Nr. 14 - August 2000
www.pacific-news.de
ISSN 1435-8360 preis: 6 DM
Nachrichten - Mitteilungen - Hintergründe aus dem Pazifischen Raum Arbeitsgemeinschaft für Pazifische Studien e.V.
Schwerpunkt:
Migration China – Malaysia – Thailand
Planung und Entwicklung in den Philippinen Stadtplanung in Singapur Forschen in Südostasien Wer zählt das Paradies?
Kongreßberichte Webtipps
S. 2 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
Die Pacific News (PN), ISSN 1435-8360, ist das periodisch erscheinende Informationsmedium der Arbeitsgemeinschaft für Pazifische Studien e.V. (APSA). Durch die interdisziplinäre Vielfalt der Artikel möchte die Pacific News ihren Lesern die Beschäftigung mit aktuellen Entwicklungen im pazifischen Raum erleichtern; ferner ist es ein Bestreben der APSA, engagierten Nachwuchswissenschaftlern eine seriöse Publikationsplattform anzubieten. Die Pacific News erscheint derzeit halbjährlich in Göttingen. Interessierte Autoren können die Redaktion unter den angegebenen Adressen kontaktieren.
Inhaltsverzeichnis Struktureller Wandel und Migrationsprozesse in der VR China ................. Claudia Wüllner
4
Malaysia: Migration nach der Krise ............................................................ Rolf Jordan
7
Industrialisierung und Binnenmigration in Thailand .................................. Christiane Potzner
9
Regionale Entwicklungsprobleme in den Philippinen ................................ Wilfried Gebhardt
12
Dezentrale Landnutzungsplanung in den Philippinen ................................. Olaf Haub
14
Urban Planning in Singapor - An Interview with Mr. Lui........................... Christina Delius
19
Forschen in Südostasien - Ein Erfahrungsbericht ....................................... Harald Leisch
22
Die Südsee - Wer zählt das Paradies? .......................................................... Tobias Reeh
24
Tagungsbericht: Globalisierung - Regionalisierung - Fragmentierung ....... Anja Osiander
26
Kongreßbericht: 23. Jahrestagung der Gesellschaft für die Neuen Englischen Sprachen In Aachen/ Lüttich ........................... Peter Marsden
28
Impressum Herausgeber der Pacific News: Arbeitsgemeinschaft für Pazifische Studien e.V. (APSA) c/o Geographisches Institut Goldschmidtstr. 5 D-37077 Göttingen Tel: +49-551-39.80.22 Fax: +49-551-39.80.06 Email:
[email protected] (Email an alle APSA-Mitglieder) Vorstand: Prof. Dr. W. Kreisel Dr. C. Fensterseifer M. Waibel
Redaktionsschluß für die nächste Ausgabe: Redaktion: R. Jordan (V.i.S.d.P.) M. Waibel
Photonachweis: R. Jordan C. Potzner
30.10.2000
Webtipps H.O. Franken
Postproduktion: T. Lange & N. Sachau
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Layout Printversion: R. Jordan M. Waibel
Die einzelnen Beiträge spiegeln nicht immer die Meinung der APSA wieder.
Layout Webversion: M. Waibel
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Pacific News Nr. 14 - Aug. 2000 - S. 3
Editorial Auf 10 bis 15 Millionen schätzt die Internationale Gewerkschaftsorganisation ILO die Zahl der Arbeitsmigranten im gesamten asiatisch-pazifischen Raum. Damit ist Arbeitsmigration eines der zentralen Merkmale nahezu aller Länder Ost- und Südostasiens. Migration ist daher ein Schwerpunktthema dieser Ausgabe der PACIFIC NEWS. Claudia Wüllners Beitrag beschäftigt sich mit dem Phänomen der Binnenmigration im bevölkerungsreichsten Land der Region, der Volksrepublik China, besonders unter dem Aspekt der Land-Stadt-Migration. In die gleiche Richtung zielt auch der Beitrag von Christiane Potzner, die vor dem Hintergrund der rapiden Industrialisierung Thailands die Folgen der Land-Stadt-Migration für die Entwicklung der Metropole Bangkok untersucht. In der Region gehört Malaysia zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an Arbeitsmigranten. Die Veränderungen bzw. die Persistenz der Migrationsstrukturen nach Ausbruch der Asienkrise 1997 sind Thema des Beitrags von Rolf Jordan. Der geographische Fokus der Beiträge von Wilfried Gebhard und Olaf Haub liegt auf den Philippinen. Während ersterer sich mit den aktuellen Entwicklungsproblemen des Inselstaates auseinander setzt, berichtet Olaf Haub von einem Projekt zur dezentralen Planung und Partizipation in der Quezon Proivinz, an dem auch die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) beteiligt ist. Im Anschluss an den Beitrag von Will Hammelrath zum Öffentlichen Wohnungsbau in Singapur in der letzten PACIFIC NEWS (Nr. 13) drucken wir in dieser Ausgabe ein Interview mit einem der Chefplaner des öffentlichen Wohnungsbaus in Singapur, Liu Thai Ker, ab, das die Hamburger Stadtplanerin Christina Delius im letzten Jahr mit Herrn Lui geführt hat. Zwei Beiträge der vorliegenden Ausgabe der PACIFIC NEWS beschäftigen sich - auf sehr unterschiedliche Art und Weise - mit der Frage nach den Forschungsbedingungen in der Region. Harald Leisch berichtet von seinen Projekterfahrungen in Indonesien, während Tobias Reeh in seiner Glosse von den alltäglichen Schwierigkeiten im Umgang mit statischen Datenmaterial zu einer so vielschichtigen Region wie den pazifischen Inselstaaten zu berichtet. Zwei Tagungsberichte runden das Bild der vorliegenden Pacific News ab: Anja Osiander berichtet von der zweiten Nachwuchswissenschaftlertagung des Ost-West-Kolleg in Brühl, die dieses Mal unter dem Motto „Globalisierung - Regionalisierung - Fragmentierung: Neue Kontexte für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Ost- und Südostasien“ stand. Peter Marsden berichtet von der „23. Jahrestagung der Gesellschaft für die Neuen Englischsprachigen Literaturen (GNEL)“ in Aachen und Lüttich. Und natürlich fehlen auch in dieser Ausgabe nicht die WWW-Tipps, die unser Mitarbeiter Olaf Franken zusammengetragen hat.
S. 4 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
Struktureller Wandel und Migrationsprozesse in der VR China Eine Betrachtung der Arbeitsmigration Claudia Wüllner Mit Beginn der Wirtschaftsreformen in
rückkehren. Dieses sind die Personen,
bedingungen festlegen. I.d.R. sind diver-
der VR China Anfang der 1980er Jahre
die im Chinesischen mit dem Begriff
se Ausweise und Zertifikate - z.B. eine
hat ein Strukturwandel eingesetzt, der zu
„Wanderbevölkerung“ (liudong renkou)
Bescheinigung vom Heimatort, einen
entscheidenden Veränderungen und An-
umschrieben werden.
