Museen im Landkreis Kassel

Museen im Landkreis Kassel Handreichungen für den Schulunterricht mit Unterstützung des Landkreises Kassel  Vorwort Der Landkreis Nordhessen ist...
Author: Gesche Lehmann
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Museen im Landkreis Kassel Handreichungen für den Schulunterricht

mit Unterstützung des Landkreises Kassel



Vorwort

Der Landkreis Nordhessen ist reich an Geschichte. Schon die Kelten hinterließen interessante Spuren. Mit der Weidelsburg bei Wolfhagen, der Stiftskirche Oberkaufungen oder dem Wasserschloss Wülmersen gibt es noch heute unübersehbare Zeichen aus dem Mittelalter. Die Schlösser der hessischen Landgrafen haben ebenso Spuren hinterlassen: Schloss Wilhelmstal bei Calden oder der Tierpark Sababurg stehen hier ganz oben auf der Liste.

klassen kommen, und zwar von der Klassenstufe 5 bis hin zur gymnasialen Oberstufe. Es haben sich beteiligt: Der Geschichts- und Kulturverein Bad Emstal Das Regionalmuseum „Alte Schule“ in Oberkaufungen Das Hessisches Ziegeleimuseum Kaufungen

So ist es kaum verwunderlich, dass es im Landkreis Kassel eine ganze Reihe Geschichtsvereine und regionaler Museen gibt. Diese Arbeiten die Geschichte vor Ort auf. Alle Museen haben spannende Exponate, alle haben unterschiedliche Sammlungsschwerpunkte. Zusammen können diese Vereine und Museen viele Aspekte nordhessischer Geschichte zeigen, wie es schon auf dem Hessentag 2013 in Kassel geschehen ist. Mit dem vorliegenden Material für Lehrkräfte in und um den Landkreis Kassel herum haben diese Museen wieder kooperiert und zusammen ein interessantes Angebot für Lehrende und Lernende an Schulen erstellt. Hiermit kann nordhessische Geschichte direkt in die Schul-

Das Glasmuseum Immenhausen Das Regionalmuseum Wolfhager Land Das Stadtmuseum Hofgeismar, der Sinnespfad Kaufungen, das Weberei-Museum Kircher in Oberweser sowie das Hugenottenmuseum in Bad Karlshafen haben den Entstehungsprozess bereichert. Allen Museumsteams gilt herzlicher Dank, dass sie sich an diese für sie ungewohnte Aufgabe herangewagt haben und in Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeits- und Kulturarbeit des Landkreises Kassel diese Materialsammlung zusammengestellt haben.

mit Unterstützung des Landkreises Kassel



Inhaltsverzeichnis

Teil A: Arbeitsblaätter Die große Wäsche Zeitzeugeninterviews: Psychiatrie im Nationalsozialismus Der Stundenplan der alten Schule Unterricht im Kaiserreich Der Rossgang in Oberkaufungen Vom Lehm zum Ziegel Kunst aus Glas Die Weidelsburg – ein Zeichen aus dem Mittelalter Mensch zwischen den Welten: Der Brasilienreisende Hans Staden

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Teil B: Informationen Die große Wäsche Zeitzeugeninterviews: Psychiatrie im Nationalsozialismus Der Stundenplan der alten Schule Unterricht im Kaiserreich Der Rossgang in Oberkaufungen Vom Lehm zum Ziegel Kunst aus Glas Die Weidelsburg – ein Zeichen aus dem Mittelalter Mensch zwischen den Welten: Der Brasilienreisende Hans Staden

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mit Unterstützung des Landkreises Kassel



Teil A: Arbeitsblätter

mit Unterstützung des Landkreises Kassel



Klostermuseum Merxhausen

Die große Wäsche Früher war die große Wäsche ein zentrales Ereignis in jedem Haushalt. Die Hausfrau reinigte ungefähr alle vier Wochen die gesamte stark verschmutzte Wäsche. Die anstrengende Arbeit dauerte oft einen ganzen Tag lang. Oft hatte sie keine Hilfe dabei. Ihre übrigen Arbeiten wie Essenkochen musste sie an diesen Tagen nebenher erledigen. Die Arbeit begann schon vor dem Waschtag: • • •

Die Wäsche wurde sortiert Heizmaterial (Holz und Kohle) wurde in der Waschküche bereitgestellt Die Wäsche weichte über Nacht ein

Am nächsten Tag ging die Arbeit gleich weiter: Das Wasser wurde erhitzt. So konnte im Kessel die Wäsche gekocht werden. Anschließend füllte die Wäscherin die heiße Wäsche und die Waschlauge in die Waschwanne um. Dort musste sie die Wäsche per Hand immer wieder durchwaschen, durchspülen und auswringen. Zum Schluss hängte die Frau die Wäsche auf, damit sie trocknet und wieder in die Schränke und Truhen zurückgeräumt werden konnte. Im Winter war das Aufhängen und das Trocknen in den kalten Räumen ein großes Problem. Die Waschküche musste ebenfalls aufgeräumt werden.

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1. Lies aufmerksam den Ablaufeiner „großen Wäsche“ durch. Schaue Dir anschließend die Bilder an. Liste auf, welche Verbesserungen Du an den Maschinen auf den Abbildungen findest. Wie könnten diese geholfen haben?

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Klostermuseum Merxhausen

Zeitzeugeninterviews: Psychiatrie im Nationalsozialismus Zeitzeugeninterviews sind für Historiker eine besondere Quelle. Diese Interviews sind subjektive Erinnerungen, die bewusst weitergegeben werden. Absichtliches Lügen und unabsichtliches Vergessen können nicht immer auseinandergehalten werden. Umgekehrt müssen Historiker überlegen, warum sich Zeitzeugen an einzelne Begebenheiten besonders erinnern können. Zum Hintergrund: In der Landesheilanstalt Merxhausen wurden Frauen untergebracht, bei denen eine psychische Krankheit festgestellt wurde. In der Zeit des Nationalsozialismus starben sehr viele Menschen dort durch die schlechten Lebensbedingungen. Menschen mit psychischen Krankheiten wurden zwischen 1933–1945 gezielt verfolgt. Schon eine der ersten Maßnahmen – das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933, durch welches Betroffene zwangssterilisiert wurden – richtete sich gegen sie. Während des Krieges wurden die Menschen in den Anstalten gezielt ermordet, so zum Beispiel in Hadamar. Solche gezielte Morde an Patientinnen sind aus Merxhausen aber nicht bekannt. Aus Merxhausen wurden aber über 500 Frauen in verschiedene Tötungsanstalten gebracht.

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Marie G., Pflegerin in Merxhausen

Wie war die Arbeit mit den Patientinnen? Das war sehr unterschiedlich, je nach dem wie die „Geisteskranken“ (Patienten) gerade waren. Manche wissen nichts mehr, manche tobten, manche waren sehr vergesslich. Damals wurde „immer mal probiert“, mit Hilfe von Bädern, die Leute ruhig zu stellen. Das klappte aber nicht so gut, es musste ja auch immer jemand dabei sein. Manchen Patienten wurde auch etwas gespritzt, was das war, weiß ich nicht. Wenn das nichts half wurden auch Elektroschocks gemacht. […] Ich kann mich erinnern, da war mal schönes Wetter, da habe ich den Arzt gefragt: „Darf ich mit den Patienten rausgehen? Da hat der Arzt gesagt: „Sie sind die erste, die das fragt“. So ging ich denn mit den Patienten in die Sonne. Auch auf die Feldarbeit mussten wir mitgehen und die Patienten betreuen. […] Wenn wir Glück hatten, haben wir Patientinnen, die noch arbeiten konnten, etwas zum Sticken oder ähnliche Arbeiten übertragen. Dafür haben wir den Patienten dann etwas extra zum Essen oder so zustecken können. Manche

