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// Björn Ahaus

SCHLUSS MIT DEM EWIGEN AUFSCHIEBEN! WIE SIE UMSETZEN, WAS SIE SICH VORNEHMEN: Unter GeisteswissenschaftlerInnen ist das Phänomen "Prokrastination" schließlich weit verbreitet und damit letztlich immer aktuell. Egal, ob man oder frau nun das Verfassen des eigenen Beitrags für den Weihnachtskanon aufschiebt oder mittels des Weihnachtskanons andere Dinge auf die lange Bank geschoben werden, in diesem Buch finden sich erstens ein deskriptiver Teil, der das Phänomen besser verstehen lässt und tiefer liegende Gründe der Prokrastination beleuchtet und zweitens Anregungen zur Bewältigung. Da frohlocken die Insassen. Wann, wenn nicht jetzt? HANS-WERNER RÜCKERT: Schluss mit dem ewigen Aufschieben! Wie Sie umsetzen, was Sie sich vornehmen. Campus, Frankfurt a.M. 2000.

WILLKOMMEN BEI DEN SCH'TIS (Frankreich 2008). Ein südfranzösischer Postdirektor wird in die ungeliebte nordfranzösische Provinz (straf)versetzt und lernt dort die herzliche Art der Menschen, die etwas seltsam sprechen, zu schätzen. Eine Komödie, die zu herzhaftem Lachen einlädt und mit viel Humor hilft, Vorurteile zu überwinden. Wenn Heitmeier Recht hat mit seiner aktuellen Diagnose von den zwei deutschen Gesellschaften in Ost und West, brauchen wir vielleicht eine deutsche Fassung. Der französische Film lebt von dem witzigen Dialekt der Sch’tis, der auch in der deutschen Synchronisation gut rüberkommt.

// Gitte Cullmann

SCHUMANNS SCHATTEN. Peter Härtling erzählt vom Leben und Sterben des zerrissenen und genialen Komponisten Robert Schumann (1810 - 1856): Von der Kindheit in Zwickau, vom Studium und von der Arbeit in Leipzig, Heidelberg, Dresden und Düsseldorf, von Begegnungen mit Heine und Wagner, von der Freundschaft mit Mendelssohn und Brahms, von diversen Liebschaften und der großen Liebe zu Clara Wieck, die er gegen alle Widerstände 1840 heiratet. Stationen seiner Biographie und Schilderungen aus den letzten beiden Lebensjahren des an Syphilis Erkrankten in der Heilanstalt bei Bonn wechseln einander ab. PETER HÄRTLING: Schumanns Schatten. dtv, München 2008.

DIE BAND VON NEBENAN (Israel 2008). Auf die Einladung eines arabischen Kulturzentrums hin reist ein achtköpfiges ägyptisches Polizei-Orchester nach Israel, um bei der Eröffnung zu spielen. Doch als sie am Flughafen ankommen, holt niemand die blau uniformierten Musiker ab. Vollkommen verloren stranden sie und ihr Chef Tewfik (Sasson Gabai) in einem kleinen staubigen Wüstenort. Nur bei der ImbissWirtin Dina (Ronit Elkabetz) finden sie Unterschlupf für eine überaus bewegte Nacht. Eran Kolirins Film ist eine warmherzige Komödie, die Völkerverständigung der anderen Art propagiert. Bei seinem Märchen stimmt die Balance zwischen trockenem bisweilen surrealen Humor und leiser Melancholie, die schauspielerische Ensemble-Leistung und die präzise Kamera überzeugen.

Als sozialkritischer Maler zeigt der Ecuadorianer Gesichter, in CALEXICO "Carried to Dust" (Universal 2008) denen sich der tägliche Überlebenskampf eingegraben hat, und klagt die sozialen Missstände an. Dies vermittelt Guayasamín in seinem monumentalen Werk Huacayñan, Der Weg der Tränen. FUNDACION GUAYASAMÍN MUSEO, Bellavista Quito, Ecuador.

// Annett Entzian

DER MEISTER UND MARGARITA. Das wohl bedeutendste Werk des russischen Schriftstellers ist zwar schon vor einigen Jahrzehnten erschienen, allerdings kam ich erst in diesem Jahr in den Genuss des Buches. Es erzählt vom Gut-BöseDilemma, die Gier der Menschen, von der bürokratischen Überstrukturierung eines Staates und ist damit für mich hochaktuell. Das wunderbare Sprachvolumen Bulgakows bildet dabei das Sahnehäubchen! Dieses Jahr erschienen im Luchterhand Literaturverlag: MICHAEL BULGAKOW: Der Meister und Margarita. Luchterhand Literaturverlag, München 2008.

LEG DICH NICHT MIT ZOHAN AN (USA 2008). Adam Sandler spielt hier einen israelischen Anti-Terror-Soldaten, dessen größte Passion nicht das Kämpfen, sondern das Haareschneiden ist. Um seinen Paul-Mitchell-Traum zu verwirklichen, flüchtet er in die USA und beglückt dort schon bald seine Kundschaft. Köstliches Filmvergnügen dank politischer Unkorrektheit und überzeichneter Stereotypen.