Geburtenplanausweis, eine Arbeitser-
passungsprozessen der sozio-ökonomi-
laubnis u.a. - für eine offizielle Registrie-
schen Strukturen geführt hat. Die Mo-
Meldesystem
rung notwendig. Für jedes dieser Papie-
dernisierung hat zwei wesentliche Wand-
Die Modernisierung hat die bis zu Be-
re müssen Gebühren entrichtet werden.
lungsprozesse ausgelöst: (1) von der
ginn der 1980er Jahre bestehende strik-
Aufgrund der Komplexität dieses Melde-
stark agrarischen zu einer Dienstlei-
te Trennung zwischen Stadt und Land
systems und der anfallenden Kosten hält
stungsgesellschaft; (2) der Übergang des
aufgebrochen. Eine Mobilität der Bevöl-
sich die Mehrheit der Arbeitsmigranten
staatlichen Eigentumssystems und der
kerung war vor dem Reformprozeß
illegal in den Städten auf.
Planwirtschaft zu Privateigentum und
grundsätzlich nicht gegeben. Die Bevöl-
Marktwirtschaft.
kerung wurde je nach Geburtsort in städ-
Migrationsursachen
Dieser Transformationsprozeß muß als
tische und ländliche Haushalte eingeteilt
Neben verschiedenen Einflußfaktoren
Initialzündung für die Binnenmigration
sowie nach ihrer Tätigkeit in landwirt-
auf sozialer, physikalisch-geographi-
gesehen werden, die mit dem Bruch der
schaftliche und nicht-landwirtschaftli-
scher, demographischer, ökologischer,
alten Strukturen einsetzte und bis heute
che Bereiche. Jeder bekam und be-
kultureller und kommunikativer Ebene
eine enorme Dimension angenommen
kommt auch heute noch einen entspre-
müssen ökonomische Gründe als Haupt-
hat. Man spricht in der Regel von der
chenden hukou (Haushaltsregistrierung
faktoren für die Land-Stadt-Migration in
“magischen” Zahl von 100 Millionen
= Wohnsitz) zugewiesen.
der VR China gesehen werden (vgl.
Menschen, die in China in Wanderungs-
Ergebnis dieser rigorosen Kontrolle war
SCHARPING 1997:13-21).
bewegung sein sollen. Durchschnittlich
der Aufbau von zwei relativ unabhängi-
Die Migrationsursachen lassen sich in
75% davon sind ökonomisch motiviert,
gen Systemen für Einkommensvertei-
Push- und Pullfaktoren einteilen: Fak-
d.h. Arbeitsmigranten.
lung, Wohnraum, Bildung, medizinische
toren, die eine Abwanderung der ländli-
Im folgenden soll schwerpunktmäßig die
Versorgung, Beschäftigung und Alters-
chen Bevölkerung auslösen (push) und
Arbeitsmigration vom Land in die Städ-
vorsorge. Die städtische Bevölkerung
Faktoren, die durchAnreize aus der Stadt
te in der VR China betrachtet werden.
wurde und wird in allen Belangen ge-
die Migranten anziehen (pull). Insbeson-
Nach einem kurzer Überblick über das
genüber der ländlichen bevorzugt (vgl.
dere die Gründe für die überschüssigen
Meldesystem, das für eine Untersuchung
CHAN 1996:135-136).
Arbeitskräfte auf dem Land, die auf 160
der Migrationsbewegungen wesentlich
Zugangsbarrieren der Landbevölkerung
Millionen - das sind 1/3 aller ländlichen
ist, werden die Migrationsursachen ge-
zu den Städten sind heute kaum mehr
Arbeitskräfte - geschätzt werden, zählen
mäß dem klassischen push- und pull-
gegeben, die Bauern können sich frei
zu den Pushfaktoren. Zu nennen sind der
Ansatz aufgezeigt. Anschließend folgt
bewegen. Jedoch ist ein offizieller Wech-
Rückgang der landwirtschaftlichen
eine Darstellung der Hauptkennzeichen
sel des Wohnsitzes vom Land in die
Nutzfläche, bedingt u.a. durch Verstep-
der Migration. Als Abschluß werden die
Stadt nur in Ausnahmefällen möglich.
pung und die verstärkte industrielle Nut-
Entwicklungen des städtischen Arbeits-
Grundsätzlich muß jeder Bürger, der
zung des Ackerbodens. Außerdem die
marktes und die Bedeutung der
sich länger als drei Tage in der Stadt
durch Modernisierung und Aufhebung
Migranten für diese Tendenzen skizziert.
aufhält, dort aber nicht seinen hukou hat,
des Volkskommunekonzepts erhöhte
Zur begrifflichen Bestimmung sei an
sich beim Amt für öffentliche Sicherheit
Effizienz der landwirtschaftlichen Pro-
dieser Stelle darauf hingewiesen, daß
anmelden und registrieren lassen. Man
duktion, die eine starke Reduzierung von
Migranten hier als Personen verstanden
bekommt dann einen “vorübergehenden
Arbeitskräften
werden, die ihren Heimatort verlassen
Wohnsitz” (zanzhu hukou), der in regel-
BAKKEN 1998:22-31).
haben, dabei aber nicht ihren offiziellen
mäßigen Abständen verlängert werden
Die Pullfaktoren sind bestimmt durch die
Wohnsitz wechseln, da sie in den mei-
muß. Es existieren unterschiedliche Re-
regionale und sektorale Dimension des
sten Fällen nach einer gewissen Zeit zu-
gelungen der Städte, die die Aufenthalts-
Strukturwandels, d.h. die Einkommens-
ermöglicht
(vgl.
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 5 Pacific Aug.
disparitäten zwischen Stadt und Land und den Regionen sowie der Segmentierung des städtischen Arbeitsmarktes, der insbesondere in der Baubranche und im tertiären Sektor Arbeitsplätze für Migranten bereithält. Wesentlicher Pullfaktor für die Arbeitsmigranten sind die höheren Einkommenserwartungen am Zielort. Die folgende Abbildung verdeutlicht, daß das verfügbare Einkommen in der Stadt mehr als doppelt so hoch ist als auf dem Land. Im Zeitablauf hat sich der Abstand immer weiter vergrößert. Während die Einkommen auf dem Land in den letzten Jahren nahezu stagnieren, steigen sie in den Städten kontinuierlich an. Regio-
lerer Schulbildung. Vermehrt ist heute
vom Betrieb gestellten Sozialleistungen,
nal sind ebenfalls große Unterschiede zu
zu beobachten, daß junge Frauen in die
der sogenannte ”eiserne Reistopf” (vom
beobachten. Die Küstenregionen weisen
Städte migrieren. Insbesondere in der
Staat garantiertes Arbeiten, Wohnen,
aufgrund ihres stärkeren Wirtschaftsauf-
südchinesischen Provinz Guangdong, ist
Einkommen sowieAlters- und Kranken-
schwungs deutlich höhere Einkommen
der Anteil von weiblichen Arbeits-
schutz).
auf als die Binnenprovinzen. Wenn auch
migranten, die dort vornehmlich in der
Dieses System findet sich heute kaum
die Löhne der Migranten in den Städten
Textil- und Elektrobranche beschäftigt
noch, vermehrt sind marktwirtschaftli-
unter denen der städtischen Arbeitskräf-
sind, stark angestiegen. Mehr als die
che Elemente eingeführt worden: die Un-
te liegen, so sind sie doch bei weitem
Hälfte der Migranten ist unverheiratet.
ternehmen können autonom Arbeitskräf-
höher als die Einkünfte auf dem Land.
Jedoch ist in den letzten zwei Jahren der
te einstellen und gegebenenfalls entlas-
Trend zu erkennen, daß immer mehr
sen, Arbeitnehmer können sich selbst
Hauptkennzeichen der Migration
Familien bzw. Ehepaare zusammen den
Jobs suchen, i.d.R. werden Arbeitsver-
Der Strom der Migranten in der VR
Heimatort verlassen.
träge abgeschlossen.