Patientinnen hatten da auch einfach nichts zu suchen. Die waren eher normal. Was können Sie über die Transporte der Frauen aus der Klinik sagen? Ich weiß, dass die Patientinnen wegkamen, aber wohin wusste ich damals nicht. Ich musste dann auch mitgehen zum Sander Bahnhof, von wo aus sie nach Kassel zum Bahnhof gebracht wurden: „Sie mussten in ihrem Leid noch laufen“. Es sind auch Schwestern von Merxhausen nach Hadamar mitgefahren. „Ich wollte das nicht, ich habe nein gesagt“. Den Patientinnen wurde auch versprochen, dass ihre persönlichen Sachen nachgeschickt werden. Das war aber nicht gemacht worden. „Die Sachen lagen noch Jahre danach herum“. Wissen Sie etwas darüber, dass die Patienten weniger zu essen bekamen? Das kann ich nicht sagen. Ich meine, jede ist immer satt geworden. Das Essen war nicht so wie heute, aber es gab immer etwas zu essen. […]

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Klostermuseum Merxhausen M2

H. Pflüger erinnert sich an ihre Großmutter in Merxhausen:

In 1942/ 43 ist meine Großmutter nach Merxhausen gekommen, da sie zu Hause nicht mehr gepflegt werden konnte. Sie soll etwas „unruhig“ vielleicht auch „verwirrt“ gewesen sein. So hat sie beispielsweise Blumen auf das Grab meines Vaters gelegt, den sie sehr gerne mochte; die Blumen waren allerdings von anderen Gräbern entnommen. Auch erinnere ich mich, dass meine Großmutter zu Zeiten von Wohnungsverdunkelungen vor den Fliegerangriffen mit einer Petroleumlampe durch die Wohnung gelaufen ist. Nachdem die häusliche Pflege durch die Schwester Elsa nicht mehr leistbar war, wurde meine Großmutter in der „Neue Mühle“ (Anm.: Heute Ludwig Noll- Krankenhaus) untergebracht. […] So kam meine Mutter in die Landesheilanstalt Merxhausen. Mein Großvater hat seine Frau öfter - wenn er es zeitlich einrichten konnte- nach Kassel geholt und sich gekümmert. So ist er auch mit der Großmutter jeweils zum Hausarzt gegangen. Körperlich fehlte ihr nichts. Bei den Besuchen mussten wir einen gesonderten Besucherraum betreten und wurden da eingeschlossen. Dort hatten wir, mit anderen Besuchern, zu warten, bis wir zu der Großmutter durften. Diese kam zu dieser Zeit nicht aus dem Bett.

Ich erinnere mich, dass ich als junges Mädchen auch mal durch ein Guckloch an der Tür zum Krankensaal geschaut habe. Ich konnte sehen, wie die Pflegekräfte die Patienten mit „großen Binden“ an die Betten festbanden. […] Weiterhin erinnere ich mich an einen Besuch, als meine Großmutter wohl „zusammengeschlagen“ worden war, so hieß es. Jedenfalls hatte sie Verletzungen im Gesicht. Zu diesem Besuch sind wir wie immer zunächst an das Häuschen (Anm.: Wachpforte) gegangen. Bei unserem letzten Besuch hatten wir zu warten, sagte der Pförtner. Es kam dann jemand von der Station und teilte mit, dass die Großmutter verstorben sei. Mein Großvater ist dann zur Leichenhalle geführt worden und konnte seine Frau noch mal sehen. Sie soll an einem Herztod gestorben sein. Bald danach, weil laufend dort die Menschen starben, hieß ein Gerücht, meine Großmutter sei durch eine Todesspritze umgekommen.

Beide Interviews wurden von dem Vorsitzenden des Kultur- und Geschichtsvereins Bad Emstal e. V., Hartwin Neumann, geführt. Die Interviews sind sinngemäß wiedergegeben. Einzelne Passagen sind als Original wiedergegeben.

1. Beschreiben Sie das Leben der Patientinnen aus der Sicht der Pflegerin und aus der Sicht der Enkelin 2. Zeigen Sie die Unterschiede in den beiden Schilderungen auf. 3. Untersuchen Sie die beiden Interviews. Warum sind die Erinnerungen so unterschiedlich? Nehmen Sie den Einleitungstext zu Hilfe.

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10–11 11–12 12–1

8–9 9–10

II.

Rechnen

II.

Deutsch II. (Übungen im schriftlichen Ausdrucke und Diktate)

Rechnen

II.

Rechnen

II.

½ Religion ½ Rechnen Schreiblesen Mädchen Weibliche Handarbeiten Knaben: im Sommerhalbjahr Turnen und Jugendspiele

Naturkunde Singen Heimatskunde

Religion Deutsch

Samstag

I/II.

III. I/II.

III.

I. I/II. II.

I. I.

1. Erstelle eine Liste mit den Dir bekannten Fächer Mathematik, Deutsch, Biologie, Sachkunde, Religion, Musik, Kunst, Handwerken und Sport. Sortiere die Fächer der Stundentafel in diese Liste ein. 2. Stelle fest, welche Fächer in den drei Klassenstufen oft behandelt wurden, und welche selten behandelt wurden. 3. Schaue auf die Unterrichtszeiten und beschreibe kurz, wie der Tagesablauf eines Schulkindes nach dieser Tafel in den unterschiedlichen Klassenstufen ausgesehen hat. Beachte, dass es noch Hausaufgaben gab.

Rechnen

Dienstag

Mittwoch Donnerstag Freitag Vormittag Religion I. Religion I. Religion I. Religion I. Religion I. Rechnen I. Geschichte I. Raumlehre I. Rechnen I. Geschichte I. Pause 20 Minuten Pause 15 Minuten Pause 20 Minuten Pause 15 Minuten Erdkunde I. Zeichnen I. Naturkunde I. Erdkunde I. Zeichnen I. Deutsch I/II. Deutsch I/II. Singen I/II. Deutsch I/II. Deutsch I/II. Schreiben I/II. NaturII. Zeichnen II. Schreiben I/II. Geschichte II. geschichte Nachmittag ½ Religion ½ Religion ½ Religion ½ Religion ½ Religion III. III. III. III. III. ½ Rechnen ½ Rechnen ½ Rechnen ½ Rechnen ½ Rechnen Schreiblesen III. Schreiblesen III. Schreiblesen III. Schreiblesen III. Schreiblesen III. Religion II. Religion II. HeimatsII. Religion II. Religion II. kunde

Montag

Der Stundenplan der alten Schule

Regionalmuseum Alte Schule Kaufungen

mit Unterstützung des Landkreises Kassel



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10–11 11–12 12–1

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II.

Rechnen

II.

Deutsch II. (Übungen im schriftlichen Ausdrucke und Diktate)

Rechnen

II.

Rechnen

II.

½ Religion ½ Rechnen Schreiblesen Mädchen Weibliche Handarbeiten Knaben: im Sommerhalbjahr Turnen und Jugendspiele

Naturkunde Singen Heimatskunde

Religion Deutsch

Samstag

1. Analysieren Sie die Stundentafel im Hinblick auf die Unterrichtszeiten und die Fächerstruktur 2. Skizzieren Sie die Auswirkungen auf die Gesellschaft, die ein solcher Lehrplan hat. 3. Diskutieren Sie ihre Ergebnisse im Klassenverband.

