MITTHEILUNGEN AUS DEM
GEBIETE DES SEEWESENS. VOL. XVIII.
1890.
NO. VIII u. IX.
Neuere Forschungen in der Océanographie. Von k. u. k. Fregattencapitän C. v. B e r m a n n . (Im Auszuge vorgetragen im wissenschaftlichen Vereine der k. u. k. Kriegsmarine zu Pola.) (Fortsetzung) 1). Meerestemperaturen.
Auch über die für die klimatologischen Verhältnisse der Continente so hochwichtige Vertheilung der Meerestemperaturen haben die neueren Forschungen wesentliche Aufschlüsse gebracht, welche unsere bisherige Kenntnis derselben zum Theile bestätigen, zum Theile erweitern und berichtigen. Bekanntlich erklärte man die bestehende Temperaturvertheilung in den Meeren durch eine doppelte Bewegung der Wassertheilchen, in verticaler und horizontaler Richtung nämlich. Ersterer zufolge müsste die Temperatur in den Oceanen, falls dieselben in abgeschlossene Becken getheilt wären, von der Ober fläche bis zum Boden die gleiche sein. Denn einerseits kann die Abkühlung, ungefähr bis zu — 4° C , bei welcher Temperatur das Seewasser seine größte Dichte erreicht, nach abwärts dringen, anderseits wird die Erwärmung nicht wie beim Süßwasser nur im geringen Maße, sondern in vollem Umfange nach der Tiefe zu vermittelt, indem die wärmer gewordene Oberflächenschichte durch Verdunstung salzreicher, d. i. dichter wird, somit nach abwärts sinkt und durch die nächstliegende Schichte ersetzt wird, bis auch diese wärmer und schwerer geworden, u. s. f. Durch diese v e r t i c a l e C i r c u l a t i o n müsste sich die Temperatur der Oberfläche, beziehungsweise die mittlere Temperatur der Luft, allmählich bis in 1) Siehe Heft VI u. VII dieses Jahrganges, S. 325 und Fortsetzung. Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens 1890, Nr. 8 und 9.
30
454 die größten Tiefen der Oceane fortpflanzen und constant erhalten, da der Gang der Temperatur, das ist die Schwankung des Wärmezustandes im Meere, wie man weiß, nur sehr gering ist. Der tägliche Gang beträgt im offenen Meere kaum 1° C. und reicht nur bis ungefähr 20m unter die Oberfläche ; der jährliche Gang, welcher in den Tropen minimal ist, nimmt zwar gegen die Pole hin zu, erreicht jedoch niemals jenen der Luft, da das Wasser einen weit höheren Wärmecoefficienten besitzt, und macht sich überdies nur bis ungefähr 100 m Tiefe fühlbar. Weit entfernt nun, den Temperaturen der Oberfläche — welche, wie wir wissen, in den tropischen Meeren bis etwa 28° C, in einzelnen von warmen Continenten eingeschlossenen Nebenmeeren 30—35° betragen — in den Tiefen zu begegnen, nehmen dieselben vielmehr beträchtlich ab, und zwar in den höheren Breiten sehr langsam, in den niederen bis ungefähr 1000 m rasch, dann allmählich bis auf den Meeresboden. Auf diesem sind sie in den offenen Meeren überall sehr gering und betragen selbst unter dem Äquator stellenweise bloß 0°. Dieses Vorhandensein kolossaler Massen kalten Wassers in den Tiefen selbst der tropischen Meere, findet bekanntlich seine Erklärung durch die h o r i z o n t a l e C i r c u l a t i o n . Es dringt nämlich beständig, wenn auch mit geringen Geschwindigkeiten, kaltes Wasser in den unteren Schichten von den Polarmeeren gegen den Äquator, um dort aufzusteigen und den Abgang durch Verdunstung und die polwärts gerichteten Ströme zu ersetzen Es muss daher die mehr oder minder gute Verbindung eines Meerestheiles mit den Polarmeeren ausschließlich für dessen Bodentemperatur maßgebend sein. Dass dem wirklich so ist, dafür mögen die nachstehenden Zahlen in Erinnerung gebracht werden: Die Bodentemperatur beträgt im Nordmeere 0° bis — 2°, beim Thomson-Bücken 5° bis 6°, südlich des TelegraphenPlateaus 2 , im Brasilianischen Becken 1°, unter dem Äquator östlich von St. Paul 0°; dagegen in dem durch lange Bodenschwellen theilweise abgeschlossenen Westafrikanischen Becken 2°. Noch auffälliger ist ein Vergleich der Temperatmwerhältnisse der abgeschlossenen Binnenmeere mit jenen der offenen Oceane. Im Mittelmeere, das vom Atlantischen Ocean durch einen Bücken getrennt wird, dessen geringste Tiefen zwischen Cap Trafalgar und Cap Sparte! ungefähr 200 m betragen, ist die Temperatur von der Oberfläche bis in die genannte Tiefe beiderseits dieses Bückens wenig von einander verschieden; während jedoch im Atlantischen das Wasser gegen den Boden zu immer kälter wird, bleibt im Mittelmeere die Temperatur von 200 m bis auf den Grund constant 12 7° C, was der mittleren Wintertemperatur jenes Gebietes entspricht ). (Siehe die Figur auf S. 455.) Analog ist die Temperaturvertheilung in den anderen abgeschlossenen Becken, so im Kothen Meere, wo die Bodentemperatur 21,7° C. beträgt. Überzeugt von der Bedeutung, welche auch verhältnismäßig minder hohe Bodenschwellen auf die Temperaturvertheilung in den Oceanen haben müssen, regte Sil- W y v i l l e T h o m s o n die Untersuchung des im Norden Schottlands vermutheten Rüchens an. Nachdem Knight Errant" im Jahre 1880 nicht C
;
2
r
1) Diese Bewegung des Wassers von den Polen gegen den Äquator wird häufig als „ V e r t i c a l c i r c u l a t i o n " bezeichnet, obwohl es sich um einen Kreislauf handelt, der nur zum geringsten Theile im verticalen Sinne vor sich geht. 2
) „Die Erde aïs Weltkörper", von Dr. J. H a n n .
455 mehr als die Existenz dieses Rückens constatieren konnte, wurde 1882 „Triton" unter Commander H. T i z a r d und unter der wissenschaftlichen Leitung von J. Mur r a y — beide rühmlichst von der Challenger-Expedition bekannt zur Untersuchung der Thomson-Range ausgesendet 1). Es gelang trotz des ungünstigen Wetters in 5 Schnitten quer über den genannten Rücken 135 Lothungen, 14 Temperaturreihen und 17 Dredschungen auszuführen. Die Lothungen ergaben, dass der genannte Rücken sich in einer Breite von 10 Meilen von der Kante der N-Bank der Insel Rona bis zur Fischerbank südwestlich von den Faröern, d. i. in SO-NW-Richtung etwa 100 Meilen lang erstreckt. Im allgemeinen ungefähr 500 m tief, beträgt die größte Einsattlung auf dem selben 550—600 m, während beiderseits Tiefen von 1100 m und darüber vor handen sind. Der Rücken bildet einen Theil jener unterseeischen Hügelkette, welche sich in ununterbrochener Linie von der NW-Küste Schottlands nach den Faröern, Island und Grönland hinzieht; die Tiefen zwischen den letzt genannten drei Inseln betragen bekanntlich auch nicht mehr als 370 m.
Die gewonnenen Temperaturprofile beweisen in bestimmter Weise, dass über den Thomson-Rücken ein regelmäßiger Wasseraustausch stattfindet, indem das warme atlantische Wasser über die ganze Breite und Tiefe desselben nord wärts in das arktische Becken fließt, über die tiefsten Stellen des Rückens aber — somit allerdings in relativ geringem Volumen — polares Wasser in den Atlantischen Ocean überströmt. Während die Temperatur nordöstlich des Rückens bis in 640 m Tiefe 0° C. und weniger beträgt, ist sie südwestlich von dem selben in gleicher Tiefe 6,8°, mit Ausnahme eines schmalen Streifens bei den genannten tiefsten Stellen, wo das über den Rücken fließende Polarwasser jenes am Boden des Atlantic bis auf 8 Meilen Entfernung von der Achse des Rückens um 25° abkühlt; erst in 15 Meilen Entfernung von dem Rücken fand man wieder die normale Temperatur des warmen Ocean-Wassers. Hochinteressant für die horizontale Wassercirculation sind auch die Unter suchungen des „Albatros". Schon frühere Messungen hatten im Golf von Mexico überall in Tiefen von 1460 m bis auf den Grund stets eine constante Temperatur von 4,2° C. ergeben. Da nun der Golf von Mexico sein Wasser aus dem Karaibischen Meer empfängt, so musste dieses, falls der vorbesprochene Einfluss der unterseeischen Erhebungen auf die Wärmevertheilung richtig ge;
l
) Siehe T i z a r d s Bericht über die „Triton"-Expedition in proceedings
Royal Society", Vol. 35, Nr. 225, pag. 202—226.
of the
456 deutet worden war vom Atlantischen Ocean durch einen Wall getrennt sein, dessen tiefste Stellen 1460 m unter der Wasseroberfläche liegen. Um dies zu prüfen, wurden sämmtliche Passagen zwischen den Antillen, von Trinadad bis Cuba untersucht, und schließlich thatsächlich in der Windwards-Passage die genannten Tiefen gefunden. Bei dieser Gelegenheit wurde ein 4400 m tiefes Bassin zwischen Santa Cruz und St. Thomas entdeckt, welches seiner Boden temperatur entsprechend, durch eine Binne von 2000 m mit dem Ocean communicierte. Da jedoch westlich davon, d. i. südlich von der Mona-Passage, die Temperatur abermals 4,2° betrug, lag die Vermuthung einer weiteren Wasser scheide zwischen Santa Cruz und Puerto Bico nahe. Auch in diesem Falle fand die mehrberegte Theorie ihre Bestätigung, indem „Albatros" schließlich einen Bücken mit 1645 m größter Tiefe fand, auf welchem die Temperatur 4,2° betrug. Diese Besultate sprechen gleichzeitig für die große Gründlichkeit der Untersuchungen, welche „Albatros" übertragen worden waren. Dass die Isothermobathen — die Linien gleicher Meerestemperatur — sich mit der Annäherung an den Äquator heben, mit anderen Worten, dass unter demselben das kalte Wasser emporsteigt, bestätigen 9 Beihenmessungen, welche „Romanche" zwischen Cap Horn und dem Äquator vornahm. In 500 m Tiefe wurde die Temperatur auf 11° südl. Breite um fast 2° niedriger gefunden, als in 25° südl. Breite. ;
Mit der erhärteten Thatsache einer verticalen und horizontalen Circulation des Wassers in den Meeren, konnten jedoch noch nicht alle oceanischen Temperatur erscheinungen ausreichend erklärt werden; namentlich blieben die sogenannten T e m p e r a t u r - A n o m a l i e n , das sind die Abweichungen von der — unter der Voraussetzung einer gleichmäßigen Wärmezunahme von den Polen gegen den Äquator hin — einem bestimmten Breitenparallel zukommenden Temperatur, unverständlich. Denn wenn es auch einleuchtend ist, dass die Isothermen am Meere infolge der viel größeren Temperaturänderungen auf den Continenten sich im Winter gegen die Pole krümmen, im Sommer aber gegen den Äquator verflachen, so war doch nicht zu verstehen, warum z. B. die Jahres-Isotherme von 4° sich von Neufundland gegen die Mitte Norwegens hinzieht, die 22°Isotherme dagegen den afrikanischen Continent beim Cap Verde, den amerikani schen bei der Halbinsel Florida schneidet. Im ersten Palle ergibt dies für die Ostküste des Atlantischen Oceans eine positive Anomalie von ungefähr 15°, im zweiten Falle eine negative im gleichen Betrage. Bekanntlich schrieb man diese Erscheinungen bislang dem Einflüsse der Strömungen, besonders jenem des Golfstromes zu; doch wurde diese Ansichtvielfach und mit Eecht bestritten, da der Golfstrom in höheren Breiten zu seicht ist und auch keine genügenden Temperaturdifferenzen gegenüber dem ihn umgebenden Oceanwasser zeigt. Mitunter bestehen solche Differenzen über haupt nicht, wie z. B. bei dem in die Baffins-Bai abzweigenden Arm des Golf stromes; oder es fließt gar die kalte Strömung als die salzarme und weniger dichte oberhalb der warmen ). In solchen Fällen kann wohl von einer Er höhung der Oberflächentemperaturen durch die warme Strömung nicht die Bede sein. Übrigens wären damit noch immer nicht die relativ geringen Temperaturen an der Westküste Afrikas erklärt. 1
*) Siehe „Meeresströmungen." S. 468.
457 J. M. S t a f f beobachtete auf der Höhe von Angra Pequena, zwischen Pomona und der Insel Ichabo, eine um 6—7° kältere Oberflächentemperatur, als in 120 Meilen Entfernung von der Küste auf derselben Breite, oder weiter südlich in der Nähe der Tafelbai. Die Temperatur betrug in 26—27° südl. Breite, fast zur Zeit des Zenithstandes der Sonne (December), kaum so viel, als jene des Nordseewassers in 52—54° Breite zu Ende October ). In neuerer Zeit hat man nun noch eine dritte Art der Circulation in den Meeren erkannt, welche darin besteht, dass d a s W a s s e r a n d e n L u v k ü s t e n der Winde und Strömungen a u f w ä r t s , an den Leeküsten abwärts s t e i g t . Die leewärts gerichtete Bewegung des Oberflächenwassers durch die genannten Impulse muss nämlich ein Ersatzbedürfnis an seinem Ausgange, an der Luvküste, zur Folge haben, diese Aspiration aber umsomehr einen dem Oberflächenstrom entgegen gerichteten Unterstrom erzeugen, als das an der Leeküste aufgestaute Wasser notwendigerweise nach abwärts seinen Ausgleich finden muss. Es entsteht so ein vollständiger Kreislauf, welcher in den tropischen Meeren beständig relativ kaltes Auftriebwasser an die Ostküsten, warmes Wasser an die Westküsten bringt. In den höheren Breiten, wo die Westwinde östlich gerichtete Strömungen erzeugen, ist das Gregentheil der Fall : dort sind die Luvküsten, an welchen das kalte Wasser aufsteigt, die westlichen, die Leeküsten, welchen warmes Wasser zugeführt wird, die östlichen. Ein Blick auf eine Karte der Meeresströmungen und Temperaturen beweist die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung. Diese durch das Ersatzbedürfnis im Rücken einer eingeleiteten WasserbeAvegung entstandene Strömung nennt K r ü m m e l den C o m p e n s a t i o n s s t r o m ) . Die Ansicht von dem Aufsteigen kalten Tiefenwassers an den Küsten sprach zuerst T o y n b e e in seinen Bemerkungen zu den 1882 vom Meteorologischen Amte in London herausgegebenen Karten für die Umgebung des Cap der guten Hoffnung aus ). B u c h a n a n ) gibt seine diesbezügliche Meinung folgender maßen ab: „Das Vorkommen dieser Küstengebiete abnorm kalten Wassers findet seine Erklärung in der Thatsache, dass der Wind von diesen Küsten her weht. Indem die Passatwinde von denselben gegen den Äquator zu wehen, schaffen sie Wasser von der Küste fort, welches von der nächsten Quelle ersetzt werden muss. Diese Quelle ist das tiefe Wasser an der Küste des Continents, welches seine niederen Temperaturen durch den von hohen Breiten her stetig statt findenden langsamen Zufluss erhält." Zweifelsohne ist es gleichgiltig, ob das Oberflächenwasser durch Wind oder das Ablenken einer Strömung vom Lande fortgeschafft wird. Corvettencapitän H o f f m a n n ) beobachtete während des SWMonsuns beim Cap Warscheik, wo die nördlich gerichtete Strömung nach Osten. ' wendete, ein sehr rasches Fallen der Temperatur (von 25° auf 14,9°); gleich zeitig war die blaue Farbe des Wassers in tiefes Olivengrün übergegangen. Nachdem dort — in 4—8° nördl. Breite — das Vorhandensein einer polaren 1
2
3
4
5
1) „Annalen der Hydrographie" 1887, II, S. 68. 2
) Siehe „Handbuch der Océanographie" von Prof. Dr. G. v. B o g u s l a w s k i und Dr. 0. K r ü m m e l , II. Band 1887. 3
) „Annalen der Hydrographie", 1887, I, S. 26. 4) proceedings of the Royal Society", December 1886. 5) Reise S. M. Schiff „Möve" von Zanzibar nach Aden. „Annalen der Hydro graphie", 1886, S. 395. H o f f m a n n erwähnte bereits in seiner 1884 erschienenen
bchrift „Zur Mechanik der Meeresströmungen" der Wasserbewegung mit verticaler Componente.
458 Strömung ausgeschlossen ist, darf die beobachtete Temperaturänderung mit Bestimmtheit dem Aufsteigen des Tiefenwassers im Bücken der durch den Verlauf der Küste abgelenkten, beziehungsweise sich von derselben entfernenden Strömung zugeschrieben werden. Dass diese Beobachtung H o f f m a n n s nicht etwa einen vereinzelten Fall betraf, sondern dass in der That das kalte Wasser an der genannten Küste zur Zeit des SW-Monsuns eine normale Erscheinung ist, weist S u p a n auf Grund der neuesten Temperaturzusammenstellung der Niederländischen Meteoro logischen Anstalt nach; auch für den Golf von Aden ergeben sich analoge Verhältnisse *). Auf Grund der vom Meteorologischen Amte in London neuverfassten Karte der Meerestemperaturen ) und mit Benützung anderer Quellen hat Dr. 0. K r ü m m e l die Ob er f l ä c h e n t e m p e r a t u r e n der O c e a n e für die Monate Februar und August mittels Isothermen von 2 zu 2° C. dargestellt ). Daraus ist der Gegensatz zwischen Osten und Westen in niederen Breiten als Folge der westlich gerichteten Äquatorialströmungen auffallend zu entnehmen; der Baum zwischen den Iso thermen von 24° ist im Westen zwei- bis dreimal größer als im Osten. Auch die relativ niedrigen Wärmegrade des Wassers an den Westküsten kommen in diesen Darstellungen (siehe die Figur auf S. 459) deutlich zum Ausdrucke ; be sonders an der Küste von Guinea in den Monaten Juli bis September, was K r ü m m e l auf den in dieser Jahreszeit kräftigeren südlichen Äquatorialstrom zurückführt, welcher die Aspiration in seinem Bücken verstärkt. Eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel bildet die Westküste Australiens, wo kein kälteres Küstenwasser zu finden ist. Auf Grund von Beobachtungen der „Gazelle" spricht K r ü m m e l die Ansicht aus, dass die durch den südlichen Äquatorialstrom ent führte Wassermasse dort durch einen von Norden kommenden Zweig der äqua torialen Gegenströmung ersetzt wird. K r ü m m e l hat ferner aus den angeführten Karten die Größe der be s t i m m t e n T e m p e r a t u r e n z u k o m m e n d e n F l ä c h e n r ä u m e berechnet. Der Vergleich dieser Flächen untereinander, mit dem Gesammtareal der Erd oberfläche und dem meerbedeckten Theile derselben, ergab sehr interessante und in mancher Hinsicht überraschende Eesultate. 2
3
1) „Petermanns Mittheilungen", 1889, VII, S. 170. ) Charts showing the Surface Temperature of the Atlantic, Indian and Pacific Oceans. March, 1884. ) „Die Temperaturvertheilung in den Oceanen." (I. Die Oberflächentemperatur.) „Zeitschrift für loissenschaftliche Geographie", Weimar, 1887. Band VI, S. 31 rnit 2
3
2 Karten. Man muss K r ü m m e l für diese Zusammenstellungen umsomehr dankbar sein, als die genannten Karten des Londoner meteorologischen Amtes ausschließlich Fahrenheitgrade enthalten, somit für jeden Nicht-Engländer insolange vollkommen wertlos sind, als man sich nicht der Mühe einer Umrechnung von einigen hundert Zahlen pro Karte unterzogen hat. Die trotz der vielen internationalen Congresse noch immer bestehende Verschiedenheit in den Maß- und Gewichtseinheiten, in Zeitrechnung und Schrift zeichen, ist gewiss auf allen Gebieten recht lästig. So lange sich Natiönchen oder Völker von geringer Leistungsfähigkeit einen solchen Luxus gestatten, kann man darüber noch mit einem Achselzucken hinweggehen; dass aber eine Nation von der hohen wissenschaftlichen und commerciellen Bedeutung der Engländer der ganzen übrigen civilisierten Welt gegenüber cliesbetreffend in starrköpfiger Ablehnung verharrt, kann nicht genug beklagt werden. Geradezu unbegreiflich erscheint dies in einem Falle, wie der hier beregte; denn dem Fahrenheitthermometer fehlt doch heutzutage, wie selbst der reiferen Jugend bekannt ist — ebenso wie etwa dem Julianischen Kalender — jede vernünftige Grundlage.
459 Die den Winden folgende allgemeine Wasserbewegung nach Westen ver anlasst in den niederen Breiten des Atlantischen und Stillen Oceans einen bedeutenden Wärmeüberschuss auf der westlichen Hälfte, gegenüber der östlichen. Im Stillen Ocean liegen die wärmsten Gebiete mit 28—29° C. zwischen der chinesischen Küste und den Marquesas-Inseln, im Indischen in der östlichen Hälfte desselben, nördlich von 10° südl. Breite. Im Atlantischen Ocean ist nur eine kleine Fläche, und zwar im Karaibischen Meere, das ganze Jahr hindurch bis 28° und darüber erwärmt, während im Osten, im Gebiete der GuineaStrömung, nur im Februar so hohe Temperaturen vorkommen. Isothermen im Monate Februar.
Temperaturen über 30° treten selten und nur vereinzelt auf, so im August an der Westküste von Centraiamerika, an mehreren Stellen im Arabischen Meere und im Golf von Bengalen; die h ö c h s t e n T e m p e r a t u r e n überhaupt sind im Rothen Meere mit 32°, im Persischen Meerbusen mit 35,5° verzeichnet. Das „tropisch warme Wasser" — womit K r ü m m e l dasjenige Wasser bezeichnet, welches eine höhere Temperatur als 24° C. besitzt — nimmt fast 40 %, oder zwei Fünftel der gesammten meerbedeckten Erdoberfläche ein.
460 Die größere Erwärmungsfälligkeit der nördlichen, landreicheren Hemisphäre ergibt sich aus folgenden Vergleichszahlen: Die Nord-Hemisphäre hat im Sommer (August) 56 %, im Winter (Februar) 36 %, „ Süd„ „ „ (Februar) 42,6 %, „ (August) 23,2 % ' tropisch erwärmtes Wasser. Im Jahresdurchschnitt erscheinen mehr als 24° erwärmt : auf der Nord-Hemisphäre 47 %, auf der Süd-Hemisphäre 33 %. In ähnlicher Weise hat K r ü m m e l auch eine planimetrische Berechnung der auf 20° erwärmten Meeresoberfläche vorgenommen, woraus sich ergibt, dass im Durchschnitte etwas mehr als die Hälfte (52 % ) der gesammten Meeres oberfläche über 20° erwärmt ist; davon behalten diese Temperatur das ganze Jahr hindurch circa 40%, bloß während eines Theiles des Jahres 60%. Die von J. M u r r a y in den S c h o t t i s c h e n F j o r d e n angestellten syste matischen Beobachtungen ) ergaben eine interessante Bestätigung des großen Einflusses, welchen die Winde auf die Temperaturvertheilung in den Meeren nehmen, indem sie einen Abfluss des warmen Oberflächenwassers nach Lee erzeugen, welcher durch das in Luv aus der Tiefe aufsteigende kältere Wasser Ersatz findet. Diese Beobachtungen wurden theils in Fjorden an der Westküste Schott lands, theils in Süßwasserfjorden am Caledonischen Canal ausgeführt. Der in diesen abgeschlossenen Becken erschwerte, beziehungsweise ganz unmögliche Wasserersatz durch horizontalen Zufluss, musste die genannte Wirkung um so bestimmter zutage treten lassen. Thatsächlich änderte sich die Temperaturvertheilung unmittelbar nach jeder Windänderung. Manchmal (so während eines SW-Sturmes auf dem Loch Ness) liefen die Isothermen fast vertical, indem von der Oberfläche bis zum Grunde ein und dieselbe Temperatur herrschte. Für die Seewasserfjorde, welche infolge des Abschlusses durch Boden schwellen dem Einflüsse des Landes in hohem Maße zugänglich sind, ergab sich dabei das sehr interessante Besultat, dass im W i n t e r die Lagerung der Wasserschichten eine der gewöhnlichen verkehrte war, d. h. dass die Temperatur von der Oberfläche nach der Tiefe zunahm. Dies muss zur Folge haben, daß die in Rede stehende Wirkung der Winde an der Luvküste in der genannten Jahreszeit eine E r h ö h u n g der Temperatur verursacht. Wirklich wurde auch im Loch Striven nach einem Nordwinde, welcher die ganze Oberflächenschichte aus dem Fjorde trieb, am nördlichen Ufer sofort eine Zunahme der Temperatur um 3,3° C. durch das aufsteigende, w ä r m e r e Grundwasser beobachtet ). 1
2
Von den im A t l a n t i s c h e n O c e a n e vorgenommenen neueren Temperaturmessungen mögen außer den ob angeführten noch die folgenden besondere Erwähnung finden. Die Resultate der Erforschung des G o l f s von G u i n e a auf dem „Buccaneer" 1885 und 1886 hat J. Y. B u c h a n a n (Scottish Geogr. Magazine, Band IV, S. 177 u. 233) in umfangreichen Tabellen niedergelegt. Bei Vergleich dieser Beobachtungen mit jenen des „Challenger" ergeben sich, offenbar in 1) „ Scottish Geogr. Magazine", 1888, Nr. 7 u. 8. 2
) Dadurch erklärt sich auch die an B a d e o r t e n häufig gemachte Beobachtung, dass die Temperatur des Wassers bei ablandigen Winden fällt, bei Seewinden und Wellenschlag steigt. Bislang schrieb man diese Erscheinung bekanntlich der größeren oder geringeren Verdunstung, beziehungsweise einer thermo-dynamischen Wirkung des bewegten Wassers zu; doch können durch diese Wirkungen gewiss keine so fühlbaren und raschen Temperaturänderungen verursacht werden, als durch aufsteigendes TiefenAvasser.
461 Übereinstimmung mit den Strömungsverhältnissen, große Schwankungen der Wärme und Dichtigkeit im Golf von Guinea bis in beträchtliche Tiefen. Als Mittel sämmtlicher Beobachtungen ergab sich an der Oberfläche 28,4°, in 100 Faden (183 m) 13,8°, in 500 Faden 4,6°, in 1500 Faden 2,7° Tem peratur. Die Bodentemperaturen in mehr als 2000 Faden (3600 m) Tiefe lassen eine Dreitheilung des Oceans durch Bodenerhebungen erkennen, welche von St. Paul, Ascension und der Kruküste ausgehend, sich im ungefähr 0° Breite und 13° westl. Länge schneiden. Im östlichen der so gebildeten Becken, im Golf von Guinea, ist die durchschnittliche Bodentemperatur 2,4°, im nord westlichen 2,3°, im südwestlichen nahe an 0°. An keiner Küste macht sich der Einfluss des Festlandes so weit geltend; der Congo-Schlamm wurde noch in 1000 hm Entfernung und in 5500 m Tiefe gefunden 1) Mohn hat nach den Beobachtungen der „Vega"-Expedition im Jahre 1878 und nach einigen anderen im S i b i r i s c h e n E i s m e e r e angestellten Be obachtungen (darunter jene W e y p r e c h t s ) interessante Zusammenstellungen über die hydrographischen Verhältnisse dieses Meeres gemacht "). Im seichten Barents-Meere, in welchem die Winde im allgemeinen den Richtungen der Küsten folgen, somit dasselbe cyklonisch umkreisen, kühlt sich das atlantische Wasser auf dem langen Wege allmählich ab. Im ganzen west lichen Theile, welcher seichter ist als das europäische Eismeer, liegt die Boden temperatur noch über dem Nullpunkte, während im Osten das wärmere Wasser in dünner Schichte das aus dem Sibirischen Meere kommende, eiskalte Boden wasser überlagert. Zu dieser warmen Schichte liefern im Sommer die Petschora und die Flüsse Novaja-Zemljas den größeren Theil. Die östlichen und nördlichen Theile des Barents-Meeres sind, wie jene des Karischen, im Winter mit Eis bedeckt, im Sommer aber ersteres meist, das letzere häufig eisfrei; doch steigt die Temperatur nur in einer Oberflächen schichte von höchstens 20 m Höhe über 0°. In Tiefen von 400 m an beträgt die Temperatur im Karischen Meere —2,4° C, der Salzgehalt 3,5%. Eine bemerkenswerte Erscheinung an der Nordküste Asiens ist das Zurück drängen des kälteren Meerwassers durch das aus den großen Flüssen aus strömende, höher temperierte Süßwasser; wo die Tiefen größere sind, strömt dieses über jenes hinweg und folgt der Küste nach Osten, zweifellos infolge der Erdrotation; im Westen der Flussmündungen strömt gleichzeitig das eis kalte, salzreichere Meerwasser zu. Dieses Verhalten zeigen die Temperaturprofile längs der Route Nordenskiölds in auffallender Weise. Bei J a n M a y e n wurde die Temperatur der Meeresoberfläche im August mit 2,8°, für die Zeit von Jänner bis März mit —1,6°, im Jahresmittel mit 0° bestimmt ). In der B a f f i n s - B a i ) gewinnt das kalte Wasser mit dem Fortschreiten gegen Norden nur allmählich die Oberhand. In 63° Nord und 57—-54° West sind sämmtliche Temperaturen bis zum Grunde positiv, die Abnahme nach der 3
4
1) „Petermanns Mittheilungen", 1888, L. B. 497. ) Beiträge zur Hydrographie des Sibirischen Eismeeres nach den Beobach tungen der „Vega"-Expedition im Sommer 1878. Von Brof. H. M o h n , Director des nonvegischen meteorologischen Institutes. „Petermanns Mittheüungen", 1884, VIII, 2
3
) Österreichisch-ungarische Polar-Expedition 1882/83. ) Ergebnisse der „Fylla-Expedition. „Geografisk Tidskrift". Band 9, I u, II. Bericht des Premier -Lieutenants H a m m e r . 4
Kopenhagen 1887,
462 Tiefe ist eine geringe, nämlich von 4,9—3,4° an der Oberfläche, auf 2,5° bis 3,0° am Boden in 2400 m mittlerer Tiefe. Dagegen sinkt die Temperatur mit der Annäherung an Grönland an der Oberfläche auffällig bis 1,4°, wahrscheinlich infolge der beim Cap Farewell umbiegenden und an der Westküste entlang ziehenden ostgrönländischen Polarströmung, während gegen den Boden zu eine Zunahme bis 3,8° stattfindet. In 68—69° Nord und 55—56° West beträgt die Temperatur an der Oberfläche 4,8—5,7°, am Grunde in 300—500 m Tiefe 0,6—3,0"; in 70 bis 71° Nord und 55—57° West an der Oberfläche 3,3—4,7°, am Grunde in ungefähr 500—1000 m Tiefe 1,5 bis —1,4°. In den höheren der genannten Breiten, etwa von 68—71° Nord, ist eine kältere Wasserschichte zwischen zwei wärmeren eingelagert, welche gegen Norden zu an verticaler Ausdehnung gewinnt. Im I n d i s c h e n O c e a n scheint die Temperaturvertheilung eine analoge zu sein, wie im Atlantischen. „Enterprise" fand im östlichsten Theile am Äquator in 4000—4500 m Tiefe 1,3°, unweit von der Sunda-Straße in 5700 m Tiefe 0,8° C. Bemerkenswert ist, dass auch im Indischen Ocean in geringeren Breiten eine raschere Abnahme der Temperatur nach der Tiefe festgestellt wurde, wie aus dem durch die folgenden Zahlen angedeuteten Reihenmessungen der „Egeria" hervorgeht. In 12° südl. Breite In 38° südl. Breite Temperatur an der Oberfläche 26° C. 15° C. „ in 550 m Tiefe 4° „ „ „ 1300 m „ .. „ 4° „ „ am Meeresboden in 2000 m Tiefe .. „ 2,7° „ „ 5000m „ 0° „ 1° „ Im Golf von Bengalen maß „Investigalor" 30° C. Oberflächenteinperatur. Für das R o t h e M e e r haben Capitan T o y n b e e und Lieutenant B a i l i i e ' ) Karten entworfen, welche die Luft- und Oberflächentemperaturen, die Winde, Strömungen, Barometerstände und das speciflsche Gewicht des Seewassers in dem genannten Meere enthalten, und zwar wurde für die Darstellung des NOMonsuns der Jänner, für jene des SW-Monsuns der Juli gewählt. Danach nimmt zur Zeit des NO-Monsuns — während dessen Regime nördliche Winde bis zum 19° nördl. Breite und südöstliche südlich davon wehen — die Temperatur des Wassers, conform jener der Luft, von 18,2° im Golf von Suez bis 26,1° auf 19° Breite zu; von dort beträgt sie bis in den Golf von Aden 25—26°, 0,5° mehr als jene der Luft. Zur Zeit des SW-Monsuns — während welches nördliche und nordwest liche, mit dem Vordringen nach Süden westlicher werdende und schließlich südwestliche Winde im Golf von Aden herrschen — nimmt die Temperatur des Wassers von 25° im Golf von Suez bis 31,7° im südlichen Theile des Rothen Meeres zu, fällt aber dann, wie die Lufttemperatur, plötzlich in der Nähe von Perim auf 29°, und erreicht ein Minimum von 27,2° bei Aden; östlich davon steigt sie wieder auf 29,5° C. Beim Cap Gardafui, wo von April bis September starke Strömungen und Nebel die Navigation erschweren, ist die Temperatur des Oberflächenwassers während der genannten Zeit viel höher als bei Ras Hafun; bei ersterem beträgt sie 26,7° und mehr, bei letzterem bleibt sie unter 21,1°. 1) „Meteorological Office, Marine-Branch. Proceeclinjs, London 1888, Nr. 11.
463 Für den G r o ß e n O c e a n liegen an regelmäßigen Temperaturmessungen außer jenen des „Vettor Pisani" 1) und der „Egeria" ), nur vereinzelte von englischen und indischen Vermessungsschiffen vor. Aus den Messungen des erstgenannten Schiffes ist, gleich wie in den übrigen Oceanen, die raschere Wärmeabnahme des Wassers nach der Tiefe in den niederen Breiten zu entnehmen; so wurden in 1° Nord bei 25° Oberflächentemperatur 14,8° in 100 m Tiefe, 12,0° in 300 m Tiefe, in 16° nördl. Breite aber die letztgenannte Temperatur erst in 1 5 0 0 m Tiefe gefunden ). Die höchste im Pacific von „Vettor Pisani" beobachtete Oberflächentemperatur betrug 29,8° südwestlich von Hawai. „Egeria" fand in 35° südl. Breite eine fast regelmäßige Abnahme der Temperatur um 2° für je 100 Faden (183 ni). Zwischen Australien und Neuseeland, in ungefähr 34° Süd, beobachteten „Egeria" und „Bart" Oberflächentemperaturen von 20 bis 22° C. Die Vertheilung der T e m p e r a t u r i n den F l u s s m ü n d u n g e n wurde von B. Mill in den schottischen Flüssen, namentlich im Firth of Forth, eingehend studiert ). Danach schwankt die Temperatur in den Flüssen mit der Jahreszeit, und zwar ist sie im W i n t e r niederer als jene des Meeres und steigt allmählich mit der Annäherung an dasselbe; das Oberflächenwasser ist stets kälter als jenes in der Tiefe. Im S o m m e r besitzt im Gegentheile das Flusswasser stets eine höhere Temperatur und wird gegen die Mündung und die See zu immer kälter; das Oberflächenwasser ist dann stets wärmer als die darunter befindlichen Schichten. Zweimal im Jahre ist die Temperatur im Forth seiner ganzen Ausdehnung nach constant; diese kurzen Perioden bezeichnen den Übergang vom Winter- zum Sommerregime und vice versa. Und nun möge zum Schlüsse der vorstehenden Darstellung der Meerestemperaturen noch einer Ansicht Raum gegeben werden, welche namentlich mit der vorangeführten Erklärung der Circulation von den Polen zum Äquator im Widerspruche steht, dennoch aber — ihre Berechtigung haben kann. Wir meinen die von J. T h o u l e t vertretene Ansicht ), dass die „Boguslawski'sehen Gesetze" — wie er die mehrerwähnten Theorien über die Temperaturvertheilung in den Meeren nennt — eine wenig wahrscheinliche Hypothese sind, mit deren Aufgeben man hoffen könnte, den eigentlichen Ursachen der beregten Erscheinungen näher zu rücken. T h o u l e t begründet diese seine Ansicht etwa folgendermaßen ): Niemand bezweifelt, dass die niederen Bodentemperaturen der mit den Eismeeren in freier Verbindung stehenden Oceane durch das kalte Wasser der ersteren veranlasst werden, besonders von jenem des antarktischen Meeres, welches durch keine Barrière von den Oceanen getrennt ist. Doch sind die gegenwärtigen Temperaturen in den großen Tiefen das endgiltige, mittlere Ergebnis des allgemeinen klimatologischen Gleichgewichtes (Ja résultante d'un 2
3
4
5
6
1) „Rivista marittima", II. Semester, S. 206. ) Lists of Serial Temperature Observations, received at the Admiralty, 1889 und 1890. ) Anderseits finden sich kaum erklärliche Sprünge in den Temperaturmessungen des „Vettor Pisani"; z. B. in 20° Nord und 600m Tiefe 20,1°, in der gleichen Breite und nur 4° westl. in 800 m bloß 8,6° ! ) Hugh Eobert M i l l . „Physical conditions of water in estuaries." „Scottish Geogr. Magazine", January 1886, II, 20. 5) T h o u i et. De quelques objections à la théorie de la circulation verticale profonde de l'Océan. „Comptes rendus", CX, pag. 524, et „Revue générale des sciences pures et appliquées", Avril 1890. „Revue maritime", Avril 1890, pag. 41. 2
3
4
6)
464 équilibre général climatérique moyen") auf der Erdoberfläche, aus einem so großen Zeiträume herstammend, dass man seine Dauer fast mit einer geologischen Periode vergleichen könnte. Für das Vorhandensein einer Unterströmung, welche ununterbrochen kaltes Wasser von den Polen gegen den Äquator bringt und dort — trotz der geringen Temperatur desselben und des enormen Druckes der darüber liegenden Schichten — zum Aufsteigen veranlasst, fehlt jeder directe Beweis. Auch darf nicht außeracht gelassen werden, dass der Meeresboden aus einer Anzahl verschieden geformter Vertiefungen besteht, welche voneinander durch Schwellen getrennt sind. Eine von den Polen gegen den Äquator sich bewegende kalte Strömung müsste diese Depressionen alsbald ausfüllen und in denselben im vollkommenen thermischen Gleichgewichte eingeschlossen verharren, da kein Grund zu einer weiteren Bewegung vorhanden ist. Ferner wäre bei dem Bestände einer solchen Tiefenströmung, und sei deren Geschwindigkeit noch so gering, das Vorhandensein von im Wasser löslichen Bestandtheilen in den Tiefseeablagerungen, wie die Christianit- und Mangan-Knollen, nicht verständlich. Diese Funde sind nur unter der Voraussetzung zu erklären, dass das Wasser vollständig unbeweglich und bereits mit jenen Elementen gesättigt ist, welche sich in demselben — sei es krystallinisch oder amorph — ablagern. Schließlich ist die in Eede stehende Hypothese von der Tiefencirculation im Widerspruche mit der regelmäßigen Abnahme der Dichte vom Boden zur Oberfläche, wie sie die unter Berücksichtigung der Temperaturen angestellten Messungen des „Challenger" ergeben haben. Übrigens scheint — nach T h o u l e t — die Theorie, wonach ein beständiger Strom enorme Wassermassen von den Polen zum Äquator führt, unbeschadet aller bestehender Hindernisse, welche diese Massen zwingen, sich bald abwärts zu bewegen, bald aufwärts zu steigen, nicht un erlässlich zur Erklärung der Temperaturverhältnisse in den Meeren. Hiezu müssen, wenn nicht die Vorgänge auf der Oberfläche allein, so doch jene in verhältnismäßig geringen Tiefen genügen; nur dürfen die Dichtigkeiten nicht unberücksichtigt gelassen werden 1). Bei Betrachtung der Isothermobathen findet man, dass eine jede derselben an einer ihrer Extremitäten in eine gerade Linie endet. Die Biegung, wo die Curve in die Gerade übergeht, bezeichnet die Tiefe, von welcher an die Temperatur sich nur sehr allmählich ändert. Verbindet man alle diese Punkte miteinander, so erhält man eine Curve der langsamen Temperaturänderungen, welche Curve für das Studium der Temperaturvertheilung von Bedeutung sein muss. Denn geradeso wie sich fast alle meteorologischen Phänomene der Atmosphäre in dem der Erdoberfläche zunächst liegenden Theile derselben abspielen, scheinen die interessantesten und wichtigsten Vorgänge betreffs der allgemeinen 1) Die Annahme einer kalten Unterströmung von den hohen Breiten zum Äquator und des Aufsteigens von Tiefenwasser dortselbst, welche von T h o u l e t B o g u s l a w s k i zugeschrieben wird, ist viel älter. Lieutenant B. S a v y entwickelte schon 1868 in den „Annales Hydrographiques" S. 638 eine auf dieser Annahme fußende Hypothese über die allgemeine Circulation im Atlantischen Ocean, und zwar eben auf Grund der Dichteunterschiede. „Si on se reporte à la manière dont la densité est distribuée d'un pôle à Vautre, l'ascension des eaux dans la zone equatoriale se trouve être un fait rationel." „les eaux lourdes des latitudes élevées doivent sombrer pour aller par une voie sous-marine remplacer les eaux légères qui se sont élevées par un courant de surface de Véquateur".
465 Vertheilung der Meerestemperatur in jenen Partien vor sich zu gehen, welche oberhalb der Schichte mit langsamer Temperaturänderung liegen. T h o u l e t theilt somit das Wasser der Oceane in zwei Schichten: eine untere, in Ruhe verharrende, und eine obere, in welcher sämmtliche Erschei nungen der oceanischen Circulation vor sich gehen. Den gegen diese Auffassung vornehmlich erhobenen Einwand, dass darnach das stillstehende Wasser in den größeren Tiefen keine Luft enthalten könnte und jedes Leben in demselben unmöglich wäre, widerlegt T h o u l e t folgen dermaßen 1). Wird vollständig von Luft befreites Wasser mit der Atmosphäre in Be rührung gebracht, so sättigt es sich alsbald bis auf den Boden des Behälters mit Luft; davon kann man sich durch ein einfaches Experiment überzeugen. Ebenso leicht ist es nachweisbar, dass sich jeder in eine Salzlösung gethane feste Gegenstand mit einer Schichte dieser Lösung bedeckt. Dasselbe muss nun betreffs der Luft geschehen, d. h. es müssen in Wasser getauchte oder in dem selben sinkende Bestandtheile sich mit Luft oder lufthaltigem Wasser bedecken. Somit kann es keinem Zweifel unterliegen, dass durch alle, die Bodenablagerungen der Meere bildenden Producte, namentlich durch die zahllos, einem Regen gleich zu Boden sinkenden animalischen Überreste, beständig Luft nach den Tiefen gebracht wird.
Meeresströmungen.
Von den Meeresströmungen, welche zur Entwicklung des gegenwärtigen stationären Bewegungszustandes unzweifelhaft viele tausende von Jahren bedurften, und in demselben durch i die im großen ganzen sich stets gleichbleibenden Impulse — nämlich die regelmäßigen und periodischen Winde und die be stehenden Temperatur- und Dichtedifferenzen — erhalten werden, sollten durch die Forschungen weniger Jahre keine beträchtlichen Veränderungen zu erwarten sein. Wenn trotzdem wesentlich Neues über dieses Phänomen berichtet werden kann, so ist dies nicht nur dem Umstände zuzuschreiben, dass fortgesetzte fleißige Beobachtungen stets weitere Details zu dem uns wohlbekannten Bilde, das bisher denn doch nur in allgemeinen Grundzügen entworfen werden konnte, bringen, sondern mehr noch in der Erweiterung und Berichtigung, welche die Theorie der Meeresströmungen unausgesetzt erfährt. Vor Besprechung dieser Theorie sollen hier die wesentlichsten neueren Ergebnisse in der Erforschung der Strömungen kurz angeführt Averden. Im Vordergrunde der Forschung steht noch immer die großartigste der oceanischen Bewegungen, nämlich der G o l f s t r o m . Die amerikanischen Unter suchungen desselben während der letzten Jahre hat der ehemalige Commandant des „Blake" und nunmehrige Leiter des Hydrographischen Amtes der Ver einigten Staaten, Commander J. E. B a r t l e t t , übersichtlich zusammengestellt ). Der Boden des GolfStromes bildet nicht einen tiefen Canal, wie früher geschildert wurde, sondern ein fast horizontales Plateau, das längs Florida 400 Faden (730 m) Tiefe und 200 Meilen Breite besitzt, und sich gegen das 2
1) Comptes rendus, CX, Nr. 25, 1890. ) „Nautical Magazine", 1884, S. 1015.
2
466 Cap Hatteras zu vertieft und verengt. Auf dem Steilabfalle bei Sandy-Hook und von dort bis Newport kommt der Golfstrom der Küste viel näher, als man früher annahm; er wird etwa von der 120 m-Sondenlinie begrenzt, wie die Fauna beweist. Das Küstenplateau wurde in einer Breite von 30 Meilen von kaltem "Wasser mit arktischer Fauna bedeckt gefunden. An der Südküste von Massachusetts beträgt die mittlere Tiefe des Golfstromes nach Temperatur messungen 270 m. Die bekannten „ k a l t e n B ä n d e r " reichen zwischen Long Island und den Bermudas niemals in die Tiefe hinab ; auch in den Ober flächentemperaturen wurden dort nur geringe Schwankungen constatiert. Über einstimmend mit den Beobachtungen des „Ghalienger" war die Durchwärmung des Wassers an der rechten (südlichen) Seite des Stromes intensiver als in der Mitte. Eigenthümlich sind die Temperatursprünge nach der Tiefe. Meistens fällt die Temperatur regelmäßig von 10—15 m, steigt dann bis 90 m um 2—3°, bisweilen sogar um 5—6° C, um dann bis 180 m wieder zufallen; doch war anderemale die Temperatur in 180 m wieder höher als in 50 m u. s. f., was beweist, dass sich stellenweise kältere und wahrscheinlich weniger salzreiche Schichten in den Golfstrom drängen, die von einer seitlichen Ausbreitung des arktischen Küstenwassers herrühren dürften. An der „Wurzel", zwischen Cuba und Yukatan, beginnt die Grenze des Florida-Stromes 30 Meilen südlich von dem Feuer auf der Rebecca-Bank; die Stromachse liegt ungefähr 65 Meilen von diesem Punkte und 25 Meilen nördlich von Cuba. In der Florida-Straße glaubt Lieutenant P i l l s b u r y eine monatliche Schwankung der Stromstärke gefunden zu haben, nämlich ein Maximum von 2—3 Tagen nach der größten Decli nation des Mondes; sonst nur eine tägliche Periode, insoferne als ein Strom maximum ungefähr 9 Stunden vor der Mondculmination eintrat. An den Stromgrenzen sind die Gezeitströmungen bis an die Küste sehr kräftig, namentlich beim Cap San Antonio. Die Achse des Golfstromes, d. h. die Linie größter Oberflächengeschwin digkeit, liegt 11 1/2 Meilen von Fowey Rocks. Die Geschwindigkeit schwankte dort zwischen 5 1/4 und l / Knoten. Die Geschwindigkeit nimmt mit der Tiefe ab; die Abnahme ist natürlich am größten unter der Achse, und wird nach den Rändern zu immer geringer, gerade so wie in einem Flusse. Der Wind verstärkt oder vermindert die Geschwindigkeit, je nachdem er mit oder gegen den Strom weht, ändert aber wahrscheinlich nicht die Lage der Achse. Zweitägige Beobachtungen bei Jupiter Light haben dieselbe tägliche Ver änderlichkeit ergeben wie bei Fowey-Rocks. Die Achse liegt wahrscheinlich 17 Meilen vom genannten Leuchthurm ) . Die kalte L a b r a d o r - S t r ö m u n g setzt nach den Beobachtungen des Captain T r o t t an Bord des Kabelschiffes „Minia" im Winter längs der Süd kante der großen Neufundland-Bank mit 1—3 Meilen Geschwindigkeit in der Stunde nach SW ; im Sommer war die Strömung sehr unregelmäßig und änderte einmal sogar ihre Richtung plötzlich mit zwei Knoten Geschwindigkeit nach NO, wobei die Wassertemperatur um 6° C. stieg ) . Die B r a s i l i a n i s c h e S t r ö m u n g theilte sich nach den früheren Dar stellungen südlich vom 30° südl. Breite derart, dass ein Arm über die seichte patagonische Küstenbank gegen das Cap Horn und über dieses hinaus zog, 8
4
1
2
1) „Petermanns Mittheilungen", 1889, VII, Lit.-Ber., 1738. ) „Annalen der Hydrographie", 1886, Vili; S. 372.
2
467 während der andere Arm als „südlicher Verbindungsstrom" seine Richtung nach Osten nahm. K r ü m m e l hat nun auf Grund zahlreicher Schiffsjournale, und . — i e hervorgehoben zu werden verdient — nicht allein aus den Tem peraturmessungen, sondern auch aus den übereinstimmenden Versetzungen nach gewiesen, dass die Hauptmasse des Brasilien-Stromes seine südwestliche Richtung weit über die vorgenannte Breite fortsetzt, allerdings unter allmählicher Ent fernung von der Küste; erst in 48° südl. Breite und 57° westl. Länge biegt er im scharfen Buge gegen Osten, über die patagonische Bank aber strömt eine Abzweigung der kalten Cap Horn-Strömung, die F a l k l a n d s - S t r ö m u n g , gegen Nordosten ). Obzwar K r ü m m e l diese Studie schon im Jahre 1882 veröffent lichte, konnte dieselbe im Atlas zum Segelhandbuche des Atlantischen Oceans nicht mehr berücksichtigt werden, und ist daselbst, wie Z ö p p l i t z sich aus drückt, noch „das physikalische Monstrum eines am Cap Horn untertauchenden und weiter südlich wieder emporsteigenden warmen Stromes" verzeichnet. Auch die von K r ü m m e l ausgesprochene Vermuthung einer nördlichen Abzweigung des Guinea-Stromes scheint sich zu bestätigen ). Die sorgfältigen Untersuchungen der Stromverhältnisse in der T a f e l - B a i durch Captain P e r r y haben deutlich dargethan, dass die genannte Bai im Gebiete dreier verschiedener Strömungen liegt, nämlich in jenem des Agulhas-, des Antarktischen- und des Südatlantischen Verbindungsstromes. Während der Haupttheil der Agulhas-Strömung nach ihrem Zusammentreffen mit der genannten kalten Polarströmung bei der Agulhas-Bank gegen Osten wendet, läuft ein Zweig über die Bank und in nördlicher Richtung der Küste entlang. Wird dieser Zweig durch südöstliche Winde verstärkt, so drängt er den Polarstrom nach Westen und laufen so zw ei Strömungen mit verschiedenen Temperaturen nebeneinander, zunächst der Küste die warme, außerhalb derselben die kalte Strömung. Bleiben die SO-Winde aus, so verliert der warme Strom an Kraft, und der kalte drängt sich an die Küste. Mit dem Einsetzen nordwestlicher Winde macht sich der zwischen dem 30.° und 40.° südl. Breite laufende Süd atlantische Verbindungsstrom (auch Gegenpassatstrom genannt) am Cap fühlbar. Der Agulhas- und der Südatlantische Verbindungsstrom werden durch die herrschenden Winde wesentlich beeinflusst, während der kalte Südafrikanische Strom seine Bichtung wenig ändert. Die Temperaturen des Agulhas-Stromes waren . . . . 15,6° C , jene des Verbindungsstromes 13,5° „ „ ,, Antarktischen Stromes 10,3° „ Dem Einflüsse dieser, wie erwähnt, zum Theile sehr variablen Strömungen entsprechend, sind auch die Strom- und Temperaturverhältnisse in der Tafel-Bai sehr veränderliche; namentlich sind die Unterströmungen compliciert. Doch ist die Geschwindigkeit der Strömung in der Bai niemals beträchtlich; P e r r y beobachtete nicht mehr als 0,3 Knoten. Auch scheinen Ebbe und Flut diese Strömung nicht zu beeinflussen. Über die S t r ö m u n g e n b e i I s l a n d hatten wir, ebenso wie über die anderen hydrographischen Verhältnisse in der Nahe dieser Insel, bis vor wenigen Jahren nur sehr geringe Kenntnisse, was die Navigation dort sehr schwierig und gefahrvoll machte. Seither haben die Untersuchungen der „Fylla" und z w a l
w
1
(J
r
l
) Siehe „Handbuch der Océanographie", von Dr. G. B o g u s l a w s k i und Dr.
0. K r ü m m e l , II, 1887, S. 438 u. ff. 2) Bericht des Corvettencapitän P. H o f f m a n n . „Annalen der Hydrographie", 1884, S. 489. ' •
468 andere wissenschaftliche Arbeiten, besonders die von Admiral I r m i n g e r aus geführten, in letzter Zeit aber die von Premier-Lieutenant C. P. W a n d e l der dänischen Marine auf Grund einer dreijährigen Schiffahrt an den Küsten Islands gelieferten Beiträge, diese empfindliche Lücke zum Theile ausgefüllt '). Danach sind die Strömungen an der isländischen Küste das Besultat der Gezeiten- und der oceanischen Hauptströmungen. Von letzteren fließt einerseits ein Arm des Golfstromes an der Westküste Islands nach Norden, an der Nordküste nach Osten; diese warme, I r m i n g e r - S t r o m genannte Wasser bewegung wird durch den Ost-Grönländischen Strom begrenzt. Anderseits sendet der genannte kalte Polarstrom schon aus höherer Breite einen Zweig gegen die Ostküste Islands, welcher entlang dieser Küste nach Süden, an der Südküste gegen Westen fließt, und sich so zwischen Island und den breiten, gegen die norwegische Küste ziehenden Arm des Golfstromes einschiebt. Die Gezeitströmungen machen ebenfalls einen vollständigen Kreislauf um die Insel, und zwar die Flut mit, die Ebbe gegen die Bichtung der Sonnen bewegung ; in analogem Sinne ziehen diese Strömungen durch alle Fjorde. Da der Flutstrom demnach die gleiche Bichtung wie die Hauptströmung hat, ist es begreiflich, dass derselbe mitunter, besonders an der Westküste, wo er stärker ist, bei Springzeiten eine Geschwindigkeit von 4 Meilen in der Stunde erreicht, während der Ebbestrom sich manchmal gar nicht fühlbar macht ). Für die O s t k ü s t e v o n G r ö n l a n d hat die Strömungskarte durch die eingehenden neueren Untersuchungen N o r d e n s k i ö l d s nicht, wie erwartet, eine wesentliche Umänderung, sondern nur einige interessante Berichtigungen erfahren. Der bislang nur vermuthete Ostgrönländische Polarstrom wurde mit Bestimmtheit constatiert, gleichzeitig aber auch, dass er schmäler ist als bisher angenommen wurde und zwischen 66° Nord und Cap Farewell durchgehends über eine Schichte wärmeren Atlantischen Wassers fließt; seine Temperaturen nehmen nach der Tiefe zu, in jenem des Irminger-Stromes dagegen in normaler Weise ab. Der Salzgehalt ist nämlich in der Polarströmung so gering, dass dieselbe als specifisch leichter über dem wärmeren und dichteren Wasser fließt. Es scheint, dass die Ostgrönländische Strömung im Frühjahre und Sommer stark, im Herbste und Winter schwach sei; daraus würde sich auch die Er folglosigkeit der früheren Versuche, die Ostküste Grönlands in den erstge nannten Jahreszeiten südlich vom Polarkreise zu erreichen, erklären ). Die Stromverhältnisse an der O s t a f r i k a n i s c h e n K ü s t e von 35—5° südl. Breite wurden von der Deutschen Seewarte aus zwanzigjährigen Schiffs beobachtungen zusammengestellt ). Danach verdanken die an der genannten Küste mit ungewöhnlicher Stärke auftretenden Meeresströmungen ihre Ent stehung in erster Linie dem Aufstau des Wassers, welches von der Drift des SO-Passats gegen die Küste gedrängt wird. Die beim Cap d'Ambre, der Nord spitze von Madagascar, westlich setzende Passatströmung trifft die Küste auf 2
3
4
1
) Bemärkinger til Beseilingen af Islands Kyster, Kjöbenhavn. Die Eisver hältnisse hat T h o r o d d s e n aus einer fast 700 Jahre umfassenden Literatur zusammen gestellt. ) Über Strom- und Eisverhältnisse soioie die Navigirung an der KüsteIslands. „Annalen der Hydrographie", 1887, VII, S. 271. 3) Die hydrographischen Beobachtungen der Nordenskiöld- Expedition 1883, von C. H a m b e r g . „Proceedings", October 1884. ) Die Winde und Strömungen an der ostafrikanischen Küste, mit 4 Tafeln „Annalen der Hydrographie", 1886, IX, S. 377. 2
4
469 der Höhe von Cap Delgado. Von hier fließt das Wasser einerseits nach NW bis Nord, anderseits nach Süd und SW längs der Küste ab. An der West küste von Madagascar treten oft Gegenströmungen auf; ebenso an der afrika nischen Küste, und zwar mit Geschwindigkeiten von 2—3 Knoten. Wenn auch die Winde in ihren Veränderungen von erheblichem Einflüsse auf die Strömungen sind, so bleibt doch das System derselben im großen ganzen selbst unter dem Wechsel der Monsune in allen Jahreszeiten nahezu dasselbe. Während des NO-Monsuns ist die genannte, vom Cap Delgado nördlich fließende Strömung minder stark und regelmäßig, und setzt gleichzeitig ein Strom von der Somali-Küste gegen SW. Der zuerst als Mozambique-Strom, in seinem späteren Laufe aber als Agulhas-Strom bezeichnete südliche Arm des vom Cap Delgado abzweigenden Küstenstromes ist von dort bis Mozambique zur Zeit des Süd-Monsuns ziemlich unregelmäßig ; weiter südlich wird er beständiger. Im allgemeinen wird die südwestliche Strömung um so stärker, je weiter südlich sie kommt, und erreicht ihr Maximum gewöhnlich erst in der Höhe der Algoa-Bai. In der AgulhasStrömung ist die Wassertemperatur relativ sehr hoch, daher beim Austritt aus derselben, dicht unter Land, eine erhebliche Abnahme der Temperatur be obachtet wird. Am Außenrande des Küstenstromes pflegt die Drift nach SO und Ost und auf größere Entfernungen selbst nach NO zu setzen; insbesondere ist dies nördlich vom 25° südl. Breite der Fall. Mit dieser Darstellung stehen die Berichte deutscher Kriegsschiffe ) nicht im Widerspruche; nach diesen scheint der Mozambique-Strom nur bis auf 80 Meilen von der afrikanischen Küste zu reichen, während in größerer Ent fernung ein Gegenstrom von ungefähr 3/ —1 / Knoten nordöstlich setzt. Südlich von der Straße von Mozambique sind die Strömungen unregelmäßig. Das Thermometer bietet einen guten Anhaltspunkt für die Richtung des Stromes; sobald die Wassertemperatur unter 20° fällt, hört die südwestliche Versetzung auf. Im R o t h e n M e e r e ist die Strömung im allgemeinen eine geringe. Während des NO-Monsuns läuft sie nach NNW, im Golf von Aden gewöhnlich nach West; ihre Geschwindigkeit beträgt selten mehr als 1 Knoten, in der Regel weniger als / Knoten. Während des SW-Monsuns ist die Strömung bedeutend schwächer und setzt zwischen 17° und 20° nördl. Breite nach süd südöstlicher, im Norden davon nach nördlicher Richtung. Durch die Straße von Bab el Mandeb läuft vom Rothen Meere eine Strömung nach dem Golf von Aden, in letzterem an der arabischen Seite ein stärkerer Oststrom, an der afrikanischen ein schwacher Weststrom. Beim Cap Guardafili setzt der Strom mit 20—80 Meilen pro Tag nach NO, soweit aus den geringen Be obachtungen in jenem Gebiete zu schließen i s t ) . Die infolge des Einflusses der Gezeiten und der einmündenden Flüsse sehr complicierten Stromverhältnisse in der N o r d s e e wurden durch Kanonenboot „Drache" in den Sommern 1881, 1882 und 1884 eingehend erforscht ). 1
1
4
2
1
2
2
3
l
) S. M. Schüfe „Elisabeth", „Sophie", „Carola" und „Bismarck". „Annalen der Hydrographie", 1886, II, 60, und 1887, IV, 140. 2) Proceedings of the Royal Geograpical Society", London 1888, II. Nach den Karten von Capitan Toynbee und Lieutenant B a i l l i e . ) „Annalen der Hydrographie". 1888, VIII, S. 331 mit Tafeln. 3
Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens 1890, Nr. 8 und 9.