China fließt vornehmlich vom Land in
Die Aufenthaltsdauer der Arbeits-
Der rasche Strukturwandel in China ist
die Stadt sowie von Norden und Westen
migranten in den Städten ist sehr unter-
nur möglich durch massive Veränderun-
nach Süden und an die Küste, wobei dies
schiedlich, wobei man allgemein konsta-
gen in den Beschäftigungsstrukturen
sowohl eine intraprovinzielle als auch
tieren kann, daß sich die Mehrheit zwi-
(vgl. HEBEL/SCHUCHER 1999:24):
eine interprovinzielle Migration sein
schen ein und fünf Jahren dort aufhält.
kann (vgl. WANG JIANMIN/HU QI:70-
Die Stadtgebiete von Beijing, Shanghai
79).
und Guangzhou haben die höchsten Zu-
Soziale Netzwerke spielen eine bedeu-
wanderungsraten zu verzeichnen.
tende Rolle. Personen aus demselben
- Der Anteil der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft ist erheblich gesunken, gleichzeitig nimmt die Arbeitskräftenachfrage in Industrie und Dienstleistungen kontinuierlich zu. - Der Hauptbeschäftiger ist nicht mehr die staatliche Wirtschaft, sondern vermehrt die Privatwirtschaft.
Heimatdorf kommen in denselben Vier-
Entwicklungen auf dem Arbeits-
teln der Großstädte zusammen; Vermitt-
markt
ler zwischen Dorf und Stadt sorgen für
Der Arbeitsmarkt in China hat sich im
die erste Unterkunft und nicht selten
Zuge der Reformen großen Veränderun-
auch für die erste Beschäftigung. Man
gen unterzogen. Vor den Reformen hat-
spricht daher von einer Kettenmigration.
te
In erster Linie handelt es sich um eine
Arbeitskräftelenkung Bestand, dasAus-
temporäre Arbeitsmigration von meist
wahl und Zuweisung des Personals
Der Arbeitsmarkt zeigt eine deutliche
männlichen Bauern, die ihre Familien
durch dieArbeitsverwaltung vorsah. Ei-
Segmentation, die vor allem durch die
zurücklassen und diese aus der Stadt fi-
nen Arbeitsmarkt im eigentlichen Sinne
Trennung von Stadt und Land bedingt
nanziell unterstützen. Zumeist sind es
gab es nicht. Es existierte ein vertrag-
ist. In ihrer Struktur und teilweise auch
junge Menschen mit niedriger bis mitt-
loses Dauerarbeitsverhältnis mit den
in ihren institutionellen Rahmen unter-
das
staatliche
System
der
- Überschüssige ländliche Arbeitskräfte weisen eine hohe Mobilität aus, die Grenze zwischen Land und Stadt wurde überschritten. - Die Arbeitslosigkeit ist zu einem offenen Problem geworden.
S. 6 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
schiedliche Arbeitsmarktsegmente ste-
dienste).
gende Arbeitslosigkeit und den Zustrom
hen sich gegenüber, die sich wiederum
Als Reaktion auf diese neue Situation
ländlicher Arbeitskräfte in den Städten
in verschiedene Teilarbeitsmärkte split-
haben die städtischen Verwaltungen di-
steht einem freien Arbeitsmarkt entge-
ten. Den einheitlichen chinesischen Ar-
rigistische Maßnahmen ergriffen, die den
gen.
beitsmarkt gibt es nicht, regional und
Bauern die Beschäftigungsmöglich-
Restrukturierung der Beschäftigung eine
sektoral bestehen große Unterschiede.
keiten in bestimmten Branchen verweh-
der problematischsten Aufgaben im Rah-
Auf diesem stark segmentierten Arbeits-
ren sollen. Arbeitslose städtische Ar-
men des Transformationsprozesses dar-
markt sind die Migranten in den Städten
beitskräfte sollen bevorzugt eingestellt
stellt.
in freie Nischen gestoßen, sie schließen
werden. Maßnahmen der aktiven
Der soziale Wandel, der mit den auf-
die Lücken, die im unteren Lohnsegment
Arbeitsmarktpolitik,
wie
z.B.
grund von Ab- und Zuwanderung neu
des Arbeitsmarktes entstanden sind. Ar-
Qualifizierungsmaßnahmen
oder
entstandenen Strukturen in den Städten
beit finden die meisten in der Bau- und
Wiederbeschäftigungsprojekte, stehen
und auf dem Land eingesetzt hat, kann
der Textilbranche sowie im Dienstlei-
meist nur den Städtern zur Verfügung.
erst in langfristigen Betrachtungen be-
stungssektor, ein großer Teil ist zudem
Es
zeigt
sich,
daß
die
wertet werden. Festzuhalten bleibt, daß
im Privatsektor als selbständige
Fazit
Kleingewerbler tätig. Oft läßt sich zwi-
Unterschiedliche
zur
der aus der Modernisierung heraus ent-
schen Herkunft und Beschäftigung ein
Migrationsproblematik in der VR Chi-
steht und gleichzeitig auch zur weiteren
Zusammenhang konstatieren. So kom-
na sind publiziert worden. Sie reichen
Entwicklung beiträgt - im positiven wie
men z.B. in Beijing und Shanghai die
von negativen Bildern, die die chinesi-
im negativen Sinne.
Mehrheit der Hausmädchen aus der Pro-
schen Großstädte in sozialem Elend und
vinz Anhui; der Großteil der Müll-
Kriminalität versinken sehen, bis zu dem
Literatur:
sammler kommt aus der Provinz Henan
positiven Bild steigender wirtschaftli-
BAKKEN, BORGE (ed.) 1998: Migration in
(vgl. SOLINGER 1999:194-240).
cher Wachstumsraten, basierend u.a. auf
China, Kopenhagen.
In den letzten Jahren ist eine stärkere
den von den Migranten ausgelösten Im-
CHAN, KAM WING 1996: Post-Mao China: A
Konkurrenzsituation
zwischen
pulsen. Eine rein ökonomische Betrach-
Two-Class Urban Society in the Making. In:
Arbeitsmigranten und städtischen Ar-
tung legt den Schluß nahe, daß die posi-
International Journal of Urban and Regional
beitskräften
Das
tiven Effekte dominieren. Jedoch bleibt
Arbeitskräftepotential, das vom Land auf
die künftige Entwicklung insbesondere
den städtischen Arbeitsmarkt drängt,
des städtischenArbeitsmarktes abzuwar-
wird bedingt durch die steigendeArbeits-
ten.
losigkeit als Bedrohung für die städti-
Arbeitskräftemobilität ist für die struk-
burg.
schen Arbeitskräfte gesehen. Die städti-
turellen Anpassungsprozesse innerhalb
SCHARPING, THOMAS (Hg.) 1997: Floating
sche Arbeitslosenquote, die laut offizi-
des ökonomischen Transformations-
Population in China. The Impact of Economic
ellen Angaben bei durchschnittlich 3%
prozesses unerläßlich, kann jedoch nicht
Reforms. Mitteilungen des Instituts für Asien-
liegt, muß real bei 10%-15% angesiedelt
hinreichend funktionieren, solange ad-
kunde Nr.284, Hamburg.