Rechnen

Dienstag

Mittwoch Donnerstag Freitag Vormittag Religion I. Religion I. Religion I. Religion I. Religion I. Rechnen I. Geschichte I. Raumlehre I. Rechnen I. Geschichte I. Pause 20 Minuten Pause 15 Minuten Pause 20 Minuten Pause 15 Minuten Erdkunde I. Zeichnen I. Naturkunde I. Erdkunde I. Zeichnen I. Deutsch I/II. Deutsch I/II. Singen I/II. Deutsch I/II. Deutsch I/II. Schreiben I/II. NaturII. Zeichnen II. Schreiben I/II. Geschichte II. geschichte Nachmittag ½ Religion ½ Religion ½ Religion ½ Religion ½ Religion III. III. III. III. III. ½ Rechnen ½ Rechnen ½ Rechnen ½ Rechnen ½ Rechnen Schreiblesen III. Schreiblesen III. Schreiblesen III. Schreiblesen III. Schreiblesen III. Religion II. Religion II. HeimatsII. Religion II. Religion II. kunde

Montag

Unterricht im Kaiserreich

I/II.

III. I/II.

III.

I. I/II. II.

I. I.

Regionalmuseum Alte Schule Kaufungen

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Rossgang Kaufungen

Der Rossgang in Oberkaufungen Seit dem Mittelalter wurden Rossgänge oder Pferdegöpel im Bergbau als Förderanlage benutzt. Pferde im Inneren des Gebäudes trieben die Kraftmaschine an, mit deren Hilfe Förderkörbe in die Tiefe hinabgelassen werden konnten oder wieder nach oben gezogen wurden. Damit konnten Tiefen bis zu 350 Metern erreicht werden. Der Kaufunger Rossgang ist ein solches historisches Denkmal. Er wurde etwa 1820 errichtet und blieb bis 1883 in Betrieb. 1879 wurden die Kaufunger Dörfer an das Eisenbahnnetz angeschlossen. In Folge dieser Entwicklung übernahmen Dampfmaschinen die Arbeit der Pferde.

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Die Industrialisierung im ländlichen Raum

Industrialisierung war kein gleichförmiger Prozess. Wenn heute von „Industrialisierung“ gesprochen wird denkt jeder zuerst an die großen, neu errichteten Fabriken etwa von der Firma Krupp im Ruhrgebiet oder auch von der Firma Henschel in Kassel und an die Entwicklung der Großstädte. In weiten Teile Deutschlands waren die Umwälzungen der Arbeitsund Lebensverhältnisse zunächst weniger deutlich. Arbeitskräfte zogen vom Land zu den neuen Arbeitsplätzen in den Großstädten. Umgekehrt zogen Industriearbeiter aus den Großstädten in die umliegenden Dörfer, wo sie günstiger wohnen konnten. Aber auch in den landwirtschaftlich geprägten Gebieten zogen die Maschinen nach und nach ein. Oft ist ein Nebeneinander von alten Techniken und neuen Methoden zu finden, wie es der Pferdegöpel in Kaufungen im 19. Jahrhundert zeigt.

Industrieprodukte konnten im 19. Jahrhundert noch nicht jede Nachfrage bedienen. Handwerksbetriebe spezialisierten sich, Manufakturen entstanden. Die Oberkaufunger Töpfer zum Beispiel produzierten statt Haushaltswaren nur noch Geschenkartikel. Man gründete kleine Fabriken oder Manufakturen im Ort für Blumentöpfe, Korsettfedern und Dachziegel. Auch die Glashütte in Immenhausen steht für diese Entwicklung. Hier wurde medizinischer Bedarf wie Tropfenzähler produziert und weltweit vermarktet. Die Waren der Industrialisierung fanden sich dagegen recht schnell in den Geschäften wieder: Oberkaufunger Schuster verkauften zum Beispiel Fabrikschuhe. Die generellen Versprechen dieser Produkte – einheitliche Qualität zu günstigen Preisen – ließen einzelne Industrieprodukte im Gegensatz zu den traditionellen Handwerkserzeugnissen im Ansehen steigen.

1. Nenne die zentrale Aussage von M1. 2. Überlege die Vorteile des Pferdegöpels in Kaufungen zwischen 1820 und 1883.

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Hessisches Ziegeleimuseum Kaufungen

Vom Lehm zum Ziegel Hintergrund: Die Ziegelproduktion veränderte sich von der Antike bis zur industriellen Revolution kaum: Der Lehm musste in Gruben abgebaut werden, anschließend in eine Ziegelsteinform gebracht werden und trocknen oder gebrannt werden. Die gleichförmigen Ziegelsteine können gut verbaut werden. Da Ziegel nicht oder nur schwer brennbar sind waren sie ein beliebter Baustoff. Vor allem als Dachziegel ersetzten sie zuerst in den Städten des Mittelalters die leicht brennbaren Strohdächer.

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Der lippische Ziegelmeister Friedrich Mahlmann (1858–1947) erinnert sich:

Auf der Ziegelei mußte ich zuerst lernen, Handsteine vom Streichtisch abzutragen. Jedesmal, wenn der Steinemacher einen Stein geformt hatte, trat ich auf einen Hebel, das Brett mit dem Stein wurde hochgehoben, es ging „klink, klink,“, dann griff ich nach dem Stein und trug ihn ins Gerüst von Brettern, das wir eine „Ruste“ nannten, zehn Schicht hoch. Das musste behände [schnell] gehen, denn wenn der Stei-

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nemacher den nächsten Stein gestrichen hatte, mußte ich schon wieder auf den Hebel treten und zugreifen. So mußte ich wohl siebentausendmal am Tage hin und her rennen.

Aus: Friedrich Mahlmann: Erinnerungen eines lippischen Ziegelmeisters, Lippische Mitteilungen 1973.

Die industrielle Ziegelproduktion:

1. Liste die Arbeitsschritte der industriellen Ziegelproduktion auf. 2. Welchen Eindruck bekommst Du von der Ziegelherstellung aus der Schilderung des Ziegelmeisters? 3. Überlege drei Punkte, warum die industrielle Produktionsweise Vorteile bieten könnte. 4. In welchen Bereichen könnten vorindustrielle Produktionsweisen weiterhin benutzt werden.

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Glasmuseum Immenhausen

Kunst aus Glas

Richard Süßmuth: Serie Capitol

Glas wird seit mehreren tausend Jahren von Menschen verarbeitet. Meistens stand dabei Gebrauchsgegenstände wie Flaschen oder Gläser im Vordergrund. Aber auch Fenster sind eindrucksvolle Beispiele der Glasnutzung. Oftmals wurden die aufwändig zu produzierenden Stücke künstlerisch verziert. Ab den 1960er-Jahren öffnete sich neben dem Produktdesign eine zweite Möglichkeit: eine rein künstlerische Verarbeitung, die sich nicht an dem Gebrauchswert des Objekts orientierte. Die Studioglaskunst

Die sogenannte Studioglaskunst ist eine verhältnismäßig neue Kunstrichtung. Es gibt sie erst seit den 1960er-Jahren. Angefeuert durch zwei Workshops im Toledo Museum of Art wurden in den USA kleine Glasschmelzöfen entwickelt, in denen Künstler im eigenen Atelier (Studio) Glas schmelzen konnten. Zuvor waren die Künstler an die Arbeitsplätze in den Glashütten gebunden, wo sie nur nach Feierabend, an den Wochenenden oder während der Betriebsferien am Schmelzofen mit dem Material Glas arbeiten konnten. Die künstlerischen Arbeiten fanden bei den Firmenleitungen nur eine sehr begrenzte Beachtung. Die Glashütten hatten ein primär wirtschaftliches Interesse. Die Entwicklung der kleinen Schmelzöfen machte Richard Süßmuth: Fußvasen die Künstler unabhängig vom Hüttenbetrieb. Freie, oft funktionslose Objekte mit dekorativem, künstlerischen oder auch provokativem Charakter entstanden nun in den Studios. Mittlerweile ist auch Glas (wie Bronze, Keramik, Stein etc.) zu einem anerkannten Medium für künstlerische Arbeit geworden. Wichtige Vertreter des Glasdesigns und der Glaskunst in Europa sind unter anderem: Wilhelm Wagenfeld Andries Dirk Copier Richard Süßmuth Erwin Eisch Zusätzlich zu den künstlerischen Tätigkeiten erweisen sich die Kunstschaffenden als Mittler zwischen den Zeiten: Durch ihre Arbeit bleibt das Wissen um zahlreichen traditionelle Techniken wie zum Beispiel Glasgravur und Glasschliff erhalten.

