Montag, 24. Mai 2010 “Michael Ballack fällt bei der WM 2010 aus! Nach einem Foul von Kevin Price Baoteng, heute die Diagnose: Innenbandriss im rechten Sprunggelenk. Damit ist klar, dass die deutsche Nationalmannschaft bei der WM auf ihren Kapitän verzichten muss.” Als diese Sätze mitte Mai aus dem Autoradio kommen, ist mir noch nicht klar, dass Deutschland in zwei Monaten auch ohne Ballack eine super WM spielt und sich dann niemand mehr für den “Knöchel der Nation” interessieren wird. Mich interessiert diese Topmeldung des Tages schon jetzt nicht mehr. Ich bin mit meinen Gedanken wo anders. Ich bin auf dem Weg nach Beverungen, einem kleinen Ort am östlichen Ende von Nordrhein Westfalen. Beverungen liegt genau am Dreiländereck zwischen NRW, Hessen und Niedersachsen und gehört zum Kreis Höxter. Der Grund meiner Reise ist das dort alljährlich am Pfingstwochenende stattfindende Musikfestival. Das “Orange Blossom Special” oder kurz OBS ist mit ca. 2000 Besuchern ein recht kleines, dreitägiges Festival das bereits zum 14. mal stattfindet. Obwohl ich bereits zum dritten mal zum A(ufbau)-Team gehöre, also in der Woche vor dem Festival bei den nötigen Aufbauarbeiten mithelfe und auch während des Festivals unterschiedliche Jobs übernehme, bin ich jedes mal aufs Neue recht aufgeregt. Ich freue mich auf das OBS und die Woche vorher, wie ein Kind auf Weihnachten. Es ist für mich so eine Art Urlaub, der allerdings nichts mit Ents-

pannung und Erholung zu tun hat. Im Gegenteil, es ist sogar sehr anstrengend und bedenkt man den wenigen Schlaf und die großen mengen Bier, die irgendwie dazugehören, ist es wahrscheinlich sogar eine recht ungesunde Woche für mich. Angekommen an der Glitterhouse-Villa, in deren Garten das Festival jedes Jahr stattfindet, fällt mir auf, dass sich hier eigentlich seit letztem Jahr nichts geändert hat. Bei der Glitterhouse-Villa handelt es sich um ein recht runtergekommenes Haus das von seinem Baustil her an die Viktorianische Architektur erinnert. Sie befindet sich am Rand des Industriegebiets nahe der Weser. Der kleinere Teil des Gartens, der sich vor dem Haus befindet wird am Wochenende als Backstage-Bereich und Catering-Zone für Bands und Helfer dienen. Der größere Teil hinterm Haus bietet genug Platz für die 2000 Gäste und die dazugehörigen Bierwagen und Essbuden. Die seitlich gelegene Einfahrt wird ab Freitag der Eingangsbereich des Festivals werden. Ich treffe einige bekannte Personen wieder und werde herzlich begrüßt. Neben den mir bekannten Glitterhouse-Mitarbeitern lerne ich die neuen Praktikanten kennen, in deren WG ich für diese Woche untergebracht bin. Die Praktikanten, immer 3 - 4 an der Zahl, stellen einen großen Teil des Personals der Firma Gillterhouse da und die WG befindet sich im oberen Stock der Villa.

Montag, 24. Mai 2010

Kurze Zeit nach meinem Eintreffen wird die “To-Do”-Liste für die nächsten Tage besprochen und wir beginnen mit den ersten Aufräumarbeiten im Garten. Gegen Abend wird der Grill angeschmissen und Tag mit Bier und Grillfleisch beendet.

Dienstag, 18. Mai 2010 war ursprünglich die europäische Abteilung von Sub Pop, dem bekannten US-Label, auf dem unter andrem Nirvana bekannt geworden sind. Seit Mitte der 90er veröffentlicht Glitterhouse hauptsächlich Musik aus den Bereichen Indi-Rock, Americana und Singer/Songwriter. Ähnlich ist auch das Programm des Orange Blossom Special aufgebaut, wobei man hier versucht den Musikbereich möglichst abwechslungsreich zu halten. Das OBS gibt es seit 1997 und es wird heute hauptsächlich vom Glitterhouse Gründungsmitglied Rembert Stieve geplant und organisiert. Neben Rembert hat sein Sohn Yannick, seit einigen Jahren, einen Großteil der Organisation, der nötigen Arbeiten, welche direkt vor dem Festival anfallen, übernommen.

