GESCHICHTE Mag. Hans Rojacz

Einleitung Das FRED SINOWATZ HAUS EISENSTADT ist ein Haus mit Tradition. Gegründet im Jahre 1922, ist es von Anfang an Teil und Zeuge der Geschichte des jüngsten österreichischen Bundeslandes. In dieser langen und wechselvollen Zeit hat die Institution – durch den jeweils vorherrschenden „Zeitgeist“ bedingt – unterschiedliche Namensgebungen erfahren und war an verschiedenen „Adressen“ in Eisenstadt zu finden. Namensgebungen und Standorte seit 1922

von - bis

Bezeichnung

Standorte in Eisenstadt

1922 - 1934

Schülerheim

Bundesheerkaserne (heute: „Martinskaserne“)

1934 - 1938

Bundeskonvikt

Bundesheerkaserne (heute: „Martinskaserne“)

1938 - 1944

Staatliches Schülerheim

Engel - Wirtshaus, (Engelkaserne), heute "Haus der Begegnung“ im Stadtteil Oberberg – Eisenstadt

1944 - 1955

Bundeskonvikt

Durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse bedingt, kommt es zu einer Unterbrechung der erzieherischen Arbeit Bürgerspitalgasse Zweigstellen:

1955 - 1995

Bundeskonvikt

bis 1971 seit 1984 1990 - 1991

1995 - 2005

seit 2015

Bundesschülerheim

FRED SINOWATZ HAUS EISENSTADT Bundesschüler –und Schülerinnheim

Mädchenkonvikt im BG und BRG Eisenstadt Dependance in der LBS Eisenstadt WIFI Gölbeszeile -

Stammhaus

Gölbeszeile / Kaiserallee -

Dependance

Bürgerspitalgasse

Stammhaus

Gölbeszeile / Kaiserallee

Dependance

Bürgerspitalgasse

In der 1. Republik Eine Betrachtung der Geschichte lediglich der letzten 6 Jahrzehnte würde der gesellschaftspolitischen Bedeutung unseres Hauses für das Burgenland naturgemäß nur unzureichend gerecht werden. 1 Am 14. Mai 1922 beschloss der Ministerrat der Republik „in Eisenstadt eine achtklassige Mittelschule mit Internat zu errichten.“

Österreich,

Am 3. November 1922 wurden die ersten vier Klassen und das dazugehörige Schülerheim in der Bundesheerkaserne eröffnet. Der offizielle Unterricht begann am 6. November.

Bundesheerkaserne Eisenstadt Bundesrealgymnasium mit Schülerheim (Archiv des BG/BRG/BORG Eisenstadt)

Das Gebäude hatte zu diesem Zeitpunkt neben dem Militär auch den Burgenländischen Landtag als Mieter. Gnadenhalber wurde der dritte Stock der Schule und dem Schülerheim überlassen. Es kostete große Anstrengungen, unmittelbar nach der Angliederung des Burgenlandes an Österreich, eine höhere Unterrichtsanstalt samt Schülerheim aus dem bloßen aktenmäßigen Beschluss (Erlass des Unterrichtsamtes vom 24. Oktober 1922) in die lebendige Wirklichkeit umzusetzen. Dies an einem Ort, wo abgesehen von den kahlen Mauern der Schulkaserne, so gut wie alles fehlte. Aus dem räumlichen Nebeneinander wesensfremder Einrichtungen (Militär, Burgenländischer Landtag und Schule mit Schülerheim) unter einem Dach erwuchsen bald große Schwierigkeiten, die sowohl auf pädagogischem als auch auf hygienischem Gebiet große Sorgen bereiteten. Mussten doch zum Beispiel die Stiegenhäuser sowohl von Schülerinnen und Schülern, als auch von Soldaten und Beamten gleichzeitig benützt werden! Im September 1934 wurde das Schülerheim als Bundeskonvikt der Direktion der Österreichischen Bundeserziehungsanstalten unterstellt. Schule und Heim litten vom ersten Tag an unter empfindlicher Raumnot. Sowohl die Studierräume wie der Speisesaal des Schülerheimes wurden als Klassenräume Eine umfassende Betrachtung der Geschichte des Bundesschülerheimes Eisenstadt ist im Juni 2005 in einer Sonderausgabe der Heimzeitung L I V E erschienen. 1

verwendet. Das Schülerheim musste viele Einrichtungen und Räumlichkeiten entbehren, die wir heute als Voraussetzung für einen halbwegs „normalen“ Heimbetrieb betrachten. … Als ich im November 1925 als Erzieher des Schülerheimes in den Lehrkörper des Bundesrealgymnasiums Eisenstadt eintrat, war die Frage des Neubaues der Anstalt bereits aktuell. 2 Eine der ersten Anregungen, die Schule und das Heim in einem modernen Neubau unterzubringen, ist aktenmäßig vom Landesbauamt der Burgenländischen Landesregierung anlässlich der Adaptierungsarbeiten an der Schulkaserne am 17. Juli 1930 ausgesprochen worden. Ab dem Schuljahr 1934/1935 nahm das Neubauprojekt konkrete Formen an, per Erlass durch das Bautenministerium vom 31. Mai 1937 wurde ein Neubau von Schule und Konvikt bestimmt, 1938 wurde aus dem Bundesbudget die erste Baurate in der Höhe von 1,2 Million Schilling bereitgestellt. 