Erwin Eisch: Mit Maß und Ziel

1. Recherchiere im Internet kurz die Lebensdaten und den künstlerischen Werdegang von Wagenfeld, Copier, Süßmuth und Eisch. Vergleiche die Ergebnisse. 2. Welche weiteren bedeutenden Künstler haben Sie bei Ihren Recherchen gefunden?

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Regionalmuseum Wolfhager Land

Die Weidelsburg – ein Zeichen aus dem Mittelalter Burgen sind die sichtbarsten Zeichen aus einer vergangenen Zeit – dem Mittelalter. Noch heute kann man sie auf vielen Höhenzügen sehen. Die Burgen hatten viele Aufgaben. Von ihnen aus konnte das Umland kontrolliert werden und bei Gefahr floh die Bevölkerung in die Burgen. Meistens hatten die Burgen beide Aufgaben inne. Daher lagen die meisten Burgen an schwer zugänglichen Stellen, etwa auf Bergen. Dadurch sollten Angriffe erschwert werden. Die Verteidigungsanlagen wurden immer weiter ausgebaut und verbessert. Zum Ende des Mittelalters verloren die Burgen ihre Bedeutung und verfielen. So hat die Weidelsburg zuletzt ausgesehen:

Beschreibung: 1, 2: Wohnbauten der adeligen Herren 3: Innenhof 4: Westtor-Turm mit Wurferker 5: Osttor-Turm mit Wurferker 6: dreistöckige überdachte Schalentürme 7: Verteidigungs- und Brunnenturm 8: Haus des Burgverwalters 9: Neidkopf 10: Zwinger 11: Vorburg und Zwinger 12: Wirtschaftsgebäude 13: Wehrgänge 14: Schießscharten 15: Pforte 16: Palisadenzaun

Nach: Regionalmuseum Wolfhager Land (Hg.), Die Weidelsburg im 15. Jahrhundert, Informationsmaterial und Aufgaben für Schülerinnen und Schüler, Wolfhagen 2010, S. 10f.

1. Recherchiere Dir unbekannte Begriffe. 2. Wie viele Wälle oder Tore mussten Angreifer bis zu den Wohntürmen überwinden? 3. Überlege, warum die Burgen mit dem Ende des Mittelalters ihre Bedeutung verloren.

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Regionalmuseum Wolfhager Land

Mensch zwischen den Welten: Der Brasilienreisende Hans Staden Der deutsche Landsknecht Hans Staden stand 1553 in Brasilien als Söldner in portugiesischen Diensten. Dort wurde er von Ureinwohnern gefangen genommen. Diese verspeisten ihre Gefangenen bei bestimmten rituellen Handlungen. Hans Staden konnte nach etwa zehn Monaten fliehen und veröffentlichte später seine Erinnerungen.

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Das große Sterben in Ubatuba

Nach seiner Gefangennahme wurde Hans Staden nach Ubatuba verbracht. Dort sollte er auf seinen Tod warten. Nach seiner Ankunft dort starben viele Ureinwohner an einer ihnen unbekannten Krankheit. Hans Staden berichtet: „Wie der Häuptling nun sah, dass er seine Kinder, seine Mutter und auch seine Brüder tot waren, fürchtete er sehr, dass er und seine Frauen auch sterben müßten. Er bat mich, meinem Gott zu sagen, er möge ihn am Leben erhalten. Ich tröstete ihn und machte ihm Mut,

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es wäre keine Gefahr, aber wenn er wieder gesund würde, dürfe er nicht daran denken, mich zu töten. Da sagte er nein und befahl auch allen in seiner Hütte, dass sie weder Spott mit mir trieben, noch mich aufzuessen drohten.“ Zit. nach: Wolfgang Halfar (Bearb.), Hans Staden: Ein hessischer Landsknecht bei den wilden nacketen, grimmigen Menschenfresser Leuten in Brasilien 1548–1555 (Schriften des Vereines Regionalmuseum Wolfhagen, Reihe Museumsführer, Band 12), Kassel 1997, S. 43.

Das Kreuz in Ubatuba

„Ich hatte aus dicken Stangen ein Kreuz gemacht und vor der Hütte, in der ich wohnte, aufgerichtet. Dort betete ich oft zum Herrn. Den Wilden hatte ich geraten, es nicht auszureißen, denn das könnte ihnen Unglück bringen. Sie aber achteten nicht auf mein Wort. Während ich mit ihnen einmal auf Fischfang war, riß eine Frau das Kreuz aus und gab es ihren Mann. Der sollte ihr, da das Holz rund war, die Schalen von Seeschnecken darauf reiben, aus denen sie eine Art Rosenkranz herstellen. Das verdroß mich sehr. Bald darauf fing es heftig an zu regnen und der Regen dauerte mehrere Tage. Da kamen sie in meine Hütte und verlangten, ich sollte mit meinem Gott dafür sorgen, dass der Regen aufhörte. Denn ihre Pflanzzeit war da, und wenn es nicht aufhörte, würden sie

nicht pflanzen können. Ich antwortete, es wäre ihre Schuld. Sie hätten meinen Gott erzürnt, indem sie das Kreuz herausgerissen hätten, bei dem ich mit ihm zu sprechen pflegte. Da sie nun glaubten, das sei die Ursache des Regens, half mir der Sohn meines Herrn, ein neues Kreuz aufzurichten […] Als es aufgerichtet war, wurde das Wetter von Stund an wieder schön, obschon es am Morgen sehr stürmisch gewesen war. Sie wunderten sich alle und glaubten, mein Gott täte, was ich wollte.“ Zit. nach: Wolfgang Halfar (Bearb.), Hans Staden: Ein hessischer Landsknecht bei den wilden nacketen, grimmigen Menschenfresser Leuten in Brasilien 1548–1555 (Schriften des Vereines Regionalmuseum Wolfhagen, Reihe Museumsführer, Band 12), Kassel 1997, S. 45 f.

1. Gib die Beschreibungen Stadens in eigenen Worten wieder. 2. Vergleiche die beiden Beschreibungen. 3. „Ein Mensch zwischen den Welten“ – Wie kann das gemeint sein. Beachte die Konfession Stadens, die Zeit und die Art seiner Erzählungen.

