EUROPÄISCHES PARLAMENT

2014 – 2019

Petitionsausschuss

30.4.2014

MITTEILUNG AN DIE MITGLIEDER Betrifft:

1.

Petition 1065/2007, eingereicht von Alessandro Nucci, italienischer Staatsangehörigkeit, zu dem Thema Luftverschmutzung in den Städten

Zusammenfassung der Petition

Der Petent hat die Kommunalbehörden aufgefordert, Auskünfte über die Luftqualität in den Städten sowie über die Lärmbelästigung aufgrund der öffentlichen Verkehrsmittel zu erteilen. Als praktischer Arzt äußert er Besorgnis angesichts der hohen PM10Luftverschmutzungswerte in seiner Heimatstadt Viareggio (Toskana). Er hegt Bedenken aufgrund der Art der Registrierung der Messungen durch die Kommunalbehörden. 2.

Zulässigkeit

Für zulässig erklärt am 11. März 2008. Die Kommission wurde um Auskünfte gebeten (Artikel 192 Absatz 4 der Geschäftsordnung). 3.

Antwort der Kommission, eingegangen am 26. September 2008

Der Petent, von Beruf Arzt, ersuchte den Gemeinderat von Viareggio, 

die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten, wie viele Male die PM10-Grenzwerte nach Messungen der beiden Messstellen zur Luftqualität in Largo Risorgimento und der Via Maronecelli in den Jahren 2006 (etwa 220) und 2007 überschritten wurden;



der Öffentlichkeit die Standorte der beiden Messstationen zu erklären, denn in der Hauptstraße (Via Mazzini) würden keine Daten zur Luftverschmutzung (bzw. zum Lärmpegel) erhoben. Diese werde täglich von etwa 300 Bussen befahren, ohne dass je eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei.

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Für Gebiete, in denen Messungen verbindlich vorgeschrieben sind, gelten die in der Richtlinie 1999/30/EG des Rates über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft 1, insbesondere in Artikel 7 in Verbindung mit den Anhängen VI und VII, festgelegten Kriterien zur Bestimmung des Standorts und der Zahl der Messstationen zur Prüfung der Einhaltung der PM10-Grenzwerte. Diese Bestimmungen sollen bis spätestens 11. Juni 2010 durch die neue Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa ersetzt werden2. Die einschlägigen Bestimmungen der neuen Richtlinie (insbesondere Artikel 7 in Verbindung mit den Anhängen III und V) sehen keine größeren inhaltlichen Änderungen gegenüber der Richtlinie 1999/30/EG vor. Der Standort der Probenahmestellen sollte so gewählt werden, dass er die Erhebung repräsentativer Daten zur Schadstoffexposition der Öffentlichkeit und zu den Stellen, an denen die höchsten Konzentrationen auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich über einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt sein wird und die im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Grenzwerte signifikant sind, ermöglichen. Die Zahl der Probenahmestellen ist abhängig von der Bevölkerungsgröße des Ballungsraums und der Schadstoffkonzentration. Die beiden Messstationen der PM10-Konzentration in Viareggio befinden sich 

in Largo Risorgimento (Stadtverkehr);



in der Via Maroncelli (städtischer Hintergrund).

Die Stadt Viareggio selbst ist zwar kein Ballungsraum, gehört aber zum Gebiet IT0902, das insgesamt rund 160 000 Einwohner zählt. Der Größe des Gebiets und der Stadt Viareggio nach entspricht die Zahl der Messstationen den in der Richtlinie 1999/30/EG festgelegten Kriterien. Ausgehend von den vorliegenden Informationen kann die Kommission keinen Verstoß gegen die Bestimmungen bezüglich des Standorts der beiden Messstationen feststellen. Die im Gebiet IT0902 aufgezeichneten Messwerte zeigen Überschreitungen sowohl der Jahres- als auch der Tagesgrenzwerte für PM10, die eindeutig die Einleitung von Gegenmaßnahmen erfordern. Im Jahre 2006 meldeten die italienischen Behörden der Kommission offiziell, dass an maximal 79 Tagen der Tagesgrenzwert in Viareggio überschritten wurde. Nach den der Kommission vorliegenden Informationen begannen die zuständigen Behörden bereits 2002, Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung in der Region einzuleiten. Diese Maßnahmen führten jedoch nicht zur Einhaltung der PM10-Grenzwerte innerhalb der festgesetzten Frist bis 2005. Das ist in Italien kein Einzelfall, und die Kommission ersuchte die zuständigen italienischen Behörden bereits im Oktober letzten Jahres um zusätzliche und ausführlichere Auskünfte zu den Maßnahmen, die zur Einhaltung der Grenzwerte im gesamten Hoheitsgebiet getroffen wurden. Derzeit erfolgt die technische Prüfung der am 3. Januar 2008 eingegangen Antwort. In dem betreffenden Gebiet – und in unmittelbarem 1 2

ABl. L 163 vom 29.6.1999, S. 41. ABl. L 152 vom 11.6.2008, S. 1.