Zur Erlangung von Entwürfen für den Schulneubau mit Internat wurde vom Handelministerium ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, an dem sich 61 Bewerber beteiligten. Das Preisgericht hatte den ersten Preis dem Wiener Architekten Rudolf Perthen, einem Schüler von Otto Wagner, zuerkannt.

Das Jahr 1938 brachte für das Bundeskonvikt eine Zäsur. Die politischen Ereignisse verhinderten abrupt sämtliche Neubaupläne! Das Bundeskonvikt wurde zum „Staatlichen Schülerheim“ umgewandelt und in das aufgelöste „Burgenländische Knabenseminar“ im Engel – Gasthaus transferiert. Unter Mithilfe von Schülern wurde der „Umzug“ am 31. Oktober 1938 vollzogen. Engel – Gasthaus (Archiv des BG/BRG/BORG Eisenstadt)

Die räumliche Situation blieb - nach den gescheiterten Neubauplänen – äußerst unbefriedigend und unzulänglich. Das Schuljahr 1944/1945 wurde mit 102 Heimschülern eröffnet. Schließlich erzwangen die Kriegsereignisse die Schließung des Staatlichen Schülerheimes am 12. Oktober 1944. NOWAK, H.: Dem Bundesrealgymnasium in Eisenstadt. In: 30 Jahre Bundesrealgymnasium in Eisenstadt, 11. 2

In der 2. Republik Durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse bedingt, kommt es zu einer mehrjährigen Unterbrechung der erzieherischen Arbeit, das gesamte Inventar des Staatlichen Schülerheimes war in den letzten Kriegsmonaten zur Gänze vernichtet worden. Trotz intensiver Bemühungen fanden sich keine geeigneten Räumlichkeiten in der Landeshauptstadt, das Konvikt blieb somit bis 1955 ohne Heimstätte! Nach intensiven Bemühungen seitens der Schule, der Elternschaft und der Landespolitiker anerkannte das Bundesministerium für Unterricht die Forderungen als zu Recht bestehend und bezeichnete die Durchführung des Neubaues als Einlösung des einst gegebenen Versprechens aus dem Jahre 1937. Das Amt der Burgenländischen Landesregierung lud die Vertreter der Bundesministerien für Finanzen, Unterricht und Handel und Wiederaufbau zu einer Besprechung am 12. April 1950 nach Eisenstadt ein. Diese Verhandlungen an Ort und Stelle förderten das Werk so entscheidend, dass das Bundesministerium für Finanzen der Aufnahme des Neubaues des Bundesrealgymnasiums und des Bundeskonviktes in das Bundesbauprogramm 1950 zugestimmt hatte. Die Grundsteinlegung für das gesamte Bauvorhaben wurde in einer eindrucksvollen Feier in Anwesenheit von Bundes- und Landespolitikern, der Beamtenschaft von Bund und Land und vor allem der Lehrer und Lehrerinnen und Schüler und Schülerinnen am 12. Oktober 1950 gelegt. Die im Jahre 1937 von Rudolf Perthen entworfenen Baupläne waren auf Grund vieler seither durchgeführter Neuerungen im Schulwesen überholt. Zu Beginn des Jahres 1950 legte DI Freyler dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau die neuen Besprechungspläne vor, darin waren die bei Besichtigungen von Schulen im In- und Ausland gemachten Erfahrungen berücksichtigt. Das Gesamtprojekt wurde in den Jahren 1950 bis 1955 in mehreren Bauetappen verwirklicht.

