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Mundakupunktur: Vorgehen und Technik
Allgemeines Akupunktur eines Mikrosystems
EAV
Odonton
Bei der Mundakupunktur handelt es sich wie bei der Ohrakupunktur um die Akupunktur eines so genannten Mikrosystems (MAPS). Dies ist ein Teil des Körpers, in welchem sich die Gesamtheit des Körpers widerspiegelt. Die Punkte sind reflektorisch (holographisch-kybernetisch) und reaktiv (d. h. nur nachweisbar, wenn das korrelierende Organ funktionsgestört ist). Der Wirkungseintritt ist beim Mikrosystem in aller Regel rascher als bei der Körperakupunktur. Bereits vor über 100 Jahren wurde reflextherapeutisches Vorgehen an Schleimhäuten versucht (Fliess). Voll und Kramer mit ihren Untersuchungen der 1960er Jahre ist es zu verdanken, dass mittels EAV (Elektroakupunktur nach Voll) in mühsamer Kleinarbeit Zahn-Organ-Bezüge gefunden und aufgeschlüsselt werden konnten. Die Wirkrichtung geht hier sowohl vom Zahn zum Organ als auch umgekehrt. Das von ihnen erstellte Zahn-Organ-Schema (Abb. 34) gilt auch heute noch uneingeschränkt. Voll führte den Begriff des Odontons ein: Er beinhaltet Zahn und dazugehörigen Zahnhalteapparat, marginales Parodontium und umgebenden Knochen. Dieser Begriff ist auf entsprechende Areale in Umschlagfalte und Wange erweiterbar. Auf dieser Basis fand Gleditsch in den 1970er Jahren die Mundakupunktur. Seine Untersuchungen bezogen sich anfangs vor allem auf sinugene Erkrankungen. Immer wieder bestätigte sich, dass durch Organerkrankungen bestimmte Areale der Mundschleimhaut ebenfalls in Empfindlichkeit und Konsistenz verändert waren. Spontane Druckdolenzen beziehungsweise Veränderung der Schmerzqualitäten an Schleimhautpunkten wurden ebenfalls beobachtet.
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Abb. 34 Zahn-Organ-Schema (aus: Gleditsch, J.: Mundakupunktur. Schorndorf 1979. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Dr. Jochen Gleditsch)
Die Odontone konnten nach und nach den einzelnen Funktionskreisen der chinesischen Medizin zugeordnet werden (Abb. 35). Hierbei trat eine Besonderheit in Erscheinung: Die Zähne waren nicht wie sonst Yin oder Yang zugeordnet, sondern im Odonton waren Yin und Yang vereint. Dies räumt der Mundakupunktur eine ganz besondere Stellung ein. Bald erkannte Gleditsch, dass die Punkte nicht nur diagnostisch, sondern umgekehrt auch therapeutisch nutzbar waren (über 400 Fälle von Sinusitis). Die Ergebnisse waren reproduzierbar.
Odontone sind einzelnen Funktionskreisen zugeordnet
Benennung der Mundakupunkturpunkte Die Bezeichnung der Mundakupunkturpunkte ist an die zahnärztliche Bezeichnung der Zähne nach der internationalen Gebissformel (F.D.I.) angelehnt. Als Bezeichnung für einen Mundakupunkturpunkt kommt davor noch der Buchstabe »O« für oral. Beispiel: O18 für den beim rechten oberen Weisheitszahn vorgelagerten Punkt.
Internationale Gebissformel (F.D.I.)
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Im Prinzip können alle Mundpunkte auch von extraoral gestochen werden. Wir praktizieren dies meist bei den Punkten der Eckzähne, da diese zum einen äußerst wirksam und zum anderen exakt zu finden sind. Zur Kennzeichnung kommt vor die Zahnbezeichnung der Buchstabe »F« für fazial.