James Rizzi. ist ein New Yorker Künstler, dessen cartoonähnliche Bilder im Pop-Art-Stil pure Lebensfreude ausdrücken. Im Sommer diesen Jahres präsentierte er die weltgrößte Ausstellung seiner Werke in Mainz. JAMES RIZZI. Mainz, Rheingoldhalle Mainz, 2008.

// Armin Flender

KULTURGESCHICHTE DER DEUTSCHEN KÜCHE. Dass die deutsche Küche entgegen ihres Rufes auf eine traditionsreiche Vergangenheit zurückblicken kann, wird in diesem reich illustrierten Buch eindrucksvoll beschrieben. Es geht aber auch um den Abstieg dieser Küche und die Gründe dafür im Laufe des 20. Jahrhunderts. Inwieweit sich die im Buch eingestreuten Rezepte seit dem frühen Mittelalter nachkochen lassen und ob sie bekömmlich sind, kann an Weihnachten ausprobiert werden. PETER PETER: Kulturgeschichte der deutschen Küche. C.H. Beck, München 2008.

NO COUNTRY FOR OLD MAN (USA 2007). Der Film der Brüder Ethan und Joel Coen wurde 2008 mit dem Oscar für den besten Film ausgezeichnet und ist seit kurzem auf DVD erhältlich. Als grandiose Reflexion über die Gier und das Scheitern passt dieser Film wie kaum ein anderer zu diesem Jahr.

THE STREETS "everything is borrowed" (Warner 2008). Seit dem gefeierten Debütalbum „Original Pirate Material“ sind The Streets in der Popkultur ein Begriff. Erfrischender Rap mit starkem britischen Akzent. "I came to this world with nothing / and I leave with nothing but love / vverything else is just borrowed".So heisst es im Titelsong (…) hochaktuell ist das Album vor allem wegen Zeilen wie „it’s not earth that’s in trouble, it’s the people that live on it / earth will be there long after we’ve all gone the way of the dodo“.

GONZALES "Solo Piano" (Emarcy Rec, 2004) obwohl auch schon vor vier Jahren erschienen, dennoch mein Musiktipp für diesen Winter. Eigentlich macht der aus Kanada stammende Künstler sonst Elektropop, hat sich aber bei "Solo Piano" mal auf neue Wege begeben. Herausgekommen ist dezenter und doch intensiver Klaviergenuss der Extraklasse: süße und sanfte Melancholie, die sich mit wärmender Gemütlichkeit abwechselt. Wer Satie mag, wird Gonzales lieben!

THE ROLLING STONES "Beggars Banquet" (Org. 1968) Allenthalben wurde in diesem Jahr an 1968 erinnert. Damals legten die Rolling Stones ihr Love & Peace Image ab, was ohnehin nicht zu ihnen passte. Stattdessen schrieben sie mit Street Fighting Man die Hymne und produzierten mit Beggars Banquet das Album des Jahres. Als Abgesang auf den kurzen Summer of Love ruft Jagger allen Hippies zu: “And I laid traps for troubadours / Who get killed before they reached Bombay”.

// Sonja Fücker

DAS FAMILIENTREFFEN: Ein Buch über die Psychogenese einer irischen Familie, in der die 39-jährige Veronica durch den Selbstmord eines Bruders die ‚Biografie‘ ihrer Familie rekonstruiert und dabei auf Geheimnisse in deren Geschichte und Wahrheiten ihres eigenen Lebens stößt. ANNE ENRIGHT: Das Familientreffen. DVA, München 2008.

ONCE (Irland 2007). Wahrscheinlich einer der schnulzigsten Filme des Kinojahres – dennoch: nicht in üblicher HollywoodManier. Kein Happy End und keine Liebesschwüre. Dennoch hält er für den Zuschauer zahlreiche Botschaften über die Genügsamkeit von Liebe und Freundschaft sowie der ‚erträglichen Leichtigkeit des Seins‘ bereit.

// Dana Giesecke

SIEBEN TAGE von Jonny Lynn. Eine über sieben Tage fesselnde Aufzeichnung des Serienkillers Peter Crumb, dessen Taten immer triebhafter, brutaler und grausamer werden. Die Auswahl seiner Opfer trifft Crumb stets mehr oder wenig zufällig nach der größten Schlagzeile des Tages. Innere Monologe lassen den Leser in die Tiefe einer gesellschaftlich gescheiterten Existenz und eines (vermeintlichen) Psychophaten vordringen. So unwiderstehlich spannend in seinem Sog, klirrend kalt und sogar sprachlich erbarmungslos ist dieser Roman aber nichts für empfindsame, zarte Nerven. JONNY GLYNN: Sieben Tage. Fischer, Frankfurt a.M. 2008.