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Zusammenhang mit dem Anliegen des Petenten – sieht der 2007 aktualisierte regionale Plan für die Luftqualität eine Erneuerung des öffentlichen Fuhrparks durch umweltfreundlichere Fahrzeuge und die verbindliche Nachrüstung von Bussen mit Partikelfiltern vor. Der Kommission liegen keine Informationen zum derzeitigen Stand der Umsetzung dieser Maßnahmen in Viareggio vor. Nach Abschluss der technischen Prüfung der Antwort der italienischen Behörden wird die Kommission über ihr weiteres Vorgehen beraten. Bei ihrer Entscheidung wird sie auch die Möglichkeit für Mitgliedstaaten im Rahmen der neuen Richtlinie 2008/50/EG berücksichtigen, die zur Erfüllung der PM10-Grenzwerte benötigte Frist unter bestimmten Voraussetzungen zu verlängern. Gemäß Artikel 8 der Richtlinie 1999/30/EG sind die tagesaktuellen Informationen zur PM10Konzentration in der Luft regelmäßig der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die neue Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität sieht in Artikel 26 und in Anhang XVI ähnliche Pflichten vor. In der Regione Toscana stehen der Öffentlichkeit sowohl Jahres- als auch Tagesberichte der an den Messstationen der Region, einschließlich in Viareggio, gemessenen Luftqualität auf der Internetseite der ARPAT (der örtlichen Umweltagentur) zur Verfügung: http://www.arpat.toscana.it/aria/ar_monitoraggio.html. Weitere Informationen sind auch über die Webseite der Regione Toscana zugänglich: http://www.regione.toscana.it/regione/export/RT/sitoRT/MenuPrincipale/sezioni/ambiente_territorio/inquinamento_qualita_aria/index.html. Ausgehend von den vorliegenden Informationen kann kein Verstoß gegen die in der Richtlinie 1999/30/EG festgelegten Bestimmungen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit festgestellt werden. Da die vom Petenten genannte Straße bereits besteht, muss keine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß Richtlinie 85/337/EWG des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten1 durchgeführt werden. Die Stadt Viareggio hat weniger als 100 000 Einwohner und ist somit nicht verpflichtet, gemäß Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm2 Lärmkarten und Aktionspläne zu erstellen. Die Überwachung und Steuerung des Lärmpegels in der Stadt fällt daher ausschließlich in die Zuständigkeit der nationalen Behörden. Schlussfolgerungen Den vorliegenden Auskünften nach entsprechen sowohl der Standort und die Zahl der Messstationen in der Stadt Viareggio als auch die der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Informationen den Anforderungen der Richtlinie 1999/30/EG. Die Kommission stellt fest, dass die Tages- und Jahresgrenzwerte für die PM10 -Konzentration in dem Gebiet im Jahre 2006 überschritten wurden und dass ein Luftqualitätsplan mit Maßnahmen bezüglich der 1 2

ABl. L 175 vom 5.7.1985, S. 40-48. ABl. L 189 vom 18.7.2002, S. 12.

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städtischen Mobilität in der Region besteht. Die Kommission prüft derzeit die von den italienischen Behörden übermittelten Informationen zu Überschreitungen der PM10Grenzwerte und wird auf der Grundlage dieser Prüfung und der Bestimmungen der neuen Luftqualitätsrichtlinie geeignete Maßnahmen treffen. Die Richtlinien 85/337/EWG und 2002/49/EG finden auf die vom Petenten dargelegten Sachverhalte keine Anwendung. 4.