Indikationen und Kontraindikationen Indikationen Mundakupunktur ist vor allem additive Therapie
Zahnärztlich Akupunkturtherapie (vor allem Mundakupunktur) ist vor allem als additive Therapie anzusehen. Besonders wirksam ist die Mundakupunktur bei Beschwerden und Erkrankungen des Kiefergelenks, muskulären Schmerzzuständen und Verspannungen im Kopfbereich oder am Bewegegungssystem. Adjuvant wird sie angewandt bei HNO-Erkrankungen, aber auch bei vegetativen Dysbalancen. Atypischer Gesichtsschmerz, neuralgiforme Beschwerden, Kranialgien oder Trigeminusschmerzen können ebenfalls Indikationen darstellen. Behandelt werden funktionelle Beschwerdebilder. Mit der Körperakupunktur kann Mundakupunktur ohne weiteres kombiniert werden. Diese Kombination, wie auch die mit anderen Mikrosystemen, ist bei vielen Erkrankungen möglich und notwendig.
Kontraindikationen Niedrig dosierte Anästhetika
Die verwandten Anästhetika (s. u.) sind sehr niedrig dosiert und werden in äußerst geringer Menge angewandt, daher gelten im Prinzip die gleichen Kontraindikationen, wie bei der Nadelakupunktur. Sehr selten gibt es allergische Reaktion gegen die verwandten Anästhetika. Bei lege artis durchgeführter Mundakupunktur sind kaum Nebenwirkungen zu erwarten. Als Ausweichmöglichkeit kann Kochsalzlösung verwandt werden.
Lokalisation der Punkte Bei der Mundakupunktur gibt es vier Gruppen von Punkten: die Vestibulumpunkte, die Retromolarpunkte, das Areal des 3-Erwärmers und das Areal der Brustwirbelsäule.
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Vestibulumpunkte Der Grund, warum diese Punkte von den Zahnärzten so lange nicht gefunden wurden, liegt darin, dass ihre Lokalisation nicht dem bei zahnärztlichen Eingriffen üblichen Injektionsort entspricht. Die Vestibulumpunkte liegen nahe der Umschlagfalte im jeweiligen Odonton. Sie liegen jedoch im Molarenbereich in der Umschlagfalte näher am Zahn als bei den Prämolaren oder gar den Frontzähnen. Je weiter vorne das Odonton im Mund liegt, umso weiter befindet sich der Punkt bukkal beziehungsweise labial. Bei den Frontzähnen sind die Punkte dann in den Lippen gegenüber den Zahnkronen aufzufinden. Odonton (Abb. 35)
Chinesischer Funktionskreis
O12–O22; O32–O42
Niere/Blase
O13; O23; O33; O43; F13; F23; F33; F43
Leber/Gallenblase
O16/17; O26/27; O44/45; O34/35
Milz/Magen
O14/15; O24/25; O36/37; O46/47
Lunge/Dickdarm
O18; O28; O38; O48
Herz/Dünndarm
BI/Ni Le/Gb Di/Lu
Ma/Mi
He/Dü
He/Dü
Di/Lu
Abb. 35 Zuordnung der Odontone zu den entsprechenden Organen
BI/Ni Le/Gb
Ma/Mi
Nahe der Umschlagfalte im jeweiligen Odonton
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Retromolarpunkte »Neunergebiet«
Distal der Weisheitszähne des Ober- wie des Unterkiefers liegt ein Gebiet, das als »Neunergebiet« bezeichnet wird. In diesem vergleichsweise wenig umfangreichen Gebiet der Endwülste der Alveolarkämme und der sich zwischen diesen erstreckenden Plica pterygomandibularis treten alle Funktionskreise nochmals in Erscheinung. Lokalisation im Retromolarbereich Chinesischer Funktionskreis UK Distolingual
Niere/Blase
Distolateral
Leber/Gallenblase
Distal
Milz/Magen
Nur Vestibulumpunkte
Lunge/Dickdarm
Nur Vestibulumpunkte
Herz/Dünndarm
Lokalisation im Retromolarbereich Chinesischer Funktionskreis OK (Abb. 36) Distal
Niere/Blase
Distopalatinal
Leber/Gallenblase
Nur Vestibulumpunkte
Milz/Magen
Distobukkal
Lunge/Dickdarm
Nur Vestibulumpunkte
Herz/Dünndarm
3-Erwärmer Am Vorderrand der aufsteigenden Mandibula
Am Vorderrand der aufsteigenden Mandibula, etwa in der Mitte zwischen Ober- und Unterkiefer, befindet sich ein austastbares längliches Areal, das 3-Erwärmer-Areal (Abb. 37). Möglicherweise ist dieses Areal auch gleichzeitig das Areal für das Perikard.