Bundesrealgymnasium und Bundeskonvikt (nach Gustav Freyler) (Landesarchiv)

Um eine gewisse Erleichterung der prekären Situation für die Schülerinnen und Schüler zu schaffen, hatte sich die Direktion des Bundesrealgymnasiums und eine Gruppe von engagierten Mitgliedern des Lehrkörpers dazu entschlossen, bereits mit der Eröffnung des neuen Schulgebäudes eine „Heimschule“ (Halbinternat) anzubieten. Somit nahm am 1. November 1952 als Bundeskonvikt Eisenstadt seinen Betrieb in Form eines Halbkonviktes wieder auf! Nach der feierlichen Eröffnung des Bundesrealgymnasiums Eisenstadt am 21. Jänner 1953 wurde in den Jahren von 1953 bis 1955 die zweite Bauetappe des Gesamtprojektes realisiert. … In Eisenstadt wurde mit dem Bau des Schülerheimes und dem zugehörigen Lehrerwohngebäude begonnen. Der Bau soll heuer noch unter Dach kommen, sodass während des Winters die Installationsarbeiten durchgeführt werden können. An diesem Bau sind rund 150 Arbeiter beschäftigt, von denen ein Teil auch während des Winters Arbeit finden wird. 3

Bundeskonvikt Eisenstadt (nach Gustav Freyler) (Archiv des Bundesschülerheimes)

Architekt DI Gustav Freyler versuchte, trotz der klaren Linienführung des Gebäudes, ein Heim für die studierende Jugend zu schaffen, das nicht den Stempel einer „Kaserne“ trägt. Dabei wurde auf alle Erfordernisse einer modernen Heimerziehung aus damaliger Sicht Bedacht genommen. Die Gruppierung der Räume erfolgte unter Vermeidung langer Gänge, dadurch ließ sich schon allein durch die bauliche Anlage eine engere 3

Bau eines Schülerheimes in Eisenstadt: In: Oberwarter Zeitung 76, 1. November 1953.

Gemeinschaft zwischen Schülern und Erziehern erzielen. Das Bundeskonvikt wurde als viergeschossiger Bau für die Aufnahme von 125 Schülern konzipiert. Im Sommer 1955 war der gesamte von der Republik Österreich errichtete Komplex, der das Bundesrealgymnasium als modernstes Mittelschulgebäude des Staates, das Bundeskonvikt, die Sport- und Gartenanlagen und das Lehrerwohnhaus umfasste, baulich fertig gestellt. Die gesamten Baukosten beliefen sich auf mehr als 21 Millionen Schilling, dazu kamen noch die Kosten für die Einrichtung der Objekte. 4 Die Verwirklichung des Neubaues des Bundesrealgymnasiums und des Bundeskonviktes in Eisenstadt stellte das erste Bauvorhaben des Bundesministeriums für Unterricht in der Nachkriegszeit dar. Die junge Republik, die gerade in den Jahren von 1950 bis 1955 um die Erlangung ihrer vollen völkerrechtlichen Souveränität kämpfte, wollte mit diesen Neubauten bewusste Zeichen setzen, einerseits als Dank und Würdigung der 30- jährigen Zugehörigkeit des Burgenlandes zu Österreich, und andererseits als politisches Signal an die vier Besatzungsmächte. Nach mehr als 30 Jahren mit verschieden Provisorien hatte damit das Bundeskonvikt Eisenstadt erstmals ein, den erzieherischen Ansprüchen eines modernen Heimbetriebes gerecht werdendes, eigenes Zuhause in der Bürgerspitalgasse!

Am 8. September 1955 wurde, erstmals in der Geschichte des Hauses seit 1922, ein Burgenländer mit der Führung des Bundeskonviktes betraut. Der gebürtige Stoober, Professor Florian Trummer, wurde im Alter von erst 34 Jahren zum provisorischen Konviktsleiter ernannt Direktor Florian Trummer sollte nun die Geschicke des Hauses fast 30 Jahre lang umsichtig lenken!

Professor Florian Trummer Leiter / Direktor 1955 – 1984 (Archiv des Bundesschülerheimes)

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Bundesschülerheim in Eisenstadt eröffnet: In: Burgenländische Freiheit, 30. Oktober 1955.

Am 6. September 1955 wurde der Vollinternatsbetrieb in der Bürgerspitalgasse 5 aufgenommen und durch ein Halbkonvikt ergänzt. Aufgenommen wurden insgesamt 106 Jugendliche, davon 85 Knaben und – erstmals seit der Gründung des Heimes im Jahre 1922 - 21 Mädchen. 

Die Mädchen fanden aber – noch nicht – ihr Domizil im eigentlichen Heimgebäude, sondern sie wurden im Bundesrealgymnasium, im Bereich des heutigen Verwaltungstraktes der Schule (Direktion, Sekretariat und Konferenzzimmer) untergebracht.

