Sonderabdruck aus „Archiv fiir Elektrotechnik", 49. Bd„ 6. Heft, 1965, S. 343-364 Springer-Verlag • Berlin. / Heidelberg / New York

Die Oberfeldtheorie des Käfigmotors unter Berücksichtigung der durch die Ankerrückwirkung verursachten Statoroberströme und der parallelen Wicklungszweige Von K.

ÜBERRETL,

Mit

10

Zürich

Textabbildungen

(Eingegangen am 2.;. F ebruar 11;6.;) Übersicht: Es werden die zur Berechnung der Oberfelder und überströme erforderlichen Gleichungen unter Berücksichtigung der mehrfachen Ankerrückwirkung angegeben. Bei Serienschalt~ng der \Vicklung erscheint die tertiäre, bei Parallelschaltung die quartäre als letzte Ankerrückwirkung. Ausgleichsleiter verändern das Oberfeldverhalten wesentlich. Maschinen mit der Nutenzahldifferenz [Z1 - Z 2 [ = 0,2 p, 4 p, ... zeigen bei Parallelschaltung das gleiche Oberfeldverhalten wie bei Serienschaltung. ·Die Grund- und überströme im Stator und Rotor ergeben sich aus einem unendlichen, komplexen Gleichungssystem, wobei die Beschränkung auf etwa 12···20 Gleichungen erlaubt ist. Eine Drehmomentbetrachtung liefert neue, bisher unbekannte asynchrone Sattelbildungen und zeigt, daß die Forderung der l\etzkommandoanlagen nach kleinen Netzoberströmen mit der Forderung nach kleinen parasitären synchronen Drehmomenten identisch ist. Zur numerischen Auswertung der Ergebnisse wurde ein komplexes Gleichungssystem mit 14 Gleichungen mehrmals gelöst und die Abhängigkeit der überströme und des synchronen Drehmomentes von der Schrägung für verschieden gesehntc ·wicklungen angegeben. Zum Vergleich werden Messungen angeführt, aus denen ebenso wie aus der Rechnung hervorgeht, daß bei gewissen Nutenzahlen der Drehmomentenverlauf bei Stern-Schaltung erheblich besser ist als bei Dreieck-Schaltung. ·

Summary: The equations necessary for the determination of the harmonic flux and current waves, with special consideration of multiple armature reaction, are dealt with. vVhen the coil groups are series conncctcd armature reactions up to the tertiary are present, while with parallel connection the quaternary also appears. Equalizers effckt the harmonic flux waves considerably. Machines with a difference in number of slots iZ1 - Z~I = 0,2 p, 4 p . .. posses the same harmonic flux waves whether the coil groups are parallel or series c.onnected. The solution of an infinite number of simultaneous complex equations yields the fundamental and harmonic stator and rotor currents, but it is permissible to Jimit the solution to that of 12·„20 equations. Torque considerations bring to light previously undiscovered asynchronous dips in the speed - torque curve and show that reduction of harmonic line currents, to satisfy ripple control requirements, is equivalent to the reduction unfavonrable synchronous crawling torques. To obtain a numerical evaluation of the results several solutions of 14 simultaneous complex equations were carried out and the effect of slot skewing on the harmonic currcnts and synchronous crawling torques established, for various short - pitcl::i windings. Measurements were made for thc purposc of comparison. Like the theorctical analysis, these too showed that, with a certain number of slots, the speed - torque characteristic is considerably better with star connected than with delta connected windings.