Übergreifende Lokalisationen; HWS, LWS, BWS, ISG, Schulter Während Lendenwirbelsäule (LWS), Iliosakralgelenk (ISG), Halswirbelsäule (HWS) im Retromolargebiet des Unterkiefers und Ellenbogen/
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Lu/Di 3-E (San fiao)
Le/Gb Ni/Bl Ma/Mi Le/Gb Ni/Bl
Abb. 36 Im Retromolarbereich sind alle Funktionskreise nochmals versammelt. In der Mitte zwischen OK/UK am aufsteigenden Ast: 3-E-Areal
Abb. 37 3-Erwärmer-Areal
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Schulter im Retromolarbereich des Oberkiefers repräsentiert sind, projiziert sich die Brustwirbelsäule (BWS) am Hinterrand des harten Gaumens. Etwa da, wo harter und weicher Gaumen ineinander übergehen, aber mehr im harten Gaumen. Das Areal ist lang gestreckt von unten nach oben, etwa in der Gegend des Foramen palatinum beginnend. Das Therapiezentrum liegt etwas oberhalb des Foramen palatinum. Therapieziel
Lokalisation
LWS
UK-retromolar bukkal im Siebener-/Achter-/NeunerGebiet
HWS (obere)
UK-retromolar distal und nach kranial entlang der Plica pterygomandibularis
HWS (untere)
Fast schon OK-retromolar, etwas weiter lateral als untere HWS. Die Areale stehen nicht in Verbindung.
ISG
UK-retromolar, distal und nach lingual reichend
Schulter/Arm, Ellenbogen, Kiefergelenk
OK-retromolar distal und lateral, oft etwas nach anterior reichend
Art der Akupunktur Injektionsakupunktur
»Very-PointTechnik«
Die Mundakupunktur ist eine Form von Injektionsakupunktur. Das hat einen besonderen Grund. Während bei der Körperakupunktur die Punkte anatomisch definiert sind oder bei anderen Mikrosystemen (wie beispielsweise dem Ohr) im Falle der Irritation elektrisch gemessen werden kann, ist dies im Mund aufgrund der vorhandenen Feuchtigkeit nicht möglich. Zum anderen sind im Mund wegen der damit verbundenen Aspirationsgefahr normale Akupunkturnadeln nicht verwendbar. Gleditsch machte aus der Not eine Tugend durch Erfindung seiner »Very-Point-Technik« (s. u.), bei deren Anwendung mit einer Einweg-Injektionsspritze Therapie- und Diagnosegerät in idealer Weise vereint werden konnten.
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Wirkungen Neben einer rein lokalen Wirkung der Punkte, die naturgemäß den Bereich der Mundhöhle beziehungsweise der Kaumuskulatur betreffen, gibt es Fernwirkungen und Allgemeinwirkungen. Besonders die Retromolarpunkte sind als Erfahrungspunkte zu verstehen.
Vestibulumpunkte Bei der Therapie, aber auch bei Störungen (beispielsweise Herdwirkung) ist der jeweils zugeordnete Funktionskreis betroffen. Als Anhaltspunkt dienen die Zuordnung der Meridiane der Körperakupunktur und die Korrelate des entsprechenden Funktionskreises. Gemeint ist immer der Funktionskreis im Sinne der Traditionellen Chinesischen Medizin und nicht das Organ der westlichen Medizin. Die Lokalisation des Zustimmungspunktes auf dem inneren Ast der Blasenleitbahn, der zum mit dem jeweiligen Vestibulumpunkt verschalteten Funktionskreis gehört, entspricht dem diesem Odonton zugehörigen Wirbelsäulenabschnitt. Hierarchisch sind die Vestibulumpunkte den Retromolarpunkten untergeordnet.
Praxistipp: Eine Besonderheit stellen die den Eckzähnen vorgelagerten Punkte dar. Sie haben sich als hervorragende Therapieareale für alle Hüftund Kniebeschwerden erwiesen. Sie können sowohl von enoral, als auch von extraoral mit »Very-Point« gefunden und therapiert werden. Die extraorale Therapie erfolgt mit einer sehr feinen Ohr- oder Gesichtsnadel (Anm.: Der Durchstich ist weder notwendig noch sinnvoll).