Nachdem der erste Tag recht entspannt verlaufen ist, beginnt der nächste ähnlich ruhig bei einem Kaffee in der Küche der Firma Glitterhouse. Glitterhouse-Records ist ein Platten Label, also ein Tonträger-Unternehmen, dass CDs und LPs von Bands und Musikern veröffentlicht. Zusätzlich zum Label gibt es den Glitterhouse-Mailorder, einen Versandhandel über den die eigenen CDs, aber auch nahezu alle anderen möglichen Tonträger bestellt werden können. Das Label existiert seit Mitte der 80er Jahr und

Zu den ersten Aufgaben gehört das Aufräumen des Gartens. Hier wurde seit einem Jahr, vom regelmäßigem Rasenmähen mal abgesehen, nämlich nichts gemacht. Gestrüpp und Unkraut wuchert an allen Ecken, überall liegt irgendwelches Zeug im Weg, das sich im Laufe des letzten Jahres angesammelt hat. Der an der Einfahrt angrenzende Nachbar, der Betreiber eines Betonwerkes, hat diese mit merkwürdigen Dingen, wie z.B. riesigen mit getrocknetem Mais gefüllten Säcken, undefinierbare Maschinen aus denen Öl ausläuft oder tonnenschwere Betonprofile, vollgestellt.

Dienstag, 18. Mai 2010 So geht es den ganzen Tag weiter, Hecken müssen gestutzt, Bäume beschnitten und Zäune gestrichen werden. All diese Dinge stehen auf einer mehrseitigen, ausgedruckten Liste und werden nach Fertigstellung durchgestrichen. Diese Liste wird jedes Jahr aufs neue ausgedruckt und benutzt, dadurch wird sichergestellt, dass keine Aufgabe vergessen wird. Natürlich kommen ab und zu neue Aufgaben dazu, die im letzten Jahr vergessen wurden. Dadurch wird die Liste von Jahr zu Jahr etwas länger.

Gegen Abend wird wieder eine riesige Portion Grillfleisch ausgepackt, das Rembert wohl irgendwo günstig gegen irgendwas eingetauscht hat. Natürlich sind die Biervorräte mittler Weile auch wieder aufgefüllt worden und der Abend endet wir der vorhergegangene.

Mittwoch, 19. Mai 2010 Während ich Dienstag noch entspannt und ausgeschlafen aufgewacht bin fällt es mir heute schwerer. Die harte körperliche Arbeit, die 2-3 Bier zuviel und die unbequeme Matratze, auf der ich im Wohnzimmer der Praktikanten-WG geschlafen habe haben Spuren hinterlassen. Dazu kommt das gegen 6 Uhr morgens eine LKW-Ladung Bauzaunelemete mit lautem scheppern vor dem geöffneten Fenster von der Ladefläche geworfen wurden. Es klingt vielleicht komisch, aber ich freue mich fast über dieses Katergefühl. Jetzt bin ich richtig auf dem OBS angekommen, denn genau diese Gefühl hatte ich erwartet.

Der Lärm hat die Bauzäune ja bereits angekündigt, die es gilt heute aufzubauen. Mit Hilfe dieser Zäune wir der Backstage-Bereich eingezäunt, der Zeltplatz an der Weser abgegrenzt und diverse Zufahrten und Zugänge abgesperrt. Die einzelnen Elemente müssen per Hand zu ihrem Bestimmungsort getragen und aufgebaut werden. Das Problem hierbei sind nicht die einzelnen, aus einem Metalgitter bestehenden, Zaunteile die man zu zweit recht bequem tragen kann, sondern die ca. 40kg schweren Beton-Füsse, auf denen die Zäune aufgestellt werden. Die einzige Schubkarre, die es im Glitterhouse gibt hat seit Jahren einen Platten und somit müssen alle Füsse einzeln getragen werden.