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Teil B: Informationen

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Klostermuseum Merxhausen

Die große Wäsche Diese Einheit wirft einen Blick auf die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, wie es im Lehrplan Geschichte zu Beginn der Sekundarstufe I gefordert wird. Die Suchbeispiele tragen diesem Rechnung. Trotzdem kann die grundlegende Thematik mit der Frauenarbeit seit der Industrialisierung und der Frauenrechtsbewegung seit Ende des 19. JAhrhunderts wieder aufgegriffen werden. Die große Wäsche gibt einen lebendigen Einblick in das beschwerliche Leben, welches noch vor 100 Jahren die Regel war. Erst mit dem Aufkommen besserer Waschmittel und Waschautomaten ab der Wende zum 20. Jahrhundert, verstärkt ab den 1950er-Jahren, entschäfte sich die Belastung für die große Wäsche. Unter anderem die Entwicklung der Waschmaschinen – und die daraus folgenden Erleichterungen für die Frauen – kann im Klostermuseum Merxhausen anschaulich nachvollzogen werden. Oftmals boten kleine Motoren und Mechanisierungen erste wirksame Verbesserungen. Ansatzpunkt für diese Unterrichtseinheit sind die Lebensbedingungen der Menschen ab etwa 1850. Der harte Arbeitsalltag der Männer in Bergwerken, Fabriken oder in der Landwirtschaft sind weitestgehen bekannt. Dass Frauen ebenso arbeiten mussten, um das Familieneinkommen zu sichern, ist ebenso bekannt. Aber was bedeutete die Erwerbsarbeit für die Frauen? Sie konnten ja nicht den Haushalt, der als ihre urpsrüngliche und primäre Domäne angesehen wurde, vernachlässigen. Berufstätige Frauen hatten so die Mehrfachbelastung von Arbeit, Haushalt und Kindererziehung zu bewältigen. Hier ist der Ansatzpunkt für einen einleitenden Lehrervortrag zu finden. Das Arbeitsmaterial selbst zeigt kurz und knapp die wichtigsten Schritte der „großen Wäsche“. Damit soll eine Vorstellung vom Umfang der Wascharbeiten entwickelt werden. Die Lernenden kennen ja „nur“ den modernen Waschvollautomaten. Begriffe wie „wringen“ könnten unter Umständen nicht allen Lernenden bekannt sein. Sie sind daher zu klären, eventuell praktisch mithilfe eines Handtuchs oder Lappens am Waschbecken. Dabei kann gleich verdeutlicht werden, wie anstrengend die einzelnen Arbeitsschritte waren. Abbildung 1 zeigt eine einfache Schleuder mit Korken. Schon die Einführung solch einfacher Geräte erleichterte das Trocknen der Wäsche. Abbildung 2 zeigt einen Kessel auf einem Ofen. Der Kessel hat einen Wasserhahn und eine Kurbel. Damit war das Heizen einfacher, durch die Kurbel könnte die Wäsche leichter gespült werden und durch den Hahn konnte das Wasser besser abfließen. Abbildung 3 zeigt einen Waschbottich mit Motor. Dadurch konnten Arbeitsgänge wie das Spülen automatisch erledigt werden.

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Klostermuseum Merxhausen

Zeitzeugeninterviews: Psychiatrie im Nationalsozialismus Das vorliegende Material verdeutlicht das Problem der Zeitzeugeninterviews. Aufgrund der Komplexität des Materials und der besonderen Problematik des Theams ist dieses Material für die Sekundarstufe II geeignet, auch wenn bei intensiver Vorbereitung und Betreuung dieses Material schon in der Sekundarstufe I erfolgreich bearbeitet werden kann. Zeitzeugeninterviews sind heute ein gängiges Mittel zur Geschichtsvermittlung. Ganz besonders die verschiedenen Fernsehdokumentationen Guido Knopps haben dazu ihren Beitrag geleistet. Häufig werden hier nur einzelne Statements eingeblendet, es ist also unklar, in welchem Zusammenhang diese gefallen sind. Zudem werden diese Aussagen nicht hinterfragt, sondern durch Einspieler verfestigt. Das Format dieser Sendungen ist den meisten Lernenden bekannt – sei es über die Sendungen aus dem öffentlichrechtlichen Bereich oder vor allem aus dem angelsächsischen Raum. Daher bieten diese Sendungen einen Einstieg in einen einleitenden Lehrervortrag oder in ein einleitendes Unterrichtsgespräch. Es wird eine psychiatrische Einrichtung aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges aus zwei verschiedenen Perspektiven beschrieben. Diese beiden Perspektiven könnten kaum unterschiedlicher sein: aus der Sicht der Hinterbliebenen und aus der Sicht der Pflegerin. Die erste Aufgabe kann durchaus arbeitsteilig in Gruppen gelöst werden. Die Ergebnisse wären dann in einem Kurzvortrag oder in einem Tafelbild zu präsentieren. Das Ergebnis wird sein, dass das Leben der Patientinnen Merxhausens vollkommen unterschiedlich gewesen war, beziehungsweise wahrgenommen wurden. Diese Unterschiede sind für die zweite Aufgabe festzuhalten. Spontan könnten die Lernenden die Aussagen der Pflegerin hinterfragen, gegebenenfalls für unwahr halten. Tatsächlich bieten sich auch bei dem Vorwissen der Lernenden Punkte an, die Aussagen in Zweifel zu ziehen, etwa die Andeutungen bei den Patientenverlegungen nach Hadamar. Daher wären in der dritten Aufgabe beide Aussagen zu untersuchen. Hier wird deutlich, dass beide Frauen eine Erinnerung an Merxhausen haben, mit welcher sie gut leben können. Die Pflegerin ordnet die Behandlungsmethoden dort ein, sie erinnert sich an das von ihr praktizierte Spazierengehen in der Sonne und sie verneint, dass Patientinnen verhungert wären. Gleichzeitig deutet sie an, dass den verlegten Patientinnen wahrscheinlich etwas Schlimmes widerfahren würde, schließlich will sie nicht auf die Transporte. Ebenso können die Erinnerungen der Enkelin hinterfragt werden. Sie erinnert sich natürlich positiv an ihre Oma und an die Schilderungen über ihre Oma. Sie hält fest, dass ihre Oma vielleicht eine Art „Tick“ hatte, sie verlegte Blumen und lief während der Verdunkelungen des Bombenkrieges mit Licht herum. Ansonsten sei sie aber gesund gewesen. Die Schilderung über das Fixieren von Patientinnen und das Verprügeln fügen sich nahtlos in das Bild der Psychiatrie während des Nationalsozialismus ein. Mögliche Gründe für Fixierung oder blaue Flecken werden nicht gesucht. So passt auch der „Herztod“ – eine typische Todesangabe bei Ermordungen dieser Zeit – in das Schema. Trotz dieser Zweifel bei den Erinnerungen geht es nicht darum, Schuld oder Lüge festzustellen. Die Lernenden sollen die grundlegende Problematik der Zeitzeugenbefragung – die selektive Erinnerung – erkennen. Das ideale Ziel wäre ein ausgewogen-abwägendes Urteil über die Zustände in der Landesheilanstalt Merxhausen. Dabei müssen vor allem beachtet werden: - die teilweise schwierige Klientel der Landesheilanstalt und die damit verbundenen „Beruhigungsmethoden“ durch Zwang und Fesselung, - das Wissen um Euthanasie und Mord in den Psychiatrien Deutschlands vor allem während des Zweiten Weltkriegs, - und nicht zuletzt die getrübten und gefärbten Erinnerungen der Zeitzeuginnen.

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Regionalmuseum Alte Schule Kaufungen