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Indikationen Lokal
Schmerzzustände der Mundhöhle, lokale Beschwerden, Kiefergelenkbeschwerden, prä- und postoperative Therapie, Verspannungen der Kaumuskulatur
Fern
Den Lokalisationen des betroffenen Funktionskreises entsprechend. Vor allem: Bewegungsapparat, HNO-Bereich, vegetative Beschwerdebilder. Einbeziehung bei einer Therapie im Sinne der TCM-Regeln. Beschwerden an WS-Segmenten der zugehörigen Zustimmungspunkte.
O13, O23, Knie, Hüfte (Anm.: Die UK-Punkte sind meist wirksamer.), TheO33, O43, rapie von extraoral möglich. Diese extraoralen Punkte werden F13, F23, mit »F« (fazial) gekennzeichnet. F33, F43
Prinzipiell ist eine extraorale Therapie bei allen Vestibulumpunkten möglich. Die Treffgenauigkeit ist jedoch ab dem Prämolarenbereich nur unzureichend gegeben. Die Eckzahnpunkte haben sich, wie bereits erwähnt, als therapeutisch besonders effektiv erwiesen.
Retromolarpunkte des Unterkiefers Besonderheiten
Die Therapie der Retromolargebiete wirkt offensichtlich tiefgreifender als die des Vestibulums. Durch Kopfherde wird das Unterkiefer-Retromolargebiet besonders belastet. Umgekehrt ist hier eine Störfeldtherapie besonders wirksam. Eine enge lokale Verschaltung besteht mit den Arealen Herz/Dünndarm. Das Unterkiefer-Retromolargebiet ist ein besonders wirksamer Ort zur Therapie von HWS- (Nähe des Atlas), aber auch von LWS-Beschwerden. Hierarchisch sind die Retromolarpunkte den Verstibulumpunkten übergeordnet. Es können daher Löschungsphänomene auftreten, welche eine Therapie des gelöschten Vestibulumpunktes überflüssig machen. UK-retromolar Indikation Zervikalsyndrom, Ischialgie, LWS, Iliosakralgelenk (hier auch ein Therapieort für das Kiefergelenk). Kopfschmerzen, Migräne. HWS-bedingter Schwindel. Funktionelle Störungen von Urogenitale, Verdauungssystem, Bewegungsapparat. Adjuvant bei Depressionen (8er!), Tinnitus. Bei lymphatischen Stauungen
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Retromolarpunkte des Oberkiefers Auch dieses Gebiet hat eine nahe anatomische Beziehung zur HWS und vor allem zum Kiefergelenk (M. pter. lat.). Es hat einen großen Einfluss auf psychogene Dysfunktionen. Den anderen Mundarealen ist es therapeutisch übergeordnet (Auslöschung), sodass es als primäres Therapiegebiet anzusehen ist und – ähnlich wie im Unterkiefer-Retromolarareal – zur Ausschaltung von Störfeldern eingesetzt werden kann (Abb. 36). Auch im Oberkiefer besteht eine hierarchische Überordnung zu den Vestibulumpunkten. Es gilt wie im Unterkiefer, dass bei Löschungsphänomenen die gelöschten Vestibulumpunkte keiner Therapie mehr bedürfen. OK-retromolar Indikation Psychovegetat. Dysbalancen. Schulter/Arm-Syndrom, Ellenbogen, auch HWS. HNO-Erkrankungen. Lymphstauungen. Kopfschmerzen, Migräne. Zur Verbesserung der Körperregulation, Störfeldtherapie. Adjuvant bei Verdauungsbeschwerden, Depressionen (8er). Störungen des Kiefergelenks, dentogene Beschwerden, Gesichtsschmerzen, Trigeminusneuralgie. M. E. Tinnitus
BWS Dies ist ein neues, von mir gefundenes Therapieareal im Oberkiefer, zu dem noch vergleichsweise wenige Erfahrungen vorliegen. BWS Indikation
Schmerzen, Verspannungen, Dorsalgien im BWS-Bereich
Besonderheiten
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Magen Besonderheiten
In der Gaumenmitte, am Übergang zwischen hartem und weichem Gaumen wurde von mir ein neues Areal »Magen« (Abb. 38a) gefunden. Dazu liegen ebenfalls bis jetzt nur geringe Erfahrungen vor.