Zusätzlich zu den „Vollinternen“ wurden, ebenfalls in den Räumlichkeiten des Bundesrealgymnasiums, 34 Knaben und 14 Mädchen „halbintern“ betreut. Am Freitag, dem 21. Oktober 1955, wurde das Bundeskonvikt Eisenstadt feierlich seiner offiziellen Bestimmung übergeben. Ein Team von interessanten Erzieherpersönlichkeiten, die später vielfach im Burgenland zu höheren Aufgaben berufen wurden, setzte in dieser „Gründerzeit des Bundeskonviktes“ die pädagogischen Akzente im Haus in der Bürgerspitalgasse. 6

Das Erzieherteam des BK Eisenstadt im Jahre 1962 (Archiv des Bundesschülerheimes)

Konviktsleiter Trummer, nicht nur durchdrungen von seinem Unterrichtsfach Philosophie, sondern auch von der Überzeugung, dass eine moderne Erziehung sich nicht in herkömmlichen Bahnen bewegen könne, förderte jede Eigeninitiative seiner Erzieher und war in der Beschaffung der materiellen Voraussetzungen hiefür sehr großzügig. Sport und Im Jahre 1962 wurde das alte Bürgerspital in der Neusiedlerstraße, in dem seit Jahrhunderten verarmte und kranke Männer und Frauen von Eisenstadt ihren harten Lebensabend verbracht haben, abgerissen, ebenso die Bürgerspitalskapelle. Während des Krieges diente es auch als Gefangenenhaus. Heute steht auf diesem Platz das Gebäude der Bank Burgenland. 6 siehe dazu auch: DUJMOVITS, W.: Erinnerungen eines alten Erziehers. 5

Spiel wurden jede Menge betrieben, eine Meisterschaft jagte die andere. Kein Wunder, denn die Hälfte der Erzieher und Erzieherinnen waren Turnprofessoren. Neben Fußball und Basketball wurde vor allem der Handballsport großgeschrieben. … Dies führte dazu, dass eine Konviktsauswahl die österreichische Handball – Juniorenauswahl in der Wiener Stadthalle deklassierte und das BRG Eisenstadt und das Bundeskonvikt Eisenstadt ab dann als eine österreichische Hochburg des Handballsports bekannt war. 7

Handballmannschaft des Bundeskonviktes Eisenstadt, Linz 1963 (Archiv des Bundesschülerheimes)

v.l.n.r.: Gmasz, Geistlinger, Bauer, Swoboda, Hufnagel, Fröch, Lackner, Kroiss, Göltl, Sattler, Palkovics, Feymann, Unger Die Handballmannschaft des Bundeskonviktes Eisenstadt war oftmaliger offizieller österreichischer Vertreter bei Internationalen Handballturnieren (1965, 1966 und 1967 in Doetinchen / NL; 1968 in Wiesbaden / BRD; 1970 in Göppingen / BRD). 

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Den absoluten Höhepunkt in der Geschichte des „Handballkonviktes Eisenstadt“ bildete wohl die Austragung der Europameisterschaften der Schulen im Hallenhandball vom 5. bis 7. Juni 1969 in Eisenstadt!

UNGER, G.: Historischer Rückblick. Seit 1953, 43.

Neben diesem sportlichen Schwerpunkt wurden seitens der Konviktsleitung und dem Erzieher- und Erzierherinnenteam ganz bewusst auch Akzente auf dem kulturellen Sektor gesetzt. 

Besonders herausgehoben sei die Herausgabe einer eigenen Konviktszeitung („Kleiner Konvikts – Kurier“) durch die Zöglinge im Oktober 1959, zu einem Zeitpunkt, in dem es noch nicht „modern“ war, solches zu tun.



Einen hohen Stellenwert nahm das Musizieren im Bundeskonvikt Eisenstadt ein. Da gab es ein Konviktsblasorchester und eine Jazzband. Am 8. Dezember 1965 fand die konstituierende Sitzung des Vereines „Jugendmusikkapelle im Bundeskonvikt Eisenstadt“ statt.

Am 2. Juni 1970 wurde Professor Franz Jurasowitsch zum Direktor des BG und BRG Eisenstadt ernannt. Die größte Sorge des neuen Direktors galt der Schaffung zusätzlichen Klassenraumes für die Unterbringung der von Jahr zu Jahr steigenden Schüler- und Schülerinnenzahl. Aus diesem Grunde wurde mit Ende des Schuljahres 1970/1971 die Umquartierung des Mädchenkonviktes in das eigentliche Konviktsgebäude in die Wege geleitet. Die Mädchen konnten aber nur sehr notdürftig im Hause untergebracht werden. Die in den 1960er Jahren eingeleitete „Burgenländische Bildungsoffensive“ setzte sich das Ziel, in jedem Bezirksvorort eine Allgemeinbildende Höhere Schule und zumeist auch eine Berufsbildende Höhere Schule zu errichten. Mit dem gleichzeitigen Ausbau des Straßennetzes, der rasant zunehmenden individuellen räumlichen Mobilität der Bevölkerung und letztendlich der Einführung der Schülerfreifahrten im Jahre 1974 änderten sich die Rahmenbedingungen für das Bundeskonvikt Eisenstadt grundlegend. 