Mittwoch, 19. Mai 2010 Das ist jedoch nicht alles was heute getragen werden muss, der Backstage-Bereich während des Festival erstreckt sich über den Balkon, der von der Bühne aus zu erreichen ist, über das komplette Erdgeschoß, in dem die Arbeitsplätze der Firma Glitterhouse untergebracht sind, dem Garten vor dem Haus und die verschiedenen Räume des Kellers. kellerDiese Kellerräume stehen, bis zur Decke gestapelt, voll mit alten Akten und ähnlichem Kram, der nur den Zweck zu haben scheint, jedes Jahr einmal von A nach B und dann wieder zurück getragen zu werden. Kaum sind die Keller halbwegs leer kommt auch schon die erste Getränkelieferung, ca. 100 Kisten Bier und andere Getränke, welche über die enge Treppe in den eigens dafür frei geräumten Raum gebracht werden müssen. Neben dem A-Team (Aufbau-Team), ist seit heute auch das so genannte B-Team in die Vorbereitungsarbeiten eingespannt. Während das A-Team ausschließlich aus männlichen Helfern mit mehrjähriger OBS-Erfahrung besteht, setzt sich das B-Team aus jungen ehemaligen Schüler-Praktikanten und -Praktikantinnen zusammen. Das A-Team wird, da es nur aus Personen besteht, “die zupacken können und wissen wie eine Bohrmaschine funktioniert”, wie Rembert gerne zu sagen pflegt, hauptsächlich fürs “Grobe” also die körperlich Arbeit eingesetzt. Das B-Team wird von Rembert und Yannick dagegen mehr mit Aufräumarbeiten und dem Dekorieren der Räume und des Festivalgeländes beschäftigt.

Auch hier ist natürlich viel zu tun, Plakate müssen geklebt, Schilder gedruckt und laminiert werden und vieles mehr.

Donnerstag, 20. Mai 2010 Im laufe der letzten Tage sind immer neue Helfer dazu gestoßen, da im Moment noch alle in der WG untergebracht sind und sich wie die Ölsardinen im Wohnzimmer nebeneinander gelegt haben, ist an einen erholsamen Schlaf nun absolut nicht mehr zu denken. Nichts desto trotz wartet auch an diesem Tag eine Menge Arbeit auf uns. Zunächst müssen Bierwägen in die richtige Position gebracht werden. Das scheint recht einfach zu sein entwickelt sich aber jedes Jahr auf neue zu einer Arbeit die mehrere Stunden in Anspruch nimmt. Da der Wirt, seine tonnenschweren Wägen immer Millimeter genau an eine bestimmte Stelle zwischen zwei Bäumen rangiert haben möchte. - “Mist, so passt das nicht. Alles wieder rausschieben und dann machen wir es nochmal!”

Auch die Bühnen-Crew trifft gegen Mittag ein, der komplette Garten wird mit Kisten, Lautsprechern, Mischpulten und allerlei technischem Zeug vollgestellt, das aus den dafür nötigen zwei LKWs geladen wird. Das Bühnenteam besteht schon seit Jahren aus ein und dem selben Personen, allesamt sich zwar meist laut rumschreiende aber ansich nette Typen, die genau wissen was zu tun ist. So wird ohne das Rembert oder Yannick hier irgendwelche Anweisungen geben müssen, die komplette Technik aufgebaut. Lautsprecher werde aufgehängt, Licht wird angeschlossen, das FOH-Zelt (engl. Front of House; Bereich für Tonmeister und Lichtmischer im Publikumsbereich)wird aufgebaut. Gegen späten Nachmittag wird alles getestet und an den Einstellungen für das Wochenende gearbeitet.