SCHMETTERLING UND TAUCHERGLOCKE (USA/Frankreich 2007) ein Film von Julian Schnabel, den man bisher eher als Malerstar und als Galeristen kannte. Jean-Dominique Bauby, Redakteur des Glamour-Magazins ELLE, wird durch einen Hirnschlag brutal aus seinem luxuriös-oberflächlichen Leben gerissen. Am ganzen Körper gelähmt, aber bei vollem Bewusstsein („Locked-in-Syndrom“), in der Starre seines eingeschränkten Blick- und Aktionsfeldes gefangen, diktiert er nur durch das Blinzeln seines einen Auges der Logopädin seine Memoiren. Dabei entsteht nicht nur ein unerwartet anderer Blick auf das Vergangene, sondern Baubys ganz eigene Phanatsie- und Gedankenwelt. Und diese zeigt sich so poetisch und traumhaft schön, wie auch der Abspann nicht kunstvoller sein kann: geschmolzene Eisberge erstehen bei Klaviermusik von J.S. Bach (von Glenn Gould gespielt) wieder auf. Möglicherweise könnte bei dem einem oder anderen hin und wieder der Kitscharlarm schrillen - bei mir nicht.

Die Kunsthalle Wien stellt die Werke des amerikanischen Malers Edward Hopper (1882-1967) in die Nachbarschaft zeitgenössischer Positionen aus Malerei, Fotografie und Film. Augenscheinlich begreift der Besucher: Edward Hoppers Werk ragt - sowohl formal als auch inhaltlich - bis in die Gegenwart hinein. Sein Realismus, seine künstlerischen Mittel (z.B. die kulissenhaften Raumkompositionen, starke Licht- und Schattenkontraste oder das besonders außergewöhnliche Farbspektrum), aber auch seine existentiellen Themen (wie Isolation, Anonymität in der modernen Großstadt) werden fortgesetzt oder für Sujets der heutigen, unruhigen Zeit des Terrorismus, Krieges und wirtschaftlicher Krisen weiterentwickelt. Werke von: David Claerbout, Dawn Clements, Jonas Dahlberg, Thomas Demand, Gustav Deutsch, Philip-Lorca diCorcia, Tim Eitel, Jim Jarmusch, Rachel Khedoori, Mark Lewis, Ed Ruscha, Markus Schinwald/Oleg Soulimenko, Jeff Wall und Rachel Whiteread. WESTERN MOTEL. EDWARD HOPPER UND DIE ZEITGENÖSSISCHE KUNST. Kunsthalle Wien bis 15. Februar 2009.

Natürlich war es die Apple-Werbung, die den Song „New Soul“ von Yael Naim, einer 30-jährigen Musikerin aus Israel, zu einem beschwingten Smash-Hit machte. Doch wer auch die anderen Songs des Albums hört, merkt sofort, dass diese ebenso tragen: feinfühlig, melancholisch, instrumentell außergewöhnlich (z.B. durch den Einsatz des Horns) und teils auf hebräisch gesungen. Ein Booster für jede Stimmungslage. YAEL NAIM und DAVID DONATIEN "Yael Naim" (Warner 2008).

// Ludger Heidbrink

Heinz Dieter Kittsteiner gibt in seinem letzten Buch WELTGEIST, WELTMARKT, WELTGERICHT den coolen Apokalyptiker des Marktkapitalismus, der einen Bogen von Adam Smiths „unsichtbarer Hand“ über Josef Ackermanns Victory-Geste bis zu den „Prolls“ in ihren Geländewagen spannt. Etwas überkandidelt, aber äußerst lesenswert. HEINZ DIETER KITTSTEINER: Weltgeist, Weltmarkt, Weltgericht. Fink, München 2007.

WALL-E (USA 2008) ist ein wunderbarer Öko-Science-Fiction aus den Pixar Studios, in dem ein kleiner, schrottreifer Roboter sich in Eve, einen weiblichen High-Tech-Roboter aus dem Weltall, verliebt und mit ihr dafür sorgt, dass nach einer Konsumkatastrophe wieder Bäume und Pflanzen auf der Erde sprießen. Schön kitschig, aber voller Anspielungen an „2001“ und „Silent Running“, für Kinder und Erwachsene geeignet, die Flower-Power-Märchen und grüne Utopien mögen.

Die TURANDOT-Inszenierung von Lorenzo Fiorini an der Deutschen Oper Berlin hat den Spagat zwischen PucciniTreue und zeitgenössischer Aktualisierung bravourös geschafft. Trotz des Hypes um Paul Potts entfaltet die Arie „Nessun dorma“ im dritten Akt ihren unvergleichlichen Zauber. Steht auch 2009 auf dem Spielplan.

Mit ihrem Album „In Rainbows“ (indigo 2007) kehren RADIOHEAD zu ihren gloriosen Platten wie „OK Computer“ zurück, lassen das elektronische Gefrickel von „Amnesiac“ hinter sich und entwickeln eine neue Song-Dynamik. Fantastisch ist vor allem der Drive in „Reckoner“.

// Carola Heuser

LEERGUT (Tschechien 2007). Ein 'leiser' Film mit einem ganz speziellen, feinsinnigen Humor, der in Prag spielt. Auch wenn die Hauptthemen Ruhestand und langjährige Ehe nicht immer positiv besetzt sind, hat der Film eine sehr positivwarmherzige Ausstrahlung. Mittlerweile auch als DVD erhältlich und damit ein schönes Weihnachtsgeschenk.

PATRICIA BARBER “The Cole Porter Mix” (blue note 2008). Ein tolles Album: Cole Porter, interpretiert von Patricia Barber, verspricht besten Vocal Jazz.

