Nachricht, Bericht und andere Darstellungsformen Informationen für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sollen schnell informieren. Journalistische Darstellungsformen, die diesen Anforderungen sehr gut gerecht werden, sind die Nachricht und der Bericht.

1. Die Nachricht Die Nachricht ist die geeignete Form, um einen konkreten Sachverhalt darzustellen. Im Idealfall vermittelt sie die Antwort auf die sechs W-Fragen: Was? Wann? Wo? Wer? Wie? Warum? Vor dem Schreiben steht die Auswahl: Ist das Thema neu und überraschend? Hat es für meine Leser einen Nutzwert oder interessiert es sie aus anderen Gründen? Ist das Thema wichtig, weil es bereits debattiert wird? Wird man darüber reden? Gibt es objektive Vorgaben, dieses Thema zu veröffentlichen (Chronistenpflicht)? Sind die handelnden Personen bedeutend? Je mehr dieser Fragen sich mit „Ja“ beantworten lassen, desto größer ist der Nachrichtenwert. Umso eher sollte also das Thema veröffentlicht, umso prominenter platziert werden. Der Aufbau einer Nachricht folgt dem Prinzip der „umgekehrten Pyramide“: Das Wichtigste (der „Kern“) steht bereits im ersten Satz. Im folgt die Quellenangabe sowie weitere Informationen zu dem konkreten Sachverhalt, die fließend in die „Feinauflösung“ übergehen, die den Hintergrund des Sachverhaltes ausleuchtet. Wichtig: „Tell one story only!“ Es wird ein abgegrenzter Sachverhalt geschildert. Das bedeutet, die weiteren Informationen und die Feinauflösung stehen in einem engen inhaltlichen Zusammenhang zum Kern der Nachricht, vermitteln aber keine neuen Hauptinformationen. Wer allgemein verständliche Nachrichten schreiben möchte, sollte folgende Regeln beherzigen: • Ein einfacher Satzbau erleichtert das Verstehen. Möglichst Hauptsätze, wenig Nebensätze, keine Schachtelsätze. 20 Worte sind die Obergrenze. • Zielgruppe beachten: Was muss mein Leser wissen? Was interessiert ihn wirklich? • Komplizierte Sachverhalte auflösen. Leitfrage: Würde ich es als Außenstehender ohne Vorkenntnisse so verstehen? • Subjekt, Verb und Objekt möglichst eng zusammen halten: Wer tut was? • Das Wichtigste steht am Satzende. • Möglichst aktiv statt passiv schreiben. Wörtliche Rede – als solche eindeutig gekennzeichnet – belebt ebenfalls. • Füllworte, Substantive auf „-ung“ und „-keit“, Behörden- und Politikerdeutsch vermeiden.

Nachricht, Bericht und andere Darstellungsformen

Beispiele:

Vergewaltigung hielt Polizei in Atem Rostock • Gegen 22 Uhr kam gestern Abend eine 28-jährige Verkäuferin, die im Warenhaus „Kaufhof“ arbeitet, der sich in der Innenstadt befindet, in ihre kürzlich gemietete Wohnung in der Parkstraße. Als sie die vollsanierte, geflieste Toilette auf dem Flur aufsuchen wollte, stand plötzlich ein junger Mann vor ihr, der sie mit der Pistole bedrohte und in die Wohnung zurückdrängen wollte. Die Frau konnte allerdings noch in ihre Zimmer flüchten und die Tür vor dem Mann abschließen. Einige Zeit später hörte sie einen Knall vor ihrem Wohnungsfenster, das auf die wenig belebte Gasse hinausgeht. Sie lief daher auf den Flur zurück, um bei den Nachbarn Schutz zu suchen. Der Täter war jedoch zwischenzeitlich ebenfalls in den Hausflur zurückgekehrt und drängte die Verkäuferin unter Vorhalt der Pistole in ihre Wohnung. Dort zwang er sie, sich auszuziehen; anschließend kam es zu einer Vergewaltigung der jungen Frau, der noch dazu aus ihrer Geldbörse 50 Euro entwendet wurden. Aufgrund einer präzisen Personenbeschreibung, die das Opfer gegenüber den auf den Notruf hin sofort herbeigeeilten Polizeibeamten der Wache 4 abgab, konnten die ermittelnden Beamten den 19jährigen Täter im Rahmen einer großräumigen Fahndung in einer wenig besuchten Gaststätte am Saarplatz in Gewahrsam nehmen. Nach Auskunft des zuständigen Polizeiobermeisters K. war er in Volltrunkenheit angetroffen worden. An seinen Stiefeln klebte noch Lehm und Gras vom Hinterhof der überfallenen jungen Frau. Auch ein Abdruck seines Schuhabsatzes wurde dort gefunden.