1. Einleitung

Neue Erkenntnisse über parasitäre Drehmomente [1 ] haben gezeigt, daß die durch die. Rotoroberfelder verursachten Stator-Wicklungsoberströme entgegen der bisherigen Auffassung [2, 3, 4, 5, 6,] von großer Bedeutung sind. Diesen überströmen kommt noch eine weitere Bedeutung zu, da sie sich vorwiegend über das Netz schließen und so Störungen in den mit Tonfrequenz betriebenen Netzkommandoanlagen verursachen [20]. Während nach der herkömmlichen Theorie nur die Rückwirkung des Rotors auf die Felder des Statorgrundstromes berücksichtigt wird (primäre Ankerrückwirkung), soll im folgenden auch die Rückwirkung des Stators auf die Rotoroberfelder (secundäre Ankerrückwirkung), die Rückwirkung des Rotors auf die Felder der Statoroberströme (tertiäre Ankerrückwirkung) usw. in Rechnung gestellt werden. Die Berücksichtigung dieser mehrfachen Ankerrückwirkung liefert die Stator- u . lfotoroberströme, aus denen dann alle parasitären Erscheinungen berechnet Archiv für Elektrotechnik, 49. Band, 6. Heft

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K

344

ÜBERRETL:

Archiv für Elektrotechnik

Die Oberfeldtheorie des Eäfigmotors

werden können. Es wird hiermit auch die Aft der Stator-WicklungssE:haltung erfaßt, die Unterschiede bezüglich Serien- oder Parallelschaltung und Dreieck- oder Sternschaltung werden deutlich. Im übrigen werden die üblichen Voraussetzungen getroffen. Die Permeabilität der Eisenwege sei sehr (unendlich) groß, wie dies bei Messungen mit reduzierter Spannung der Fall ist. Das Luftspaltfeld verlaufe rein radial, jede Spule erzeuge ein Feld gemäß Bild 1. Genau genommen wird das Luftspaltfeld durch eine partielle Differentialgleichung Vom elliptischen Typus beschrieben, deren Lösung praktisch jedoch nur an Hand von Modellen möglich wäre (Abb. 36 in [1], [7), [8]). Die Querströme im Rotor von Stab zu Stab [9] infolge mangelnder oder fehlender Isolation werden vernachlässigt.

2. Ströme und Felder des Stators mit Netzfrequenz Bei sinusförmiger, symmetr. Klemmenspannung sind im Stillstand der Maschine die Ströme ebenfalls sinusförmig, aber unsymmetrisch. Im Lauf sind die Ströme nich mehr sinusförmig; jedoch von gleichem Verlauf und mit zeitlich gleichen Abständen, besitzen also symmetr. Grundwellen (siehe [1]). Im folgenden wird von der rotierenden Maschine ausgegangen und zunächst nur die Grundwellen der Statorströme betrachtet, die überströme werden später eingeführt. Die überströme erhalten bei stillstehender Maschine ebenfalls Netzfrequenz, sie addieren sich geometr. zum Grundstrom und verursac11en infolge ihrer Abhängigkeit von der Rotorlage die erwähnten Unsymmetrien in den Strömen. Es werden, sofern nicht besonders erwähnt, zweischichtige Ganzlochwicklungen mit normaler Zonenbreite (60°) vorausgesetzt. Einschichtwicklungen lassen sich für y/rp = 1/1 aus den Zweischichtwicklungen ableiten. Bruchlochwicklungen [10] können in entsprechender ·weise behandelt werden. Die Statorwicklung besitzt 1, 2, . . . k ... m Stränge 1, 2, . . . ;.c ••• q Spulen pro Spulengruppe 1, 2, . . . f2 ••• 2 p Spulengruppen pro Strang Die 1. Spule der 1. Spulengruppe des 1. Stranges erzeugt ein rriagnet. Feld im Luftspalt gemäß Bild 1. Der Grundstrom in den Spulengruppen (! = 1, 3, 5, ... , (2 p - 2) des k-ten Statorstranges beträgt in komplexer Schreibweise Pje=1,k Bilcl

i.

=

P

~=1 v'z exp j

[w t -

Luftspaltfelcl einer Spule.