// Alfred Hirsch

Markus Aretz „MYTHOS BÖKELBERG“ – dieses Buch ist die anrührende und beeindruckende Geschichte eines Fußballstadions, das doch viel mehr war als ein solches. Die Wirrungen des 20.Jahrhunderts – über die Leiden in den Kriegen bis hin zu dem erfinderisch intelligenten Aufstieg einer Fußballmannschaft – finden sich wieder in einer ehemaligen Kiesgrube. Die Erzählungen von Arbeitern und ‚einfachen Leuten’ über ihre Erlebnisse und Erfahrungen rund um den Bökelberg geben einen Blick auf die rheinische Familien- und Freizeitkultur der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts frei. MARKUS ARETZ: Mythos Bökelberg, Göttingen 2003

BURN AFTER READING (USA 2008) – ein grandios ironischer Film über den Niedergang der amerikanischen Gesellschaft (und wohl auch der europäischen). Geldgier und Dummheit reichen sich in verführerischer und zugleich entlarvend humorvoller Weise die Hände.

Ausstellung – THOMAS BÖING, Coming Home. – Köln, Galerie – Van der Grinten (Schaafenstrasse 25, 50676 Köln – noch bis zum 20.Dezember). Die Arbeiten von Thomas Böing lachen die Einfältigkeit unserer Gegenwartsästhetik lauthals an und aus – indem sie sich auf eine Ebene darunter in den Spielraum kindlicher Darstellungs- und Wahrnehmungswelten begeben.

AMY WINEHOUSE „Back to Black“. Obgleich außerordentlich populär kann es doch nicht genug gelobt und gepriesen werden. Als langjähriger Soul – Fan fällt es mir schwer, mich an ein solches Debüt-Album zu erinnern. Amy Winehouse singt und interpretiert mit einer solchen Lässigkeit und traumwandlerisch intonierenden Sicherheit wie wohl keine Jazz- und Soul-Sängerin seit den achtziger Jahren.

// Friedrich Jaeger

WIR FLIEGEN. Passend zum Film ein Buch über Menschen in ihrem Alltag - mit genauem Blick auf ihre Hoffnungen und deren Scheitern. Ruhig, ja fast lakonisch erzählt. PETER STAMM, Wir fliegen, Erzählungen, Fischer-Verlag 2008.

COUSCOUS MIT FISCH (Frankreich 2007) von Abdellatif Kechiche, ein Film, den ich selbst noch unbedingt sehen will. Im Feuilleton der ZEIT Nr. 35/2008 wunderbar besprochen. Er erzählt eine Familiengeschichte zwischen Frankreich und Tunesien und widmet sich im Medium der Küchen- und Tischgespräche den alltäglichen Sorgen und Freuden seiner Protagonisten. Ein ruhiger Erzählfilm, der liebevoll mit seinen Menschen umgeht; ein Film ihrer kleinen Sorgen und Freuden - und nicht der großen Gesten.

Als Kontrastprogramm zum Alltag der kleinen Leute und deren Sorgen und Freuden die Ausstellung: ZEIT DER HELDEN! Die 'dunklen Jahrhunderte' Griechenlands 1200-700 v. Chr., Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Ausstellung im Schloss Karlsruhe, 25.10.2008-15.2.2009. Da leben frühe literarische Welten meiner Kindheit auf ...

Dinah Washington: What a Diff'Rence a Day Makes! Wunderbarer Blues der 50er Jahre für den Jahreswechsel. Möglichst in Kombination mit Bachs Kunst der Fuge oder Beethovens Klaviersonate op. 111, um für alle möglichen Festtagsstimmungen gewappnet zu sein!

// Jens Kroh

Nicht erst jetzt, da ihm der Kleist-Preis verliehen worden ist, sind die regelmäßig in der „Titanic“ publizierten Kolumnen von MAX GOLDT lesenswert. Seine - so die Jury - bis „zur Kenntlichkeit entstellten“ Alltagsbeobachtungen kann man auch gebündelt in diversen Sammelbänden nachlesen, die so schöne Titel tragen wie „Schließ einfach die Augen und stell dir vor, ich wäre Heinz Kluncker“ (Heyne, München 1994), „Ä“ (Rowohlt, Reinbek 1997) oder „Okay Mutter, ich nehme die Mittagsmaschine“ (Haffmanns, Zürich 1999).

JAMES BOND 007 – EIN QUANTUM TROST (GB 2008), Kurz vor Weihnachten ist das zweite Bond-Abenteuer mit Daniel Craig in die Lichtspielhäuser gekommen. In Nebenrollen sind neben Jodi Dench unter anderem Olga Kurylenko, Gemma Arterton und ein Aston Martin DBS zu bewundern. Während die Kritiken zu Recht mehrheitlich negativ ausfallen, ist die Kulisse gewohnt spektakulär; besonders hübsch anzusehen ist etwa die Szene auf der Seebühne in Bregenz. Interessant, wenngleich weniger gelungen, ist auch, wie der Film der Aktualität des Umweltthemas mit der Figur des Bösewichts Dominic Greene (gespielt von Mathieu Almaric) Rechnung trägt.