werden. Noch bis Mitte der 1990er Jah-
ministrative Beschränkungen und Dis-
SOLINGER, J. DOROTHY 1999: Contesting
re konnten die ländlichen Arbeitskräfte
kriminierungen bestehen. Die Entwick-
Citizenship in Urban China. Peasant Migrants,
problemlos absorbiert werden. Heute
lung des Arbeitsmarktes in der VR Chi-
the State, and the Logic of the Market.
sind dieArbeitskräfte vom Land und die
na zeigt, daß ein enormer Wandel statt-
Berkeley, Los Angeles, London.
in der Stadt nicht mehr grundsätzlich
gefunden
komplementär zueinander. Die aus den
wirtschaftliche Strukturen noch neben
Staatsunternehmen freigesetzten Arbeits-
neuen marktwirtschaftlichen existieren.
kräfte (xiagang) sind gezwungen, Jobs
Die propagierte Einführung eines markt-
anzunehmen, die noch vor wenigen Jah-
wirtschaftlichen Arbeitssystems ist bis-
ren als ”dreckig” bezeichnet wurden und
her aufgrund der protektionistischen Ein-
ausschließlich von Bauern verrichtet
griffe des Staates gescheitert. Die Gefahr
wurden (z.B. verschiedene Reinigungs-
sozialer Instabilitäten durch stark anstei-
zu
erkennen.
die Land-Stadt Migration ein Prozeß ist, Szenarien
Research Vol.20, No.1 (March) S.134-150. HEBEL, JUTTA / GÜNTER SCHUCHER (Hg.) 1999: Der chinesische Arbeitsmarkt. Strukturen, Probleme, Perspektiven. Mitteilungen des Instituts für Asienkunde Nr.306, Ham-
hat,
aber
alte
plan-
Claudia Wüllner M.A. [
[email protected]]
WANG JIANMIN / HU QI 1996: Zhongguo liudong renkou (Die Wanderbevölkerung Chinas), Shanghai.
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 7 Pacific Aug.
Malaysia: Migration nach der Krise Rolf Jordan Arbeitsmigration war und ist ein wesentliches Element jener wirtschaftlichen Entwicklung, die noch vor kurzem von der Weltbank als ‘Asian Miracle’ bezeichnet wurde. Auf 10 bis 15 Millionen
schätzt
die
Internationale
Gewerkschaftsorganisation ILO die Zahl der Arbeitsmigranten im asiatisch-pazifischen Raum. Als jedoch mit dem Beginn der ‘Asienkrise’ Ende 1997 viele tausend Arbeitsplätze in der Region verloren gingen, suchten viele Regierungen in den betroffenen Ländern ihr Heil in protektionistischen Massnahmen und begannen,
vor
allem
illegale
Arbeitsmigranten auszuweisen. Gleichzeitig erzeugt die Krise in den besonders betroffenen Ländern wie Indonesien neuen Migrationsdruck; Hunderttausende suchen nun ausserhalb ihrer Heimat nach Arbeit. Die Ausweisung einer großen Zahl zumeist illegaler Arbeitsmigranten hat aber in einigen der Länder einmal mehr auch deutliche Arbeitsmarktengpässe sichtbar werden lassen. Ein Beispiel für die strukturelle Abhängigkeit der ökonomischen Entwicklung von Arbeitsmigration stellt Malaysia dar. Trotz krisenbedingter Arbeitsplatzverluste hat die Regierung auch in den letzten Jahren, zumeist auf Druck der lokalen Unternehmer, eine große Zahl von Arbeitsmigranten ins Land geholt, um die anhaltende Nachfrage in einigen Sektoren, vor allem in den Plantagenwirtschaft, in der Bauindustrie und in Teilen des Dienstleistungssektors, zu decken. Die Mehrheit der Arbeitsmigranten stammt dabei aus Indonesien. Die strukturellen Bedingungen haben dazu beigetragen, dass sowohl in Malaysia als auch in den Herkunftsländern eine ‘Migrations-Industrie’ entstanden ist und sich Migration zu einem über
wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt hat. In der ersten Hälfte der neunziger Jahre verzeichnete Malaysias Wirtschaft hohe Wachstumsraten, der jährliche Anstieg des Bruttoinlandsprodukts lag in dieser Phase zwischen 8% und 10%. Das stärkste Wachstum verzeichnete das verarbeitende Gewerbe. Parallel zu diesem wirtschaftlichen Boom stieg auch die Zahl ausländischer Arbeitskräfte kontinuierlich an. Offizielle Zählungen geben die Zahl der registrierten Arbeitsmigranten für 1992 mit etwa 425.000 an, zwei Jahre später sind es bereits mehr als 560.000. Bis zum Frühjahr 1998 erhöht sich die Zahl der offiziell erfassten ausländischen Arbeitskräfte auf mehr als eine Million. Sie alle finden vor allem in Malaysias Plantagenwirtschaft Beschäftigung, aber auch im Bausektor, im verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor, wo die unteren Einkommensbereiche zunehmend mit Arbeitsmigranten aus der Region besetzt werden. Der weitaus größte Teil der Arbeitsmigranten stammt aus dem Nachbarland Indonesien; sie machen etwa zwei Drittel der ausländischen Beschäftigten in Malaysia aus. Weitere Herkunftsländer sind Bangladesh, Myanmar und die Philippinen. Hinzu kommt eine große Zahl von sogenannten ‘illegalen’ Arbeitsmigranten; Schätzungen gehen hier von 200.000 bis 500.000 Migranten ohne Arbeitserlaubnis allein für den Beginn der neunziger Jahre aus. Tatsächlich dürfte die Zahl aber noch um einiges höher liegen. Dass ihre Anwesenheit von den Behörden lange Zeit zumeist stillschweigend geduldet wurde, lag unter anderem daran, dass der tatsächliche Bedarf an ‘billigen’ Arbeitskräften in den genannten Sektoren
der Zahl der offiziell zugelassenen Arbeitsmigranten lag. Kritik kam lange Zeit allenfalls von den Gewerkschaften, die die hohe Zahl vor allem ‘illegaler’ Arbeitsmigranten für das niedrige Lohnniveau in einigen Sektoren verantwortlich machten. Neben der Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen forderten sie auch eine hohe Besteuerung für den Einsatz von Arbeitsmigranten. Der politische Umgang mit dem Problem illegaler Arbeitsmigration ist in Malaysia einmal geprägt durch vielfältige Versuche der Regulierung und Legalisierung des Zustroms von ausländischen Arbeitskräften. Hierzu zählen bilaterale Vereinbarungen wie das 1984 verabschiedete Medan-Abkommen mit Indonesien ebenso wie Amnestiephasen, in denen illegalen Migranten die Möglichkeit gegeben werden sollte, ihren Aufenthaltsstatus nachträglich zu legalisieren. Die Legalisierungsbemühungen der Regierung wurden jedoch zumeist dadurch erschwert, dass dieVerfahren relativ zeitaufwendig und für die Arbeitsmigranten ebenso wie für die Arbeitgeber sehr kostenintensiv sind. So ist es in der Vergangenheit immer wieder zu großangelegten Verhaftungswellen und der Abschiebung der ‘illegalen’ Migranten in ihre Heimatländer als letzter Maßnahme gekommen. Allein 1995 wurden etwa 15.000 ausländische Arbeitskräfte, davon 11.000 Indonesier, wegen fehlender Papiere bei Razzien aufgegriffen und abgeschoben. Als auf dem Höhepunkt der ‘Asienkrise’ auch in Malaysia zehntausende von Arbeitsplätzen verloren gingen und die Wachstumseuphorie des vorangegangenen Jahrzehnts einen Dämpfer erhalten hatte, verschärfte sich das innenpolitische Klima gegenüber der großen Zahl
S. 8 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
von Arbeitsmigranten im Land deutlich.