Der Stundenplan der alten Schule Die Stundentafel wird hier für zwei verschiedene Klassenstufen diskutiert. Durch diese Doppelung können sich Synergieeffekte ergeben, die von der Lehrkraft individuell je nach Leistungsstärke der Klasse genutzt werden können. Das vorliegende Material ist für Lernende der unteren Klassenstufen gedacht. Trotzdem können die Fragen auch als genauere Anleitung für Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe dienen. Viele Lernende kennen Schule „früher“ aus Erzählungen ihrer Eltern oder Großeltern. Solche Erzählungen können zuerst in einem einleitenden Gespräch gesammelt werden. Zusätzliche gesammelte Berichte kann z. B. über das Regionalmuseum Kaufungen zur Verfügung gestellt werden. Diese Erzählungen sind aber oft auf die „strenge“ Schule reduziert. Experimentell kann für eine kurze Zeit von wenigen Tagen die Tischordnung in eine Reihenform gebracht werden. Die Stundentafel aus Niederkaufungen bietet eine Ergänzung: Nach der Auflistung ist das geringe Stundenvolumen für die einzelnen Klassenstufen deutlich sichtbar. Gerade der Vergleich mit der aktuellen Schulsituation der Lernenden inklusive Hausaufgabenbetreuung und teilweise auch Nachmittagshort lassen die Unterrichtszeiten einer Dorfschule um 1900 als gering empfinden. Der Blick auf die unterrichteten Fächer zeigen zugleich die Konzentration auf die grundlegenden Fertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen. Ungewohnt wichtig wird das Fach Religion erscheinen. Diesen Punkt muss die Lehrkraft klären: Religion hatte um1900 einen staatstragenden Charakter. Kaiser Wilhelm II. begriff sich als Herrscher „von Gottes Gnaden“. Zudem war er noch immer das Oberhaupt der evangelischen Kirchen in Preußen. Gleichzeitig wurde der Religion eine führende Stellung bei der Eindämmung der als staatsfeindlich wahrgenommenen Sozialdemokratie zugeschrieben. „Am Anfang des 19. Jahrhunderts steht eine ‚Schulordnung für Ober- und Niederhessen‘ aus dem Jahre 1803. Diese fordert den Schulzwang für alle Kinder vom 7. bis 14. Lebensjahr. Der Lehrer ist gleichsam ‚Angestellter der Kirche‘ und diese, vertreten durch den Pfarrer, der gleichzeitig ‚Lokalinspektor‘ ist, übt die niedere Schulaufsicht aus.“ (Winfried Wroz: Aus dem Kaufunger Schulalltag im 19. Jahrhundert. In: 975 Jahre Kaufungen, Kaufungen 1985, S. 323ff.) Die dritte Aufgabe ist im gemeinsamen Gespräch zu lösen. Trotz der Hausaufgaben und der in der Schule herrschenden Strenge können die Lernenden wegen der kurzen Unterrichtszeiten auf die Idee kommen, dass Schüler und Schülerinnen um 1900 ein relativ „laxes“ Leben hatten. Neben den schulischen Aufgaben hatten die Kinder aber noch zahlreiche weitere Aufgaben. Beinahe alle mussten in irgendeiner Form bei den Arbeiten der Eltern im Haushalt oder beim Nahrungserwerb mithelfen. Kinderarbeit wurde zwar immer weiter eingedämmt, selten aber verboten. In der Landwirtschaft in Deutschland wurde Kinderarbeit erst in den 1960er-Jahren generell untersagt. Auch hier bietet das Regionalmuseum Schauobjekte an. So ist von der Lehrkraft zu verdeutlichen, dass das Kinderleben um 1900 sehr anstrengend gewesen war.

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Regionalmuseum Alte Schule Kaufungen

Unterricht im Kaiserreich Spätestens im Deutschen Kaiserreich von 1871 war „Schule“ weitgehend geregelt und normiert: Feste Bildungsziele waren formuliert, die Ausbildung von Lehrkräften von der Volksschule bis hin zum Gymnasium reglementiert und die Ausnahmen für das Fernbleiben vom Unterricht schwanden. In diesem Umfeld der Professionalisierung ist das vorliegende Material anzusiedeln. Die präsentierte Stundentafel zeigt den Unterricht von drei Klassenstufen. Dieses ist von den Lernenden zu erkennen und entsprechend in ihre Analysen einfließen zu lassen. Als Einstieg empfiehlt sich der Hinweis auf die Lebensverhältnisse der Kinder im 19. Jahrhundert, Stichwort: Kinder- und Jugendarbeit. Ebenso oder als Ergänzung können das gesellschaftliche Gefälle und das autoritäre Gefüge im Kaiserreich hervorgehoben werden. Vgl. „Nach dem Schulprotokollbuch gibt es in Ober- und Niederkaufungen im 19. Jahrhundert neben den beiden ‚öffentlichen‘ Schulen sogenannte ‚Strick- und Nähschulen‘ (auch ‚Industrieschulen‘ genannt) sowie eine Privatschule.“ (W. Wroz: Aus dem Kaufunger Schulalltag im 19. Jahrhundert, in: 975 Jahre Kaufungen, 1985, S. 323ff.) Eine elegante Schulbank dieser Privatschule steht im Schulzimmer des Regionalmuseums neben den einfachen Schulbänken. Entsprechend ist die Stundentafel zu analysieren. Zum einen fallen die geringen Unterrichtszeiten, ganz besonders für die III. Klasse mit zwei Stunden täglich auf. Es wurde nur eine rudimentäre, auf das allernotwendigste beschränkte, Bildung vermittelt: Lesen und Schreiben stand im Vordergrund. Schon Rechnen war aber nicht mehr so wichtig. Ein anderes wichtiges Fach war der Religionsunterricht. Dadurch zeigt sich das Ziel dieses Unterrichts: die Schaffung des nur rudimentär gebildeten, aber umso staatstreueren Untertanen.

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Rossgang Kaufungen

Der Rossgang in Oberkaufungen Das vorliegende Material lädt zum Hinterfragen gängiger Geschichtsbilder ein. Damit soll die Analysefähigkeit der Lernenden gestärkt werden. Die vielfachen Beschränkungen und Abstraktionen, denen der Geschichtsunterricht unterworfen ist, können anhand dieses Beispiels kritisch untersucht werden. Mitnichten liefen die großen Umbrüche so unproblematisch ab, wie es meistens dargestellt wird. So wird auch die technische Seite der „Industrialisierung“ oder der „Industriellen Revolution“ in den Lehrwerken noch immer meistens mit Maschinisierung (Spinning Jenny), Eisenbahn sowie den zugehörigen riesigen neuen Fabrikationsstätten, den Fabriken in Verbindung gebracht. Dies trifft sicher auf die Zentren der Industrialisierung – in Deutschland zum Beispiel das Ruhrgebiet, Berlin und Sachsen – zu. Ländliche Räume wie Ostelbien oder das Königreich Hannover galten dagegen als weitgehend von technischen Fortschritten unberührt, sogar als rückständig. Doch auch hier zogen technische Fortschritte ein, entwickelten sich teilweise spezialisierte Betriebe und auch die Eisenbahn zog zunehmend flächendeckend in den ländlichen Raum ein. Auch griffen kleinere Unternehmen immer mehr auf die neuen Maschinen und Produktionsmethoden zurück. Diese Entwicklung greift das vorliegende Material auf. In Zeiten der Frühindustrialisierung auf eine im Grunde mittelalterliche Technik zurückzugreifen, mag von den Lernenden noch schnell akzeptiert werden. Diese Technik hielt sich im ländlichen Oberkaufungen aber bis in das Jahr 1883 hinein. Dies mag als Beleg für die Effizienz traditioneller Technik am Beispiel des Göpels dienen (Aufgabe 2). Wirtschaftlich war er in einem kleineren Bergwerk also lange Zeit gegenüber den Maschinen konkurrenzfähig. Erst mit dem Aufkommen besserer Maschinen wurde der Göpel nicht mehr gebraucht. Ein neuer, dampfgetriebener Förderschacht entstand am neuen Zechenplatz gegenüber dem Bahnhof. Als weiterführende Aufgabe kann im Unterrichtsgespräch die globale Entwicklung der Industrialisierung angedacht werden: Vom Ursprungsland England über die Zentren West- und Mitteeuropas sowie Nordamerikas, über Osteuropa und Russland/ Sowjetunion bis hin in die neuen globalen Werkstätten etwa in China. Auch hier sind immer wieder das Nebeneinander von moderner Industrie und traditioneller Wirtschaft zu finden.