Ergänzende Antwort der Kommission, eingegangen am 20. November 2009

Im Januar 2009 reichten die italienischen Behörden bei der Kommission einen Antrag auf Ausnahme von der Verpflichtung zur Einhaltung von PM10-Grenzwerten in 67 Gebieten ein, darunter im Gebiet IT0902, zu dem die Stadt Viareggio gehört. Nach Artikel 22 Absatz 2 der Richtlinie 2008/50/EG kann ein Mitgliedstaat von der Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte für PM10 ausgenommen werden, wenn der Mitgliedstaat nachweist, dass alle geeigneten Maßnahmen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene getroffen wurden, um die Frist bis 2005 einzuhalten, die Überschreitung hauptsächlich aufgrund standortspezifischer Ausbreitungsbedingungen, ungünstiger klimatischer Bedingungen oder grenzüberschreitender Einträge zustande kam und ein Luftqualitätsplan erstellt wird, der aufzeigt, wie die Einhaltung der Grenzwerte vor Ablauf der neuen Frist erreicht werden soll. Die Kommission hat nach Prüfung der italienischen Mitteilung am 28. September 2009 den Beschluss C(2009)7390 gefasst, in dem mit folgender Begründung Einwände dagegen erhoben werden, PM10 im Gebiet IT0902 von der vorgeschriebenen Anwendung bestimmter Tages- und Jahresgrenzwerte auszunehmen:  

es wurde nicht vollständig nachgewiesen, dass ungünstige klimatische Bedingungen und grenzüberschreitende Einträge als Hauptursachen für die Überschreitungen gelten können; es wurde nicht vollständig nachgewiesen, dass die Einhaltung der Grenzwerte vor Ablauf der für die Ausnahme geltenden Frist im Jahr 2011 erreicht werden kann.

Folglich sind in den Gebieten, auf die sich die Einwände beziehen, die PM10-Grenzwerte weiterhin ohne Toleranzmarge einzuhalten. Die von den italienischen Behörden an die Kommission übermittelte neueste amtliche Information bestätigt, dass im Gebiet IT0902 die Tagesgrenzwerte für PM10 im Jahr 2007 überschritten wurden. Die Kommission wird die PM10-Werte in diesem und in anderen Gebieten in Italien im Blick behalten. Sollten die für 2008 amtlich geprüften Grenzwerte ergeben, dass die Grenzwerte weiterhin überschritten wurden, wird die Kommission dies im Rahmen des im Januar 2009 gegen Italien eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens wegen Nichteinhaltung der Grenzwerte für PM10 in mehreren Gebieten und Ballungsräumen weiter verfolgen. 5.

Ergänzende Antwort der Kommission, eingegangen am 13. Januar 2011

Am 8. Oktober 2010 übermittelten die italienischen Behörden die offiziellen Daten zur PE414.232v04-00

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Luftqualität für die Toskana betreffend das Jahr 2009. Diese Daten bestätigen, dass die Grenzwerte für PM10 im Gebiet IT0902 weiterhin über dem Tagesgrenzwert lagen. Die Kommission entschied daher am 24. November 2010, Italien vor dem Gerichtshof der Europäischen Union wegen Nichteinhaltung der Grenzwerte für PM10, die in der Richtlinie 1999/30/EG1, welche durch die Richtlinie 2008/50/EG2 ersetzt wurde, festgelegt sind, in mehreren Gebieten und Ballungsräumen zu verklagen. 6.

Ergänzende Antwort der Kommission (III), eingegangen am 30 .April 2014

In seinem Urteil vom 19. Dezember 20123 urteilte der EuGH, dass die Republik Italien es versäumt hat, ihren Verpflichtungen nachzukommen, indem sie die Einhaltung der für PM10 geltenden Grenzwerte in einer Reihe von Luftqualitätsbereichen und Ballungsgebieten, einschließlich in dem von den Petenten genannten (IT0902) Gebiet, nicht sichergestellt hat. Im Anschluss an dieses Urteil forderte die Kommission die italienischen Behörden im April 2013 auf, anzugeben, welche Maßnahmen getroffen werden, um die Einhaltung in den betreffenden Luftqualitätsbereichen zu erreichen. Im September 2013 unterbreiteten die italienischen Behörden die offiziellen Luftqualitätsdaten für das Jahr 2012. Diese Daten belegen, dass im Gebiet IT 0902 die Einhaltung endlich erreicht wurde und dass die PM10-Werte unter den von der Richtlinie 2008/50/EG4 festgelegten Grenzwerten lagen.

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ABl. L 163 vom 29.6.1999, S. 41. ABl. L 152 vom 11.6.2008, S. 1. 3 Rechtssache C-68/11. 4 ABl. L 152 vom 11.6.2008, S. 1. 2

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