Es war nun für die Schülerinnen und Schüler bequemer und kostengünstiger, die Höheren Schulen in ihren jeweiligen Heimatbezirken zu besuchen. Die Zahl der Internatsschüler- und Schülerinnen begann gegen Ende der 1970er Jahre bedrohlich zu sinken.

Die Gründung der HTBLA Eisenstadt … Der Bund beabsichtigt, mit Schuljahresbeginn 1972/1973 eine HTBLA in Eisenstadt, aufbauend mit dem ersten Jahrgang einer Höheren Abteilung für Maschinenbau, zu führen. 8 Zum Zeitpunkt der Gründung dieser Berufsbildenden Höheren Schule konnte noch niemand erahnen, welche Bedeutung diese neue bildungspolitische Institution für das 8

25 Jahre Höhere Technische Bundeslehranstalt Eisenstadt, 38.

Bundeskonvikt Eisenstadt erlangen würde. Es lag auf der Hand, die HTBLA – Schüler im bestehenden Bundeskonvikt, das seinerseits mit sinkenden Zöglingszahlen konfrontiert war, unterzubringen! 

Sechs Schüler des 1. Jahrganges fanden im September 1972 Unterkunft im Bundeskonvikt Eisenstadt. Mit der Aufnahme dieser Schüler wurde ein Umstrukturierungsprozess im Haus in der Bürgerspitalgasse eingeleitet, der im Herbst 1984 seinen Abschluss finden sollte.

1982 erfuhr das Bildungsangebot der HTBLA Eisenstadt eine neuerliche und für das Bundeskonvikt Eisenstadt mehr als entscheidende Ausweitung. ... Die Direktion der HTBLA – Eisenstadt gibt bekannt, dass beginnend mit dem Schuljahr 1982/1983 die Abteilung Flugtechnik und die Abteilung Werkstofftechnologie eröffnet werden. Da beide Abteilungen nur in Eisenstadt geführt werden, ist mit Schülern aus dem ganzen Bundesgebiet zu rechnen. 9 Der ständig steigende Schülerzustrom an die HTBLA Eisenstadt aus ganz Österreich war mit einer stark steigenden Nachfrage nach Internatsplätzen im Bundeskonvikt Eisenstadt verbunden. Mit Ende des Schuljahres 1983/1984 verließen die letzten Heimzöglinge, die ihrerseits Schülerinnen und Schüler des BG und BRG Eisenstadt waren, das Bundeskonvikt. Somit endete im Sommer 1984 eine mehr als 60 Jahre andauernde Tradition: Die jahrzehntelange Lebensgemeinschaft zwischen dem BG und BRG Eisenstadt und dem Bundeskonvikt Eisenstadt gab es nicht mehr. Seit dem Schuljahr 1984/1985 steht unser Heim vornehmlich Schülerinnen und Schülern der HTBLA Eisenstadt als Bildungsanstalt zur Verfügung. Demzufolge hat sich auch das Einzugsgebiet des Hauses grundlegend geändert. Einstmals für Schülerinnen und Schüler des Burgenlandes gebaut, dient es heute als Ausbildungs- und Heimstätte für Schülerinnen und Schüler aus dem gesamten österreichischen Bundesgebiet!

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HTBLA Eisenstadt, Zahl 710 / 1070 – 1981 vom 28. September 1981.

Nach fast 30 Jahren an der Spitze des Bundeskonviktes Eisenstadt wurde Direktor Florian Trummer mit Wirkung vom 31. August 1984 in den Ruhestand versetzt. Der in St. Georgen am Leithagebirge geborene und damals 59jährige Professor Robert Höfer wurde mit Wirksamkeit vom 1. August 1984 mit der Wahrnehmung der Agenden des Direktors am Bundeskonvikt Eisenstadt beauftragt, schließlich mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1985 zum Direktor des Bundeskonviktes Eisenstadt ernannt.

Professor Robert Höfer Direktor 1984 – 1988 (Archiv des Bundesschülerheimes)

Direktor Höfer kannte den Dienstbetrieb am Bundeskonvikt Eisenstadt aus seiner 16jährigen Tätigkeit als Vollerzieher bestens. Die bereits zu Beginn der 1980er Jahre unter Direktor Florian Trummer eingeleiteten Baumaßnahmen wurden zügig fortgesetzt, mit Beginn des Schuljahres 1984/1985 schlossen sich die Tore zum Mädchenkonvikt, weil die Zahl der Mädchen drastisch zurückgegangen war. Gleichzeitig ließ der stetig steigende Platzbedarf für die Schüler der HTBLA Eisenstadt ein Weiterführen der Mädchenabteilung nicht mehr zu. Aufgrund eines Bedarfes von 190 Heimplätzen für das Schuljahr 1984/1985 griff der Bund auf ihm vertraglich zugesicherte Internatsplätze in den Räumlichkeiten der Landesberufsschule Eisenstadt zu. … Durch Vertrag zwischen dem Bund und dem Land Burgenland wurden 72 Pensionsplätze für vom Bund nominierte Schüler im Internat der Landesberufsschule Eisenstadt vorgesehen. Im Schuljahr 1984/1985 werden nunmehr 60 Plätze in Anspruch genommen werden. 10 Das Bundeskonvikt Eisenstadt besitzt somit - durchgehend seit dem Jahre 1984 – eine Dependance, die heute vor allem von Schülern und Schülerinnen aus dem ostösterreichischen Raum genutzt wird!