31
470 Von s e h r s t a r k e n S t r ö m u n g e n , welche zahlreiche Schiffsunfälle, darunter das Scheitern des deutschen Dreimastschoners „Peters" verschuldet zu haben scheinen, berichtet man aus dem Louisiaden-Archipel ; die mit der Richtung der Winde wechselnde Strömung soll in den genannten Gewässern bis 6 Meilen in der Stunde erreichen ). Reißende Ebbeströmung entsteht i m H a f e n v o n L i s s a b o n nach an haltenden Regengüssen durch den außergewöhnlichen Süßwasserzufluss aus dem Tajo. Trifft das Anschwellen des oberen Elusses mit der Epoche der Spring fluten zusammen, so bilden die während des Hochwassers aufgestauten Wasser massen bei Beginn der Ebbe, dieser gewissermaßen vorauseilend, in der Mitte des breiten Flusses schmale, scharf abgegrenzte, sehr starke Strömungen, während dicht daneben das Wasser fast ohne Bewegung bleibt, oder sogar noch langsam stromaufwärts fließt. Ein von solchen — im Volksmunde „Estoque (Stoßdegen) d'agua" genannten — Stromstreifen erreichtes, noch gegen Flut aufgeschwaites oder im todten Wasser liegendes Schiff wird natürlich mit großer Heftigkeit herumgeworfen und steht in Gefahr von seiner Vertäuung gerissen zu werden. Am 24. December 1886, an welchem Tage die Strömung auf 8 Knoten geschätzt wurde, widerfuhr dies thatsächlich dem englischen Panzerschiffe „Sultan" ; dasselbe trieb nach dem Bruch beider Ankerketten auf den französischen Dampfer „Ville de Victoria" und brachte letzteren sammt der Bemannung und den Passagieren zum Sinken. 1
Die erschöpfende Darstellung der Meeresströmungen wird vornehmlich dadurch erschwert, dass die Art der örtlichen Bestimmung derselben eine unzu reichende ist. Diese Bestimmungen sind in d i r e c t e und i n d i r e c t e zu unterscheiden. Directe können Strömungen mit Präcision nur von einem verankerten Schiffe aus — sei es durch das Log, sei es durch eigene, in beliebige Tiefe zu ver senkende Strommesser — somit nur in Küstengewässern gemessen werden. In diesen Gewässern aber nehmen die Richtung der Küste, die Flüsse, besonders aber die Gezeiten einen so großen, oft ausschließlich bestimmenden Einfluss auf die Strömungen, dass deren Zusammenhang mit den allgemeinen oceanischeu Wasserbewegungen oft kaum ersichtlich ist. Auf S. 466 wurde der an den Grenzen des Golfstromes constatierte Einfluss von Ebbe und Flut erwähnt. Auch im Labrador-Strom wurden auf der Neufundland-Bank regelmäßige, mit unter starke und drehende Gezeitströmungen beobachtet "). Auf hoher See wird Richtung und Stärke einer Strömung bekanntlich ausschließlich aus dem Unterschiede zwischen dem nach Compass gesteuerten und thatsächlich über den Grund zurückgelegten Weg eines Schiffes abgeleitet. Diesen der Stromversetzung allein zugeschriebenen Resultaten haften durch das Steuern und eine eventuelle mangelhafte Kenntnis der Deviation sich ergebende Fehler an ; mehr aber noch wird der Wert dieser Bestimmungen für die Er forschung der Meeresströmungen dadurch in Frage gestellt, dass man es infolge der Unbeständigkeit der Winde häufig nur mit momentanen, in geringe Tiefen reichende Driftströmungen zu thun hat. Deshalb liegen fast aus jedem Gebiete die verschiedensten, sich mitunter vollkommen widersprechenden Berichte über 1) „Annalen der Hydrographie", 1887, I, 42. ) „Minia". Siehe „Annalen der Hydrographie", 1885, V, S. 309.
2
471 die erfahrenen Stromversetzungen vor. Zur Erklärung dieser Widersprüche werden fallweise mehr oder minder glückliche Hypothesen aufgestellt. Eine andere Erage ist die, wie weit der Einfluss periodischer Winde sich nach der Tiefe geltend macht. Nach Z o p p r i t z sind zur Portpflanzung des zehnten Theiles der Oberflächen-Geschwindigkeit einer Wassermasse in 10 m Tiefe 0,41 Jahre, damit sich die halbe Geschwindigkeit geltend mache schon 2,39 Jahre erforderlich ; demnach wird in 100 m Tiefe der zehnte Theil der Oberflächen-Geschwindigkeit erst in 41, die Hälfte derselben erst nach 239 Jahren zur Geltung kommen ). Dagegen ergaben die Beobachtungen auf dem Feuerschiffe „Adlergrund" in der südwestlichen Ostsee, von Capitan D i n k l a g e in eingehender und lehr reicher Weise zusammengesetzt, dass der Strom den Änderungen des Windes von einem Tage zum andern so schnell folgt, dass auch in 5 m Tiefe noch am selben Tage die neue Bichtung auftritt ). Diese Frage dürfte durch die für das Jahr 1889 in Aussicht genommenen Untersuchungen der Strömungen in geringen Tiefen durch das mehrgenannte Vermessungsschiff „Blake" eine interessante praktische Beleuchtung erfahren ). Die angedeuteten Schwierigkeiten director Strommessungen mussten zu dem Streben führen, Bichtung und Stärke einer Strömung, oder mindestens deren Vorhandensein überhaupt, auf indirectem Wege zu bestimmen. Die Bichtung und Stärke der Winde, die Temperaturen, der Salzgehalt und die Dichtigkeit des Wassers, ja selbst der Luftdruck wurden nach den Grundsätzen der Mechanik zu diesen indirecten Bestimmungen verwendet. Und es lässt sich nicht leugnen, dass damit viel erreicht wurde; auch hier feierte der menschliche Scharfsinn, wie so häufig bei Anwendung des inductiven Verfahrens, wirkliche Triumphe. Als eine sehr geistvolle Arbeit dieser Art muss die Berechnung der Strömungen im europäischen Nordmeere durch J. Mohn bezeichnet werden. Aus der durch die Bichtung der Schwere gegebenen Niveaufläche construierte der genannte Gelehrte mit Berücksichtigung der Winde und des Luftdruckes die W i n d f l ä c h e , aus den Dichtigkeitsdifferenzen des Wassers die D i c h t i g k e i t s f l ä c h e , und combinierte schließlich beide zur S t r o m f l ä c h e ) . Die Strombestimmungen im Adriatischen und Jonischen Meere auf Grund von Temperatur- und Salzgehaltmessungen durch die Professoren J. L u k s c h und J. Wolf sind uns wohlbekannt ). Erwähnt verdienen hier auch die sogenannten S t r o m f i g u r e n zu werden, welche Z ö p p r i t z , K r ü m m e l u. a.- auf experimentellem Wege zum Studium der Meeresströmungen aufstellten. Anderseits aber kann nicht bestritten werden, dass auch die indirecte Methode ihre großen Nachtheile hat. Denn abgesehen davon, dass durch diese Methode meist nur das Vorhandensein einer Strömung überhaupt und deren 1
2
8
4
5
1) Nach den Untersuchungen von S. F r i t z reichen die Driftströmungen im Atlantischen Ocean bis 350 Faden, und sind von da an bis in 1000 Faden Tiefe von entgegengesetzt gerichteten Compensations-Strömen unterlagert, eine Ansicht, welche K r ü m m e l für sehr gewagt hält. „Wagners Geographisches Jahrbuch", 1889. S. 9. 2
) „Annalen der Hydrographie", 1888, I, S. 1. ) „Annalen der Hydrographie", 1889, IX, S. 360. ) Den Norske Nordhavs - Expedition. Nordhavets Dybder, Temperatur og Stromninger. „Handbuch der Océanographie", von Dr. G. B o g u s l a w s k i und Dr. 3
4
0. K r ü m m e l , II, 1887. 5
) „Physikalische Untersuchungen..."
S. 129—144.
1875—1878. „Mittheilungen", 1879,
472 allgemeine Richtung bestimmt werden kann, hängen die zu erzielenden Resultate wesentlich von der Annahme ab, welche solchen Betrachtungen oder Berechnungen zugrunde gelegt werden, beziehungsweise welchen Impulsen als Stromerreger ein größerer Einfluss beigemessen wird. Und dass die Ansichten der ver schiedenen Forscher hierüber noch sehr auseinander gehen, ist bekannt. So vertrat der ausgezeichnete amerikanische Physiker F e r r e i stets die Ansicht, dass die Temperaturunterschiede zwischen dem tropischen und polaren Wasser die vornehmlichste Ursache der Meeresströmungen seien ; diesen Stand punkt hat F e r r e i unter Berücksichtigung der Niveaudifferenzen neuerdings ein gehend bekräftigt ). Prof. Dr. 0. K r ü m m e l hält, gleich anderen Verfechtern der nunmehr allgemein verbreiteten „ W i n d t h e o r i e " , die Richtigkeit der Ferrel'schen Beweisführung für wenig wahrscheinlich. Wir maßen uns eine Entscheidung zwischen solchen Autoritäten nicht an, möchten jedoch gegenüber der Bemerkung, dass der Niveauunterschied von 1 m zwischen dem Spiegel des Golfstromes bei der Mississippi-Mündung und im offenen Ocean bei New-York ein „angeblicher" sei, auf die Mittheilungen H i l g a r d s an die British Associa tion for the Advancement of Sience ) verweisen, wonach die Nivellements zwischen dem Golf von Mexico und Sandy Hook einen Höhenüberschuss von 1,016 m ergeben haben; ferner betreffs der Wasserstandsunterschiede zwischen dem Atlantischen und Mittelländischen Meere auf die Resultate der letzten europäischen Gradmessung ) . Axel B l y t t ) glaubt gewisse, in der Fauna Norwegens nachgewiesene Veränderungen auf periodische Schwankungen der großen, warmen nordatlanti schen Strömungen im Laufe der Jahrtausende zurückführen zu sollen, hervor gerufen durch die Präcession der Tag- und Nachtgleiche und der Ellipticität der Erdoberfläche. Fällt der Winter mit der Sonnenferne zusammen, so steigt die winterliche Ausstrahlung der Continente, die Temperatur- und Luftdruckdifferenzen zwischen den Continenten und Oceanen werden größer und deshalb die Luft strömungen, insbesondere die südwestlichen Winde des Atlantic kräftiger; da durch nehmen auch die Meeresströmungen an Mächtigkeit zu, NW-Europa wird stärker erwärmt, und der Unterschied zwischen Sommer und Winter an dieser Küste mehr ausgeglichen als jetzt, wo die Erde sich im Winter in der Sonnen nähe befindet ). Dass sich Naturerscheinungen nicht immer in mathematische Formeln drängen lassen, beweist der gewaltige Trugschluss, welcher zweifellos durch die am verlässlichsten scheinende Art der Strömungsbestimmungen, jene durch T e m p e r a t u r m e s s u n g e n , begangen wurde. Bis vor wenigen Jahren war es nämlich feststehender Grundsatz, aus niederen Wassertemperaturen an den Küsten 1
q
3
4
5
1) „Science"; Vol. VII, 1886, pag. 75. ) „Science", Vol. IV, pag. 326. Nivellement der „U. St. Coast and Geodetic Survey" ' 2
3
) Übrigens sagt F e r r e i mit Bezug auf die erfahrenen Einwendungen : „Meeres niveau und Meeresströmungen sind keine so einfachen Dinge, dass nicht Raum für Verschiedenheit der Ansichten sei." 4
) „Biolog. Centralblatt", IV, 1883, S. 33, „Geographischen Jahrbuch" 1884.
S. 41. 5) Darnach mussten gegenwärtig die Strömungen auf der südlichen Hemisphäre stärker sein. In 2084 Jahren wird der Einfluss der Sonne auf beiden Hemisphären derselbe sein, in ungefähr 10 000 Jahren wird sich die Erde im Winter in der Aphelpassage (Sonnenferne) befinden.
478 auf polare Strömungen zu schließen. So wurde auf Grund von Temperatur beobachtungen bis in die jüngste Zeit ein kalter Strom an der Ostküste von Nord amerika bis Charleston, für Südamerika bis Cap Frio, als erwiesen angenommen; ebenso wurde das kalte Wasser an der Westseite des Kurosiwo, die bekannt niedrigen Temperaturen an den Küsten von Peru und Californien, endlich an mehreren Küstenstrecken Westafrikas als Beleg für kalte, gegen den Äquator gerichtete Strömungen angeführt. Wie bei der Besprechung der Meerestemperaturen hervorgehoben wurde, ist es nun festgestellt, dass das kalte Wasser an jenen Küsten aus der Tiefe aufsteigt, somit nur indirect polaren Ursprunges ist. Mit dieser Auffassung steht die häufig beobachtete Thatsache von Strö mungen, welche den früher in den genannten Küstengebieten vermutheten in der Richtung entgegengesetzt waren, nicht im Widerspruche. So z. B. eines Südstromes an der Westküste Südamerikas, zwischen Coquimbo und Iquique, wo nach den Angaben des Thermometers und der Wasserfarbe zu urtheilen nur auf eine antarktische Oberflächenströmung zu schließen war ). Eine Ablenkung des Küstenstromes und ein Aufstieg von Tiefenwasser wird überall dort wesentlich erleichtert, wo der Meeresgrund steil abfällt, da gegen dort erschwert oder unmöglich gemacht, wo ein Küstenstrom auf einer flachen Schwelle dahinfließt und daher Tiefenwasser nicht aufsteigen kann, für welche Behauptung sich bei Betrachtung einer Stromkarte unschwer zahlreiche Beispiele finden lassen. Ist mit der Erkenntnis von dem Aufsteigen kalten Küstenwassers auch ein hochwichtiger Factor für das Verständnis der Meeresströmungen gewonnen worden, so sind anderseits dadurch gewaltige Lücken in dem uns geläufig gewordenen Bilde der Kreisläufe in den Oceanen entstanden, welche unbedingt ausgefüllt werden müssen, sollen wir von dem neuen Schema befriedigt werden. Wenn die Polarströmungen an den Westküsten der Tropenländer ebenso wie jene an den Ostküsten der höheren Breiten wirklich nicht bestehen — und nach dem Vorgesagten ist man berechtigt, diesen Bestand fast ausnahmslos zu bezweifeln — was geschieht dann mit den mächtigen Wassermassen, welche von den warmen Strömen gegen die Pole transportiert werden, beziehungsweise was tritt an die Stelle derselben? Entsteht dadurch doch ebenfalls, und zwar in hohem Maße, eine Aspiration, ein Ersatzbedürfnis. Sollen wir annehmen, dass demselben durch, die ganze Breite der Oceane einnehmende Oberflächenbewegungen entsprochen wird, oder, aber nur durch ebenso unbegrenzte und schwache Unter strömungen? Diesen Bedenken gegenüber scheint es uns vor allem angezeigt, sich immer mehr die Überzeugung vor Augen zu halten, dass die Meeresströmungen nicht als unverrückbare, scharfbegrenzte, in ihren Richtungen und Geschwindig keiten constante Wasserläufe angesehen werden dürfen. Namentlich sind die Oberflächenströmungen überall großen Unregelmäßigkeiten in Richtung und Stärke unterworfen, was, wenn nur der erhebliche Einfluss der äußerst ver änderlichen Winde in Betracht gezogen wird, gewiss begreiflich erscheinen muss. Von den Unterströmungen aber wissen wir noch so wenig, dass dieselben überall dort als bestehend supponiert werden können, wo eine bessere Erklärung 1
1) Wassertemperatur und Farbe in der Humboldt-Strömung nach Capitan zur
See M e n s i n g I, Commandant S. M. Schiff „Prinz Adalbert". „Annalen der Hydro graphie", 1885, VII. 385.
474 für beobachtete Erscheinungen fehlt; diese Strömungen spielen daher vorläufig etwa dieselbe Rolle in der Stromtheorie, wie der Äther in der Kosmik. Nach B u c h a n a n ) bedarf die mechanische Theorie der Meeresströmungen noch vielfach der Ergänzung. Wie weit das Aufsteigen von Tiefenwasser bei der Darstellung der arktischen Strömungen berücksichtigt werden muss, lässt sich nicht ohneweiters übersehen, da diese Beziehungen noch zu wenig auf geklärt sind. Soviel aber ist gewiss, d a s s d a s T h e r m o m e t e r e b e n s o w e n i g w i e d i e l o c a l e n S t r o m v e r S e t z u n g e n a l l e i n für die Kenntnis der Wassercirculation an der Oberfläche maßgebend sein dürfen. Vielmehr muss die Darstellung der Stromkarten davon ausgehen, dass diese Circulation mecha nischen Gesetzen gehorcht, und class alle Beobachtungen, welche mit solchen Gesetzen in Widerspruch stehen, mit dem größten Misstrauen aufgenommen werden müssen. 1
Flaschenpost.
Schließlich sei noch eines vielverwendeten Mittels zur Erforschung der Meeresströmungen gedacht, nämlich des Auswerfens von Schwimmern. Der Umstand, dass man durch treibende Objecte auf Strömungen auf merksam gemacht wurde, mag schon früh dazu geführt haben, Schwimmer zur Erforschung von Richtung und Geschwindigkeit von Strömungen zu verwenden. Nachgewiesen ist der Gebrauch derselben zu dem genannten Zwecke erst im Anfange unseres Jahrhundertes. Es unterliegt keinem Zweifel, dass solche dem Meere übergebene Treib körper einer Menge von Zufällen ausgesetzt sind, welche deren Nutzen in Frage stellen. Abgesehen von ihrer mehr oder minder großen Zerbrechlichkeit, lässt sich ein Schluss auf den Weg, welchen sie genommen, namentlich aber auf die Zeit, welche sie zum Zurücklegen desselben benöthigt haben, mit anderen Worten: auf die Richtung und Geschwindigkeit der von ihnen durchlaufenen Strömungen, stets nur unter gewissen V o r a u s s e t z u n g e n anstellen. Vor allem muss angenommen werden, dass der Schwimmer sofort nach seinem Landen aufgefunden wurde, eine Annahme, welche in den seltensten Fällen zutrifft. Im Gegentheile können solche Schwimmer selbst an sehr frequentierten Küsten lange Zeit unentdeckt liegen bleiben. War die Zeit zwischen dem Auswerfen und Auffinden eine unwahrscheinlich große, dann hat die Conjectur freien Spiel raum; denn man kann ebensogut annehmen, dass der Schwimmer lange auf seinem Fundorte lag, als auch, dass er von einer Strömung in eine zweite und dritte gelangte und so sein Ziel auf einem großen Umwege erreichte. Hiefür mögen nur einige, den „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie" entnommene Beispiele angeführt werden. Eine vom deutschen Kanonenboote „Hyäne" auf der Reise von Safata (Upola) nach Tongatabu im Juli 1883 ausgeworfene Flasche wurde erst im December 1886 im Clerence-River aufgefunden, brauchte somit 31 /2 Jahre um 1990 Meilen zurückzulegen. Eine Flaschenpost der Corvette „Elisabeth" auf ihrer Reise von Anjer nach Port Natal wurde erst nach 33/4Jahren bei der Insel Rodriguez, also bloß 337 Meilen vom Orte der Absendung, aufgefunden. 1) Zur Theorie der Küstenströmungen und der Gegenströmungen. „Annalen der
Hydrographie", 1887, I, 25. Proceedings of the Royal Geographical Society", De cember 1886.
475 Die deutsche Barke „Mathias" warf vor dem östlichen Eingange der Straße von Gibraltar eine Elasche über Bord ; dieselbe wurde erst nach 188 Tagen auf bloß 69 Meilen Entfernung an der spanischen Mittelmeerküste aufgefunden. Eine von der Corvette „Nymphe" an der Ostküste Südamerikas aus geworfene Elasche wurde erst nach 5 / Jahren bei Great-Cayman gefischt. Manche Flaschenpost war noch viel langsamer. So brauchte eine vom Prinzen Napoleon während einer Polarreise ausgeschickte fast 15 Jahre, nämlich vom 25. Jänner 1860 bis zum 10. Jänner 1875. Von 150 Flaschen, welche C. L. W r a g g e vom englischen Schiffe „Hesperus" während der Beise von Port Adelaide nach England auswarf, wurden nur 6 aufgefunden. Von diesen waren einige im englischen Canale, außerhalb der Bennel-Strömung, ausgeworfen worden ; sonderbarerweise fand man sie nicht im George-Canale oder beim Cap Clear, sondern beim Cap Finisterre und an der Südküste Englands. W r a g g e weist daraufhin und auf Grund mehrerer anderen Flaschenreisen nach, dass die Flaschen nicht durch Strömungen fort bewegt worden waren, sondern m i t dem W i n d e segelten ). Aus eigener Erfahrung kann ich anführen, dass von ungefähr 100 im Jahre 1879/80 von S. M. Schiff „Saida" zwischen Capstadt und New-York über Veranlassung des nunmehrigen Contre-Admirals Freiherrn von S p a u n ausgeworfenen Flaschen, bis zur Stunde nicht eine einzige aufgefunden wurde ; mindestens langte keine Meldung darüber ein, und brachten auch die Fachzeit schriften, welche solche Funde zu veröffentlichen pflegen, keine Anzeige. Sehr lehrreich, wenn auch nicht in dem von Professor G. P o u c h et ge wünschten Sinne, sind die von der Jacht „Hirondelle" ) mit einem großen Aufwände von Mühe und Geld durchgeführten Schwimmerexperimente. P o u c h e t war nämlich der Ansicht, dass H u m b o l d t und M a u r y den Einfluss des Golfstromes noch nicht genügend gewürdigt hätten, und machte sich — nach dem der Fürst von Monaco seine Jacht, der Pariser Municipalrath die Geld mittel beigestellt hatten — an eine eingehende Untersuchung des genannten Stromes mittels Schwimmer. Der Anfertigung derselben wurde eine ganz be sondere Sorgfalt gewidmet; der Fürst selbst leitete deren Ausbringung nach den Angaben eines automatischen Logs und unterfertigte persönlich die in hermetisch verschlossenen, weichgebetteten Glasröhren verwahrten Documente, welche das Nationale, die Position und sonstige Angaben enthielten ; der fran zösische Minister des Äußern aber verschickte eine Note an die fremden Regie rungen, um dieselben für die prompte Ablieferung der Funde zu interessieren. Im Jahre 1885 wurden, unweit von der Insel Corvo beginnend und im Meridian segelnd, 20 bereifte Fässer, 10 kupferne, bojenartige Gefäße und über 200 Flaschen auf 1/2—1 Meile Entfernung über Bord geworfen. Ein geringer Theil der Schwimmer wurde auf den Canaren, an der portugiesischen Küste und auch in Westindien gefunden ; von 4 fast gleichzeitig ausgeworfenen Kupfergefäßen fand man eines auf den Azoren, das zweite auf Madeira, das dritte auf Martinique und das vierte bei den Bahamas. Nach den ersten dieser Funde betrug die Geschwindigkeit des Golfstromes 7 % Meilen in 24 Stunden! Auch war es sonderbar, dass die anfangs verachteten Flaschen Sieger in diesem oceanischen Hürdelrennen blieben, indem sie den gleichen Weg in der halben Zeit zurücklegten, welchen die Kupfergefäße brauchten. 3
4
1
2
1) „Nautical Magazine", 1880, S. 317. ) Siehe „MittHeilungen" dieses Jahrganges, Heft VI u. VII, S. 332.
2
476 Im folgenden Sommer wurden auf der Höhe zwischen Finisterre und den Lizards 500 Champagnerflaschen in Serien zu 40 Stück auf / Meile Ent fernung voneinander ausgeworfen. 10 Monate später waren 37 von diesen Flaschen aufgefunden worden, und zwar an der französischen, spanischen und portugiesischen Küste; im Mittel hatten sie mit einer Geschwindigkeit von 6 1/ Meilen pro Tag nach OSO gedriftet. Den Umstand, dass nicht eine einzige dieser Flaschen die französische Küste zwischen Ushant und Bordeaux erreicht hatte, nahm P o u c h e t zur Veranlassung, die Existenz der Bennel-Strömung, wenigstens während des Sommers, zu bezweifeln, und die Ansicht auszusprechen, dass die Strömung längs der Westküste Frankreichs eine südwestliche und nicht eine nordwestliche sei. Damit steht P o u c h e t nicht nur mit verschiedenen Forschern, darunter B o u q u e t de la G r y e , sondern auch mit sämmtlichen Fischern im Golfe von Biscaya im Widerspruche. Sollte es nur ein Zufall sein, dass die Winde in dem beregten Gebiete nach derselben Richtung wehen, welche die Flasche genommen? Im Jahre 1887 appellierte P o u c h e t vergebens an die Regierung und an wissenschaftliche Institute Frankreichs um Geldmittel; die abermalige Frei gebigkeit der Stadtväter von Paris ermöglichte schließlich die Fortsetzung der Untersuchungen mit der „Hirondelle". Diesmal wurden eigens angefertigte, grüne Glaskugeln als Schwimmer verwendet, und davon zwischen den Azoren und Neufundland 935, auf der Rückreise weitere 63 Stück ausgesetzt. Bis zum Februar 1889 waren von all diesen Kugeln nur 44 Stück aufgefunden worden. Die im Golfstrome ausgeworfenen waren theilweise nach NO, theilweise nach SO getrieben, bestätigten somit die wohlbekannte Thatsache von der Theilung des genannten Stromes in den gegen die norwegische Küste gerichteten Arm und in die Äquatorialströmung. „Es scheint, dass die Routen, welche diese Bojen, Kugeln, Fässer und Flaschen genommen hatten, bei Betrachtung irgend einer vertrauenswürdigen Strömungskarte, mit großer Wahrscheinlichkeit hätten vorausgesagt werden. Die vom Hydrographischen Amte der Vereinigten Staaten allmonatlich herausgegebenen „Pilot-Charts" des Nordatlantischen Oceans machen über die Drift von Treibobjecten so ziemlich, wenn nicht genau, dieselben An gaben, wie die kostspieligen Flaschenposten des Fürsten und des Professors" — sagt das „Nautical Magazine" ) , welchem wir diese Geschichte entnehmen. Wäre einer der Schwimmer der „Hirondelle" im Golfe von Guinea auf gefunden worden, so hätte man gewiss keinen Anstand genommen, dies damit zu erklären, dass dieser Schwimmer von der Äquatorial- in die Äquatorialgegen strömung und so in den genannten Golf gelangt sei. Wie unrichtig wäre dagegen die Annahme einer directen Strömung von den Neufundland-Bänken nach dem Golfe von Guinea gewesen! Und doch hätte man in dem angenommenen Falle diese Folgerung machen müssen, wenn die Stromverhältnisse im Atlantischen Ocean nicht so bekannt wären, als sie es heutzutage thatsächlich sind.-' Deshalb kann man aber auch der Ansicht nur beipflichten, dass Flaschen posten bei der gegenwärtigen Kenntnis der Meeresströmungen so gut wie gar keinen praktischen Wert besitzen. Anders verhält es sich bei der Erforschung noch ganz unbekannter Meerestheile oder in Fällen von Seenoth. Schon C o l u m b u s warf 1493 bei stürmischem Wetter ein bereiftes Fass mit einem kurzen Bericht auf Pergament über Bord, in der Befürchtung, es könnten die Ergebnisse seiner Entdeckungen verloren gehen. (Schluss folgt.) 1
2
2
1
1) November 1889, S. 91S.
477 Die Dampfergesellschaften und der Auxiliardienst. Die größte und schwierigste Aufgabe des nächsten Seekrieges wird die Sicherung des Seeverkehres sein. Denn zwei Dinge darf man nun einmal nicht aus dem Auge verlieren, wenn man sich mit den Vorbereitungen für die Zukunft beschäftigt, dass nämlich bei einem Zusammenstoße zwischen den großen Mächten der Kriegsbrand auf allen G-ewässern entflammt werden wird, und dass Angriff und Schutz des Privateigenthuines eine hervorragend wichtige Rolle spielen werden. Ersterer Umstand ergibt sich aus der Betrachtung der voraussichtlichen Mächtegruppierung und aus der Erwägung, dass, wenn einmal der mühselig und unter gewaltigen Opfern bisher aufrecht erhaltene Brieden nicht mehr zu bewahren ist, an eine Localisierung des Krieges nicht zu denken sein wird ; diese Erwägung des näheren auszuführen, müssen wir uns an dieser Stelle versagen. Für letzteren Umstand aber spricht die ganze Tendenz der heutigen maritimen Büstung und maritimen Kampfmittel. Wenn Fürst Bismarck vor Jahresfrist der Meinung Baum gegeben, dass der nächste Waffengang zwischen Deutschland und Frankreich ein saigner jusq' au blanc sein werde, so bat er damit einen Satz aufgestellt, welcher eigentlich allgemein Giftigkeit hat. Bei dem kolossalen Kraftaufgebote, mit welchem, wie niemals zuvor, der nächste große Krieg geschlagen werden wird, einem Aufgebote, von dessen Umfange und tief eingreifenden Folgen man sich eigentlich kaum eine rechte Vorstellung macht, und gegen welches der Heerzug der großen Armee Napoleons gegen Russland im Jahre 1812 und der deutsch-französische Krieg von 1870 bis 1871 weit zurückbleiben werden, ja welches noch dasjenige vielfach über treffen dürfte, was man uns von den großen Massen erzählt, mit denen Xerxes zur Eroberung Griechenlands auszog, drängt alles auf eine rasche und durch greifende Entscheidung. Man kann derartige Kriege nicht oft wiederholen und man muss, wenn man endlich den großen Einsatz wagt, auch eine Entscheidung anstreben, welche für lange Zeit hinaus die Erhaltung des Friedens, und damit aber auch die Möglichkeit sichert, den eigenen Völkern die schwere Rüstung endlich zu erleichtern. Nur die empfindlichsten Schläge vermögen aber zum Ziele zu führen. Nicht leicht kann jedoch ein Gegner an einer anderen Stelle empfindlicher getroffen werden, als in seinem Verkehre. Schon in vergangenen Zeiten war der Seeverkehr stets ein Object krie gerischer Action, aber vielleicht nicht so sehr als Ergebnis eines berechneten Kriegssvstemes, sondern weil man früher überhaupt von der Ansicht ausgieng, dass a l l e s w a s dem Feinde und seinen Leuten angehöre, vogelfrei und als gute Beute preisgegeben wird, man es also wegnehmen oder zerstören könne. Ob dadurch für den eigentlichen Kriegszweck etwas erreicht sei oder nicht, darum kümmerte man sich nicht. Deshalb überwog auch vielfach die zur reinen Piraterie ausartende Kaperei über den organisierten Seekrieg. Besonders steigerte sich die Wichtigkeit des Seeverkehres und damit auch die Lästigkeit seiner Störung mit der Entwicklung der überseeischen Beziehungen seit der Entdeckung Amerikas und des Seeweges um das Cap der guten Hoffnung nach Indien. Europa gewöhnte sich an den Bezug von mancherlei Artikel aus jenen neu erschlossenen Ländern und fieng an daselbst für eigene Waren Absatz zu änden. Wohl spielte im 16. und 17. Jahrhunderte, fast mehr noch als die Handelstransporte, die Einfuhr von Edelmetallen aus den reichen Minen des mittleren und südlichen Amerika eine große Bolle, und wir wissen, wie angst voll man in Spanien auf Nachrichten über die glücklich vollendete Fahrt einer
478 Silberflotte harrte. Es war eben eine Zeit, in welcher die volkswirtschaftliche Anschauung in Gold und Silber die immittelbaren Träger des Reichthumes erblickte. Aber nicht bloß für diese Silberflotte fürchtete man, man war auch recht empfindlich für jede verlorene andere Prise, und in den heimischen Comptoirs verstand man die bösen Folgen zu schätzen. Eines aber war noch nicht vorhanden, die Massenhaftigkeit und die tausendfache Durchdringung des Verkehres , von dem man heute sagen kann, dass er ein dichtes, über die ganze Erde gebreitetes und verzweigtes Gewebe darstellt, dessen einzelne Fäden sich nach allen Richtungen hin spinnen, ungezählte Interessen berühren und sich niemals auf den Wechselverkehr zwischen einzelnen Punkten, ja selbst Ländern beschränken. Man kann heute kaum, trotz der scheinbaren Scheidung der einzelnen Wirtschaftsgebiete nach politischen Grenzen, von einer staatlichen Einzelwirtschaft als von einem geschlossenen Ganzen, sondern nur von einer Weltwirtschaft sprechen, und gerade derjenige, dessen Beruf auf der See liegt, und welcher soviel Gelegenheit hat, die Bewegung des wirtschaftlichen Lebens zu verfolgen, gewinnt mehr als irgend ein anderer das Verständnis für diese Erscheinung. In dieser Entwicklung zur Weltwirtschaft liegt aber die stetigsteigende Bedeutung des Seeverkehres, und es ist eine ungeheuere Täuschung, wenn man etwa vermeinen sollte, dass der Seeverkehr durch die Eisenbahnen beeinträchtigt werden könnte ; im Gegentheile, jede neue Eisenbahnlinie schafft nur wiederum neue Nahrung für die Schiffahrt, weil sie binnenländische Gebiete zugänglicher macht.. Es können dadurch Verschiebungen in der Bedeutung einzelner Hafenpunkte eintreten, niemals aber Minderungen der maritimen Bewegung, selbst nicht durch jene großen transcontinentalen Stränge, wie die Pacificbahn in Nordamerika, die noch in Bau begriffene Linie von der Ostzur Westküste Südamerikas, oder die projectierte große Eisenbahn durch ganz Sibirien zum Stillen Ocean. Derartige Bahnen haben ja nicht den Zweck, die Benützung des Seeweges überflüssig zu machen, sie sollen, und dies ist ihre erste und wichtigste Aufgabe, die von ihnen durchzogenen Länderstrecken der Ansiedlung, Cultivierung und damit dem allgemeinen Verkehre erschließen, sie sind also recht eigentlich Pionnière für eine spätere erhöhte Benützung des Seeweges. Und noch eines darf man nicht vergessen, die Leistungsfähigkeit des Seetransportes im Gegenhalte zu jenem der Eisenbahn. Ein einziger Blick auf jene Unmassen von Waren, welche im Räume der großen Handelsdampfer verschwinden, und auf die vielen Waggons, welche für Heranschaffung einer einzigen solchen Schiffsladung erforderlich waren, genügt zur Erkenntnis dieser Thatsache. Hiezu gesellt sich dann noch das Moment der Billigkeit, trotz Verwendung von Dampfkraft. Die Tragfähigkeit eines Dampfers steigt durchaus nicht im gleichen Verhältnisse zu seinen Betriebskosten. Ein weit engerer Zusammenhang herrscht zwischen den Betriebskosten und der Geschwindigkeit. Dabei bleibt immer auch die Frage offen, bis zu welchem Grade sich heben den Dampfern die Segelschiffe im Handelsverkehre erhalten werden, eine Frage, deren unbedingte Beantwortung nach der einen, wie nach der anderen Richtung heute noch deshalb sehr schwer ist, weil der billige Betrieb des Seglers immer noch unter gegebenen Umständen die Vortheile ausgleicht, welche in der raschen Beförderung durch Dampfer und in dem viel schnelleren Umschlage des hi Dampfern investierten Capitales liegen. Eines ist aber sicher : wenn es gelingen sollte, die Betriebskosten der Dampfer bedeutend herabzudrücken, dann sind die Tage der Segelfahrt gezählt.
479 Und dieses Ziel ist schließlich nur mehr eine Frage der Technik. Man braucht bloß die Entwicklung der letzten 20—30 Jahre in dieser Beziehung zu betrachten, um sofort zu erkennen, wie die Leistungsfähigkeit der Maschinen steigt und der Consum an Brennmaterial stetig sinkt. Es bleibt deshalb die Hoffnung auf weitere erhebliche Fortschritte nicht ausgeschlossen, ganz ab gesehen davon, dass man ja durchaus nicht in Abrede stellen darf, ob nicht neben dem Dampf noch eine andere Kraft den Schiffszwecken wird zur Ver fügung gestellt werden können.
* Betrachten wir nun die Mittel, über welche der Seeverkehr heute verfügt, so müssen wir zwischen der f r e i e n und der g e b u n d e n e n S c h i f f a h r t unterscheiden. Erstere sucht und nimmt Ladung, wie von altersher üblich, wo sich eine solche eben findet, letztere dagegen unterhält regelmäßige Ver bindungen zwischen einzelnen Punkten. Diese regelmäßigen Verbindungen ge winnen fort und fort an Bedeutung, je mehr der ganze Handelsverkehr in feste Bahnen einlenkt und die Grundlage ausgedehnter, wirtschaftlicher Thätigkeit bildet. Es ist daher an sich die oftmals geäußerte Idee, dass regelmäßige Schiff fahrtslinien eigentlich nur die maritime Fortsetzung von Eisenbahnlinien sind, ganz richtig, nur darf man nicht hiebei zugleich in den Fehler verfallen, Grundlage und Einrichtungen des Eisenbahnwesens auf den Seeverkehr unver ändert angewendet wissen zu wollen, ein Fehler, welchen man namentlich in binnenländischen Kreisen nur zu oft begegnet. Die regelmäßigen Linien — regular lines — sind das feste Gerippe des maritimen Verkehrslebens. Sie ge statten einerseits dem Kaufmanne einen sicheren Calcul, weil er weiß, dass er unter allen Umständen auf eine Verbindung rechnen kann; sie fördern durch ihr Vorhandensein die Stetigkeit der commerciellen Eelationen und wirken als Regulatoren in der Tarifbildung. Es läge nun der Theorie nach der Gedanke nahe, durch allseitige Einrichtung derartiger regelmäßiger Linien dem Seever kehre eine möglichst feste Gestaltung zu geben und derart den Dienst zur See in ähnlicher Weise zu organisieren, wie dies zu Lande mit dem Eisenbahn dienste der Fall ist. Aber diese theoretische Construction, deren Verwirklichung vielleicht einer späteren Zukunft vorbehalten sein kann, hat denn doch ihre Bedenken und Schwierigkeiten, vor allem aus einem Grunde. Der Verkehr wickelt sich nicht gleichmäßig ab, sondern unterliegt Schwankungen, je nach den obwal tenden Conjuncturen, erzeugt durch die Productionsquantitäten, Höhe des Bedarfes und die verschiedenen Elemente geschäftlicher Speculation. Die regulären Linien können ihrer Organisation nach doch nur eine gewisse quantitative Leistung bewältigen, sie sind ferner auch an bestimmte Zeitpunkte gebunden, und endlich kann ihr Fahrplan sich nicht allen auftretenden Bedürfnissen sofort anschmiegen. Es ergibt sich dadurch eine sehr große Verkehrsgruppe, der auch entsprochen werden muss, und diese Gruppe gehört der f r e i e n Schiffahrt. Man wird aber leicht einsehen, dass, je mehr sich die regulären Linien entwickeln, je fester und ausgedehnter deren Netz wird, desto mehr die freie Schiffahrt selbst unver meidlich in einen gewissen Nexus zu jenen regulären Linien gelangt, so dass es schließlich im Interesse derjenigen Unternehmungen, w elche Linien der oben erwähnten Art betreiben, liegt, neben dem festen Dienst auch noch über die Möglichkeit freier Fahrten zu verfügen. r
480 Die regulären Linien, welche den großen Verkehr zu bewältigen haben, sind aber die Domäne der großen Dampfergesellschaften. Die Erhaltung solcher Linien erheischt nämlich eine Capitalsanlage, die nur im Wege der Association aufgebracht werden kann. Diese Gesellschaften verfügen über bedeutendes Material und über eine ausgebreitete Organisation; es sind also festgegliederte Institutionen, und hierin liegt deren große Bedeutung für ihren unmittelbaren Zweck, den Verkehrsdienst im weitesten Sinne, für Handel, Passagierwesen und Post, dann aber auch, was uns hier näher beschäftigen soll, f ü r m i l i t ä r i s c h e A u f g a b e n . In ersterer Beziehung musste sich der Staat überall mit jenen Gesellschaften in Verbindung setzen, weil er Interesse an der Besorgung von Aufgaben hat, die nur durch dieselben erfüllt werden können und die sich als eine Portsetzung der ihm im Binnenlande obliegenden Aufgaben gleicher Art darstellen. Er bedarf einer Regelung des Postdienstes auch zur See, er muss Sorge tragen, dass die Möglichkeit von Reisen über die See geboten wird, und er hat endlich das höchste Interesse an der Förderung von Handelsbeziehungen. Es entwickelte sich also ganz naturgemäß die Einrichtung, dass die Staats verwaltung gewisse Leistungen auf sich nahm, um die Mitwirkung derartiger Gesellschaften für jene Zwecke zu sichern, oder auch um das Entstehen der selben überhaupt zu ermöglichen. Die Form, in welcher diese staatliche Bei tragsleistung zuwege kommt, ist fast durchwegs jene der Subventionierung, sei es durch bestimmte Pauschalien, sei es durch Gewährung von Meilengeldern nach Maßgabe der durchlaufenen Strecken, sei es durch Übernahme der Garantie eines gewissen Jahreserträgnisses u. dgl. Der leitende Gedanke der Subventionirung besteht immer darin, dass eine an bestimmte Fahrordnungen ge bundene Linie mit der unbedingten Verpflichtung, innerhalb bestimmter Zeiten Transporte irgend einer Art zu bewerkstelligen, auf jene Vortheile verzichtet, welche in einer freien Bewegung gelegen sind, und daher für diesen Entgang einerseits und für gewisse übernommene Mehrleistungen anderseits entschädigt werden muss. Auch noch eine andere Erwägung gesellt sich hiezu. Die Summe, welche ein Staat für die Subventionierung seiner Dampferverbindungen auslegt, ist immer eine productive Anlage, weil unter allen Umständen gute Verbindungen zur See die wirtschaftliche Machtentfaltung erhöhen. Nur wer mit eigenen Kräften sich den Weg über die See offen halten kann, vermag eine selbständige Stellung auf dem großen Weltmarkte auch zu behaupten. In richtiger Erkenntnis dieser Thatsache haben sogar Regierungen, wie die britische, welche nach ihrer ganzen Tradition und staatlichen Organisation, soviel als nur möglich der freien Thätigkeit und Bewegung ihrer Bürger überlassen, niemals gekargt, wenn es sich um Unterstützung jener Compagnien handelte, welche die für Englands Existenz so überaus wichtigen Verbindungen nach den überseeischen Ländern unterhielten. Unter diesen Compagnien steht bekanntlich in erster Linie die Peninsular and Oriental Steam Navigation Com pany. Ebenso hat Frankreich, abgesehen von einigen ähnlichen Unternehmungen, in den Messageries maritimes sich ein mächtiges Institut geschaffen, welches reichliche Unterstützung vom Staate bezieht, und in gleicher Weise bot das für maritime Dinge höchst verständige und weitausblickende Italien alles auf, damit die Navigazione Generale Italiana imstande sei, dem italienischen Handel ersprießliche Dienste m leisten und den Ruf der italienischen Flagge weithin zu verbreiten. In Deutschland hatte man eine starke staatliche Unter stützung von Schiffahrtsunternehmungen erst in jüngster Zeit erforderlich, weil der Hauptverkehr nach Amerika durch das Auswandererwesen eine so reichliche
481 Nahrung erhielt, dass, nach Überwindung anfänglicher Schwierigkeiten, aus eigener Kraft günstige Erträgnisse erzielt werden konnten. Als es sich aber um die Festhaltung einer kräftigeren Stellung in Ostasien handelte, und das Deutsche Reich die dort schon lange bestehenden Interessen seiner Angehörigen mit starker Hand zu fördern für nothwendig erachtete, da wurde sofort die große Linie des Norddeutschen Lloyd dahin und nach Australien eingerichtet und dieser Gesellschaft eine Subvention von 4 / Millionen Mark gewährt, weil man natürlich erkannte, dass derartige weitausgedehnte Linien ohne Zuschuss nicht ihre Deckung finden können. Jüngst noch beeilte man sich mit der Einrichtung einer neuen Linie nach Ostafrika, allwo der eben erst in den Anfängen befindliche deutsche Colonialbesitz sofort mit der Bedingung seiner Entwicklung, der gesicherten regelmäßigen Verbindung mit der Heimat, ausgestattet werden musste. Auch in Österreich-Ungarn besteht eine der ältesten und größten Dampferunternehmungen, der Österreichisch-Ungarische Lloyd, welcher nunmehr eine Lebensdauer von 54 Jahren aufweist, eine Gesellschaft, die vielleicht am meisten dazu beigetragen hat, der österreichisch-ungarischen Plagge in der ganzen Levante hervorragendes Ansehen zu verleihen und deren politischer Einfluss in dieser Beziehung wirklich eingehend untersucht zu werden verdienen würde. Die Glanzzeiten des Österreichisch-Ungarischen Lloyd sind heute vorüber, und ein Feld, auf dem sich derselbe lange Zeit fast allein behaupten konnte, wird ihm von zahlreichen jüngeren Concurrenten streitig gemacht und vielfach auch ganz entzogen. Es steht aber zu hoffen, dass ein Institut, welches eine so reiche und ehrenvolle Vergangenheit hinter sich hat und welches ein unerlässliches Glied in dem Verkehfsorganismus seines Landes bildet, die Mittel zu seiner Regeneration finde. Der Österreichisch-Ungarische Lloyd bezieht gleichfalls seit langer Zeit, wenn auch in wechselndem Ausmaße, Subventionen seitens des Staates. Bekanntlich steht derselbe seit dem Jahre 1871 in einem doppelten Vertragsverhältnisse, einerseits zur gemeinsamen Regierung für den Dienst im Adriatischen und Mittelmeere, und andererseits mit der österreichischen Regierung für den Dienst nach Indien und neuestens auch nach Brasilien. Die Subventionen aber, welche der Österreichisch-Ungarische Lloyd genießt, sind verhältnismäßig weit geringer als jene der fremden Gesellschaften, namentlich jener, welche in Bezug auf denselben in erster Reihe in Betracht kommen. l
4
*
*
*
Bei der Subventionierung von Dampfergesellschaften hat man in neuerer Zeit wohl auch immer noch einen Gesichtspunkt im Auge behalten, nämlich jenen, sich für militärische Zwecke Material zu sichern, zunächst zur Ausführung von Transporten. Man erkannte nämlich ganz richtig, dass das Vorhandensein einer größeren Anzahl von Dampfern die Kriegs Verwaltung von der Nothwendigkeit befreie, ihrerseits eine kostspielige Sorge auf sich zu nehmen, und zu diesem Behufe schon während des Friedens einen bedeutenden Schiffspark verfügbar zu halten, der doch für keinen anderen Zweck brauchbar wäre. Im ganzen aber gieng man über diese Gedanken und Absichten zunächst nicht hinaus. Eine vollständige Ausbildung des Systèmes der Hilfsaction, zu welcher das Material und, was nicht weniger wesentlich erscheint, die Organisation einer großen Dampfergesellschaft herangezogen werden könnte, hat nicht platzgegriffen. Ein weiterer und wesentlicher Schritt geschah wohl, als der Begriff des
482 eigentlichen Auxiliardienstes sich abklärte. Was versteht man unter Auxiliardienst? Wir müssen zur Beantwortung dieser Frage etwas weiter ausholen, weil dieselbe für unsere ganze Erörterung maßgebend ist. Wie wir schon an einer früheren Stelle erwähnt haben, erfordert die heutige Kriegführung ein riesiges Aufgebot von Kräften. Es ist schon finanziell, aber auch aus allgemeinen volks wirtschaftlichen Gründen schlechthin unmöglich, diese Kräfte zu jeder Zeit bereit und verfügbar zu halten ; vielmehr muss jede rationelle Organisation des Wehr wesens darauf bedacht sein, im Frieden nur jene Mittel zu besitzen, welche unbedingt als Kern für die richtige Angliederung der nur im Kriegsfalle hinzutretenden weiteren Kräfte erforderlich sind. Es ist sicherlich eine der schwierigsten Aufgaben der heutigen Organisationskunst, hiebei den richtigen Weg zwischen Ökonomie einerseits, Schlagfertigkeit und Kriegstüchtigkeit anderer seits zu treffen. Zu Lande ist die Sache immer noch leichter zu lösen, weil es sich hier wesentlich um die zweckmäßige Gruppierung lebendiger Kräfte handelt, weil also die einzelnen Körper, aus denen sich das Kriegsheer zusammensetzt, im Momente des Bedarfes erweitert oder neugebildet werden können, wenn man nur hinlängliche Cadres und Eüstungsmaterial hat. Anders liegen aber die Dinge bei einer Kriegsflotte. Hier spielt das Material die erste und das Personal die zweite Bolle. Man missverstehe uns jedoch hiebei nicht. Es soll nicht gesagt sein, class wegen dieser Reihung das Personal der Qualität nach geringer an Wert und Tüchtigkeit zu sein braucht, wohl aber ist das beste Personal ohne das Vorhandensein eines geeigneten Schiffsmateriales und seines Zugehöres unverwenclbar. Das Material aber lässt sich nicht in Eile oder während eines Krieges schaffen. Es muss ganz und vollständig in dem Augenblicke schon vor handen sein, als man seiner bedarf. Die Mobilmachung einer Flotte kann nur darin bestehen, dass man die Schiffe und sonstigen Fahrzeuge seebereit macht, und dass man das Personal, insoweit es während des Friedens nicht präsent sein sollte, zum Dienste einberuft. Neuformationen sind durch die Natur der Dinge ausgeschlossen. Dadurch erhält nun die Kriegsformation einer Flotte ein weitaus anderes Gepräge als jene eines Heeres. Hier wird der Rahmen erweitert und eine lange Reihe von Neubildungen aller Art tritt jetzt erst in Erschei nung, dort dagegen muss der ganze Rahmen schon vorhanden sein, und es handelt sich nur darum, denselben beweglich zu machen. Von den verschiedenen Schiffen und Fahrzeugen, deren heute eine Flotte bedarf, gibt es nun solche, welche ihrer ganzen Bestimmung nach unbedingt schon im Frieden vorhanden sein müssen, und hieher gehören die eigentlichen Schlachtschiffe und die verschiedenen Kategorien der Torpedofahrzeuge, sowie auch jene Trainschiffe, welche einer besonderen Ausrüstung bedürfen, als Werk stätten schiffe, Torpedodepotschiffe, Cisternenschiffe u. dgl. Eine andere sehr be deutende Gruppe bilden die Kreuzer, denen einerseits der Aufklärungsdienst bei einer operierenden Flotte oder im Küstenschutze, andererseits der Kreuzerkrieg im eigentlichen Sinne, als Prisenjäger oder Beschützer des Seeverkehres zufällt. Unter allen Umständen ist eine wesentliche Bedingung des Kreuzers Schnellig keit und die Möglichkeit des langen Verbleibens in See, also großer Kohlenraum. Die Kampffähigkeit des Kreuzers ist je nach der Art seiner speciellen Ver wendung eine verschiedene, und braucht in vielen Fällen ein gewisses Maß nicht zu überschreiten; man kann sagen, dass, je größer die Actionsfreiheit eines Kreuzers durch seine eigene Geschwindigkeit wird, desto minder sich die An forderungen an dessen Kampfwert stellen, weil dann die Annahme eines Ge-
483 fechtes von seinem Belieben, mithin von der ihm günstigen Lage der Chancen abhängt. Es musste daher der Gedanke schon lange naheliegen, ob man nicht die in der eigenen Handelsflotte vorhandenen Dampfer zum Kriegsdienste her anziehen könnte, um hiedurch die eigene Elotte im Falle des Bedarfes zu ver stärken und sich doch wiederum eine beträchtliche Erhöhung des Friedens standes zu ersparen. Dieser Gedanke hatte eine Art von historischen Vorläufer in vergangenen Zeiten, in denen der Unterschied zwischen einem Kriegsschiffe und einem größeren Handelsschiffe kein erheblicher war, und man daher ohne viel Mühe aus der Handelsmarine Kräfte heranziehen konnte, da es geinein niglich nur darauf ankam, diese Schiffe mit der erforderlichen artilleristischen Ausrüstung zu versehen. Dass natürlich für einfache Transportzwecke die Handelsdampfer leicht entsprechen können, liegt auf der Hand, und in dieser Beziehung hat man auch, wie vorher bereits erwähnt, schon seit längerer Zeit auf deren Heranziehung Bedacht genommen. In weiterer Folge ist jedoch auch die Idee aufgetaucht, sich derselben zu Kreuzerzwecken gleichfalls zu bedienen, und insbesondere die britische Admiralität gieng hierin mit großer Energie vor. Sie wählte unter den Dampfern der Handelsmarine, vor allem unter jenen der großen Gesell schaften, die geeigneten Dampfer — nach Schnelligkeit und Bauart — aus, und legte den betreffenden Bhedern die Verpflichtung auf, diese Dampfer im Falle eines Krieges der Admiralität sofort zur Verfügung zu stellen. Hiebei wurde in der Regel ein Mietbetrag für die Zeit der Verwendung im auxiliary service vereinbart, oder die Bestimmung dieses Mietbetrages eintretenden Falles einem schiedsrichterlichen Ausspruche überlassen, ferner aber für den Fall der Beschädigung oder des Verlustes das Entgelt fixiert, welches die Admiralität dem betroffenen Bheder zu leisten hätte. In einzelnen Fällen verpflichtet sich auch die Admiralität schon während des Friedens eine gewisse jährliche Zubuße dafür zu leisten, dass bestimmte Schiffe ihr über Verlangen zur Verfügung gestellt, und demgemäß auch mit gewissen, deren militärische Ausrüstung er leichternden Einrichtungen versehen werden. Außerdem hat man in England dafür Sorge getragen, dass an verschiedenen Punkten, namentlich den Colonien, Depots eingerichtet wurden, um die Auxiliarkreuzer (auxiliary cruisers) sofort mit Geschütz und sonstigem Bedarfe ausstatten zu können. Auch in Frankreich hat man den croiseurs auxiliaires sein Augenmerk geschenkt, insbesondere auch dadurch, dass man jenen Schiffen, welche nach Plänen erbaut werden, die vom Marineministerium die Genehmigung erhielten, einen Zuschlag zu der vom Gesetze gewährten Prämie zusprach. In ähnlicher Weise gedenkt man auch in anderen Ländern das Material der Handelsmarine zu verwerten, und es steht heute außer Zweifel, dass im Falle eines Krieges überall eine Anzahl von Dampfern mercantiler Gattung die Kriegsflagge ihres Staates hissen werden. Wird man aber damit auch schon alles erreicht haben, w as man mit einer derartigen Einrichtung anstrebt, und was man auch damit erreichen kann? Wir möchten diese Fragen nicht schlechthin bejahend beantworten. Dass ein Dampfer als Auxiliarschiff vorgemerkt ist, dass man das Material für dessen kriegsmäßige Ausrüstung besitzt, und dass man die Umwandlung vom Handels schiffe zum Kreuzer rasch bewerkstelligen kann, bedeutet nicht wenig, aber es bleibt noch manches zu thun übrig. Vor allem handelt es sich um die Be mannung. Der eigentliche seemännische Dienst erleidet zwar keine Änderung, insoweit es sich um Bedienung der Maschinen, um Steuerung, um das See manöver handelt. Man kann wenigstens voraussetzen, dass auf großen Dampfern r
484 dieser Dienst mit nahezu derselben Präcision wie auf eigentlichen Kriegsschiffen geübt wird. Anders verhält es sich mit der Führung des Schiffes und mit den speciell militärischen Obliegenheiten, die auf demselben versehen werden müssen. Hiezu bedarf es schon besonderer Maßregeln, da innerhalb der für den Mercantildienst bestimmten Bemannung das volle Auslangen hiefür kaum jemals gefunden werden dürfte. Entweder muss man also bei Eintritt des Falles eine theilweise Änderung der Equipage vornehmen, oder aber schon bei der jeweiligen Zusammensetzung der Friedensequipage auf die Eventualität des Krieges Bedacht nehmen. Ein fernerer Umstand liegt in der V e r w e n d u n g dieser Auxiliarschiffe. Man muss sich nämlich gegenwärtig halten, dass man ja diese Schiffe im Momente des Bedarfes nicht oder doch nur zum geringsten Theile unter der Hand hat, ihnen daher die geeigneten Dispositionen nicht geben kann. Vielmehr werden dieselben allüberall auf ihren friedlichen Fahrten begriffen sein, und es wird sich darum handeln, die Verfügungen mit Hinblick auf die Anwesenheit an zahlreichen, oft weitab gelegenen Punkten und doch wieder derart zu treffen, dass das rasche Eingreifen in eine planmäßig entworfene Action auch möglich wird. Damit ist es ja nicht abgethan, dass ein Schiff sich zum Auxiliarkreuzer umgestaltet, es muss auch eine Aufgabe haben, die einem Zwecke dient, welche also die Verwertung dieses Kriegsmittels gestattet. Und hier liegt ein Punkt, der unseres Erachtens nach einer sehr umsichtigen Vorbereitung schon in Friedens zeiten bedarf. Man soll überhaupt nicht den Auxiliardienst, welche Ausdehnung dem selben auch immer gegeben wird, als eine Sache betrachten, die damit abgethan ist, wenn man sich die Bereitstellung gewisser Schiffe gesichert hat. Auch eine Flotte ist noch nicht verwendbar und operationsfähig, wenn gute Schiffe im Arsenale liegen. Der Auxiliardienst muss vielmehr als ein Glied des gesammten maritimen Wehrwesens behandelt und als solches Glied in allen seinen Einzeln heiten fest organisiert werden, und zwar hat der Auxiliardienst, und darauf möchten wir ein besonderes Gewicht legen, eine d o p p e l t e und nicht bloß jene Seite, welche man bisher allein im Auge behalten hat. Nicht allein die passenden Schiffe der Handelsflotte sollen kriegerischen Zwecken dienstbar gemacht werden können, auch die übrigen Institutionen, über welche der See verkehr verfügt, sind zu analogen Zwecken heranzuziehen, und gerade in dieser Richtung bieten die großen Dampfergesellschaften eine treffliche Handhabe zur Erreichung des gesteckten Zieles. Wir gehen immer von der Ansicht aus, dass in einem künftigen See kriege der sogenannte Kreuzerkrieg vermuthlich eine größere Rolle spielen werde, als der Escadrekrieg. Der Kreuzerkrieg wird sich in zweifacher Rich tung geltend machen, in der Jagd nach Prisen und in dem Schutze der eigenen Kauffartei, also in der Jagd nach Prisenjägern. Bei der großen Aus dehnung des heutigen Seeverkehres bedarf es in beiden Richtungen nicht geringer Kräfte, und man braucht fernerhin einer guten und planmäßigen Organisierung des ganzen Dienstes und endlich auch, nach .Kriegsausbruche, einer sehr raschen Activierung desselben. Wir haben an einer anderen Stelle in dieser Fachschrift ) einige Anschauungen über die Organisation des Kreuzerkrieges zum Ausdrucke gebracht, und es sei uns gestattet, um Wiederholungen zu ver meiden, darauf hier zu verweisen. An jener Stelle haben wir erwähnt, dass 1
1) "Mittheilungen", Heft IV und V S. 236, 1890.