Semenyia Detention Camp kam es zu
eigenständige ‘Migrations-Industrie’
Die Zahl der Verhaftungen und Abschie-
gewalttätigen Ausschreitungen, in deren
herausgebildet, wie etwa die Washing-
bungen stieg abAnfang 1998 sprunghaft
Verlauf neun Menschen starben, ein ma-
ton Post hinsichtlich der Beziehung zwi-
an; Berichte über Razzien der eigens hier-
laysischer Polizist und acht indonesische
schen Malaysia und Indonesien feststellt:
für gegründeten Polizeitruppen füllten
Migranten. Etwa 200 Menschen konn-
„Migration from Indonesia to Malaysia
die vorderen Seiten der großen Tageszei-
ten aus dem Lager fliehen.
is less a trend than an industry, creating
tungen. Trotz des großen Medien-
Doch nicht nur Abschiebungen illega-
an entrenched substructure of migrants,
interesses
kaum
ler Migranten prägten das Migrations-
labor brokers, prostitutes and corrupt
verlässliche Angaben über das quantita-
liegen
jedoch
geschehen der Krisenjahre 1997 bis
immigration authorities who have
tive Ausmaß der Repatriierungen vor.
1999, sondern gleichzeitig auch die
created a massive cross-border network„
Unterschiedliche Quellen sprechen von
weitere reguläre Zuwanderung von
(Washington Post, 7. Apr. 1998). Gleich-
etwa 80.000 ‘illegalen’ Migranten, die
Arbeitsmigranten. Allein 1998 wurden
zeitig bedeutet eine hohe Zahl ausländi-
allein 1998 verhaftet und in ihre Heimat-
ca. 220.000 ausländische Arbeitskräfte
scher Arbeitskräfte auch hohe Einnah-
länder abgeschoben worden waren. Im
zusätzlich ins Land geholt, um die
men aus der Besteuerung ihres Einsat-
Frühjahr 1999 wurden weitere 68.000
Arbeitskräftenachfrage in einigen
zes, während die Herkunftsländer der
Abschiebungen verzeichnet, davon allein
Wirtschaftssektoren zu befriedigen.
Arbeitsmigranten von deren Rücküber-
61.000 Indonesier. Ein Großteil der ver-
Weitere 111.000 Indonesier und Thai-
weisungen in ihre Heimat profitieren.
hafteten Migranten wurde vor ihrer Ab-
länder wurden Anfang 1999 angewor-
Innerhalb dieses Marktes sind die Gren-
schiebung in sogenannten ‘Detention
ben und im Frühjahr dieses Jahres for-
zen zwischen legalen und illegalen
Camps’ untergebracht, von denen es in
derten lokale Unternehmen erneut die
Migranten oftmals fliessend und für die
Malaysia nach offiziellen Angaben 10
Zulassung von 20.000 Arbeitskräfte aus
betroffenen Menschen kaum einzuschät-
Lager für jeweils bis zu 2.000 Migranten
dem Ausland. Daran werden einmal die
zen. Und es ist dieser Markt und seine
gibt. 1997 wurden ca. 30.000 illegale
strukturellen Bedingungen sichtbar, die
enorme Eigendynamik - nicht zuletzt in
Migranten über diese Camps abgescho-
Arbeitsmigration zu einem zentralen
Krisenphasen -, vor dessen Hintergrund
ben, 1998 betrug ihre Zahl etwa 51.000.
Element der wirtschaftlichen Entwick-
staatliche Migrationspolitik in Malaysia
Die Lebensbedingungen in den Lagern,
lung
Die
und der Region zu analysieren ist. Dies
in denen die Migranten bis zu drei Mo-
Regierungsallianz der UMNO von Mi-
um so mehr, als der Staat selber wichti-
nate auf ihre Abschiebung warten
nisterpräsident Mahatir mag parteipoli-
ger Akteur in diesem Markt ist.
mussten, sind zumeist katastrophal -
tisch einigen Nutzen aus dem medien-
schlechte sanitäre Verhältnisse und un-
wirksam inszenierten Verhaftungen und
Zum Weiterlesen empfohlen:
zureichende Versorgung mit Wasser und
Abschiebungen illegaler Migranten ge-
Sidney Jones 2000: Making Money off
Lebensmitteln kennzeichnen denAlltag,
zogen haben, arbeitsmarktpolitisch ha-
Migrants. The Indonesian Exodus to
vereinzelt finden sich Berichte über To-
ben diese Aktionen aber die bestehen-
Malaysia, Hongkong
desfälle aufgrund der schlechten
den Probleme - hohe Arbeitslosigkeit
Patrik Pillai 1999: The Malaysian
Versorgungssituation. Im Frühjahr 1998
aufgrund der Asienkrise, strukturelle
State’s Response to Migration, in:
kam es wegen dieser Missstände in eini-
Abhängigkeit einiger Sektoren von
Soujourn, Vol. 14, No. 1
gen Camps zu Protesten undAufständen
Arbeitsmigraton - nicht oder kaum lö-
Jürgen Rüland 1997: Südostasien, in:
der internierten Migranten, die auch in
sen können.
Peter J. Opitz (Hg.): Der globale
der internationalen Presse Beachtung
Vor allem gingen diese Maßnahmen aber
Marsch. Flucht und Migration als Welt-
fanden und - zumindest für einen kurzen
nahezu vollständig an der strukturellen
problem, München.
Augenblick - das Interesse der Weltöf-
Besonderheit der Arbeitsmigration in der
Migration News: Informationen über
fentlichkeit auf eine bis dahin eher igno-
Region vorbei. Längst hat sich auch
Migration unter der Internet-Adresse
rierte Gruppe von ‘Verlierern’ der Asien-
zwischen Malaysia und den meisten der
http://migration.ucdavis.edu.
krise lenkte. In einem Lager, dem
Herkunftsländern der Migranten eine
Malaysias
machen.
Rolf Jordan M.A. [
[email protected]] ist Doktorand am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Universität Kassel. Aktuelle Forschungsarbeit zum sozio-ökonomischen Wandel im „SIJORI-Wachstumsdreieck“.
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 9 Pacific Aug.
