"Niels Meyer"
Definition:
Quirk, Greenbaum, Leech und Svartvik definieren in „A Grammar of contemporary English“ ein Kompositum als eine aus zwei oder mehreren Basen bestehende Einheit, die grammatisch und semantisch als ein Wort begriffen wird. Als Basis definieren sie eine Form, an der eine Regel der Wortbildung angewandt wird. Die Basis bleibt zu unterscheiden vom Wortstamm, also dem Teil eines Wortes, der verbleibt, nachdem jegliches Affix entfernt wurde. Stamm und Basis können jedoch identisch sein, so zum Beispiel in einem Wort mit nur einem Affix: im Falle von friend-ly ist friend nicht nur Stamm sondern auch Basis (Quirk 19..:1567). Der Regelfall im Englischen sind Komposita mit zwei Basen, bei der in der Regel die erste Base die zweite näher definiert (motor bike ∼ a special kind of bike with a motor). Gebildet werden können Komposita aus Basen jeder Wortklasse, wobei im Gegenzug auch jede Wortklasse entstehen kann: Substantive (blood + test = bloodtest), Adjektive (tax + free = tax-free) und Verben (spring + clean = springclean). Quirk weist jedoch auf ein Problem bei der Definition von Komposita im Englischen hin: „There is no one formal criterion that can be used for a general definition of compounds in English“ (Quirk 1972: 1019), das heißt, es ist nicht möglich, unter formalen Gesichtspunkten Komposita zu definieren.
Orthographische Kriterien:
Drei Schreibweisen sind bei den Komposita möglich: die Basen zusammen geschrieben („solid“: bloodtest), die Basen durch einen Bindestrich getrennt („hyphened“: tax-free) oder aber die Basen getrennt („open“: reading material). Ein einheitliches Kriterium, wann welche Schreibweise zu verwenden ist, gibt es, auch bei heutigen Wortneuschöpfungen, jedoch nicht.
Phonologische Kriterien:
Komposita haben in der Regel die Betonung auf der ersten Base, was mit ihrer Eigenschaft korrespondiert, die zweite Base näher zu bestimmen. Es ergibt sich also in der Prosodie ein Gegensatz zwischen Komposita und einer Nominalphrase: a |dark |room (NP)
a |dark|room (K)
Dieses Betonungsmuster ist für beinahe alle Komposita zutreffend, ungeachtet ihrer Wortklasse, Ausnahmen wie zum Beispiel |ash-|blonde kommen zustande, weil ash lediglich eine Graduisierung von blonde darstellt.
"Niels Meyer"
Semantische Kriterien:
Der Grund dafür, das die Komposition eine so reichhaltige Wortschöpfungsquelle darstellt, liegt darin, daß bei ihr Basen aus dem gesamten Lexikon verwendet werden können, wobei eine nahezu unbegrenzt große Zahl an semantischen Beziehungen entstehen kann. Diese Vielzahl an Basen unterscheidet sie von der Affixiation, bei der eine breite Spanne semantischer und grammatischer Kategorien durch eine relativ eingeschränkte Zahl von Affixen generiert wird. Da bei der Komposition die erste Basis die zweite näher definiert, könnte man auch von einer Präfixiation mit open-class items sprechen (vgl. Quirk 19..:1568), was im Prinzip nur bedeutet, daß eigentlich jede lexikalische Einheit mit jeder anderen in einem Kompositum zusammengeführt werden kann. Natürlich ist jedoch nicht jede Konstruktion semantisch sinnvoll: *ink bread
oder aber
*chicken-washed wären keine sinnvolle Kompositabildung. Die Beziehung zwischen den Basen, die kombiniert werden, besteht deshalb in Ähnlichkeit, Funktion, Graduierung oder anderen bedeutenden und definierenden Charakteristika. Das Beispiel des darkroom (a room for […] photographic processing) verdeutlicht dieses: er wird nicht als solcher bezeichnet, weil er grundsätzlich dunkel ist, sondern weil die Möglichkeit, ihn zu verdunkeln, ein elementares Charakteristikum ist. Die Wortbedeutung eines Kompositums kann jedoch nicht aus den einzelnen Basen alleine abgeleitet werden: „There are many dark rooms which are not darkrooms - nor need darkrooms always be in darkness“ (vgl. Quirk 19..:1568).
Kompositatypen:
Wie bereits zuvor erwähnt ist die Komposition überaus produktiv, und das in allen Wortklassen, das heißt als Ergebnis einer Kompositumsbildung kann ein Substantiv, ein Adjektiv und auch ein Verb entstehen. Ich möchte im folgenden kurz die Bildungsweisen aufzeigen.
Substantivische Komposita
Subjekt + Verb -Komposita earthquake
Subjekt + „deverbal noun“
∼ the earth quakes
glowworm
Verb + Subjekt
"Niels Meyer" ∼ the worm glows
dancing girl
„verbal noun“ in -ing + Subjekt
∼ the girl dances Verb + Objekt -Komposita crime report
Objekt + „deverbal noun“
∼ a report on crime
sightseeing
Objekt + „verbal noun“ in -ing
∼ the seeing of sights
songwriter
Objekt + „agential noun“ in -er
∼ X writes songs
call-girl
Verb + Objekt ∼ X calls the girl
drinking-water
„verbal noun“ in -ing + Objekt
∼ water for drinking
Verb + Adverb -Komposita hiding-place
„verbal noun“ in -ing + Adverb
∼ a place for hiding
sleepwalking
Adverb + „abstarct verbal noun“ in -ing
∼ X walks during his sleep
factory-worker
Adverb + „agential noun“ in -ing
∼ X works in a factory
gunfight
Adverb + „deverbal noun“ ∼ a fight with guns
dancehall ∼ dance in a hall
Verblose Komposita
Verb + Adverb
"Niels Meyer"
vom Typ Substantiv1 + Substantiv2 ∼ Substantiv1 treibt Substantiv2 an:
motorcycle
∼ Substantiv2 produziert Substantiv1:
textile mill
∼ Substantiv1 hat Substantiv2:
table-leg
∼ Substantiv2 ist Substantiv1:
oak tree
∼ Substantiv2 ist wie Substantiv1:
butter-bean
∼ Substantiv2 besteht aus Substantiv1:
leather apron
∼ Substantiv2 ist für Substantiv1:
birdcage
blueprint
Adjetiv + Substantiv
∼ a print which is blue
Adjektivische Komposita
Verb + Objekt -Komposita hart-breaking
Objekt + -ing-Partizip
∼ X breaks hearts
Verb + Adverb -Komposita ocean-going
Adverb + -ing-Partizip
∼ X goes across oceans
handmade
Adverb + -ed-Partizip
∼ X is made by hand
good-looking
Adjektiv/Adverb + -ing-Partizip
∼ X looks good
widespread
Adjektiv/Adverb + -ed-Partizip
∼ X is spread wide
Verblose Komposita duty-free
Substantiv + Adjektiv
∼ free of duty
ocean-green
Substantiv + Adjektiv
"Niels Meyer" ∼ green like the ocean