PETERLICHT "Melancholie und Gesellschaft" (Motor 2008). Nachdem Peter Licht schon vor mehr als zwei Jahren mit seinen „Liedern vom Ende des Kapitalismus“ seine seherischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat, legt er in bewusster Anlehnung an die 1967 von Wolf Lepenies eingereichte Dissertationsschrift „Melancholie und Gesellschaft“ sein nunmehr viertes Album vor. Enthalten sind darin viele Songs mit eingängigen Melodien und hintergründig-sarkastischen Texten zum Stand unserer Gesellschaft. Anspieltipps: „Marketing“ und „Stilberatung (Restsexualität)“.

// Anne-Katrin Lang

EIN TAG IM LEBEN DES IWAN DENISSOWITSCH von Alexander Solschenizyn. Trotz der (berechtigen) Kritik u.a. an seiner Haltung gegenüber Wladimir Putin und dem zweiten Tschetschenienkrieg sind die Verdienste des in diesem Jahr verstorbenen Solschenizyns für die Erinnerung an die Verbrechen des Stalinismus gar nicht genug zu würdigen. In diesem (bereits 1962 veröffentlichen) Roman beschreibt er die innere Welt eines Gulag-Häftlings und zeichnet einen Tag im Leben eines sowjetischen Straflagers nach. ALEXANDER SOLSCHENIZYN: Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch. Droemer Knaur, München 1999.

KIRSCHBLÜTEN HANAMI (Deutschland 2008) ein Mann entdeckt die Leidenschaft seiner verstorbenen Ehefrau für den japanischen Ausdruckstanz Butoh und lebt sie weiter. Ein großartiger Film (von Doris Dörrie, mit Elmar Wepper und Hannelore Elsner) über nicht gelebte Leidenschaften, Liebe, Leben und Tod und die Frage, was bleibt, wenn wir gehen. Ein wunderbares Weihnachtsgeschenk, der Film ist seit November auch auf DVD erhältlich.

TILL BRÖNNER "Rio" (Universal 2008), einfach großartiger, geschmeidiger Jazz!

// Claus Leggewie

Saisongerecht empfehle ich SALVATORE. Es gibt Leute, die regen sich über religiöse Andeutungen zum Advent auf, aber nicht über die Fussgängerzone einer Stadt zur Adventszeit. Solchen, aber auch religiös musikalischeren Menschen kann man dieses verstörend katholische, wütende, nervige und kluge Buch empfehlen, das ein „Roman“ ist, aber auch Traktat, Filmbesprechung, Essay, Migrations- und Mafiageschichte und antikapitalistisches Pamphlet. ARNOLD STADLER: Salvatore (Fischer, Frankfurt a.M. 2008)

Passend zum Buch und noch verwirrender: DAS 1. EVANGELIUM NACH MATTHÄUS von Pier Paolo Pasolini aus dem Jahr 1964 (Italien).

Dazu auch passend CARAVAGGIOS „Berufung des Matthäus“ (Rom, Kirche San Luigi dei Francesi).

Dazu immer noch passend Matthäus-Passion, Bwv 244 von JOHANN SEBASTIAN BACH.

// Patrick Linnebach

Avid Foster Wallace INFINITE JEST: in memoriam (und weil man nächstes Weihnachten die für Herbst 2009 angekündigte Übersetzung direkt hinterher schenken kann). AVID FOSTER: Infinite Jest. Little, Brown Book Group, London 2006.

WINTERREISE (D 2006, Regie: Hans Steinbichler). Da es "Im Winter ein Jahr" (Regie: Caroline Link) leider noch nicht auf DVD gibt, ein anderer Winter-Film, ebenfalls mit dem wunderbaren Josef Bierbichler in der Hauptrolle und der noch wunderbareren Hanna Schygulla als seiner Ehefrau.

SIGUR RÓS "Heima"(Emi 2008) - eines meiner Lieblingskunstwerke: Live-Auftritte von Sigur Rós mit traumhaften Island-Bildern und wunderschönen Geschichten: die DVD zur "heimat"-tournee im sommer 2006.

GET WELL SOON "Rest Now Weary Head You Will Get Well Soon" (Universal 2008): für alle, die Radiohead nicht übel finden: das vielleicht beste Debüt-Album des Jahres.

// Annina Lottermann

GUT GEGEN NORDWIND. Eine Frau und ein Mann geraten wegen einer falsch geschriebenen E-Mail-Adresse in Kontakt und entwickeln fortan eine schriftliche E-Mail-Beziehungen, die schließlich in Liebe umschlägt. Hinter dem kleinen, aber feinen Schmöker des österreichischen Autors Daniel Glattauer steckt weder Kitsch, noch Schmonzette, sondern ein intelligentes Werk über zwischenmenschliche Kommunikation. Ein schönes Weihnachtsgeschenk zum Verschenken oder Selbstlesen – nicht nur für Frauen! DANIEL GLATTAUER: Gut gegen Nordwind. Deuticke im Zsolnay Verlag, Wien 2006.

KOMMISSARIN LUND - DAS VERBRECHEN (D/DK 2008). Diese deutsch-dänische TV-Koproduktion (ZDF) zeichnet in zehn Episoden die Aufklärung des Mordes an einer Schülerin in Kopenhagen nach. Atemberaubend spannend und fein werden dabei Ermittler-, Täter- und Opferprofile sowie ihre sozialen Millieus nachgezeichnet und die Familiengeschichte der Hinterbliebenen mit hoher Kopenhagener Politik verwoben. Absolut fesselnd! Den Mehrteiler gibt es über den ZDF-Shop auf DVD zu erwerben. Ein Garant für spannende Weihnachten!