Industrialisierung und Binnenmigration in Thailand Christiane Potzner Thailands Industrialisierungsprozess
dem Wunsch nach Unabhängigkeit ab-
zwischen peripher gelegenen Räumen
begann in den 60er Jahren und erfuhr
gelöst werden.
stattfanden. Eine steigende Tendenz der
Ende der 80er Jahre mit hohen jährli-
Welche Auswirkungen haben diese
Migration vom ländlichen in den urba-
chen Wirtschaftswachstumsraten von bis
Transformationsprozesse auf das
nen Raum findet gleichzeitig mit dem
zu 13,2 Prozent (1988) eine enorme
Migrationsverhalten der thailändischen
Industrialisierungsprozess statt. So kann
Beschleunigung. Dabei wuchs der se-
Bevölkerung? Besteht ein Wirkungs-
die Frage des Wirkungszusammenhangs
kundäre Wirtschaftssektor, vor allem das
zusammenhang zwischen Indus-
von Industrialisierung und Migration
verarbeitende Gewerbe, stark an.
trialisierung und Migration?
bejaht werden, wobei sich im Anschluss
Fabrikationsstätten schossen mit Hilfe
Festzustellen ist, dass während der 40er
die Frage des Wirkungsgrades stellt.
ausländischer Direktinvestitionen seitens
und 50er Jahre kaum Land-Stadt-Wan-
Die Hauptstadt Bangkok weist schon von
westlicher Industrienationen sowie Ja-
derungen erfolgten, mit der Transforma-
jeher eine enorm hohe Primacy auf, und
pans, Taiwans und Südkoreas aus dem
tion Thailands von einem Agrarstaat zum
zwar nicht nur in wirtschaftlicher, son-
Boden und das Produktions- sowie Ex-
Newly Industrializing Country (NIC) (2)
dern auch in kultureller, politischer und
portvolumen industriell gefertigter Wa-
dessen Bevölkerung jedoch zunehmen-
finanzieller Hinsicht. Mit der immensen
ren erhöhte sich um ein Vielfaches, letz-
de Mobilität aufweist. Zwischen 1985-
Vormachtstellung der Metropole auf al-
teres von 1,2 Prozent im Jahre 1960 auf
90 wurden 1,6 Mio. Binnenmigranten
len Ebenen kam es zu einem enormen
78 Prozent 1992. Exportanteile der
vom National Statistical Office (NSO)
Bevölkerungs- und Flächenwachstum
Landwirtschaft verringerten sich im glei-
gezählt, also 2,8 Prozent der Gesamtbe-
während der letzten Jahrzehnte. „Only
chen Zeitraum von 90,5 auf 22 Prozent.
völkerung 1990, wobei dies einschrän-
half about urban growth is due to natural
Mit der Liberalisierung des Handels
kend auf bestimmte Altersklassen zu-
increase. In a sense, area annexation is
Anfang der 80er Jahre und der neu er-
trifft, nämlich größtenteils auf 15-35jäh-
caused by migration, however.” (UN,
öffneten Möglichkeit für ausländische
rige.
1988). Für das Jahr 1980 gibt das NSO
Investoren, in Thailand Fabriken, Hotels,
Innerhalb welchen Raumes finden nun
in Bangkok eine Anzahl von 27 Prozent
Freizeitanlagen, Kinos, Shopping Malls
Bewegungen statt? Migrationsströme
an Migranten an der Gesamtbevölkerung
u.a. zu errichten, üben diese Strukturver-
zwischen der Peripherie und anwachsen-
Bangkoks
änderungen in der thailändischen Wirt-
den urbanisierten Zentren sind hinsicht-
Arbeitsmigranten mit 67,5 Prozent den
schaft auch Einfluss auf Politik und Ge-
lich des Industrialisierungs- und
größten Prozentsatz aller Zuwanderer in
sellschaft aus. Zu beobachten ist neben
Verstädterungsprozesses vermehrt aus-
Bangkok Metropolis aus (insgesamt
dem
und
zumachen, während in vorindustrieller
migrierten zwischen 1975-80 340.792
Urbanisierungsprozess eine zunehmen-
Zeit Migrationsströme hauptsächlich
Personen nach Bangkok und zwischen
Industrialisierungs-
de Demokratisierung des Staates (1) sowie Veränderungen innerhalb der Gesellschaft. „Moderne“ Werte rücken in den Vordergrund, vor allem bei jüngeren Personen, während traditionelle Werte immer mehr verblassen. Ersteres wird z.B. sichtbar im Konsumverhalten, in der Kleidung oder in der Präsenz von Luxusgütern, die zunehmend nach westlichen Mustern ausgerichtet sind, während traditionelle Werte wie z.B. der Familienzusammenhalt
und
Generationsbeziehungen mit dem Anwachsen individueller Bedürfnisse von
an.
Dabei
machen
S. 10 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
1985-90 waren dies sogar knapp
Zentralebene zuwandern. Hieran lässt
niedrigem Niveau lag.
700.000 Personen, die nach Bangkok
sich erkennen, dass die räumliche Nähe
Die Binnenmigration in den Jahren vor
und Umgebung wanderten), gefolgt von
beim Ortswechsel eine entscheidende
der Krise beläuft sich hauptsächlich auf
etwa 11 Prozent derjenigen, die mit dem
Rolle spielt – abwandernde Personen aus
eine Land-Stadt-Wanderung, wobei
Haushaltsvorstand umziehen. Die Suche
dem Nordosten bevorzugen zunächst
Bangkok das beliebteste Ziel darstellte.
nach Arbeit ist also der Hauptgrund für
kleinere urbaneAnsiedlungen, zu denen
Mit Ausbruch der Finanz- und Wirt-
den Entschluss, das Heimatdorf oder die
sie wechseln.
schaftskrise sowie der sozialen Krise als
Kleinstadt in Richtung Megacity Bang-
Nur knapp ein Drittel der in Bangkok
Folge ersterer, schnellte die Arbeitslo-
kok zu verlassen. Gerade mit dem erheb-
registrierten Migranten kommen aus
senquote in Thailand zum Höhepunkt
lichen Arbeitskräftemangel an un- und
dem Nordosten, 12 Prozent aus dem
der Krise auf 5,6 Prozent (Mai 1999)
angelernten Arbeitskräften, der mit der
Norden und 9 Prozent aus dem Süden
hoch, was mit einer staatlichen Arbeits-
Erschließung des Hinterlandes durch
des Landes. Zur Zentralregion sowie
losenversicherung relativ leicht über-
verschiedenste Industriezweige in und
dem Nordosten lassen sich bidirektionale
windbar gewesen wäre. Jedoch haben
um Bangkok im Zuge der Industrialisie-
Ströme ausmachen, vor allem zur Trok-
fehlende staatliche Leistungen im sozia-
rung entstand, strömten Migranten aus
kenzeit zwischen der Zentralebene und
len Bereich diese Unterbeschäftigung zu
dem armen Nordosten des Landes, aber
Bangkok. Unidirektionale Ströme in
einem großen Problem werden lassen.
auch aus dem Norden, dem Süden und
Richtung BMR (Bangkok Metropolitan
Mit der Schließung tausender klein- und
der Zentralebene in die Hauptstadt. Seit
Region) finden auch statt, dies überwie-
mittelständischer Unternehmen (etwa 80
den 90er Jahren wird die bereits erwähn-
gend bei Personen mit lebenslanger
% der Industrieunternehmen in Thailand
te Zahlendimension von knapp 341.000
Aufenthaltsabsicht am Zielort. Aller-
sind handwerkliche Kleinbetriebe oder
Personen, die in den Großraum Bang-
dings besitzen über 70 Prozent aller
mittelständische Unternehmen mit we-
kok migrieren, jährlich erreicht. Allein
Migranten in Bangkok nicht die Absicht,
niger als 10 Beschäftigten) sowie Mas-
1997 kamen etwa 335.000 Personen.