485 die Selbstvertheidigungsfähigkeit des Handelsschiffes die gründliche Lösung aller jener schwierigen Fragen wäre, welche der Kreuzerkrieg ims darbietet. Aber eine solche Gestaltung der Dinge wäre nur erreichbar, wenn man über eine Waffe verfügen würde, welche von starker Wirkung, trotzdem leicht überall zu installieren wäre, und wenn man das Schiff, insoweit dessen Schutz nicht schon durch besondere Schnelligkeit gegeben ist, ebenso leicht gegen die ärgsten Wirkungen feindlicher Waffen zu schützen vermöchte. Beide Voraussetzungen treffen heute noch nicht zu, und es lässt sich auch nicht absehen, ob denselben überhaupt einmal wird entsprochen werden können. Und so wird man immerhin darauf Bedacht nehmen müssen, der Mehrzahl der Handelsschiffe den ihnen nöthigen Schutz von außen zu bringen. Wir haben nun früher erwähnt, dass im Seeverkehre eine besondere Wich tigkeit den sogenannten regulären Linien zukommt, welche das feste Gerippe des ganzen maritimen Lebens bilden. Die Aufrechthaltung dieser Linien, auch nach Ausbruch eines Krieges, wird immer von besonderer Bedeutung sein; es wird aber gerade wieder schwer sein, diese Linien gegen feindlichen Anfall stets zu schützen, weil eben deren Begelmäßigkeit es viel leichter macht, den Wegen der Schiffe nachzugehen und auf dieselben Jagd zu machen. Es bleibt also nur übrig, entweder auf jeder solchen Linie ständig eigene Kreuzer zu halten, um möglichst jedem feindlichen Versuche entgegenzutreten, oder aber wenigstens die betreffenden Schiffe zur Eigenvertheidigung einzurichten. Das Maß dieser Einrichtung braucht nur ein defensives zu sein; genug, wenn sie einem Angriffe nicht wehrlos preisgegeben und imstande sind, sich dem selben entweder durch besondere Geschwindigkeit zu entziehen, oder, wenn dies nicht ganz thunlich sein sollte, die Chancen der Waffenwirkung zu ver suchen. Es werden nicht immer die allerbesten Kreuzer des Feindes sein, denen man begegnet, und darum ist, bei einigermaßen geschickter Führung und bei unerschrockener Haltung, die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges— und unter einem solchen verstehen wir hier nicht die Überwindung des Gegners, sondern nur die Vereitelung seines auf Wegnahme gerichteten Zweckes — keineswegs ausge schlossen. Daraus folgt also, dass die auf solchen Linien verwendeten Dampfer entsprechend ausgerüstet sein sollten, und zwar in dreifacher Bichtung, in Bezug auf die Schnelligkeit, in Bezug auf ihre Bauart, und in Bezug auf ihre Wehrhaftmachung. In ersterer Hinsicht wird auf manchen Linien schon durch die eigenthümlichen Anforderungen derselben entsprochen, vor allem auf Linien, welche einen sehr starken Passagierverkehr betreiben, oder wo die Post die schleunigste Beförderung erheischt. Aber nicht auf allen Linien, namentlich nicht auf solchen, wo nur ein mercantiler Verkehr stattfindet, ist eine große Ge schwindigkeit unerlässlich, und die häufig auftretende Forderung nach unbe dingter Erhöhung der Fahrtgeschwindigkeit für alle Mercantillinien kann nicht als allgemein gerechtfertigt betrachtet werden. Heute erhöhen sich durch Stei gerung der Fahrtgeschwindigkeit die Betriebskosten in erheblichem Maße, und diese Erhöhung wird durch bessere Frachten nicht immer wettgemacht. Ja es gibt Artikel, deren raschere Beförderung keine so wesentliche Bedeutung hat, und welche vor allem nur billige Frachten suchen, wie ihnen solche doch nur der mit billigerem Betriebe operierende Dampfer von mäßiger Geschwindigkeit bieten kann. Auf derartigen Linien, deren Zweck keine größere Geschwindigkeit, und namentlich nicht eine solche erheischt, welche dem Schiffe im Bedarfsfalle die Freiheit seiner Bewegung sichert, wäre es nun wohl wünschenswert, Dampfer Mittheilungen ans dem Gebiete des Seewesens 1890, Nr. 8 und 9.
32
486 zur Verwendung bringen zu können, deren Maschinen unter normalen Ver hältnissen zwar das bestimmte Maß nicht überschreiten, die jedoch eintretenden Falles eine Mehrleistung erzielen können. Bs handelt sich hiebei hauptsächlich um eine ökonomische Frage, ob es nämlich convenabel sei, eine leistungsfähigere Maschine nicht auszunützen, aber doch das für Anschaffung einer solchen nöthige Capital in dem Schiffe zu investieren. Es lässt sich immerhin denken, dass der Unterschied in den Anlagekosten so groß sei, dass dieser Unterschied die Prämie für das Risico bildet, welches man durch die Gefahr auf sich nimmt, etwa das Schiff wegen mangelnder Schnelligkeit als Prise aufgebracht zu sehen. Sobald es aber der Technik gelingt, die Maschinen derart einzurichten, dass dieselben ohne erhebliche Preissteigerung zur Leistung einer größeren Schnellig keit, wenn auch nur zeitweilig, gebracht werden können, würde die Erfüllung der ersten vorerwähnten Bedingung keinen Schwierigkeiten mehr begegnen. Was die zweite Bedingung anbelangt, so muss das Schiff derart construiert sein, dass an gewissen Stellen Geschütze installiert werden können, dass ferner die Munitionsvorräthe sicher verwahrt seien, dass diejenigen Theile, in denen sich die Maschine befindet, einige Deckung gegen Geschosswirkung erhalten können, und endlich dass das Schiff durch Schotte gegen das rasche Sinken infolge irgend eines erhaltenen Treffers geschützt sei. Dies sind nun alles Bedingungen, auf welche schon beim Baue das Augenmerk gerichtet sein muss, und aus diesem Grunde würde es sich sehr empfehlen, wenn man, nach reiflicher Prüfung, für den Bau derartiger Dampfer Typen entwerfen wollte, die als sicherer Anhaltspunkt dienen könnten und deren Beobachtung unter Umständen sich auch den betreffenden Rhedern vorschreiben ließe. Freilich, leicht ist die Construierung solcher Typen nicht, weil die mit der Lösung der Aufgabe betrauten Ingenieure sich nicht auf den einseitig militärischen Standpunkt stellen und schlechthin anordnen dürften, was von diesem Standpunkte aus zweckmäßig und nothwendig ist. Vielmehr müsste ihr Bestreben dahin gehen, den richtigen Einklang zwischen der doch in erster Linie stehenden und möglicherweise während der ganzen Dauer des Schiffes ausschließlich in Verwendung gelangenden comnierciellen Aufgabe derselben und den nur subsidiär herantretenden kriegerischen Leistungen insbesondere in der Weise herzustellen, dass durch jene Accessorien die Baukosten nicht empfindlich erhöht, und dass nicht der Ausnützung Raum entzogen werde, dessen Entziehung einer steten Verminderung des Erträgnisses aus dem Anlagecapitale gleich käme. Artilleristisch endlich -wird man solche Dampfer wohl nur mit leichterem Geschütze armieren können, jedenfalls aber gut thun, einiger Schnellfeuerkanonen nicht zu vergessen. Ob man daran denken kann, auch eine Torpedoinstallierung in Aussicht zu nehmen, ist eine Frage, die sich mit allgemeiner Giltigkeit nach keiner Seite beantworten lässt, und deren Lösung vielmehr dem concreten Falle vorbehalten bleiben muss. Geschütze und sonstige waffenmäßige Ausrüstung können nicht stets an Bord gehalten werden, es muss aber die Möglichkeit geboten sein, ohne viel Zeit verlust das Materiale einschiffen zu können, sobald sich die Nothwendigkeit hiezu zeigt. In den heimischen Ausgangspunkten solcher Linien waltet in dieser Beziehung keinerlei Schwierigkeit ob, und ebenso nicht in jenen aus wärtigen Stationen, welche im Bereiche eigener Colonien gelegen sind. Ver wickelter gestaltet sich die Sache nur, wenn auf der Linie überhaupt keine Punkte berührt werden, an denen die Anlage eines Waffendepots thunlich wäre, und die Eventualität einer kriegerischen Action nicht schon lange drohend ist, so dass man die ausreisenden Schiffe bereits kriegsmäßig ausrüstet.
487 Noch ein Umstand heischt hei diesen armierten Cursdampfern Erwägung, und das ist die militärische Leistungsfähigkeit der Mannschaft, auf welchen Punkt wir weiter unten im Zusammenhange mit einer anderen Sache ohnehin zurückkommen müssen. Die Armierung dieser sogenannten Cursdampfer nämlich bildet nur einen Theil der Thätigkeit, welche die Privatrhederei auf sich nehmen kann, um die nationale Flotte zu entlasten und derselben ganz be sonders die überaus schwierige Vertheidigung des nationalen Seehandels zu er leichtern. Immer bleibt neben den regulären Linien — selbst wenn sie durchweg in der Lage sein sollten, das eigene Material in ganz entsprechender Weise leistungsfähig zu machen, was wenigstens für einige Zeit noch selbst bei dem besten Willen nicht allgemein erzielbar sein dürfte — noch der ganze freie Dienst und es bleibt ferner das große Gebiet der activen Kreuzung, der Jagd auf Prisen, übrig. Auch hier soll und muss die Handelsschiffahrt herangezogen werden, und zwar nicht mehr als bewaffnete Handelsschiffe, deren Rüstung nur den Zweck hat, sich der eigenen Haut zu wehren, sondern als wirkliche Kreuzer, die nur mehr militärischen Zwecken dienen und, insolange sie hiezu verwendet werden, auch als vollberechtigte Theile der Kriegsmacht angesehen werden müssen. Diese Schiffe haben darum die Abzeichen der Kriegsschiffe zu führen, genießen mit ihrer ganzen Bemannung die Rechte von solchen und denjenigen Schutz, welchen das Völkerrecht kriegführenden Parteien zuspricht. Die zum wirklichen Kreuzerdienste bestimmten Mercantildampfer müssen die vorher erwähnten Eigenschaften natürlich in höherem Grade besitzen als die armierten Cursdampfer, vor allem müssen sie die Schnelligkeit dauernd einhalten; auch ist eine stärkere Offensivkraft wünschenswert, obwohl man bei den zur Jagd verwendeten Kreuzern einen wichtigen Umstand niemals außeracht lassen und sich nicht durch allzu große Anforderungen bedenklich machen lassen darf. Zwei Bedingungen sind für den Kreuzer un erlässlich, nämlich große Beweglichkeit — und diese setzt sich aus Schnelligkeit der Maschine und großen Kohlenvorräthen zusammen — und schneidige Führung. Alle anderen Bedingungen treten erst in zweiter Linie, und zwar schon deshalb auf, weil jene genannten unter allen Umständen die Initiative bewahren lassen. Wir möchten darum die Bedenken nicht theilen, welche häufig gegen die Aussendung von Kreuzern erhoben werden, die nicht mit allen Eigenschaften eines zu jedem Gefechte tauglichen Schiffes versehen sind. Dass man solches für den Kreuzer verlangt, welcher dem Verbände einer Flotte angehört, deren Aufklärung besorgen soll, und welcher keineswegs volle Freiheit seines Manövers besitzt, der aber andererseits, kommt es zum entscheidenden Kampfe, in den Reihen seiner Flotte auch fechten muss, versteht sich von selbst, und diese Gattung von Kreuzern sind im Grunde doch nur eine andere Form und ein anderer Name für Schlachtschiffe. Anders aber liegt es bei jenen unermüd lichen Streifern, welche nicht än feste Operationen und an andere Körper ge bunden sind, sondern sich frei innerhalb eines sehr weit gesteckten Feldes bewegen können, nur in der Absicht, den Feind zu erspüren und ihm Abbruch zu thun. Sie werden niemals große Kämpfe schlagen und die Entscheidung auf dem Schlachtfelde suchen, aber sie werden durch ihre Unermüdlichkeit, durch die zahllosen kleinen Schläge, welche sie austheilen, durch den Schaden, welchen sie anrichten, und am meisten vielleicht durch den heillosen Schrecken, der ihnen vorangeht, eine weithin reichende Wirkung üben. * *
488 Der Kreuzerdienst bedarf aber einer schon im Frieden wohl vorbereiteten Organisation, und diese Organisation kann derselbe nur erreichen, wenn man die großen Dampfergesellschaften hiefür verwendet. Die Art und Weise aber, wie dies geschehen sollte, wollen wir im folgenden wenigstens in den haupt sächlichsten Zügen darlegen. Die großen Dampfergesellschaften besitzen Material, Personal, einen dienstlichen Organismus im Inlande und ein Netz von Vertretungen im Auslande, durchweg Factoren, deren man sich mit großem Vortheile — unter gewissen Voraussetzungen — bedienen kann, um den Kreuzerkrieg sowohl vorzubereiten als auch wesentlich erleichtert durchzuführen. Das Material kann eine dreifache Verwendung finden : als Transport schiffe, als armierte Cursdampfer, als eigentliche Auxiliarkreuzer. Die Trans portschiffe braucht man zum großen Theile nur vorübergehend während der Mobilmachungsperiode zu den verschiedenen Verschiebungen von Truppen und Materialien des Heeres wie der Flotte, später meist im geringeren Maße zur Bewerkstelligung von Nachschüben und eventuell, wenn im Verlaufe der Opera tionen maritime Expeditionen über See unter Heranziehung von Landtruppen sich als nothwendig darstellen sollten. Die Transportschiffe bedürfen keiner besonderen Herrichtungen — höchstens solcher zur Aufnahme von Pferden — noch auch Vorkehrungen, welche sich auf die Zusammensetzung der Bemannung beziehen. Es kann sich nur dadurch eine Schwierigkeit ergeben, dass im Mo mente des Bedarfes nicht sofort eine genügende Anzahl derselben an den be züglichen Punkten zur Verfügung steht. Insoweit es sich um die Mobilisierung handelt, wird ja ohnehin schon im Frieden ein detaillierter Transportplan fest gestellt und mit der betreffenden Unternehmung vereinbart sein. Diesen Trans portplan muss man in Anknüpfung an die bestehenden Fahrordnungen, welche ohnehin durch die Mobilisierungsfahrten eine theilweise oder auch gänzliche vorübergehende Unterbrechung erfahren dürften, entwerfen, um das nach jenen Itinerären verwendete Material sofort utilisieren zu können. Wenn die Linien der Mobilisierungstransporte nicht allzu ausgedehnte sind, dürften mehrere Tage genügen, um das Material entsprechend zu disponieren, und daher wird man bei Feststellung des Planes immer gut thun, den Beginn der Transporte nicht auf einen allzu frühen Termin anzusetzen, damit die einleitenden Dispositionen getroffen werden können und die weitere Action ohne Störung sich abwickle. Handelt es sich um Transporte, welche nicht im Kähmen der Mobilisierung liegen, die also zumeist nicht schon im Frieden vorher geregelt werden können, dann ist es unvermeidlich, dass, je nach den concreten Umständen, eine be stimmte Zeit zur Sammlung des Materiales gewährt werde. Immerhin muss aber für die Transportleistungen ein dauernder Contact mit den betreffenden Unternehmungen bestehen, und wir würden es auch nicht für unzweckmäßig er achten, dass, sofeme deren eigene Mittel nicht ausreichen sollten, es ihnen zu überlassen wäre, aushilfsweise andere Schiffe heranzuziehen, beziehungsweise zu chartern, weil die Einheitlichkeit der Leitung und der ganzen Disposition hiedurch wesentlich erleichtert und vereinfacht würde. Einige Dampfer endlich werden während zu Transportzwecken — für den Nächschub sein. Es hängt von den Verhältnissen ab, ob waltung der Flotte übernimmt und daher auch aber als Mercantildampfer, höchstens mit einem an Bord, bestehen lässt.
der ganzen Dauer eines Krieges zu Heer oder Flotte — nöthig man dieselben ganz in die Ver aus deren Reihen bemannt, oder Commissar der Marineverwaltung
489 Für die armierten Cursdampfer bedarf es schon größerer Vorbereitungen. Auf die wünschenswerte bauliche Rücksichtnahme haben wir schon hingewiesen. Hier steht, wie auf allen Gebieten unseres heutigen Seewesens, die Typenfrage in erster Linie. Mit einer Art von Neid blicken wir auf jene längst ver gangenen Zeiten zurück, wo der Schiffstyp einen gewissen unwandelbaren Charakter angenommen hatte und man keinen Zweifel über dasjenige hegte, was richtig war und als richtig galt. Heute, und wohl noch auf längere Zeit hinaus, muss man mit einem Materiale rechnen, welches hinter den Anfor derungen zurückbleibt, ja man wird nicht selten ganz auf die Armierung der erwähnten Dampfer verzichten müssen. Aber gerade darum erscheint es uns besonders nothwendig, diese Angelegenheit genau in Erwägung zu ziehen, um bei allen künftigen Neubauten sofort auch die rationellen Einrichtungen mili tärischer Natur treffen zu können. Man hat ferner zu erörtern, auf welchen Linien in Kriegszeiten die Schiffe armiert sein sollen, wie groß die Zahl der Schiffe sein muss, welche zur Aufrechthaltung dieser Linien erforderlich und daher zur Armierung vorbereitet sein soll. Die Armierung selbst sammt allem Zugehör wird von der Kriegsverwaltung beigestellt, deren Aufsicht auch jene Depots unterstehen, in denen eventuell das bezügliche Material hinterlegt ist. Sobald die Armierung angeordnet wird, treten diese Dampfer in den Auxiliardienst über und führen daher die Kriegsabzeichen. Ebenso wird ihre Bemannung der Flottenmannschaft zugezählt, und es dürfte dies in der Begel umsoweniger Schwierigkeiten unterliegen, als infolge der fast in allen Seestaaten geltenden allgemeinen Wehrpflicht ohnehin die vorhandene Equipage irgend einer Kategorie der Kriegsdienstpflichtigen angehören dürfte. Man wird nur darauf Bücksicht nehmen müssen, auf solchen Dampfern keine Ausländer — höchstens dort, wo klimatische Verhältnisse es im Maschinendienste unerlässlich machen — einzu schiffen. Wird ferner bei der Zusammensetzung der Mannschaft im Auge behalten, dass sich unter derselben wenigstens einige Leute befinden, welche auf Kriegs schiffen gedient und im Artilleriedienste Unterricht erhalten haben, so dürfte es genügen, wenn bei Einschiffung der Armierung, soferne überhaupt noch nöthig, auch einige wenige Leute der Kriegsmarine an Bord kommen. Was den Stab anbelangt, so sollte das Commando derartiger Dampfer nur solchen Officieren anvertraut werden, welche vormals wenigstens einige Zeit in der Flotte gedient haben, oder derselben noch als Reserveofficiere angehören, oder die wenigstens einen gewissen Curs absolvierten, in welchem die unumgänglichsten Kenntnisse praktisch erworben werden können, vor allem in Bezug auf die artilleristischen Vorkommnisse an Bord eines derart armierten Schiffes. Inso weit man diesen Bedingungen nicht genügend zu entsprechen vermag, erscheint es unerlässlich, auf jeden solchen Dampfer im Momente seiner Armierung einen Officier der Kriegsflotte zu geben, welcher den militärischen Theil der Führung zu versehen hat. Es zeigt sich also, wie nothwendig es ist, alle diese Einzel heiten im vorhinein wohl zu regeln und nichts für den letzten Augenblick zu lassen, in dem man gewöhnlich wegen der Fülle heranstürmender N o t wendigkeiten und Bedürfnisse kaum weiß, wo zunächst Hand anzulegeu und wie Bath zu schaffen. Besonders gilt dies aber für die eigentlichen Auxiliarkreuzer. Hier ist planmäßige Behandlung des Gegenstandes unbedingtes Erfordernis. Je nach den verschiedenen Kriegsfällen, mit denen man zu rechnen hat, wird auch der Flottenvertheilungsplan entworfen werden. Darnach ergibt sich im allgemeinen die Ausdehnung des Kreuzerwesens, der Bedarf an Fahrzeugen und inwieweit
490 dieser Bedarf aus dem Stamme der Flotte selbst gedeckt werden kann oder aber die Auxiliarkräfte herangezogen werden müssen. Man wird ferner abwägen, wo man Auxiliarkräfte verwenden kann, und es dürfte hiebei nicht am wenigsten der Umstand in Erwägung zu ziehen sein, ob man den Kreuzerdienst möglichst rasch, mit einem Schlage, an den verschiedenen Punkten activieren will, oder ob die Verhältnisse etwa eine allmählichere Organisation desselben gestatten. Für die Organisation des Kreuzerdienstes wird stets die genaue Kenntnis aller ein schlägigen Verhältnisse auf feindlicher Seite unerlässlich sein, nicht bloß etwa jener Daten, welche sich auf die Vertheilung seiner Streitkräfte beziehen, sondern auch seiner ganzen Verkehrsbewegung und der Ausdehnung, in welcher von ihm die Anwendung des Auxiliardienstes erwartet werden darf. In der Zahl der verfügbaren Kreuzer wird man meistens gebunden sein, selten über einen Überfluss verfügen. Als Kegel empfiehlt es sich, alle Dampfer, welche die Eignung zu Kreuzern besitzen, als solche zu enrollieren. Ein gewisses Manco, sei es wegen Havarien, Reparaturen, unvermeidlicher Abwesen heit, wird sich ohnehin stets ergeben. Die enrollierten Kreuzer übernehmen die Verpflichtung, über Verlangen der Kriegsverwaltung bei Eintritt eines Krieges zur Verfügung zu stehen. In welcher Weise diese Verfügbarkeit geregelt wird, ist eine Sache des Details, und es lassen sich da verschiedene Fälle denken. Wie immer man das privatrechtliche Verhältnis zwischen den Rhedern und der Marineverwaltung auch ordnet, eines bleibt stets Hauptsache, dass die betreffenden Kreuzer den Charakter des Kriegsschiffes für die Zeit ihrer Verwendung als solche erhalten müssen. Die Befehligung eines solchen Kreuzers geht an Officiere der Flotte über. Was die sonstige Bemannung anbelangt, so wird dieselbe stärker sein müssen als jene, welche das Schiff bisher für Handelszwecke hatte, es wird sich aber immer empfehlen, soweit als möglich die bisherige Mann schaft, insoferne derselben eine Dienstpflicht auferlegt werden kann, an Bord zu lassen. Die Ergänzung ist von der Kriegsflotte beizustellen. Nun muss man den Fall besonders vor Augen haben, dass die zum Auxiliardienste enrollierten Kreuzer sich auswärts befinden, und dass es noth wendig oder doch zweckmäßig erscheint, dieselben sofort in Thätigkeit zu bringen. Hat man eine eigene Station in der Nähe, so wird es meist thunlich sein, den Dampfer behufs seiner Metamorphosierung dahin zu beordern. Die Ergänzung der Mannschaft kann dann durch Übernahme von dienstpflichtigen Leuten anderer nationaler Schiffe, womöglich von Schiffen derselben Gesellschaft, welche nicht zum Auxiliardienste berufen sind, bewerkstelligt werden. Letztere Schiffe finden ja viel leichter den Ersatz der entstandenen Lücken. Insolange es nicht möglich ist, den Stab theilweise zu reformieren, muss der bisherige Stab seine Functionen fortsetzen, und daraus folgt die große Wichtigkeit, dass das Commando von solchen Dampfern stets auch in Zeiten des Friedens von Officieren geführt werden sollte, welche der Kriegsmarine in irgend einem Verhältnisse angehören und nach Charge und Dienstzeit die Befähigung zur Übernahme der Führung eines Kreuzers besitzen. Dadurch würde sich der Wechsel in der Commandoführung nicht wenig vereinfachen. Wir sehen schon aus diesen allgemeinen Andeutungen, wie wichtig eine umsichtige Zusammenstellung der Equipagen auf denjenigen Schiffen einer großen Dampfergesellschaft ist, welche für den Auxiliardienst bestimmt sind. Dieser Zusammensetzung muss schon während des Friedens eine unablässige Aufmerksamkeit zugewendet werden, was, wenn man nur mit der richtigen Umsicht vorgeht, nicht allzuschwer sein dürfte. Schließlich liegt es ja im Interesse großer Gesellschaften, einen möglichst großen und festen Stamm
491 von Equipagen zu haben, nicht nur wegen der größeren Verlässlichkeit von Leuten, die in einem mehr dauernden und gesicherten Dienstverhältnisse stehen, sondern auch weil man dadurch den oftmals lästigen Schwankungen entgeht, welche sich aus der fallweisen Heuerung von Schiffsleuten ergeben. Ist aber ein solcher Stamm gebildet, dann kann man darauf Bedacht nehmen, dass der selbe hauptsächlich aus Individuen besteht, welche durch die Schule der Kriegs marine hindurch gegangen sind, und es lässt sich immerhin ein Modus denken, dass man den besonders qualincierten Individuen, um sie an den Dienst auf den Dampfern der erwähnten Kategorie zu fesseln, gewisse Vortheile zusichert, etwa in der Eorm einer Zulage, für welche der betreffenden Gesellschaft viel leicht irgend ein Ersatz geboten werden könnte. Auch die Zusammensetzung des Officierscorps einer solchen Gesellschaft soll in Consequenz der vorher ent wickelten Momente nach gewissen leitenden Grundsätzen geschehen, um einen engeren Nexus zwischen demselben und jenem der Flotte zu erzielen. Ganz allgemeine Grundsätze lassen sich hierüber deshalb nicht leicht aufstellen, weil man den Einrichtungen der einzelnen Staaten Rechnung tragen muss. Immerhin ist aber die Sache von einer solchen Wichtigkeit, dass man sich über gewisse Bedenken hinwegsetzen und nur den Zweck unverrückt vor Augen haben sollte. Bei dem Umstände, als im Frieden doch eine große Anzahl von Seeofficieren in den meisten Staaten am Lande verbleiben muss, könnte es eigentlich nur vom Nutzen sein, wenn man dieselben nach einer gewissen Tour zur zeitweiligen Dienst leistung auf den Schiffen einer nationalen Gesellschaft heranziehen würde, einer seits um überhaupt mehr Verwendung im activen Seedienste zu verschaffen, andererseits um sich mit den Eigentümlichkeiten der eventuell zum Auxiliardienste bestimmten Dampfer vertraut zu machen, sowie auch um die Navigation in Gewässern kennen zu lernen, in welche sie vielleicht an Bord eines Kriegs schiffes selbst kaum gelangen würden. Ferner wird die Anwesenheit solcher Offleiere an Bord auch einen ganz guten Einfluss auf die Strammheit des Dienstes und der Disciplin üben und dadurch der Mannschaft einen festeren Halt bei jenen militärischen Eventualitäten gewähren, denen sie unter Umständen entgegengehen könnten. Abgesehen davon hat ein streng geordneter und gehand habter Dienst auf großen Dampfern einen ganz besonderen Vortheil und trägt nicht wenig zu dem guten Eufe und der Leistungsfähigkeit dieser Schiffe bei. An Bord eines jeden zum Auxiliardienst als Kreuzer bestimmten Schiffes müssen sich ferner jederzeit versiegelte Ordres befinden, die unter strengster Verantwortlichkeit nur über erhaltenen bestimmten Auftrag geöffnet werden dürfen, und in denen alle jene Anordnungen enthalten sind, welche bei Um wandlung des Schiffes zum Kreuzer, sowohl in Bezug auf die Ausrüstung, als auch auf die weitere Verwendung, zu beobachten sein werden. An der Hand dieser Ordres soll der jeweilige Commandant genau wissen, was er in jedem einzelnen Falle zu thun hat, ohne dass es erst weiterer Anfragen bedarf. Es ist selbstverständlich, dass diese Ordres von der hiezu berufenen Stelle in genauer Evidenz zu halten, und auch für deren eventuell nothwendig werdende Erneuerung Sorge zu tragen ist. Insbesondere muss in diesen Ordres auch für den Fall Fürsorge getroffen sein, als ein unter Ladung befindliches Schiff zum Kreuzer dienst übertreten soll. Soll es seine Beise früher vollenden oder soll es dieselbe unterbrechen? Die Frage wird stets in erster Linie darnach zu beantworten sein, an welchem Orte die Ausrüstung des Kreuzers geschieht, und in zweiter Linie, welcher Eayon dem Kreuzer zugewiesen erscheint. Lässt sich damit die Löschung der Ladung in ihrem Bestimmungshafen noch verbinden, so dürfte
492 man kaum Anstand finden, dies zu thun. Mangelt es aber biezu an Zeit, oder würde dadurch die künftige Aufgabe des Kreuzers selbst gefährdet, dann erübrigt nichts anderes, als die eigene Ladung in den nächst erreichbaren Hafen zu schaffen, und dort für deren Weitertransport durch eine andere Gelegenheit Sorge zu tragen. Die dadurch etwa sich ergebenden Ansprüche der Ladungs interessenten müssen selbstverständlich, wenn man nicht schon in dem Connossamente eine fürsorgende Clausel aufgenommen hat, berichtiget werden, und es ist dies einer der Punkte, welche zwischen der Kriegsverwaltung und der Rhedereigesellschaft in vorhinein zu regeln kommen.
* Jede b e d e u t e n d e D a m p f e r g e s e l l s c h a f t verfügt über eine Ver waltungsorganisation, welche die Durchführung aller ihren Dampfern zugedachten Aufgaben wesentlich erleichtert, sobald man nur theils den richtigen Contact zwischen dieser Organisation und den berufenen Organen der Flottenverwaltung herstellt, theils darauf Rücksicht nimmt, class innerhalb dieser Organisation der Platz für die Agenden des Auxiliardienstes gefunden werde. Diese Agenden werden hauptsächlich bei der Construction der Schiffe, bei der Leitung des Personaldienstes und bei der Disposition der Schiffe auf die einzelnen Linien und zu den einzelnen Fahrten zum Ausdrucke gelangen. Von besonderer Wichtigkeit ist jedoch der a u s w ä r t i g e Dienst, über welchen jede solche Gesellschaft verfügt und der namentlich durch das Agenten wesen ein weitverzweigtes Netz darstellt. Bekanntlich haben die Agentien die Geschäfte des Schiffahrtsunternehmens in ihrer Echelle, also die Übernahme und Übergabe der Waren, die Beschaffung von Kohlen und sonstigen Consumartikeln, dann von Proviant, zu besorgen, die Versicherungsgeschäfte zu regeln, die Ab rechnungen und Incassi zu pflegen u. dgl. mehr. Ihre Aufgabe ist es aber auch, genaue Informationen über alle Platzverhältnisse zu liefern und überhaupt innerhalb ihres Bezirkes alle Nachrichten zu sammeln, welche vom Belange für die von ihnen vertretene Gesellschaft sein könnten. Die aus der Art ihrer geschäftlichen Thätigkeit sich ergebende Vielseitigkeit der Verbindungen er leichtert, bei einigem Geschicke, nicht wenig große Orientierung und umfassende Information. Da drängt sich dann der Gedanke von selbst auf, dass diese Agentien gerade für den Kreuzerdienst nach mehr als einer Richtung ausgenützt werden könnten. Wir haben an der vorher schon einmal erwähnten Stelle gezeigt, dass der Kreuzerdienst schon einer eingehenden Vorbereitung und einer stetigen Evidenzthätigkeit bedarf, damit man sowohl über die Verhältnisse der einzelnen Rayons, als auch über die wichtigen Bewegungen der eventuellen Gegner sich stets im laufenden erhalten kann. Ferner muss man auch gewisse Vorbereitungen treffen können, die nicht erst warten sollen, bis die Noth dazu drängt. Für alle diese Dinge lassen sich nun die Agentien einer nationalen Gesellschaft heranziehen, sobald die Bestellung dieser Agentien einen verlässiichen Charakter besitzt. Sie können nach bestimmten Schematas angewiesen werden, in ihren Infurmationsberichten auch Daten aufzunehmen, welche für militärische Zwecke benützt werden, sie können Auskünfte über jene Aufklärungen liefern, welche man zur eventuellen Activierung eines Kreuzerdienstes benöthigt, und durch ihre Vermittlung lassen sich Combinationen einleiten, um die schwierige Nachschub frage, namentlich in Betreff der Kohlen, zu organisieren, ebenso wie das Nach richtenwesen, welches im Kriegsfalle bestimmt ist, die Vermittlung zwischen der
493 heimatlichen Oberleitung und den in den einzelnen Rayons befindlichen Kreuzern zu besorgen. Man sieht, dass es sich hier um mancherlei, und nicht immer einfache Dinge handelt, zu deren glücklicher Lösung aber gerade eine genaue Ortskenntnis, im weiteren Sinne natürlich, erforderlich ist. Es soll nicht gesagt sein, dass die vorerwähnten Agentien vollständig als Organe der Kriegsver waltung, beziehungsweise Elottenleitung aufzutreten hätten, aber sie sollen zur Verfügung stehen, und es wird von der concreten Gestaltung der Dinge abhängen, ob einzelne Agentien directe mit militärischen Organen in Verbindung treten, oder ob die Vermittlung der Centralleitung der Gesellschaft platzgreift, so dass die Agentien nur über deren unmittelbaren Auftrag handeln. Entscheidend hiebei dürften auch die Verlässlichkeit der einzelnen, in Betracht kommenden Personen und der Umstand sein, inwieweit ein Einblick in die Absichten, denen gewisse Maßregeln dienen sollen, sich als zulässig darstellt. Dass man aber des auswärtigen Dienstes einer Gesellschaft sich bedienen könne, beruht auf einer doppelten Voraussetzung, auf einer der betreffenden Gesellschaft auf erlegten Verpflichtung, und auf einer planmäßigen Einrichtung, bei welcher insbesondere in umsichtiger Weise das Nothwendige von dem Unwesentlichen geschieden, jede überflüssige Belastung vermieden, und der Hauptzweck unver rückt im Auge behalten werden muss. Die Agentien sollen im Frieden verlässliche Berichterstatter des maritimen Evidenzbureaus und, wenn auch nicht immer dessen sich bewusste, Mitarbeiter an den Mobilmachungsplänen, im Kriege aber die Commissionare der Kreuzer sein. Und wie viel gibt es in letzterer Beziehung nicht zu thun, wenn die Dinge mit Umsicht und Geschicklichkeit betrieben werden sollen ! Aber auch die Thätigkeit der Agentien bedarf einer vorbereitenden Anleitung und einer steten Oberleitung. Auch hier lässt sich nichts improvisieren, sondern muss alles systematisch durchgebildet werden. Wenn man nun die verschiedenen Leistungen zusammenfasst, welche den Dampfergesellschaften übertragen werden können, so wird man sofort darüber im klaren sein, dass diese Leistungen einen sehr wichtigen Theil des maritimen Wehrwesens repräsentieren, und dass daher diesem Theile eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden ist, zunächst in der Bichtung, dass jeder See staat auf den Bestand einer oder mehrerer derartigen Gesellschaften un bedingten Wert legen muss. Die Zahl der Gesellschaften hängt natürlich auch von der Ausdehnung und den Ansprüchen des Verkehres ab. Große und starke Gesellschaften verdienen jedoch stets den Vorzug. Die Beziehungen, in welche die Staatsverwaltung zu diesen Gesellschaften tritt, können nur rein militärische, sie können aber auch zugleich — und in den meisten Fällen wird das immer zutreffen — commerzielle sein. Die militärische Be ziehung umfasst alle jene Aufgaben, welche wir im vorstehenden skizziert haben. Es wird kaum zu vermeiden sein, dass das betreffende Institut für die über nommenen Leistungen eine gewisse Unterstützung vom Staate schon im Frieden erhält. Dasjenige, was das Institut auf sich nimmt, erspart der Flottenverwaltung viel bedeutendere, dauernde Auslagen. In welcher Weise nun diese Unterstützung Ausdruck findet, hängt von der concreten Gestaltung der Dinge ab und lässt sich nicht in ein allge meines Schema bringen. In der Begel dürfte die Gewährung eines bestimmten Jahreszuschusses die einfachste Form sein, insoweit es sich um Leistungen handelt, welche besonderen Aufwand erheischen. Manche Dinge liegen mehr nur in der Organisation des gesellschaftlichen Dienstes, ohne dass sie eine
494 eigentliche Mehrbelastung nach sich ziehen. Hier handelt es sich also wesentlich um Vereinbarungen über die einfachste und zweckmäßigste Art, um den ge stellten Anforderungen im Rahmen der eigenen Organisation entsprechen zu können. In dieser Richtung wird es namentlich nothwendig sein, dass jedes der artige Schiffahrtsunternehmen am Sitze seiner Centralleitung ein Bureau bilde, dem die Wahrnehmung der militärischen Vorbereitungen oder Leistungen ob liegt, und welches auf der einen Seite mit den betreffenden Organen der Armee- und Flottenverwaltung, auf der anderen Seite mit den verschiedenen Abtheilungen der eigenen Verwaltung die Fühlung herstellt. Dieses Bureau, dessen Zusammensetzung natürlich mit besonderer Sorgfalt zu geschehen hat, bildet also die vermittelnde Stelle und liefert die einheitliche Behandlung der einschlägigen Agenden. Darin liegt der große Vortheil der Dampfergesellschaften, dass sie die Organisation des Dienstes so wesentlich erleichtern und sich in einer gewissen Beziehung als ein Körper zweiter Ordnung an den großen Organismus der Kriegsflotte angliedern lassen. Es versteht sich von selbst, dass man die Auxiliarkräfte nicht ausschließlich nur in diesen Gesellschaften suchen wird, da es ja vorkommen kann, dass entweder einzelne Rheder oder Rhedereien gerade besonders geeignete Schiffe für den Auxiliardienst besitzen, oder aber der Bedarf durch das Material der Gesellschaften nicht gedeckt werden könnte. Aus dem Grunde allein, dass die Schiffe nicht dem Verbände einer Gesellschaft angehören, könnte man wohl nicht auf deren Heranziehung verzichten. Aber es ist doch ganz eine andere Sache, wenn das Gros der Auxiliarkräfte innerhalb eines großen, vielgegliederten Organismus gefunden wird, welcher sich in einem bestimmten Verhältnisse zur Staatsverwaltung be findet, und man nur nebenher vereinzelte Schiffe auch noch in den Dienst nimmt, als wenn man ausschließlich darauf angewiesen ist, mit einer langen Reihe von Einzelrhedern in Verbindung zu treten. Denn hat man es nur mit Einzelrhedern zu thun, so entfällt die Möglichkeit, jenes organische Netz zu schaffen, welches für die Installierung eines rationellen Kreuzerdienstes von Wichtigkeit ist, und man ist überhaupt genöthigt, die zum Auxiliardienst designierten Schiffe vollständig in eigene Verwaltung zu übernehmen, ehe man dieselben irgendwie verwendet. Denn von den Einzelrhedern die von uns angeführte Rücksichtnahme auf die Zusammensetzung der Besatzungen zu fordern, erscheint weder angängig, noch auch leicht ausführbar. Noch eine Frage drängt sich auf, nämlich, ob man die vom verkehrs politischen Standpunkte erforderliche Subventionierung regelmäßiger Dampfer linien mit deren militärischen Obliegenheiten in einen unmittelbaren Zusammen hang bringen oder beide Dinge getrennt nebeneinander behandeln soll. Es ist nämlich ziemlich sicher, dass Gesellschaften, welche zum militärischen Dienste geeignet sind, auch aus Gründen verkehrspolitischer Natur einer staatlichen Unterstützimg fast immer bedürfen werden. Wir erachten eine enge Verbindimg beider Momente nicht für nothwendig, sondern glauben, dass ein doppeltes Ver tragsverhältnis, einerseits militärischer, anderseits commerziell-politischer Natur, nebeneinander bestehen kann, und dass es im Grunde durchsichtiger ist, wenn man die verschiedenartigen Leistungen und Gegenleistungen auseinanderhält, selbstverständlich unter Vermeidung jeder möglichen Differenz. Warum wir uns nun schließlich versagen, die von uns dargelegten Ideen an einem concreten und naheliegenden Beispiele zu illustrieren, dürfte zur Ge nüge begreiflich erscheinen. Wir müssen uns mit dem Hinweise begnügen,
495 dass gerade in Österreich-Ungarn ein großes Institut vorhanden ist, welches zu einer tüchtigen Auxiliarhilfsquelle unserer Seemacht naturgemäß bestimmt, hiezu auch ausgebildet werden kann, wenn man sich planmäßig und zielbewusst jene Voraussetzungen zu schaffen bemüht, auf denen die ausgedehnte und er sprießliche Leistungsfähigkeit beruht. Der Österreichisch-Ungarische Lloyd ist zur Elotte zweiter Ordnung bestimmt; dass er dies auch ganz und vollwichtig werde, möge nicht bloß ein frommer Wunsch bleiben. — B —
Lehren aus den englischen Flottenmanövern. Vortrag, gehalten am 21. Februar d. J. in der Royal United Service Institution, von Contre-Admiral Bichard C. M a y n e der k. britischen Marine 1).
Dieser Vortrag, wie nicht minder die darauf folgende Besprechung des selben, verdient schon wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes, welchen er be handelt, die vollste Beachtung. Im nachstehenden versuchen wir das Wesentliche aus dem Inhalte des Vortrages sowohl, als der Discussion hervorzuheben, insoweit diese beiden das allgemeine Interesse berühren. Der Vortrag zerfällt in fünf Theile: 1. Allgemeines und Material; 2. Personale; 3. Beförderung, Austritt und Pensionen; 4. Instandhaltung der Geschwader und Depots; 5. Administration. Allgemeines und Material. Die unmittelbaren Lehren, welche sich aus den in den letzten drei Jahren durchgeführten Flottenmanövern ergeben, sind — obwohl an und für sich von großer Bedeutung — doch in einem gewissen Sinne geringfügig im Vergleiche zu jenen, welche sich weiters aus denselben folgern lassen. Die Mobilisierung und das darauffolgende militärische Zusammenwirken der Schiffe während der Übungen zeigten nur die Leistungsfähigkeit des Materiales und Personales des in den heimischen Gewässern befindlichen Theiles der Flotte. Das Besultat war, dass das Personale, insbesondere die jüngeren Officiere, sich als auf der Höhe ihrer Aufgabe stehend erwiesen, dass aber die Mehrzahl der Schiffe gerade in jenen Eigenschaften nicht entspricht, welche in einem wirklichen Kriege verlangt werden. Der Vortragende findet die Ursache dieser letzteren Erscheinung in dem Mangel an Stetigkeit seitens der obersten Leitung in Bezug auf Constructionspläne und deren Ausführung, in dem offenbaren Absein bestimmter Ideen betreffs dessen, was noth thut; in der unbedachten Annahme fremder Ansichten; in dem Versuche, ein und dasselbe Schiff den verschiedensten Zwecken dienstbar zu machen, und schließlich in einer falschen
1) „Journal of the Royal United Service Institution". Vol. 34, Nr. 152.
496 Sparsamkeit, welche ein „Mehr von wenigen Tausenden" scheut, um ein sonst gutes Schiff durchaus leistungsfähig zu machen, wie dies z. B. bei den Schiffen der Admiralsclasse vorgekommen ist. Die Flottenmanöver hatten ferner das G-ute, dass sie Veranlassung waren, den Fragen der Kriegführung größere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Es offen barte sich die ungeheuere Wichtigkeit der Kohlenfrage und zweckentsprechender Communicationsmittel zwischen den Schiffen der Kriegs- und Handelsmarine, zwischen Kreuzern und Landstationen, und zwar bei Tag und Nacht. Die Zahl der Officiere vom Lieutenantsrang und jene der Heizer zeigte sich als ungenü gend. Durch diese Manöver wurde die Unwirksamkeit — vielmehr Unbrauchbarkeit — der gewöhnlichen Torpedoboote als Begleiter von in hoher See operierenden Flotten dargethan, so nützlich sie auch bei Angriffen auf eine blokierende Flotte und für die Hafenvertheidigung sein mögen. Die Officiere gewannen durch die Manöver binnen wenigen Wochen nach gewissen Richtungen mehr Erfahrung, als sie während eines dreijährigen Auf enthaltes auf auswärtigen Stationen hätten erlangen können. Die Flottenmanöver dürften auch beigetragen haben, zwischen der Kriegs und Handelsmarine engere Beziehungen herzustellen, was für einen künftigen Kriegsfall von größtem Belang sein muss. Nicht der geringste Nutzen der Flottenmanöver ist aber der, dass sie die Aufmerksamkeit des Publicums auf die Kriegsmarine lenkten und das allgemeine Interesse für dieselbe wach riefen. Dies sind die Lehren, welche sich aus den Flottenmanövern für die Officiere im allgemeinen und für das Publicum ergaben; es ist jedoch wohl mit Sicherheit vorauszusetzen, dass sie nichts Neues boten für jene, welche die Verantwortung für die maritime Vertheidigung des Königreiches tragen und gewiss einen Kriegsplan vor sich haben, der ihnen als Richtschnur ihres Vorgehens dient. Der Vortragende nimmt nun an, ein Höchstcommandierender übernehme, in voller Kenntnis der modernen Bedürfnisse einer Seemacht, die oberste Leitung der Kriegsmarine, mit weitestgehenden Vollmachten ausgerüstet und unbehelligt von kleinlichen Geschäften, welche derzeit dem „Ersten See-Lord" die Zeit rauben. Er wird drei Punkte ins Auge zu fassen haben, nämlich: 1. was ihm an Personal und Material dermalen zugebote steht; 2. was noch mangelt, um ihn in den Stand zu setzen, die Küsten und maritimen Interessen Englands gegen irgend eine wahrscheinliche Verbindung anderer Mächte zu vertheidigen, und 3. ob das bestehende Verwaltungssystem nach jeder Richtung hin derart sei, um die Hilfsquellen des Reiches voll zu verwerten. Hiebei muss er von Kriegsplänen ausgehen, welche auf den verschiedenen Allianzen anderer europäischer Mächte für und gegen England basieren. Im Besitz der Mittel, sich genaue Kenntnis der fremden Marinen zu verschaffen, wird ihm dies in Bezug auf die Schlachtschiffe und ihre Begleiter nicht allzu schwer fallen, wenn auch die maritimen Operationen immerhin problematischer Natur sind, und auf ausgiebige Reserven Bedacht .genommen werden muss. So wichtig auch Kreuzer und der Schutz des Seeverkehres sind, so kommt doch vor allem die Schlachtflotte in Betracht zu ziehen; denn die Folgen einer verlorenen Schlacht für das Land erscheinen unabsehbar. Den Schiffsstand der Kriegsmarine nach einem numerischen Vergleich mit dem Stande anderer Marinen zu bemessen, ist trügerisch und zeigt von einer Misskennimg der strategischen Erfordernisse des modernen Seekrieges.
497 Wenn auch die Größe der maritimen Streitkräfte der muthmaßlichen Alliierten und Gegner einen wichtigen Factor für die Bemessung der eigenen abgibt, so hängt doch die S t ä r k e d e r e i g e n e n S e e m a c h t in erster Linie von der „zu l e i s t e n d e n A r b e i t " ab. Fixe Vertheidigungswerke sind nur dazu gut, Häfen und Werften gegen Überfälle zu schützen ; eine Invasion oder einen Angriff auf englische Häfen durch mehr als ein fliegendes Geschwader ist hingegen, wie ein Blick in die Geschichte erweist, unmöglich, insolange Britannien die Herrschaft zur See behauptet. England muss daher über eine so große Flotte verfügen, dass der Eeind nie darauf rechnen kann, zu irgend einer ernsten Unternehmung die erforderliche Zeit zu besitzen, ohne von über legenen Kräften angegriffen zu werden. Es ist nicht zu übersehen, dass für Continental Staaten die Niederlage ihrer Flotte nicht jene weitgreifenden Folgen hat, wie für England, welches in seinem Bedarfe an Lebensmitteln und Rohmaterial auf die Seeverbindungen angewiesen ist. Ein Staat, dessen Flotten die See halten müssen, muss eine große Über macht gegenüber jenen besitzen, deren Schiffe und Flotten in Häfen geborgen liegen können und nur dann in See gehen, wenn sich für sie günstige Chancen bieten. Um nun den Umfang der Aufgaben, welche der britischen Marine zu lösen obliegen, und die durch diese Aufgaben bedingte Stärke der Flotte und deren Vertheilung auf die verschiedenen Operationsfelder übersichtlich zur Dar stellung zu bringen, gibt Contre-Admiral May ne in einer Tabelle einen See kriegsplan (Ordre de bataille), welcher auf nachstehenden Annahmen basiert: a) Dass der Krieg mit zwei großen Seemächten ausgebrochen sei, welche über 89 Schlacht- und Küstenvertheidigungsschiffe, .115 Kreuzer, 62 Torpedo schiffe und 104 Torpedoboote 1. Classe verfügen, während England ver einzelt ist; b) dass die feindlichen Flotten blokiert werden sollen; c) dass die Hauptschiffahrtsstraßen officiell festgesetzt sind, jene durch das Mittelmeer aber aufgelassen wird; d) dass die großen Handelsschiffe armiert und fähig sind, sich selbst zu vertheidigen ; e) dass die Kohlenstationen und commerziellen Depots in Vertheidigungsstand gesetzt sind, und zwar durch unterseeische Minen, durch mit Schnell feuer- und 6" ige Kanonen armierte Erdwerke, durch Torpedoboote u. dgl., durch Dampfjachten (paarweise zu verwenden als Kreuzer), endlich durch ein Küstenvertheidigungsschiff ; f) dass die Kreuzer für 5000 Meilen bei 10 Knoten Fahrt ausreichende Kohlenvorräthe führen ; g) dass alle Commandierenden mit dem .Plane vertraut sind und den selben jährlich, soweit sie es für ausführbar halten, verwirklichen. Die Tabelle hat nachstehende Rubriken, aus denen die Anordnung des Ganzen ersehen werden mag, ohne auf Details derselben näher einzugehen. 1. N a t u r d e r B e s t i m m u n g der S c h i f f e u n d F a h r z e u g e . 2. C o m m a n d e n . a) Ausdehnung derselben von — bis —. Bei den Hauptschiffahrtsstraßen ist deren Länge angegeben, wie weit sie einer gewissen Anzahl Schiffe zur Überwachung zustehen, ferner die Bendezvous-Plätze an den Enden derselben.
498 b) Bezeichnung des Commandos; c) Centraistationen (Operationsbasen). 3. N o t h w e n d i g e S e e s t r e i t k r ä f t e f ü r d i e e i n z e l n e n Com mandos: a) Schlachtschiffe; b) Begleitschiffe; c) Kreuzer; d) Torpedo-Depotschiffe ; e) Kohlen- und andere Schiffe; f) Personal. Als Bestimmung der Schiffe in den europäischen Gewässern werden an geführt: die Blokade der Canalhäfen und Schutz der Schiffahrt im Canal (2 Commandos mit den Operationsbasen Portsmouth und Plymouth); Schutz der englischen Westküsten und der angrenzenden Gewässer (1 Commando, Operationsbasis Belfast); die Blokade der Einfahrt ins Baltische Meer und Schutz der Nordsee (1 Commando, Operationsbasis Leith) ; die Absperrung des Mittelmeeres " und Flankenschutz der Hauptschiffahrtslinie Canal-Azoren (1 Com mando, Operationsbasis Gibraltar). Außerdem sind zwei unabhängige Reserve geschwader (Downs, Milford) bestellt. Für die oceanische Schiffahrt sind 20 Routen angegeben, an welche sich die Handelsschiffe (Dampfer) zu halten haben, wollen sie im Falle der Weg nahme durch feindliche Kreuzer sich nicht jedes Anspruches auf Entschädigung entschlagen. Für den Fall, dass der Suezcanal nicht neutralisiert wäre, sollte noch eine Schiffsabtheilung, mit Aden als Operationsbasis, die Einfahrt ins Rothe Meer Mokieren. Auf diese Art würde die Verbindung Gibraltar-Suez-Perivn mit dem Indischen Ocean bei dem Ausgangs- und Endpunkte gesperrt. Der Vergleich der, zur Bewältigimg der oben angeführten Aufgaben veranschlagten Anzahl Schiffe mit dem gegenwärtigen Effectivstande der Flotte und mit den in Bau begriffenen Schiffen ergibt den noch zu deckenden Bedarf. Dieser tritt besonders bei den Kreuzern und Vedetteschiffen hervor, von welchen je zwei auf ein Schlachtschiff zu rechnen wären, sowie bei den Torpedodepot schiffen, von denen je eines auf jedes Geschwader entfallen sollte. Schnelllaufende Handelsdampfer sind 24 in der Admiralitätsliste ver zeichnet, und es wird angenommen, dass dieselben binnen acht Tagen bereit gestellt werden können. Überdies sind für Transportzwecke 150 Schiffe von mehr als 15 Knoten Schnelligkeit verfügbar, doch hält es der Vortragende für zweifelhaft, ob so viele Schiffe ihrer eigentlichen Bestimmung, Lebensmittel und andere Bedürfnisse Großbritannien zuzuführen, entzogen werden dürfen. Diese Schiffe sollten theils auf Kosten der Eigenthümer, theils auf jene des Staates armiert werden, um sich selbst vertheidigen zu können. Die Declaration von Paris kann hiebei kein Hindernis abgeben, denn kein Document darf der maritimen Vertheidigung Englands und der ununterbrochenen Zufuhr dessen, was zur Erhaltung seiner Bewohner nothwendig ist, im Wege stehen. Die Vertheidigung der Handelshäfen wäre ferner als locale Angelegenheit zu betrachten, und die Regierung hätte nur durch Beistellung von Geschützen, Minen, Munition und Instructionspersonal unterstützend einzugreifen. Ein Hauptgewicht legt Contre-Admiral May ne darauf, dass die Leitung der Vertheidigung jedes Districtes als Ganzes in einer Hand vereinigt sei. Der Redner wendet sich nun den Flottenmanövern der vergangenen drei Jahre zu, und ohne sich in eine nähere Besprechung derselben einzulassen,
499 gibt er in drei Tabellen die jedesmal gestellte Aufgabe der Übungen, die jedes malige Stärke der hiebei verwendeten Geschwader und das allgemeine Resultat eines jeden Manövers. Bezüglich der Stärke der Geschwader verweisen wir auf die in den „Mittheilungen" ) der betreffenden Jahrgänge enthaltenen Darstellungen der Flottenmanöver; hier seien nur die Aufgaben und Besultate angeführt, wie sie der Vortragende in seinen Tabellen verzeichnet. 1887. Aufgaben: 1. Die britischen Kreuzer haben die Fühlung mit einer feindlichen Biotte verloren, welche in der Absicht in See gieng, die englischen Häfen am Canal, an der Themse und an der Westküste zu schädigen. 2. Ein besonderes Geschwader hat den Handelsverkehr zu schützen. 3. Nachtangriffe von Torpedobooten auf Schiffe vor Anker. Resultat: Mangel an Avisoschiffen. Infolge dessen theilweiser Erfolg des Feindes. Die Küstenvertheidigungsflottille in der Zusammenstellung, wie sie war, bietet kein wirkliches Hindernis für einen richtig angelegten feindlichen Angriff. 1888. Aufgaben: Es sind zwei feindliche Geschwader in zwei Häfen zu Mokieren, ehe sie ihre Vorbereitungen vollendet haben. Die Mokierenden Ge schwader haben das Entkommen der feindlichen Geschwader zu verhindern, und für den Bali, als dies nicht gelänge, dieselben zu verfolgen und wegzu nehmen. Besultat: Die Mokierenden Geschwader waren ungenügend stark; es gab vie] zu wenig Avisoschiffe. Unzulänglichkeit der in Verbindung stehenden Küstensignalstationen. 1889. Aufgabe: Die feindliche Flotte ist von einer passenden strategischen Basis aus zu beobachten, indem man durch Avisos deren Bewegungen über wachen lässt. Sich bereit halten, sowie der Feind auslauft, ihm zu folgen und ihn zu zerstören. Schutz der englischen Küste. Resultat: Eine Beobachtung ist nur möglich durch eine sehr große Anzahl von Kreuzern und Avisos. Die Küstenvertheidigungsflottille bot dem Feinde, wie 1887, kein Hindernis. Als die praktischen Lehren der Flottenmanöver führt Contre-Admiral Mayne weiters an : 1. Die officiellen Fahrtangaben sind unverlässliche Daten. 2. Große Fahrt ist ein höchst nothwendiger Factor eines Kriegsschiffes. 3. Das Gleiche gilt von einem lange ausreichenden Kohlenvorrath. 4. Die Unterhaltung eines Geschwaders mit Kohlen und anderen Vorräthen erheischt eine eigene sorgfältige Organisation. 5. Es erwies sich klar, dass die Gesclrwader über zu wenige Kreuzer und Avisos verfügten. 6. Die Handelsplätze können durch passive Vertheidigungsmittel allein nicht geschützt werden. 7. Das Geheimnis, in welches die Bewegungen der Schiffe und deren Ziel gehüllt werden, wäre aufzugeben; jeder Betheiligte soll veranlasst werden, an denselben ein Interesse zu nehmen. Contre-Admiral M a y n e führt nun eine Tabelle vor, welche den voraus sichtlichen Stand der englischen, französischen, russischen, deutschen und ita lienischen Flotte für das Jahr 1894 enthält, in welchem Jahre das britischer1
1) Siehe Jahrgang 1887, S. 703, Jahrgang 1888, S. 655, Jahrgang 1890, S. 65.