Donnerstag, 20. Mai 2010 Zu der Zeit ist auch das Küchenteam, mitsamt der erstmals zum Einsatz kommenden mobilen Küche, in Form eines großen Anhängers, eingetroffen. Von den Köchen erfahre ich, dass es sich um eine alte Feld-Küche der Bundeswehr handelt, die man, nachdem sie ausrangiert wurde erworben hat. Die Küche sei aber in einem super Zustand, weil sie scheinbar nie wirklich zum Einsatz gekommen ist. Sie ist wohl nur als Gewicht für Übungsflüge bei Hubschraubermanövern genutzt worden. Nun ist es an uns dieses zwar relativ kompakte, aber unglaublich schwere Hubschraubergewicht zu seinem Bestimmungsort durch den kompletten Vorgarten wuchten. Um den Weg dafür frei zu machen müssen extra Zäune abgebaut und Bäume gefällt werden. Zusätzlich zum Aufbau der Küche müssen heute noch viele weitere Dinge aufgebaut werden, Catering-Zelte im Vorgarten, Dächer auf dem Festivalgelände und eine ganze Menge unterschiedlicher Pavillons für alle möglichen Zwecke. Im Laufe der letzten Tage hat sich das Glitterhouse-Grundstück nach und nach in ein FestivalGelände verwandelt, mit Bühne, Bierzelt und Dixiklos, eben allem was dazu gehört.

Auch die Zahl der Helfer ist an diesem Tag nochmals deutlich gestiegen, wir dürften jetzt so ca. 20 Personen sein. Im laufe des nächsten Tages wird diese Zahl nochmals auf ca. 60 steigen. Am Abend gibt’s dann für alle Pizza. Yeah, heute wirklich kein Grillfleisch!

Donnerstag, 20. Mai 2010 Mitbegründer der Firma Glitterhouse und mittlerer Weile Geschäftsführer, Platten auf und es wird ausgiebig gefeiert. Da mich die Band “The Champions” nicht wirklich interessiert nutze ich die Zeit im Stadtkrug lieber um mich mit alten Bekannten zu unterhalten. Aufgrund der guten Stimmung und der Vorfreude aufs Festival macht ein Schnaps nach dem anderen die Runde. Eigentlich trinke ich keinen Schnaps, Bier schmeckt und bekommt mir wesentlich besser. Aber heute? - ach was soll’s! - Ist ja OBS! … ein Fehler, wie sich bald herausstellen wird.

Aber der Abend ist noch nicht zu Ende, traditionell wird im Stadtkrug, einer Kneipe in Beverungen eine Warm-Up-Party gefeiert. Es spielt die erste Band und danach legt Reinhard, neben Rembert

Freitag, 21. Mai 2010 Puh, an diesem morgen ist es besonders schlimm. Ich weiss weder wann, noch wie ich nach hause gekommen bin, überhaupt weiss ich von dem gestrigen Abend ab einem gewissen Punkt nichts mehr. Aber es scheint ja alles nochmal gut gegangen zu sein, schließlich hab ich es in die Praktikanten-WG und sogar in meinen Schlafsack geschafft. Na, dann kann es ja losgehen, heute ist schließlich der erste Tag des Festivals. Ein Blick auf meinen Dienstplan verrät mir, dass ich gleich meine erste offizielle Festivalschicht habe. Dieser Dienstplan wird von Yannick und Rembert erstellt. Die beiden versuchen die vielen Helfer möglichst fair in unterschiedliche Schichten einzuteilen. Hierbei wird darauf geachtet, dass niemand zu viel oder zu wenig macht.

Ausserdem konnten alle Helfer vor dem Festival Wünsche äussern, falls sie bestimmt Bands gerne sehen möchten. Ausserdem muss darauf geachtet werden, dass die OBS-Neulinge immer in Teams mit erfahrenen Helfern gesteckt werden. Typische Schichten auf diesem Dienstplan sind beispielsweise “Kasse”, “Catering-Wache”, “Merchendise-Verkauf”, “Hygienedienst” usw. Neben diesen regulären Diensten sind immer zwei Personen als Springer eingeteilt, die dann evtl. Ausfälle abfangen oder zum Einsatz kommen, falls jemand eine Pause braucht. Meine erste Schicht ist die “Parkwache”, von 10 bis 12. Als Parkwache habe ich eigentlich die Aufgabe, anreisende Gäste von der fahrt auf die Zeltwiese abzuhalten. Die Zeltwiese ist an der