lebenslang in der Hauptstadt zu verwei-
senentlassungen in der städtischen
Dabei ist interessant, dass der
len (viele von ihnen verbleiben weniger
Industriearbeiterschaft und den Beschäf-
Hauptmigrantenstrom nicht aus der ärm-
als ein Jahr in der Stadt). Die meisten
tigten in der Dienstleistungsbranche
sten Region des Landes, dem Nordosten,
von ihnen fanden relativ schnell
(nach Angaben des Asia Yearbook 1999,
erfolgt, was hinsichtlich der schlechte-
Beschäftigungsmöglichkeiten, ob nun im
verloren etwa 2-4 Millionen Beschäftigte
ren Lebensbedingungen und größeren
formellen oder informellen Sektor, so
ihren Arbeitsplatz), waren viele Migran-
Armut zunächst zu vermuten wäre, son-
dass dieArbeitslosenquote vorAusbruch
ten gezwungen, in ihre Dörfer zurück-
dern nach NSO-Angaben 48 Prozent al-
der Wirtschaftskrise imAugust 1996 und
zukehren, so dass Ende 1997/ Anfang
ler Migranten aus der benachbarten
1997 mit ca. einem Prozent auf relativ
1998 umgekehrte Migrationsströme erfolgten, und zwar zurück aus der Stadt auf das Land. Dort halfen den über eine Million heimkehrenden Migranten die familiären und ländlichen Netze, die flexibel und hilfsbereit auf die soziale und finanielle Notlage reagierten. Der Großteil der Heimkehrer konnte vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden, während diejenigen, die keine (ihren Vorstellungen entsprechende) Arbeit fanden, inzwischen entweder nach Bangkok zurückgekehrt sind oder in anderen regionalen urbanen Zentren nach Arbeit Ausschau halten. Festzuhalten gilt, dass sich Migrationsströme, die früher überwiegend zwischen ländlichen Bereichen oder zwischen urbanisierten Zentren stattfanden und das wiederum innerhalb eines
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 11 Pacific Aug.
changwats (Provinz) mit der Industriali-
kok und den Provinzhauptstädten des
National Statistical Office 1980: Popu-
sierung verändern. Im Zuge des
Landes. Des weiteren werden das Be-
lation and Housing Census; Migration:
Industrialisierungsprozesses Thailands
völkerungswachstum und damit die Be-
Subject Report No.2; Bangkok
erfolgten Migrationsströme größtenteils
völkerungsdichte in der Hauptstadt ein-
National Statistical Office 1990: Popu-
vom Land in die Stadt sowie changwat-
gedämmt, die aufgrund von Umwelt-
lation and Housing Census; Bangkok
übergreifend, während nach Ausbruch
schäden, Infrastruktur- und Transport-
Söderholm-Lange, Aija 2000: Tief grei-
der Krise (und der damit verbundenen
problemen sowie Überflutungs-
fende Reformen halfen aus der Finanz-
Rezension in der Wirtschaft) sich diese
problemen während der Regenzeit ein
krise; in: Frankfurter Allgemeine Zei-
umkehren, nun nämlich von der Stadt auf
unbedenkliches Anwachsen nicht mehr
tung; Eine Beilage von Weltnews vom
das Land erfolgen.
vertragen kann.
15. März
Während die wirtschaftliche Krise in
Negativ an dieser Entwicklung ist, dass
United Nations 1987: Population
Thailand aufgrund der Befolgung strik-
mit der erneuten Abwanderung der nach
Growth and Policies in Mega-Cities:
ter Auflagen durch den Internationalen
der Krise Heimgekehrten Dörfer wohl
Bangkok; Population Policy Paper
Währungsfonds, der Thailand nachAus-
wieder aus ganz jungen und alten Per-
No.10; New York
bruch der Krise mit einem 17,2 Milliar-
sonen bestehen werden, weil die mittle-
Chao Phraya Delta; Kasetsart
den US-Dollar umfassenden Kredit aus-
re Altersklasse erneut in Richtung Stadt
University Bangkok (1996); elektronisch
half, schon fast wieder überwunden ist
migriert – Folgen bezüglich der
veröffentlicht; URL: http://std.cpc.ku.ac/
(Thailand gilt inzwischen nicht nur als
Familienstruktur und soziale Probleme
delta/deltacp/features/feature1.htm
„Weltmeister im Wirtschaftswachstum“,
dieses Sachverhaltes also wiederum auf-
sondern auch als „Weltmeister in der
kommen. Ein niedriger Lebensstandard,
Krisenbewältigung“), sind die Folgen der
Armut und Versorgungsprobleme wer-
Anmerkungen:
sozialen Krise noch überall spürbar, im
den somit auch weiterhin kennzeichnen-
(1) Mit der neuen Verfassung 1997 wird
städtischen Leben, aber vor allem auf
de Merkmale des dörflichen Lebens
seitens des Ministerpräsidenten CHUAN
dem Land. So ist für die nähere Zukunft
sein.
LEEKPAI mit ersten Erfolgen mehr Trans-
zu vermuten, dass sich Migrationsströme
Folgern lässt sich schließlich, dass spe-
parenz in das politische System und po-
mit der Erholung der thailändischen
zifische Arbeitsmigrationsströme von
litische Machenschaften gebracht. Gera-
Wirtschaft erneut in Gang setzen, um der
wirtschaftlichen und politischen sowie
de nach Ausbruch der sog. Asienkrise
Armut auf dem Lande, die nach Krisen-
gesellschaftlichen und sozialen Wand-
Mitte 1997, die in Thailand ihren An-
ausbruch gerade im Nordosten stark an-
lungsprozessen beeinflusst werden und
fang nahm, wird versucht, im Land die
gewachsen ist, zu entfliehen. Diese wer-
einschneidende Änderungen in der
Vetternwirtschaft und Korruption einzu-
den wohl wieder in derselben Richtung,
Struktur von Migrationssystemen verur-
dämmen.
nämlich vom Land in die Stadt, erfolgen,
sachen. Transformationsprozesse in
(2) Angemerkt werden muss, dass Thai-
jedoch nicht mehr so konzentriert auf
Wirtschaft, Politik und Gesellschaft be-
land seitAusbruch der Finanz- und Wirt-
Bangkok ausgerichtet sein wie in frühe-
sitzen also demnach einen Wirkungs-
schaftskrise 1997, der eine soziale Kri-
ren Zeiten. Wanderungsgewinne werden
zusammenhang hinsichtlich veränderter
se folgte, der Status eines NIC nicht mehr
auch in den Provinzhauptstädten erwar-
Wanderungsstrukturen, wobei das Aus-
ganz zusteht. Das Volkseinkommen
tet, da Arbeitsmöglichkeiten für die un-
maß der Auswirkungen mit dem
Thailands, auf Pro-Kopf-Basis, ist 1998
tersten Einkommensgruppen in Bangkok
„migration reversal“ als Folge derAsien-
auf den Stand von 1990, d. h. ein durch-
nach der Krise noch immer nicht gege-
krise auf hohem Niveau liegt.
schnittliches Pro-Kopf-Einkommen von unter geforderten 2.000 US Dollar
ben sind und mit der Modernisierung der Megastadt zunehmend eingegrenzt wer-
Zum Weiterlesen empfohlen:
zurückgeworfen worden. Zutreffender
den.
National Statistical Office 1998:
wäre
Positiv an dieser Entwicklung ist die
Statistical Yearbook Thailand; Nr. 45;
INDUSTRIALIZING CITY für den Großraum
Verwirklichung des Ansatzes einer De-
Bangkok
Bangkok, denn hier werden alle Forde-
zentralisierung im Land sowie des schon
National Statistical Office 1998: Report
rungen, die an ein NIC gerichtet sind,
länger geforderten Disparitäten-
of the Labour Force Survey: Whole
erfüllt, auch hinsichtlich des Einkom-
ausgleichs, zumindest zwischen Bang-
Kingdom; Bangkok
mens.
die
Bezeichnung
N E W LY
Christiane Potzner [
[email protected]] studiert an der Universität Kassel Soziologie und Politikwissenschaften und beschäftigt sich im Rahmen ihrer Magisterarbeit derzeit mit dem Thema „Arbeitsmigration und Industrialisierung in Bangkok“.