Benutzung von Heimplätzen im Internat der Landesberufsschule Eisenstadt durch Schüler von Bundesschulen. LSR / II – 1339 / 14 – 1984 vom 25. Mai 1984. 10

In den Jahren von 1984 bis 1988 erfuhr auch das Sport- und Freizeitangebot des Hauses eine entscheidende Erweiterung. 11 Neben dem Radsport wurden neue „Trendsportarten“ (Surfen) in das Angebot des Hauses aufgenommen, am 21. November 1985 konstituierte sich der Verein „Sportclub im Bundeskonvikt Eisenstadt“. Mit Wirkung vom 30. Juni 1988 wurde Direktor Robert Höfer in den Ruhestand versetzt. Der in Donnerskirchen geborene und damals 49jährige Professor Horst Gmasz wurde mit Wirksamkeit vom 1. September 1988 zum Direktor des Bundeskonviktes Eisenstadt ernannt. So wie sein Vorgänger, war auch Direktor Gmasz mit dem Dienstbetrieb aus seiner fast 25jährigen Tätigkeit als Vollerzieher bzw. als Personalvertreter sehr gut vertraut.

Professor Horst Gmasz Direktor 1988 – 1999 (Archiv des Bundesschülerheimes)

Durch den Vollausbau der beiden bundesweiten Unikatsabteilungen MB Flugtechnik und MB Werkstofftechnologie an der HTBLA Eisenstadt stieg die Zahl der Heimschüler seit Mitte der 1980er Jahre ständig an. Die Schaffung von zusätzlichen Internatsplätzen war daher ein Gebot der Stunde. 1988 konnten erstmals nicht alle Bewerber einen Internatsplatz in den Räumlichkeiten des Bundeskonviktes Eisenstadt bekommen. Es mussten Betten in dafür geeigneten Räumlichkeiten in der Nähe der HTBLA Eisenstadt angemietet werden (Landwirtschaftliche Fachschule Eisenstadt, WIFI). Diese Expansion verursachte vielfältige Organisationsprobleme, aber mit Engagement und Flexibilität aller Mitarbeiter des Hauses war es immer möglich, den Interessenten die erforderlichen Internatsplätze zur Verfügung zu stellen! … Insgesamt werden 305 Schüler betreut, wobei 266 eine direkte Betreuung im Haupthaus, in der Dependance und im WIFI erfahren und vom Haupthaus in der Bürgerspitalgasse aus verwaltet werden. Diese Zunahme an Schülern hatte zur Folge, dass

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siehe dazu auch: HÖFER, R.: Erinnerungen eines Konviktsleiters.

der Arbeits- und Verwaltungsaufwand angestiegen ist. … Das Personal in der Küche fühlt sich überlastet und an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. 12 Mit Wirkung vom 1. Jänner 1992 wurde das Bundeskonvikt Eisenstadt in den Verwaltungsbereich Berufsbildende Höhere Schulen übergestellt, mit Wirkung vom 20. Juli 1995 wurde das Bundeskonvikt Eisenstadt in Bundesschülerheim Eisenstadt umbenannt. Das Bundesschülerheim Eisenstadt gehörte in den 1990er Jahren durch verschiedene, von der Direktion durchgeführte Maßnahmen zu den betriebswirtschaftlich am besten geführten Heimen Österreichs. 13 Der besonderen Bedeutung des Sportes sowie der Freizeitgestaltung Bundesschülerheim wurde auch in den 1990er Jahren Rechnung getragen.

am

In den Zeiten der Umstrukturierung und der damit verbundenen Expansion des Bundeskonviktes Eisenstadt hat sich naturgemäß auch die Anzahl (1986 betreuten insgesamt 27 Voll- und Halberzieher die Heimschüler) und die Zusammensetzung des Erzieherteams grundlegend verändert. Mit Wirkung vom 28. Februar 1999 wurde Direktor Horst Gmasz in den Ruhestand versetzt, als dienstältester Erzieher wurde Professor Franz Bauer mit Wirkung vom 1. März 1999 mit der provisorischen Leitung des Bundesschülerheimes Eisenstadt betraut. Aufgrund eines Kollegiumsbeschlusses des Landesschulrates für Burgenland vom 28. Juni 1999 wurde der aus Eisenstadt stammende, und damals fast 50jährige Professor Peter Kovacs, mit Wirkung vom 1. September 1999 mit der Leitung des Bundesschülerheimes Eisenstadt betraut, mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 1. Mai 2001 zum Direktor des Bundesschülerheimes Eisenstadt ernannt.