500 seits angenommene Programm der Verstärkung der Kriegsflotte realisiert sein sollte ). Dieser Tabelle schließt er zwei andere an, von denen die erste eine Über sicht der Maximalgeschwindigkeiten der englischen Seekriegsschiffe (gebaut und in Bau ), die zweite eine Übersicht der Actionssphäre derselben bei einer Fahrt von 10 Knoten gibt, wie diese durch das Fassungsvermögen der Schiffe in Bezug auf Kohlen bedingt i s t ) . 1
2
3
Küstenvertheidigungsschiffe
2
England
Frank reich
Bussland
Deutsch land
Italien
55 16 123 178
34 22 73 204
11 22 42 117
13 15 32 109
13 4 24 142
)
Geschwindigkeit an der gemessenen Meile
Schlacht schiffe
Kreuzer
Torpedo Küstenkanonen Handels vertheidischiffe boote. gungsBegleit über1000t panzerschiffe schiffe 13
20 Knoten und mehr 1
20 18 17
16 14 12
13 56 22 8 27
33
—
Summe
13
Für die Dauerfahrt in See ist eine um zwei Knoten geringere Fahrtge Mirtgeschwindigkeit anzunehmen.
Actionssphäre bei 10 Knoten
Schlacht schiffe
Kreuzer
KüstenTorpedo kanonen Handels vertheidi gungsboote. schiffe Begleit über 10001 panzerschiffe schiffe 13
15 000 Knoten 10 000 8 000 7 000 6 000 5 000 4 000 3 000 2 000 Unter 2 000 Summe...
— —
— — — 8 3 15 4 1 4 20
2 13 45 6 10 13 8 13 14 2
—
55
126
33
— —
— — 33
—
—
— — — — — —
_3;;—
— —
—
— 2643
Die Angaben dieser Tabelle sind zwar aus officiellen Quellen geschöpft, dürften aber um ein Drittel zu hoch sein.
501 Daten wie sie in diesen Tabellen enthalten sind, wären stets in genauer Evidenz zu halten, und hätten bezüglich Ergänzung des Schiffsstandes und dessen Erhaltung die Richtschnur abzugeben, sowie einmal der richtige Schiffs stand erreicht ist. Die Flotte wird in voller Stärke nur dann erhalten werden, wenn man den thatsächlichen Wert des Flottenmaterials, den Grad der Wert minderung und den sich demgemäß jährlich ergebenden Ersatz richtig ver anschlagt ). Sobald die festgestellte Zahl der Kräfteeinheiten erreicht ist, müssen die selben stets in einem wirksamen Zustande erhalten werden. Wenn ein Schiff abgerüstet wird, so soll es ohneweiters ausgebessert und wieder für den See dienst bereit gemacht werden. Der Vortragende rügt es, dass die abgerüsteten Schiffe aus Mangel an Mannschaften nicht in Stand gehalten werden können, und es daher oft, wenn ein Schiff wieder in Ausrüstung treten soll, Tausende statt Hunderte kostet, um dieselben völlig seebereit herzustellen. Der Comman dierende jedes Districts soll einerseits genügende Mittel zur Instandhaltung der abgerüsteten Schiffe zur Verfügung haben, andererseits hierfür die volle Ver antwortung tragen. Contre-Admiral M a y n e lässt nun seinen Höchstcommandierenden bei erster Gelegenheit sämmtliche in der Heimat befindlichen Kräfte mobilisieren, um in Friedenszeiten die ganze Kriegsmaschine einer Prüfung zu unterziehen. Hiebei wird er sich über die Mängel zu orientieren Gelegenheit haben, welche dieser Maschine anhaften. Es werden die Widersprüche in den Ansichten seinerzeit im Kriegsschiffsbau maßgebender Persönlichkeiten, wie R e e d , B a r naby in den vorhandenen Schiffen zutage treten, und die Gebrechen sich zeigen, welche den verschiedenen Schiffsclassen eigen sind. Die Kreuzer, namentlich jene, welche als Schnelläufer bezeichnet werden, sind infolge ihrer zu geringen Länge und des enormen Gewichtes, mit welchem sie überlastet sind, unfähig eine Fahrt von 14—15 Knoten einzuhalten. Schlachtschiffe tragen einen Panzergürtel in einer Ausdehnung und Stärke, wie sie ihn eben noch zu tragen vermögen; wenn der Panzergürtel doch noch unvollständig ist, so liegt die Ursache in der Unmöglichkeit, den Schiffen noch mehr Gewicht aufzubürden, ohne zu bisher unerhörten Deplacements zu greifen. Wegen des geringen Freibordes am Bug und wegen der ungeheueren Geschütze arbeiten sie schwer und stampfen tief, so dass ihre Zwischendecks unbewohnbar werden. Dies kann im Ernstfalle während einer Jagd und bei oftmaligem Feuern aus den schweren Geschützen in der Kielrichtung, zumal von einem Thurme aus, missliche Folgen haben. Der Höchstcommandierende wird in diesen und anderen Punkten die praktischen Lehren der Flottenmanöver finden, denn, nicht gebunden durch Rücksichten auf den Kohlenverbrauch, geben diese die beste Gelegenheit, die verschiedenen Schiffstypen unter den mannigfachsten Umständen zu erproben. Der Commandierende wird aus diesen Lehren aber auch die Folgerungen ziehen, als da sind: Die in Bede stehenden Schiffe müssen größere Länge haben, um ein hohes Fahrtausmaß einhalten zu können — eine Eigenschaft, die derzeit absolut wesentlich ist. Der Panzergürtel an der Wasserlinie muss in Anbetracht seines 1
1) Nach dem Vorschlage des ersten Lords im Jahre 1887 waren die Auslagen für Ersatz zu 4,%" für gepanzerte Schiffe, für Corvetten etc., 9% für Torpedoboote und b% für Fahrzeuge des Hafendienstes zu bemessen. Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens 1890. Nr. 8 u. 9.
33
502 enormen Gewichtes in Wegfall kommen. Man ist ohnehin darüber nicht einig, in welcher Ausdehnung und wo er angebracht sein sollte ; man zerhaue den gordischen Knoten und lasse den Panzergürtel ganz fallen. Zur Deckung der Maschinen und aller Theile unter Wasser diene ein gewölbtes Stahldeck, dem dreimal soviel Widerstandskraft zugesprochen wird, als senkrechtem Panzer. Dieser letztere hätte nur die Geschützstände, und zwar jene der schweren, wie der leichten Geschütze, zu decken. Die Bewaffnung selbst soll wesentlich vereinfacht werden. Es soll kein Schiff mehr geben, welches ein Dutzend verschiedener Ge schützgattungen an Bord führt, und was die Torpedolancierrohre betrifft, so wäre die Zahl derselben, wenn schon überhaupt solche installiert werden, auf zwei oder drei zu beschränken. Den Maschinen und Kesseln ist viel größerer Baum einzuräumen als jetzt; die bei Kriegsschiffen sich ergebende Notwendigkeit des häufigen Stoppens, Wendens und Rückwärtsfahrens bedingt, dass jeder Maschinentheil viel stärker und schwerer, statt weniger stark und leichter im Verhältnisse zu jenen der Handelsdampfer sei. Für die Kohlen muss ebenfalls mehr Raum gewonnen werden. Was den forcierten Zug betrifft, so wäre er auf großen Schiffen aufzu lassen, und nur auf kleinen Fahrzeugen, wie Torpedobooten, beizubehalten. Auf letzteren werden infolge der geringen Größe der Kessel alle Theile in kurzer Zeit gleichmäßig erwärmt und abgekühlt, bei Kesseln der größeren Schiffe aber nicht, daher letztere Schaden leiden müssen. Masten und Raaen sind überflüssig, daher sind auch Rundholz- und Segelmanöver nur Zeitverlust und durch nützlichere Übungen zu ersetzen. Die Takelage ist während eines Gefechtes eine Gefahr für das Schiff, beim Dampfen gegen den Wind ein Hindernis; durch den Wegfall derselben wird auf den ohnehin überfüllten Schiffen Raum speciell für ein größeres Quantum Kohlen gewonnen. Die Mobilisierungen und Flottenmanöver, bisher auf die heimatliche Küste beschränkt, sollten auch auf die Colonien ausgedehnt werden; auch wären die localen Vertheidigungsmittel der Handelshäfen zu erproben, was bisher ebenfalls nie geschehen ist. Torpedodepotschiffe gibt es, wie früher erwähnt, nur zwei in der Marine; derartige Schiffe, vielmehr förmliche Werkstättenschiffe, um selbst an den Maschinen der großen Schiffe Reparaturen vorzunehmen, sind aber nothwendig, und zwar je ein solches Schiff für jedes Geschwader. Fahrzeuge mit Geschützen armiert, welche mit hoher Elevation feuern können, werden sich in einem Kriege als nützlich erweisen, um in großer Zahl angesammelte feindliche Schiffe in feindlichen Häfen zu delogieren. Ein halbes Dutzend solcher Fahrzeuge nach Art des „Handy" wäre in Bau zu nehmen. In Friedenszeiten könnten dieselben für Artillerie und Minen übungen Verwendung finden. Die Torpedoboote wären auf ihren eigentlichen Beruf, die Hafen- und Flussvertheidigung, zu beschränken. Die Buglancierrohre wären aufzulassen, da es unmöglich ist, auch bei nur etwas Seegang die Deckel derselben zu öffnen, ohne Havarien befürchten zu müssen, und es w ären nur auf Deck backsbare Lancierkanonen aufzustellen. Im Obigen sind allgemeine Ansichten bezüglich des Materiales gegeben; in das Detail einzugehen, würde zu weit führen. Es sei nur noch erwähnt, r
503 dass Contre-Admiral M a y n e sich gegen die riesigen Geschütze ausspricht. Man braucht kein Geschütz zum Durchschlagen eines stärkeren Panzers, als irgend eine andere Nation gebraucht. Ist das Durchschlagsvermögen das Zweifache des Kalibers, so durchschlägt das 9,2"ige Geschütz, mit ein oder zwei Aus nahmen, alles, was an Panzer schwimmt. Kein Geschütz soll an Bord eines Schiffes installiert werden, das nicht im Nothfalle mit Handkraft bedient werden kann. Es ist übrigens klar, dass kleinere Geschütze, abgesehen von dem unge heueren Vortheile des schnelleren Peuerns, leichter herzustellen sind und länger aushalten als große. Für die secundäre Armierung der Schiffe sollen ein oder zwei Typen ausgewählt werden, anstatt der verschiedenen Gattungen, welche sich derzeit an Bord der Schiffe zusammenfinden. Keia Geschütz soll schließlich auf See kriegsschiffe eingeschifft werden, das nicht in allen Details thatsächlich voll endet ist ). Bezüglich der Kohlenvorräthe bemerkt der Vortragende, dass für diese durch größere Länge der Schiffe und durch die Abschaffung der Masten und Raaen zwar Baum gewonnen wird, dass aber, ohne erst andere Vortheile hier aufzuzählen, schon in Anbetracht der Unmöglichkeit, in See Kohlen einzu nehmen, die Möglichkeit der Verwendung „flüssigen" oder „fluiden" Heizmateriales sorgsam in Betracht zu ziehen wäre. Man sagt zwar, dass England durch die Annahme eines solchen Heiz materiales von fremder Zufuhr abhängig würde ; doch zwei tüchtige, wissen schaftliche und praktische Männer empfahlen vor kurzem brieflich dem Vor tragenden dringend den Gebrauch des letztgenannten Materiales. Einer derselben sagt: Wenn es thatsächlich eine stete Nachfrage gäbe, so ist kein Zweifel, dass der Process des „Verkokens", — derzeit sehr verschwenderisch durchge führt — so eingerichtet werden könnte, um statt die Luft zu verpesten, flüssiges Brennmateriale zu erzeugen. Es ist wirklich zu verwundern, dass die so wichtige Frage des flüssigen Brennmateriales nicht mehr Beachtung ge funden hat, als es der Fall ist. 1
Personale. Was das Personale anbelangt, so zollt Contre-Admiral M a y n e den bei den Flottenmanövern der letzten drei Jahre verwendeten Officieren und Be mannungen volles Lob, ist aber dennoch der Ansicht, dass das in England befolgte Erziehungssystem, sowohl betreffs der Officiere als auch der Mann schaften — weil zu verwickelt und über das Ziel hinausgehend — nicht richtig sei. Man verwendet zu viel Zeit auf Schulen, in Collégien und an Bord von Schulschiffen. Es handelt sich nicht darum, Constructeure von Schiffen, Geschützen oder Torpedos zu gewinnen, sondern Männer, welche dieselben zu h a n d h a b e n und voll zu verwerten wissen, deren Nerven zugleich so gestählt sind, dass sie unter den schwierigsten Umständen selbst das größte Schiff richtig zu führen vermögen. Dieses Ziel' ist aber nur zu erreichen durch ständige praktische 1) M a y n e verlangt für die Kriegsmarine ein von der Armee getrenntes Artillerie departement mit einem Civil-Ingenieur an der Spitze.
504 Übung des Personales in ihrem eigentlichen Berufe, und zwar unter allen Ver hältnissen, unter denen dieser zu erfüllen ist. Der Vortragende ist ferner der Ansicht, dass die Ergänzung des Seeofficierscorps durch Aufnahme von Jünglingen zu 16 bis 17 Jahren geschehen solle, welche sich die Grundlage der Erziehung und der allgemeinen Bildung in öffentlichen oder Privatschulen bereits eigen gemacht haben, und dass die bestehenden Marine-Erziehungsinstitute für Knaben aufzulassen seien. Die Aufnahme sollte auch nicht durch Ernennung erfolgen, sondern das Er gebnis einer Prüfung sein, welche vor allem als eine Intelligenzprobe zu be trachten wäre. Die Aufgenommenen wären alsbald einzuschiffen, um in jenem instruiert und gedrillt zu werden, was ihre Beschäftigung durch das ganze Leben hindurch sein wird. Der höhere Unterricht sollte den jungen Officieren nach einer zwei- oder dreijährigen Einschiffung in einem Alter zutheil werden, in welchem die studierende Jugend die Universität zu beziehen pflegt. Der U n t e r r i c h t soll s t e t s d e r d u r c h d a s b e t r e f f e n d e A l t e r b e d i n g t e n g e i s t i g e n P a s s u n g s k r a f t d e r S c h ü l e r a n g e m e s s e n s e i n , und ist es daher principiell zu vermeiden, dass dieselben mit Lehrgegenständen beschäftigt werden, welche das besagte Ausmaß überschreiten. Die Erziehung des Seeofficiers hat aber nicht allein später als jetzt zu beginnen, sie ist auch viel später zu beenden, als es dermalen der Fall ist. Gegenwärtig hat es der junge Officier nicht mehr nothwendig, ein Buch aufzuschlagen, wenn er beiläufig 20 Jahre alt ist. Prüfungen hätten nicht aufzuhören, bis der Bang eines Capitäns erreicht ist. Es wäre ein ähnliches System einzuschlagen, wie jenes der Kriegsschule {Staff college) der Armee, und die Officiere, welche dieselbe absolviert haben — zumal wenn dies mit Erfolg geschehen ist — wären caeteris paribus gegenüber anderen zu bevor zugen, welche die Schule nicht passiert haben. Betreffs der Maschinenleiter spricht sich Contre-Admiral M a y n e dahin aus, dass für dieselben nicht so sehr ein hoher Grad wissenschaftlicher Kennt nisse erforderlich erscheint, als vielmehr praktisches Verständnis. Heutzutage bedarf man der Specialisten mehr als je; es ist aber nicht einzusehen, warum ein Seeofficier, wenn er auf die Erlernung der Maschinenführung ebensoviel Zeit verwendet, als zur Erlernung der Handhabung der Torpedos, nicht voll kommen imstande sein sollte, den Dienst der Maschinisten und Heizer zu überwachen (?). Sein Amt würde sicherlich ebenso nutzbringend sein, wie jenes des Torpedo-Officiers oder des Navigations-Officiers. Der Stab des Maschinenpersonales würde demnach aus einem der Militärbranche (military branch) angehörenden Officier als Maschinenleiter und einem oder zwei gleichen Officieren als Assistenten bestehen. Das übrige Maschinenpersonale umfasste die Maschinenführer (engine-room artificers) und eine An zahl von Unterofficieren — Heizermatrosen verschiedener Grade —, welche dem Dienste im Maschinenräume stets zugewiesen bleiben, wie Artillerie- oder Torpedo-Instructoren etc. ihrem speciellen Fache. Die Ergänzung der für den Dienst im Maschinenräume nöthigen Mannschaft wäre der Schiffsbemannung zu entnehmen, so dass während einer Ausrüstung alle Seeleute derselben den in Bede stehenden Dienst durchmachen. Auf diese Weise würden auch die Heizer waffengeübte Leute sein. Der Vortragende erwähnt hier nochmals des Mangels an Heizern, welcher sich bei den Flottenmanövern herausstellte, und verficht sodann den Grundsatz, dass auf einem Kriegsschiffe jedermann ein „ Combattant" sein soll, um im Kampfe mit-
505 wirken zu können. Der Zahlmeister soll ebenfalls aufhören ein Nichtcombattant zu sein. Ein Schiffslieutenant mit ein paar Unterofficieren als Schreiber hätte diesen Dienstzweig zu übernehmen. Contre-Admiral M a y n e beruft sich diesbezüglich auf die Aussprüche alt gedienter Zahlmeister und Secretare, und auf einen von einem Admiral in der beschriebenen Weise thatsächlich durchgeführten Versuch. Betreffs der Mann schaft bemerkt der Bedner, dass jeder Mann eine gewisse Kenntnis der Ar tillerie, des Torpedos und der Signale besitzen soll, das höhere Wissen aber ausschließlich den Specialisten vorzubehalten sei. In dem Gebrauche der Handwaffen und der leichten Schnellfeuergeschütze, wie auch der gewöhnlichen Signale soll an Bord jedes Schiffes jeder Mann unterrichtet sein. Der Vortragende spricht sich gegen das Überdrillen aus und rügt es, dass das jetzige Schulungssystem einen so langen Aufenthalt im Hafen oder gar am Lande beansprucht.« Ein Matrosen-Kanonier bringt von seinen 20 Jahren nur 7 auf Schiffen in See zu. Contre-Admiral May n e behandelt hierauf das englische See-Reservesystem und die königlichen See-Artilleriefreiwilligen — ein Thema, auf das wir, weil specifisch britisch, nicht eingehen wollen; es seien aus diesem Theile des Vor trages nur einige Stellen berührt, welche von allgemeinerem Interesse sein mögen. Um die Schiffe in Reserve wirklich instand zu halten, beantragt M a y n e , dass dieselben die Hälfte ihrer Mannschaften unter Commando eines Seeofficiers — z. B. des Maschinenraum-Lieutenants — stets an Bord haben sollen. Dieselben Mannschaften können dann, so oft es wünschenswert er scheint, bald an Bord, bald am Lande einexerciert werden. Auf diese Art werden die erwähnten Schiffe in Ordnung erhalten, und wenn es zur Indienst stellung kommt, ist bereits Mannschaft vorhanden, welche das Schiff, dessen Geschütze und Maschinen kennt. Der Vortragende findet einen solchen Vorgang viel ökonomischer, als das Unterbringen der Mannschaften in Kasernen. Über den Signaldienst bemerkt er, dass man die Wichtigkeit desselben in Kriegszeiten nicht hoch genug anschlagen kann. Die Schulung, Löhnung und Stellung der Signalmänner sei noch immer unter jener, welche sie sein sollte. Die Flottenmanöver haben insbesondere die hohe Bedeutung der Signal stationen und ihrer Verbindung untereinander dargethan. Contre-Admiral M a y n e schließt diesen Theil seines Vortrages, indem er es als nothwendig hinstellt, dass alle Streitkräfte, active und jene in Reserve, und alle Vertheidigungswerke einer Küstensection unter einem einheitlichen Commando stehen, und dass den Districts-Commandanten eine Stellung analog jener der Préfets Maritime Frankreichs angewiesen werde. Beförderung, Austritt und Pensionen. Was Contre-Admiral M a y n e über Beförderung, Austritt und Pensionen vorbringt, berührt vornehmlich englische Verhältnisse, kann daher füglich über gangen werden. Instandhaltung der Geschwader und Depots. Auch bezüglich dessen, was der Vortragende über die-Instandhaltung von Geschwadern und Depots sagt, können wir uns kurz fassen. Er betont zu-
506 nächst die Wichtigkeit der Instandhaltung der Geschwader und Depots in Bezug auf Kohlen, Munition und andere Verbrauchsgegenstände. Transportmittel sind zwar reichlich vorhanden, doch müssen rechtzeitig Vorkehrungen getroffen sein, dass die Zufuhr rasch und sicher bewerkstelligt werde. Wie groß der Bedarf im Kriege sein wird, zeigen die Flottenmanöver, während welchen 27 Schiffe zum Transport von Kohlen für die betheiligten Geschwader verwendet wurden. Da in See an das Einschiffen von Kohlen nicht zu denken ist (dies wäre allenfalls bei Verwendung flüssigen Heizmaterials möglich), so müssen sich in See befindliche Geschwader stets in der Nähe ihres Operationsfeldes eines oder mehrerer Punkte am Lande versichern, wo sie ihre Kohlenvorräthe ergänzen können, und auch da handelt es sich darum, dass Einrichtungen auf den Kohlen- und auf den Kriegsschiffen vorhanden sind, um hiefür die kürzeste Zeit zu brauchen. Das mehrmalige Überschiffen der Kohlen wäre hintanzu halten, da Zeit verloren geht und das Material darunter leidet. Kohlenschiffe sollen daher, statt die Kohlen zu landen, um sie dann wieder einzuschiffen, als Magazine dienen. Weiters muss für eigene Munitionstransportschiffe vor gesehen werden. Endlich sollen an den wichtigsten Seeplätzen, wie z. B. Bombay und Gibraltar, Docks bestehen, welche die schwersten Kriegsschiffe aufnehmen. M a y n e berührt nun die Frage der Vertheidigung der Colonien und des Seeverkehres. Bezüglich des letzteren beantragt er, dass für Kriegsfälle die Einhaltung bestimmter Routen obligatorisch gemacht werde, so dass, wenn ein Kauffahrer außer dem Bereiche einer solchen vom Feinde genommen wird, er jeden An spruch auf Entschädigung verliert. Die Zahl der Kreuzer wäre für jede Route nach deren Länge und Be deutung zu bemessen, und zwar hätten leichte schnellaufende Kreuzer in der offenen See, die schweren Schiffe an den Knotenpunkten, in der Nähe der Depots, des englischen Canales und an den sonst vom Feinde meist gefährdeten Punkten, die Überwachung der Schiffahrtswege zu übernehmen. Wenn zudem noch die über 15 Knoten laufenden Handelsdampfer zur Selbstverteidigung ausreichend armiert sind, so ist die Annahme gerecht fertigt, dass es dem nationalen Seeverkehre nicht an wirksamem Schutz ge brechen werde. Schließlich zieht May n e noch den Angriff auf offene Küstenplätze in den Kreis seiner Betrachtungen. Auf derartige Angriffe müsse man gefasst sein; denn wie zu Lande offenen feindlichen Städten Banzionen auferlegt werden, ward dies in einem künftigen Seekriege auch gegenüber offenen Seestädten geschehen. Administration. Im letzten Theile des Vortrages bespricht M a y n e die Administration. Was er hierüber sagt, betrifft vornehmlich die Organisation der obersten Be hörde der britischen Kriegsmarine, der Admiralität; dasselbe kann demnach hier füglich außer Betracht bleiben. Als leitenden Grundsatz hält M a y n e fest, dass Bedingung einer wirk samen Verwaltung die persönliche Verantwortlichkeit und Aufsicht ist. Er empfiehlt möglichst Decentralisation und zugleich Erweiterung der Befugnisse der Commandierenden der verschiedenen Districte.
507 Zum Schlüsse des Vortrages empfiehlt er die Zuweisung des gesammten Verteidigungswesens an der Küste — der activen sowohl als der passiven Defensivmittel — an die Kriegsmarine. Discussion. Aus der dem Vortrage folgenden Discussion sind im nachstehenden jene Partien hervorgehoben, welche — ob für oder gegen — auf das Vorhergehende Bezug haben. Capitan Cleve l a n d spricht sich gegen die Abschaffung der Segel bei Kreuzern aus, da diese oft mit ihren Kohlenvorräthen zu sparen in die Lage kommen. Es werde nicht schwer fallen, mechanische Einrichtungen zu treffen, um Stengen und Kaaen in kürzester Zeit zu streichen und derart unterzubringen, dass sie nicht im Wege stehen und eine mögliche Gefahr für das Schiff ab geben. > Er legt großes Gewicht darauf, dass kein Geschütz an Bord der Schiffe vorhanden sei, welches nicht im Nothfalle mit Handkraft bedient werden könne. Er hält dafür, dass das 12"ige (30,5 cm) 45 ^-Geschütz eine solche Bedienung gestatte, nicht aber das 67 t-Geschütz, welches die schwere Armierung der neuen Schlachtschiffe bildet. Der 38 Vorderlader konnte mit Menschenkraft gehandhabt werden ; es ist daher wohl anzunehmen, dass auch der 4 5 ^-Hinter lader in derselben Weise bedient werden könne. Die Zahl der Geschützgattungen an Bord der Schiffe soll eine beschränkte sein. Dermalen finden sich auf manchen Schiffen 10—12 verschiedene Geschütz gattungen. Mit der fraglichen Zahl wächst der Bedarf an Pulverkammern, und die Verschiedenheit der Vorräthe, und im Palle eines Kampfes die Gefahr der Verwirrung im Munitionstransporte. Als secundäre Armierung sollten nur ein oder zwei Geschütztypen an Bord der Schiffe Verwendung finden. Capitan C l e v e l a n d bringt als solche die 4,7"igen und 6"igen Schnellfeuerkanonen in Vorschlag. Es ist ferner dringend geboten, dass das gesammte Geschützmateriale früher durchaus erprobt worden sei, ehe es an Bord der Seekriegsschiffe in stalliert wird ; denn diese letzteren dürfen nicht als Versuchsschiffe behandelt werden. Was die Verwendung von Handelsdampfern im Kriege als Kreuzer be trifft, so theilt C l e v e l a n d die Ansicht M a y n e s , dass es ein Fehler wäre, dies zu thun, da dem Seehandel hiedurch große und schnelle Dampfer entzogen würden ; dieselben wären aber zu armieren, um sich vorkommenden Falles selbst zu schützen. Bezüglich des Seekriegsplanes (Ordre de bataille), wie ihn M a y n e ent worfen hat, bemerkt er, dass es auf diesem Wege allein möglich ist, die Zahl und Natur der Schiffe festzustellen, deren man im Kriege bedarf. Bedner ist gegen die Installierung, von Torpedorohren über Wasser an Bord von Schlachtschiffen; solche wären nur auf gewissen Schiffen in Gebrauch zu nehmen. Fahrzeuge mit Geschützen, welche mit hoher Elevation feuern, werden von großem Vortheile sein; derartige Geschütze schweren Kalibers, auf möglichst kleinen Fahrzeugen installiert, werden sehr gute Dienste thun. Der Bedner stimmt dem zu, was M a y n e bezüglich der Erziehung des Personales und bezüglich der Reserveschiffe sagt, und theilt dessen Meinung, dass es an B o r d d e r K r i e g s s c h i f f e n u r C o m b a t t a n t e n g e b e n d ü r f e .
508 Admiral B o w d e n - S m i t h , von den Lehren ausgehend, welche sich aus den Flottenmanövern direct ergehen, hebt vor allem den Wert der Schnelligkeit und großer Kohlenvorräthe hervor. Er zählt mehrere Schiffe auf, welche sich in der fraglichen Beziehung während der besagten Manöver so unzureichend erwiesen, dass sie nur zum Schutze von Häfen und als Mutterschiffe von da selbst stationierten Torpedobooten verwendbar sind. Dieselben sind auch nicht als Küstenvertheidigimgsschiffe im weiteren Sinne brauchbar, da sie nicht einmal einen Feind von der Küste weg verfolgen dürfen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen ohne Kohlen zu bleiben; Küstenvertheidigungsschiffe müssen aber schnell sein, um sich rasch an einem bedrohten Punkte sammeln zu können, und um, an Ort und Stelle angelangt, noch für ein paar Tage genügendes Heizmateriale zu besitzen. B o w d e n - S m i t h bespricht das Signalwesen und betont die außerordent liche Wichtigkeit desselben im Kriegsfalle. Die Schiffe verfügen noch gegen wärtig über zu wenige geschulte Signalmänner. Bei den letzten Manövern hatte ein 4 0 0 0 T-Kreuzer nur e i n e n solchen an Bord, und es war eine große Sorge für den Commandanten des Schiffes, diesen einen dienstfähig zu erhalten. Die Armee verwendet viel mehr Aufmerksamkeit auf das Signalwesen; da gibt es für dasselbe einen Inspector und einen Inspectors-Assistenten. Es wäre zu empfehlen, dass auch in der Marine einem Capitan oder Commander die Überwachung und Pflege des gesammten Signalwesens als specielle Obliegenheit zugewiesen würde. Auch die Signalcommunication mit der Armee ist nicht außer Augen zu lassen. Ein Hauptvortheil der Flottenmanöver ist der, dass sie einerseits eine große Anzahl Officiere in Contact zueinander bringen, andererseits ihnen Ge legenheit bieten, Schiffe im Flotten- und Geschwaderverbande manövrieren zu sehen, und das Verhalten der neuen Schiffe unter ähnlichen Umständen von Wind und Wetter zu beobachten und zu studieren. Bezüglich der Erziehung des Personales ist B o w d e n - S m i t h nicht mit M a y n e einverstanden. Wenn auch das Alter von 1 3 Jahren für den Eintritt in den Seedienst zu gering sein mag, so ist doch zu erwägen, dass das Leben eines Seeofficiers ein unnatürliches ist, es sich daher um eine möglichst frühe Angewöhnung an dasselbe handle. Admiral Michael S e y m o u r eröffnet seine Bemerkungen mit der Constatierung der Thatsache, dass er während seines Verweilens im Stillen Ocean, welche Station immer als eine solche gerechnet wird, wo Segel nothwendig sind, außer als Exercitium kaum Segel setzen ließ, und dass er es für besser befunden hätte, ohne dieselben zu sein. Zum gleichen Schlüsse seien auch die Schiffscommandanten gelangt, welche die Inseln des Stillen Oceans umschifften. Er spricht dann über Administration und über Kreuzer. Was er über Administration sagt, kann füglich wegbleiben; bezüglich dessen, was er über Kreuzer vorbringt, sei hervorgehoben, dass er die Nothwendigkeit betont, Schiffen, welche schnell laufen und imstande sein sollen gegen Wind und See ein relativ hohes Fahrtausmaß zu erzielen, große Länge zu geben. Es gibt verschiedene Einwendungen dagegen, unter diesen in erster Linie die, dass hierdurch die Manövrierfähigkeit beeinträchtigt werde. Doch ist that sächlich in der fraglichen Beziehung wenig Unterschied zwischen einem Schiffe von 3 0 0 ' ( 9 1 m) und 4 0 0 ' ( 1 2 2 w) Länge. So wende der ANSON innerhalb desselben Raumes, wie der MINOTAUK. In der Wirklichkeit handelt es sich
509 da nicht um die Frage größerer oder geringerer Steuerfähigkeit, sondern um eine Geldfrage. Auch S e y m o u r widerspricht der Ansicht M a y n e s bezüglich des Ein trittes in die Marine, indem er von einer offenen Ausschreibung (Competition) nichts wissen will, sondern für die Ernennung eintritt, welche den alten Tradi tionen entspricht und der Marine die Bürgschaft bietet, dass sich unter ihren Officieren nur geborene und erzogene Gentlemen befinden. Capitan L o n g macht darauf aufmerksam, dass früher die Meinung ge herrscht habe, ein Kriegsschiff habe nur für kurze Zeit und relativ selten mit Vollkraft zu fahren. Diese Ansicht haben die Flottenmanöver als falsch und unhaltbar erwiesen. Admiral S e l w y n stellt in die vorderste Beihe der Eigenschaften, die ein Kriegsschiff besitzen soll, große Geschwindigkeit und das Vermögen, lange die See zu halten; beides wird aber durch die Leistungsfähigkeit des Heizmateriales bedingt. S e l w y n erinnert nun an seine eigenen Studien und Versuche, welche er anstellte, um das richtige Heizmateriale zu finden, und um zu zeigen, dass nicht nur neue Schiffe durch ein solches die obigen Eigenschaften erlangen können, sondern auch veraltete Schiffe, wenn sie nicht bereits in einen Zu stand gerathen sind, welcher sie dem alten Eisen gleich stellt. Segel sollten für die Schulschiffe und Schiffe mit einer Schraube bei behalten werden. Bedner ist für die Auflassung der freiwilligen Matrosen kanoniere. Die Torpedoboote und Torpedos werden nach der Ansicht W i l l e s , im Offensivkriege keine wichtige Bolle spielen. Auf Schiffen werden Torpedos nur unter Wasser zu verwenden sein; dieselben über Wasser unter dem Feuer der Schnellfeuergeschütze zu gebrauchen, scheint dem Bedner absurd. Er fragt: „Wo ist die Ramme?" — „Sie ist gegangen" lautet seine Antwort. Auch der Torpedo hat an Wichtigkeit verloren, und das Geschütz ist mächtiger geworden, als je zuvor. Bezüglich Erziehung und Heranbildung eines Nachwuchses für das Officierscorps ist er für Aufrechthaltung des Naval-College. Capitan John H o r n b y betrachtet die militärische Ablichtung der Heizer nur dann am Platze, wenn sie jung in den Dienst treten und während der Zeit, als sie in Kasernen für die Einschiffung bereit gehalten werden. Er spricht sich gegen die Auflassung der Zahlmeister aus, deren Amt ein eigenartiges ist, und daher auch einer besonderen Einschulung bedarf. Admiral B o y s erklärt die Matrosenkanoniere für nothwendig. Allerdings soll jeder Matrose auch ein Geschützkundiger sein; dies ist aber in der Praxis undurchführbar; nicht jeder Seemann kann den erforderlichen Grad der Aus bildung erreichen. Die Gegner dieser Institution verlangen auf der anderen Seite Vormänner für Geschütze, Thürme und Schnellfeuerkanonen, und fordern Instructoren der Artillerie und der Handwaffen, als wenn dies etwas anderes wäre, als Matrosen kanoniere! Man sagt, dass die Matrosenkanoniere zu lange im Hafen gehalten und zu Diensten verwendet werden, die ihrer Bestimmung fern stehen. Dieselben sollen nach zurückgelegtem Unterrichtscurse, sei es auf dem EXCELLENT oder CAMBEIGDE oder in Kasernen, ihrer weiteren praktischen Ausbildung obliegen. Nur wirkliche Seeleute sollen zu Matrosenkanonieren herangezogen werden. Mannschaften der in Bede stehenden Classe sind unentbehrlich, welchen
510 Namen man ihnen immer beilegen mag. Wenn in Friedenszeiten auch mehr verfügbar sind, als man benöthigt, so ist zu bedenken, dass ihre Zahl sich im Kriegsfalle nicht leicht als zu groß erweisen wird. Speciell auf den als Kreuzer verwendeten Handelsschiffen werden derlei Leute als Greschützvormänner und Instructoren gute Dienste thun. Mit dem, was Contre-Admiral M a y n e über Ergänzung des Seeofficierscorps sagt, erklärt sich Admiral B o y s zum großen Theile einverstanden, indem er der Ansicht ist, dass der Staat nur für den fachlichen Unterricht zu sorgen habe, und kein Knabe in die Marine vor 1 6 Jahren aufzunehmen wäre. In früheren Zeiten musste angesichts der Mühseligkeiten, welche das Leben an Bord mit sich brachte, daran liegen, die Knaben möglichst frühzeitig in den Seedienst einzuführen; heutzutage fehlt ein derartiges Motiv. Admiral S t e w a r t hält dafür, dass die Kreuzer, soweit möglich, die Eigenschaften der großen Oceandampfer haben sollen. Alle anderen Schiffe dieser Classe, welche dieser Bedingung nicht entsprechen, wären nur zur Küstenvertheidigung zu verwenden. Während der großen Seekriege zu Ende und am Beginn unseres Jahrhundertes waren es die britischen Kreuzer, welche für England den Seeverkehr und hiemit auch die finanziellen Quellen zur Fortführung des Krieges offen erhielten. Die Torpedo-Lieutenants sollen die Kenntnisse eines Torpedo-Ingenieurs besitzen, daher auch die Zeit des Unterrichtes und der Ausbildung derselben diesem Erfordernisse angemessen sein muss. Bezüglich der militärischen Schulung der Heizer führt er als Beispiel der Zweckmäßigkeit an, dass vor Sebastopol die 10"igen Geschütze des FIEEBEAND theilweise von Heizern bedient wurden. Betreffs der Küstenvertheidigung äußert er sich dahin, dass, insolange es nicht Pflicht eines jeden geworden ist, welcher dem seemännischen Berufe angehört, sich an derselben zu betheiligen, er nicht einsehe, wie deren Organi sation jemals eine solche sein könne, als sie sein sollte. Lieutenant B a d e n - P o w e l l kommt auf die Pariser Declaration zu sprechen, welche er als ein Hindernis betrachtet, dass sich im Kriegsfalle die ganze Nation als ein kriegsbereites Seevolk erhebe. England habe demnach von der selben zurückzutreten. Er ist für Beibehaltung der Besegelung auf Kreuzern, um Kohlen zu sparen. Im Bedarfsfalle gibt es Mittel, das Eundholz und die Stengen rasch zu streichen. Übrigens haben die Kreuzer nicht die Bestimmung gegen Schlacht schiffe, sondern gegen ihresgleichen zu kämpfen. Bezüglich Erziehung und Unterricht rindet er, dass man gegenwärtig zu weit gehe ; das Erste, was vom Seeofficiere zu verlangen ist, sei, dass er Schiff und Boot zu handhaben wisse. S e l w y n bespricht den Unterschied zwischen dem „liquiden" Heizmaterial M a l e t ' s und dem „fluiden" Heizstoff, wie er denselben anwendet, indem er mit und neben dem Heizmaterial Gase verbrennt. Er nennt seinen Heizstoff „fluiden", weil Gase zu den Fluida zählen, aber nicht alle Flüssigkeiten Gase liefern. Durch Destillierung von Kohle ein Heizöl zu gewinnen ist eine gute Idee, wenn eben nichts Besseres erreichbar ist; doch zunächst hat England in dem Schieferthonfeld unter der Lasel Portland einen Vorrath, der für die nächsten hundert Jahre für die Flotte ausreicht, da es 6 0 — 1 2 0 Gallonen ( 2 7 2 — 4 5 4 / )
511
Öl pro Tonne ergibt. England besitzt überdies noch ein anderes derartiges Lager, welches 6 7 0 ' ( 2 0 4 m) dick und 1 0 Meilen breit quer durch dasselbe bis zur Küste von Norfolk zieht, und mehr Heizmaterial enthält, als alle seine Kohlenfelder zusammen. Um auf die Flottenmanöver zurückzukommen, so ist Schnelligkeit wider spruchslos einer der ersten Factoren ; ohne Schnelligkeit und ohne das Vermögen lange die See zu halten ist es thöricht, eine Flotte nach der Größe der Schiffe, der Zahl der Geschütze oder nach sonst einem Maßstabe zu classificieren. E i n schlechter Laufer oder e i n Schiff mit zu geringem Heizvorrathe vermindert die Fahrtgeschwindigkeit der ganzen Flotte zu jener des langsamen Schiffes. Die in Eede stehenden Eigenschaften sind daher bei Classificierung der Schiffe als entscheidende zu betrachten. Wenn ein Admiral eine Aufgabe zu vollführen hat, so muss ihm eine Flotte zur Verfügung stehen, mit welcher er dieselbe zu vollführen imstande ist, seine Flotte darf nicht ein Gemisch von Schiffen der verschiedensten Classen sein. Die Manöver hängen überdies theil weise auch davon ab, ob alle Schiffe Ein- oder Zweischrauber sind. Die Frage, ob Panzergürtel oder nicht, lässt sich nur auf e i n e m Wege lösen : den möglichen Folgen von Treffern an der Wasserlinie muss durch eine Vervollkommnung des Bewegungsapparates vorgebeugt werden. Ist diese erreicht, und vermag man, weil geringer Baum erforderlich ist, jede beliebige Anzahl von Maschinen unterzubringen, so bedarf man auch der Segel nicht mehr, welche derzeit noch das einzige Hilfsmittel für den Fall bieten, als die Maschinen havariert werden ; denn es ist nicht wahrscheinlich, class bei 6 Paar Maschinen alle gleichzeitig versagen. Unleugbar ist die Dampfturbine die Maschine der Zukunft. Wenn die Zahl der Umdrehungen pro Minute bis auf 1 2 0 0 0 gebracht wird, was jetzt der Fall ist, so hat man auch das wahre Mittel zur Fortbewegung und zum Pumpen zu gleicher Zeit gewonnen. Der Panzergürtel kann bis zu einem gewissen Grade durch eine Zellenconstruction ersetzt werden, doch diese, zu weit getrieben, wird ein Hindernis für die Communication auf den Schiffen. Der forcierte Zug ist einer der größten ökonomischen Fehler, die je gemacht worden sind, und zugleich eine sehr große Gefahr, wie der Fall auf der BARRACOUTA zeigt. Es ist bekannt, dass, wenn 9 — 1 3 Theile atmosphärische Luft sich mit einem Theile brennbarer Gase mischen, ein explosives Gemenge entsteht, dessen Bildung nicht verhindert werden kann, da man die richtige Menge Luft, welche bei der Verbrennung zutreten soll, nicht zu controlieren imstande ist. Masten und Baaen erachtet Admiral S e l w y n derzeit für nicht entbehrlich. Man hat zwar zwei Schrauben und zwei Paar Maschinen; doch ist immerhin die Möglichkeit denkbar, dass alle undienstbar werden; auch liegt der Fall nahe, dass die Kessel Havarien erleiden. Es muss daher für derartige Ereignisse auf irgend eine Weise vor gedacht werden. Bezüglich des Personales und der Erziehung sagt der Bedner, dass der Seekriegsdienst mehr und mehr eine specielle Profession geworden ist, und die Seemannschaft allein nicht ausreicht, um für den Seekriegsdienst zu genügen. Die zu diesem Dienste erforderlichen Kenntnisse erstrecken sich auf ein so weites Feld, dass man die bisherige Eintheilung derselben wohl wird verviel fachen müssen.
512 Was die Einreibung der Heizer unter die Combattanten betrifft, so ist die Thatsache nicht zu übersehen, dass ein Theil derselben — manchmal alle — bei den Feuern sein muss. Übrigens wird man bei Verwendung des von S e l w y n geplanten Heizmateriales gar keine Heizer mehr brauchen. Admiral Sir Georg W i l l e s meint, dass die Flottenmanöver sich als einen Erfolg erweisen; doch sollten in der Zukunft die Jagd auf Handelsschiffe und die Überfälle von Städten unterbleiben, denn hiedurch wird die ganze Sache ins Lächerliche gezogen. Die Flottenmanöver haben übrigens auch ihre Schattenseite, indem während derselben für die Exercitien und taktischen Übungen keine Zeit übrig bleibt, und die Mannschaften nichts anderes zu thun haben, als Kohlen einzuschiffen. Die See- und Kriegsbereitschaft der Schiffe ist derzeit unvollständig. Der einzige Weg zu derselben zu gelangen ist, die Schiffe nach den Manövern alsbald zu reparieren; der Commandierende des betreffenden Districts soll sodann die Verantwortung für die Instandhaltung zu tragen haben. Für jedes Schiff wären Depotmannschaften mit einer entsprechenden Anzahl von Officieren aus zuwählen. Diese Mannschaften hätten morgens an Bord geführt zu werden, und nach den Geschützen, Maschinen u. s. w. zu sehen, und abends in die Kasernen zurückzukehren. Admiral Sir George T r y o n bemerkt betreffs der Flottenmanöver, dass es sich für die hieran Betheiligten nicht um Fragen der Erziehung, der Seereserve u. dgl. handelte, sondern darum, von dem gegebenen Materiale den besten Gebrauch zu machen. Allerdings machten sich mancherlei Bedürf nisse geltend, weshalb auch Anlass zu mehrfachen Anfragen und Ansuchen geboten war. Bezüglich der Heizer hat die Admiralität Vorsorge getroffen, dass es in Zukunft nicht an geeigneten Heizern fehle. Auf jene der Handelsmarine ist aber nicht zu zählen, da in dieser Beziehung auch dort Mangel an tüchtigen Kräften herrscht. A d m i r a l T r y o n t r i t t d e r B e h a u p t u n g : „die B a m m e und der T o r p e d o seien a b g e t h a n " , mit a l l e r E n t s c h i e d e n h e i t entgegen. Als die seinem Commando unterstellten Officiere in seiner Cabine zur Berathung versammelt waren, wurde der Umstand besprochen, dass einige Schiffe nur vier schwere Geschütze führen, und dass sich daher leicht der Fall ereignen könne, dass eines, zwei oder mehrere derselben außer Gefecht gesetzt werden. Für einen solchen Fall waren alle der einen Meinung, dass man die volle Aufmerksamkeit dem Gebrauche der Ramme zuwenden müsse, und es ist wahr scheinlich, dass derjenige, welcher auf die Ramme die Entscheidung legt, eher den Erfolg für sich hat, als derjenige, der je nach den Umständen das Geschütz, die Ramme oder den Torpedo verwenden will. Torpedos sind nothwendig, schon aus der einen Ursache, weil sie das beste Gegenmittel gegenüber der Ramme sind. Jeder der drei Waffen, Geschütz, Ramme und Torpedo, fällt eine ihr eigenthümliche Rolle zu. Im weiteren bespricht T r y o n die Verhältnisse der britischen Seereserve, daher wir ihm nicht weiter folgen. Capitan J a c k s o n kommt unter anderen auch auf die Flottenmanöver zu reden, und bezeichnet manche Vorgänge im Verlaufe derselben als absurd und als Ereignisse, die im wirklichen Kriege nie vorkommen werden. So z. B. meint er von der Unternehmung I r v i n e s nach der Themse, dass sie mit so geringen Kräften, als er zur Verfügung hatte, zwecklos war. Die Fortification en kamen
513
gar nicht in Betracht, und so konnten die Torpedoboote Bigeon-House-Fortpassieren und bei hellem Tage die Schiffe bei Dublin zerstören. Er betont die Wichtigkeit des Geschützfeuers mit hoher Elevation. Es gab keinen Seekrieg, in welchem nicht Küstenbefestigungen Angriffsobjecte waren, und eben da erwies sich diese Art des Feuers als erfolgreich. Er verweist auf die Bolle der Mörserboote im russischen Kriege und auf die Kämpfe des Admiral P o r t e r auf dem Mississippi. Der von M a y n e erwähnte HANDY entspreche aber nicht seiner Bestimmung, denn er bietet keine ruhige Plattform. Schließlich macht er darauf aufmerksam, dass die Aufgaben der Kreuzer derartige sind, um an ihre Commandanten höhere Anforderungen zu stellen, als an jene der Schlachtschiffe. Demgemäß wäre auch bei der Wahl der ersteren vorzugehen. Die folgenden Bedner, Lieutenant Cab o r n e B. N . G. und Contre-Admiral Brine, behandeln die Frage der Seereserve. Mr. O l d k n o w , Flotteningenieur, bespricht die Flottenmanöver vom Stand punkte des Maschinen-Ingenieurs. Die erste Lehre ist, dass die Kreuzer um 4 Knoten gegen die angenommene Geschwindigkeit zurückblieben. Die Ursachen hievon sind außer der von Contre-Admiral M a y n e angegebenen, nämlich zu geringe Länge, noch die, dass sie in Wirklichkeit nicht die nominelle Pferdelcraft haben, die ihnen gegeben wurde. Man kann ebensogut das Geld in die Themse werfen, welches in der zur Erzielung einer Fahrt von 1 9 Knoten auf der gemessenen Meile nothwendigen Pferdekraft verausgabt wurde, wenn im activen Dienste 1 5 Knoten das Höchste ist, was erreicht wird. WAESPITE entwickelte während einer Jagd von 1 4 Stunden im Durch schnitte eine Geschwindigkeit von 1 5 Knoten. Ferner war der Stand der Heizer dieses Schiffes beim Auslaufen von Chatham zu den Manövern um 30% geringer, als der vorgeschriebene, und die verfügbaren Heizer waren schwache, zu nichts verwendbare junge Leute. Als WAESPITE nach einer kurzen Campagne wieder in Chatham einlief, befanden sich dessen Maschinen in einem schrecklichen Zustande, und dies aus der alleinigen Ursache, weil zu wenig fachkundige Leute zur Bedienung der Maschinen vorhanden waren. Ein anderer Umstand, der sich bei den Manövern sehr bemerkbar machte und nicht übersehen werden darf, ist die starke Anhäufung von Bauch. Diese ist möglichst zu verhindern, denn unter Umständen wird durch dieselbe die Durchführung eines Schiffskampfes unmöglich gemacht, und kein Schiff kann behufs irgend einer geheimen Mission entsendet werden, ohne sich auf 1 5 Meilen durch seine Bauchentwicklung zu verrathen. Was den künstlich forcierten Zug anbelangt, so sind neun Zehntel der Havarien auf seine Bechnung zu setzen. Derselbe ist ganz aufzulassen. Die Haupt ursache aber, warum die Kreuzer nicht entsprachen, liegt darin, dass im Constructionsdepartement der Admiralität, so oft für irgend etwas Baum gewonnen werden soll, dies auf Kosten der Maschinen geschieht, und wenn es gilt, irgend ein Gewicht zu vermehren, das „Mehr" der Maschine abgezwackt wird. Admiral Colomb findet es wünschenswert, dass alle an Bord eingeschifften Individuen Combattanten seien. Er bestätigt die Ansicht S e y m o u r s , dass die Drehfähigkeit eines Schiffes nicht durch dessen Länge allein bedingt wird, und constatiert, dass MINOTAUE und NOETHUMBEELAND, zwei der längsten Panzerschiffe, zu den best manövrierenden Schiffen der Flotte gehören, während
514 EDINBURGH, welcher um 7 5 ' (13,7 m) kürzer als MINOTAUR ist, zum Wenden eine Schiffslänge mehr brauche als dieser. Er bemerkt ferner, dass beim Jagen in Kriegszeiten nicht allein die beiderseitige Geschwindigkeit in Rechnung zu bringen ist, sondern auch die Einwirkung der Artillerie. Gar mancher Handelscapitän wird sich unter dem Feuer des verfolgenden Kriegsschiffes bestimmt sehen, den Versuch einer weiteren Flucht aufzugeben. C o l o m b erachtet es als dringende Angelegenheit, dem Signalwesen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken, und auch er ist dafür, dass ein eigener Officier bestimmt werde, welcher diesem Dienstzweige ausschließlich seine Sorgfalt widmet. Er widerspricht — basiert auf eigene Berechnungen — der Ansicht, dass die Besegelung mit Bezug auf die Kohlen eine Ersparnis bedeute. Die Frage der Matrosenkanoniere beantwortet er dahin, dass alle Seeleute die Handhabung der Geschütze erlernen, daher auch das Schulschiff „EXCELENT" passieren sollen. Nebenbei hat aber noch eine höhere Artillerieschule für jene Individuen zu bestehen, welche Vormänner, Instructoren u. dgl. werden sollen. Wenn von einem zu lange dauernden Unterricht im Hafen gesprochen wird, so ist dieser Aufenthalt dadurch verursacht, dass Mannschaften für die Schiffe in Reserve bereit gehalten werden müssen. Admiral Sir V e s e y H a m i l t o n , Vorsitzender, erklärt es für unmöglich, dass jeder Seeofficier a l l e s zu leisten vermöge. Er vermisst im Vortrage Maynes eine Besprechung des Planes und der Durchführung der Flottenmanöver. Was die Zuweisung der gesammten Küsten vertheidigung an die Kriegs marine betrifft, so ist diese bei Continentalmächten darin begründet, dass in einem Continentalkriege die Entscheidung in den Armeen liegt, nicht in den Marinen. England hingegen hat nach dem Ausspruche N e l s o n s als seine Grenze die feindliche Küste zu betrachten, und W e l l i n g t o n sagte, der Einfluss Englands würde ein sehr beschränkter sein, wenn es der Flotte zum Schutze und zur Vertheidigung seiner Küste bedürfte. Admiral H a m i l t o n berichtigt M a y n e s Angaben betreffs des Durch schlagsvermögens des 9,2"igen Geschützes ; dasselbe beträgt bei normalem Auftreffen gegen Panzer mit Rücklage nur 14" (355 mm). Contre-Admiral M a y n e rectificiert die Berichtigungen des Admirals Ha m i l t o n bezüglich des 9,2"igen Geschützes dahin, dass sich ein Druckfehler eingeschlichen habe, und dass das Durchschlagsvermögen des fraglichen Ge schützes allerdings nicht das Dreifache, wohl aber beiläufig das Zweifache des Kalibers, nämlich 17,5" (444 mm) auf 1000 Yards (900 m), betrage. Die übrigen Entgegnungen des Contre - Admirals M a y n e berühren fast ausschließlich britische Verhältnisse, entbehren demnach des allgemeinen Inter esses; nur ein paar Bemerkungen sollen noch hier Platz finden. Bezüglich des Erziehungswesens sei eine Äußerung angeführt, welche die Ansichten M a y n e s in dieser Richtung charakterisiert. Er sagt, dass die meisten Menschen das, was für das Leben wirklich von Bedeutung ist, erst im gereifteren Alter, das heißt dann lernen, wenn sie den Wert der Kenntnisse zu schätzen imstande sind. Betreffs der Auflassung des Panzergürtels bemerkt er, dass bei dieser Frage vor allem ins Auge zu fassen ist, ob ein Panzergürtel mit der Fähigkeit vereinbar sei, dauernd hohe Geschwindigkeiten einzuhalten. Die Erfahrung lehrt, dass Treffer an der Wasserlinie verhältnismäßig selten sind.
515 Contre-Admiral M a y n e ist daher für ein gewölbtes Stahldeck, das tief unter Wasser reicht und die Maschinen deckt, zugleich aber auch für aus giebigen Panzerschutz rings um die Geschütze. * Wir können nicht umhin den obigen Auseinandersetzungen einige wenige Bemerkungen anzufügen. M a y n e meint, dass die Stärke einer Flotte sich nach der Arbeit richten müsse, welche sie zu vollführen hat, und dass der Vergleich mit fremden Flotten bei Bemessung des eigenen Bedarfes an Seestreitkräften zwar einen wichtigen Factor abgebe, doch erst in zweiter Linie in Betracht komme. Dieses Princip ist zweifellos richtig. Um dasselbe in das Thatsächliche zu übersetzen, ist aber nothwendig, dass die zu leistende Arbeit in einem Kriegsplane, wie ihn M a y n e z. B. für England versuchsweise aufgestellt hat, definiert werde. Ein solcher Plan muss auf möglichst positiven Daten beruhen; sein Grundcharakter kann daher nur ein defensiver sein, und die Offensive darf in dem selben nur insoferne einen Platz finden, als sie durch die Defensive bedingt wird. Aus diesem Rahmen tritt auch Contre-Adminral M a y n e s Plan nicht heraus, wenn er Blokadegeschwader in denselben aufnimmt; denn nach der eigenthümlichen Lage Englands ist die Ansicht nicht unbegründet, dass in einem Kriegsfalle Albions Grenze die feindliche Küste sei. Als Basis des fraglichen Kriegsplanes müssen demnach vor allem die Bedürfnisse der Vertheidigung dienen, wie sich dieselben aus der Natur und Beschaffenheit der zu vertheidigenden Küsten ergeben; hienach bestimmt sich zunächst die Natur der Streitkräfte, deren man benöthigt. Die Ausdehnung und der Grad der Bedeutung, welchen das Litorale selbst und die auswärtigen Verbindungen desselben für die Existenz, das Gedeihen und die Zukunft des Staates besitzen, dem es eigen ist, wird hingegen vornehmlich für die Zahl der Streitkräfte überhaupt und speciell für jene gewisser Schiffsclassen ent scheidend sein. Je weniger eine wirksame Defensive offensiver Vorstöße entbehren kann, desto größer muss die verfügbare Zahl der für letztere geeigneten Mittel sein. Hiemit kommen wir auf eine andere Stelle der Rede M a y n e s zu sprechen, nämlich jene, in welcher er die Schlachtflotte allen anderen Schiffsclassen vor anstellt. Vom englischen Standpunkte ausgehend, ist dieser Ansicht beizupflichten ; dieselbe ist aber auch im allgemeinen insoferne richtig, als ein rascher, ent scheidender Schlag am ehesten durch eine Schlachtflotte geführt werden kann, während andere Kriegsschiffe und Kriegsfahrzeuge, wie Kreuzer und Torpedo boote, erst durch eine Beihe partieller Erfolge schließlich ein großes Besultat erhoffen lassen, es sei denn, dass durch eine Verkettung von Zufällen die Action der letzteren besonders begünstigt wird. Eine Schlachtflotte ist die Grundlage jeder großen Offensivoperation, sie ist aber auch ein schwerwiegendes Moment in der reinen Defensive, weil ohne Mitwirkung einer solchen der Feind kaum jemals zum Aufgeben seines offensiven Vorgehens gezwungen werden kann. Admiral S t e w a r t hebt die Bolle der Kreuzer während der großen See kriege hervor. Gewiss ist die Bedeutung derselben nicht zu unterschätzen; doch darf man auch nicht vergessen, dass sie erst neben und durch die Erfolge der britischen Flotten ihre volle Wirksamkeit bethätigen konnten.