3-Erwärmer Besonderheiten
Er ist als so genannter RAM-Punkt (Ramus ascendens mandibulae) an der aufsteigenden Mandibelkante lokalisiert. Das Areal kann mit dem tastenden Finger auf Letzterer hoch gleitend etwa am Schnittpunkt mit der Winkelhalbierenden zwischen Oberkiefer und Unterkiefer gefunden werden (Abb. 37). Anmerkung Eine Koppelung mit dem Partner der Körperakupunktur, dem Perikard, kann bisher anhand von Beobachtungen nur vermutet werden und ist noch nicht bewiesen. Dies ist jedoch anzunehmen. 3-Erwärmer Indikation
Migräne, Kopfschmerz (Akutpunkt!). TMJ, Kaumuskeln. Rotatorische Einschränkungen am Bewegungsapparat (WS!). Adjuvant bei Tinnitus, Schwerhörigkeit und zur Unterstützung endokriner Funktionen
Wirbelsäule/Bewegungsapparat Diese werden vor allem über die oben angegebenen Areale (adjuvant) behandelt. Es ist zu beachten, dass eine Behandlung des Kiefergelenks häufig eine therapeutische Einbeziehung der Wirbelsäule erfordert. Wirbelsäule und Bewegungsapparat (hier speziell Halswirbelsäule und Kopfgelenke) sind über die Mundakupunktur besonders gut zu beeinflussen (Abb. 38 bis 41).
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BWS Schulter Magen untere HWS obere HWS ISG LWS
Abb. 38a Wirbelsäule und Bewegungsapparat
Abb. 38b Retromolarpunkt des Oberkiefers, Schulter, Ellenbogen
Abb. 38c Areal Brustwirbelsäule (nach Hieber)
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Abb. 39a Obere Halswirbelsäule
Abb. 39b Untere Halswirbelsäule
Abb. 40 Lendenwirbelsäule
Abb. 41 Iliosakralgelenk
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Zähne und Körper In jedem der Kieferquadranten sind nach Voll/Kramer/Gleditsch die fünf Funktionskreise der TCM repräsentiert und bestimmten Zähnen beziehungsweise den benachbarten Mundakupunkturpunkten zugeordnet (s. o.). Es besteht also eine definierte funktionelle Verknüpfung zwischen Odontonen und Organen oder Körperarealen sowie zu den Korrelaten des betreffenden Funktionskreises.
Somatotopische Zahnbezüge O12–O22; O32– O42 Niere/Blase
Statik, Stabilität, Sicherheit, Beharren, Struktur, Knochen, Haupthaar; Winter, Kälte, Wasser; Ohr, Horchen; Tonsilla pharyngica, Sinus frontalis; L 2, 3; S 3–5, Co; Knie, Fuß (Meridianverlauf); Urogenitale, Niere; Lokalisationen im Meridianverlauf
O13; O23; O33 (Abb. 42a und b); O43 Leber/Gallenblase
Dynamik, Spannkraft, Motorik, »Power«, Entschlusskraft, Anpassung; Sehnen, Muskel-Spannkraft; Auge, Schauen; Windeinflüsse, Frühjahr; plötzliche und wechselnde Lokalisation; Tonsilla palatina, Sinus sphenoidalis; Th 8–10; Hüfte, Knie (Meridianverlauf); Leber, Gallenblase, Gallengang; Lokalisationen im Meridianverlauf
O16/17; O26/27; O44/45; O34/35; Milz/Magen
Kontakt, Begegnung, Behalten, Verarbeiten, Grübeln, Analysieren, Greifen/Begreifen; Reserven; Bindegewebe (»Fleisch«); Spätsommer, Feuchtigkeit; Mund/Lippen, Larynx/Pharynx; Th 11–L1; Tons. laryngica, Sinus maxillaris, Lymphabfluss Larynx; Knie (Meridianverlauf); Magen, Milz; Lokalisationen im Meridianverlauf