Freitag, 21. Mai 2010 Nähe des Festivalgeländes an der Weser gelegen, das befahren mit dem Auto ist nicht erlaubt, da man hierfür über einen stark befahren Fahrradweg fahren müsste, was zu gefährlich wäre. Bevor ich aber mit meinem eigentlichen Job beginnen kann muss ich zunächst dafür sorgen, dass die bereits auf der Wiese Parkenden Fahrzeuge entfernt werden. Viele der Gäste sind bereits Gestern angereist um die Warm-Up-Party nicht zu verpassen und entspannt auf dem Festival anzukommen. Da ich die erste Schicht des Festivals habe, hat sich um diese Falschparker noch niemand gekümmert. Bei meinem Versuch den Gästen die Lage zu erklären werde ich jedoch nicht ernst genommen, sondern ausgelacht! Allerdings nicht, weil man das mit den Autos nicht verstehen würde, sondern weil sich die meisten Falschparker im Gegensatz zu mir an den gestrigen Abend erinnern können. Jeder hat seine eigene Geschichte über mich zu erzählen, von lustigen Tanzeinlagen über merkwürdige Gespräche bis hin zu sinnlosen Trinkspielchen. Nachdem ich für einige Lacher beim Frühstück gesorgt habe, werden dann doch alle Autos einsichtig weggefahren. Und ich kann mit meiner normalen Parkwache beginnen. Ich beschließe an diesem Wochenende keinen Schnaps mehr anzurühren. Um 16 Uhr beginnt das Festival, ich habe zu dieser Zeit die Kassenschicht und versorge ankommende Gäste mit Eintrittsbändchen.

Alle Gäste, und das ist auf dem OBS immer so, freuen sich angekommen zu sein. Jeder zweite erzählt wie gerne er hier ist und wie oft er schon hier war. Den typischen OBSGast gibt es eigentlich nicht, graubärtige Roots-Rocker, grinsende Hippies, jugendliche Festival-Gänger und Omas aus der Nachbarschaft, die ihren Enkeln mal zeigen wollen was das OBS ist, alles ist vertreten. Nur eins haben alle gemeinsam, alles sind gut gelaunt. Woven Hand An diesem Tag spielen Unbunny (USA), Earthbend (D), Wovenhand (USA) und William Fitzsimmons (USA). Neben Wovenhand, die ein Glitterhouse-Urgestein sind ist auch Fitzsimmons an diesem ersten Tag für viele Gäste bereits ein Highlight des Festivals. Nach der letzten Band wird wieder aufgeräumt und sobald die meisten Gäste den Weg zum Stadtkrug oder zum Zelt gemacht haben wird die erste Runde Flunkyball, in diesem Jahr, vor der Bühne gespielt.

Freitag, 21. Mai 2010

Flunkyball ist ein Trinkspiel und wieder so eine typische OBS-Tradition, aber dazu später mehr. Nach dem Flunkyball trifft man sich wieder im Stadtkrug, und Helfer und Gäste feiern gemeinsam bis in die frühen Morgenstunden.

Samstag, 22. Mai 2010 Nicht so schlimm wie gestern! Ich habe mir ein leeres Zimmer in der WG geschnappt, in dem ich für das restliche Festival schlafen kann, da der Bewohner aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen kann. Hier lässt es sich wesentlich besser nächtigen, als im vollgestopften Wohnzimmer. Von fit und ausgeruht kann man natürlich trotzdem nicht sprechen.

Da meine Dienste heute erst später beginnen, nutze ich die Gelegenheit um mir das ganze Festivalgeläde mal mit Besuchern anzuschauen. Angefangen am Zeltplatz, einem großen gemähten Stück Wiese, das direkt an der Weser liegt. Hier ist es im laufe des letzten Tages recht voll geworden. Überall genießen Menschen das schöne Wetter oder bereiten sich ihr Frühstück / Mittagessen zu. Auffällig ist, dass die meisten Besucher unglaublich gut ausgerüstet sind. Während ich zu Festivals meist nicht