// Elissa Mailänder-Koslov

LORIOT IN WORTEN UND BILDERN. Pünktlich zum 85. Geburtstag des deutschen Komikers erschien eine zweibändige Edition seiner gesammelten Werke. Darin enthalten das legendäre Adventsgedicht „Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken, Schneeflöcklein leis herniedersinken….” bzw. das Morddrama im Försterhaus. Gerade das Richtige für einen gemütlich-besinnlichen Adventsabend. LORIOT: Loriot in Worten und Bildern. Diogenes, Zürich 2008.

LE PÈRE NOËL EST UNE ORDURE! (Der Weihnachtsmann ist ein Ekel!, Frankreich 1982). Heiligabend in Paris. Auf die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der Kummernummer „S.O.S. Verzweiflung & Freundschaft“ wartet eine turbulente Nacht, in denen ihre vermeintliche Philanthropie von Obdachlosen und einem bulgarischen Nachbarn hart auf die Probe gestellt wird. Diese Weihnachtsburleske ist eine beißende Gesellschaftssatire, welche die Engstirnigkeit und Hinterhältigkeit der Pariser Bourgeoisie porträtiert. 1979 ursprünglich für die Bühne konzipiert, wurde das Stück 1982 mit der Originalbesetzung (Josiane Balasko, Marie-Anne Chazel, Christian Clavier, Gérard Jugnot, Thierry Lhermitte, Bruno Moynot) fürs Kino adaptiert. Absoluter Kultfilm. Für alle, die dem Weihnachtspathos entkommen wollen.

MONTY PYTHON'S LIFE OF BRIAN (GB 1979) – auch ein Weihnachtsfilm. Diese Komödie erzählt die Geschichte des Brian Cohen (und seiner Mutter!). Am selben Tag wie Jesus Christus in Bethlehem geborenen, wird Brian fälschlicherweise für den Messias gehalten und gerät so in den Strudel der Geschichte. Einige Highlights: Die Steinigungsszene, in denen die Frauen aus Judäa das Verbot, öffentlichen Hinrichtungen beizuwohnen, eigensinnig umgehen, indem sie sich Bärte umhängen, die allerorts preisgünstig angeboten werden. Oder die Graffitiaktion: Brian erhält von der jüdischen Widerstandgruppe „The Judean People's Front“ – oder war es die „Judean Popular People's Front“ bzw. die „Popular Front of Judea“?! – den Auftrag, den Palast des römischen Gouverneurs mit einer politischen Schmähschrift zu beschmieren. Dass diese Widerstandskundgebung („Romanes eunt domus“) dann zu einer Lateinstunde ("Romani ite domum") mutiert, bringt nicht nur Lateinlehrer zum Lachen.

Weihnachtssongs müssen nicht immer penetrant besinnlich sein, wie das austro-deutsche Duo WORTFRONT letztes Jahr bewies. Pipilotti Rist und Les Reines Prochaines haben 1995 mit "X-mas in Chinatown" ein kultiges zeitgenössisches Weihnachtslied geschaffen. Aber auch UDO JÜRGENS feuchtfröhliches Familienweihnachtsdrama "Ach Papi" ist nicht zu verachten. Zu empfehlen sind auch US-amerikanische Klassiker, wie ETTA JONES "It’s Christmas Time" und ELLA FITZGERALDS "Rudolph, the Red Nose". LOUIS ARMSTRONGS "X-mas in New Orleans" und FRANK SINATRAS "Let it snow!" bringen jeden zum Schwingen. Dass Weihnachtssongs auch sexy sein können, hat nicht zuletzt EARTHA KITT "Santa baby" bewiesen.

// Louise Röska-Hardy

Ein elegantes und lesbares Buch über das Verhältnis von Mensch, Natur und Kultur: NECESSARY KNOWLEDGE von HENRY PLOTKIN (Oxford University Press, Oxford 2007), einem Professor für Biopsychologie.

Ebenfalls KIRSCHBLÜTEN HANAMI (D 2008), wurde oben bereits genannt.

Die SWAN LAKE-Aufführung des Royal Ballet am Royal Opera House, Covent Garden, ist absolut zu empfehlen, aber weit weg.

CHRISTIAN TETZLAFF "Sonaten und Partiten für Violine Solo" von Johann Sebastian Bach - wirklich zauberhaft.

// Aladdin Sarhan

DER HOF DER KHEDIVEN VON ÄGYPTEN. Das Buch ist die erste detaillierte und umfassende Untersuchung des Hofes der Khediven von Ägypten im 19. Jahrhundert. Abgestützt auf eine breite Basis arabischer, osmanischer und europäischer Quellen zeichnet sie aus sozial- und kulturgeschichtlicher Perspektive den Prozess nach, in dem sich der Khedivenhof als herrschaftliches, soziales und kulturelles Zentrum des osmanischen Vizekönigreiches Ägypten durchsetzte. FELIX KONRAD: Der Hof der Khediven von Ägypten. Ergon, Würzburg 2008.