O14/15; O24/25; Lunge »Das zarte Organ«; Entgegennehmen, AusO36/37; O46/47; tausch, Reifen, Reinigung, Lassen/Zulassen; Haut, Lunge/Dickdarm (Körper)-Haare; Herbst, Trockenheit; Nase, Riechen; Tonsilla tubaria, Sinus ethmoidalis, Lymphe der Tuba auditiva; Bronchien; C 5–7; Th 2–4; L 4, 5; Arm, Ellenbogen, Schulter (Meridianverlauf); Lunge, Dickdarm; Körperabwehr; Lokalisationen im Meridianverlauf O18; O28; O38; Präsenz, Kommunikation, sich mitteilen; »Rhythmus«; O48; Herz/Dünn- Freude; Blut und Blutgefässe; Zunge, Sprechen; Somdarm mer, Hitze; Tonsilla lingualis; Mastoid, Mittelohr; C 7, 8; Th 5–7; S 1–3; Schulter, Ellenbogen (Meridianverlauf); Herz, Dünndarm mit Jejunum, Ileum; Lokalisationen im Meridianverlauf
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Abb. 42a O 33 Le/Gbl, Hüfte, Knie, oral
Abb. 42b F 33 Le/Gbl, Hüfte, Knie, extraoral
Weitere Mundpunkte Es seien noch zwei Punkte erwähnt, die nicht zu den Punkten der Mundakupunktur zu rechnen sind, die aber der Zahnarzt wegen ihrer Lokalisation im Mund kennen sollte: LG 28 (Abb. 43) und KG 26 (Abb. 44), die Frenulumpunkte des Ober- und Unterkiefers. Hier kann wie bei der Mundakupunktur mit geringen Dosen Lokalanästhetikum therapiert werden. Neben allgemeiner Wirkung bei Munderkrankungen wirken beide Punkte in Richtung auf das andere Ende der jeweiligen Leitbahn. Der Frenulumpunkt des Oberkiefers wird auch als »Hämorrhoi-
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Abb. 43 LG 28 »Hämorrhoidalpunkt«
Abb. 44 KG 26 »Reizblase«
dalpunkt« bezeichnet (wegen seiner entzündungshemmenden und schmerzreduzierenden Wirkung bei Hämorrhoiden), der Punkt des Unterkiefers wird bei »Reizblase« mit gutem Erfolg angewandt.
Therapeutisches Vorgehen Vorgehen bei der Punktdetektion Zuerst wird die gesamte Mundschleimhaut inspiziert. Veränderung von Schleimhautarealen wie Läsionen, Entzündungen, Druckstellen sind festzustellen und bei der nachfolgenden Therapie auszusparen.
Mundschleimhaut inspizieren
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Palpation
Zangengriff
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Inspektion
Veränderung von Schleimhautarealen
Palpation
Ertasten druckdolenter Areale
Exakte Punktdetektion
»Very-Point-Technik«
Um eine grobe Übersicht zu gewinnen, wird palpiert. Ertastet werden druckdolente Bezirke in den Arealen der Vestibulumpunkte oder des Retromolarbereichs. Hierbei wird mit der behandschuhten Hand gleichmäßig (!) ausgetastet und die schmerzhaften Areale werden vermerkt. Im Lippenbereich sollte man den »Zangengriff« anwenden. Im Retromolarbereich kann es sinnvoll sein, leicht schließen zu lassen, da die Einengung des Raumes durch den Muskelfortsatz der Mandibula geringer ist. Eine feinere palpatorische Detektion ist mit Kugelstopfern unterschiedlicher Größe möglich. In den derart gefundenen Arealen erfolgt nun die Feindetektion.
Praxistipp: Um ein klares Bild zu erhalten und die Druckdolenzen wirklich vergleichen können, ist es notwendig, mit gleichmäßigem Druck zu untersuchen. Dies erfordert einige Übung. Zum besseren Erreichen des lateralen OK-Retromolargebietes den Mund leicht schließen lassen. Die Raumeinengung durch den Muskelfortsatz des Unterkiefers ist dann geringer.