viel mehr als Zelt, Schlafsack, Zahnbürste und evtl. eine Dose Ravioli samt Gaskocher mitnehme, ist man hier auf alles vorbereitet. Solarbetriebene Kühlboxen, gasbetriebene Kühlschränke und Kochplatten, Zapfanlagen samt Fassbier und Gläsern, Fahnenmasten, an den Wappen aus ganz Deutschland neben Fussballvereinsfahnen wehen, riesige Pavillons und natürlich Grills in allen unterschiedlichen Ausführungen. Kein Wunder, dass man gerne auf die Wiese fahren würde um den ganzen Krempel abzuladen und, dass es deshalb eine Packwache geben muss. Auf halbem Weg zum Festivalgelände gibt es ein Bäckerzelt, in dem belegte Brötchen sowie Kaffee und Kuchen gekauft werden können. In der Einfahrt befinden Stände, an denen man mehr oder weniger Sinnvolle Dinge, wie z.B. Sonnenbrillen, Schmuck, Kleidung und Holzgiraffen kaufen kann. Am Ende der Einfahrt befindet sich die Kasse und der Merchendise Verkauft, der am Tor zum

Samstag, 22. Mai 2010 Glitterhouse-Lager stattfindet. Hier kann man neben T-Shirts und CDs der Bands, die auf dem Festival spielen natürlich auch alle Glitterhouse-CDs kaufen. Auf dem hinteren Gelände befinden sich die Bierstände und weitere Ess-Buden. Es gibt Pizza, Döner, Fisch, Schupfnudeln und einen Kuchenstand. Für Kinder gibt es einen Sandkasten und einige elektrische Gräte, die eine Zeit lang wackeln, wenn sich ein Kind drauf Sitzt und der Vater vorher 50Cent eingeworfen hat.

Auf dem OBS spielen heute The Champions (D),die ja bereits am Donnerstag in im Stadtkrug zu sehen waren, The Innits (D), Garda (D), The Death Letters (NL), Dirtmusic feat. Tamikrest (USA - AUS - SLO / MLI), Kashmir (DK) und Kante (D). Ein musikalisch sehr abwechslungsreicher Tag, wie ich finde. Nachdem ich meine Arbeiten erledigt habe endet der Tag erneut mit Aufräumen, Flunkyball und Stadtkrug.

Sonntag, 23. Mai 2010 Zumindest was die Lage angeht ist mein Schlafplatz in der Praktikanten WG besser als andere. Zum Teil sind die Helfer in Hotels in Beverungen untergebracht, andere schlafen freiwillig im Zelt auf der Camping-Wiese und einige sind in Wohnwägen untergebracht die vor dem Grundstück stehen. Diese Wohnwägen sind ein gutes Beispiel dafür, dass dieses Festival wohl nicht ohne Remberts gute Beziehungen zu den Beverungen lebenden Menschen möglich wäre. Der erste Wohnwagen wurde kurzfristig organisiert, als bemerkt wurde, dass zu wenig Schlafplätze zur Verfügung stehen. Rembert hat einen Freund angerufen und sich kurzfristig und kostenlos einen Wohnwagen geliehen. Dieser Freund hat dann gleich einen zweiten vorbei gebracht, den Rembert nicht nur geliehen, sondern geschenkt bekommt, bzw. gegen eine Kiste Bier getauscht hat. Ob vom Bauunternehmen ein paar Eimer Sand geschnorrt werden oder vom Nachbarn ein Keyboard benötigt kurzfristig ausgeliehen wird, Rembert hat

für nahezu jeden möglichen Fall ein kostengünstige und einfache Lösung parat. Auf dem OBS spielen heute, The Fog Joggers (D), Saint Silas Intercession (UK), Golden Kanine (SWE), Gemma Ray (UK), Murder By Death (USA), The Godfathers (UK) und Savoy Grand (UK). Saint .. Ein sehr interessantes Bild bietet der BackstageBereich, hier tummeln sich Journalisten, Bands aus der ganzen Welt, sogar Tuareg von der Band Tamikrest die übrigen nur Tamascheq sprechen, eine Sprache von der ich bis jetzt noch nie gehört habe. Man erzählt sich Witze, diskutiert mit Amerikanern über ihre Trinkgewohnheiten oder stopft sich mit dem leckeren Catering im Backstage-Bereich voll. Hier bietet sich ein ähnliches Bild, wie vor