Professor Peter Kovacs Leiter / Direktor seit 1999 (Archiv des Bundesschülerheimes)

Protokoll der Erziehersitzung vom 5. September 1990. Vgl. dazu: Dienstbesprechung der Leiter der Bundesschülerheime. LSR / II – 17 / 76 – 1997 vom 1. April 1997. 12 13

Wie seine beiden Vorgänger, Direktor Höfer und Direktor Gmasz, kannte auch Direktor Kovacs den Dienstbetrieb am Bundesschülerheim Eisenstadt aus seiner rund 20jährigen Tätigkeit als Erzieher bestens. Vom Anbeginn seiner Amtstätigkeit setzte Direktor Kovacs einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf die innere Heimentwicklung. Dabei soll sich das Bundesschülerheim Eisenstadt als moderner Dienstleistungsbetrieb in seinem schulischen und außerschulischen Umfeld positionieren. Als sichtbarer Ausdruck dieser 1999 eingeleiteten Entwicklungen „BSH neu“ wären zu nennen:     

Schaffung eines „Logos“ des Bundesschülerheimes Eisenstadt Einführung von „Kennenlerntagen“ Wiederbelebung der Tradition einer Heimzeitung ( L I V E ) Erstellung eines Leitbildes des Bundesschülerheimes Eisenstadt Evaluation von Schülerpräferenzen

Seit dem Jahre 1999 erfuhren sowohl das Haupthaus als auch die Dependance (Generalsanierung) entscheidende bauliche Veränderungen. In den letzten Jahren wurde das traditionellerweise breit gefächerte Sport- und Freizeitangebot des Bundesschülerheimes Eisenstadt noch weiter ausgebaut. In diesem Zusammenhang zu nennen wären die Einführung eines eigenen „Wintersporttages des BSH“, sowie der Sportart „Bogenschießen“, die jährlich stattfindenden Fußballspiele gegen die Maturanten, die Teilnahme an Heimvergleichswettkämpfen und Schulschimeisterschaften. Um die ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung der Schüler und Schülerinnen zu fördern, wurden verschiedenste Akzente zur sinnvollen Freizeitgestaltung gesetzt. Der bestehende Bastelraum erfuhr eine Erweiterung um einen Brennofen für Tongegenstände, die alte Heimbibliothek in ein Lern- und Informationszentrum umgewandelt. Fotowettbewerbe, Lesungen, Ausstellungen und Diskussionsveranstaltungen runden das umfangreiche musisch – kreative Angebot des Hauses heute ab. Der im Februar 2003 erfolgte Beitritt zu „Ökolog“ soll schließlich generell dazu beitragen, die Lebensqualität und das Umweltbewusstsein am Bundesschülerheim zu steigern. Direktor Mag. Peter Kovacs wurde mit ‚Wirkung vom 31. August 2010 in den Ruhestand versetzt, seit dem 1. September 2010 ist Mag. Hans Rojacz mit der Leitung des Hauses betraut. Das Bundesschülerheim Eisenstadt, Haus Bürgerspitalgasse 3, wurde in den Jahren 2014 bis 2016 einer umfangreichen Generalsanierung unterzogen. Am 8. Jänner 2017 konnte in der Vollbetrieb in unserem Stammhaus wieder aufgenommen werden.