516 Wenn aber auch den Schlachtschiffen unter den verschiedenen Schiffsclassen in Anbetracht der eben angeführten Gründe im allgemeinen der erste Rang zugewiesen wird, so ist es doch selbstverständlich, dass sie nicht zugleich durch ihre Zahl den vornehmsten Posten einnehmen können. Ihre Bestimmung ist in erster Linie die Schlacht; Kreuzer haben hingegen einer Doppelaufgabe zu genügen : keine Schlachtflotte kann der Begleitung von Kreuzern entbehren, andererseits liegt es den Kreuzern ob, den nationalen Handel zu schützen, den feindlichen zu überwachen und unter Umständen zu verfolgen. Beide Aufgaben, jede für sich, fordern aber einen ausgiebigen Antheil von Schiffen. Der Raum gestattet es nicht, hier auf diesen Gegenstand näher einzugehen. Derselbe wurde übrigens in diesen Blättern in dem Artikel "Fundamentalorganisationeiner modernen Flotte" eingehend besprochen, in welchen wir das Verhältnis der verschiedenen Classen von Kriegsschiffen und Fahr zeugen zueinander, sowie auch jenes der erforderlichen Beischiffe, wie Kohlenund Munitionstransportschiffe, Werkstättenschiffe u. dgl. näher zu bestimmen versuchten Contre-Admiral M a y n e beklagt die Ungleichartigkeit der Schiffe gleicher Gattung und findet die Ursache derselben in dem Mangel einer klaren Idee über das, was noth thut. Ohne Zweifel ist diese Ungleichartigkeit ein schwerer Übelstand, doch angesichts der täglichen Fortschritte der Technik ist sie kaum zu vermeiden gewesen, sie könnte höchstens in engeren Grenzen gehalten werden. Andererseits ist es wohl sehr fraglich, ob ein einseitiges Festhalten an einer bestimmten Idee nicht noch größere Übelstände — weil in Construction und Armierung veraltete Schiffe — erzeugt hätte. Der anzustrebende Normalstand einer Flotte in allen Kategorien, aus denen dieselbe zu bestehen hat, lässt sich auf dem früher beschriebenen Wege im voraus annähernd feststellen ; die Natur der Schiffe der einzelnen Classen muss aber dem jeweiligen Fortschritte der maritimen und militärischen Technik entsprechen. Dass Schnelligkeit und großer Fassungsraum für Kohlen, um lange die See zu halten, zu den ersten Eigenschaften eines Seekriegsschiffes gehören, be durfte nicht erst der Bestätigung durch die Flottenmanöver ; diese Eigenschaften sind, wie wir in diesen Blättern schon bei früherer Gelegenheit bemerkt haben, selbst dann von großer Bedeutung, wenn das voraussichtliche Operationsfeld ein relativ kleines ist — umsomehr aber dann, wenn es sich um so ausge dehnte Strecken handelt, wie Contre-Admiral M a y n e sie vor Augen hat. Dennoch können eben diese Eigenschaften nicht so weit ausschlaggebend sein, um bei S c h l a c h t s c h i f f e n e i n z i g i h r e t w e g e n den Panzergürtel abzuschaffen, insolange man nicht die Überzeugung haben kann, dass er selbst bei Schiffen, die so oft in die Gelegenheit kommen werden, sich auf Nah distanz zu schlagen, durch das Panzerdeck, durch Zellenconstruction, durch Vervielfältigung der Maschinen und Kessel (Selwyn) thatsächlich entbehrlich gemacht worden sei. Dass der Gürtelpanzer entbehrlich werde, ist mehr als wünschenswert, und wir glauben, dass eine Sicherstellung der Schiffe gegen die Folgen von Treffern in der Wasserlinie ohne Panzergürtel erreichbar ist;
l
) Siehe „Mittheilungen" Jahrgaug 1888, Vol. X V I , S. 1 u. ff., und be züglich der Zahl der Kreuzer in selbständiger Mission den Artikel: „Schutz des See
handels in Kriegszeiten", „Mittheilungen", Jahrg. 1887, Vol. XV, S. 673.
517 doch Kriegserfahrungen liegen keine vor, welche jeden Zweifel beheben könnten ). Die Schlachtschiffe der Zukunft dürften übrigens mehr und mehr den großen Kreuzern nahe treten und den schweren Küstenvertheidigungsschiffen auch der directe Küstenangriff übertragen werden. M a y n e s Ansicht, dass kein schweres Geschütz an Bord installiert werden solle, welches nicht auch mit Handkraft bedient werden könnte, ist vollbe rechtigt ; ihrer Realisierung steht aber der Umstand entgegen, dass wenigstens auf 1000 m eine dem schwersten Panzer gefährliche Geschosswirkung verbürgt bleiben muss. 1
Dem, was M a y n e über Vereinfachung der Geschützarmierung sagt, stimmen wir ganz bei. Bezüglich dessen, was er und andere über die Verwendung der Torpedos auf Schiffen überhaupt, und die „Überwasser-Lancierung" vorbrachten, erinnern wir an unsere Abhandlung „ Ü b e r d i e d r e i W a f f e n d e r m o d e r n e n S e e k r i e g s s c h i f f e " ) ; wir glauben dort dargethan zu haben, dass der Torpedoapparat über Wasser den gleichen Schutz verdiene wie das Geschütz. Betreffs Torpedobooten können wir ebenfalls auf obigen Artikel verweisen. Torpedoboote sind ein hochwichtiges Element der Vertheidigung, Torpedojäger hingegen sind für jede Offensivflotte unentbehrlich. M a y n e führt das flüssige Heizmaterial an als geeignet, vielen Übel ständen, welche mit dem Gebrauche der Kohlen verbunden sind, abzuhelfen. Wir haben in diesen Blättern die Wichtigkeit dieses Materiales bei Ge legenheit der Wiedergabe eines Vortrages des Admirais S e l w y n hervorgehoben. Ein Heizmaterial, wie es Admiral S e l w y n beschreibt, würde derartige Vortheile bieten, dass es als dringend erscheint, dieser Frage die volle Auf merksamkeit zuzuwenden ). 2
3
Der Vorschlag M a y n e ' s , einen obersten Leiter des Signalwesens zu be stellen, erscheint uns wichtig genug, um denselben hier speciell nochmals an zuführen. Contre-Admiral M a y n e betont die Nothwendigkeit, dass die abgerüsteten Schiffe für den Fall des Bedarfes in kürzester Frist seebereit gemacht werden können. Er ist der Ansicht, dass an den Schiffen, welche in Abrüstung gehen, ohne Verzug die nöthigen Reparaturen vorzunehmen wären, und dass sodann für die Instandhaltung eines jeden Schiffes genügende Mannschaft bestimmt sein müsse. Auch diese Anschauung des Vortragenden müssen wir als eine begründete anerkennen; wir hatten uns an anderer Stelle in ähnlichem Sinne ausgesprochen. Bezüglich dessen, was M a y n e über das Personale bemerkt, sei nur des ganz richtigen Grundsatzes erwähnt, dass der Lehrstoff jedesmal der dem Alter der Schüler entsprechenden geistigen Fassungskraft angemessen sein muss, soll nicht Oberflächlichkeit gefördert und anderseits Unselbständigkeit des Denkens hervorgerufen werden. Die Bemerkung M a y n e ' s über das Alter, in welchem 1) Siebe „Mittheilungen", „Über Seiten- und Deckpanzer", Jahrgang 1885, Vol. VIH, S. 281, und „Das Schlachtschiff und der Seekrieg", Jahrg. 1886, Vol. XIV, S. 656. 2
3
) Siehe „Mittheilungen", Jahrgang 1889, Vol. XVII, S. 589. ) Siehe „Mittheilungen", Jahrgang 1885, Vol. XIII, S. 735.
Mittheilungen aus dorn Gebiete des Seewesens 1890, Nr. 8 und 9.
34.
518 die Aufnahme in die Kriegsmarine zu erfolgen hätte, ist nach unserem Dafür halten im allgemeinen richtig. Wir müssen es uns versagen, auf diesen Gegenstand, den wir übrigens, wie die leitenden Grundsätze der maritimen Erziehung im allgemeinen, in dea „Mittheilungen" schon einmal berührt haben ), näher einzugehen, und überhaupt den Ausführungen Contre-Admirals M a y n e s, obwohl sie noch manches ent halten, was erörtert zu werden verdiente, weiter zu folgen, da selbst kurzgefasste Bemerkungen, wie die bisherigen, uns zu weit führen würden: doch e i n e S t e l l e a u s d e r B e s p r e c h u n g des Vortrages können wir nicht un beachtet übergehen, und dies ist die Behauptung des Admirals W i l l e s : „die B a m m e i s t a b g e t h a n " , „der T o r p e d o h a t a n B o d e n v e r l o r e n " . Es ist nicht recht einzusehen, auf welche Gründe er diesen Ausspruch zu basieren- vermag. W i r h i n g e g e n m o c h t e n a n d i e v i e l e n Blätter d e r S e e k r i e g s g e s c h i c h t e e r i n n e r n , d i e Z e u g n i s g e b e n von den N i e d e r l a g e n , w e l c h e V o r u r t h e i l u n d e i n s e i t i g e s F e s t h a l t e n an Schablonen h e r b e i g e f ü h r t haben. F. A t t l m a y r . 1
Elektricität auf Kriegsschiffen. Von S. Dana G r e e n , früher Schiffsfähnrich der Vereinigten Staaten-Marine. (Nach „Proceedings of the United States Naval Institute",
Vol. XV.)
In dem Jahresberichte der „General Information", Serie Nr. 7, heraus gegeben vom „Office of Naval Intelligence", erschien ein ausgezeichneter Artikel über „Elektricität auf Schiffen" von Lieut. J. B. M u r d o c k der Marine der Vereinigten Staaten. Während die Grundansichten aus dieser vorzüglichen Arbeit notwendigerweise in diesen Artikel übergehen müssen, beabsichtige ich aber mehr in die Details der Verwendung e l e k t r i s c h e r M o t o r e n an Bord von Schiffen einzugehen und einerseits die mannigfachen Vortheile nachzuweisen, welche deren Benützung zu bieten geeignet ist, andererseits jene besonderen Typen von Motoren zu bezeichnen, welche für die verschiedenen Zwecke auf Schiffen besondere Dienste leisten. E n t w u r f und I n s t a l l i e r u n g der Anlage. Die Tragweite und Wichtigkeit, welche die Benützung von Elektricität auf allen unseren Schiffen erlangt hat, ist jetzt vollständig von der Marine verwaltung und von allen See-Officieren gewürdigt, welche diesem Gegenstande ihre Aufmerksamkeit und ihr Studium zugewendet haben. Das Amt „MarineInspection für elektrische Beleuchtung" wurde durch das „Bureau of Navigation" vor mehr als zwei Jahren gegründet (Jänner 1887), und sein Titel soll jetzt in "Inspection für elektrische Anlagen" umgewandelt werden, weil in nächster
1) Siehe „Mittheilungen", „Lieutenant S t u r d e e s Vortrag: Über die Änderungen in der Seelcriegführuug". I. Heranbildung des Personales. Jahrgang 1887, Vol. XV, S. 49.
519 Zeit die elektrische Beleuchtung nur eine von den mannigfachen Verwendungen darstellen wird, welche die Elektricität auf Kriegsschiffen finden soll. Bei dieser Gelegenheit scheint es angezeigt, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie wichtig es ist, dass die Contrôle über sämmtliche elektrische Anlagen auf den Schiffen einem und demselben Amte anvertraut sei. Am Lande ist es eine längst erkannte und durch manches Unglück erhärtete Thatsache, dass eine elektrische Anlage, für welche Zwecke immer, systematisch und progressiv durchzuführen ist, wobei der Charakter der zu verrichtenden Arbeit, die zu überwindende Distanz, das zweckmäßigste Arrangement der Central station etc. im Auge behalten werden muss. Auf einem Schiffe, wo es nöthig ist jeden Fußbreit Raum zu verwerten, ist es besonders wichtig, dass erstens alle Generatoren an einem Orte vereinigt seien, und dass zweitens. die Generatoren sowohl wie die Leitungsanlagen mit Rücksicht auf alle zu verrichtenden Arbeiten, ein schließlich Beleuchtung, Kraftübertragung, Signalisierung, Geschützabfeuerung, Torpedo anlagen etc. einheitlich ermittelt und ausgeführt werden. Gegenwärtig scheint jedes Bureau der Marineverwaltung bis zu einem gewissen Maße die elektrischen Apparate, die seinem Wirkungskreise dienen, unter seiner speciellen Contrôle zu haben. Wenn dieses System weiter aufrecht erhalten bleibt, wird jedes Bureau Apparate installieren, die es für seine Zwecke als nothwendig erkennt, ohne Rücksicht auf die anderen Bureaus, was zur Folge haben wird, dass auf jedem Schiffe drei und mehr Typen von Maschinen und anderen Vorrichtungen vorhanden sein werden, und dass mehr Raum in Anspruch genommen werden wird, als nothwendig gewesen wäre, um dasselbe Ziel besser und billiger zu erreichen. Wenn alle elektrischen Installationen auf den Schiffen unter einem Amte von welchem Namen immer bleiben, können alle Erfahrungen dort dauernd gesammelt und stets verwertet werden, und die Anlagen für sämmtliche Arbeiten werden einheitlich und mit Rücksichtnahme auf das Ganze gestaltet. In solcher Weise werden alle Vortheile, die Centraistationen auf dem Lande bieten, auch hier erwachsen können. Wenn die Maschinen an einem Orte gemeinschaftlich installiert sind, genügt ein Satz Bedienungsmannschaft, um überallhin, wo Licht oder motorische Kraft gebraucht wird, die dazu erforderliche Energie zu ent senden, und es genügt nach vielen Erfahrungen, wenn in der Centrale nur etwa zwei Drittel jener Gesammtleistung produciert werden kann, welche der Betrieb aller Lampen und Motoren erfordert, da eben nie alles zugleich betrieben wird. Was zuvor betreffs der Notwendigkeit einer einheitlichen Leitung beim Entwurf und der Installierung elektrischer Anlagen auf Schiffen gesagt wurde, hat seine Giftigkeit auch in vollem Umfange bezüglich der Erhaltung derselben und ihres. Dienstbetriebes. Die Bestimmung von Schiffsofficieren für specielle Dienste wurde immer mit einigem Unbehagen in unserer Marine empfunden. Der Augenblick ist aber nicht ferne, wo die ganze Kraft und Zeit eines Mannes durch die Obsorge für die elektrischen Apparate, die Explosivstoffe, Torpedos, Projectoren, Signalapparate etc. auf einem großen Schiffe in Anspruch genommen sein wird, und es ist hoch an der Zeit die Frage anzuregen, ob diejenigen, welchen der Fortschritt des Dienstes und sein Ruhm am Herzen liegt, der Be nützung des neuen Agens für Kraftübertragung näher treten sollen.— einem Gegenstande, der so rasche Fortschritte in der Technik macht. Wenn die See-Officiere die Sache mit gewohntem Verständnisse er greifen werden, dann wird sehr bald Elektricität den Dampf bei Auxiliarmaschinen an Bord der Schiffe ersetzen, und zwar vortheilhaft ersetzen mit Rücksicht auf die Kosten der ersten Anlage, mit Rücksicht auf den prak-
520 tischen Erfolg hei der Verwendung und mit Rücksicht endlich auf den Comfort derjenigen, die auf dem Schiffe zu leben haben. Wenn wir aber die Vortheile, welche die Benützung von Elektricität an Stelle von Dampf- und Handkraft zu bieten geeignet ist, wirklich genießen wollen, dann muss Folgendes stattfinden : 1. Der Entwurf und die Installierung der completen elektrischen Anlagen auf dem Schiffe soll gleichzeitig, an e i n e r S t e l l e und unter e i n e r Leitung erfolgen, welche dafür der Marineverwaltung verantwortlich bleibt. 2. Wenn die Anlage installiert und in Betrieb gesetzt ist, sollte eine Person mit dem Dienste für alle elektrischen Einrichtungen auf dem Schiffe betraut und diese allein für deren gebrauchsfähigen Zustand und ihre Erhaltung verantwortlich sein. Die M a s c h i n e n u n d D y n a m o s . Wenn man die Verwendung von Elektricität für Licht und motorische Kraft an Bord eines Schiffes ins Auge fasst, müssen die Dynamomaschinen und ihre Antriebsapparate mit großer Aufmerksamkeit erwogen und studiert werden. Die Erfahrungen der letzten 5—6 Jahre über Beleuchtungsanlagen an Bord von Schiffen haben der Marineverwaltung so wertvolles und umfangreiches Material betreffs ihrer praktischen Verwendung, ihrer Mängel und der Anforderungen des Dienstes an dieselben geliefert, dass nunmehr neue Entwürfe mit großer Genauigkeit und den Zwecken vollkommen angepasst gemacht werden und die elektrischen Etablissements die Anforderungen im ganzen Umfange erfüllen können. Kurz gesagt, der Raum für die Dynamomaschinen muss als einer der vitalsten des Schiffes angesehen werden (ähnlich wie jener für die Kessel, die Schiffsmaschine, die Depots etc.) und als solcher muss er soweit geschützt sein, als es der Schiffstyp zulässt. Der Complex soll compact, leicht, kräftig, von ein facher Construction und ökonomisch sein; endlich sollen die wesentlichsten Theile gegeneinander ausgetauscht werden können. Die hier (in Amerika) gemachten Erfahrungen weisen darauf hin, dass Compoundmaschinen mit Condensatoren von hoher Tourenzahl verwendet werden sollen, welche mit multipolaren, compound ge wickelten Dynamos von geringer Tourenzahl gekuppelt zu sein hätten, die constante Klemmenspannung haben und hohen Nutzeffect geben. Die Anlage soll zwei oder mehr Motoren und Dynamos enthalten, und die ersteren sowohl wie die letzteren einen doppelten Complex umfassen, wovon jeder den anderen zu ersetzen und jeder den ganzen Bedarf an Licht und motorischer Kraft zu liefern vermag, der zu gleicher Zeit gefordert werden kann. Wie schon erwähnt, genügt es, wenn die Centrale etwa 60—75% Leistungsfähigkeit des gesammten Erforder nisses aufweist. Wenn Motoren zu betreiben sind, soll die Klemmenspannung nicht unter 80 Volt betragen. Je geringer die Spannung ist, desto stärkerer Strom muss den Motoren pro Pferdekraft zugeführt werden. Und die Erfahrung hat gelehrt, dass bei Motoren jeder Größe Spannungen unter 80 Volt schon misslich sind, weil stärkere Ströme dickere Drähte im Motor erfordern und kräftigere Cummutatoren sowie Bürsten nothwendig machen, um Erhitzungen zu vermeiden. Die Anforderungen, w elche an Maschinen und Dynamos für Schiffszwecke ge stellt w erden müssen, sind naturgemäß strenger und schwerer zu erfüllen als jene, die für Maschinen am Lande einzuhalten sind; anderseits sollten aber nicht unnöthigerweise specielle Forderungen gestellt werden, wo gewöhnliche r
r
521 Constructionen auch für Schiffszwecke genügen. Es liegt hier ein specieller Fall vor. Für eines der Kriegsschiffe wurde eine eigens entworfene Maschine bestellt. Eine der auferlegten Bedingungen war auch, dass die Feldrnagnete eine bestimmte Temperatur nicht überschreiten. Beim Versuche hat die Dynamo alle Be dingungen betreffs Leistungsfähigkeit, funkenlosen Ganges etc. etc. wunderbar erfüllt; aber die Feldmagnete haben um ein Geringes höhere Erwärmung gezeigt, als festgesetzt war, und die Maschinen wurden zurückgewiesen. Das scheint zu hart. Wenn die Maschine sonst vollkommen entspricht, sollten 4 oder 5° F. zu tolerieren dem Organe der Marineverwaltung gestattet werden. Leitungsnetz. Es kann nicht genug Sorgfalt auf diesen wichtigsten Theil der Installierung verwendet werden. Von der richtigen Leitungsanlage hängt der Erfolg haupt sächlich ab. Praktische Erfahrungen haben dargethan, wie strenge Anforderungen an die Leitung auf Schiffen gestellt werden müssen. Die Frage, ob die Kabel mit Blei umprosst werden sollen, um sie dadurch gegen mechanische Ein wirkungen sowie gegen die schädlichen Einflüsse des Seewassers, der Hitze und der Gase zu schützen, bedarf der sorgfältigsten Erörterung. Ich bezweifle sehr den Wert der Bleiunipressung. An Bord der ATLANTA haben die Bleikabel mehr Störungen verursacht, als alles andere. Beim Arbeiten mit solchen Kabeln wird die Bleiumpressung mehr oder weniger gebrochen und gequetscht. Scharfe Kanten des Bleimantels dringen durch die Isolierung bis zur Ader und erzeugen Kurz schlüsse. In den ersten 6 Monaten nach Beginn der commissionellen Übernahme waren zwei oder drei Mann ununterbrochen damit beschäftigt, Theile des Blei kabels auszuscheiden und durch andere Leitungen ohne Blei zu ersetzen. In den Maschinen- und Kesselräumen und speciell über den Kesseln wurde die Isolierung des Drahtes unterhalb des Bleimantels sehr bald zerstört, was natürlich Kurzschlüsse zur Folge hatte. Wenn für die Isolation ein Schutz nothwendig ist, scheint eine gewöhnliche Armierung, wie sie Seekabel haben, besser zu sein. Das folgende System der Leitungsanlage dürfte sich für Schiffszwecke am besten eignen. Die von vorne nach achter verlaufende Hauptleitung soll unter dem Batterie deck und so tief wie möglich unter Wasser liegen. Es erscheint nützlich, deren mehrere parallel auszubringen und sie durch Querstücke zu verbinden, um für zufällige Beschädigungen mehrfach vorgesorgt zu haben. Die Hauptleitungen sollen aus isoliertem und armiertem Kabel (wie Seekabel) bestehen und in Bohren verlegt sein, deren Theile durch wasserdichte Muffen verbunden sind. Die Haupt leitung soll schon während des Baues ausgebracht werden. Die Abzweigungen in die oberen Decks sollen in jedem Compartiment wenn irgend möglich ver tical verlaufen. Für die Maschinen- und Kesselräume kann dieselbe Anordnung getroffen werden, oder, was vielleicht noch besser wäre, man benützt nackte Drähte, die man in Binnen aus Porzellan oder Schiefer führt. Dann bleibt die Isolation unbeeinflusst durch höhere Temperaturen, der Leitungsdraht ist jederzeit sichtbar und bietet, da nur 80 Volt Spannung herrscht, keinerlei Gefahr für Menschen, schließlich wird das Porzellan oder der Schiefer eine vorzügliche Isolation gegen die Stahlwände etc. bieten. Alle Ausschalter und Bleisicherungen sollen so zugänglich wie möglich und wasserdicht sein. In den oberen Decks, wo leicht Wasser zu den Drähten
522
gelangen kann, sollen dieselben entweder in continuierlichen, wasserdichten Röhren geführt werden oder ganz offen in Porzellanrinnen verlegt sein, so dass sie leicht zugänglich und reparierbar sind. Lampen. Die
Glühlampen sind zu bekannt, um viel über dieselben sagen zu müssen. Pur ein Schiff scheint es angezeigt, so wenige Größengattungen als nur möglich zu haben, um nicht verschiedenartige Vorräthe halten zu müssen. Es ist deshalb vortheilhafter die acht- oder zehnkerzigen Lampen durch 1 6 kerzige zu ersetzen, weil die kaum nennenswert höheren Betriebskosten durch den Wegfall ver schiedenartiger Vorräthe aufgewogen werden. Schiffslampen sollen kurze Kohlen bügel haben, um ihr Brechen durch Vibrationen zu vermindern. Die Zahl der Scheinwerfer auf den Kriegsschiffen nimmt immer zu und wird in der Folge auf größeren Schiffen noch weiter zunehmen. Es wäre daher erwünscht, wenn automatische Begulatoren bestünden, die den Lichtbogen gleichmäßiger erhalten und den Mann von der Lampenbedienung entheben.
Motoren. Wir
gelangen nun zu jener Anwendung der Elektricität, der ich eine sehr vielfache und höchst erfolgreiche Verbreitung auf Kriegsschiffen verheiße, ich meine die e l e k t r i s c h e K r a f t ü b e r t r a g u n g . Wohl keine Industrie, die in unserem fortschreitenden Zeitalter entstanden ist, hat eine so rasche Entwicklung aufzuweisen, als die elektrische Kraftübertragung und ihre Ausnützung in den verschiedensten Gewerben. Vor 5 Jahren war kaum e i n elektrischer Motor in den Vereinigten Staaten vorhanden; heute hingegen hat die Gesellschaft allein, der ich angehöre, nicht weniger als 1 2 0 0 stationäre Motoren mit zusammen 5 0 0 0 e für 1 3 0 — 1 4 0 Industrien in Betrieb. Außer diesen stationären Motoren sind an 5 0 Bahnen von zusammen circa 2 0 0 Meilen Länge mit 3 0 0 Wagen von ihr eingerichtet. Weiters sind zahlreiche Installierungen für Minen, Venti lationen, Elevatoren etc. in der Ausführung begriffen. And last not least, in jüngster Zeit wurde ein Munitionsaufzug auf dem U . S. S. ATLANTA elektrisch ein gerichtet und ist auf CHICAGO die Laffetierung für ein 8"iges Geschütz in der Einrichtung begriffen. Ich sagte dies nur, um zu zeigen, in welchem Maße die Elektricität bereits Dampf, Wasser etc. bei Kraftübertragungen ersetzt. Ich will mich hier nicht in die Theorie einlassen, die Sprague in so vorzüglicher Weise entwickelt und in welcher er nachgewiesen hat, wie sehr sich Elektricität zu Kräfteübertragungen eignet und welche Vortheile sie bietet; ich will nur nach weisen, wie und warum elektrische Motoren mit vielem Vortheile bei Hilfs maschinen auf Schiffen verwendet werden können. Zuerst sei in kurzem gesagt, dass sich elektische Kraftübertragung in folgenden zwei Fällen als vorteilhaft erweist. 1. Wenn große Kraftbeträge auf längere Entfernungen ( 5 — 2 5 Meilen) transmittiert und die Arbeit an zwei bis drei Stellen verrichtet werden soll. 2 . Wenn geringere Kraftbeträge auf relativ kurze Entfernungen für ver schiedenartige Zwecke vertheilt werden sollen. Schiffe gehören zur zweiten der oberen Classen. Dies ist auch die bis jetzt am meisten ausgenützte Art der Kraftübertragung. Es ist dies das System, das jetzt in allen unseren größeren Städten, wo Centralen für Lichtvertheilung
523
vorhanden sind, durchgeführt ist, und wo die Einkünfte für Kraftlieferung in rapidem Wachsen begriffen sind und bald jene für Licht übertreffen werden. Dies zeigt, dass der elektrische Motor das Stadium des Versuches überschritten hat, und dass seine überlegene Verwendbarkeit, Ökonomie und Nutzleistung ein constatiertes Factum ist. Aber sowohl Armee wie Marine sind conservativ, wenn es sich um Neuerungen handelt, und es ist richtig, dass es so ist. Die Militär- und Marine verwaltungen müssen mit den zugewiesenen Geldmitteln auskommen, und sie fühlen weder den Beruf noch auch den Wunsch, neue commerzielle Unter nehmungen mit dem Gelde des Staates zu fördern. Dagegen werden sie gerne im Bewusstsein ihrer Pflicht die Vortheile neuer Einrichtungen ausnützen, wenn sie sich bewährt haben und wenn sie dem Dienste nützlich zu sein versprechen. Der Congress hat jüngst einen enormen Betrag für die Entwicklung der elek trischen Motoren für Schiffszwecke bewilligt, und gewiss werden alle SeeOfficiere diesen Beschluss des Congresses mit herzlicher Freude begrüßen. Die Arbeiten, welche auf den neuesten Typen unserer Schiffe durch Auxiliarmaschinen verrichtet werden, sind folgende: 1. Dampf-, Luft- und Condensationspumpen und zwar sowohl für den Haupt- wie den Hilfscondensator. 2 . Dampfpumpen für Feuerspritzen, Sodpumpen, Pumpen zum Deck waschen etc. 3 . DampfumSteuerung für jede Maschine. 4 . Kühlwassermaschine. 5 . Steuermaschine. 6. Gangspillmaschine. 7. Luftcompressoren für forcierten Zug. 8. Ventilatoren. 9. Hissmaschinen für Asche, Munition etc. 1 0 . Winden und Krahne zum Heben größerer Lasten und Boote. 1 1 . Dampf- und hydraulische Vorrichtungen für schwere Geschütze. 1 2 . Motoren zum Betriebe von Arbeitsmaschinen in der Schiffswerkstätte. Alles zusammen ergibt 4 0 — 5 0 Hilfsmaschinen auf einem großen Kriegs schiffe mit einem Kraftbedarf von circa 2 0 0 L. Die Hilfsmaschinen sind aber nie gleichzeitig voll beansprucht, weshalb es reichlich genügt, wenn die Primärmaschine 6 0 — 1 0 % von den 2 0 0 e leistet. Ich denke nun, dass elektrische Motoren alle diese Auxiliarmaschinen zu ersetzen geeignet sind, und dies thun können mit geringeren Anlagekosten in mehr einfacher, wirksamer, reinlicher und befriedigender Weise. Natürlich muss jede der Hilfsmaschinen ihre Dampfleitungen haben. Ins besondere die hydraulischen Maschinen, an sich schon compliciert, müssen über dies Dampfmaschinen für die Compressoren haben. Die Maschinen sind über das ganze Schiff vom Gangspill vorne bis zum Dampfsteuer achter vertheilt. Und zu jeder Maschine muss eine eigene Dampfzuleitung und Ableitung geführt werden. Die Dampfleitungsröhren von 3 — 5 " Durchmesser müssen wasserdichte Schotte passieren und da durch Stopfbüchsen geführt werden; sie müssen ge bogen und gekrümmt werden, um so wenig Baum wie möglich einzunehmen und nirgend zu viel Störung zu verursachen ; schließlich muss Vorsorge ge troffen sein, dass ihre Längenänderungen beim Erwärmen keine Lockerung der Verbindungen herbeiführe u. s. w. An Bord der ATLANTA waren in den ersten Jahren viele Arbeiter beschäftigt, um die Mängel der Eohrleitungen zu beseitigen. Auf den Schiffen wie MAINE oder TEXAS erreichen die Bohrleitungen eine Länge,
524 die nach. Meilen misst. Die ersten Kosten des Ausbringens und Legens der' Rohrleitungen sind enorm, sie erfordern beständige Fürsorge, und wenn sie in gutem Zustande sind, werden sie durch die Wärme lästig. Zu den Reparaturen ist ein Maschinist nothwendig, und der Betrieb der Maschinen erfordert ebenso einen Maschinisten. Wird ein Dampfrohr durch ein Geschoss zerstört — und es wird in einem Gefechte schwer sein, dass nicht eines oder das andere zerstört wird, -— dann strömt Dampf von 6—7 at in das Compartiment ein, wo der Schuss getroffen hat, der seinerseits ernstliche Gefährdung bringt und — was noch schlimmer ist — die Mannschaft in der Nähe domoralisieren muss. Die Maschine, welche an dem Rohre hieng, wird wahrscheinlich für den Rest des Gefechtes nicht mehr brauchbar sein. Was den Nutzeffect dieser Dampfhilfsmaschinen anbelangt, so kann der selbe wohl nur gering sein, wenn man in Betracht zieht, welche Wärmemengen durch Strahlung und Condensation verloren gehen, und dass kleine einfache Maschinen, wie sie hier gebraucht werden, in der Regel viel Dampf verbrauchen und unökonomisch wirken. Die mechanischen Vorrichtungen, welche die Benützung von Auxiliardampfmaschinen erfordern, verdienen auch Erwähnung. Die Steuermaschine ist achter installiert, wo sie direct das Steuer bewegt; die Steuerung aber wird aus mehrfachen Gründen von vorne bewirkt. Die gewöhnliche Methode besteht darin, dass von der Brücke aus das Dampfventil der Steuermaschine durch eine Übertragung mittels Gestänge oder Seil geregelt wird. Wie leicht ist eine solche Übertragung in Unordnung gebracht! Auf der ATLANTA Z . B . muss diese Über tragung nicht weniger als achtmal die Bichtung ändern, was 16 konische Räder erfordert. In welcher Weise nun kann die Anwendung von Elektricität eine Ver besserung in dieses System bringen ? An Stelle der Dampfzuführungs- und Abströmungsrohre von rund 4 " Durchmesser, welche durch das ganze Schiff laufen, haben wir zunächst die Hauptleitung, welche von vorne bis achter in einem Deck unter Wasser geschützt geführt ist und kaum / statt 4 " Durch messer zu haben braucht. In jedes Compartiment, in welchem ein Motor steht, wird eine Steigleitung vertical längs der Bordwände geführt, welche Leitung leicht verkleidet ist und sich ohne Schwierigkeit jeder Krümmung anschmiegt. Nachdem diese Leitungen vertical führen, sind sie weniger von Geschossen ge fährdet. Und wenn ein Draht durchschossen wird, entsteht weder Gefahr noch Panik. Jeder Mann ist imstande den Draht in wenigen Secunden wieder zu schließen, und die Maschine bleibt betriebsfähig. In der That, jeder Vorwurf, der gegen Dampfmotoren angeführt wurde, erscheint bei elektrischen Motoren behoben. Ebenso deutlich treten die Vortheile zutage, wenn man den Betrieb ins Auge fasst. Für gleiche Leistungsfähigkeit erfordern elektrische Motoren weniger als den halben Raum von Dampfmotoren und haben auch erheblich geringeres Gewicht. In der Umgebung des Motors herrscht weder Hitze noch strömt Dampf aus. Jeder Laie („any idler") kann den Motor betreiben, da nur ein Schalter zu öffnen oder zu schließen ist, und wenn für Selbstschmierung und Reinigung des Collectors gesorgt ist, läuft der Motor ohne alle Überwachung. Da hier die Bewegung direct eine drehende ist und nicht wie bei Dampfmotoren eine hin- und hergehende, die erst durch Übersetzung in eine drehende um gewandelt werden muss, ist der Gang ein ruhigerer, es findet weniger Ab nützung der bewegten Theile statt und die mechanischen Zurichtungen sind ein1
2
525 fâcher gestaltet. Diese Vortheile sind es, welche eine ausgedehnte Benützung elektrischer Motoren am Lande statt Dampfmotoren zur Folge hatten ; dieselben Vortheile machen die Verwendung elektrischer Motoren auch auf Schiffen ganz besonders erwünscht. Zwei Fragen sind es, welche von Uneingeweihten betreffs der Motoren am Lande aufgeworfen werden, und dieselben Fragen werden natürlich auch von See-Officieren hervorgehoben. Diese sind: 1. Können elektrische Motoren von genügender Größe erzeugt werden, um die geforderten Arbeiten zu leisten? und 2. Können elektrische Motoren die geforderte Arbeit mit gleicher Sicherheit leisten und dabei so wenig Schaden leiden wie Dampfmotoren? Die erste Frage ist einfach damit zu beantworten, dass die Gesellschaft S p r a g u e ihre regulären Typen von 1/16—80 e baut mit 4 0 — 5 0 Abstufungen, die dazwischen liegen. In jedem Balle ist die angesetzte Pferdekraft bezogen auf die Leistung, die der Welle des Motors entnommen werden kann (effective Leistung). Bei allen Motoren über 5 e Leistung ist der commerzielle Nutzeffect (d. i. das Verhältnis zwischen der vom Motor gelieferten und der von ihm ab sorbierten Arbeit) zwischen 80—90*%. Die zweite Frage ist am besten beantwortet durch Berufung auf die in dustrielle Welt, wo hunderte von Motoren in allen Größen und Typen täglich 8, 10 und 12 Stunden das ganze Jahr hindurch arbeiten und deren Beparaturen kaum 10 Shilling pro Jahr beanspruchen. Zu Anfang, vor 3—4 Jahren, gaben die Motoren allerdings zu einigen Anständen Anlass; heutzutage aber kommen Anstände höchst selten vor. Früher hielt man elektrische Motoren für zarte Dinge, die mit aller Sorgfalt bedient und sozusagen unter einer Glas glocke gehalten werden müssen. Heute werden solche Motoren unter einem Straßenwagen montiert, der durch Schnee, Koth und Mist fährt und durch 16—18 Stunden täglich seinen Dienst thut, wobei er an 200 Meilen durch lauft. Diese Thatsachen sprechen selbst. Kein Dienst an Bord eines Schiffes kann nur annähernd jenem eines Motors verglichen werden, der einen Straßen wagen treibt, weder betreffs Änderung der Geschwindigkeit und Belastung, noch in der Dauer der Beanspruchung, der Wirkung plötzlicher Stöße, den ungünstigen Einflüssen der Witterung und der Unzugänglichkeit und Beengtheit des zu gewiesenen Baumes. Wenn die Motoren diesen Bedingungen genügen, kann man zweifeln, dass sie auf Schiffen entsprechen werden, wo alle Verhältnisse gün stiger sind? Der Motor im Straßenwagen befindet sich einige Zoll über dem Boden, während der Wagen von einem unwissenden Manne geleitet wird, der den Motor gar nicht sehen kann und von seiner Einrichtung nichts weiß. Diese Motoren gehen anstandslos, man kann wohl sagen, nicht wegen der Sorgfalt in der Behandlung, sondern t r o t z d i e s e r B e h a n d l u n g . Seewasser wurde bis in die jüngste Zeit allseitig als Haupthindernis für eine ausgedehnte Verwendung von elektrischen Motoren und Dynamos auf Schiffen angesehen; seine Allgegenwart auf einem Schiffe gab zu ernstlichen Bedenken Anlass. Der gleiche Einwand kann wohl auch bei Motoren für Straßenbahnen gemacht werden ; aber wir können heutzutage einen Inductor 24 Stunden hindurch im Seewasser liegen lassen, ihn sodann herausnehmen und direct zur Arbeit verwenden. Dies sind nicht leere Worte, sondern es wurde dies vor kurzer Zeit thatsächlich durchgeführt. Vor einigen Monaten wurde nämlich die Sprague Company eingeladen, einen darauf bezüglichen Versuch durchzuführen, um die Vorzüglichkeit der von ihr bewirkten Isolationsweise der Elektromagnetdrähte und des Inductors zu demonstrieren. Zu diesem Zwecke wurde ein Inductor
526
unter ein Ausflussrohr der Wasserleitung durch 2 4 Stunden gelegt und nach der Untersuchung unversehrt gefunden. Hierauf wurde er 2 4 Stunden in See wasser gelegt und nach Ablauf dieser Zeit, ohne in irgend welcher Weise ge trocknet zu werden, unmittelbar in den Motor montiert und laufen gelassen, wobei ihm durch 2 Stunden 2 5 — 5 0 % Überlast über seine normale Leistung an gehängt wurden. Überzeugender kann wohl ein Versuch nicht mehr ausfallen, und seitdem werden alle Inductoren der Firma S p r a g n e , welche beson deren Ansprüchen genügen sollen, in solcher Weise erprobt. Die an Bord eines Schiffes zu verrichtenden Arbeiten können im allgemeinen folgender Natur sein: 1. Wo die Belastung wechselt, die Geschwindigkeit aber eine constante bleiben muss, wie bei Drehbänken, Bohrmaschinen etc., für diese Zwecke eignen sich Maschinen mit DifferentialbeAvicklung, deren Geschwindigkeit um nicht mehr als 2 % variiert, bei Übergang von Vollbelastung zu Leerlauf. In manchen Fällen, wo Geschwindigkeitsänderungen von 5 % zulässig erscheinen, genügen auch Nebenschlussmaschinen. 2 . Wo eine Änderung in der Belastung und der Geschwindigkeit inner halb nicht zu weiter Grenzen erwünscht ist, wie z. B. bei Ventilatoren, Hissvorrichtungen und manchen Pumpen. Hiefür eignet sich die compoundbewickelte Maschine, mit welcher Variationen von 1 5 — 3 0 % in der Geschwindigkeit erreichbar sind. 3 . Wo Belastung und Geschwindigkeit in weiten Grenzen veränderlich sein sollen, wo aber der Motor nie ohne einige Belastung bleibt, wie dies bei der Steuermaschine, bei Geschützmotoren und einigen Pumpen der Fall ist. Für solche Zwecke ist eine reine Serienmaschine am besten geeignet. Das Drehungsmoment eines Motors ändert sich nämlich in gleichem Verhältnisse wie das Product aus den Ampere-Windungen der Feldmagnete und des Inductors; bei einer Serienmaschine fließt aber derselbe Strom durch den Inductor und die Elektromagnete. Daher ändert sich bei ihr das Drehungsmoment wie die Quadrate der Stromstärken. Daraus folgt, dass bei Bewältigung einer großen Last oder bei langsamer Fortbewegung der Last mit einer Serienmaschine ganz enorme Drehungsmomente für kurze Zeit entwickelt werden können. Diese Typen von Motoren sind geeignet, alle an Bord eines Kriegsschiffes erforderlichen Arbeiten zu vollführen, und zwar in jeglicher Beziehung besser zu vollführen als Dampfmotoren. Kleineres Gewicht, geringere Raumbeanspruchung, weniger Wärmeentwicklung bei mehr Reinlichkeit und größerer Einfachheit in Construction, Anwendung und Betrieb zeichnen den elektrischen Motor vor dem Dampfmotor aus, wozu noch beizufügen wäre, dass der elektrische Motor ungleich weniger Beschädigungen ausgesetzt ist, als ein Dampfmotor mit seinen vielerlei Accessories Wenn beispielsweise auf der ATLANTA die Dampfsteuermaschine durch einen elektrischen Motor ersetzt werden würde, könnte der vierte Theil des Raumes genügen, und statt der mechanischen Übertragung von achter nach vorne würde ein Draht hinreichen. Auf CHICAGO wird gegenwärtig ein elektrischer Motor für einen 8-Zöller montiert und zugleich auf ATLANTA eine Munitions-Aufholmaschine zur Beför derung der Granatgeschosse für 6 - und 8-Zöller. Der Autor bespricht des weiteren eine nach den Ideen von Lieutenant B r a d l e y & F i s k e entworfene Steuermaschine sammt Controlapparat, jedoch nur andeutungsweise, und widmet einige Worte dem Distanzmesser von F i s k e , den wir in den „Mittheilungen", S. 2 7 3 des laufenden Jahrganges bereits aus-
527 führlich beschrieben haben. Was schließlich über elektrische Nachtsignalapparate für Kriegszwecke, über elektrische Ahfeuerung, Indication etc. gesagt wird, bietet nichts wesentlich Neues, weshalb wir es hier übergehen und nur noch das Schlusswort des lesenswerten Artikels wiedergeben. Wenn die Elektricität so allgemein, wie es hier angedeutet wurde, an Bord der Kriegsschiffe angewendet werden soll, ist es nothwendig, dass die Marine verwaltung mit der Industrie Hand in Hand gehe, damit diese erfahren und schaffen könne, was noch nothwendig ist, und ich bin überzeugt, dass alle SeeOfficiere, denen das Beste des Dienstes am Herzen liegt, gerne und bereitwillig hier mitwirken werden. Die Anwendung der Elektricität ist geeignet, bessere Wirksamkeit und größere Ökonomie bei den Auxiliarmaschinen auf Schiffen erreichen zu lassen und viel zur Schonung der Gesundheit und Hebung des Comforts der Officiere und der Mannschaft beizutragen. M. B.
Die spontane Entzündung von Kohlenladungen. 1
Von Brofessor Vivian B. Lewes ). Vor etwa 15 Jahren waren die Verluste an Menschenleben und Eigenthum, welche durch spontane Entzündung von Kohlenladungen auf Schiffen herbei geführt wurden, so häufig, dass sich das Board of Trade in Übereinstimmung mit dem Lloyd-Comité veranlasst gesehen hat, die Begierung um Ernennung einer königlichen Commission zu bitten, welche sich mit dem Studium der Ursachen dieser Erscheinungen und der Mittel zur Behebung derselben zu be schäftigen hätte, Erscheinungen, die ebenso schrecklich in ihrer Art, wie zer störend in ihren Wirkungen sind. Die Commission, welche im Jahre 1875 ernannt wurde und das Glück hatte von den wissenschaftlich hervorragenden Männern Dr. B e r c y und Sir A b e l unterstützt zu werden, hat in dem darauf folgenden Jahre einen erschöpfenden Bericht vorgelegt, der den Gegenstand allseitig beleuchtet und eine Füllle des Wissenswerten enthält. Aber sei es, dass ein Blaubuch nur schwer einem gewöhnlichen Leser zu Augen kommt, oder dass, wie es in der Natur der Sache liegt, die Verbreitung solcher Schriften überhaupt nur beschränkt bleibt, Thatsache ist, dass der Zustand der Dinge heute so schlecht ist wie vor Publication des Berichtes, und dass die Zahl von Kohlenschiffen, welche jährlich der Zerstörung anheimfallen, in beständigem Wachsen begriffen ist. In den 9 Jahren unmittelbar nach Veröffentlichung des Berichtes, das ist 1875—1883, sind 57 Kohlenschiffe, soweit bekannt wurde, infolge spon taner Entzündung ihrer Ladungen zugrunde gegangen; außerdem sind während derselben Zeitperiode 328 Schiffe vermisst worden, von welchen die meisten zweifellos aus derselben Ursache dem Untergange anheimgefallen sind. Und diese Zahl stellt nur einen kleinen Brocenttheil jener Fälle vor, bei denen sich Kohlen ladungen bis zur Entzündung erhitzt haben, das Schiff aber noch gerettet wurde. In den letzten Jahren nun gewinnt die Behauptung immer mehr Boden, dass 1) Gelesen in der Institution of Naval Architects, 28. März 1890.
528 mit der allgemeinen Temperaturerhöhung auf Dampfschiffen, welche eine Folge der Einführung von Dreifach-Expansionsmaschinen und Kesseln von hohem Dampfdrucke ist, die Gefahren einer spontanen Entzündung von Kohlendepots und Kohlenladungen beständig zunehmen und mancher Unglücksfall dieser Ursache zuzuschreiben ist. Unter diesen Umständen legte es mir Mr. M a r t e i l nahe, dass ein ein gehendes Studium der Ursachen dieser sehr ernsten Gefahr und der möglichen Mittel zur Verhütung derselben eine Arbeit wäre, welche nicht nur für dieses Institut, sondern auch für die Kriegs- und Handelsmarine die größte Wichtigkeit hat. Und ich freue mich, hier die Eesultate einer langen Keihe von Experi menten vorlegen zu können, welche im Vereine mit den bis nun auf diesem Gebiete geförderten Kenntnissen geeignet erscheinen, einiges Licht auf die Ursachen dieser besonderen Classe von Erscheinungen zu werfen und zu Mitteln zur Verhütung derselben zu führen. Die Steinkohle ist eine Substanz rein vegetabilischen Ursprunges, welche unter lang andauernder Einwirkung von Hitze und Druck bei Berührung mit der Luft aus der Holzfaser und den Harzbestandtheilen einer Biesenvegetation entstanden ist, welche die Erde bedeckte, lange bevor sie von Menschen bewohnt war. Man kann deshalb die Mineralkohle als Holzkohle ansehen, welche, da sie bei weit niedrigerer Temperatur, als sie im Kohlenmeiler herrscht, und unter großem Drucke entstanden ist, viel dichter als diese ist, und Bestandtheile enthält, die infolge Wirkung der hohen Temperatur aus der Holzkohle verjagt sind, wie Theer, Naphtha, Cellulose etc. Diese Körper bestehen nun wesentlich aus Verbindungen von Kohlenstoff und Wasserstoff nebst geringen Mengen von Sauerstoff und Stickstoff, und diese bilden auch die flüchtigen Körper und Kohlen wasserstoffe der Steinkohle. Außer Kohle und Kohlenwasserstoffen enthält die Steinkohle noch gewisse mineralische Bestandtheile, welche zumeist in den Säften und Fasern der ursprüng lichen Pflanzen enthalten waren und die bei Verbrennen der Kohle als Asche zurückbleiben. Diese Substanzen bestehen hauptsächlich aus schwefelsaurem Kalk (Gips), Kieselsäure und Thonerde; außerdem ist in fast allen Kohlen Eisendisulphid oder Pyrit enthalten, welches sich infolge allmählicher Reduction aus Sulphaten der kohlenstoffhaltigen Substanzen bei Gegenwart von Eisensalzen gebildet hat, und- das bei Verbrennen der Kohle wieder zersetzt wird, wobei Schwefelverbindungen entstehen, während Eisenoxyd ausgeschieden wird, welches der Asche die röthliche Farbe verleiht. Von den angeführten Bestandtheilen der Steinkohlen nehmen die unorga nischen oder mineralischen — mit Ausnahme des Pyrits — keinen Antheil an den Vorgängen, welche zur Selbsterhitzung und Selbstentzündung führen, und wir wollen nun jene chemischen Wirkungen ins Auge fassen, welche ein treten, wenn Kohle, Kohlenwasserstoffe und Pyrite in frisch geförderten Kohlen dem Einflüsse der Luft und der Feuchtigkeit ausgesetzt werden. a) Einfluss der Kohle bei Wärm eproduction. Kohle ist eine jener Substanzen, welche in hohem Grade die Eigenschaft besitzt, auf ihrer Oberfläche Gase anzuziehen und zu verdichten. Diese Eigenschaft variiert mit dem Zustande der Dichtigkeit und der Vertheilung der Kohle. Holzkohlen, .welche aus dichten Holzarten, wie Buchsbaum, gewonnen werden,
529 3
zeigen diese Eigenschaft in hohem Maße. So vermag 1 cm solcher Kohle zu absorbieren : 90 cm Ammoniakgas, 55 „ Schwefelwasserstoffgas, 35 „ Kohlendioxyd (Kohlensäure), 35 „ Äthylen (Ölbildendes Gas), 9,25 cm Sauerstoffgas, 6,5 „ Stickstoffgas. Andere Holzkohlengattungen zeigen dieselbe absorbierende Kraft, obzwar in geringerem Grade. Die absorbierende Kraft frisch geförderter Steinkohle ist ebenfalls Folge der Oberflächenanziehung und variiert mit der Größe der exponierten Fläche; aber die am wenigsten absorbierende Steinkohle nimmt noch immerhin l / ihres Volumens an Sauerstoffgas auf, während manche Kohlen mehr als das Dreifache ihres Volumens an Sauerstoffgas zu absorbieren vermögen. Diese Absorption ist zu Anfang sehr rasch, nimmt allmählich ab und wird sehr beeinflusst durch die Temperatur, wie in Folgendem gezeigt werden soll. Die Absorption ist zu Beginn rein mechanischer Natur, aber auch diese erzeugt Temperatursteigerung, welche bei Holzkohlen, die in geschlossenen Retorten aus Erlenholz, Weide etc. für die Pulverbereitung erzeugt werden, hinreichen würde, um Selbstentzündung herbeizuführen, wenn sie nicht zuvor einige Tage in wohlverschlossenen Kühlräumen gehalten werden würden, ehe man sie der Luft aussetzt. Das Verhältnis der Absorption ändert sich mit der Größe der exponierten Oberfläche, so dass Stein- oder Holzkohle in fein gevulvertem Zustande, also bei großer exponierter Oberfläche, sehr rasch Sauerstoff absorbiert, wobei rascher Temperaturanstieg eintritt. Wenn Holzkohle, nachdem sie gebrannt wurde, einen Tag hindurch von der Luft abgeschlossen bleibt und hierauf zu Pulver ver rieben wird, so wird sie, in diesem Zustande der Luft ausgesetzt, in der Begel nach 38 Stunden Feuer fangen; während aufgehäufter Kohlenstaub (etwa 100 Scheffel) sich in diesem Falle i m m e r selbst entzündet. Aus diesem Grunde wird Holzkohle, welche für Pulverbereitung bestimmt ist, nach dem Brennen zunächst 3—4 Tage in luftdichten Cylindern abkühlen gelassen, bevor man sie entleert, und erst nach weiteren 10—14 Tagen gemahlen. Bei Steinkohlen wird der durch die Sauerstoffabsorption bewirkte Tempe raturanstieg auch die bereits erwähnte und unten weiter erörterte chemische Action beschleunigen, wodurch weitere Wärmebildung erfolgt ; aber selten wird dadurch die Erwärmung bis zur spontanen Entzündung steigen, weil Steinkohle nicht mehr als ein Drittel jener Menge Sauerstoff zu absorbieren vermag, welche Holzkohle aufnimmt, und dieser Process hier auch langsamer verlauft, so dass dabei die hohe Entzündungstemperatur der Steinkohle nicht erreicht wird. Lufttrockene Steinkohle absorbiert Sauerstoff rascher als feuchte. 3
3
]
4
b) Wirkung der bituminösen Bestandtheile der Steinkohlen bei spontanen Entzündungen. Alle Steinkohlen enthalten eine gewisse Quantität Wasserstoff, der, mit einem Theile des Kohlenstoffes, sowie mit Stickstoff und Sauerstoff chemisch verbunden, die flüchtigen Bestandtheile der Kohle bildet, deren Menge bei den verschiedenen Kohlengattungen verschieden ist. So ist die Menge flüchtiger
530 Körper nur gering bei Anthracit, während Braunkohle und Schieferkohle viel davon enthält. Wenn Holz- oder Steinkohle Sauerstoff absorbiert, wird dieser comprimiert und in diesem Zustande ist er in hohem Maße chemisch activ; er geht also rasch Verbindungen mit dem Kohlenstoff und dem Wasserstoff der bituminösen Körper ein, wobei Kohlendioxyd und Wasserdampf gebildet wird. Die chemische Activität des Sauerstoffes wird durch Temperaturerhöhung ge steigert, so dass die Wärme, welche bei der Absorption des Sauerstoffes an sich entsteht, ihn auch sofort zu lebhafter chemischer Wirkung veranlasst. Nun ist jede chemische Verbindung dieser Art, nämlich jede Oxydation, von Wärme entwicklung begleitet, dies gibt also wieder Anlass zur Temperatursteigerung, wodurch wieder der chemische Vorgang beschleunigt wird und so kann in progressiver Beschleunigung die Temperatur sehr rasch ansteigen. Geschieht dies im Centrum eines Haufens von Kleinkohlen, welcher durch die Gase, die in den Zwischenräumen eingeschlossen sind, einen eminenten Nichtleiter für Wärme darstellt, so kann die Temperatur der Masse bis zu solchem Grade steigen, dass, wenn genügend Luft zutreten kann, um die zur Fortsetzung der chemischen Action erforderliche Sauerstoffmenge zu ergänzen, eine Entzündung eintritt. Der Einfluss erhöhter Temperatur auf die Geschwindigkeit, mit welcher chemische Wirkungen dieser Art verlaufen, ist deutlich aus dem Einflüsse der selben auf Selbstentzündung von ölhaltigen Baumwoll- (Werg-) Abfällen und Lumpen zu erkennen. Wenn Baumwollabfälle mit irgend einem Öl — ausgenommen Mineralöl — fettig gemacht werden, nehmen sie die Eigenschaft an, Sauerstoff aus der Luft zu absorbieren und sich dabei zu oxydieren, bei welchem Vorgang Wärme ent wickelt wird. Bei gewöhnlicher Temperatur schreitet die Oxydation langsam vor wärts, so dass Tage vergehen, bevor eine Temperaturerhöhung wahrnehmbar wird ; ist aber einmal dieser Punkt erreicht, dann schreitet die Oxydation rasch fort, und in wenigen Stunden ist der Entzündungspunkt erreicht und die Masse fängt Flamme. Wenn jedoch die öligen Abfälle gleich an einen warmen Ort gebracht werden, tritt spontane Entzündung schon nach wenigen Stunden, oftmals auch nach mehreren Minuten, ein. Es wurde ermittelt, dass ölige Baumwolle bei gewöhnlicher Temperatur einige Tage braucht, um sich bis zur Selbstentzündung zu erwärmen, während in einem auf 54—76° C. warmen Baume Baumwolle, welche mit gekochtem Leinöl fett gemacht ist, in 1 Stunde und 15 Minuten, solche mit Olivenöl ein gefettete in 5 Stunden Feuer fängt. In einem auf 82—93° C. erhitzten Räume entzündet sich mit Olivenöl eingefettete Baumwolle in 2 Stunden. Es wurde bis nun angenommen, dass an Bitumen besonders reiche Kohle — wie Cannel- oder Schieferkohle — deshalb leichter zur Selbstentzündung neigt, als andere weniger bituminöse Kohle, weil bei eintretender Temperatur erhöhung aus diesen Kohlen schwere Öle austreten, welche bei der Oxydation rasch Wärme entwickeln. Aber Versuche haben nicht nur gezeigt, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass im Gegentheile schwere Mineralöle vielmehr einen verzögernden Einfluss auf die Oxydation und Wärmeerzeugung ausüben, indem Baumwolle, welche mit Ölen eingefettet wurde, die am meisten zur raschen Oxydation geneigt sind, gar keine Erwärmung zeigte, wenn 20 % schwere Mineralöle beigemischt wurden.