NUR MIT DIR (USA 2002). Gegensätze ziehen sich magisch an. Landon hätte niemals für möglich gehalten, dass er sich unsterblich in die unscheinbare Jamie verlieben würde. Doch die unbeschwerte Zeit ist für das verliebte Paar bald vorbei. Jamie offenbart ihr lang gehütetes, trauriges Geheimnis und Landon ist bereit, alles für sie zu tun. Ein großartiger Film. Diejenigen, die sich gerne Romanzen angucken, werden nicht enttäuscht, im Gegenteil. Der Film zeigt, was Liebe wirklich bedeuten kann, dass sich wahrer Liebe nichts in den Weg stellen kann.

LA TRAVIATA von Giuseppe Verdi. Einfach klasse! In der Oper geht es um die verzweifelte Liebe zwischen der Kurtisane Violetta Valéry und dem jungen Alfredo Germont. Die moralischen Normen der bürgerlichen Gesellschaft und die schmerzlichen Erfahrungen, die Violetta machen muss, als sie versucht, sich aus ihrem Metier zur ehrbaren Dame zu wandeln, beschleunigen ihren durch eine Krankheit vorgezeichneten Tod.

COLDPLAY "Viva La Vida" ist einfach großartige, geschmeidige Popmusik!

// Karin Schürmann

GREEN GRAS, RUNNING WATER. Thomas King beschreibt in diesem unkonventionellen Roman von 1994 sehr unterhaltsam das Alltagsleben der „modernen Indianer“ in Alberta, Kanada, die sich ständig mit den Vorurteilen und Erwartungen derjenigen konfrontiert sehen, die viel besser zu wissen glauben, was denn „richtig indianisch“ sei. Die Dekonstruktion der falschen Vorstellungen macht das Lesen zu einem Hochgenuss, daher ist dieser Roman mein Literaturtipp für dieses Weihnachtsfest. THOMAS KING: Green Gras, Running Water. Bantam Dell Pub Group, New York 1994.

INTO THE WILD (USA 2007) erzählt die wahre Geschichte des 22-jährigen Christopher McCandless, der nach Abschluss seines Studiums mit den Karrierevorstellungen seiner Eltern bricht und als Alexander Supertramp seine Vorstellung absoluter Freiheit lebt. Seine Suche nach einem „einfachen“ Leben jenseits der Zivilisation, die ihn schließlich nach Alaska führt, wird er jedoch nicht überleben. Gestützt von grandiosen Naturaufnahmen und einem wunderschönen Soundtrack hat mich selten die Verfilmung einer wahren Geschichte so beeindruckt wie diese - sicherlich beste Regiearbeit von Sean Penn.

// Vanessa Stahl

DER SEELENVOGEL Michal Snunit und Na’ama Golomb ist nicht nur ein wunderschönes Geschenk für Kinder, sondern die Geschichte sorgt seit einigen Monaten auch in getanzter Form im tanzhaus nrw für wohlige Gefühle bei Erwachsenen. MICHAL SNUNIT und NA'AMA GOLOMB: Der Seelenvogel. Carlsen, Hamburg 1991.

Psychopathen und Psychiatrie des vergangenen Jahres: An die gestiefelten Psychopathen in NO COUNTRY FOR OLD MAN (USA 2007) erinnere ich mich neben den kostümierten Psychiatrie-Patienten in dem koreanischen Märchen I'M A CYBORG, BUT THAT'S OK (Südkorea 2006) besonders gerne.

PEARL JAM "'Vs." (Sony 1993). Auch 15 Jahre nach der Veröffentlichung ist dieses Album für mich ein Meilenstein der Musikgeschichte. Die Mischung kraftvoller melodiöser Songs mit sehr rockigen, politisch motivierten Stücken ist einfach zeitlos.

Die Kunst der Außenseiter: Im Oktober erschien das Buch OUTSIDERS von Steve Lazarides (Century 2008), Agent des Künstlers Banksy, in dem er eben jene vorstellt; einige „Outsiders“ sind: Faile, Stanley Donwood, Jonathan Yeo, Invader.

JOSHUA REDMAN "Back East" BACK (2007). Sein Konzert war das atmosphärischste JazzErlebnis des Jahres. Ab März 2009 ist Joshua Redman wieder mit Reuben Rogers und Greg Hutchinson in Europa zu erleben.

// Harald Welzer

DIE STRASSE. Die Geschichte von einem Vater und einem Sohn, die sich nach einer nicht beschriebenen Katastrophe durch eine verwüstete, dunkle und feuchte Landschaft Richtung Süden durchzuschlagen versuchen, in der Hoffnung, dass es dort wärmer und überlebenstauglicher ist. Der deprimierendste Roman der letzten Jahre, genau das Richtige, wenn man sehr gut drauf ist und einem das irgendwie komisch vorkommt. CORMAC MCCARTHY: Die Straße. Rowohlt, Reinbek 2008.