Unseren Schülerinnen und Schülern stehen nunmehr in der Bürgerspitalgasse 3 insgesamt 154 Heimbetten zur Verfügung, alle Zimmer (Zweibettzimmerbasis) wurden auf den heutigen Stand von Komfort und Technik gebracht! Ein Herzstück unseres Stammhauses, die Betriebsküche, wurde ebenfalls räumlich und funktional vollkommen neu konzipiert! In den letzten Jahren ist es wieder gelungen, eine eigene Mädchenabteilung aufzubauen. Somit endete mit der Vollinbetriebnahme unseres Stammhauses nach mehr als 30 Jahren auch eine „unfreiwillige Wanderschaft“ für unsere an Technik interessierten! Mit Wirkung vom 23. Juni 2015 wurde das Bundesschülerheim Eisenstadt umbenannt: FRED SINOWATZ HAUS EISENSTADT Bundesschüler- und Schülerinnenheim Dr. FRED SINOWATZ Dr. Fred Sinowatz, * 5.2.1929 in Neufeld/Leitha, 1971-1983 Bundesminister für Unterricht, Kunst und Sport, 1983-1986 Bundeskanzler der Republik Österreich. + 11.8.2008 in Wien. Der bedeutende Burgenländer Fred Sinowatz prägte als Unterrichtsminister die österreichische Bildungslandschaft nachhaltig. Die große Bildungsreform unter Bundeskanzler Kreisky ist untrennbar mit seinem Namen verknüpft. Die sozialen Zugangsschranken zu höherer Bildung wurden durch die Einführung der Gratis- Schulbücher und der freien Schulfahrt beseitigt. Schul- und Heimbeihilfen und der gezielte Ausbau höherer Schulen an vielen neuen Standorten erleichterten einer ganzen österreichischen Schülergeneration den Abschluss einer AHS oder BHS wesentlich. Für Sinowatz war Bildungspolitik Motor der gesellschaftlichen Entwicklung. Ende der 1960er Jahre befand sich die österreichische Schule in einer schweren Krise. Lehrermangel, akute Schulraumnot, überfüllte Klassen, ein krasses Stadt- LandBildungsgefälle und eine chronische Unterdotation des Bildungsbudgets waren kennzeichnend. Für etwa 30% aller Jugendlichen war nach dem Pflichtschulabschluss nur mehr der Weg zur Berufslehre offen. Für etwa 75.000 österreichische Schüler gab es nur den Volksschulabschluss, weil weiterführende Schulen vor allem in den ländlichen Gebieten fehlten. In manchen österreichischen Bezirken in der Steiermark, in Tirol oder in Oberösterreich besuchten nur 10-15% der Fünfzehnjährigen weiterführende Schulen. Auf Grund des Lehrermangels entfielen rund 5% der gesetzlich vorgeschriebenen Unterrichtsstunden. Gegenstände wie Turnen, Mathematik, Physik, Englisch und Latein waren davon besonders betroffen. Der Mädchenanteil an Maturanten betrug etwa 25%, heute sind es mehr als 60%!

In den 1970er Jahren kam es zu einer regelrechten Bildungsexplosion. Entsprechend dem regionalen Bedarf, der demographischen Entwicklung und den Standortanalysen wurden neue Schulen und Schultypen errichtet. Wie politisch kontroversiell und ideologiebehaftet die öffentliche Diskussion geführt wurde, zeigten die politischen Wortschöpfungen „Eintopfschule“, „Zwangstagsschule“ oder „Wegwerfbuch“. Da die angestrebten Reformschritte politisch nicht zu erreichen waren, kam es zu einer zum Teil ausufernden Schulversuchsphase. Bereits in der Regierungserklärung vom 27. April 1970 bekannte sich die damalige Bundesregierung zu einem verstärkten Ausbau des berufsbildenden Schulwesens, welches bis zu diesem Zeitpunkt klar im Schatten der allgemeinbildenden Schulen stand. Von diesem Bildungsvorhaben profitierte vor allem das Burgenland besonders stark – und hier vor allem der Schulstandort Eisenstadt mit dem Bau des neuen Bundesschulzentrums. Während es im Wintersemester 1969/70 an Österreichs Universitäten bzw. Hochschulen 6.300 Erstinskribierende gab, waren das 10 Jahre später bereits 16.000. Folgende Zahlen belegen diese Entwicklung: An den Berufsschulen betrug die Zunahme 97%, an den berufsbildenden mittleren Schulen 103% und an den berufsbildenden höheren Schulen gar 273%. Es gibt in ganz Österreich nur eine Schule, die den Namen dieses bedeutenden Unterrichtsministers trägt, nämlich die Sporthauptschule Wiener Neustadt. Es ist mir daher eine ganz große Freude, dass das Bundesschülerheim Eisenstadt ab nun den Namen des großen Mentors – vor allem des berufsbildenden – Schulwesens tragen wird. Meine Freude ist auch deswegen so groß, weil ich selbst von 1957-1965 Zögling dieses Internats war.

Mag. Dr. Walter Feymann

UNSER LEITBILD Unser Heim ist traditionsreich. Unsere Schülerinnen und Schüler kommen aus dem gesamten Bundesgebiet. Unser fachlich kompetentes Team ist bestrebt, den Absolventen Qualifikationen wie Teamfähigkeit, soziale Kompetenz und Eigenverantwortung zu vermitteln. Dabei wird einerseits auf eine demokratische Vereinbarungskultur und andererseits auf das Schaffen einer positiven Lernatmosphäre besonderes Augenmerk gelegt. Ein breit gefächertes Sport- und Freizeitangebot ist die notwendige Ergänzung der Persönlichkeitsbildung. Konstruktives Zusammenarbeiten aller Heimpartner ermöglicht das Erreichen unserer Ziele.