531 c) W i r k u n g d e r P y r i t e z u r E i n l e i t u n g d e r S e l b s t e n t z ü n d u n g . Seit der Zeit, als B e r z e l i u s zuerst die Meinung ausgesprochen hat, dass die bei der Oxydation des Eisensulphids zu Eisensulfat auftretende Wärmeent wicklung einen bedeutenden Einfluss auf die Selbsterhitzung und Selbstentzündung der Steinkohlen haben müsse, wurde diese Ursache fast allgemein und aus schließlich zur Erklärung der Selbstentzündung von Steinkohlen angenommen. Und obzwar Dr. E i c h t e r unzweideutig nachgewiesen hat, dass diese Erklärung gar nicht zutrifft, und Dr. B e r c y bereits im Jahre 1864 aussprach, dass bei der spontanen Entzündung der Steinkohlen auch die Oxydation der Kohle und ihrer bituminösen Bestandtheile mitwirken muss, so wurde doch an der alten Erklärung festgehalten. Das Eisendisulphid findet sich in den Steinkohlen in verschiedenen Formen. Zuweilen tritt es als braunes Pulver auf, welches durch die ganze Masse zerstreut und nur schwer von der Kohle selbst zu unterscheiden ist. In größeren Mengen wird es oft als Einsprengung von goldähnlichem Aussehen in Kohlen gefunden, und zuweilen bildet es Schichten von 1—2" Dicke in den Hohlräumen der Kohle. Aber wo Pyrit in so großen Mengen in Steinkohlen vorkommt, wird er ausgeschieden und in der Industrie verwertet, keineswegs gelangt er in diesem Falle mit den Steinkohlen zur Verladung. Wenn die Luft trocken ist, erleidet der Pyrit bei gewöhnlicher Temperatur nur geringe Veränderung; aber in feuchter Luft und bei feiner Vertheilung oxydiert er sich rasch, wobei sich zunächst Ferrosulphat (schwefelsaures Eisen oxydul) und Schwefeldioxyd unter gleichzeitigem Freiwerden von Schwefel bildet, während bei längerer Einwirkung feuchter Luft sich das Ferrosulphat weiter oxydiert und in basisches Ferrisulphat (basisch schwefelsaures Eisenoxyd) um wandelt. Die bei diesem Oxydationsprocesse auftretende Wärmeentwicklung nun wurde als Ursache der Selbstentzündung angesehen. Wenn man aber bedenkt, dass einige von den Kohlengattungen, die besonders zu spontaner Entzündung geneigt sind, nur 0,8% Eisendisulphid und selten mehr als 1,25 % davon enthalten, so wird die Annahme, dass dies die einzige Ursache der Selbstent zündung sei, ganz hinfällig. Wenn man die in 50 kg Kohle enthaltenen Pyrite an eine Stelle concentrieren und rasch bis zu Ferrosulphat oxydieren ließe, so würde die dadurch entwickelte Wärme kaum 100° C. Temperatursteigerung der Masse bewirken können, wenn nämlich alle Wärmeverluste ausgeschlossen blieben. Überdies wird Pyrit in der Industrie in großen Quantitäten gebraucht, wobei er in nahezu pul verförmigem Zustande an der Luft oxydiert wird. Sobald nicht kohlige Substanzen zugegen sind, tritt dabei eine kaum merkliche Erwärmung, aber keineswegs eine Temperatursteigerung bis zum Entzündungspunkte der Steinkohle ein; wenn jedoch kohlige Substanzen in feinvertheilter Form bei gemischt sind, dann tritt häufig in kleineren Haufen Erhitzung und Selbst entzündung ein. Verfasser hat die Entzündungstemperatur einiger Kohlengattungen sorg fältig bestimmt und gefunden: Cannel-Kohle entzündet sich bei 370° C. Hartlepoolkohle „ „ „ 408 „ Lignitekohle „ „ „ . . 450 „ Walliser (Cardiff-) Dampfkohle entzündet sich bei 480 „ so dass also wohl gar nicht angenommen werden kann, dass die geringe Spur
532 von Eisenpyrit, der in einer großen Quantität Kohle vertheilt und langsamer Oxydation unterworfen ist, eine derartige Temperatursteigerung bewirken könnte. Dr. R i c h t e r hat dies auch direct erwiesen und ausgesprochen, dass die Pyrite eben nur ihren Antheil zur Temperatursteigerung beitragen, weiter aber die Selbstentzündung der Kohlen nicht beeinflussen. In letzterer Beziehung scheint mir aber die Behauptung nicht ganz richtig zu sein, indem Versuche, die ich demnächst beendigen und veröffentlichen werde, darthun, dass Pyrite, wenn sie in größerer Menge vorhanden sind, die Selbstentzündlichkeit von Stein kohlen dadurch steigern, dass sich aus ihnen unter gewissen Umständen Schwefel ausscheidet. Nun entzündet sich Schwefel aber schon bei 250° C, so dass durch die Gegenwart freien Schwefels die Entzündungstemperatur um mehr als 100° C. herabgedrückt erscheint, der Schwefel also hier eine ähnliche Rolle wie im Schießpulver übernimmt, wo er die Entzündungstemperatur herabdrückt und die Geschwindigkeit der Verbrennung steigert. In großem Maße fördern Pyrite auch noch dadurch die Selbstentzündung der Kohle, dass sie bei ihrer Umwandlung in Sulphat an Raum zunehmen und dabei die Kohle zerklüften, wodurch frische Oberflächen der Einwirkung der Luft ausgesetzt werden, und die Energie der chemischen Action, folglich auch die Temperatursteigerung, erhöht wird. Wir können nun die Vorgänge überblicken, welche zur Selbsterhitzung der Kohlen beitragen und ihre Selbstentzündung herbeiführen können. Die frisch geförderten Kohlen beginnen, wie sie aus der Grube gelangen, Sauerstoff zu absorbieren. Aber wenn sie nicht in ungewöhnlich großen Haufen gelagert werden und nicht gar zu viel Kleinkohle enthalten, zeigen sich hier gewöhnlich keine wahrnehmbaren Temperatursteigerungen, indem die exponierte Oberfläche relativ klein ist, und die Luft zwischen den Kohlenstücken frei streichen kann, wodurch die gebildete Wärme rasch abgeleitet wird. Hierauf werden die Kohlen, nachdem die auffallend großen Stücke von Pyrit entfernt wurden, auf die Roll wägen geladen, wobei sie durch Stoßen und Schieben verkleinert werden, und die exponierte Oberfläche sich vergrößert. In die Docks gelangt, werden sie auf die vielerlei bekannten Weisen eingeschifft, und während dieser Procedur wird der meiste Schaden zugefügt. Die Kohlen, welche zuerst ins Schiff gelangen, werden, da sie von großer Höhe herabstürzen, zumeist in kleine Stücke zer schlagen, und da sie die Last der weiteren Ladung tragen müssen, werden sie zu Staub reduciert, so dass die Ladung schließlich in den unteren Theilen aus Kleinkohlen und Staub besteht. Während dieser Zeit tritt unvermeidlich Tem peraturerhöhung ein, da die frisch geschaffenen Oberflächen rasch Sauerstoff absorbieren. Dadurch wird die chemische Verbindung zwischen dem absorbierten Sauerstoff und den Kohlenwasserstoffen, sowie den Pyriten eingeleitet. Durch die Verbindung der Pyrite mit Sauerstoff schwillt die Masse an, die Kohle wird zerklüftet und frische Oberflächen werden bloßgelegt. Dies hat zur Folge, dass wieder Sauerstoffabsorption und Erwärmung eintritt, wobei bald die Entzündungs temperatur der Schwefeldämpfe und Schwefelverbindungen, die aus den Pyriten destillieren, erreicht wird, deren weitere Oxydation ihrerseits auch Erwärmung bis zum Entzündungspunkte der Kohlen bewirken kann. Der Vorgang spielt sich nur dann so ab, wenn große Quantitäten von Pyriten vorhanden sind; aber in gewöhnlichen Fällen, wo nur 1—2% Pyrite enthalten sind, wird der Schwefel dampf, der aus den Pyriten destilliert, bei einer Temperatur zu Schwefeldioxyd oxydiert, die unter dem Entzündungspunkt des Schwefels liegt. Aber in solchen Fällen ist die Wärmemenge, welche durch die Sauerstoffabsorption und die Oxy-
533 dation der bituminösen Stoffe der Kohle erzeugt wird, mehr als hinreichend, um die Temperatur bis zur erforderlichen Höhe von 400—500° C. zu steigern, bei welcher sich Kohle entzündet. Zieht man die bekannt gewordenen Umstände und Verhältnisse, unter welchen spontane Entzündung von Kohlenladungen eintreten, in Betracht, so findet man, dass die Wahrscheinlichkeit der Selbstentzündung abhängt: 1. Von d e r G r ö ß e d e r L a d u n g . So wurden bei Ladungen unter 500 t nur 1/4 % spontane Entzündungen bekannt. Bei Ladungen von 500—1000 t über 1%; von 1000—1500 £ gegen 3,5 %; von 1500—2000 t 4,5% und bei Ladungen über 2000 t erreicht die Zahl der Fälle, in welchen Selbstentzündung eintritt, nicht weniger als 9 %. Die Gründe hiefür sind : a) Je größer die Ladung ist, desto mehr nicht leitendes Material trennt die Stelle, wo Wärmebildung auftritt, von jenen Orten, von welchen Abkühlung erfolgen kann; b) je größer die Ladung ist, desto mehr wifd die Kohle beim Einladen zerstückelt und desto größere active Oberfläche wird daher geboten. 2. Vom H a f e n , nach welchem die Ladung geht. Von 12 631 Schiffen nach europäischen Häfen sind im Jahre 1873 nur 10 verunglückt; während von 4485 Schiffen nach Häfen von Asien, Afrika und Amerika nicht weniger als 60 zugrunde gegangen sind. Die Ursache liegt einerseits in der Länge der Zeit, welche die Kohlenladungen an Bord bleiben, anderseits auch in der Temperatur der Tropen. 3. Die B e s c h a f f e n h e i t der K o h l e . Einige Kohlengattungen sind mehr, andere weniger zur Selbstentzündung geneigt. So tritt spontane Entzündung häufiger bei Kohlen von der Ostküste Englands als bei jenen von Süd-Wales ein. Wie aber bereits erwähnt, ist die Menge der beigemischten Kleinkohlen von so großem Einflüsse,- dass eine Ladung guter Kohlen von der Ostküste weniger gefährlich ist, als wenn Kohlen von der Westküste mit Staub und kleinen Stücken vermischt sind. Die Annahme, dass der Procentgehalt an Pyriten einen Maßstab für die Neigung der Kohle zur Selbstentzündung abgebe, muss ganz fallen gelassen werden, da die Erfahrung gezeigt hat, dass manche an Pyrit arme Kohle sich sehr häufig selbstentzündet, während andere, an Pyriten sehr reiche Kohlen vollkommen feuersicher sind. Einen weit sichereren Anhaltspunkt für die Beurtheilung der Selbstentzündlichkeit gibt die Feuchtigkeitsmenge, welche die an der Luft getrocknete Kohle zurückhält, und zwar ist, je höher sich die zurückgehaltene Feuchtigkeit- nach mehrtägigem Aussetzen in trockener Luft erweist, desto größer die absorbierende Kraft der Kohle, desto größer auch die Neigung zu spontaner Erhitzung und Entzündung. Dies tritt sehr deutlich aus der folgenden Tabelle (S. 534) hervor, in welcher die Menge der vorhandenen Pyrite und der zurückgehaltenen Feuchtigkeit der Neigung zur Selbstentzündung entgegengestellt erscheint. Die äußerliche Anfeuchtung der Kohlen hat anfangs zur Folge, dass die Absorption von Sauerstoff verzögert wird ; in der Folge aber wird die Oxydation der Pyrite gefördert, wodurch Verkleinerung der Kohlen und damit Aufdeckung frischer Oberflächen eintritt, was Erhitzung herbeiführt. 4. D i e G r ö ß e d e r K o h l e n s t ü c k e , indem Kleinkohle mehr Neigung zur Selbstentzündung zeigt als große Kohle. 5. F e u c h t i g k e i t u n d P y r i t g e h a l t , wie bereits dargelegt. Mittheilungen aus dein Gebiete des Seewesens 1890, Nr. 8 und 9.
35
534
Neigung zu spontaner Entzündung
% Pyrite
% Feuchtig keit
sehr wenig
1,13 1,01 bis 3,04 1,51
2,54 2,75 3,90
mittlere
1,20 1,08 1,15
4,50 4,55 4.75
große
1,12 0,83 0,84 1,00
4,85 5,30 5,52 9,0
6. D i e V e n t i l a t i o n d e r L a d e r ä u m e . Die sogenannte Ventilation, welche von Zeit zu Zeit empfohlen wird, ist nach Ansicht des Autors zweifellos eine jener Maßregeln, welche am meisten die Selbstentzündung fördern. Damit nämlich die Ventilation nützlich sei, müsste continuierlich kalte Luft durch die Kohlen getrieben werden und es ihr möglich sein, alle Theile derselben zu durchstreichen, was einfach unausführbar ist. Die gewöhnliche Art der Ventilation, die nur kurz andauert und geringe Mengen Luft den Kohlen zuführt, vergrößert eher die Gefahr. Die Ursache dessen ist leicht begreiflich. Dampfkohle absorbiert nahezu das Zweifache ihres Volumens Sauerstoff, was sich unter günstigen Umständen in etwa 10 Tagen vollzieht. Und dieser Sauerstoff ist es, welcher in den nächsten Phasen der Vorgänge in chemische Action tritt und die bedenkliche Wärmebildung veranlasst. 1 t Kohle nimmt an 42—43 Cubikfuß (1,18—1,21 m?) Raum ein und enthält bei regel mäßiger Ladung sehr annähernd 12 Cubikfuß (0,34 m ) Luft, d. h. auf 42 Cubikfuß Laderaum kommen 12 Cubikfuß Luft und 30 Cubikfuß Kohle. 30 Cubikfuß Kohlen, welche durch die Operation der Ladung zum großen Theile gebrochen sind und daher frische Oberflächen exponieren, werden in den ersten 10 Tagen circa 60 Cubikfuß Sauerstoff absorbieren können, wenn er ihnen geboten ist. Nun enthält die Luft annähernd ein Fünftel ihres Volumens an Sauerstoff, so dass 60 Cubikfuß Sauerstoff an 300 Cubikfuß Luft darstellen, das ist das 25fache derjenigen Menge, die vorhanden ist. Es ist also klar, dass wenn die Luft vollkommen abgeschlossen bleiben würde, nur der 2 5 . Theil der Sauerstoffmenge vorhanden wäre, die aufgenommen werden kann, daher auch die Erhitzung nur eine geringe bleiben müsste. Um hingegen die größte Wärmemenge zu producieren, müsste die gesammte in der Ladung enthaltene Luft 25mal in den ersten 10 Tagen gewechselt werden, und das ist beiläufig die Leistungsfähigkeit der gewöhnlich benützten Ventilationsein richtungen. Eine sehr deutliche Illustration für die Schädlichkeit der sogenannten 3
Ventilation geben die Kohlenschiffe
EUXINE,
OLIVER CROMWELL,
CALCUTTA und
CORAH, welche alle in Newcastle zu gleicher Zeit mit derselben Kohlengattung bei sonst gleichen Verhältnissen geladen wurden. Die ersten drei waren nach Aden bestimmt und hatten Ventilation ; der CORAH war nach Bombay bestimmt und hatte keine Ventilation. Die drei gut ventilierten Schiffe sind durch spontane
535
Entzündung der Ladung zugrunde gegangen, während der CORAH Bombay ohne Schaden erreicht hat. 7. T e m p e r a t u r e r h ö h u n g infolge Anwendung vonDreifach-Expansionsmaschinen und von Kesseln für hohe Spannungen. Es wurde bereits dargelegt, dass alles, was die Initialtemperatur zu er höhen vermag, die Lebhaftigkeit der chemischen Action fördert. Dampf von 8 0 Pfd. Druck ( 5 , 6 at) hat eine Temperatur von 1 6 2 ° C. und die Tem peratur in den Heizräumen auf Schiffen, wo mit solchen Kesseln gearbeitet wird, beträgt 3 8 — 5 4 ° C. Dampf von 1 5 5 Pfd. Druck ( 1 0 , 9 at) hat eine Temperatur von 1 8 6 ° C. und gibt eine entsprechende Temperatursteigerung in den Heizräumen und den angrenzenden Localitäten, im Mittel eine Steigerung von etwa 5 — 6 ° C. Der Autor zeigt dies an Aufschreibungen, die auf zwei englischen Kriegsschiffen, CROCODILE und MALABAR, geführt wurden, welche früher einfache Niederdruckmaschinen hatten und später mit Dreifach-Expansionsmaschinen ausgerüstet wurden. Nachdem wir nun die physikalischen und chemischen Vorgänge erörtert haben, welche die Erscheinung der spontanen Entzündung herbeizuführen geeignet sind, wollen wir jetzt die Vorsichtsmaßregeln anführen, welche zur möglichsten Verhütung dieser Unglücksfälle ergriffen werden müssen. Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung spontaner Entzündungen. 1. W a h l der K o h l e z u r E i n s c h i f f u n g für f e r n e H ä f e n . Die Kohle soll in so großen Stücken wie möglich gewählt werden und frei von Staub sein. Es ist besser, wenn sie frei von Pyriten ist, um die nachfolgende Zerklüftung zu verhüten; sie soll ferner, wenn lufttrocken, nicht mehr als 3% Feuchtigkeit enthalten. 2. V o r s i c h t e n b e i m E i n s c h i f f e n . Kohle, welche nicht mindestens einen Monat vor der Übernahme aus der Grube gefördert und an der Luft gelegen ist, soll für ferne Häfen nicht eingeschifft werden. Beim Einschiffen soll alle Vorsicht gebraucht werden, dass die Kohle nicht verkleinert werde und unter keinen Umständen soll man die Anhäufung von Kohlenstaub unter den Luken zulassen. Womöglich soll nur trockene Kohle genommen und nicht bei Regenwetter eingeschifft werden, da die äußere Feuchtigkeit den Oxydationsprocess der Pyrite beschleunigt und Zerklüftung der Kohlen herbeiführt. . 3. V o r s i c h t s m a ß n a h m e n an B o r d von K o h l e n s c h i f f e n . Zwei fellos ist diese Seite der Frage die wichtigste. Es sei zunächst erwähnt, dass alle Vorrichtungen, welche dazu bestimmt sind, eine übermäßige Erhitzung der Kohlen anzuzeigen, ganz oder nahezu ganz automatisch wirken müssen, denn man kann während schwerer Wetter keinem von der Schiffsbemannung zumuthen, dass er Thermoskope u. dgl. abliest, oder vorgeschriebene Verrichtungen regel mäßig durchführt. Die Kohlendepots sollen von den übrigen Schiffsräumen gasdicht ab geschlossen sein. Wenn die Kohlenladung aufgenommen ist, sollen die Luken nicht wieder geöffnet werden, bis das Schiff den Bestimmungsort erreicht hat. Ventilation soll nur insoweit stattfinden, dass am höchsten Punkte jedes Kohlendepots ein 5 0 mm weites Bohr angebracht wird, welches circa 3 , 5 m über Deck heim nächsten Mast frei in die Luft mündet. Dies wird hinreichen, um den brennbaren Gasen, die sich aus den Kohlen entwickeln, freieren Abzug zu gestatten,
536 wird aber Luftzutritt in jenem Maße nicht möglich machen, welches die Selbst erhitzung fördert. Inmitten der Kohlenladung sollen in regelmäßigen Abständen von etwa 2 m Eisenröhren vertheilt sein, die am Schiffskörper befestigt sind und Allarmtermoskope von beiläufig folgender Construction enthalten. In das länglich ge formte Quecksilbergefäß eines Thermometerrohres aus Glas ist ein Platindraht eingeschmolzen, welcher mit dem Quecksilber beständig in Contact ist. Ein zweiter Platindraht ist in das Thermometerrohr eingeschmolzen und endigt in einem Punkte desselben, welcher dem Quecksilberstande bei der höchsten zu lässigen Temperatur entspricht. Die beiden Platindrähte jedes so hergerichteten Thermoskops sind über eine Batterie zu einer Allarmglöcke und einem Indicator geführt. Wenn in einem der Kohlendepots die Temperatur bis zu bedenklicher Höhe steigt, ertönt die Allarmglocke und der Indicator zeigt den Raum an, in welchem dies der Fall ist. Des weiteren empfiehlt der Autor die Vertheilung von Stahlflaschen, welche mit flüssigem Kohlendioxyd (Kohlensäure) gefüllt und mittels Hahn verschlossen sind. An einer Stelle ist ein Pfropf aus einer Metall-Legierung eingesetzt, die bei etwa 93° C. — also bei einer Temperatur, welche durch natürliche Umstände nie auf einem Schiffe erreicht wird — schmilzt. Wenn diese Temperatur erreicht wird, strömt Kohlendioxyd aus, wodurch nicht nur sehr bedeutende Abkühlung eintritt, sondern auch ein Gas in den Raum entsendet wird, welches jede weitere Selbsterhitzung und Verbrennung unterdrückt. Flüssige Kohlensäure wird gegenwärtig in großem Maß stabe fabriksmäßig dargestellt und findet vielfach Verwendung auf Schiffen, so beispielsweise zum Aeriieren des Wassers, zum Treiben von Torpedos und zur Kälteerzeugung. Wenn Kohlendioxydgas bei 36 at Druck und 0° C. comprimiert wird, nimmt es flüssige Form an. Und wird die Flüssigkeit dem gewöhnlichen Luft drucke ausgesetzt, so verwandelt sie sich wieder in Gas, wobei große Wärme mengen gebunden werden und die Temperatur bis — 78° C. sinken kann. Wenn demnach der Sicherheitsverschluss einer Kohlensäureflasche schmilzt, tritt das Gas unter einem Drucke von über 120 at aus und kühlt einen großen Raum um den Erhitzungsherd bis zu sehr tiefer Temperatur ab. Damit hört aber die Wirkung der Kohlensäure nicht auf. Das kalte, schwere Gas bleibt nämlich durch einige Zeit mit der Kohle in Berührung, weil es durch die engen Abströmungsröhren nur langsam aus den Kohlenräumen diffundiert. Und wenn Kohle jene Menge Sauerstoff absorbiert hat, welche sie zu absor bieren vermag, so behält sie noch immer ein bedeutendes Absorptionsvermögen für Kohlensäuregas; weiters vermag Kohle, welche erhitzt und hierauf rasch abgekühlt wurde, ganz besonders große Quantitäten von Gas aufzunehmen und festzuhalten, so dass eine Kohle, welche auch nur bis zu relativ geringem Grade erhitzt und dann abgekühlt wurde, ganz unbedenklich ist und nie wieder der Selbsterhitzung unterliegt. Ist ein Brand in einem Kohlendepot entstanden, so ist die gewöhnliche Art des Löschens mit Wasser unzureichend. Die Entzündung tritt nämlich zu meist in den unteren Theilen der Ladung ein, und wenn Wasser von oben zugeführt wird, verwandelt es sich früher in Dampf, bevor es zum Feuerherd gelangt. Der Autor empfiehlt die Anordnung von systematisch vertheilten Rohr leitungen am Boden der Kohlendepots, welche Rohrleitungen stellenweise durchlocht sind und durch welche mittels Kingston-Ventil Seewasser in die Kohlenlager, be-
537 ziehungsweise in die unteren Partien der Kohlen geschickt werden kann. Dieses Wasser wird sich sofort in Dampf verwandeln und die oberen Partien abkühlen ) . Die Benützung sowohl der Kohlensäureflaschen wie der Wasserlöschung wird volle Sicherheit gewähren. Wenn die angeführten Vorsichtsmaßregeln zur Anwendung gelangen, wird keinerlei Gefahr für das Schiff bis zu seinem Eintreffen am Bestimmungsorte auftreten. Dort angelangt, soll beim Öffnen der Luken nicht gestattet werden, dass man sich denselben mit offenem Lichte nähert, und dass man in die Depots einsteigt, bevor den angesammelten Gasen Zeit gelassen ist zu entweichen. Wenn die mit Kohlensäure gefüllten Cylinder geöffnet wurden, ist wohl keine Explosionsgefahr vorhanden oder sie ist doch bedeutend vermindert, indem die Gegenwart der Kohlensäure die Explosionsfähigkeit des Gemisches von Sumpf gas — das einige Kohlen ausströmen — mit Luft stark herabdrückt; aber eine mit Kohlensäure geschwängerte Luft ist nicht athembar und würde den Menschen gefährden. Wenn eine in den Kohlenraum versenkte Sicherheitslampe mit ebenso großer und reiner Flamme brennt, wie an offener Luft, dann kann derselbe erst bestiegen werden. Um Selbsterhitzung und Selbstzündung von Kohlenlagern am Lande zu verhüten, eignet sich flüssige Kohlensäure weniger gut. Hier w ird die Benützung von Theer und Theerölen, welche die Poren der Kohlen verlegen, in hohem Maße die Wärmeentwicklung verhindern, wie L a c h m a n bereits gegen 1870 ausgesprochen hat. (Nach „The Marine Engineer", „Engineering" und „The Engineer".) M. B. l
r
Über die Unterwasser-Lancierungen des automobilen Torpedos in der Kielrichtung und über einige schwebende torpedistische Fragen. Von allen Unterwasser-Lancierarten des automobilen Torpedos, wie sie dermalen auf Schiffen gebräuchlich sind, ist es unbestreitbar die Buglancierung, bei welcher, unter Anwendung richtiger Behelfe, die correctesten Torpedobalmen erzielt werden, da sie am wenigsten bahnstörenden Einflüssen unterliegt. Außerdem zeigt sich diese Lancierart — wie später ersichtlich gemacht werden wird — in gewisser Bichtung für den Calcul sehr zugänglich, was besonders vortheilhaft ausgenützt werden kann, wenn es sich darum handelt, die Lanciereinstellungen für ein neues Schiff zu ermitteln. Es ist dies eine Gelegenheit, um den Beweis zu erbringen, dass die Anwendung gut gewählter Axiome auch bei der praktischen Lösung torpedistischer Fragen, abgesehen von lichtverbreitenden Verallgemeinerungen, zu großer Geldund Zeitersparnis führen kann. Die Erfahrung im Vereine mit der Theorie weist uns auf mannigfaltige Ursachen hin, welche beim automobilen Torpedo Bahnstörungen hervorrufen; wir wollen uns indessen hier hauptsächlich nur mit solchen derlei Störungen 1
l
) Bei der darauf folgenden Discussion wird der Anwendung von Wasserdampf, welcher unter hohem Druck in die erhitzten Kohlenräume gesendet wird, der Benützung von Wasser gegenüber der Vorzug zuerkannt.
538
beschäftigen, die aïs Folgen plötzlicher und starker Tiefensteuerausschläge und der durch dieselben erzeugten brüsken Drehungen des Torpedos um seine Hauptquerachse aufzufassen sind. Eine flüchtige Betrachtung der Bewegungsverhältnisse des Torpedos könnte zwar zur Anschauung verleiten, dass diese brüsken Schwingungen mit dem Austritte der Torpedospitze aus der Lancierebene (wenn dieser Ausdruck als Analogon zur artilleristischen „Schussebene" gestattet ist) nichts gemein haben; dem ist jedoch, wie wir in kurzem anzudeuten bestrebt sein werden, nicht so. So wäre vorerst zu erwähnen, dass, wenn wir einen für die Ruhelage gut ausbalancierten Torpedo in den Schwimmtrog legen und ihn in Stampfbewegung versetzen, seine Spitze im Verlaufe dieser Schwingungen möglicherweise aus der Ebene seiner Bewegungen heraustreten wird. Die Ausbalancierung galt demnach wohl für den Zustand der Ruhe, aber nicht für den der Bewegung, Des Weiteren können wir den Torpedo, der sich im Laufe, beziehungsweise dessen Maschine sich in Bewegung befindet, als ein starres System materieller Punkte betrachten, in welchem, abgesehen von der vorwärtsbewegenden Kraft, auch innere Kräfte zur Geltung kommen, deren Resultante bahnablenkende Wirkungen hervorbringt. Diese Resultante kann in eine verticale und in eine horizontale Componente zerlegt werden. Die Wirkungen der verticalen Componente werden mittels des vom Tiefgangregulator durch die Steuermaschine bethätigten Tiefensteuers ausgeglichen, während man den von der Seitencomponente erzeugten, seitlichen Abweichungen durch Stellung der sogenannten Supplementarsteuer zu begegnen sucht; es ist dies jedoch, wie nicht erst bewiesen zu werden braucht, eine Maßnahme, die mehr einem Nothbehelfe als einer definitiven Correctur gleichkommt. Um sich eine beiläufige Erklärung dafür zu bilden, dass die im Torpedo wirkenden inneren Kräfte dessen Laufrichtung beeinflussen müssen, braucht man sich nur den Weg der Betriebsluft zu versinnlichen, wie sie im Leitungsrohre vom Beservoire durch den Spannungsregulator nach den Cylindern strömt, sowie sich vor Augen zu halten, dass besagtes Rohr in keiner Symmetrie-Ebene des Torpedos liegt, dass die Luft nicht auf der ganzen Länge dieses Rohres die gleiche Spannung haben kann, sowie dass sie im Spannungsregulator Massen in Auf- und Abbewegung setzt, wobei jede Kraftwirkung ihre Gegenwirkung hat u. s. w. Wären Zuströmungsrohr zur Maschine (Leitungsrohr), Regulator und Steuermaschine derart gelagert, dass sie in den verticalen Torpedo-Längsschnitt fielen, so würde die Gesammtwirkung der mehrerwähnten inneren Kräfte vollends vom Tiefensteuer aufgenommen, was aber unter den obwaltenden Umständen eben nicht der Fall ist. Die laterale Placierung des Luftregulators und der Steuermaschine sind Concessionen an die Raumökonomie, von welchen, insolange das jetzige System aufrecht erhalten bleibt, wenigstens bei den kleineren Typen, unmöglich abgegangen werden kann. Nachdem wir nun die ablenkenden Wirkungen, welche durch die inneren Kräfte und durch Stampfbewegungen des Torpedos entstehen können, angedeutet haben, wollen wir hier noch eine ziemlich wichtige Ursache hervorheben, die im allgemeinen ein Heben oder Senken der Torpedospitze zu erzeugen imstande ist,
539 Es ist dies nämlich jede Verzögerung oder Beschleunigung, welche der Torpedo während seiner Bahn erfährt. Die analytische Erklärung hiefür ist einfach folgende:
Ist die Torpedobewegung eine beschleunigte, so können wir uns den aus der Subtraction Impuls minus Widerstand erhaltenen Best durch die mit der Längsaxe a a zusammenfallende Kraft F/, Eig. 1, versinnlicht denken, welcher wir z. B. ihren Angriffspunkt oberhalb des Schwerpunktes anweisen. Wenn wir uns nun am Schwerpunkte zwei Kräfte, Pu und Pni, angebracht denken, die ihrer Größe nach gleich Pj und mit derselben parallel laufen, aber zuein ander, entgegengesetzt gerichtet sind, so wird hiedurch an den bestehenden Verhältnissen nichts geändert; wohl aber können wir uns nun die Combination dieser drei Kräfte in eine, im Schwerpunkte anfassende und den Torpedo beschleunigende Kraft P j j und ein Kräftepaar PI PIII zerlegt denken, welches die , Torpedpspitze. nach abwärts zu bewegen bestrebt ist. Bei verzögerter Bewegung tritt ein inverses Verhältnis auf; der Best aus der Subtraction Impuls minus Widerstand erhält das negative Zeichen, die Kraft .Pj ist im Vergleiche zu früher verkehrt gerichtet, und die Combination x
zerfällt in die im Schwerpunkte angreifende retardierende Kraft Pu, sowie das den Torpedo diesmal mit der Spitze nach aufwärts drehende Paar P j Pm. Die den Beschleunigungsfall charakterisierenden Umstände sind bei jenen Lanciermethoden in Betracht zu ziehen, bei denen der Torpedo mit einer Ge schwindigkeit, die kleiner als seine volle Laufgeschwindigkeit ist, in das freie Wasser tritt, wie dies z. B. bei Lancierungen aus dem sogenannten Bahmen, der Lancierkanone mit Führungsschaufel u. s. w. der Fall ist. Um hiebei zu vermeiden, dass der Torpedo zu Anfang seiner Bahn in zu große Tiefen gerathe, behilft man sich bekanntlich mit der Fixierung des Steuers nach „oben"; es ist dies aber auch wieder nur ein Palliativmittel, weil die dem Kräftepaar Pi Pm entgegengesetzte Wirkung des Steuers die anfänglichen Tiefen des
540 Torpedos, welche sie beeinflussen soll, keineswegs genau, sondern nur annähernd regeln kann. Hier wäre noch hervorzuheben, dass das nach oben fixierte Steuer den Torpedo in labiler Weise beansprucht, weil die hiedurch erzeugte Kraft ihren Angriffspunkt oberhalb des Schwerpunktes hat und nach abwärts drückt, femer, dass beim Auslösen des Steuers, falls dasselbe noch während der sogenannten Fahrtbeschleunigungsperiode erfolgt, die Torpedobahn stets eine, wenn auch oft nur kleine Alteration erfährt, die sich durch den sogenannten Haken in den vom Torpedo aufsteigenden Luftblasen leicht erkennen lässt ). Wenn wir uns nach all dem bis jetzt Erwähnten die Frage vorlegen, bei welchem Lanciermodus mit einem Torpedo die correcteste Bahn zu erzielen ist, so kann dieselbe nur dahin beantwortet werden, dass hiezu der Torpedo unter Wasser, beiläufig in seiner Lauftiefe, horizontal zu placieren ist, ferner dass die Lancierung unter einem Impulse zu erfolgen hat, der den Torpedo mit der seiner normalen Maschinenadmissionsspannung entsprechenden Ge schwindigkeit in das freie Wasser treten lässt. Hiebei soll eine kurze Steuerarretierung angewendet werden, und wird es sich empfehlen, wenn die bezügliche Vorrichtung ein successives Freigeben des Steuers gestattet. Die analytische Erklärung des Zustandes, in welchem sich der bei correcter Lancierung aus dem Bohre tretende Torpedo befindet, lautet dahin, dass bei demselben die Impulskraft gleich dem Widerstande ist und er weder beschleu nigenden, noch retardierenden, noch drehenden Kräften unterliegt. Diese Bedingungen können beim Bugunterwasser-Apparate sowohl bei stehendem Schiffe, als bei allen Fahrtgeschwindigkeiten durchwegs erfüllt werden, und es handelt sich nur darum, den der jeweiligen Fahrtgeschwindigkeit ent sprechenden Lancierimpuls festzustellen, was sich am schnellsten durch Ver suche im Vereine mit dem Calcul erreichen lässt. — Hiebei wird nebst den Tiefennetzen auch der W h i t e h e a d ' s c h e Torpedobahnindicator eine sehr nütz liche Anwendung finden können. Der Anfang der Versuche erfolgt mit der Ermittelung des für eine correcte Lancierung bei stehendem Schiffe entsprechenden Druckes im Lancier reservoir, was auf praktischem Wege bewerkstelligt wird. Die Impulsverhältnisse werden durch die Formel: 1
dargestellt, in welcher L = Arbeit, welche die im Lancierreservoir aufgestapelte Luft bei ihrer Aus dehnung bis zur Bohrmündung leistet, v = Volum des Lancierreservoirs, v = v Volum des Lancierrohres, p = Spannung der Luft im Lancierreservoir, a
n
a
+
a
Wärmecap. bei constantem Drucke
k = dem Coefficienten 1,41
(für
Luft)
, Warniecap. bei constantem Volum
V = Torpedogeschwindigkeit nach Ablauf des Lancierimpulses, 1) Die Rabmenlancierung (ohne Impuls) erfordert nicht bei allen Torpedogattungen eine Steuerfixierung (Arretierung) nach „oben", da bei einigen derselben die Normal stellung die besten Resultate gibt; eine Arretierung muss jedoch hiebei schon mit Rücksicht auf den Tiefgangregulator, beziehungsweise dessen Spiel, während der Be schleunigungsperiode stets stattfinden.
541 m = Lancierte Masse (d. i. des Torpedos und des im Rohre befindlichen Wassers), No = Arbeit zur Überwindung: des äußeren Atmosphärendruckes, des Druckes der Wassersäule bis zur Oberfläche, des Wasserwiderstandes, welchen der Torpedo während der Ingangsetzungsperiode erfährt (eventuell durch die Schiffsgeschwindigkeit vermehrt), der Reibung des Torpedos im Rohre, endlich den sonstigen, aus verschiedenen Ursachen entstehenden Arbeitsverlusten (die übrigens durch das, schon bei Anfang des Impulses beginnende Ausströmen der Torpedobetriebsluft in das Lancierrohr wenigstens zum Theile behoben werden). Die linke Seite der Gleichung zeigt uns die bekannte thermodynamische Formel zur Bestimmung der Arbeitsleistung gespannter Gase bei ihrer Ausdehnung zwischen zwei gegebenen Volumen (im vorliegenden Falle für die Ausdehnung bis zur Bohrmündung), während die rechte Seite die Verwendung dieser Arbeitsleistung specialisieren soll. Selbstverständlich hat bei der hier von uns ins Auge gefassten Buglancierung der Versuch nicht nur das erste, sondern auch das letzte Wort zu sprechen, und soll uns die obige Formel, wenn sie richtig angewendet wird, nur ein Mittel bieten, um bei Neubestimmung der Lanciereinstellungen für die verschiedenen Fahrtgeschwindigkeiten eines Schiffes den richtigen Einstellungen schon mit Hilfe der Bechnung sehr nahe zu kommen, so dass die Versuche eine wesentliche Kürzung erfahren und jedes Tappen, das zum Herausspringen des Torpedos aus dem Wasser, oder zum Indengrundfahren desselben führen kann, vermieden wird. Die Versuche müssen, wie schon bemerkt, jedenfalls bei stehendem Schiffe beginnen, wobei das Torpedosteuer in horizontaler Stellung für ganz kurze Zeitdauer zu arretieren ist; es wird hiebei die erste Aufgabe sein, mittels Versuches denjenigen Lancierdruck herauszufinden, welcher dem Torpedo eine Initialgeschwindigkeit ertheilt, die seiner maximalen Laufgeschwindigkeit gleichkommt. Als bezügliche Contrôle dienen die vor dem Bugrohre ausgestellten Tiefennetze, sowie der vom Torpedo geführte Tiefenindicator, weiLjeder Geschwindigkeitswechsel beim Übergange vom Ausstoßimpulse zum Maschinenimpulse, mache er sich nun durch Acceleration oder Retardation bemerkbar, nach den oben entwickelten Principien Tiefenschwankungen zur Folge hat, die selbstverständlich an den Netzen und am Indicator abgelesen werden können. Als Anhaltspunkte, zur Kürzung der Versuche können auch Daten von erprobten Apparaten des gleichen Systèmes dienen, wobei, wenn z. B. der neue Apparat länger sein sollte, auf der linken Seite der Gleichung das geänderte Verhältnis von
1
und auf der rechten die Vergrößerung von /
3
m
v
2
(wegen der größeren Menge des im Lancierrohre befindlichen Wassers), sowie der Constanten in Betracht zu ziehen ist. Bei Beginn der Versuche wird es sich empfehlen, auf kurze Laufweite tempierte und nicht ganz luftgefüllte Torpedos anzuwenden. Nach genauer Bestimmung der Lanciereinstellungen, beziehungsweise des Impulsdruckes bei stehendem Schiffe, kann zur Ermittlung des Impulsdruckes für die verschiedenen Fahrtgeschwindigkeiten geschritten werden, wobei es vollkommen ausreichen wird, Geschwindigkeitsdifferenzen von beiläufig 4 Knoten platzgreifen zu lassen.
542 Selbstverständlich ist mit der niedersten Fahrtgeschwindigkeit zu be ginnen, und hat man sich hiebei Folgendes vor Augen zu halten. Bei fahrendem Schiffe besitzt der Torpedo schon die Geschwindigkeit des ersteren, und es muss daher die ihm ertheilte Austrittsgeschwindigkeit (Impuls geschwindigkeit) um den Betrag der Fahrt des Schiffes geringer sein, als bei Lancierungen vom stehenden Schiffe, damit er unter den unabweislichen Ge schwindigkeitsbedingungen in das ruhende Wasser trete. Angenommen, der lancierte Torpedo besitze eine Geschwindigkeit von 16 m und das lancierende Schiff eine solche von 3 m pro Secunde, so wird für diesen Fall die Spannung im Lancierreservoir derartig vermindert werden müssen, dass der für das stehende Schiff berechnete Wert von „L" (in der mehrerwähnten Gleichung) eine Reduction um den Betrag von 1/ m ( 1 6 - 1 3 erfährt. 2
2 )
2
Dass dieser Vorgang (wenn mittels einer in der 'nächstfolgenden Anmerkung angeführten Methoden verificiert wird), selbst bei großen Schiffs geschwindigkeiten zu guten Resultaten führt, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, da mir diesbezügliche, verlässliche Daten vorliegen ) . ]
1) Gelegentlich eines Aufenthaltes in Fiume hatte ich mit einem fremden TorpedoIngenieur einen Gedankenaustausch, in welchem er auf die Schwierigkeiten hinwies, die ihm nach seiner Rückkehr bei Bestimmung der Laneiereinstellungen für den Bug unterwasserapparat eines 15 Knoten laufenden Schiffes bevorstünden. Ich theilte ihm die obige Formel mit, und hatte bei der nächsten Zusammenkunft in Fiume die Be friedigung, zu hören, dass er mit Hilfe derselben nicht nur die Versuche in überraschender Weise gekürzt, sondern auch vorzügliche Resiütate erhalten habe. Der von ihm eingehaltene Vorgang war folgender. Vorerst wurde, da keine ein schlägigen Behelfe zu Gebote standen, die einer correcten Lancierung vom stehenden Schiffe entsprechende Spannung im Laneierreservoire (Impulsdruck) mit alleiniger Zu hilfenahme der Empirie bestimmt, wozu man, um vollkommen sicher zu gehen und eine Contrôle zu haben (weil die hiebei erhaltenen Daten den Ausgangspunkt für die spätere Rechnung bildeten), zehn Lancierungen vornahm. Hierauf folgte die Bestimmung des Impulsdruckes für das mit vier Knoten Ge schwindigkeit laufende Schiff. Diesbezügliche Versuchsresultate wurden nun in die Gleichungen : (für das stehende Schiff) und (für das fahrende Schiff), eingestellt, wobei m und N als Unbekannte figurierten. Hierauf wurde die Subtraction der unteren Gleichung von der oberen wie folgt vorgenommen und hieraus bei Elimination von A der genaue Wert von m bestimmt, r
0
und Hiebei wurde gefunden, dass der gerechnete und der anfänglich supponierte Wert von m nur minimale Unterschiede aufwiesen. Bei dieser Supposition wurde der größte Theil des vor dem Torpedo im Rohre befindlichen, keineswegs bedeutenden Wasserquantums in Abschlag gebracht, weil dasselbe ohnehin beim Beginne des In gangsetzens des Torpedos aus dem Rohre gedrückt wird und seitlich ausweicht. Die Lanciereinstellungen (Impulsdrücke) für die anderen Fahrtgeschwindigkeiten in Intervallen von vier zu vier Knoten konnten sodann bestimmt werden, ohne dass hiezu eine Probelancierung hätte vorangesendet werden müssen; außerdem zeichneten sich — wie mir berichtet wurde — sämmtliche erzielten Torpedobahnen durch allgemeine Correctheit aus, was wohl auf das Entfallen der bei anderen Lancier arten zu Anfang der Bahn auftretenden Geschwindigkeitsänderungen zurückzuführen ist. Selbstverständlich wurde durch diese Resultate das Vertrauen in die Bugunterwasserlancierung bedeutend gehoben.
543 Wollte man aber noch größere Genauigkeit walten lassen, so könnte allen falls noch der in die Bezeichnung N einbezogene Wasserwiderstand, den der Torpedo, unter dem Impulse erleidet, welcher mit Zunahme der Schiffsgeschwin digkeit steigen muss, als variabel behandelt werden. 0
Dieser Widerstand lässt sich z. B. für Lancierungen vom stehenden Schiffe aus durch die nebenstehende Figur 3 versinnlichen, in welcher die Abscisse A B den Torpedoweg unter Impuls, B C den am Ende des Impulses auftretenden Widerstand, die aus den verschiedenen Punkten von A C gefällten Ordinaten die jeweiligen Widerstände, die Fläche ABC ihrem Inhalte nach die zur Über windung des Gesammtwiderstandes erforderliche Arbeit bedeuten,- während die Curve A C ein Bild vom Verlaufe des Widerstandes geben soll. Für die Lancierung in Fahrt könnte man sich die bezüglichen Widerstandsverhältnisse etwa durch das Diagramm ADCB versinnlichen, in welchem die Ordinate AD den durch die Schiffsgeschwindigkeit verursachten Torpedo widerstand bedeutet. Man wird daher, wenn es sich um einen Wechsel in der Schiffsgeschwin digkeit handelt, Flächendifferenzen, wie etwa A D C, in Betracht zu ziehen haben. Hervorzuheben wäre hier, dass diese Differenzen, wegen des überhaupt geringen Widerstandes des Torpedos, nicht groß ausfallen, so dass sie nur einen mini malen Verbrauch der von der Impulsluft geleisteten Arbeit „L" beanspruchen und die im Lancierreservoir anzuwendende Spannung in sehr geringem Grade beeinflussen werden. Demzufolge wäre es auch ganz überflüssig, in dieser Richtung hin einen genauen Calcul anzuwenden; es wird genügen, eine approxi mative Rechnung platzgreifen zu lassen. Wir werden also als annähernde Wertbezeichnung für obige Arbeitsfläche das Mittel der Quadrate der beiden Torpedogeschwindigkeiten über den MeeresSchließlich hätte ich noch zu berichten, dass im besagten Staate damals folgende (wahrscheinlich jetzt schon perfect gewordene) Einrichtung geplant wurde. Es sollte nämlich ober oder in der Nähe des Lancierapparates eine Vorrichtung angebracht werden, welche die jeweilige Schiffsgeschwdndigkeit anzeigt, damit die Bedienungsmann schaft des Apparates die Spannung im Lancierreservoir stets der Fahrt entsprechend regeln könne. Der Verfasser.
544 grand zu Anfang und zu Ende des Impulses (d. i. in A und inß), multipliçiert mit einem durch Versuche zu bestimmenden Coefficienten, einführen. Bezeichnen wir die anfängliche Torpedogeschwindigkeit (Schiffsgeschwin digkeit) mit l , die Endgeschwindigkeit (Schiffs-plus Impulsgeschwindigkeit) mit- l und den Coefficienten mit K, so wird obige Arbeitsleistung : für das stehende Schiff = / l K, „ „ fahrende „ == / (l + l ) K. Bei Berücksichtigung des Torpedowiderstandes für die Bestimmung der Lanciereinstellungen kann vorerst der in der Anmerkung angegebene Weg eingehalten werden, welcher uns zur genaueren Bestimmung der lancierten Masse (Torpedo und ausgestoßenes Wasser) fuhrt. Unter Berücksichtigung von A / m v schreitet man sodann zur Berech nung des Lancierimpulses für die nächst höhere Geschwindigkeit und corrigiert, beziehungsweise verificiert das erhaltene Eesultat durch den Versuch. Man kann nun für die Lancierverhältnisse bei stehendem Schiffe und den zwei kleinsten Fahrtgeschwindigkeiten folgende drei Gleichungen aufstellen: (stehendes. Schiff), (fahrendes Schiff), a
e
1
2
2
e
x
2
2
a
1
2
e
2
2
in welchen v , v und v die dem Torpedo unter Berücksichtigung der jeweilig obwaltenden Schiffsgeschwindigkeiten l und h. zu ertheilenden Impulsgeschwin digkeiten und N die constanten Verluste (N minus Arbeit zur Überwindung des Torpedowiderstandes unter dem Impulse) bedeuten. Diese Formeln können nun zur Bestimmung der Unbekannten E und N sowie, wenn nöthig, zur abermaligen Verificierung des früher gefundenen Wertes von „m" benützt werden. Nach Ermittlung dieser Größen kann die Berechnung des Lancierimpulses für eine jede beliebige Fahrtgeschwindigkeit des Schiffes keine Schwierigkeit bieten. Hinsichtlich der Bewegungsverhältnisse des Torpedos gleich nach seinem Austritte aus dem Bohre wäre das Folgende zu bemerken. Wie schon mehrfach erwähnt, hat der Torpedo im Momente des been deten Austrittes seines cylindrischen Theiles aus dem Rohre (in welchem auch, wegen des plötzlich freigewordenen Wasserzuflusses zu den Propellern die volle Propulsivkraft der letzteren zur Geltung kommt) eine Impulsgeschwindigkeit erreicht, die der durch die Maschinenkraft zu erreichenden Normalgeschwin digkeit gleichkommt, und es beginnt mit besagtem Momente auch der Übergang von der Impulsgeschwindigkeit zur Maschinengeschwindigkeit. Eine Geschwindigkeitsänderung tritt während dieser Übergangsphase, wie dies nachstehende Begründung zeigt, nicht ein. Nach den Gesetzen der analytischen Mechanik wird die Beschleunigung, welche ein unter Einfluss einer constanten Kraft durch ein Mittel fortbe wegter Körper, dessen Widerstand dem Quadrate der Geschwindigkeit propor tional ist, erfährt, durch die Formel t
2
3
a
x
Q
x
ausgedrückt, in welcher g — der fortbewegenden Kraft,
545 k = dem Widerstandscoefficienten pro Masseneinheit und v= der fortschreitenden Geschwindigkeit des Körpers ist. Wenn in der Bewegung des Körpers das Verhältnis eintritt, dass g = k v2,, so folgt hieraus, dass dann auch
wird, beziehungsweise, dass von diesem Augenblicke an weder eine Beschleu nigung, noch eine Betardation der Körperbewegung eintreten kann, und letztere daher gleichmäßig verläuft. Unter den gleichen Verhältnissen befindet sich auch der Torpedo beim Austritt aus dem Bohre, weil dann der volle Maschinenimpuls wegen des plötzlich frei werdenden Wasserzustromes zur Geltung kommt, und der vom Tor pedo erlittene Widerstand obigem Impulse an Größe gleich ist. Zum praktischen Theile der Aufgabe übergehend, müssen wir besonders betonen, dass zur gründlichen Lösung derselben nicht nur gut regulierte Tor pedos herangezogen werden müssen, sondern auch, dass man sich hiebei aller zugebote stehenden und anwendbaren Beobachtungshilfsmittel, wie z. B. des Whitehead'schen Bahnindicators, der Tiefennetze, des Chronographen u. s. w., insoweit dies möglich, bedienen sollte. Von großer Wichtigkeit ist eine correcte Instandhaltung des Lancier rohres. Nicht nur, dass der Oxydation desselben, welche die Reibung des Tor pedos vergrößern und hiemit ganz veränderte Lancierverhältnisse schaffen würde, durch scrupulose Reinhaltung vorgebeugt werden muss, hat man sich auch durch zeitweilig angestellte Untersuchungen zu überzeugen, ob nicht eventuelle Deformationen des Schiffskörpers das zumeist dünnwandige Lancierrohr in Mit leidenschaft gezogen haben. Wird der Torpedo im Rohre geführt, ohne dass dessen sofortige Ver wendung in Aussicht wäre, so muss die Kappe (Schleuse) geschlossen und das Bohr wasserleer bleiben. Die Öffnung der Kappe soll erst kurz vor dem voraussichtlichen Gebrauche erfolgen, wobei der im Rohre befindlichen Luft durch einen am rückwärtigen Bohrtheil angebrachten Hahn Abfluss zu gewähren ist, so dass sich das ganze Rohr mit Wasser füllen kann. Der Spielraum im Rohre des cylindrischen Torpedotheiles muss aus be greiflichen Ursachen möglichst knapp bemessen sein, was andererseits wieder specielle Einrichtungen erheischt, um den rückwärtigen Rohrtheil schnell mit Wasser füllen zu können, da dasselbe durch den Spielraum nur schwer über strömen könnte. Ein für gute Lancierungen im Ernstfalle geradezu indispensabler Behelf wäre der von mir in der letzten Anmerkung erwähnte Pahrtindicator. Nehmen wir, um ein Beispiel herzuholen, an, dass der Torpedo bei einer Lancierung irrthümlicherweise einen viel geringen Impuls erhalten habe, so wird dies bei der kurz andauernden Steuerarretierung zur Folge haben, dass er im an fänglichen Theile seiner Bahn in außerordentliche Tiefen geräth, und somit möglicherweise unter dem Gegner passiert, für welchen er bestimmt war, falls letzterer sich in nächster Nähe befindet.
546 Wir wollen uns nun der Hecklancierung zuwenden. Es bedarf wohl keines weiteren Beweises, dass die Verhältnisse derselben bei stehendem Schiffe die gleichen sind, wie die der Buglancierung.; ebenso klar ist es, dass bei fahrendem Schiffe mit der Schiffsgeschwindigkeit steigende Lancierimpulse zur Anwendung kommen werden. Die dem Torpedo zu ertheilende (Austritts-) Impulsgeschwindigkeit wird in solchem Falle gleich der Summe aus der Torpedo-Maximalgeschwindigkeit, der Schiffsgeschwindigkeit und. dem größten Theile der Propeller-Slipprocento für letztere ausfallen müssen. Diese Behauptung bedarf übrigens noch einer kurzen Erklärung. Die correcte Lancierung des Torpedos erheischt für denselben bekannter maßen eine Austrittsgeschwindigkeit, vermöge welcher er mit der seiner vollen Maschinenkraft entsprechenden Geschwindigkeit durch das ihn umgebende Wasser dringt; nun aber tritt der vom Heck lancierte Torpedo in das von der Schraube (beziehungsweise den Schrauben) zurückgeworfene Wasser und ist daher bei Berechnung der demselben zu ertheilenden Impulsgeschwindigkeit nicht nur die Größe der Schiffsgeschwindigkeit, sondern auch der Slip, welcher die Ge schwindigkeit kennzeichnet, mit welcher das vom Propeller erfasste Wasser zurück geworfen wird, in Betracht zu ziehen. Der wievielte Theil des Slips zur Torpedogeschwindigkeit zuzuschlagen ist, kann nur der Versuch lehren. Schon eine oberflächliche Betrachtung der Heck-Lancierverhältnisse zeigt, dass dem Torpedo hiebei selbst bei Schiffen von mittelmäßiger Geschwindigkeit relativ große Impulsgeschwindigkeiten ertheilt und große Anforderungen an die Arbeitsleistungsfähigkeit des Apparates gestellt werden müssen; es wird daher nothwendig sein, große Lancierreservoire und große Spannungen anzuwenden. Es braucht nicht erst besonders hervorgehoben und bewiesen zu werden, dass eine correcte Heck-Unterwasser-Lancierung eigentlich nur bei einem Doppel schraubenschiffe eingerichtet werden kann; ebenso ist es eine bekannte That sache, dass das vom Heck lancierende Schiff einige Zeit vor der Lancierung geraden Curs steuern muss, weil der Torpedo, wenn er auf eine Krümmung des Bropellerschwalles kommt, aus letzterem unter starker Ablenkung heraustritt. Von welcher militärischen Wichtigkeit die Hecklancierung ist, kann schon durch das nachstehende einfache Beispiel erläutert werden. Angenommen, es finde eine Jagd zwischen zwei Schiffen statt, von welchen wir voraussetzen wollen, dass sie in ihren Geschwindigkeiten wenig differieren, so dass sie beiderseits rund auf 12 m pro Secunde angesetzt werden können. Befindet sich der Jäger im Kielwasser des Gejagten und will gegen den selben einen 32 Knoten (16 m pro Secunde) laufenden und auf 400 m Lauf weite tempierten Bugtorpedo lancieren, so darf die Distanz zwischen den beiden Schiffen nicht 100 m überschreiten, weil sonst der Torpedo seinen Lauf vor Erreichen des Zieles beendet haben würde. Der Gejagte hingegen kann seinen Hecktorpedo unter derlei Umständen schon auf Distanzen von 700 m abwärts abgeben, weil der Jäger dem Torpedo entgegenfährt. Die Hoffnung auf ein rechtzeitiges Bemerken des abgegebenen Heck torpedos erscheint ganz und gar illusorisch, weil sich die von demselben auf steigenden Luftblasen im Propellerschwalle verlieren und allenfalls erst auf größere Distanz vom lancierenden Schiffe wahrgenommen werden könnten; ebenso illusorisch wäre es, auf ein Ausweichen zu rechnen, da der ausweichende
547 Jäger durch den infolge Anbordlegen des Ruders entstehenden Derivationswinkel in das Kielwasser des Gejagten, d. i. in die Torpedobahn gedrängt wird. Zudem ist noch in Betracht zu ziehen, dass die für das Ausweichmanöver erübrigende Zeit viel zu kurz ist, und dass selbst ein Hemmen der Fahrt seitens des Jägers kaum Erfolg bringen dürfte, wenn die Lancierdistanzgrenze nur einigermaßen unterschritten ist. Es erscheinen hier zwar Extreme als Beispiele angeführt, da es bis nun nur wenig Schiffe gibt, die 24 Knoten laufen und unter allen Torpedos nur der Typ des W h i t e h e a d ' s c h e n 4 5 cm die Geschwindigkeit von 32 Knoten erreicht; es bedarf aber keines besonderen Calculs, um klarzulegen, dass auch bei geringeren derlei Geschwindigkeiten dem Hecktorpedo große Vortheile zufallen. Zum Schlüsse der Erörterungen über das Lancieren und die Lancier einstellungen wären noch die Lancierungen bei Fahrt nach rückwärts zu discutieren. Wird bei Rückwärtsfahrt aus dem Bugrohre lanciert, so bedingt dies eine Erhöhung der Torpedo-Impulsgeschwindigkeit im Vergleich zu jener bei stehendem Schiffe um den Betrag der bezüglichen Schiffsgeschwindigkeit. Beim Heckapparate treten die verkehrten Verhältnisse ein, wobei, da die Lancierung in der Nähe der Schrauben vor sich geht, die durch die letzteren erzeugte Wasserbewegung wenigstens zum Theile zu berücksichtigen sein wird. Auch bei Rückwärtsfahrt wird sich im Ernstfalle das mehrerwähnte, die Schiffsbewegung markierende Instrument als unentbehrlich erweisen, während bei Versuchen zur Bestimmung der Lanciereinstellungen der W h i t e h e a d ' s c h e Torpedo-Tiefenindicator, wegen seiner überaus genauen Angaben, der geringen Umständlichkeit seiner Verwendung u. s. w. einen ausgezeichneten Behelf ab gibt und in den meisten Fällen von der Nothwendigkeit enthebt, die schwer zu bedienenden und oft die Schiffsmanöver bei der Lancierung stark behindern den Torpedo-Tiefennetze anzuwenden.