Polizei fasst mutmaßlichen Vergewaltiger Rostock • Die Polizei hat gestern Abend einen mutmaßlichen Vergewaltiger kurz nach der Tat gestellt. Wie die Beamten mitteilen, hatte der 19-jährige Tatverdächtige einer 28-jährige Frau offenbar vor ihrer Wohnung mit einer Waffe aufgelauert. Nachdem das Opfer zunächst flüchten konnte, drang er schließlich doch in ihre Wohnung ein, vergewaltigte die Frau und raubte ihr 50 Euro. Da das Opfer den Täter genau beschrieben hatte, konnte die sofort alarmierte Polizei wenig später den Verdächtigen in einer Gaststätte festnehmen. Er war stark betrunken. Die Beamten stellten Beweismittel sicher, darunter ein Schuhabdruck am Tatort sowie Spuren an den Stiefeln des Verdächtigen. In Rostock wurden 2003 rund 50 Vergewaltigungen angezeigt; in diesem Jahr waren es bislang 35. Rund drei Viertel der Taten werden aufgeklärt.

2

Nachricht, Bericht und andere Darstellungsformen

2. Der Bericht Der Bericht ist eine ausgebaute Nachricht und die informierende journalistische Darstellungsform schlechthin: Die einfache Wiedergabe eines Handlungsverlaufs ohne ausmalende Beschreibung. Gegenüber der Nachricht vermittelt der Bericht komplexere Handlungszusammenhänge. Letztlich sind die Übergänge zwischen beiden Stilformen fließend; meist werden sie über die Länge definiert (Nachricht = „Einspalter“; Bericht = „Mehrspalter“). Alles für die Nachricht Wesentliche gilt gleichermaßen für den Bericht: • Wer? - Um welche Personen oder Instanzen geht es? Wer handelt - oder: wer hat hier gehandelt? • Was? - Worum dreht es sich überhaupt? • Wo? - Wo, an welchem Ort, spielte sich das Ereignis ab? Oder: Wo wird es sich abspielen? Wo dauert es an? • Wann? - Wann spielte sich das Ganze ab? Oder: In welchem Zeitraum findet es statt? / In welchem Zeitraum fand es statt / wird es stattfinden? • Wie? - Wie sind die Rahmenbedingungen des Ereignisses? • Warum? - Wozu dient das Ganze? Wem nützt es? Wem könnte es schaden? Worin liegen die Motive / Motivationen der handelnden Personen? • Mit wessen Hilfe? • Gegen / mit wessen Willen? Die W-Fragen sind ihrer Natur nach als offene Fragen angelegt. Die Beantwortung läßt kein lapidares Ja oder Nein zu - und insofern erhöht sich die Fülle und Vielschichtigkeit der Information. Der Bericht geht also – je nach den Umständen –mehr in die „Breite“ und/oder die „Tiefe“ eines Themas. Wie bei der Nachricht gilt: Das Wichtigste gehört an den Anfang. Der weitere Textverlauf folgt dem Prinzip abnehmender Wichtigkeit.

3

Nachricht, Bericht und andere Darstellungsformen

Beispiele:

Gewerkschafter verbrachten interessantes Wochenende Der Bezirksverstand des ver.di-Fachbereichs X hat am zurückliegenden Wochenende seine alljährliche Jahresklausur diesmal im Hotel „Zum flotten Wiesel“ in Hasenholz durchgeführt. Mit dabei waren unter anderem auch die Vertrauensleute aus den Verlagen und einigen anderen Betrieben, die aber nicht an der eigentlichen Beratung teilnahmen, sondern ein Seminar durchführten. Nachdem die Anreise pünktlich durchgeführt worden war, trafen sich alle Mitglieder und die Vertrauensleute zu einem gemeinsamen Frühstück. Dann begannen die Beratungen und das Seminar. Dabei wurde zuerst die Tagesordnung ergänzt und dann das Protokoll der letzten Sitzung bestätigt. Anschließend folgten Berichte aus den Betrieben, in denen es um die Frage ging, ob und in welchem Maße Arbeitsplätze abgebaut werden. Dabei berichteten die Kolleginnen und Kollegen aus A, dass bei ihnen sieben Arbeitsplätze abgebaut werden. Die Kollegen aus B erzählten, dass bei ihnen neun Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Und die C wussten von 15 verlorenen Stellen zu berichten. Diese Berichte dauerten bis zum gemeinsamen Mittagessen, das wiederrum mit den Vertrauensleuten zusammen eingenommen wurde. Nach einer längeren Mittagspause, die die einen zu einem Nickerchen nutzten, während die anderen spazieren gingen, wurden die Beratungen fortgesetzt. Es wurde über das Für und Wider geredet, bis man sich schließlich einig war, einen Beschluss zu fassen. In diesem Beschluss fordert der Bezirksvorstand des Fachbereichs X die Arbeitgeber in den Betrieben dazu auf, künftig vor Entlassungen erst mit den Betriebsräten und der Gewerkschaft zu verhandeln. Der Bezirksvorstand ist nämlich nach seiner auführlichen Besprechung der Meinung, dass man mit Tarifverträgen etwas gegen Entlassungen unternehmen kann. Der Bezirksvorstand ist ebenso der Meinung, dass man dazu die Unterstützung der Beschäftigten braucht. Deswegen sollen diese durch eine intensive Informationsarbeit dazu bewegt werden, im Falle der Erforderlichkeit auch zu Arbeitskampfmaßnahmen bereit zu sein. Die Erfahrungen allerdings zeigen bereits, dass die Mitarbeiter genau dazu bereit sind.

