeit einer Handzeichnung zur Bestimung der Kräfte reicht für die Praxis fast immer aus. Mit Hilfe von CAD werden zeichnerische und rechnerische Lösung gleich genau. Bild a zeigt den Frontaufreißer eines Graders. Der Grader entwickelt eine maximale horizontale Schubkraft )h = 84 kN. Beim Einstechen stützt sich der Grader mit den Reißzähnen am Boden ab, sodass im Extremfall die Vorderachse vollkommen entlastet ist. Hierbei tritt an den Reißzähnen die vertikale Kraft )v = 48 kN auf. Die eingezeichneten Kräfte )h und )v sind die Reaktionskräfte vom Boden auf die Reißzähne

S 2.2

Die Reißzähne werden über eine symmetrisch angeordnete Parallelführung (Stangen-

16

Teil 1: Statik

paar 1 und 2) sowie dem dazwischenliegenden Hydraulikzylinder bewegt. Zu bestimmen sind die resultierenden Kräfte )1 und )2 in den beiden Stangenpaaren und die Zylinderkraft )Z (mit Angabe ob Zug- oder Druckkraft) 1. graphisch mit Hilfe der CULMANNschen Geraden 2. analytisch.

.

/|VXQJ 1. In Bild b ist das Aufreißerteil an den Gelenken freigeschnitten; außerdem sind die

2 Allgemeines ebenes Kräftesystem

17

& & & Wirkungslinien (WL) von )1 , )2 und )Z eingezeichnet (Zweigelenkstäbe). Die & & Wirkungslinie der äußeren Kraft ) ergibt sich im Kräfteplan, Bild c. ) ist hierbei & & die Resultierende aus )h und )v .

& & & & Wir bringen die Wirkungslinien von ) und )1 sowie von )Z und )2 zum Schnitt. Zwischen den Schnittpunkten I und II liegt die CULMANNsche Gerade &. & & Für den Schnittpunkt I lässt sich im Kräfteplan das Krafteck aus den Kräften ) , )1 & und )C zeichnen. Daran schließen wir das Krafteck für den Punkt II an. Dieses be& & & steht aus den Kräften − )C , )Z und )2 . Die Pfeile müssen einen einheitlichen Umlaufsinn ergeben (hier den Gegenuhrzeigersinn), damit liegt auch der Richtungssinn der Kräfte fest.

18

Teil 1: Statik Wir entnehmen dem Kräfteplan: )1 ≈ 137 kN (Druckkraft); )2 ≈ 112 kN (Zugkraft);

)Z ≈ 73 kN (Druckkraft)

2. Im Bild d sind am freigeschnittenen Aufreißerteil die gesuchten Kräfte )1, )2 und )Z als Zugkräfte eingezeichnet. Die tatsächlichen Vorzeichen ergeben sich aus der Rechnung.

Winkel α und β: α = arctan

148 mm ≈ 11,6° ; 720 mm

β = arctan

(148 + 685 − 190) mm ≈ 36,0° (185 + 720 − 20) mm

Gleichgewichtsbedingungen: [− )2h ⋅ 390 − )Zh ⋅ 190 − )Zv ⋅ 185 + )h ⋅ 476 − )v ⋅ (1062 − 720)] mm = 0

2 Allgemeines ebenes Kräftesystem

19

− )2 ⋅ cos α ⋅ 390 − )Z ⋅ (cosβ ⋅ 190 + sinβ ⋅ 185) + )h ⋅ 476 − )v ⋅ 342 = 0

(1)

[ )1h ⋅ 390 + )Zh (390 − 190) − )Zv ⋅ 185 + )h ⋅ (476 + 390) − −)v (1062 − 720)] mm = 0 )1 ⋅ cos α ⋅ 390 + )Z ⋅ (cos β ⋅ 200 − sin β ⋅ 185) + )h ⋅ 866 − )v ⋅ 342 = 0

(2)

[ )1h ⋅ 190 + )1v ⋅ 185 − )2h (390 − 190) + )2v ⋅ 185 + )h (476 + 190) − −)v (1062 − 720 − 185)] mm = 0 )1 ⋅ (cos α ⋅ 190 + sin α ⋅ 185) − )2 ⋅ (cos α ⋅ 200 − sin α ⋅ 185) +

+ )h ⋅ 666 − )v ⋅ 157 = 0

(3)

Die Auflösung dieses linearen Gleichungssystems mit den 3 Unbekannten )1, )2 und )Z von Hand ist bereits etwas aufwendig. Hier ist es von großem Vorteil, wenn auf dem Taschenrechner oder PC ein Gleichungslöser zur Verfügung steht. Ergebnis:

)1 ≈ −137 kN ; )2 ≈ 112 kN ; )Z ≈ − 73 kN Die zeichnerische Lösung lässt sich im vorliegenden Fall wesentlich schneller durchführen als die rechnerische. Bild a zeigt das Schema einer Graphitieranlage in Vorderansicht und Draufsicht sowie im Schnitt. Auf dem Wagen sind sechs Hydraulikzylinder montiert. Zwei Zylinder üben auf jede der beiden Graphitelektroden eine Druckkraft von ) = 1000 kN aus. Die übrigen vier Zylinder wirken über vier Stangen auf ein Joch. In der Erwärmungsphase werden über das Joch die Graphitelektroden, die in Wirklichkeit aus mehreren hintereinander gelegten Kreiszylindern bestehen, etwas nach links bewegt. Die Elektroden sind in Pulver eingebettet, welches bei dieser Bewegung auf die Elektroden eine nach rechts gerichtete Reibungskraft )R = 100 kN ausübt. Jede der Elektroden drückt damit auf das Joch mit )* = ) + )R = 1100 kN. Der Wagen und der Pulverbehälter sind am Boden fixiert, das Joch ist reibungsfrei verschiebbar.

S 2.3

Sämtliche Führungen sind reibungsfrei anzunehmen. Elektroden und Stangen werden nur auf Druck bzw. Zug beansprucht, d.h. die Verbindungen mit den Zylindern und dem Joch sind gelenkig. Alle Gewichtskräfte bleiben unberücksichtigt. Zahlenwerte: D = 550 mm; E = 450 mm; F = 2500 mm; G = 2000 mm 1. Berechnen Sie die Kräfte in den Stangen. 2. Welche resultierenden horizontalen und vertikalen Kräfte müssen von den Lagern auf den Wagen wirken, um den Zylinderkräften das Gleichgewicht zu halten? 3. Wie groß wären die Lagerreaktionen aus Frage 2, wenn der Pulverbehälter auf reibungsfreien Rollen stände und in horizontaler Richtung mit dem Wagen verbunden wäre (mit Begründung)?

20

Teil 1: Statik

/|VXQJ 1. Auf das Joch wirken in horizontaler Richtung die beiden Druckkräfte )* = ) + )R = 1100 kN und die Stangenkräfte )1 bis )4. Wegen der vertikalen Symmetrieachse gilt jedoch )3 = )1 und )4 = )2. Die Kräfte auf das Joch können deshalb wie beim ebenen Kräftesystem behandelt werden, Bild b. Gleichgewichtsbedingungen: 2 ⋅ )1 ⋅ E − 2 ⋅ )2 ⋅ D = 0



(1) *

− 2 ⋅ )1 − 2 ⋅ )2 + 2 ⋅ ) = 0

(1) − (2 ) ⋅ D

(2)

liefert:

2 ⋅ )1 ⋅ E + 2 ⋅ )1 ⋅ D − 2 ⋅ ) * ⋅ D = 0

D 1 ⋅ )* = ⋅ ) * = 605 kN; F2 = ) * − )1 = 495 kN D+E 1+ E / D Die Kräfte hätten sich auch kürzer über das Hebelgesetz bestimmen lassen. )1 =

2 Allgemeines ebenes Kräftesystem

21

2. Auch am Wagen wirken die Kräfte symmetrisch zur vertikalen Symmetrieachse, sodass wir wieder mit einem ebenen Kräftesystem arbeiten können, Bild c. Gleichgewichtsbedingungen: )B ⋅ F − 2 ⋅ )2 ⋅ (G − D ) + 2 ⋅ ) ⋅ G − 2 ⋅ )1 ⋅ (G + E ) = 0

)B =

2 ⋅ [)2 ⋅ (G − D ) − ) ⋅ G + )1 ⋅ (G + E )] = 160 kN F



− )Av + )B = 0 → )Av = )B = 160 kN



− )Ah + 2 ⋅ )2 − 2 ⋅ ) + 2 ⋅ )1 = 0 → )Ah = 2 ⋅ ()2 − ) + )1 ) = 200 kN

)Ah entspricht der Reibungskraft, die vom Pulverbehälter auf das Fundament, auf dem er montiert ist, übertragen wird. 3. In diesem Fall wird die Reibungskraft nicht nach außen an das Fundament weitergeleitet, sondern sie wirkt direkt auf den Wagen. Sie ist also im herausgeschnittenen System - bestehend aus Wagen, Pulverbehälter, Elektroden, Stangen und Joch - eine innere Kraft. Da auch sonst keine Kräfte nach außen übertragen werden, treten jetzt keine Lagerreaktionen bei $ und % auf, d.h. der Wagen müsste nicht fixiert werden. Bild a zeigt den tragenden Rahmen einer Halle. Er ist als Dreigelenkbogen ausgeführt mit den Fußgelenken $ und % sowie dem Scheitelgelenk &. )1 und )2 stellen die resultierenden Kräfte aus den verteilten Wind- und Gewichtskräften dar.

S 2.4

Gesucht sind die Kraftkomponenten in den 3 Gelenken.

Suggest Documents