(exp
z. r Ö

110

(2sin v !!...) vi Vz exp j [vs w t n Z 2

z2

2

R

(n -

1)v Z n + v ß f 2

2]



2

2

1,

~. ft"

Eine Umformung erleichtert die Summierung 00

00

1 112

f =f

00

1

(bZ2+v) 2

00

1

=xE(Z2K+v) 2

=2-[E Z~

K=o

(K

1 +xE[- (K+ 1)Z2+v] 2

+1 v/Z 2) 2

+E

(K

K =o

+

1 1 -

v/Z2) 2

J .

K bedeutet hierin nur n och p ositive ganze Zahlen. Diese Summe geht aus der Polygammafunktion [11, 12] d11+1

-

dx" +

für n =

1

1

= 1P("l (x) = (-

(ln I'(x))

1)"+ 1 n!

x; _ _ _ K=o (J( + x)"+ CO

1

hervor: CO

1P'(x) = L; - K=o (K

+ x) 2

lVIan erhält also

Diese Summe läßt sich mit 1P ' (X )

+ 1P

I

(

X -

1)

d CO t g n = - n -d,t"

X

= -. Slll" 7l X ;i2

-0 _

.

auf trigonometrische Funktionen zurückführen und ergibt dann die bemerkenswerte Beziehung

! ;2 = ( 2s-i~:-v-n-/Z-J -Z

(31)

·

D amit errechnet sich die Oberstrom-Selbstinduktionsspannung der Masche n zu "E-2, 2,t• = - J. vs w ler L2

flo 2 n "I- ,/T Z2 R r 2 exp J. ["s w t

-

(n

) 2n - 1 'JI Z2

+ ß2] . 'JI

(3 2)

= 'L 2 (1 + "ad

Nun kann man den Koeffizienten der doppeltverketteten Rotorstreuung einführen. Dieser wird definiert durch

K.

350

Archiv für

Die Oberfeldtheorie des Käfigmotors

ÜBERRETL:

00

E

00

µ,vE2,2,n

I'

Elektrotechnik

1

E -

-1=~-1

µ=vE2,2,"

(33)

1

l'2

und beträgt daher wegen (31) 2 v(jd

2

V ; 2

= (

1 sin \

JJ

)

-

1 •

(34)

!:_ Z2

Gl. (32) läß!_sich auch direkt anschreiben, wenn inan berücksichtigt, daß der Ringstrom ''1 11 ,n dem Fluß "r/J2 , 2 , der Masche n proportional ist (siehe z. B. [1 ], S. 138): 11

2

,. -

:q 1•, •·- 2, i , a.

k -

x ··iR 11/z

%,

k

=

· b

J sw

-

exp j [bs eo t - u (o '

-

N l r - flo Zo e () - n-f..l2 2

2 1) n 2t1

„~ q ''kw '''YJ 2

·

Sill

u -z;i:

1

2

"1Vf2,1

fl (k - 1)

~-

m-p

b Z2

ß2].:

(3S)

49. Band Heft 6 - t965

K.

351

D ie Ob erfeldtheorie des Käfigmot ors

Ü BERRE T L:

Führt man im Rotor (wie im Stator) die Beziehung Z 2 = 2 p m 2 q2 ein und setzt q2 erhält man für die Strangzahl des Rotors m 2 = Z 2 /P und erwartungsgemäß

=

1 / 2,

dann (39)

Alle Rotoroberfelder, die sich aus (27) fü r ein und denselben Wert b ergeben, induzieren im Stator Spannungen gleich er Frequ enz, wie aus (37) hervorgeht . J edes dieser so ausgewählten Rotorfelder st ammt von einem anderen Rot oroberst rom . J eder Rotoroberstrom trägt zu einer bestimmten Statorfrequenz nur mit einem einzigen F eld bei. Für µ - v = o, also b = o ergibt sich die primäre Ankerrück\virkung mit Net zfreq uenz, bei b =j= o erhält m an net zfremde · Frequenzen. Zur Berechnung des Statorfremdstromes sind die Spannungen gleicher Frequenz unter Beachtung der Phasenlage zusammenzufassen:

b'jfz. 1, Q, k --

Y"µ,••'if

..t...J

k

2, 1, Q,

µ

+ b:

= - j bs w exp j [bs w t - ( 1

2 )

(I! -

1) :n; -

(1

+ b:

2

)

(k -

1)

:,~

-

b Z 2ß2J

x .E 1'M 2,1·IR vzlb=konst·

(40)

Ge m äß (40) sind für b = const alle von den R otorfeldern in den Stator-Spulengruppen induziert en Spannun gen gleichphasig . Für µ/p = 2 m g oder b Z 2 /P = 2 m g - 1 mit g = ± 1 , ± 2 , ... verschwindet 1'kw und damit auch (40). 6. Die sekundäre Ankerrückwirkung

Wegen (40) entstehen im Stator überströme, deren F elder auf die Rotoroberfelder zurück wirken (sekundäre Ankerrückwirkung). Die einzelnen Spulengruppen einer mehrpoligen Maschine können in verschiedener Weise verbunden werden. In Bild 4 sind 3 (1=1 einige Varianten einer 6poligen Wicklung und das Zählpfeilsyst em angegeben. Es gilt demn ach -

-

d(li

U1 + 11 R = - N -

a---ea ·

dl

oder -

U1

= 11 R

+j wL

-

11

+j wM

l

R.

a u

Die Drehfeldselbstinduktiv it ä t L ist

Die

für alle Spulengruppen gleich. Klemmenspannung

uk = u vz exp j [wt -

(h - 1)

e

2

n]

m

(41) sei sinusförmig. Das Net z st ellt dann für die Oberfeldspannungen mit net zb fremder Frequenz einen Kurzschluß B ild 4. Verschiedene Schal tungen einer 6poligen \ Vicklung, mit Zühlpfd len. dar. Anders ausgedrückt bedeutet dies, a ohne, b mit Ausgleichslei ter. daß die Netzimpedanz für die überströme vern achlässigt wird , was im Vergleich zur Motorimpedanz m eistens zulässig ist. Nach Bild 4a lassen sich für die Fremdfrequenz folgende Gleichungen anschreiben :

zi

E1

-

(Z i 2

-

-

E3

-

(Z 14

-

Z l."J -

E5

-

(Z 1 6

-

1 -

Z 13

E2) =

o,

= o, E 6) = o 1 E 4)

11 + 13 + ] 5 =

iN ,

352

K.

Archiv für Elektrotechnik

Die Oberfeldtheorie des E:äfigmotors

ÜBERRETL:

Die Auflösung dieses Gleichungssystems ergibt -

J 3 = (E 3

Die in den Spulengruppen (40) und (42) bE . bE

1

und

2,1,e=2,k=

2,1,Q=l,k-

2

/2 Z ,

E4)

-

des k-ten Stranges induzierte Spannung beträgt wegen

bE-

.

- J

2,1,g=1 - 2,k =

pz.,) (k -

X exp J. [bs w t - ( 1 T, b

1

(42)

) -;;z :n:

b Z2 :n:

p2

-

b

b Z2

:n:

pz

S(J)2COS

b Z2 ß2] ~ "Jl!l,, 1 "]-R ,/y 2 ,b= konsl

-

.

(43)

Man kann daher für die entstehenden Fremdströme (b =!= o) den Ansatz machen :

bJ-0=1 k -- bJ-o =1 - ' -

V-2 exp J. [b (0 t S

(1

(k

b Z2) T1 .

p

1 ) -2

-

:n:

1lt

b z o ß• ]

b Z2:n: -

-

p2

-

-

= - bJ-n=o I· • (44) - -· •

Entsprechend erhält man für die beiden andern Serienzweige

bJ-

_

n=- k -

"

J•

-

bJ-

_ bJ-

0=4 k -

'

)„bB

=

ft 0

-

~-t en

Das },-te F eld der

o=l



· b Z2 n kexp - J 4 p 2- '

Spule der

1.

bJ-

-n=