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Hessisches Ziegeleimuseum Kaufungen

Vom Lehm zum Ziegel Die Industrialisierung stellt einen einschneidenden Prozess in der Geschichte dar. Ihre baulichen Zeugnisse aber sind weitestgehend in Vergessenheit geraten, ganz im Gegenteil zu den ebenso obsolet gewordenen Burgen des Mittelalters. Die ersten Fabriken standen eben nicht wie Burgen auf einsamen Höhenzügen, sondern waren in der Nähe von Dörfern und Städten untergebracht. Wuchsen die Städte oder waren die Fabriken veraltet und wurden nicht mehr benötigt, wurden in relativ kurzer Zeit neue Bauwerke auf dem Grund errichtet. Einen Einblick in die frühe industrielle Produktion bietet das Kaufunger Ziegeleimuseum, auch wenn die historische Ziegelei erst um 1870 errichtet wurde. Noch heute gibt es das Bild von den „schlechten“ Fabriken der Industrialisierung, in denen die Arbeiter unter unwürdigsten Bedingungen für einen Hungerlohn zu schuften hatten. Das vorliegende Material relativiert dieses Bild. Natürlich waren die Arbeitsbedingungen hart, die Arbeitszeiten lang und der Arbeitslohn gering. Die in M1 beschriebene vor-, bestenfalls protoindustrielle Produktionsweise zeigt aber Zeitdruck und massenhafte gleichförmige Abläufe, wie sie für Fabriken typisch sind. (Aufgabe 2) Das Schaubild zeigt den erheblichen Arbeitsaufwand für die Ziegelherstellung. Die Fabriken haben keinen Produktionsschritt ersetzen können. Allerdings konnte durch den Bau fester Öfen die Produktionszeit erheblich verkürzt werden. Lernende können so überlegen, wie Muskelkraft, einfache Maschinen und Werkzeuge sowie Zeit den komplexen Produktionsweg ersetzen könnten. (Aufgabe 1) Die beiden ausstehenden Aufgaben beschäftigen sich mit den generellen Vorteilen der verschiedenen Produktionsarten: Bei Aufgabe 3 können zum Beispiel die gleichleibendere Qualität des Produkts, die schnellere Produktion und der sich daraus ergebendere günstigere Preis genannt werden. Für Aufgabe 4 wären beispielsweise die individuelleren Gestaltungsmöglichkeiten zu nennen, etwa bei Schmuckziegeln. (Siehe auch den Beitrag zum Glasmuseum Immenhausen)

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Inhaltsverzeichnis

Kunst aus Glas Noch immer ist der Kunstunterricht sehr bildorientiert. Trotzdem sind Ansätze zu erkennen, dieses zu ändern. Plastiken und Architektur finden vermehrt ihren Raum im Kunstunterricht. Das vorliegende Material begreift sich in diesem Sinne als ein Zusatzangebot für Lehrkräfte und als Bereicherung für den Unterricht in der Sekundarstufe I. Hiermit kann ein grundlegender Eindruck über die künsterlische Arbeit mit Glas vermittelt werden. Die Bildbeispiele geben einen Eindruck in Alltagskultur und Design und zeigen darüber hinausgehende Möglichkeiten künstlerischer Verwertung auf. Das Material kann dazu dienen, den Besuch einer entsprechenden Ausstellung vorzubereiten. Das besondere dieses Arbeitsblattes im Gegensatz zu den in den Unterrichtsplänen geforderten Inhalten ist der Ansatz am Material. Hier wird gefragt, was und unter welchen Bedingungen aus dem Werkstoff Glas hergestellt werden kann. Die Rechercheaufgabe hat als Ergebnis, dass die Designer recht ähnliche Geburtsdaten haben – Wilhelm Wagenfeld (1900–1990), Andries Dirk Copier (1901–1991), Richard Süßmuth (1900–1974) – und sich damit als eine Generation verstehen könnten. Für die Designer findet sich die documenta 3 in Kassel 1964 als gemeinsamer Bezugspunkt. Unter anderem stellte der Immenhausener Künstler Richard Süßmuth aus. Viele seine Werke zeigt das Glasmuseum Immenhausen. Der Studioglaskünstler Erwin Eisch ist jünger (1927). Nicht nur die technische Möglichkeit sondern auch spezifische Generationenerfahrungen haben die Bewegung der Studioglaskunst erst entstehen lassen. Erst eine den Designern folgende Generation betrat den Weg zur reinen Studioglaskunst. Als weiteren Künstler werden die Lernenden auf Volkhard Precht aus Lauscha in der DDR gestoßen sein. Dieser hat unabhängig von den Entwicklungen in der Bundesrepublik und in den USA eine Form der Studioglaskunst entwickelt.

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Regionalmuseum Wolfhager Land

Die Weidelsburg – ein Zeichen aus dem Mittelalter Dieses Material ist für die Sekundarstufe I gedacht. Burgen sind den Lernenden allgemein bekannt. In einem einleitenden Unterrichtsgespräch können daher die den Lernenden bekannten Burgen gesammelt werden. Hier werden viele Burgen aus dem näheren oder ferneren Umland zusammenkommen. Eventuell können die Burgen noch mit Standort, Lage und Besonderheiten beschrieben werden. Ebenso können die Berufe der auf der Burg lebenden Menschen gesammelt werden: Burgfräulein und Ritter werden wahrscheinlich zu den ersten genannten gehören. Mit der weiteren Sammlung – und eventuellen Impulsen seitens der Lehrkraft – werden sich immer mehr Berufe auf der Burg feststellen lassen. - verschiedene Berufe mit militärischen Hintergrund wie Türmer oder die Soldaten, - produzierendes Gewerbe wie Schmiede und Sattler aber auch Bäcker und Köche - verschiedene Diener, Knechte und Mägde Damit erhält der Mikrokosmos Burg einen eigenen Charakter als Siedlung, teilweise sogar als Zentrum einer Landschaft. Und tatsächlich siedelten sich um Burgen herum viele Menschen an und einige dieser Ansiedlungen wuchsen zu Städten. Erst nach diesen Sammlungen empfiehlt es sich, das Arbeitsblatt auszuteilen und anhand der Fragen zu bearbeiten. Die Weidelsburg wurde im 12. Jahrhundert erbaut. Nach Auseinandersetzungen der Burgherren mit ihrem Landesherrn, Landgraf Phillip dem Großmütigen, verlor die Burg ihre militärische Funktion und verfiel seit Ende des 16. Jahrhunderts. Eine Ausstellung über die Burg ist im Regionalmuseum Wolfhager Land zu sehen. Die eindrucksvolle restaurierte Ruine kann über die Extratour H8 des Habichtswaldsteigs erschlossen werden. Vertiefendes Material ist in dem zitierten Heft des Museum zu finden. Die erste Aufgabe dient zur Vertiefung und Sicherung der vorhergehenden Sammlungen. Die Lernenden erkennen die Funktionen und die verschiedenen Bereiche einer Burg. Die zweite Aufgabe zeigt die Burg als ausgeklügeltes Verteidigungssystem. Die Lernenden sehen, dass mit dem Überwinden der ersten Hindernisse die Burg bei weitem nicht erobert war. Die letzte Aufgabe hat einen perspektivischen Charakter auf die Umbrüche zum Ende des Mittelalters hin: Die Etablierung der Landesherrschaft, das Erstarken der Städte als Herrschafts- und als Wirtschaftszentren und neue Militärtechniken (Schießpulver und Kanonen), die die Verteidigungsanlagen der Burgen trotz aller Bemühungen der Burgherren veralten ließen.