Wir wollen nun einiger Apparatformen Erwähnung thun, die für das Lancieren von Torpedos unter Wasser in der Kielrichtung in letzterer Zeit construiert wurden und von den früher üblichen derlei Apparaten abweichen, sowie einen auf die Heckapparate bezüglichen Vorschlag folgen lassen. Bei Anbringung von Bugapparaten stellte man sich zumeist das Problem, entweder (für leichte schnelle Schiffe) die scharfe Form des Vorschiffes zu wahren, oder (für schwere Schiffe) die Benützung der Bamme zu ermöglichen, ohne dass bei Durchführung des Rammstoßes der Bugapparat beschädigt werde. Die ersterwähnte der beiden Aufgaben wurde durch italienische Constructeure insofern gelöst, als sie das vordere Ende des Lancierrohres nicht über die Beplattung des Vorschiffes hinausführen, sondern dessen vorderen Rand mit dieser Beplattung abschneiden lassen. — Das Vorschiff erhält hiedurch den, von der Seite besehen, halbmondförmigen Ausschnitt, wie er in Skizze, Fig. 4, S. 548 ersichtlich gemacht ist. Diese Construction brachte auch die Nothwendigkeit mit sich, den unteren Theil des Vorstevens zurückzuziehen und ein Stück falsches Vorschiff anzu setzen.
548 Dergleichen Formen lassen sich selbstverständlich nur auf Eisenschiffen herstellen. Der Rohverschluss für längere Inactivität des Apparates lässt sich recht vortheilhaft mittels eines an einer Stange geführten anpressbaren (expansiblen) Klotzes bewirken, dessen Vordertheil nach der Form des Vorschiffes zugeschärft ist, so dass nach seiner Einführung und Anpressung eine beiläufige Continuität der Flächen des Vorschiffes hergestellt wird. Außer diesem Verschlusse müsste der Apparat noch eine Schleuse führen, die bei eingelegtem Torpedo zur Anwendung käme, weil in solchem Falle der Klotz zum Abschlüsse nicht eingelegt werden kann.
Um den Gebrauch der Eamme zu ermöglichen, ohne dass hiebei der Bugapparat in Mitleidenschaft gezogen werde, hat man in einigen nordischen Marinen diesen Apparat möglichst tief placiert und dessen Mündung, so weit als dies thunlich, hinter die Bamme zurückgezogen, wodurch die Seitenansicht des Vorschiffes auf der Höhe des „Anlaufes zum Vorsteven" gestuft erscheint. Dieses System ist bis nun nur hinsichtlich der Bewegungsverhältnisse des lancierten Torpedos als erprobt zu betrachten, und es bleibt einer sich eventuell späterhin bietenden Gelegenheit überlassen, darüber Licht zu verbreiten, ob beim Bammen außer dem Vorschiffe auch noch der Lancierapparat beschädigt und dessen weitere Verwendung unmöglich gemacht wird. Die Heck-Unterwasser-Apparate gehören dermalen noch zu den Selten heiten, was wohl dem Umstände zugeschrieben werden muss, dass sie nur auf Zweischraubenschiffen installiert werden können, deren Steuer einen möglichst kurzen Stamm besitzt. — Am besten würden zu derlei Installierungen Heckund Steuerconstructionen nach Muster derjenigen des italienischen Schiffes ITALIA passen, auf welchem der Ruderstamm nur soweit über und unter dem Ruderblatte hervorragt, als es nöthig ist, um denselben in einem Fuß- und einem Halslager zu fixieren und ihm oberhalb noch eine Jochpinne aufsetzen zu können. Diese (doppelarmige) Jochpinne, die sich bekanntlich außerhalb des Schiffskörpers befindet und auf dem Ruderblatte senkrecht steht, wird durch
549 Stangen, die als Eeep functionieren und durch Stopfbüchsen in den Schiffskörper geführt werden, bethätigt. Es ist dies eine Installierungsart, die nicht nur den ganzen Steuer apparat vor Beschädigungen durch feindliche Projectile sichert, sondern auch Raum übrig lässt, um den Hecklancierapparat bequem unter dem Panzerdecke unterbringen zu können. Nicht unerwähnt darf hier bleiben, dass die eigenthümliche Anbringung der Jochpinne, infolge welcher dieselbe in director Be rührung mit dem unbegrenzten Wasser steht, bis nun in der Praxis sehr gut entsprochen hat. Die hohe Wichtigkeit, welche dem Heckapparate zukommt, sowie die Nothwendigkeit, den Schiffen große, möglichst tief eingetauchte Ruderflächen zu geben, führt auf den in nebenstehender Skizze, Fig. 5, veranschaulichten Vorschlag.
Bei demselben findet, anstatt des auf ITALIA geführten gewöhnlichen Ruders, das Balanceruder Anwendung. Es hat dies den Zweck, die zur Be wegung des Ruders nöthige Arbeit, sowie auch die Höhendimensionen desselben (bei gleichbleibendem Areal) zu vermindern ) . Das Ruderblatt wird durch ein Fußlager und ein Halslager gehalten; bei a ist die vom unbegrenzten Wasser umgebene Jochpinne aufgesetzt, deren beide Arme nach oben abgebogen sind, so dass die an ihren Enden befestigten Zugstangen frei von den Propellern gehen. Über dem oberen Stumpfe des Ruderstammes liegt das Lancierrohr, welches, 1
1)Die größere Wirksamkeit tiefer eingetauchter Ruderflächen ist durch nachstehenden, von F r o u d e ausgeführten Versuch zur Evidenz bewiesen worden. Es wurde nämlich ein Modell mit einem Ruder von constanter Breite versehen, welches in der Mitte seines Tiefganges getheilt war. Wurde nun die untere Hälfte des Ruders unter einem Winkel von 10° festgestellt, während das Modell im Wasser vor wärts bewegt wurde, so war die obere Hälfte erst dann imstande, die betreffende Wirkung zu paralisieren, nachdem sie um 20° nach der entgegengesetzten Seite übergelegt war.
W h i t e , „Handbuch für Schiffbau". Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens 1890, Nr. 8 und 9.
?>e
550 da seine Tiefenlage in den meisten Fällen nicht 3 m erreichen dürfte, eine kleine Depression erhält. Das Lancierrohr ist vom Panzerdecke überwölbt und hat außerdem noch einen ausgiebigen Wasserschutz.
* Zum Schlüsse sei uns noch gestattet, einige schwebende torpedistische Fragen in Kürze zu berühren. Dass den Oberwasserbug- und Heckapparaten gegenüber den hier beschriebenen Unterwasserapparaten, besonders hinsichtlich der Correctheit der Torpedobahnen, noch mehr Nachtheile anhaften, als aus dem bisher Erwähnten zu schließen ist, liegt auf der Hand. Herrscht z. B. bei einer Lancierung Seegang und frischer Seitenwind, so entstehen hieraus die sogenannten, der Treffsicherheit des Torpedos äußerst abträglichen Initialablenkungen, die, theils durch das Vertragen des Torpedos durch den Wind, theils durch das Auffallen desselben auf die aufgewühlte Oberfläche der See, und endlich theils durch das Überkrängen des Schiffes im Lanciermomente verursacht werden. Letzterer Übelstand macht sich insbesondere bei depressierten Lancierrohren fühlbar und ist, wie dies die Praxis zeigt, schon an und für sich imstande, ganz außerordentliche Bahnablenkungen hervorzubringen, wovon man sich auf billige Art mittels einer Buglancierung von einem gekrängten Torpedoboote überzeugen kann. Ein den Unterwasserapparaten zukommender, schon mannigfaltig ventilierter Vortheil ist ihr großer Schutz gegen feindliche Projectile; derselbe hat jedoch bei den meisten Marinen nicht vermocht, den Bug-Unterwasser-Apparaten bei Schiffsneubauten eine allgemeinere Einführung zu sichern, weil das auf die Bamme gelegte Gewicht zumeist über die dem Bugtorpedo zugedachte Wichtigkeit prävaliert haben mag, wenngleich mit Einführung der letzeren Waffe eigentlich doch nur ein Ersatz für das von vielen Zufälligkeiten abhängige Bamm-Manöver angestrebt wurde. . Nach dem Ausdrucke, den die öffentliche Meinung bisher in Fachschriften gefunden hat, sollte man glauben, dass bei größeren Gefechten zwischen Schlachtschiffen dem Bugtorpedo die hauptsächlichste Bedeutung zukommen wird; wir müssen uns jedoch zu einer hievon abweichenden Anschauung bekennen, nach welcher in allen andauernden Nahgefechten zwischen zwei Flotten die größte Anzahl von Lancierungen von den Breitseitapparaten ausgehen dürfte. Betrachten wir die Verwendung des Torpedos im Mêlée, so muss sich uns die Überzeugung aufdrängen, dass hiebei große Umsicht geboten ist, um nicht etwa statt des Feindes einen Freund zu schädigen, beziehungsweise zu vernichten. Es ist daher von hoher Wichtigkeit, dass das Zählwerk, welches die Laufweite des Torpedos regelt, sicher functioniere und die Möglichkeit eines Überlaufens absolut ausschließe; außerdem wäre es ein Desideratum, wenn man bei dem im Bohre liegenden Torpedo beliebige Umstellungen am Zählwerke vornehmen könnte, ohne letzteren hiezu eigens ausladen zu müssen. Einem weiteren, nicht minder fühlbaren Bedürfnisse wäre durch Schaffen eines eigenen Torpedo-Distanzmessers (der übrigens auch für Manövrierzwecke Anwendung finden könnte) abgeholfen. Es müsste dies ein, von einer einzigen Person bedienbares, sehr lichtstarke optische Bilder gebendes Instrument sein, bei welchem es genügt, nur einen kleinen Theil des feindlichen Schiffes (etwa einen aus dem Pulverrauche hervorragenden Masttopp oder bei Nacht ein ein-
551 ziges Licht) in Sicht zu bekommen, um nach vorgenommener Einstellung sofort die Distanz ablesen oder in der Nacht abtasten zu können. Da bei Beurtheilung des Wertes des Torpedos als submarine Angriffs waffe auch die Schutznetze in Betracht kommen, so wollen wir der Wirksamkeit der letzteren mit einigen Worten Erwähnung thun. Bekanntlich hat sich zwischen den beiden benannten Kriegsmitteln seit ihrer Schaffung ein Kampf mit ähnlichen Phasen abgespielt, als sie uns bis nun der Wettstreit zwischen Artillerie und Panzer geboten hat. Die ersten derlei Netze waren durchwegs engmaschig, bewegten sich demnach nur mit großem Widerstande durch das Wasser und wurden selbst von den Torpedos älterer Construction glatt durchschlagen. Hierauf erschien der unternehmende B o u l l i v a n t auf dem Felde, dem es gelang, selbst den inzwischen verbesserten und auf eine Fahrtgeschwindigkeit von 24 Knoten gebrachten Torpedo mittels seiner höchst sinnreich construierten Netze aufzuhalten. Hiemit war jedoch der Kampf nicht abgeschlossen, weil der Torpedo nach Ablauf einer relativ kurzen Zeitperiode auf 28 Knoten Geschwindigkeit gebracht wurde und somit eine ganz erhebliche Steigerung seiner Durchschlags kraft erfuhr. Da die bezüglichen Versuche von den Regierungen durchgeführt und geheim gehalten wurden, so konnte aus den spärlich und trübe fliessenden Quellen nur geschlossen werden, dass sich die Netze bei der Installierungsart, wie sie auf Schiffen üblich ist, diesem Torpedo (vom 35 cm-Kaliber) gegenüber, an der Grenze der Widerstandsfähigkeit befinden. Am ausgedehntesten und systematischesten wurden dem Vernehmen nach diese Versuche in Frankreich betrieben, und es scheint, dass hiebei der Torpedo einigemale ausnahmsweise die Netze durchschlagen habe. Mit der Erfindung der neuen Rapid-Torpedos großen Kalibers klärte sich die Situation zu Gunsten dieser Waffe. Um eine Vorstellung über die Stoßkraft der bisher erwähnten TorpedoTypen zu erhalten, braucht man nur zu erwägen, dass dem ersterwähnten 35 cm eine lebendige Kraft von 2, dem zweiten (von 28 Knoten Geschwindig keit) eine solche von 3 und dem neuen 45 cm Rapid-Torpedo eine solche von 6 Metertonnen innewohnt. Der letztgenannte Torpedo muss daher das B o u l l i v a n t - N e t z , voraus gesetzt, dass es mit seinem oberen Leike nicht ausweichen und von ihm ver schleppt werden kann, durchschlagen. Zum Schlüsse wollen wir uns noch vorübergehend mit den sporadisch auftauchenden Emanationen derjenigen befassen, die sich bemüßigt sehen, dem Whitehead-Torpedo ein Horoskop hinsichtlich seiner Lebensdauer zu stellen. Ein mehrfach vorgebrachtes Argument liefert in dieser Richtung der Hinweis auf die noch unfertigen amerikanischen Erfindungen im Torpedofache und auf die mit brisanten Sprengstoffen geladenen Projectile. Wir sind jedoch der Anschauung, dass weder der Howeil-Torpedo, noch die Zalynski'sche Dynamit-Wurf kanone dem W h i t e h e a d - Torpedo die Palme streitig machen werden. Was die geschossene Dynamit-Bombe (zum Unterschiede von der ge worfenen Z a l y n s k i ' s c h e n Büchse) anbelangt, so wird dieselbe, wenn sie zu voller Perfection gelangt, sich möglicherweise sehr gut dazu eignen, im todten Werke eines Schiffes Verheerungen anzurichten, während die Schädigung und
552 Zerstörung des den größten Theil der vitalsten Objecte bergenden lebendigen Werkes, nach wie vor dem W h i t e h e a d - T o r p e d o vorbehalten bleiben wird. Hiezu wäre noch in Betracht zu ziehen, dass die Construction der Panzer decks der Schiffe und der demselben ähnelnden Schutzmittel noch mancher aus giebigen Verbesserung fähig, und dass in der Perfection des Torpedos noch nicht das letzte Wort gefallen ist. Julius H e i n z .
Die chinesische K r i e g s m a r i n e . — Wir hatten in letzter Zeit wieder holt Gelegenheit, uns mit den Plänen betreffend die Schaffung einer modernen Flotte und einer den Anforderungen der Gegenwart entsprechenden Küstenvertheidigung eines der mächtigsten Staaten der Welt im fernen Westen zu be schäftigen und die Energie zu bewundern, mit welcher an die Lösung dieser Aufgabe gegangen wurde; diesmal wollen wir unsere Blicke nach dem äußersten Osten wenden, woselbst ebenfalls ein großes Beich, von den Ereignissen gedrängt und aus seiner Lethargie aufgeweckt, die Beorganisation seiner Flotte in die Hand genommen hat. Eine kurze Studie, welche die „Revue du Cercle militaire" über die neue Organisation der Kriegsmarine Chinas bringt, dürfte unseren Lesern will kommen sein. Ohne weit in die Geschichte dieses Staates zurückgreifen zu müssen, kann behauptet werden, dass derselbe vor kaum zwanzig Jahren nur eine bescheidene Anzahl sehr massiver und schwer getakelter kleiner Schiffe, welche mit Karronaden von geringer Tragweite armiert waren, dann einige gleich den Fischerdjunken construierte Fahrzeuge und zwei bis drei kleine Dampfer, welche von der Mercantilmarine durch Kauf erworben worden waren, besaß. Der Stab und die Mannschaften für diese Flotte wurden den Landtruppen entlehnt und führten auf den Schiffen ein sehr weichliches, apathisches Leben, die Zeit mit Spielen und dem verderblichen Genüsse des Opiums verbringend, weshalb es begreiflich ist, dass sie zu jeder kriegerischen Action vollständig unfähig waren. Die Regierung sah sich daher in kritischen Momenten gezwungen, ent weder mit großen Kosten fremde Schiffe zu mieten oder, was zumeist der Fall war, die Ehre und Vertheidigung des Beiches zur See den Händen der Chefs chinesischer Freibeuter anzuvertrauen, denen sie dafür kostspielige Vortheile und officielle Würden gewähren musste. Die meisten dieser improvisierten Admiräle haben jedoch die Dienste, welche sie der Eegierung leisteten, später mit ihrem Kopfe bezahlt. Im Jahre 1884, zu Beginn des Krieges mit Frankreich, hatte China in seiner Kriegsmarine bereits verschiedene Beformen durchgeführt; die schweren Djunken, deren wir gedachten und welche die erste Kanonenkugel in den Grund zu bohren vermochte, waren verschwunden und hatten verschiedenen modernen Schiffen Platz gemacht. Schon mehrere Jahre vorher hatte der französische Schiffslieutenant G i c q u e l das Arsenal in Fu-tschau geschaffen und den Grund zu der Seemacht Chinas gelegt, ferner eine Marine- und eine Arbeiterschule errichtet, von welchen die letztere bestimmt war, auch für die übrigen Arsenale tüchtige Meister und Werkführer heranzubilden. Die Leistungen des genannten Seeofficiers fanden beim Vicekönig TsoT s o n g - T a n g volle Würdigung; sie behielten einen dauerhaften Charakter und
553 bildeten den Keim der Institutionen, welche sich gegenwärtig entwickeln. Das vom Yicekönig von Fu-Kien gegebene Beispiel fand bald Nachahmung seitens des Vicekönigs der beiden Kuang. Dieser hohe Functionäl eröffnete im Jahre 1880 eine Marine- und Militärschule in Kanton, zur selben Zeit als der Vicekönig L i - H u n g - C h a n g eine ähnliche Schule in Tien-Tsin errichtete. In Shanghai selbst wurden einige Chinesen im Torpedowesen unterrichtet. Obzwar diese Thatsachen erkennen lassen, dass einige Staatsmänner die Principien, welche die Grundbedingung einer jeden maritimen Vertheidigung bilden, richtig erfasst hatten, blieben die Schulen in Fu-Tschau allein leistungs fähig. Es war keine Gleichmäßigkeit, kein System in der Erziehung vorhanden; jeder der Vicekönige machte was er wollte, dieser ließ englische, jener fran zösische, ein anderer deutsche Lehrer kommen. Eine solche Ungleichmäßigkeit konnte das ganze begonnene Werk in Gefahr bringen, und es erschien daher dringend geboten, die Entscheidung in diesen Fragen der höchsten Gewalt im Staate anheimzustellen. Die kommenden Ereignisse sorgten dafür, dass dies geschah. Die wiederholten Schlappen und Verluste, welche die französischen Schiffe der jungen Flotte beibrachten, ließen die Chinesen die Unzulänglichkeit ihrer Macht zur See lebhaft fühlen. Während der letzten Tage des Krieges richtete der Vicecommissär für die Küstenvertheidigung von Fu-Kien an den Kaiser einen langen Bericht, aus welchem die nachstehende Stelle zeigt, wie richtig der Autor die Situation beurtheilte : „Die Absichten der westlichen Stationen zielen dahin ab, ganz Asien zu erobern. Die Engländer haben ihre Hand auf Hong-Kong gelegt, die Bussen sich Vladivostoks bemächtigt, die Japaner haben die Inseln Lieu-Kieu annectiert und die Franzosen sich gegenwärtig in den Besitz von Anam gesetzt. Alle Positionen, welche wir längs unserer Küsten zu vertheidigen haben, sind den Fremden preisgegeben." Der Autor verlangt am Schlüsse seines Berichtes, dass man der Gefahr der Lage durch Reorganisation der Marine und der Kriegshäfen zuvorkomme. Am 2 2 . Juni 1 8 8 5 , einige Tage nach der Unterzeichnung des Vertrages von Patenôtre, erschien eine kaiserliche Verordnung folgenden Inhaltes : „Obschon alle Bedingungen des Friedens gegenwärtig vorhanden sind, darf man dennoch mit der Inangriffnahme der Befestigung unserer Küsten nicht länger zögern. Große und ernstliche Anstrengungen müssen für unsere künftige Wohlfahrt gemacht werden, damit wir ein andauerndes und unaufhörliches Ver trauen in die Mittel unserer Vertheidigung gewinnen können. Beachtet dies!" Man machte sich sofort mit Eifer an die Arbeit, und alle Fragen, welche mit den beabsichtigten Reformen im Zusammenhange standen, wurden sorg fältig erwogen. Mehrere hohe Würdenträger erhielten Befehl, ihre Anschauungen über die zu ergreifenden Maßnahmen dem Hofe in Peking bekanntzugeben. Der bemerkenswerteste dieser Berichte war jener des bereits erwähnten Vicekönig T s o - T s o n g - T a n g , es war eine Art politischen Testamentes, welches der Genannte seinem Vaterlande hinterließ, da er wenige Tage darauf starb. Die Basis der neuen Marine-Organisation bildeten radicale Reformen der Ver waltung der einzelnen Provinzen. T s o - T s o n g - T a n g schlug nämlich vor, die zu große Freiheit, welche den Gouverneuren eingeräumt war, innerhalb weiser Grenzen zu beschränken, wodurch der Einfluss, welchen diese kleinen Poten taten auf die Marineangelegenheiten hatten, zum Wohle der Gesammtheit be seitigt worden wäre.
554 Er schlug vor, an die Spitze der centralisierten Marineverwaltung einen eigenen Minister zu stellen und diesem auch die Vertheidigung der Küsten als Ressort zuzuweisen; derselbe sollte mit einer sehr umfangreichen Machtvollkommenheit ausgestattet werden, um den localen Widerstand einzelner Provinzen brechen zu können. Von den gestellten Detailanträgen verdienen nachstehende besonderer Erwähnung : 1. In Anbetracht der großen Ausdehnung der Küsten sollte das Reich nicht weniger als zehn Geschwader haben. 2. Die Officiere der Marine hätten ein specielles Corps zu bilden und wären nicht in die Cadres der Landarmee einzureihen. 3. Von den zehn Geschwadern hätten acht in den verschiedenen Häfen vertheilt zu sein, die zwei anderen hätten fliegende Divisionen zu bilden, von welchen eine in den Gewässern von Japan zu kreuzen, die andere sich in europäischen Gewässern aufzuhalten hätte. 4. Die Eisengruben wären auszubeuten, die Gewerkschaften entsprechend einzurichten, damit sie die Arsenale mit Material versorgen können. 5. Eisenbahnlinien wären anzulegen, welche das nördliche China mit seinen südlichen Provinzen verbinden. 6. Schulen wären zu errichten, in welchen die Eleven aus europäischen, ins Chinesische übersetzten Werken zu studieren hätten. Dieser umfassende Plan wurde von der Kaiserin-Regentin sanctioniert ; um aber das bei einem solchen Unternehmen anfänglich unvermeidliche Herumtappen und Versuchen möglichst zu verringern, hat man beschlossen das Programm vorläufig nur zum Theile durchzuführen. Mit der im October des Jahres 1885 erschienenen Verordnung wurde der Admiralitätsrath ( H a ï - K i u n - Y a m e n ) als oberste Marinebehörde errichtet, an dessen Spitze der Vater des gegenwärtigen Kaisers, Prinz T s c h u n , gestellt wurde ; der Präsident des Departements der auswärtigen Angelegenheiten (TsongL i - T a m e n ) und General L i - H u n g - C h a n g , Vicekönig von Petchili, wurden zu seinen Beiräthen ernannt. Der kürzlich verstorbene Marquis T s e n g und ein hoher Officier der Landarmee wurden ihnen zugetheilt. Dem Yamen der Admiralität wurde die Aufgabe gestellt, eine den modernen Anschauungen entsprechende Flotte in den nördlichen Häfen zu gründen, welche später als Vorbild für die Beorganisation der gesammten Marine des Beiches dienen sollte. Dieser Plan soll mit dem Schlüsse des Jahres 1889 durchgeführt sein. Die Wirkungen dieser Verordnung machten sich bald fühlbar. Die Thätigkeit des Yamen der Admiralität concentrierte sich auf den Hafen in Tien-Tsin; Vicekönig L i - H u n g - C h a n g sparte nichts, um denselben seinem Zwecke als Kriegshafen möglichst entsprechend herzurichten. Unter anderem wurde daselbst auch eine Marineschule errichtet, in welcher der Unterricht vier Jahre dauert; die Zöglinge müssen bei ihrem Eintritte in die Anstalt ein Alter von achtzehn Jahren besitzen. Die Nord-Escadre (Pei-Yang) besteht gegenwärtig aus zwei Panzerschiffen, vier Kreuzern, welche von der Firma A r m s t r o n g , M i t c h e l l & Co. erbaut worden sind, drei Kreuzern, welche von V u l k a n in Stettin geliefert wurden, sechs Kanonenbooten, sechs Torpedobooten und einem Transportschiffe. Die in Europa beschafften Kreuzer haben ein Deplacement von über 2000 t, sind aus Stahl gebaut, besitzen ein sich über deren ganze Länge
555 erstreckendes Panzerdeck, unter welchem noch ein Splitterdeck angebracht ist, und viele wasserdichte Abtheilungen. Ihre Armierung besteht aus drei Krupp'schen 21 cm- und zwei 15 cmGeschützen, mehreren Hotchkiss-Kanonen und Gatling-Mitrailleusen, sowie vier Lancierapparaten. Die Schiffe sind elektrisch beleuchtet, ihre Geschwindigkeit variiert zwischen 16 und 18 Knoten. Ton den vier Kreuzern, welche im September 1887 von Spithead nach China abgegangen sind, wurden zwei in Elswick und zwei bei V u l k a n in Stettin gebaut; das Torpedoboot, welches die Reise mitmachte, war von Y a r r o w geliefert worden. Capitan L a n g der englischen Kriegsmarine wurde nach vorher erlangter Zustimmung der englischen Regierung vom Hofe zu Peking zum Commandanten dieser Escadre ernannt, und führte sie nach Taku, dem Hafen von Tien-Tsin, woselbst sie unter die Befehle des Admiral T i n g , Obercommandanten der chinesischen Kriegsmarine, gestellt wurde. Wir müssen noch hinzufügen, dass Capitan L a n g sich bereits im Jahre 1884 in China befand, woselbst man ihm die technische Leitung der Marine übertragen hatte. Die zwischen Prankreich und China ausgebrochenen Feindseligkeiten ver anlassten ihn seine Stellung aufzugeben und erst nach Eriedensschluss auf seinen Posten zurückzukehren. Außer ihm sind noch einige englische Seeofficiere in chinesische Dienste getreten; dieselben haben jedoch nur technische und administrative Posten inne. Die chinesischen Kriegsschiffe werden ausschließlich von einheimischen Officieren befehligt, sämmtlich ehemalige Zöglinge der Marine-Akademie in Greenwich, die bereits auf englischen Panzerschiffen gedient haben. Die chinesischen Mannschaften, welche im Jahre 1887 nach England behufs Einschiffung auf der Escadre des Capitan L a n g gesendet wurden, waren wohldisciplinierte Leute von sehr guter Haltung. Die in der letzten Zeit über die Mannschaften aufgetauchten gegentheiligen Gerüchte dürften ihren Grund in den unzulänglichen Fähigkeiten der chinesischen Commandanten haben, was auch Anlass zu derart ernstlichen Missverständnissen zwischen Capitan L a n g und der chinesischen Admiralität gegeben haben soll, dass von dem Bücktritte des ersteren gesprochen wurde. Der Zustand der Südescadre wird am besten durch den Bericht der chinesischen „Times" über die im vorigen Sommer durchgeführten, gemein schaftlichen Übungen beider Flottenabtheilungen geschildert. Das genannte Blatt sagt hierüber, dass, wenn auch diese Übungen auf der einen Seite die Tüchtigkeit der Pei-Yang (Nordescadre) in unzweifelhafter Weise dargethan haben, sie auf der anderen Seite ebenso bestimmt von dem kläglichen Zustande der Nann-Yang (Südescadre) Zeugnis gaben. Die Schiffe, aus welchen diese Escadre bestand, waren sehr verwahrlost, die Maschinen fast unbrauchbar; Schiffe und Bemannungen zeigten deutlich, dass der Rücktritt des fähigen Instructors, des eingangs erwähnten Schiffs lieutenants G i c q u e l , der die Südflotte geschaffen hatte, genügte, um die ganze Institution in die alten Fehler des chinesischen Reiches zurückfallen zu lassen. Es sei hier bemerkt, dass der Vicekönig L i - H u n g - C h a n g während seiner letzten Anwesenheit in Peking sowohl dem Kaiser als der Admiralität über den Verfall der Südflotte einen ausführlichen Bericht erstattet hat. Nach Ansicht der chinesischen ..Times" würde, wenn im Süden des
556 Reiches eine ebenso starke und schlagfertige Flotte wie im Norden vorhanden wäre, dies hinreichen, um jeden Feind zur See in Schach halten zu können. Dieser Fall dürfte jedoch kaum jemals eintreten, da China stets auf die Hilfe der Ausländer angewiesen bleiben wird und ohne den Admiral Lang beispielsweise die Nordflotte in der kürzesten Zeit in denselben kläglichen Zustand wie die Südflotte gerathen würde 1). In der letzten Zeit wurde auch ein neuer Kriegshafen gegründet, welcher der Nordescadre als Zufluchtsort und für die Vornahme von Reparaturen dienen soll. Man konnte sich lange Zeit nicht einigen, welcher von den Häfen hiefür am geeignetsten wäre, bis endlich die Anschauungen des Vicekönigs Li-HungC h a n g durchdrangen und Port Arthur (chinesisch Lu-Choun-Keon) fürge wählt wurde. Dieser Hafen befindet sich nahe dem äußeren Ende der Halbinsel LeaoTong und beherrscht die Einfahrt in den Golf von Petchili. Derselbe wird schon gegenwärtig durch mehrere starke Werke vertheidigt, ist aber wenig geräumig. Die Chinesen haben hier eine Schule, eine Torpedowerkstätte sammt Lancier station hergestellt; gedeckte Stapel, Magazine und Werkstätten sind in Voll endung begriffen. Die Hauptarbeit, der Bau eines großen Docks im Osten des Hafens, wurde vor kurzem beendet. Die Schwierigkeiten bei dieser Arbeit waren wegen des erdigen Terrains, welches nach jedem Regen theilweise wieder weg geschwemmt wurde, sehr bedeutend. Mit diesem Hafenbau schließen die Arbeiten, welche mit der kaiserlichen Verordnung vom Jahre 1885 angeordnet waren und die nothwendigen Anhaltspunkte für die neue Organisation der Marine und Küstenvertheidigung bieten sollten, ab. Wird die chinesische Regierung den Muth haben sich neue Opfer aufzu erlegen und den Rest des Programmes T s o - T s o n g - T a n g s zu Ende zu führen? Der Marquis T s e n g starb, die geringe Zahl jener, welche die Reformen an gestrebt haben, lichtet sich rapid. Der Vicekönig L i - H u n g - C h a n g wird bald fast allein bleiben, um gegen die Jahrhunderte andauernde Erstarrung seiner Landsleute anzukämpfen und zwischen den Klippen officieller Intriguen, welche in China besonders gefährlich sind, zu lavieren. Seine Aufgabe wird eine besonders schwierige sein, nachdem er nicht bloß für die Durchführung der Reorganisation der Marine zu kämpfen, sondern auch außerdem die Entwicklung des Eisenbahnwesens, der wahrhaftigen Vorhut der Civilisation, zu unterstützen haben wird. Marquis T s e n g hat in einem sehr ausführlichen und gediegenen Berichte an die Eegierung die wichtigsten Tracen des Eisenbahnnetzes, das sich über China ausbreiten sollte, bereits vorgezeichnet.
1) Admiral L a n g ist mittlerweile von seinem Posten zurückgetreten; auch die übrigen englischen See-Officiere, welche in der chinesischen Marine dienten, haben demissioniert. Anmerkung der Redaction.
557
Budget der k. u. k. Kriegsmarine pro 1891. (Aus der „Wiener Zeitung", 11. Juli 1890.) Ordentliches
Erfordernis.
Benennung. Titel „ „ „ „
„
1 . Gagen 2 . Löhnungen und Bekleidungsrnassagelder 3 . Dienst zu Lande 4 . Dienst zur See 5 . Anstalten: Subtitel A. Hydrographisches Amt „ B. Marine-Akademie „ G. Marine-Unterreal-, dann Volks- und Bürger schule Dl Marine-Spitäler 6. Instandhaltung, Ersatz und Betrieb des Flotten-, materiales : Subtitel A. Material-Anschaffungen ) „ B. Arbeitslohn, Sicherheitsdienst etc. ) „ C. Schiff bauten, Maschinen und Kessel:
1 3 5 6 5 2 0 fl. 1 2 0 3940 „ 6 1 8 6 1 0 ,. 1 3 6 28 8 0 „ 2 3 6 3 0 ,. 8 8 1 5 0 ,, 1 760 „ 1020 3 0 „
g 15g qqq r
Post 1 . Bammkreuzer KAISERIN ELISABETH von 4 2 0 0 t als Ersatz für S. M.
Schiff KAISER; vom Gesammterfordernisse pro 2 0 0 0 0 0 0 fl. die vierte Rate mit „
2 . Torpedodepotschiff
„
Ersatz für S. M. Schiff ELISABETH ; von dem auf 9 4 0 0 0 0 fl. erhöhten Gesammterfordernisse die dritte Rate mit 3 . Wassercisternenschiff mit Destil lieranlage ; vom Gesammterforder nisse pro 2 0 0 0 0 0 fl. die zweite Rate mit 4 . Beschaffung einer neuen Maschine
„
von 6 4 0 0 e für TEGETTHOFP und
»
PELIKAN
4 5 0 0 0 0 ,.
als
3 0 0 0 0 0 ,,
1000 0 0 „
S. M. Schiff entsprechende
Herstellungen am Schiffskörper; vom Gesammterfordernisse von 8 2 0 0 0 0 fl. die erste Bate mit „ 5 . Ersatzkessel „ D. Instandhaltungs-Pauschalien der in Dienst gestellten Schiffe „ E. Verschiedene Auslagen 7 . Waffenwesen : Subtitel A., B., C., D. Geschütze etc Übertrag
300000 „ 88000 „ 6 0 0 0 0 ,. 3 0 0 0 0 ,. 204200 „ 8 4 4 7 7 2 0 fl.
558 Fürtrag Subtitel E. Seeminen F. Torpedo Titel 8. Land- und Wasserbauten „ 9. Besondere Marine-Auslagen „ 10. Versorgungsauslagen Zusammen Ordinariûnî Hievon ab die eigenen Einnahmen pro Verbleibt ein unbedecktes Erfordernis von
8 447 9 14 221 238 552 9 484 100 9 384
720 fl. 600 „ 200 „ 373 „ 900 „ 240 „ 033 fl. 000 „ 033 fl.
A iißerordentliches Erfo l'demis. Zu Titel 5. Anstalten: Subtitel C. Marine-Unterreal-, dann Volks- und Bürgerschulen 800 ., „ „ 6. Instandhaltung, Ersatz und Betrieb des Flottenmateriales : Subtitel C. Schiffbauten, Maschinen und Kessel: Fost 1. Bammkreuzer C. von 5 2 0 0 * ; vom Gesammterfordernisse von 2 900 000 fl. die zweite Bate 540 000 „ „ 2. Fortsetzung im Bau von Torpedobooten 90 000,, 3. Für den Bau eines Minenlegungsschiffes von 200 t ; vom Gesammterfordernisse von 100 000 fl. die zweite Bate. 50 000 „ „ 4. Donau-Monitor Nr. I ; vom Gesammterfordernisse von 300 000 fl. die zweite Bate. 180 000,, „ 5. Donau-Monitor Nr. I I ; vom Gesammterfordernisse von 300 000 fl. die erste Bate . . 80 000 „ „ 6. Torpedofahrzeug von circa 500*; vom Gesammterfordernisse von 400 000 fl. die erste Bate . . 126 000 „ „ „ 7. Waffenwesen: Subtitel A., B., C, I). Geschütze etc 504 000 „ E. Seeminen 19 000 „ F. Torpedo 86 000 „ „ „ 8. Land- und Wasserbauten: Subtitel A. Verschiedene Bauten : Post 1. Bau einer Waschküche sammt Accessorien für die neugebauten Arbeiterwohnhäuser ; vom Gesammterfordernisse von 23 770 fl. die dritte Bate 5 000 „ Übertrag 1 680 800 fl.
559 Fürtrag 2. Neubau eines Gebäudes zur entsprechenden Unterbringung des marine-technischen Comité ; vom Gesammterfordernisse von 180 000 fl. die dritte R a t e . . „ 3. Bau eines Mitrailleusen-, Klein gewehr- und SignalmunitionsDepots sammt Wachhaus Valle lunga; vom Gesammter fordernisse von 27 700 fl. die dritte Rate „ 4. Neubau eines Magazins für die Unterbringung der elektrischen Beleuchtungsapparate zwischen dem Artilleriedepot Nr. 15 (alt Nr. 5) und dem Rapertendepot Nr. 17 (alt Nr. 6) unter gleichzeitiger dazu gehöriger Adaptierung des Lichtmaschi nenmagazins im Gebäude Nr. 19 (alt Nr. 8) zu einer Übungs werkstätte und einem Schullocale für elektro-technischen Unter richt ; vom Gesammterforder nisse von 18 000 fl. die zweite und letzte Rate „ 5. Bau eines Anstandsortes im Constructions-Arsenale „ 6. Herstellung von vier Initial-Pa tronenhäuschen sammt Schutz wällen, Umfassungsmauern und Communicationen beim Schießwoll-Laboratorium in Fisella; vom Gesammterfordernisse von 7000 fl. die erste Rate „ 7. Erbauung von Kohlenmaga zinen in der Bocche di Cattaro „ 8. Bau von Arbeiterwohnungen . „ 9. Bau einer Mannschaftsbarake für 80 Mann am Südabhange des Monte Zaro „ 10. Ankauf eines Grundstückes für die seinerzeitige Erbauungeines Isolierpavillons für contagiose Krankheiten, die zweite und letzte Rate „ 11. Arbeiten zur Schaffung von Anlegeplätzen ..
1 680 800 fi.
Übertrag
1 850 900 fl.
Post
60 000 „
in
der
9 000 „
10 000 „ 1 200 „
1 500 „ 30 000 „ 30 000 „
16 000 „
2 400 „ 10 000 „
560 Fürtrag Zu Titel 9. Besondere Marine-Auslagen: Post 1. Zur Vervollständigung des See kartenatlas des Adriatisclien Meeres „ 2. Zur Herausgabe eines Segelkandbuches des Adriatischen Meeres Zusammen Extraordinarium
1 850 900 fl.
8 000 „
1 600 „ 1 860 500 „
M o t t m a c k u n g d e s i n d e r B u c h t v o n I g r a n e i n D a l m a t i e n ge s t r a n d e t e n L l o y d d a m p f e r s ARCIDUCHESSA CARLOTTA. — In der Nacht vom
2. auf den 3. März dieses Jahres lief der Dampfer des Österr.-ungar. Lloyd ARCIDUCHESSA CARLOTTA bei einem Bora-Schneesturme in
der Bucht von Igrane
mit Vollkraft auf den Strand. Schon am nächsten Morgen wurden von den drei Lloyddampfern PSYCHE, NIL
und MESSINA mehrere Versuche unternommen,
die CARLOTTA vom Strande
herabzuholen, die jedoch sämmtlich resultatlos blieben und die Lage des Schiffes in keiner Weise änderten. Es stellte sich daher die Notwendigkeit heraus, bedeutendere Kräfte in Anwendung zu bringen. Zu diesem Behufe wurden der Lloydampfer THALIA und der Remorqueur PLUTO, mit allen Mitteln ausgerüstet, unter Leitung des Lloydinspectors F. Conte V i s c o v i c h zur Hilfe entsendet, welche am 4. nachmittags an Ort und Stelle eintrafen. Das gestrandete Schiff saß infolge seiner bedeutenden Fahrtgeschwindigkeit vom Bug bis auf die. Höhe des Fockmastes in 30cm Wasser, tief in den Grund eingegraben, auf einem Bette von grobem Schotter fest, während das Heck über einer geneigten Ebene von hartem Sand flott lag. Überdies war das Schiff enorm über backbord gekrängt, so dass der Schiffsname auf dieser Seite ins Wasser tauchte. Nachdem die Lage des Schiffes und der umliegende Grund genau unter sucht worden, wurde in erster Linie über dem Buge ein Bock errichtet und das Vorderschiff mit Zuhilfenahme einer durch beide Klüsen geholten Vertäuungskette, an welche ein Schwertakel angesetzt wurde, etwas gehoben. Der zweiten Ankerkette fiel die Bestimmung zu, an ein eigens für solche Zwecke dienendes, aus dem Depot in Triest entnommenes Drahttau von bedeutendem Durchmesser befestigt zu werden, welches als Schlepptau zum Losholen in Verwendung kommen sollte. Bevor anderweitige Hilfsmittel in Anspruch genommen werden sollten, entschloss sich der Inspector zunächst noch einen directen Versuch zu unter nehmen, die CARLOTTA mit den jetzt weit bedeutenderen Kräften, bestehend aus den Dampfern THALIA und MESSINA nebst dem Bemorqueur PLUTO, vom Strande
herunter zu holen. Die Schlepptaue waren jedoch kaum straff geholt, als die an das Drahttau befestigte Ankerkette der CARLOTTA, welche ihren Stützpunkt in einer Klüse hatte, brach. Ebenso misslang ein zweiter Versuch, bei welchem das Drahtrettungstau ohne Kette durch die Vorderklüse auf die Betting geführt war.
561 Mittlerweile brach die Nacht herein und mit ihr ein schweres Wetter aus Osten. Am nächsten Morgen bei noch immer fortdauerndem schlechten AVetter wurde die MESSINA entlassen, da man ihrer Dienste entrathen zu können glaubte. Bis 1 Uhr nachmittags besserte sich das Wetter so weit, dass die Rettungs arbeiten von den zurückgebliebenen Schiffen neuerdings in Angriff genommen werden konnten. Zwei Trossen und das Drahttau wurden von der THALIA aus durch die Achterklüsen der CARLOTTA passiert und an den achteren Bettings festgelegt. Beim Ansetzen der Maschine zeigte es sich jedoch, dass letztere nicht genug widerstandsfähig waren, denn sie wurden complet herausgerissen, indem gleich zeitig auch beide Trossen in Stücke giengen. Dieser letzte Versuch war aber doch insoferne nicht ohne Nutzen, als sich der gestrandete Dampfer bei demselben wenigstens aus seiner geneigten Lage aufrichtete. Nach all den misslungenen Versuchen war es klar, dass in dieser Weise kein Erfolg zu erhoffen sei. Nun verfiel der Leiter der Rettungsarbeiten auf die glückliche Idee, nach dem mehr als das halbe Achterschiff schwimmend über einer schiefen Ebene lag, durch Unterschieben von cylindrischem Eisen oder Holzkörpern unter den Kiel und möglichstes Entlasten des Vordertheiles ein Ablaufen des Schiffes auf diesen Rollen zu versuchen. An Bord der THALIA fand sich zufällig ein passendes Stück 10"iges (254 mm-) Bohr aus Grusseisen vor, welches mit Hilfe eines Tauchers unter den Kiel des gestrandeten Schiffes festgeklemmt wurde. Gleichzeitig musste der gesammte Ballast des Vorderschiffes nach achter übertragen werden, während neuerdings zwei Trossen und das Drahttau auf die CARLOTTA ausgebracht wurden, und zwar auf die vorderen Bettinge, welche man mittels Ketten in den Bug klüsen gewissermaßen verkattete. Die hereingebrochene Nacht verhinderte die weitere Fortsetzung der Arbeiten und alles verblieb wie bis nun vorbereitet für den nächsten Morgen. Um Mitternacht hätte eine außerordentlich schwere, plötzlich herein gebrochene NO-Böe beinahe alle Rettungsarbeiten zunichte gemacht. Es wurde nämlich der Remorqueur auf die zwischen THALIA und CARLOTTA gespannten Schlepptaue getrieben und die THALIA selbst konnte sich nur mit Mühe unter Aufwendung der vollen Maschinenkraft vor dem Stranden auf der Felsenspitze, welche die Bucht von Igrane begrenzt, retten. Mittlerweile hatte der auf die Schlepptaue geworfene PLUTO einen so mächtigen Druck auf diese Taue ausgeübt, dass CARLOTTA neuerdings in seine frühere Lage nach backbord überkrängte, wodurch die Kette, mittels welcher der Bug des Schiffes, wie früher beschrieben, gestützt war, brach, und der Bock selbst umstürzte. Im Laufe des Morgens waren diese Havarien jedoch wieder ausgebessert. Die THALIA kehrte auf ihren früheren Ankerplatz zurück, worauf die Trossen und das Bettungstau, und überdies das Drahttau der THALIA neuerdings aus gebracht und angesetzt wurden. Vom Schleppdampfer PLUTO aus war mittlerweise ebenfalls das eigene Drahttau ausgebracht und in der vorderen Steuerbordklüse der CARLOTTA be festigt worden.
562 Infolge der Vorgänge während der Nacht hatte sich der Eisencylinder unter dem Kiele verschoben und musste wieder durch den Taucher in die richtige Lage gebracht werden. Bei dieser Gelegenheit wurde gleichzeitig noch ein mächtiger runder Holz balken untergeschoben, womit alle Vorbereitungen beendet waren. Auf ein gegebenes Signal setzten beide Schiffe langsam und gleichmäßig ihre Maschinen an, und mit dem ersten Zug lief die CARLOTTA unter lebhaften Hurrahrufen der gesammten Bemannungen über die Bollen ab, wobei der Eisen cylinder unter dem Kiele zerdrückt und in dem Holzbalken durch das ablaufende Schiff eine tiefe Furche eingerissen wurde. Um 2 1/ Uhr nachmittags, nach viertägigem schweren und rastlosen Arbeiten und Kämpfen mit den Elementen, schwamm der gestrandet gewesene Dampfer, und zwar ohne irgend welchen Schaden genommen zu haben, wieder in tiefem Wasser. —o — 2
E n g l i s c h e r P a n z e r d e c k k r e u z e r BLENHEIM.
— „Engmeer"
bringt in
seinem Hefte vom 11. Juli die Nachricht von dem am 5. Juli auf der Werfte der Thames Iron Works and Shipbuilding Company erfolgten Ablaufe des ge nannten Kreuzers und veröffentlicht über denselben die nachstehenden Angaben. Die Bläne der beiden Schwesterschiffe BLAKE und BLENHEIM wurden vom Chefconstructeur Mr. W. H. W h i t e entworfen; die Schiffe sind 3 7 5 ' (114,30 m) zwischen den Perpendikeln lang, 6 5 ' (19,75 m) breit, , 3 8 ' (11,57 m) im Baume tief und haben bei einem mittleren Tiefgange von 2 5 ' 6" (7,77 m) ein Deplace ment von 9000 t eng. (9144 t). Die vier verticalen Dreifach-Expansions maschinen des BLENHEIM wurden von der bekannten Firma Messrs H u m p h r y s, T e n n a n t a n d Co. geliefert und sollen 20 000 ind. e leisten. Die Geschwindigkeit während der Probefahrt soll bei forciertem Zuge 22 Knoten betragen; während der Ausrüstung wird auf die Erreichung von 1 8 / Knoten stündlich gerechnet. Das Schiff ist aus Stahl mit Doppelboden nach dem gebräuchlichen Zellensystem erbaut und außerdem durch viele wasser dichte Lang- und Querschotte abgetheilt. Das Panzerdeck erstreckt sich von vorne nach achter über die ganze Schiffslänge; dessen abfallende Seiten reichen 6' 6 " (1,97 m) tief unter die Constructionswasseiiinie und der Mitteltheil ist 1' 6" (0,46 m) über derselben gelegen. Die schrägen Seitentheile des Panzer decks sind in der Ausdehnung der Maschinen und Kesselräume 6" (152 mm), der Mitteltheil und die Theile vor und hinter den besagten Bäumen 3 " (76 mm) stark; Seitenpanzer ist nicht vorhanden. Das Gewicht des Panzers des in Bede stehenden Decks beträgt 1190 t. Die Bestückung dieses Schiffes wird aus zwei 24 t-Geschützen, zehn fünfzölligen (12,5 cm-) Geschützen, sechzehn dreipfündigen (langen 47 mm-) Schnellfeuerkanonen, vier einzölligen (25,4 mm-) und sechs 0,45 zölligen (11,5 mm-) Nordenfelt-Mitrailleusen bestehen. ch. 1
2
Küste
N i e d e r l ä n d i s c h e s R a m m s e h i f f f ü r d i e V e r t h e i d i g u n g d e r ZuiderBEINIER CLAESZEN. — Das in Bau befindliche Bammschiff BEINIEE
CLAESZEN ist ein stählernes, gepanzertes Zwillingsschraubenschiff mit Eamme, über die ganze Länge sich erstreckendem Panzerdeck und einem gepanzerten Drehthurme. Die Hauptdimensionen dieses Schiffes sind folgende:
Niederländisches Bammschiff REINIER CLAESZEN.
563
564
Länge über alles 70,00 m Länge zwischen den Perpendikeln 66,20 „ Größte Breite auf der Außenseite des Panzers 13,50 „ Raumtiefe im Hauptspant von der Unterseite der verticalen Kielplatte bis zur Rechtlinie des Oberdecks 5,05 „ Raumtiefe im Hauptspant von der Unterseite der verticalen Kielplatte bis zur Oberseite des Panzerdeckbalkens 4,75 „ Höhe des Doppelbodens von der Unterseite des verticalen Kielbleches bis Oberseite des Spantgegenwinkels 0,62 „ Bucht des Oberdeckbalkens im Hauptspant 0,25 „ Deplacement des vollständig ausgerüsteten Schiffes mit 9 0 t Kohlen an Bord
2490 t
Mittlerer Tiefgang im Seewasser 4,40 m REINIER CLAESZEN hat einen Rammsteven, einen durchlaufenden Panzer gürtel, welcher auf 2 9 m Länge mittschiffs 1 2 0 mm, von da gegen die Extre mitäten 1 0 0 mm stark ist. Ein Panzerdeck, dessen Deckbalkenoberseite im Hauptspante 0 , 3 5 m über der Constructionswasserlinie liegt, erstreckt sich über die ganze Schiffslänge; dasselbe senkt sich an den Schiffsenden und an den Bordseiten bis 1 , 1 0 m unter die vorerwähnte Wasserlinie. Im Maschinen- und Kesselräume sowie im Baume unter dem Gesckützthurme ist ein Doppelboden, zwischen dem Panzer- und Zwischendeck eine wasser dichte Zellenconstruction angeordnet ; die Zellen längs der Bordwand sollen mit Cellulose ausgefüllt werden. Sieben Querschotte, das die Maschinenräume trennende Langschott, dann die Tunnel- und Kohlendepotschotte werden wasserdicht hergestellt. Die Armierung wird aus einem 3 5 Kaliber langen 2 1 cm -Geschütze, welches in dem Drehthurme vorne untergebracht wird, einem 3 5 Kaliber langen 1 7 cm-Geschütze auf einer Mittelpivotlaffete am Achterdeck installiert und durch einen Schild von 4 0 cm Dicke geschützt, zwei 3 7 mm-Schnellfeuerkanonen und zwei 3 7 mm-Revolverkanonen, sämmtlich auf dem Hüttendeck aufgestellt, und schließlich einer Revolverkanone, vom gleichen Kaliber wie die übrigen, in der Gefechtsmars untergebracht, bestehen. Auch werden zwei Breitseitlancierkanonen, welche auf 4 5 ° nach vorne und 3 0 ° nach achter backsbar sein werden, vorhanden sein. Der Drehthurm wird aus einem stählernen Gerippe mit Stahlbeplattung, einer 2 2 cm starken Teak holzunterlage und 2 8 cm dicken Compoundpanzerplatten, welche in der gebräuch lichen Weise befestigt werden, bestehen. An der Oberseite wird der Thurm mit einer 3 8 mm starken Stahlplatte eingedeckt, auf welcher zwei aus Stahlguss hergestellte Visierkappen angebracht werden, zwischen denen eine Lichtluke, mit Panzergrätingen ausgestattet, angeordnet wird. . Die Drehvorrichtung, die Bollen und deren Bahnen werden aus Stahl guss erzeugt. Die den Thurm an seiner Unterseite umgebende Redoute wird in gleicher Weise wie dieser angefertigt; dieselbe reicht bis zur Oberseite des Panzerdecks. Für das Drehen des Thurmes wird eine Dampfmaschine und eine Hand vorrichtung installiert; mit ersterer kann der Thurm binnen 4 5 Secunden um 3 6 0 ° gedreht werden. Das Oberdeck unter dem 1 7 cm-Geschütze achter ist in gebräuchlicher Weise gegen die zwischen dem Panzer- und Zwischendeck befindliche Zellen construction abgestützt; für die Beischaffung der Munition zu diesem Geschütze
565 wird ein aus Stahlguss hergestellter Munitionsauflangeschacht mit 100 mm starken Wandungen angebracht, welcher durch eine verticale, centrale Scheide wand für den Pulver- und den Geschosstransport abgetheilt ist. Der Commandothurm wird cylindrisch angeordnet und trägt einen 28 cm starken Compoundpanzer auf einer 22 cm dicken Teakholzunterlage ; die doppelte Blechhaut dieses Thurmes reicht als Stützung bis zum Panzerdeck hinab; die an der Achter seite befindliche, in das Innere des Thurmes führende Öffnung wird durch eine 2 m hohe Panzerplatte gedeckt. Im Commandothurm befinden sich das Directionsrad der Dampfsteuerung, sämmtliche Maschinen- und Steuertelegraphen, die Telegraphen zu dem Geschütz thurm, zum Heckgeschütz und zu den Lancierkanonen, sowie alle nothwendigen Sprachrohre etc. Die Leitungen der erwähnten Verständigungsmittel werden in der Ausdehnung zwischen dem Ober- und Panzerdeck durch ein Bohr von 20 cm lichtem Durchmesser und 28 cm Wandstärke geschützt. Die Dampfsteuermaschine, gleichzeitig auch für den Handbetrieb ein gerichtet, wird achter unter dem Panzerdeck installiert und kann daselbst, sowie vom Commandothurm und der Commandobrücke aus bethätigt werden; außerdem ist auf letzterer noch ein Handsteuerrad angebracht. Das Schiff ist mit einer elektrischen Beleuchtungsanlage ausgestattet, für welche ein eigener Kessel von 90 lbs (6,33 hg) Betriebsspannung installiert wird. An zw ei vertical angeordnete, direct wirkende Dampfmaschinen werden Dynamos gekuppelt, von denen eine jede bei 300 Umdrehungen einen Strom von 150 Ampere und 70 Volts Spannung liefern wird. Außerdem wird eine Accumulatoren-Batterie für die Speisung der aus circa 140 Glühlampen be stehenden Schiffsbeleuchtung vorhanden sein. Der Scheinwerfer wird 70 cm Durchmesser besitzen; mit dessen Hilfe wird man bei günstigen Witterungs verhältnissen ein Kanonenboot bereits auf 3000 m und ein Torpedoboot auf 1500 m Entfernung sichten können. Die Torpedos sammt Spitzen, Luftpumpen und Accumulatomi werden unter dem Panzerdeck gesichert untergebracht, die am Hüttendeck befindlichen Peilinstrumente werden Schilde aus 25 mm starken Stahlblechen erhalten. Das Schiff wird mit sechs Booten ausgestattet. Der 30' (9,14 m) lange Dampfkutter wird auf mit Hilfe von Schraubenspindeln auslegbaren Charnierkrahnen geführt; an diesen werden Klampen vorhanden sein, in welche das Boot nach dem Auftoppen der Krahne gestrichen wird. Die übrigen fünf Boote sind auf Drehkrahnen zu hissen. Jeder der beiden Anker wiegt 2000 hg ; deren Ketten werden 41 mm stark sein. Für das Lichten wird ein Dampfgangspill installiert, das auch für den Handbetrieb eingerichtet ist; die beiden Ankerkrahne werden sich umlegen lassen, um den Ausschuss des 21 cw-Buggeschützes nicht zu behindern. Die Drainageanlage wird aus schließlich von den vorhandenen Dampfpumpen bedient; für das Deckwaschen und im Nothfalle auch zum Feuerlöschen ist eine 7"ige (178 mm-) DowntonWilson-Bumpe vorhanden. Der Schiffsrumpf wird, wie bereits erwähnt, ganz aus Stahl hergestellt; der Vor- und Achtersteven, eventuell auch die Wellenlagerträger und die Ab schlüsse beim Austritt der Wellenrohre aus dem Schiffskörper werden aus Stahl guss erzeugt. Das Panzerdeck besteht an den abfallenden Seiten aus drei Lagen, der flache Mitteltheil desselben aus zwei Lagen 25 mm starker Bleche ; innerhalb der Bedoute wird das Deck nicht gepanzert. r
Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens 1890, Nr. 8 und 9.