»Very-Point-Technik«
Die exakte Punktdetektion wird mit der so genannten »Very-PointTechnik« (Abb. 45) vorgenommen. Wie beschrieben ist im Mund bedingt durch die vorhandene Feuchtigkeit eine elektrische Messung nicht möglich. Aus der Not eine Tugend machend wurde von Gleditsch eine besondere Technik entwickelt. Die verfeinerte Punktsuche erfolgt bei dieser Methode durch vorsichtiges tangentiales Sticheln und Ausklopfen mit dem Therapieinstrument (im Mund mit einer Kanüle, extraoral mit der Akupunkturnadel). Hierbei bleibt, bei richtiger Technik, die Nadel am zu therapierenden Punkt »kleben«, wobei der Patient die erfolgreiche Suche sowohl mimisch als auch durch Lautäußerung im Sinne einer Zustimmung bestätigt. Diese Vorgehensweise muss
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praktisch erlernt werden. Sowohl bei dieser Art der Diagnostik als auch bei der darauf folgenden Therapie ist eine konsequent abgestützte Hand (wie es der Zahnarzt aus seiner praktischen Tätigkeit kennt) notwendig. Um eine unvoreingenommene Punktsuche zu ermöglichen, sollte die Intention »zu stechen« (also zu therapieren) vom Behandler bei der Punktdetektion vollständig in den Hintergrund gestellt werden (Abb. 44 und 45).
Abb. 45 »Very-Point-Technik« nach Gleditsch (hier am Körper)
Praxistipp: »Very Point« darf ausschließlich mit abgestützter Hand erfolgen. Man vergesse die Intention »zu stechen«! Diese ist vom Behandler während der Detektion vollständig in den Hintergrund zu stellen. Erst nach erfolgter Punktdetektion wird invasiv vorgegangen.
Vorbereitung Patient Behandelt wird am besten auf dem Zahnarztstuhl oder einer Behandlungsliege. Der Raum sollte ausreichen temperiert sein; außerdem sollten Zudecken, Unterlegkeile und Kissen vorhanden sein, um dem Patienten das Verweilen so angenehm wie möglich zu machen. Nicht vergessen werden sollte, soweit nötig, ein Toilettengang des Patienten. Es ist für ausreichende Beleuchtung und Fixation des Kopfes zu sorgen. Auf dem Behandlungsstuhl sind diese Voraussetzungen ideal
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gegeben. Wenn auf der Liege behandelt wird, sollten entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden.
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Praxistipp: Gute Fixation des Kopfes und eine entsprechende Ausleuchtung (Op-Leuchte, Stirnleuchte, Kaltlicht). Raumtemperatur, Zudecken, Unterlegkeile. Toilettengang
Therapiegerät Behandlung mit Spritzen, Akupunkturnadeln sind kontraindiziert
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Die Verwendung von ungesicherten Akupunkturnadeln im Mund ist wegen der Gefahr der Aspiration kontraindiziert. Es wird daher entweder eine Insulinspritze mit fest angefügter Nadel (mit dem weiteren Vorteil, dass diese sehr fein ist) oder eine 2-ml-Spritze mit zahnärztlicher Kanüle verwandt. Bei letzterer ist unbedingt auf sehr festen Sitz der Kanüle zu achten. Therapiert wird mit schwach prozentigem Lokalanästhetikum (0,25 bis 0,5 %) ohne Vasokonstringens und ohne Konservierungsmittel. Bei allergiesensiblen Patienten kann auch Kochsalzlösung verwendet werden. In manchen Fällen genügt auch der bloße Einstich der Nadel ohne Injektion. Beides hat den Nachteil, dass eine feinere Detektion nicht möglich ist. Die Injektion von Kochsalz ist auch etwas schmerzhafter als die mit Anästhetikum.
Praxistipp: Bei sehr allergiesensiblen Patienten Kochsalzlösung oder bloßen Nadeleinstich anwenden.
Auch die Chinesen kannten einige wenige Mundpunkte unter der Zunge. Diese wurden zur Verhinderung der Aspiration mit langen Nadeln gestochen, an denen »Fähnchen« befestigt waren. Wegen des vorhandenen Risikos der Aspiration möchte ich davor ausdrücklich warnen.