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Regionalmuseum Wolfhager Land

Mensch zwischen den Welten: Der Brasilienreisende Hans Staden Mit dem vorliegenden Material kann der ab etwa 1500 einsetzende Wandel in den Glaubensvorstellungen vertieft werden. Gleichzeitig ist durch die lebendigen Schilderungen ein Blick in die Entdeckung und Kolonisation Südamerikas möglich. Die vorliegenden Quellen sindvon Staden selbst verfasst, natürlich in mehrfach überarbeiteter Form. Sie sind typische Ego-Dokumente (vgl. Geschichte lernen 156/ 2013). Die Kolonisation verlief nicht ohne Gegenwehr. Ebenso kann die fortdauernde Anspielung auf den Kannibalismus mehr gewesen sein als eine Verarbeitung der ständigen Bedrohung, getötet und aufgegessen zu werden: nämlich die „barbarischen“ Sitten der Ureinwohner herauszustellen und die Kolonisation in Europa zu legitimieren. Das Auftauchen eines hessischen Landsknechts in Südamerika in portugiesischen Diensten und seine Errettung durch ein französisches Schiff zeigt den europäischen Charakter der frühen Kolonisation. Auch das Engagement der Augsburger Welser ist Beleg für diesen Charakter. Der deutsche Landsknecht Hans Staden ließ sich in Brasilien 1552 von den Portugiesen für den Schutz eines Forts anheuern. Von dort wurde er ungefähr zur Jahreswende 1553/ 54 von Eingeborenen entführt, mit der festen Absicht, ihn zu verspeisen. Im Oktober 1554 gelang ihm die Flucht. Später veröffentlicht er seine Reiseerzählungen als Buch. Anschließend ließ er sich in Wolfhagen nieder. Im Regionalmuseum Wolfhagen findet sich ein eigener Bereich zu seinen Reisen und seinem Wirken. Natürlich können die einzelnen später veröffentlichten Erzählungen Stadens nicht überprüft werden. Schon allein die Tatsache, dass seine Zeitgenossen den Kern seiner Geschichte – bei einem südamerikanischen Stamm mit kannibalischer Tradition überlebt zu haben und entkommen zu sein – für glaubhaft gehalten haben, spricht für die Relevanz der Überlieferung. Der Vergleich der beiden Geschichten gibt ein ähnliches Erzählmuster wieder: Es gibt ein Problem (Seuche oder Dauerregen), welches durch die Fürsprache Stadens bei seinem Gott gelöst wird. Dafür wird er am Leben gelassen und darf letztendlich sogar ein Kreuz aufstellen. Bei beiden Erzählungen kommt eine Distanz zu den Ureinwohnern mit ihrem tiefen Glauben an Übernatürliches hervor (z. B. „Da sie nun glaubten, das sei die Ursache des Regens“). Gleichzeitig aber glaubt auch Hans Staden tief: Er baut das Kreuz auf, er betet dort regelmäßig. So erinnert die Erzählung des Protestanten an die katholische Tradition der Mirakel, hier: das Mirakel des Überlebens und das Mirakel des Regens. Mirakel können den Lernenden bekannt sein, etwa aus dem Leben des Bonifatius. Hier zeigt sich Staden mehrfach als Mensch zwischen der Katholischen und der evangelischen Welt und als Mensch zwischen der europäisch-christlichen Kultur und der indigenen Naturreligion. Hier zeigt sich Hans Staden als Mensch zwischen der alten katholischen Welt und der neuen evangelischen Welt. Er ist zwar Protestant und lässt sich in der Landgrafschaft Hessen unter Landgraf Phillipp dem Großmütigen nieder, trotzdem kennt und nutzt er Muster der Mirakelerzählungen. Die Geschichte des großen Sterbens spielt auf ein wesentliches Moment bei der Kolonisation der „Neuen Welt“ an: die Krankheitsanfälligkeit der Ureinwohner gegenüber eingeschleppten Krankheiten. Ihnen vielen sehr viele Menschen zum Opfer, was die verschiedenen Gemeinwesen schwächte und den Europäern die Eroberung erleichterte.

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weiterführende Informationen

Die teilnehmenden Museen: Klostermuseum Bad Emstal-Merxhausen Landgraf-Philip-Str. 2 34308 Bad Emstal-Merxhausen Kontakt über den Kultur- und Geschichtsverein Bad Emstal H. Neumann (Tel.: 05624/ 5241) www.geschichtsverein-bademstal.de Öffnungszeiten jeden 2. Sonntag des Monats 14–17 Uhr und nach Vereinbarung

Stadtmuseum Hofgeismar Petriplatz 2 34369 Hofgeismar Telefon: 05671/ 4791 Telefax: 05671/ 999-200 E-Mail: [email protected] www.museum-hofgeismar.de Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag Mittwoch Freitag Sonntag und Feiertags

10 –12 Uhr 15–18 Uhr 17–19 Uhr 11–13 Uhr 15–18 Uhr

Das Stadtmuseum Hofgeismar bietet einen interaktiven Ausstellungsbegleiter für Schüler und Schülerinnen zum Thema Juden in Hofgeismar an.

Literatur Karin Thielecke, Entdeckerwege für Kinder: Eine Spurensuche zur Geschichte Kaufungens, Kassel 2011, 64 Seiten. Berwerksmuseum Rossgang Kaufungen Freudentalstraße, 34260 Kaufungen www.kaufungen.eu/Kultur/Museen Öffnungszeiten: vom April bis Oktober: Sonntag und nach Vereinbarung

14–16 Uhr

Hessisches Ziegeleimuseum Oberkaufungen Niester Strasse 24 34260 Kaufungen Telefon: 05605/ 7799 Fax: 05605/ 7711 [email protected] www.hessisches-ziegeleimuseum.de/ Öffnungszeiten: von Anfang Mai bis Mitte Oktober: Samstags 13–18 Uhr Sonn- und Feiertags 11–18 Uhr Gruppenführungen ab 10 Personen sind auch nach Absprache möglich.

Regionalmuseum „Alte Schule“ Kaufungen Schulstraße 33, 34260 Kaufungen Telefon 05605/ 7307 www.kaufungen.eu/Kultur/Museen Öffnungszeiten: Mittwoch, Donnerstag, Samstag 14–17 Uhr Sonntag 10–17 Uhr und nach Vereinbarung

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weiterführende Informationen

Immenhausen Am Bahnhof 3 34376 Immenhausen Telefon: 05673/ 2060 Fax: 05673/ 911430 [email protected] www.immenhausen.de/glasmuseum/ Öffnungszeiten: Montag geschlossen Dienstag–Donnerstag Freitag–Sonntag

10–17 Uhr 13–17 Uhr

Im Museum gibt es zur weiteren Information museumspädagogisches Material sowie weitere Schrifte zu den Themenfeldern Glas und Kunst.

Regionalmuseum Wolfhager Land e. V.

Literatur Bd. 6: K. Wölbling: Museum und Schule. Pädagogischer Leitfaden durch das Regionalmuseum Wolfhagen. 152 Seiten. Bd. 12: W. Halfar: Hans Staden. Ein hessischer Landsknecht bei den wilden, nacketen, grimmigen Menschenfresser Leuten in Brasilien 15481555. 84 Seiten. Regionalmuseum Wolfhager Land (Hg.), Die Weidelsburg im 15. Jahrhundert, Informationsmaterial und Aufgaben für Schülerinnen und Schüler, Wolfhagen 2010.

Weitere didaktische Angebote: Das Hugenottenmuseum in Bad Karlshafen hält eine Broschüre für Schüler und Schülerinnen zu Herkunft der hugenottioschen Gemeinschaft und ihren Weg nach Nordhessen bereit. Im Webereimuseum Kircher gibt es – am besten nach Voranmeldung – verschiedene Mitmachangebote.

Ritterstr. 1 34466 Wolfhagen Telefon: 05692/ 992431 Telefax: 05692/ 992434 [email protected] www.regionalmuseum-wolfhager-land.de Öffnungszeiten Dienstag bis Donnerstag Samstag und Sonntag

Im gesamten Landkreis Kassel gibt es an ausgewählten Stellen Eco-Pfade. Durch diese lassen sich verschiedene Kulturdenkmäler auch abseits der Ortschaften erschließen. Weitere Informationen unter: www.eco-pfade.de

10–13 Uhr 14–17 Uhr 14–17 Uhr

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Bildnachweis: Geschichts- und Kulturverein Bad Emstal: S. 3 Regionalmuseum „Alte Schule“ Oberkaufungen: S. 8, 9, 10 Hessisches Ziegeleimuseum Oberkaufungen: S. 11 Das Glasmuseum Immenhausen: Titel, 12 Das Regionalmuseum Wolfhager Land: Titel, 13

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