37
566 Die Luken und sonstige Öffnungen im Panzerdeck, welche während des Gefechtes geschlossen gehalten werden können, werden mit wasserdichten, in Charnieren aufgehängten Deckeln, die sich sowohl von oben als unten öffnen lassen, versehen. Die Schächte über den Maschinen- und Kesselräumen erhalten gepanzerte Scheerstöcke ; die Panzerung derselben wird aus unter 30° gegen den Horizont geneigten Platten bestehen, welche bei den Maschinenluken 60 mm, bei den Kosseiluken 140 m m stark sein sollen. Die Construction der gepanzerten Gürtelwände wird in nachstehender Weise geplant. Auf der 12,5 cm dicken, auf den Spanten angenieteten Blech haut wird die Teakholzunterlage, welche unter dem 120 mm starken Panzer 140 mm, unter dem 100 mm starken Panzer 160 mm dick sein wird, an gebracht ; die Wände werden mit zwischen den Plankengängen laufenden Winkeln versteift, die Compoundplatten in gebräuchlicher Weise angebracht und verbolzt. Hinter dem Commandothurm wird ein stählerner Gefechtsmast ohne Wanten aufgestellt; dessen Höhe beträgt 11,70 m, der Durchmesser 800 mm. Auf dem Top des Mastes ward eine Gefechtsmars gesetzt. Im Innern des Mastes sind Tretklampen zum Aufentem und ein Munitionsaufzug vorhanden. Auf dem Hüttendeck wird außerdem ein kleiner Signalmast mit Raa und Gaffel ange bracht. Die Maschinenanlage wird aus zwei voneinander unabhängigen DreifachExpansionsmaschinen mit Cylindern von 20" (508 mm), 31" (787 mm) und 50" (1270 mm) Durchmessern und 19" (483 mm) Kolbenhub bestehen. Die Gesammtleistung dei; Maschinen soll bei forciertem Zug bei 5—6 cm Windpressung in den geschlossenen Heizräumen 2400 ind. e betragen, wobei die Maschinen beiläufig 190 Umdrehungen pro 1 Minute machen sollen. Die Condensatoren werden cylindrisch aus Kupfer hergestellt und sollen 3800 [J' (351 m ) Kühlfläche besitzen. Die Circulationspumpen sind Centrifugalpumpen, welche mit der Drainageanlage verbunden, bei eventuellem Lecken sehr wichtige Dienste leisten werden, da sie contractsgemäß stündlich 360 t Wasser fördern sollen. Die Schraubenw ellen werden aus Stahl erzeugt, die Propeller aus Delta metall, vierflügelig, hergestellt ; deren Durchmesser wird 8 / (2,59 m) betragen, die Steigung von 8' (2,44 m) auf 10' (3,05 m) verstellbar sein. Den Dampf von 170 lbs (11,95 kg) Betriebsspannung liefern drei cylindrische, zweifeuerige Kessel; dieselben werden aus Stahl, die Siederohre aus Messing hergestellt. Die Hauptdaten über die Kessel sind : Durchmesser 8 /2' (2,59 m), Länge I7 1/2' (5,33 m), Anzahl der Siederohre circa 320, totale Rostfläche 110 Q ' (10,21 m' ), totale Heizfläche 4300 • ' (398,94 m ) , Volumen des Dampf raumes 600 Cubikfuß (16,68 m ) . Der Durchmesser des Schlottes beträgt 5' 6" (1,68 m). Im Kesselräume werden zwei Ventilatoren installiert, welche im Maximum 800 Umdrehungen machen und die für den forcierten Betrieb nothwendige Luft zuführen sollen. Ein kleiner Theil dieser Luft wird aus den umliegenden Schiffsräumen, der größte Theil aber von außen entnommen. Für die zwei Destillatoren, mit welchen das Schiff ausgestattet. werden soll, sowie die sonstigen Auxiliarmaschinen wird ein eigener Kessel installiert; jeder der Destillatoren soll täglich 3000 / Trinkwasser zu liefern imstande sein. Bei den Probefahrten wird eine Schiffsgeschwindigkeit von 13 Knoten erwartet. Die Bemannung besteht aus 140 Köpfen, die unterzubringenden Lebens2
r
1
/
2
1
2
J
3
567 mittelvorrathe werden auf vier Wochen reichen. Der Trinkwasservorrath beträgt 14 000 l, der Kohlenvorrath 90 t. Die drei Figuren auf Seite 567 geben die Seitenansicht, eine Draufsicht und den Hauptspant des BEINIER CLAESZEN.
Japanischer Kreuzer
TSCHIYODA. — Derselbe
(Nach
wurde
1
„Marineblau ".)
am 3. Juni auf
der Werfte Mssrs. James and George T h o m s o n in Clydebank von Stapel gelassen. Der Kreuzer ist ganz aus Stahl erbaut, 3 1 0 ' (94,49 m) lang, 4 2 ' (12,80 m) breit, 2 3 ' 8" (7,21 m) im Räume tief, und hat bei einem mittleren Tiefgange von 14' (4,27 m) ein Deplacement von 2450 if eng (2489 0TSCHIYODA ist in mancher Hinsicht den Colonialkreuzern TAURANGA und
RINGAROOMA, welche in Clydebank für die englische Regierung gebaut werden, ähnlich, übertrifft dieselben aber um 4 5 ' (13,71m) an Länge. Die Schiffsgeschwindigkeit soll bei allen drei Schiffen die gleiche sein und 19 Knoten bei der Fahrt mit forciertem Zuge betragen. Die Maschinenanlage besteht aus zwei vertical angeordneten Dreifach-Expansionsmaschinen, jede eine Schraube treibend, und ist in einem durch ein Langschott getrennten Räume untergebracht. Die Maschinen haben 2 6 " (660 mm), 3 9 " (991mm) und 5 7 " (1448 mm) Durchmesser und 2 7 " (676 mm) Kolbenhub. Die Schraubenpropeller wurden aus Manganbronze mit verstellbarer Steigung hergestellt. Der Dampf wird von sechs Locomotivkesseln geliefert, welche sich in zwei getrennten Räumen befinden. Der Kohlenvorrath ist derart bemessen, um dem Schiffe bei auf 10 Knoten reducierter Fahrtgeschwindigkeit eine Actionssphäre von 8500 Seemeilen zu sichern; dabei wird der tägliche Kohlenconsum beiläufig 12 t betragen. Der Kreuzer wird mit einem partiell ausbalancierten Thomson'sehen Patentsteuer, gleich jenem der REINA REGENTE, ausgestattet, was eine besonders gute Manövrierfähigkeit erwarten lässt. In der Wasserlinie wird auf zwei Drittel der Schiffslänge ein Panzer gürtel angebracht, der aus 4 / " (118 mm) starken Stahlplatten besteht, welche direct auf die Außenbeplattung mit Schrauben befestigt werden; außerdem ist ein sich über die ganze Schiffslänge erstreckendes Panzerdeck vorhanden, welches eine mittlere Dicke von 1 " (25,4 mm) besitzt und aus zwei Blechlagen zu sammengesetzt ist, von denen die untere Lage aus Siemens-Martin-Stahl, die obere Lage aus Chromstahl besteht. TSCHIYODA wird mit zehn 4,7"igen (12 cm) -Armstrong - Schnellfeuer geschützen, vierzehn 47 mm - Hotchkiss - Schnellfeuerkanonen , drei GatlingMitrailleusen in den Marsen und drei Lancierrohren, System Schwartzkopf, davon eines im Buge und je eines pro Bordseite, armiert. 5
8
X. Die Küstenvertheidigung
d e r V e r e i n i g t e n S t a a t e n . — Wir hatten
bereits wiederholt Anlass der Berichte zu erwähnen, welche die Vorstände der verschiedenen Abteilungen des Marinedepartements und der Armeeverwaltung an ihre obersten Chefs alljährlich richten, und welche die Basis für die Budget voranschläge bilden. Diese Documente, welche publiciert werden, zeichnen sich durch ihre Klarheit und Gründlichkeit vor ähnlichen Veröffentlichungen anderer Mächte aus.
568 Besonders interessant sind die Berichte, welche die permanente Küstenvertheidigirng des Landes betreffen, und in denen viel über deren gegenwärtigen Zustand ge klagt wird. Die Küstenvertheidigung der Vereinigten Staaten befindet sich nach diesen Quellen in derselben unwirksamen Verfassung, in welcher sie am Schlüsse des Bürgerkrieges war. Seit 10. Februar 1875 wurden keinerlei Geldmittel für Neubauten bewilligt; erst im Jahre 1888 wurden 100 000 Dollars für die Repara turen der vorhandenen Werke bestimmt, welcher Betrag jedoch kaum für die allernothwendigsten geringfügigen Instandsetzungen ausreichte. Ein gleicher Betrag gelangte im vorigen Jahre mit kaum größerer Wirkung zur Verwendung. „Unser Land", sagt Oberst W . R . K i n g , der Chef des Ingenieurs-Corps und der Autor, des bezüglichen Berichtes, „ groß an Bevölkerung, Wohlstand und natürlichen Hilfsquellen, hervorragend unter den Nationen der Erde durch Intelligenz, Kunst und Energie, mit einem überfließenden Staatsschatze, ist gegenwärtig absolut hilflos gegen den Angriff einer Macht dritten Ranges, welche moderne, mit schweren, gezogenen Geschützen armierte Panzerschiffe besitzt. Es würde daher ganz unnöthig sein, Beweise anführen zu wollen, um die Widersinnigkeit der bisherigen Vernachlässigungen zu zeigen oder die un bedingte Nothwendigkeit darzulegen, unsere wichtigsten Seehäfen durch alle jene Vorkehrungen, wie sie der gegenwärtige Stand der militärischen Wissenschaften und Künste erheischt, zu schützen." Der Bericht führt weiter an, dass die Frage der Küstenbefestigung von den betheiligten Körperschaften einem eingehenden Studium unterzogen und ein bezügliches Project ausgearbeitet wurde, und dass es bloß vom Congresse abhängen wird, durch Bewilligung der nothwendigen Geldmittel dieses Project seiner Realisierung zuzuführen. Die Hauptpunkte desselben sind: 1. Für die Armierungen sollen nur die schwersten gezogenen Geschütze, auf Verschwindungslaffetten montiert, zur Verwendung gelangen. Diese Geschütze müssen mächtiger sein, als jene, welche die feindliche Flotte ihnen entgegenzustellen vermag, um die letztere entweder auf eine sichere Distanz entfernt halten, oder beim Versuche die Minensperren zu forcieren, vernichten zu können. Eine besondere Wichtigkeit wird auch der Entfernung der Geschütze voneinander und der Möglichkeit, dieselben auf jeden Punkt in möglichst großer Zahl concentrieren zu können, beigemessen. 2. Ein gut angelegtes System von Seeminen in den Canälen und auf den Rheden ist erforderlich, um die feindlichen Schiffe unter dem Feuer der Küsten befestigungen halten und das Berennen der Batterien und das Erreichen der Häfen und der Städte verhindern zu können. 3. Für die Vertheidigung der Seeminensperren gegen feindliche Angriffe (Gegenminen, Fischen etc.) müssen Batterien von Schnellfeuerkanonen kleinen Kalibers, entsprechend postiert und geschützt, vorhanden sein. Der Bericht weist auch darauf hin, dass infolge der Vergrößerung der wirksamen Tragweite der schweren Geschütze gegen früher, sich auch die Ausdehnung und der Charakter der Vertheidigung wesentlich geändert habe. Während noch vor gar nicht langer Zeit 1000 Yards als eine zulässige Ent fernung der Befestigungen vor dem zu vertheidigenden Orte angenommen wurden, werden gegenwärtig für die äußere Linie der Vertheidigung 14000 bis 17 000 Yards als keine allzu große Entfernung angesehen. Diesbezüglich wird die Stadt New-York als Beispiel angeführt, bei welcher in früherer Zeit die Werke auf der Bedloes-Insel genug entfernt waren, um
569 als äußere Linie der Vertheidigung gelten zu können; heutzutage aber müsste dieselbe infolge der großen Tragweite und Treffsicherheit der Geschütze in die Engen und sogar nach Sandy Hook und der Coney-Insel verlegt werden. Die in das Project für die Küstenvertheidigung aufgenommenen Befesti gungen zerfallen in nachstehende fünf Classen: 1. M ö r s e r b a t t e r i e n mit und ohne Escarpen und Plankendeckung; 2. B a r b e t t e b a t t e r i e n mit Geschützen auf Verschwindungslaffetten armiert ; 3. B a r b e t t e b a t t e r i e n , mit Geschützen auf verticalen Hebelaffetten armiert ; 4. m i t E i s e n p l a t t e n g e p a n z e r t e B a t t e r i e n ; 5. E i s e n - o d e r S t a h l t h ü r m e . Die ersten drei Kategorien werden für Boston, New-York, Hampton-Eoads, San Francisco und Washington D. C. als Beginn eines umfassenden Vertheidigungsnetzes, das sich von Jahr zu Jahr über andere Orte weiter ausdehnen soll, zur sofortigen Inbaulegung in Antrag gebracht. Für die Batterien, Casematten und Thürme, welche das Project umfasst, werden folgende Summen präliminiert, in denen jedoch die Auslagen für die Laffetierungen und die mit der Geschützbedienung im Zusammenhange stehenden Einrichtungen nicht enthalten sind : Boston: Mauerung und Erdwerk
4 877 882
$
New-York: Westliche Einfahrt : Erdwerk und Mauerung Südliche Einfahrt : Erdwerk und Mauerung Panzerung und Eisenconstruction
2 190 000 „ 7 006 496 „ 7 004 000 »
16 200 496 $~ Hampton-Eoads: Erdwerk und Mauerung , Banzer und Eisenconstruction
1 921 602 S 1 715 000 „
3636 602 $ San F r a n c i s c o : Erdwerk und Mauerung 5 935 000 $ Project involvierend die Benützung von Panzer und Eisen noch nicht endgiltig ausgeführt. Washington: Mauerung und Erdwerk 520 000 $ In dem Berichte geschieht auch der Kanonenfabrik im Watervleit-Arsenale Erwähnung, deren Gebäude fertig gestellt sind und deren Einrichtungen bis Ende 1. J. completiert sein werden. Dieses Etablissement wird sodann imstande sein, jährlich zehn 8" (20,3 cm), sechs 10" (25,4 cm) und vier 12" (30,5 m ) Geschütze zu liefern. Weiters wird im Berichte constatiert, dass die Stahl industrie in den Vereinigten Staaten in der letzten Zeit große Fortschritte gemacht hat, und dass von ihr für die Anfertigung von schweren Stahlgeschützen
570
ein sehr geeignetes Material heigestellt wird. Contraete für die Lieferung von Stahl für 24 8-Zöller, 24 10-Zöller und 15 12-Zöller wurden mit verschiedenen Firmen abgeschlossen; das Material für 4 4 dieser Geschütze muss bis August 1 8 9 2 eingeliefert sein. In dem Anhange zum Berichte werden verschiedene Gegenstände vom fachlichen Interesse behandelt, unter anderem wird eine sehr sinnreiche Vor richtung für die Registrierung der Explosionswirkung unterseeischer Minen be schrieben; auch finden sich daselbst Illustrationen vom Sims-Torpedo vor. (Nach „Engineur".) ch. D a s e n g l i s c h e P a n z e r s c h i f f „SULTAN". — Der Director für Schiffs bauten, Mr. W h i t e , und der Chefconstructeur im Arsenale von Portsmouth Mr. D e a d m a n , haben vor kurzem den im Dock befindlichen SULTAN untersucht. Obzwar ein großer Theil der Bodenbeplattung unbeschädigt blieb, ist dieselbe sowie das Spantenwerk im ganzen vornehmlich aber auf Steuerbord bereits beträchtlich deterioriert. Brüche von Spanten konnten nur auf Steuerbord unter dem dritten Langbande, etwas vor der Schiffsmitte constatiert werden. Die Auswechslung dieser Spanten stoßt auf große Schwierigkeiten, da die darüber befindlichen Gewichte der gepanzerten Wandungen gut abgestützt werden müssen. In Anbetracht des Zustandes der Bautheile des Schiffes, der vorerwähnten beträchtlichen Schwierigkeiten und der großen Kosten ist es sehr fraglich, ob die Reparatur des SULTAN sich überhaupt noch lohnen wird.
A b ä n d e r u n g e n a n d e m n e u e n e n g l i s c h e n K r e u z e r t y p CENTAUE. —
In letzter Zeit wurde beschlossen, die neun neuen in Bau befindlichen Kreuzer des Typ CENTAUR (CENTAUR, EDGAR, ENDYMION, GIBRALTAR, GRAFTON, HAWKE, CRESCENT, SAINT GEORG, THESEUS) von 7 3 5 0 t Deplacement und einer Maschinen
kraft von 1 2 0 0 0 ind. e, mit einem Vorcastell an Stelle der geplanten walrückenartigen Construction des Oberdecks auszustatten, um dadurch das Über nehmen von See besser zu verhindern. Auch werden anstatt der zwei vorne und achter geplanten 2 3 cm- ( 2 2 t-) Geschütze nur zwei 1 5 cm- ( 5 t-) Geschütze in stalliert. Diese anbefohlenen Änderungen, vorzüglich jene an der Bestückung, wurden in Fachkreisen sehr gut aufgenommen, da sich während der Sommer übungen die Belastung der Schiffsenden mit schweren Geschützen den See eigenschaften im hohen Grade als abträglich gezeigt hat, was besonders bei den Kreuzern der Fall war, welche schon bei etwas Seegang ihre Bug- und Heckgeschütze nicht gebrauchen konnten. Die neuen Dispositionen werden eine Gewichtsersparnis von 1 5 1 am Buge herbeiführen, wodurch die nautischen Eigenschaften der Schiffe wesentlich gebessert werden und deren Jagdgeschütze länger bedienbar bleiben sollen. Auch wird sich beim Andampfen gegen Seegang eine größere Geschwin digkeit einhalten lassen. i.
D e r V i c t o r i a - T o r p e d o . — Dieser von Mr. G. Bead M u r p h y aus Melbourne erdachte, lenkbare Torpedo soll sich durch eine besonders leichte Lenkbarkeit und Handlichkeit auszeichnen. Der Torpedo ist 2 4 ' ( 7 , 3 2 m) lang, dessen größter Durchmesser beträgt 21"
( 5 3 3 mm).
571 Im Inneren des Torpedos sind drei kleine Elektromotoren untergebracht, von welchen der erste die Steuerung unter seiner Contrôle hat, der zweite die Geschwindigkeit des Torpedos nach Bedarf regelt und dem Kabel, mittels dessen der Torpedo mit seiner Lancierstation am Lande oder auf einem Schiffe in Verbindung steht, das Abwickeln und Auslaufen gestattet, und der dritte entweder die Explosion des Torpedos oder dessen Erscheinen an der Wasseroberfläche veranlasst, welch letzteres besonders wichtig wird, wenn sich der Torpedo, dessen Tragweite 2 / Seemeilen beträgt, dem Ende seiner Bahn nähert. Das Torpedokabel ist sehr leicht und wiegt bloß 1 Unze pro 1 Yard (0,031 kg pro 1 m) Länge. Der Curs des Torpedos wird durch eine sehr sinnreiche Anwendung von Holmers Composition markiert, welche durch ein dünnes Böhrchen, das in einer eigens angeordneten Flosse untergebracht ist, an die Wasseroberfläche gelangt. Ein derartiger Torpedo wird gegenwärtig bei der Firma Mssrs. H e e n a n a n d F r o u d e in Birmingham angefertigt und soll nach seiner Fertigstellung in Gegenwart von Vertretern der Admiralität und des Militärdepartements erprobt werden. i. 1
2
P r o b e n m i t e i n e m T o r p e d o j ä g e r d e s S y s t è m e s Turn-about. — Vor
kurzem hat Mr. J. S. W h i t e in East Cowes für die englische Eegierung einen Torpedojäger nach dem System der von ihm erdachten turn-about-Boote construiert, welcher sehr zufriedenstellende Besultate ergeben hat. Der neue Torpedojäger ist im allgemeinen den Torpedokanonenbooten Typ RATTLESNAKE sehr ähnlich, hat jedoch den großen Vortheil, bedeutend weniger als diese zu tauchen. Derselbe ist 63 m lang, 7 m breit und besitzt bei voller Zuladung einen Tiefgang von nur 2 m. Der Schiffskörper ist in eine große Zahl wasserdichter Compartiments getheilt, die Maschinen und Kessel durch Kohle geschützt. Für die Probefahrten wurden 50 t Kohlen eingeschifft und das Gewicht der an Bord fehlenden Gegenstände durch 40 t Ballast ersetzt. Diese Fahrten fanden in der Bai von Stokes und Portsmouth statt. Während einer einstündigen Fahrt mit natürlichem Zuge wurden 18,64 Knoten erzielt, bei einer gleich lang dauernden Fahrt mit forciertem Zuge 21,46 Knoten Geschwindigkeit erreicht. . Die angestellten Versuche über die Evolutionsfähigkeit des Torpedojägers ergaben ebenfalls sehr befriedigende Besultate; der ganze Kreis mit Euder an Bord wurde in 1 Minute 4 5 Secunden zurückgelegt, dessen Durchmesser betrug beiläufig zwei Schiffslängen. Die Vibrationen des Schiffes bei allen Fahrten waren sehr gering, dessen • Neigung bei den Drehkreisen unmerklich. Da der Kohlenvorrath dieses Fahrzeuges 1001 beträgt, wird dasselbe zum Vedettendienste bei einer Escadre sehr verwendbar sein; der geringe Tiefgang lässt es zum Aufsuchen und Verfolgen der feindlichen Torpedoboote in den seichten Gewässern längs der Küsten als sehr geeignet erscheinen. („Times.")
O f f i c i e l l e P r o b e n m i t d e m s u b m a r i n e n B o o t e PERAL. —
militar"
„Correo
bringt eine Beschreibung der Proben, denen das unterseeische Boot
572
PERAL officiell unterworfen werden soll. Das Programm, welches von der eigens hiefür normierten Commission aufgestellt wurde, ist folgendes : 1. Die erste Probe wird behufs Ermittlung der Actionssphäre des Bootes vorgenommen und soll zwei Tage dauern. Am ersten Tage wird das Boot mit einer Geschwindigkeit von 4 — 5 Knoten fahren, welche Geschwindigkeit etwa einem Viertel der Maschinenleistung entspricht, am zweiten Tage wird die Ge schwindigkeit bis auf 6 — 7 Knoten gesteigert werden, entsprechend der halben Maschinenkraft. Während der zwei Probefahrten wird das Boot circa 1 2 0 Seemeilen durch laufen müssen, welche jedoch nicht die ganze Actionssphäre des Bootes ausmachen, da in den Accumulatoren noch hinreichend Elektricität verbleibt, um mit dem Boote noch immer einen nicht unbedeutenden Weg zurücklegen zu können. 2 . Die zweite Probe wird darin bestehen, dass das Boot mit einer Ge schwindigkeit, welche dem Ermessen seines Constructeurs überlassen wird, bis zur Ausfahrt des Hafens von Cadix fährt, hierauf in der offenen See untertaucht und in den von der Commission bestimmten Wassertiefen und Cursen Evolutionen durchführt. An diesem Tage werden auch Lancierungen sowohl bei unterge tauchtem als auch an der Wasseroberfläche schwimmendem Boote vorzunehmen sein. Eine einstündige Dauerfahrt des Bootes in gegebener Wassertiefe und in einem bestimmten Curse wird den Schluss dieser Serie Proben bilden. Auf diese Art werden die Manövriereigenschaften des Bootes, die Güte der optischen und telemetrischen Apparate, der Lanciervorrichtungen und der Compasse verificiert. 3. Bei der dritten Versuchsserie wird der Kreuzer COLON vor dem Hafen mit einer von der Commission bestimmten Geschwindigkeit kreuzen, PERAL wird, aus dem Hafen kommend, dieses Schiff anzugreifen und gegen dasselbe seine drei Torpedos zu lancieren haben. Wenn es dem COLON gelingen sollte, den PERAL auf eine größere Distanz als 5 0 0 m (Maximaldistanz, auf welche überhaupt noch lanciert werden darf) zu sichten, so wird ersterer einen Kanonenschuss abfeuern, um anzudeuten, dass der Angriff misslungen ist, worauf PERAL seinen Versuch erneuern muss. Diese Proben werden gewiss die interessanstesten des ganzen Programmes sein und besondere Verhältnisse der Witterung und des Zustandes der See erfordern. 4 . Der vierte Punkt des Versuchsprogrammes wird während einer mond scheinlosen Nacht durchgeführt. Der COLON wird wieder vor dem Hafen kreuzen, das Boot wird ihn dreimal anzugreifen und seine drei Torpedos gegen ihn zu lancieren haben. Dabei wird COLON von seinen Scheinwerfern Gebrauch machen und das Boot zu sichten trachten. 5 . Diese Probe soll bei schlechtem Wetter und hohem Seegange stattfinden, damit das Boot den Beweis liefere, dass es auch unter diesen Verhältnissen verwendbar ist. Dabei soll es sowohl an der Oberfläche als auch in verschie denen Tiefen und Cursen erprobt werden. Die Experimente mit dem Boote haben bereits begonnen. Das eingangs erwähnte Pachblatt meldet, dass mit PERAL am 2 2 . Mail. J . die erste Bahrt zur Ermittlung der Actionssphäre durchgeführt wurde. Um 6 1/2 Uhr morgens verließ das Boot seinen Ankerplatz, gefolgt von COLON, an dessen Bord sich die Commission befand, und den Kanonenbooten SALAMANDRA und COCODRILLO ; auf der Rhode von Cadix wehte ein starker Ostwind. Außerhalb der Rhede tauchte das Boot soweit unter, dass nur dessen Thurm aus dem Wasser ragte, und fuhr, den Bug gegen Wind und See gerichtet, mit einem Viertel der Maschinenkraft in die offene See hinaus.
573
Hier wehte der Wind scharf aus West und SW, die hohen Wellen kämme überfluteten jeden Moment den Thurm, das Boot stampfte heftig. Die vorgenannten Schiffe folgten dem Boote in einer Entfernung von circa zwei Seemeilen. Dwars vom Cap Roche wendete PERAL und nahm den Curs SO, wobei Wind und See stetig zunahmen und das Boot seine Maschinenleistung steigern musste. Dwars vom Strande von Barrosa wurde wieder gewendet und die Bück fahrt nach Cadix begonnen, wobei das Boot weniger von der See zu leiden hatte und von der vorhandenen Strömung begünstigt wurde. Um 2 / Uhr nach mittags erreichte das Boot seinen Ankerplatz auf der Rhede, nachdem es durch volle 8 Stunden mit geschlossenen Luken navigiert hatte. Die zurückgelegte Distanz betrug 4 5 Knoten, woraus sich eine mittlere Geschwindigkeit von stündlich 5 , 5 Knoten ergibt. Bei dieser Fahrt gelangte nur die Hälfte der Accumulatoren zur Verwendung. Das Besultat dieser Probe wurde von der Commission als in jeder Hinsicht sehr befriedigend bezeichnet. 1
2
Rauchloses
Geschützpulver
v o n L i b b r e c h t . — Dem Director der
Gesellschaft von Cop al & Co. in Welteren (Belgien), Herrn L i b b r e c h t , ist es gelungen, ein neues rauchloses Geschützpulver zu erzeugen, welches seine Eigenschaften gut conservieri; und beim Verbrennen keine Bückstände zurücklässt. Mit diesem Pulver wurden auf dem Schießplatze von Caulille eingehende Versuche vorgenommen, für welche 8 , 7 , 1 0 , 1 5 und 2 1 cm-Geschütze zur Be nützung gelangten. Beim 8 , 7 cm-Geschütze variierte die Pulverladung zwischen 7 0 0 — 8 0 0 g, die Pulverkörner hatten 2 cm Seitenlänge. Die erzielten Resultate sind folgende :
Ladung in
9
700 750 800 850
Geschossge schwindigkeit Gasdruck in auf 25ravon Atmosphären der Mündung in m 442 514 550 569
1348 1784 2273 2536
Um dem Leser einen Vergleich zwischen diesem und dem in Gebrauch stehenden schwarzen Pulver zu ermöglichen, wollen wir anführen, dass die reglementsmäßige Ladung schwarzen Pulvers 1,5 kg beträgt, mit welcher eine Anfangsgeschwindigkeit von 4 5 6 m bei rund 2 0 0 0 at Gasspannung erreicht wird. Die Rauchbildung war bei allen Proben äußerst gering, kaum wahr nehmbar.
N e u e E r p r o b u n g d e s B r e n n a n - T o r p e d o s . — Über einen neuen Versuch, welcher in Gegenwart des Staatssecrectärs des Kriegsdepartements, vieler hoher Persönlichkeiten und Würdenträger, Officiere und der MilitärAttaches einiger Gesandtschaften mit dem Brennan-Torpedo mit bestem Erfolge
574
vorgenommen wurde, berichtet die „Admiralty and Horse Guards Gazette" nachstehendes : Der Brennan-Torpedo wurde von dem Fort Cliff End, einem alten Ziegel werk, aus dirigiert, und man hatte beschlossen, einen geladenen Torpedo zum Versuche heranzuziehen und mit demselben ein Schiff zu zerstören. Hiezu wurde eine alte Handelsbrigg von 4 0 0 — 5 0 0 t ausersehen, welche am Morgen des Versuchstages unterhalb Yarmouth vor Anker lag. Als die Jachten und kleinen Fahrzeuge, welche den Solent in der Nähe des Versuchsortes bedeckten, sich zurückgezogen hatten, wurde der Anker der Brigg gelichtet, der Tender SEAHOESE vorgespannt und das Opfer mit einer Geschwindigkeit von 9 Knoten gegen die Engen zwischen Hurst Castle und Cliff End geschleppt. Die Breite dieser Engen beträgt weniger als eine Seemeile, der Curs, welchen der Tender mit der Brigg im Schlepp nahm, brachte letztere auf etwa 1 1 0 0 Yards ( 1 0 0 5 m) der Torpedostation nahe, woselbst Lieutenant S e a m a n B. E. mit der Leitung des Torpedos betraut war. Auf der Nordseite des Forts bemerkten die Zuschauer plötzlich einen ge schlossenen Karren auf Schienen in das Wasser rollen, ein Thor an der Ober seite des Karrens aufspringen und einen spindelartig geformten, etwa 1 5 ' ( 4 , 5 7 m) langen Körper, welcher auf seinem Bücken einen 6 — 8 ' ( 1 , 8 3 — 2 , 4 4 m) langen dünnen Flaggenstock trug, in die See schnellen. Damit kam der Torpedo selbst außer Sicht, die kleine Flagge jedoch, welche am Top des nur wenige Fuß über Wasser emporragenden Flaggenstockes wehte, zeigte an, dass der Torpedo sehr schnell in der Bichtung der Brigg dahinschoss. Ein- oder zweimal änderte der Torpedo seine Tiefe, einmal sprang er sogar aus dem Wasser gleich einem spielenden Delphin und glitzerte einen Augenblick im Sonnenschein. Dann beruhigte er sich, seine Tiefe bis zum Schlüsse des Versuches beibehaltend. Der Flaggenstock durchschnitt mit immer zunehmender Geschwindigkeit das Wasser, welches zu beiden Seiten des Stockes Schaumbänder bildend zerstob. Mit einer Schnelligkeit, die gewiss nicht weniger als 2 0 Knoten betrug, passierte der Torpedo das Heck der Brigg, wendete hierauf nach backbord, verfolgte einen Moment sein Opfer, welches er auch gleich darauf auf steuerbord achter traf, wobei er sogleich explodierte. Eine riesige Bauch- und Staubwolke erhob sich bis zu etwa 1 0 0 ' ( 3 0 , 5 m) Höhe, gebrochene Spieren und Hölzer flogen über dieselbe weit empor, ein starker Knall traf das Ohr der Zuschauer, und wenn auch in diesem Momente der Körper der Brigg noch sichtbar war, erkannte man sofort, dass die Tage des alten Fahrzeuges zu Ende waren. Die Brigg hatte sich förmlich überstürzt, ein Mast war gebrochen, ihre Verbände waren gänzlich zerstört, und 8 Minuten nachdem Lieutenant Seaman den Torpedo ins Wasser gelassen hatte, war von der Brigg nur noch ein weites Feld schwimmender Holztrümmer vorhanden. Eine Ladung von 3 0 0 lbs ( 1 3 6 kg) Sprenggelatin hatte das Achterschiff buchstäblich zersplittert. ch.
Erprobung
der Panzerplatten
des
c h i l e n i s c h e n S c h i f f e s CAPITAN
PKAT. — Dem Contraete gemäß soll das auf der Werfte la Seyne in Bau be findliche Panzerschiff CAPITAN PRAT mit S c h n e i d e r s Stahlplatten gepanzert werden. Für die Lieferung und Übernahme dieser Platten wurden die in der französischen Kriegsmarine geltenden Bedingungen vorgeschrieben. Am 2 3 . Mai wurde daher eine aus der ersten zur Einlieferung gelangten Partie fürgewählte
575 Panzerplatte am Schießplatz zu Gâvre in Gegenwart einer aus französischen Officieren und Ingenieuren bestehenden Commission der Erprobung unterzogen. Die dem Panzergürtel angehörige Platte war 5,585 m lang und 2,06 m breit, am Oberrande 205 mm und am Unterrande .135 mm dick; deren Gewicht betrug 15 410 kg. Zur Beschießung wurde das 16 cm-Geschütz verwendet, dessen Hartgussprojectile 45 kg wiegen. Es wurden drei Schüsse mit Anfangsgeschwindigkeiten von 446, 445 und 477 m abgegeben; die Trefferfigur bildete ein gleichseitiges Dreieck mit horizontaler Basis und Seitenlänge gleich zwei und einhalb Kaliber. Die lebendige Kraft der Geschosse betrug das 1,13 fache jener, welche für das Durchschlagen einer gleich starken Platte nothwendig gewesen wäre. Bei den ersten zwei Schüssen zerbrach nur die ogivale Spitze der Geschosse, das dritte Geschoss wurde zwar stärker zertrümmert, doch konnte auch bei diesem eine vorzügliche Qualität des Materials constatiert werden. Nach der Beschießung wies die Platte drei leichte Bisse auf, welche alle von dem ersten Treffer ausgiengen; beim zweiten und dritten Treffer waren keine Bisse wahrnehmbar. Aus der vollkommenen Ähnlichkeit der von den Ge schossen verursachten Eindrücke konnte auf die große Gleichartigkeit des Materials der Blatte geschlossen werden. Weder die Widerlage der Platte noch deren Befestigungsbolzen (System S c h n e i d e r ) zeigten eine Beschädigung. Das Besultat des Versuches wurde von der Commission als sehr zufriedenstellend classificiert. ch.
E i n e s c h w e d i s c h e h y d r o g r a p h i s c h e E x p e d i t i o n . — Über Anregung
des Professors Otto P e t t e r s o n s in Stockholm wurde eine hydrographische Expedition arrangiert, nachdem vorher der genannte Professor und Freiherr Oskar D i c k s o n die nothwendigen Geldmittel mit Hilfe zweier maritimen Ver sicherungsgesellschaften zusammen gebracht hatten. Der Expedition, welche von Gothenburg auslaufen wird, stehen der Bettungs dampfer SCANDINAVIAN, das Kanonenboot ALPHILD, der Lotsendampfer GOTHEBOKG
und die beiden Dampfer THEMIS und Iris zur Verfügung. Männer der Wissenschaft werden sich auf diese Fahrzeuge einschiffen und Wasseranalysen und Temperaturbestimmungen in bedeutendem Umfange vor nehmen. Das Operationsfeld dieser Expedition wird das Skagerak und Kategat sein, welche zu diesem Behufe bereits in eine Anzahl von Sectionen getheilt wurden. Die verschiedenen Instrumente, mit welchen die Expedition ausgerüstet wird und von denen einige für diesen Zweck eigens construiert wurden, haben sich bei ihrer Erprobung vorzüglich bewährt. Unter denselben befindet sich ein vom Professor E k m a n erdachter Apparat für das Heraufholen von Wasser proben aus Tiefen von 300' (91m), welcher mit einem Wärme-Isolator versehen ist; weiters ein Turbinenapparat, ebenfalls vom genannten Professor' construiert, welcher gleichfalls Wasser aus jeder beliebigen Tiefe heraufzuholen vermag und mit einem Tiefseethermometer von N e g r e t t i und Z a m b r a ausgestattet ist, endlich verschiedene Instrumente für ähnliche Zwecke, die nach den Angaben des Fregattencapitäns A r w i d s s o n hergestellt wurden, und in ihrer Functionierung sehr rasch und verlässlich sind, jedoch nur in geringen Tiefen an gewendet werden können. x.
576 D a m p f e r OEIEL d e r
russischen
freiwilligen
Flotte.
—
Der
neue
Zweischraubendampfer dieser Flotte, welcher den Namen OEIEL führt, wurde auf der Werfte von R. and W. H a w t h o r n , L e s t l e & Co. in Newcastle o./T. gebaut, und ist der schnellste Handelsdampfer, welcher bisher an der Nordost küste Englands von Stapel gelassen wurde. Derselbe kann sich, was Geschwin digkeit betrifft, mit jedem der berühmten „Windspiele" des Atlantischen Oceans messen. OEIEL ist 452' (137,77 m) lang, 4 8 ' (14,62 m) breit und bestimmt sowohl Passagiere als Lasten einzunehmen. Die Maschinenanlage besteht aus zwei vertical angeordneten DreifachExpansionsmaschinen von 3 4 " (864 mm), 5 4 " (1372 mm) und 8 5 " (2159 mm) Durchmesser und 5 1 " (1295 mm) Kolbenhub; die vier doppelendigen Kessel haben 15' (4,57 m) Durchmesser, 18' (5,48 m) Länge und zusammen 24Feuerungen mit 615 • ' (57,07 m ) Rostfläche. Die totale Heizfläche beträgt 17 204 (1596 m ) , die Betriebsdampf spannung 160 lbs (11,25 kg). Acht Ventilatoren sind für die Luftzufuhr bei forciertem Zuge vorhanden ; es sind aber auch Vorkehrungen getroffen, um eine hohe Leistung bei natürlichem Zuge zu erzielen. Bei der Probefahrt war das Schiff vollständig ausgerüstet und hatte eine Ladung von 2000 t an Bord. An der gemessenen 9,6 Seemeilen langen Strecke oberhalb Newcastle erreichte das Schiff bei natürlichem Zuge gegen die Strömung eine Geschwindigkeit von 18,88 Knoten, mit der Strömung eine solche von 19,86 Knoten, was einer mittleren Geschwindigkeit von 19,37 Knoten entspricht. Die Maschinen machten dabei im Mittel 97,7 Umdrehungen pro Minute, deren mittlere Gesammtleistung betrug 9934 ind. e. Hierauf wurde die contractlich bedungene sechsstündige Dauerfahrt mit natürlichem Zuge vorgenommen, bei welcher mit 96,4 Umdrehungen pro Minute und einer mittleren Leistung von 9098 ind. e eine Schiffsgeschwindigkeit von 19,11 Knoten gemessen wurde. Dieses sehr günstige Resultat wurde ohne Zuhilfenahme der Ventilatoren erzielt. Bei forciertem Zuge soll eine mittlere Geschwindigkeit von 2 0 / Knoten erreicht werden. i. 2
2
1
4
M i s s g l ü c k t e r V e r s u c h , D y n a m i t p r o j e c t i l e a u s g e w ö h n l i c h e n Ge
s c h ü t z e n z u s c h i e ß e n . — Wie bekannt, haben in den Vereinigten Staaten von Nordamerika wiederholt Versuche mit abwechselndem Erfolge stattgefunden, verschieden construierte Dynamitprojectile aus gezogenen Geschützen zu schießen ; der letzte Versuch, welcher in Ponyville bei Syracuse vom Dr. J. Gilbert J u s t i n e vorgenommen wurde, misslang jedoch gänzlich, indem das dabei ver wendete 9 "ige (23 cm-) Geschütz gleich beim ersten Schusse zersprang. Für dieses Experiment wurden sechs 4 4 " (1118 mm) lange Geschosse neuer Con struction bereit gestellt, von denen es heißt, dass sie aus einer äußeren /16" (11 mm) starken Hülle bestanden, welche das eigentliche Dynamitgeschoss ent hielt. In diesem Geschosse war der mehrgenannte Sprengstoff in runden hölzernen Büchsen, deren Zwischenräume mit Kieseiguhr ausgefüllt waren, untergebracht. Die Ladung des Geschützes bestand aus einem gepressten, langsam brennenden, braunen Pulver. Unmittelbar nach Zündung des elektrischen Brandeis wurde ein furcht barer Knall vernommen und sah man riesige Massen Eisen nach allen Rieh7
577 tungen herumfliegen; das Dynamitgesehoss war im Rohr explodiert und hatte dasselbe in tausend Stücke zertrümmert. Es war ein wahres Glück, dass von den vielen Zuschauern, welche dem Versuche beiwohnten, niemand ernstlich beschädigt wurde, und dass fast alle mit dem bloßen Schrecken davonkamen. Wie es heißt, soll die neue Construction des Geschosses, vornehmlich die dünnen Wandungen der äußeren Hülle die Ursache der vorzeitigen Explosion des Dynamits gewesen sein, da früher mit größeren Sprengladungen versehene Geschosse ohne Gefahr verfeuert werden konnten. i.
Zeitschriftenindex 1). Artillerie, Sprengtechnik, P a n z e r , B e f e s t i g u n g e n . Archiv für die Artil-
lerie- und Ingenieur-Officiere des deutschen Reichsheeres. (Berlin.) Juni. Der Einfluss des Luftdruckes und der Wärme auf die Schussweite. S. 274. — Dingler's polytechnisches Journal. Nr. 3., Bd. 277. Vergleichsschießen zwischen Krupp'schen und Bange'schen Geschützen. S. 142. — Engineer. Nr. 1803. New features in the armament of Italy. S. 46. — Engineering. Nr. 1276 — 1282. Modern French artillery. Nr. XXIII bis XXIX. S. 695, 722,751. 4. 34.63. 93. — Internationale Revue über die gesammten Armeen und Hotten. Juli. Schnellfeuerkanonen. (Fortsetzung.) S. 863. — Iron. Nr. 914. The G r i f f a r d repeating rifle. S. 60. Nr. 915. The G r i f f a r d gun. S. 69. — Organ der militar-wissenschaftlichen Vereine. Heft 6, Bd. 40. Tagesfragen auf dem Gebiete des Waffen- und Schießwesens. S. 491. — Railroad and Engineering Journal. (New-York.) Juli. The development of armor. (Continued.) S. 301. — Revue du cercle militaire. Nr. 25. Les canons à tir rapide de la marine française. S. 596. — Revue maritime et coloniale. Juni. Trajectoire d'un projectile dans le cas où resistance de l'air est proportionelle au cube de la vitesse (suite et fin.) S. 417. — Rivista di Artiglieria e Genio. (Rom.) Juni. Nuovo metodo del prof. F r ö h l i c h per determinare la velocità dei proietti neh" interno d' una bocca da fuoco. S. 426. Lo „Schiseofono", nuovo strumento scopritore dei difetti interni dei blocchi o pezzi metallici. S. 461. — Streffleufs österr. Militär Zeitschrift. Juni. Schießen gegen Ziele in Bewegung. S. 184. — Zeitschrift für angeioandte Chemie. Nr. 13. Sicherheitssprengstoffe. S. 405. Astronomie und Nautik. Bidletin de la Société de Géographie. (Paris.) 1 trimestre 1890. L' unification des heures. S. 111. — Revista maritima brazileira. (Rio de Janeiro.) Juni, Juli. As agulhas de marear nos modernos navios de guerra. S. 204. 342. — Revue maritime et coloniale. Juni. Note sur la toupie du commandant Fleuriais. S. 516. — Zee. Nr. 7. Eenvoudige méthode om een der voornaamste oorzaken van de veranderingen in de afwijkingen der Kompassen weg te nemen. S. 233. — Zeitschrift für Instrumentenkunde. Heft Juni, Juli. Neuere Compassinoseli, ihre Entwicklung, Grundzüge und Prüfung für den Gebrauchswert auf See. S. 210. 256. Neuer Vorschlag zur Vermeidung des persönlichen Zeitfehlers bei Durchgangsbeobachtungen. S. 264. Elektricität, elektrisches Licht. Electrical Review. Nr. 655. 656. Lightning conductors. S. 667. 697. Nr. 656. Ship projectors and plant. S. 692. Nr. 657. Combined Phoenix dynamo and Westinghouse engine. S. 726. Nr. 658. The management of accu-' mulators. IV. S. 8. New marine signaling apparatus. S. 13.- Nr. 661. New regulator for constant current dynamos. S. 91. The compound winding dynamo machines. S. 104. — Electricien. Nr. 374. Les lampes a arc a courants alternatifs. S. 561. Nr. 375. Le fil neutre dans les distributions d'énergie électrique. S. 582. Nr. 377. La durée des charbons pour lampes a arc. S. 627. — Elektrotechnische Zeitschrift. (Berlin.) Nr. 24. Dampfdynamos von G. Conz. S. 335. Nr. 26. Über die Bedeutung der Accumulatoren für die Wirtschaftlichkeit elektrischer Controlanlagen. S. 357. Nr. 27. Scheinwerfer mit e r
1) Alle in diesem Index angeführten Zeitschriften liegen in der k. u. k. Marinebibliothek auf.
578 Glasparabolspiegel der Firma Schlickert & Co., Nürnberg. S. 371. Das Edison-LalandeElement. S. 377. Nr. 28. Anwendung des elektrischen Lichtes in der Hochseefischerei. S. 392. Anwendung der Elektricität für Marinezwecke. S. 393. — Engineer. Nr. 1799. Electric search light machinery, constructed by Mssrs. C h a r l e s worth H a l l and Co. S. 496. — Marvneverordnungsblatt. (Berlin.) Nr. 11. (Anlage.) Vorschrift über Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Spiegelbeschädigungen der Scheinwerfer. — Maschinenbauer Nr. 17, 18. Elektrische Schiffahrt. S. 263. 277. — Neue militärische Blätter. JuliAugust. Die Apparate für die elektrische Beleuchtung des Vorfeldes auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1889. S. 46. — Zeitschrift für Elektrotechnik. Nr. 7. Hägens Accumulator. S. 326. Expeditionen, Reiseberichte,
Geographisches.
Deutsche Bundschau für
Geographie und Statistik. Nr. 10. Die Zustände im deutschen Schutzgebiete von Ostafrika, deren Ursachen und Wirkungen. S. 445. Bilder aus dem österreichisch-illyrischen Küstenlande. S. 442. Heft 11. Über das Klima des außertropischen Südafrika. S. 491. — Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien. Nr. 5 u. 6. Taucherbericht über die versunkene Stadt bei Bovigno in Istrien. S. 333. — Monatsschrift für den Orient. Nr. 5. Die deutsche Emin Pascha-Expedition. S. 65. — Bivista marittima. (Bom.) Juli-August. Un mese neh" isola di Ceylan. S. 85. Handelsmarine,
Handels-
und V e r k e h r s w e s e n ,
Hafenbauten.
Broad
Arroto. Nr. 1148. The load line act. S. 795. — Engineer Nr. 1800. The C u r or PARIS accident. S. 517. 519. Nr. 1802. The Manchester ship canal. S. 34. — Engineering. Nr. 1277, 1278. The recent progress of Atlantic navigation. S. 733. 757. Nr. 1281. The Messageries maritimes. S. 75. — Ilansa. Nr. 14. Der Canaltunnelbau. S. 117. — Iron. Nr. 915. The Thames shipyard. S. 70. — Jahresberichte der k. u. k. österrungar. Consulatsbehörden. (Bogen 25—34.) Wirtschaftliche Verhältnisse von Nordalbanien, dem Vilajet Monastir, Macédonien, Kreta, Syrien, Kleinasien und Palästina. — Petermanns Geographische Mittheilungen. Nr. VII. Der Nicaragua-Canal. S. 167. — Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines. Nr. 26, 27. Der internationale Congress für die Nutzbarmachung der fließenden Gewässer. S. 239, 246. Hydrographie und Océanographie. Comptes rendus. Nr. 25, Bd. 110. Sur la circulation verticale profonde océanique. S. 1350. — Nautical Magazine. Juli. Ice in the North Atlantic. S. 579. — Petermanns geographische Mittheilungen. Nr. VII. Die Vertheilung des Salzgehaltes an der Oberfläche des Nordatlantischen Oceans. S. 174. — Polytechnisches Notizölatt. Nr. 19. Blitzpulver für Zwecke der Küstenbeleuchtung. S. 156. J a c h t w e s e n . Wassersport. Nr. 29. Ein neuer Wantenspanner. S. 323. — YachtNr. 641. Le yacht COPPELIA, cotre a quille fix de trois tonneaux. S. 206. K r i e g s m a r i n e : Organisation,
Verwaltung,
Stapelläufe,
Allgemeines.
Armee- und Marinezeitung. Nr. 334. Die österr.-ungar. Flotte 1866 und 1890. — Army and Navy Gazette. (London.) Nr. 1591. The naval mobilisation and manoeuvres. S. 569. — Army and Navy Journal. (New-York.) Nr. 1402. The naval academy report. S. 839. — Boletim do Club naval. (Bio de Janeiro.) Nr. 7. Marina hespanhola 1890. S. 129. — Broad Arroto. Nr. 1148. Naval discipline. S. 793. Nr. 1151. The naval manoeuvres. S. 64. — Bulletin officiel de la marine. Nr. 16. Arrêté ministériel relatif à la composition des Equipages à bord des bâtiments de l'État armés ou en réserve. S. 640. — Engineer. Nr. 1800. Firemen in the navy. S. 519. Nr. 1802. A decade of Russian naval progress. S. 31. Nr. 1804. French naval manoeuvres. S. 72. — Internationale Beoue über die gesummten Armeen und Flotten. Juli. Historischer Überblick des Verhältnisses zwischen der Colonial- und Seemacht Portugal und England. S. 918. — Marinebefehl. (Berlin.) Nr. 15. Bericht über die Eroberung des Südens und Vorgänge auf der ostafrikanischen Station während des Monates Mai 1890. S. 88. — Beichswehr. Nr. 140. Die diesjährigen französischen Flottenmanöver. — Bevue du cercle militaire. Nr. 27. La marine chinoise. S. 633. — Bivista marittima. (Rom.) Juli-August. La marina in parlamento. S. 171. — United Service Gazette. Nr. 2999, 3002. Royal naval engineer officers. S. 491. 547. — Yacht. Nr. 644. Le budget de la marine. S. 233. Marinegeschichte und E i n s c h l ä g i g e s . Illustrated naval and military Magazine. Juli, August. Naval warfare XIII, XIV. S. 386, 537. — Bivista marittima. (Bom.) Juli-August. L'infanzia della scienza nautica. S. 105. M a s c h i n e n w e s e n , Maschinenprobefahrten, Eisentechnik.
Dinglers poly-
technisches Journal. Nr. 12, Bd. 276. Das Walzen der Fox'schen gewellten Bohren.
579 S. 5 3 8 . — Bulletin officiel de la marine. Nr. 1 4 . Conditions techniques adoptées poulies fournitures de tubes en acier pour chaudières. S. 5 8 8 . — Engineer. Nr. 1 7 9 8 . Triple expansion engines, S. S. VAUBAN. S. 4 7 3 . R o b e r t s o n s spring fire-door. S. 4 8 6 . Nr. 1 8 0 0 . M e l d r u m s forced draught attachment. S. 5 1 5 . On seamless tubes. S. 5 1 6 . Nr. 1 8 0 4 . Manganese bronze. S. 6 1 . — Engineering. Nr. 1 2 8 1 . Boilers of the Russian ironclad SINOPE. S. 8 1 . Boiler explosions in 1 8 8 9 . S. 8 3 . — Giornale militare per la Marina. Nr. 2 8 . Norme di sicurezza relative al servezio delle caldaie, locomobili e di locomotive nei regii arsenali e stabilimenti militari marittimi. S. 4 5 5 . — Illustrated naval and military Magazine. Juli. Forced draught in boilers. S. 4 2 1 . — Iron. Nr. 9 1 0 . Steam engine indicators. (Paper read by C. F. B u d e n b e r g . ) S. 5 3 8 . Nr. 9 1 4 . Phosphorus in pig-iron, steel, and iron ore. S. 5 2 . Nr. 9 1 4 u. 9 1 5 . The properties of aluminium. S. 5 5 u. 7 4 . Nr. 9 1 5 . Messrs. L i s t & D i c k s compound propeller blade. S. 7 2 . — Der praktische Maschinenconstructeur. Nr. 2 0 u. 2 2 . Behandlung der auf Torpedobooten und auf ähnlichen Fahrzeugen befindlichen Dampfkessel und Dampfmaschinen. S. 1 5 7 u. 1 7 4 . — Railroad and Engineering Journal. (New-York.) The engines of the MAINE. S. 3 0 5 . Meteorologie und E r d m a g n e t i s m u s . Comptes rendus. Nr. 2 4 , Bd. 1 1 0 . Sur la variation de la température avec l'altitude dans les cyclones et les anticyclones. S. 1 2 5 5 . Nr. 2 , Bd. 1 1 1 . Sur la prévision des tempêtes, par l'observation simultanée du baromètre et des courants supérieurs de l'atmosphère. S. 1 2 7 . — Dingler's polytechnisches Journal. Nr. 3 , Bd. 2 7 7 . T r o t t e r s Compensationsthermometer. S. 1 1 2 . — Meteorologische Zeitschrift. (Wien.) Nr. 7. Das allgemeine Windsystem der Erde und der Krakatau-Ausbruch. S. 2 6 5 . — Repertorium der Physik. Nr. 5 . Ein elektrisches Contacttbermometer. S. 3 2 5 . — Wassersport. Nr. 2 9 . Wind und Wetter. (Fortsetzung von Nr. 24.) S. 3 2 3 . R e t t u n g s w e s e n . Nautical Magazine. Juli. Life saving appliances. S. 5 4 5 . — Scientific American. Nr. 2 5 , Bd. 6 2 . E d w a r d s ' life raft. S. 3 8 8 . S a n i t ä t s w e s e n u n d E i n s c h l ä g i g e s . Archives de médecine navale. Nr. 5 , 6 u. 7. Rapport medical sur la campagne du croiseur L E DESTAING. (Station de Madagascar.) S. 3 2 1 . 4 0 1 . — Revista general de Marina. (Madrid.) Juli. El cargo de niedicinas en los buques mercantes. S. 1 4 3 . Schiffbau, Schiffsaus- und Z u r ü s t u n g , Schiffsbeschreibungen. Army and Navy Journal. (New-York.) Nr. 1 4 0 2 . The new cruisers. S. 8 4 6 . — Dingier s polytechnisches Journal. Heft 1 3 , Bd. 2 7 6 . Russische Kriegsschiffe. S. 5 9 7 . — Engineer. Nr. 1 8 0 0 . New steamers for Vancouver station. S. 5 1 5 . Nr. 1 8 0 1 . H. M. S. MEDUSA. S. 3 . Nr. 1 8 0 2 . H. M. S. BLENHEIM. S. 2 8 . H. M. S. LATONA. S. 3 2 . Nr. 1 8 0 3 . Naval architecture and marine engineering at the Edinburgh international exhibition I. S. 5 3 . — Engineering. Nr. 1 2 7 6 . On the laws of steamship propulsion. S. 6 9 6 . Nr. 1 2 7 6 , 1 2 7 7 , 1279. The French navy. N. I I : the FORBAIN; N. I l l : the TURENNE; N. I V : the AMIRAL BAUDIN. S. 7 0 3 . 7 3 9 . 2 5 . Nr. 1 2 8 1 . On the correct form of the admiralty coefficient formulas. S. 7 6 . Nr. 1 2 8 1 . D u i n k e r s boat-lifting apparatus. S. 1 1 1 . A compound propeller blad. S. 1 1 4 . — Marine Verordnungsblatt. Nr. 1 1 und 2 Anlagen. Farbenanstrich S. M. Schiffe, Fahrzeuge und Boote. S. 8 0 . Vorschrift für den Anstrich der Boote nebst Zubehör S. M. Schiffe und Fahrzeuge. — Revista maritima brazileira. (Rio de Janeiro.) Nr. 1 1 . Apontamentos sobre construcçao naval. S. 2 3 5 . — Rivista marittima. (Rom.) Juli-August. Determinazione grafica delle condizioni di stabilità della navi. S. 7 5 . — Zee. Nr. 7 . Bescherming en onderhoud van den romp van ijzeren en stalen schepen. (Vervolg.) S. 2 5 2 . 1
Seerecht, S c h i f f a h r t s g e s e t z e u n d E i n s c h l ä g i g e s . Hansa. Nr. 1 4 . Die Kaperei in einem Seekrieg der Gegenwart. S. 1 1 5 . — Yacht. Nr. 6 4 1 . Jurisprudence maritime: contestations entre propriétaires de yachts, et constructeurs ou founisseurs. Compétence de la juridiction civile. S. 2 0 9 . S e e t a k t i k , S e e m a n ö v e r , S t r a t e g i e z u r S e e , S i g n a l w e s e n . Army and Navy Gazette. (London.) Nr. 1 5 9 2 . Squadron of evolution and programm of operations during the forthcoming naval manoeuvres. S. 5 9 4 . — Boletim do Club naval. (Rio de Janeiro.) Nr. 7. Alguns apontamentos para o estudo elementa de tactica naval. S. 1 2 3 . — Broad Ar row. Nr. 1 1 4 7 . Battle ship or cruiser? S. 7 6 5 . — Dinglers polytechnisches Journal. Nr. 1 1 , Bd. 2 7 6 . Über neuere Kriegsschiffbauten. S. 5 1 3 . — Engineer. Nr. 4 8 0 0 . The defence of our coast towns. S. 5 2 0 . — Engineering. Nr. 1 2 7 6 . The coast defences of the United States. S. 7 0 7 . — Illustrated naval and military Magazine. Juli, August. Naval warfare XIII, XIV. S. 3 8 6 . 5 3 7 . — Revue du cercle militaire. Nr. 2 4 , 2 5 . La
580 defence maritime de l'Angleterre et de ses colonies. S. 561 u. 592. — United Service Gazette. Nr. 3001. Fleet tactics. S. 528.— Yacht. Nr. 645. Les manoeuvres de l'escadre .rançaise. S. 245. Torpedo- und u n t e r s e e i s c h e B o o t e , Torpedos u n d S e e m i n e n . Illustrated
naval and military Magazine. August. French torpedo vessels in 1890. S. 570. — Proceedings of the Royal Artillery Institution. Juni. Submarine mines in relation to war. (Conclusion.) S. 497. — Rivista marittima. (Rom.) Juli-August. Cenni storici sulle armi subaquee. (Schluss.) S. 5. — United Service Gazette. Nr. 3001. Brennan torpedo experiments. S. 521. — Yacht. Nr. 641, 645. Les torpilleurs de 1889 (suite.) S. 205. 248. Vermischtes. Army and Navy Gazette. (London.) Nr. 1592. Proposed naval exhibition. S. 600. — Reichswehr. Nr. 144. Luftballons auf Kriegsschiffen. S. 5. — Revista general de Marina. (Madrid.) Juli. Acuerdos tornados en la conferencia internacional maritima de Washington. S. 76. — United Service Gazette. Nr. 3000. Spon taneous ignition and explosions in coal bunkers. (Paper read before the U. S. Institu tion by Prof. Lewes.) S. 510. — Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. Nr. 31. Die Wasserversorgung von Pola. S. 272. — Yacht. Nr. 643. Association technique maritime: Premiere séance; considérations générales. S. 225.
Berichtigungen
zu Heft VI und VH. Seite 430, Zeile 16 von oben lies: Cabinen achter untergebracht statt Cabinen untergebracht. „ 431, „ 27 „ ,, „ 6 p f ü n d i g e n (57 mm-) S c h n e l l f e u e r g e s c h ü t z e n und einer 3 p f ü n d i g e n (langen 47 mm-) H o t c h k i s s - K a n o n e ; e n d l i c h statt der ganzen Zeile 27.
Beilagen. Kundmachungen für Seefahrer und hydrographische Nachrichten Heft VI, 1890. — Meteorologische und magnetische Beobachtungen am hydrographischen Amte der k. u. k. Kriegsmarine, Juni 1890. — B e i l a g e n für die Angehörigen der k. u. k. Kriegsmarine: Normalverordnungsblatt Nr. 24 bis 25, 1890.
Verlegt und herausgegeben vom k. u. k. hydrographischen Amte (Marinebibliothek). Verantwortlich redigiert von W. Paradeiser, Vorstand der Marinebibliothek. Druck von Carl Gerold's Sohn in Wien.