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Durchführung Die palpatorisch ermittelten Areale müssen nun mit »Very-Point« vorsichtig, aber genau ausgeklopft werden. An den ermittelten Stellen wird eine sehr geringe Menge (0,1 bis 0,2 ml) des Lokalanästhetikums unter die Schleimhaut injiziert, bis eine kleine Quaddel entsteht. Nun an der Injektionstelle mit der Fingerkuppe gründlich einmassieren.
Praxistipp: Durch gründliches Einmassieren wird der posttraumatischer Schmerz verhindert.
Bei der Therapie orthopädischer Erkrankungen sollte eine ständige Bewegungskontrolle erfolgen. In vielen Fällen zeigt die ipsilaterale Therapie, ja sogar die Injektion in einem Punkt, bereits das gewünschte Ergebnis. Bestehen die Beschwerden fort, wird kontralateral behandelt oder es müssen weitere Punkte verwandt werden.
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Ipsilaterale Therapie
Meist wird bei körperlichen Beschwerden ipsilateral behandelt. Manchmal jedoch kann in bestimmten Fällen die Behandlung der Gegenseite therapeutisch wirksamer sein und zum gewünschten Erfolg führen. Dies ist sehr häufig beim Iliosakralgelenk zu beobachten. Jeder therapierte Punkt ist auf fortbestehende Schmerzhaftigkeit zu kontrollieren. Sollte ein Punktareal nach Therapie noch schmerzhaft sein, kann in diesem bereits vortherapierten Areal weiter fein detektiert werden (Anm.: Dies ist bei Verwendung von Kochsalz nicht möglich und erbringt keine neue Information). So wird der Therapiepunkt noch weiter eingegrenzt und ist einer intensiveren Therapie zugänglich. Bei nicht ausreichendem Therapieerfolg muss an zusätzlichen Punkten im Areal, auf der Gegenseite oder in aber ganz anderen Arealen weiter therapiert werden. Manchmal tritt der optimale Therapieerfolg nur durch Löschung aller ermittelten Mundakupunkturpunkte ein.
Kontrolle der therapierten Punkte auf Schmerzhaftigkeit
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Therapie im Retromolarbereich
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Zahndurchbruch
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Praxistipp: Um den Punkt noch exakter zu ermitteln, hat es sich bei mir bewährt, vor dem Einmassieren die Quaddel nochmals mit der »VeryPoint-Technik« nach einer verbliebenen schmerzhaften Stelle abzusuchen und exakt in diese erneut zu injizieren.
Wie erwähnt kommt es bei einer Therapie im Retromolarbereich häufig zu einer Löschung von Punkten im Vestibulum. Diese müssen dann nicht mehr therapiert werden, auch wenn sie vorher tastbar waren. Es ist also sinnvoll, im Retromolarbereich mit der Therapie zu beginnen, um dem Patienten möglichst wenige Einstiche zumuten zu müssen.
Praxistipp: Wegen der erwähnten Löschungsphänomene (hierarchische Überordnung des Retromolarbereichs) sollte zuerst im Retromolarbereich und hier zuerst im Oberkiefer behandelt werden. Durch entsprechende Löschung erübrigt sich in der Regel die zusätzliche Therapie im Vestibulum. Die Vestibulumpunkte sind durch ihre Lage bukkal der Zähne auch topographisch leichter zu ermitteln, falls ihre Therapie zusätzlich notwendig werden sollte.
Ein Zahndurchbruch kann mit Mundakupunktur gesteuert werden. Zu diesem Zweck werden in die Kapuze eines langjährig retinierten Zahnes einige Tropfen Anästhetikum injiziert. Offensichtlich wird dadurch ein Reiz gegeben. Überdurchschnittlich häufig kommt es nach dieser Therapie zu einem spontanen Durchbrechen des retinierten Zahnes. Es handelt sich hier um einen Sonderfall der Mundakupunktur.
Behandlungsabstände Wie bei der Körper- oder Ohrakupunktur erfolgt die Behandlung abhängig von der Chronizität der Erkrankung in wöchentlichen oder längeren Abständen, bei akuten Erkrankungen entsprechend häufiger bis zu mehrmals täglich.