4

Nachricht, Bericht und andere Darstellungsformen

Fachbereich X zum Streik gegen Entlassungen bereit Arbeitgeber sollen künftig vor Kündigungen mit Betriebsräten und ver.di über Beschäftigungssicherung verhandeln. Das hat der Bezirksvorstand des Fachbereich X auf seiner Wochenendklausur in Hasenholz beschlossen. Verweigern sich die Arbeitgeber dieser Forderung, sind die Kollegen in den Betrieben unseres Landes zum Streik für ihre Jobs entschlossen. Hintergrund der Forderung ist die Situation in der Branche, in der im zurückliegenden Jahr zahlreiche Arbeitsplätze abgebaut worden sind. Allein in den drei größten Unternehmen bedeutete das für jeweils sieben bis 15 Kollegen den Weg in die Arbeitslosigkeit. Das entspricht immerhin durchschnittlich fünf Prozent der Beschäftigten - in einem einzigen Jahr. Dabei waren schon zwischen 1995 und 2003 rund ein Viertel aller Stellen abgebaut worden. „Wir können diese Entwicklung nicht länger hinnehmen“, erklärte der Fachbereichsvorsitzende Karl Bösherr im Namen seiner ehrenamtlichen Kollegen. Schließlich käme es in unserem Land auf jeden Arbeitsplatz an. Bösherr, der zudem Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Firma A ist, berief sich auf das Grundgesetz: „Eigentum verpflichtet, heißt es dort. Diesen Auftrag nehmen wir als Betriebsräte und Gewerkschaftsmitglieder ernst und erwarten das auch von den Arbeitgebern.“ Der Bezirksvorstand, der gemeinsam mit den Vertrauensleuten beriet, hatte zuvor eingehend die Situation in den Betrieben und mögliche Maßnahmen diskutiert. Der Fachbereich X vertritt 2300 Kolleginnen und Kollegen in unserem Land. Der Bezirksvorstand ist das gewählte Gremium, das die Verantwortung für die Arbeit trägt.

3. Weitere Darstellungsformen Nachricht und Bericht bezeichnet man ganz zu Recht als „Graubrot“, als Alltagsware des Journalismus. Doch wer diese Pflicht beherrscht, dem wird auch die Kür gelingen! Hier ein kurzer Überblick mit Ratschlägen, was bei der Verwendung anderer Darstellungsformen beachtet werden sollte: • Das Interview: In Form von Frage und Antwort wird ein Thema mit einem Gesprächspartner aufgearbeitet. Es gibt Interviews zur Person, zur Sache und Mischformen zwischen beidem. Das Interview verlangt auch vom Fragenden eine ordentliche Vorbereitung und ein Konzept, wenn es nicht zum Herumstochern im Nebel verkommen soll. Eine saubere optische Trennung von Frage und Antwort (z.B. Frage kursiv oder die Namen der Gesprächspartner jeweils fett) erleichtern dem Leser die Übersicht.

5

Nachricht, Bericht und andere Darstellungsformen

• Die Reportage: Die Wurzeln dieser Stilform liegen im Reise- und Augenzeugenbericht. Stellvertretend für seine Leser überwindet der Autor die Distanz zur einer Sache, einer Person oder einem Ort. Das Geschehen selbst, seine subjektiven Momente spielen eine wesentliche Rolle. Diese Darstellungsform verlangt vom Leser viel Aufmerksamkeit. Daher ist neben dem Inhalt eine klare Textstruktur, also überschaubare Absätze, Zwischenüberschriften usw. besonders wichtig, um die Aufmerksamkeit zu erhalten. • Das Feature: Erweitert den Bericht um Elemente der Reportage, zum Beispiel durch einen szenischen Einstieg. Es gilt das zur Reportage Gesagte: Der Inhalt muss den Einsatz dieser Form rechtfertigen. Die Textstruktur ist wichtig, um den Leser „bei der Stange“zu halten. • Der Kommentar: Wiedergabe der Meinung des Autors zu einem Sachthema. Dazu gehört die Glosse! Als stark meinungsbetonte Darstellung sollte sie von den anderen Elementen abgegrenzt werden auch optisch.

4. Lese-Tipps Hruska, Verena (1999): Die Zeitungsnachricht. Information hat Vorrang. ZV Zeitungs-Verl.-Service, Bonn Schneider, Wolf (2004): Deutsch fürs Leben. Was die Schule zu lehren vergaß. Rowohlt-Verlag, Reinbek Schneider, Wolf; Raue, Paul-Josef (1996): Handbuch des Journalismus. Rowohlt-Verlag, Reinbek Schwiesau, Dietz; Ohler, Josef, u.a (2003). Die Nachricht in Presse, Radio, Fernsehen, Nachrichtenagentur und Internet. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis. List. Weischenberg, Siegfried (1990): Nachrichtenschreiben. Westdeutscher Verlag, Opladen

Robert Haberer, 2005

6