DAS FEST (DK 1998; Regie Thomas Vinterberg). „Das Fest“ ist der zweite und beste Film der „Dogma“-Serie, die Lars von Trier, Thomas Vinterberg, Kristian Levring und Sören Kragh-Jacobsen 1995 mit einem Manifest eingeleitet hatten, in dem unter anderem festgeschrieben wurde, dass ausschließlich mit Handkamera, ohne künstliche Beleuchtung an Originalschauplätzen mit Originalton zu drehen sei. „Das Fest“ ist der 60ste Geburtstag eines Hoteliers und Familienvaters, in dessen Verlauf öffentlich wird, dass dieser seine Kinder missbraucht hat. Vinterberg gelingt hier ein Film, dessen Einstellungen, Dialoge und Plot dem Betrachter nicht mehr aus dem Kopf gehen. Besonders zum Ausklang der Feiertage der passende Film.

In die Hamburger Deichtorhallen zur großen STEPHAN BALKENHOL-Ausstellung. In der Zusammenschau von Werken der letzten 25 Jahre wird deutlich, wie wichtig dieser Künstler für die Renaissance der figurativen Malerei und Plastik seit den 90er Jahren ist und dass man auch in der zeitgenössischen Kunst mittelfristig wahrscheinlich nicht ohne das auskommt, was für Kunsthistoriker gar keine Kategorie mehr ist: eine Gabe. STEPHAN BALKENHOL. Deichtorhallen Hamburg bis 1. Februar 2009.

JACKY TERRASSON "Smile" (blue note 2002). Das Trio um den begnadeten Pianisten spielt, falls es so etwas gibt, minimalistischen traditionellen Jazz von unglaublicher Leichtigkeit.

// Heike Wulfert

KLEINER BRUDER. Nach "Neue Vahr Süd" endlich nun das dritte Buch von Sven Regener. Insbesondere das Hörbuch ist zu empfehlen, vorausgesetzt man mag die rotzig klingende Stimme und den norddeutschen Slang Regeners. Die belanglose Handlung des Buches könnte in zwei Sätzen erzählt werden, aber das spielt keine Rolle, es macht einfach Spass mit Frank Lehmann und seinen neuen Bekannten der ArschArt Gallerie eine irrwitzige Nacht im Berlin der 80er Jahre zu verbringen. SVEN REGENER: Der kleine Bruder. Eichborn, Frankfurt a.M. 2008.

Der Film UNSERE ERDE (D/GB 2007), angelaufen Februar 2008, ist der einzige in diesem Jahr, der bis heute nachhaltige Bilder in meinem Kopf hinterlassen hat. Die Aufnahmen des Films an zweihundert Orten der Welt, an denen Kameraleute zum Teil jahrelang geduldig auf das passende Motiv gewartet haben, sind sensationell, sie erstaunen, beeindrucken und berühren. Neben den schönen Bildern, die dieser Film zeigt, bleibt aber die Sorge, dass der Lebensraum der Hauptdarsteller des Films durch den Menschen bereits nachhaltig geschädigt wurde.

Kunst (im weitesten Sinne): FRANK GOOSEN "A40 MIA "Willkommen im Club" (Sony 2008). Das neue Album, mal Geschichten von hier" (CD, 2007). "Schön is dat nich", das wieder so richtig Mia in Reinform. Energiegeladen, es rockt, Ruhrgebiet, die Heimat Frank Goosens. man tanzt, herrlich! Aber in seinem neuen Programm, das auch auf CD erhältlich ist, malt er mit seinen Geschichten, mit Witz und Liebe zum Detail, zu seiner Omma, zu Trinkhallen und dem Vfl, ein Bild des Ruhrgebiets, dass man mögen muss. Empfohlen sei A40 insbesondere als Aufheiterung grauer Wintertage - lange habe ich nicht mehr so gelacht!

// Dariuš Zifonun

DER TAG DES OPRITSCHNIKS: Was könnte sich besser eignen für die Utopie einer krassen Gesellschaft als die Sprache von Vladimir Sorokin? VLADIMIR SOROKIN: Der Tag des Opritschniks. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008.

I'M NOT THERE (USA 2007, Regie: Todd Haynes). Kam im Februar 2008 in die deutschen Kinos. So viele Dylans gab’s noch nie, Überstunden, sozusagen, bei der Arbeit am Mythos des riddle rocker. Cate Blanchett ist in der Tat großartig und sehr lustig die Idee, den miesen Dylan einfach von einem miesen Schauspieler darstellen zu lassen.

DIE SONNTAGSFAHRER, RADIO EINS. Jeden Sonntag zwischen 12 und 2 geht es bei Patricia Pantel und „Autopapst“ Andreas Keßler um Autos. Höhepunkt der Sendung ist, wenn Keßler versucht, am Telefon anhand des Startgeräuschs des PKWs eines Zuhörers zu ermitteln, um welches Automodell es sich da handelt. Ein massiv fehlbarer Papst, Powerposing in Autowissen und Ferndiagnosen aller erdenklichen automobilen Defekte – so schön kann der Nachmittag des Herrn sein.

ROLL DEEP Feat. Janee - Do Me Wrong (2008). Diese Empfehlung von Ali Howard im Blog von Lucky Soul (http://www.vimeo.com/1532549) verkürzt nicht nur die Zeit bis zum Erscheinen des neuen Albums der Band, sie zeigt auch, im Vergleich zu Estelles American Boy, den Ali aufmacht, dass GB derzeit und erstmals seit 20 Jahren gleichauf ist mit den USA im Reich des Pop.