Sonntag, 23. Mai 2010 der Bühne, alle scheinen irgendwie einfach glücklich und zufrieden zu sein. Nachdem alles vorbei ist wird wieder eine Runde Flunkyball gespielt. Flunkyball funktioniert folgender maßen, es gibt zwei Teams die sich in einem abstand von ca 20 Metern gegenüberstehen. Jeder Spieler hat eine geöffnete Bierflasche vor sich stehen. Es wird abwechselnd, von der einen Seite zur anderen, versucht mit einem Tennisball eine Plastikflasche zu treffen, die in der Mitte steht. Triff man die Flasche und sie fällt um muss jeder im Team versuchen so viel Bier wie möglich zu trinken. Dafür ist allerdings nur so lange Zeit, wie das andere Team braucht um die Plastikflasche wieder aufzustellen und den Tennisball einzusammeln. Dann wird weiter geworfen. Gewonnen hat das Team, welches alle Biere zuerst restlos leer gemacht hat. Dazu kommen allerdings noch einige erschwerende Sonderregeln, die bei Verstoss meist mit einem Strafbier geahndet werden. Am Freitag waren es beim Flunkyball nur ein paar Helfer, die noch etwas Energie übrig hatten. Am Samstag wurde dann Helfer gegen Gäste, die neugierig geworden waren, gespielt. Heute artet es völlig aus. Die schwedische Band spielt gegen die Securities, die Tontechniker gegen Murder By Death und OBS-Besucher gegen betrunkene Glitterhouse-Mitarbeiter. Wer nicht mitspielen will, oder nicht mehr kann,

sitzt auf oder vor der Bühne und schaut sich das ganze Spektakel fachsimpelnd an. Danach geht es dann zum letzten mal in den Stadtkrug, wo wieder bis zum Sonnenschein getanzt wird.

Montag, 24. Mai 2010 Selbstverständlich geht es mir auch heute nicht besser. Aber zu dem Kater und der körperlichen Erschöpfung, zwei Zustände, die ich nun sehr gut kenne, kommt ein neues Gefühl, das deprimierende Gefühl, dass heute alles vorbei ist. Eigentlich sollte ich mich freuen, endlich wieder mein eigenes Bett, regelmäßiger Schlaf und ein geregelter Alltag. Aber wenn ich es mir aussuchen könnte, dann würde ich das auf der Stelle gegen eine weitere Woche OBS eintauschen. Erst jetzt versteh ich auch den diesjährigen Motto-Spruch “Das kann man nicht twittern!”, das kann man wirklich nicht twittern, man kann es vielleicht beschrieben, ich glaube, man kann es nie wirklich verstehen, wenn man nicht einmal hier dabei gewesen ist. Bevor es nach hause geht ist natürlich noch jede Menge zu tun, schließlich muss alles was in der Woche davor aufgebaut worden ist wieder abgebaut werden und Bauzäume werden nach einer Woche feiern natürlich nicht leichter, aber sind zu Glück noch reichlich Helfer geblieben und so lässt sich alles, zumindest das

Gröbste, an einem Tag erledigen. Beim Blick in die Gesichter der anderen wird mir klar, dass hier niemand froh ist, dass das OBS vorbei ist. Das ist wohl der berühmte Post-OBS-Blues, der übrigens nicht nur Helfer sondern auch Gäste befällt, zumindest wenn man den Einträgen im OBS-Gästebuch glauben schenken kann. Wieder zuhause angekommen, hallt der OBS-Blues noch Weile nach, alle Menschen im Alltag wirken dann irgendwie unfreundlich und schlecht gelaunt. Aber je mehr ich darüber nachdenke desto mehr kann ich mich auch drüber freuen, denn im nächsten Jahr steht das 15 Orange Blossom Special an und da werde ich garantiert wieder dabei sein! Und die ganze Jungs und Mädels der letzten Woche seh’ ich ohnehin schon vorher wieder, denn im August gibt es für alle Helfer im Glitterhouse-Garten das alljährliche OBSMitarbeiter-Flunkyball-Turnier.