S. 12 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
Regionale Entwicklungsprobleme in den Philippinen Wilfried Gebhardt Im ost-/südostasiatischen Vergleich sind die Philippinen in ihrem Gesamtentwicklungsstand hinter ihre Nachbarstaaten (z.B. Malaysia, Thailand, Südkorea) zurückgefallen. Die wirtschaftliche Entwicklung der jüngeren Vergangenheit ist allenfalls als bescheiden zu bezeichnen und wird von einer nach wie vor hohen Bevölkerungsdynamik kon-
b) Zwischen den Landesteilen außerhalb Manilas bestehen ebenfalls gravierende räumliche Disparitäten. c) Das regionale Entwicklungsgefälle verschärft sich mit zunehmender Entfernung zur Metropole. d) Ausnahmen innerhalb dieses Raummusters ergeben sich erst bei ausreichend großem Abstand zur Hauptstadt in Provinzen mit eigenständigen Städten, was wiederum auf ein ausgeprägtes Stadt-LandGefälle schließen läßt.
trastiert. Die Rückwirkungen dieser Pro-
intraregionalen Differenzierungsprozessen. Insgesamt bleibt festzuhalten, daß das regionale Entwicklungsgefälle auf nationaler Maßstabsebene keineswegs abgebaut werden konnte - im Gegenteil: In einigen Bereichen haben sich die räumlichen (inter- und intrainsularen) Disparitäten innerhalb desArchipelstaats noch
zesse werden im sozialen Sektor trans-
Diese grundsätzlichen Befunde bestäti-
weiter verschärft.
parent: die Einkommen sind extrem un-
gen die Resultate von Untersuchungen,
Zum
gleich verteilt, breite Bevölkerungs-
die schon in den siebziger Jahren durch-
Entwicklungsprobleme in den Philippi-
schichten leben in persistenter Armut.
geführt wurden. Die dynamischeAnaly-
nen wurde eine Reihe von makroökono-
Weiterhin beeinträchtigen eine unausge-
se des regionalen Entwicklungsgefälles
mischen, politischen und sozio-kulturel-
wogene Landbesitzstruktur, erhebliche
innerhalb eines Zeitraums von etwa 15
len Faktoren identifiziert, die sich ent-
Naturgefahren sowie fortschreitende
Jahren ergab im weiteren folgendes Bild:
wicklungshemmend auswirk(t)en. So
Umweltdegradierung die Gesamtent-
Verständnis der regionalen
blieb die staatliche Regionalpolitik und
wicklung des Landes.
a) Die Hegemonialstellung Manilas
-planung mit dem Ziel der Reduzierung
In raumdifferenzierender Perspektive
konnte über Spill-Over-Effekte vor-
regionaler Disparitäten über die Instru-
drücken sich die Entwicklungsprobleme
nehmlich in das südliche Umland, das
mentarien der industriellen Dezentrali-
der Philippinen in regionalen Ungleich-
eine überdurchschnittliche Entwick-
sierung und einer integrierten ländlichen
heiten (Ungerechtigkeiten) innerhalb der
lungsdynamik entfaltet hat, insgesamt
Entwicklung ohne durchgreifenden Er-
Raumstruktur aus, die sich unter dem
etwas gemildert werden. Die detaillier-
folg. Vielmehr wurde der Standort Me-
Begriff der Metropolisierung bzw.
tere Betrachtung einzelner Lebensberei-
tro Manila wirtschaftspolitisch durch die
Megapolisierung, zusammenfassen las-
che zeigte jedoch, daß die funktionale
Protektion der verarbeitenden Industrie
sen. Die Megastadt, die in ihrem Innern
Primacy der Metropole sich weitgehend
und die Konzentration der öffentlichen
von stark akzentuierten sozial-räumli-
behaupten, ja sogar teilweise noch aus-
Investitionen auf die Hauptstadtregion
chen Spaltungen gekennzeichnet, ja zum
gebaut werden konnte, so daß letztlich
noch gefördert. Ein wesentlicher ent-
Kristallisationspunkt sozialer Gegensät-
von einem signifikanten relativen Rück-
wicklungshemmender Faktor ist in der
ze geworden ist, stellt als Phänomen
gang der Entwicklungsdominanz nicht
Ineffizienz der zentralistisch ausgerich-
nunmehr ein gravierendes Problem der
die Rede sein kann.
teten, reformunfähigen und durch weit-
Weltgesellschaft dar. Diese Raum-
reichende Korruptionstendenzen gepräg-
konflikte sind Problemhintergrund vie-
b) Außerhalb des verdichteten Raumes
ten institutionellen Infrastruktur zu se-
ler em-pirischen Analysen des regiona-
in und um Manila konnten lediglich eine
hen.
len Entwicklungsgefälles, wo anhand
„Entwicklungsachse“ entlang der West-
Es wurde deutlich, daß eine effektive,
von Entwicklungsindikatoren auf
küste Nord-Luzons, der Großraum Cebu
regional ansetzende Entwicklungspolitik
Provinzebene Untersuchungen vorge-
sowie kleine Teile Nord-Mindanaos
und -planung aufgrund der wirtschafts-
nommen wurden. Die ermittelten Ergeb-
leichte Entwicklungserfolge verbuchen.
und gesellschaftspolitischen Brisanz der
nisse lassen sich zunächst in folgenden vier Punkten zusammenfassen: a) Es existiert eine deutliche Kluft zwischen der Hauptstadtregion auf der einen und den übrigen Einzelräumen auf der anderen Seite.
räumlichen Ungleichgewichte unumc) In den allermeisten Einzelregionen des
gänglich ist. Ziel einer sektoral und re-
Landes stagnierte die Entwicklung bzw.
gional integrierten Politik muß die mit-
verschlechterten sich sogar die Lebens-
telfristige Reduzierung der sozioökono-
bedingungen noch weiter. Die periphe-
mischen Disparitäten von der regiona-
ren Räume unterlagen weiteren
len bis zur innerstädtischen Ebene sein.
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 13 Pacific Aug.
Aus sozial-moralischen Gründen ist eine
gelnder Entwicklungsdynamik bei stei-
ternationalen Finanzmärkten zu beschaf-
gerechtere Verteilung der Güter anzustre-
gendem demographischen Druck wird
fen, begrenzt. Vor dem Hintergrund ei-
ben, aus ökonomischen Gründen ist die
die Funktion eines regionalen Entwick-
nes geringen Haushaltsbudgets ist es
Gefahr der negativen Agglomerations-
lungszentrums, das in weiter entfernten
zunächst das Ziel der Regierung, die
effekte zu bannen und aus integrations-
Orten Entwicklungseffekte für eine brei-
Funktionsfähigkeit der Metropole auf-
politischen Gründen ist die staatliche
te Bevölkerungsschicht induziert, sicher
rechtzuerhalten statt in noch wenig ent-
Einheit zu erhalten.
derzeit und auch in absehbarer Zeit nicht
wickelten Regionen zu investieren. Im
erfüllt werden. Lediglich das historisch
Gespräch mit dem Verf. stellte Hermes
Abbau des regionalen Entwicklungs-
bedeutsame und im Vergleich zu San
G. Pelayo, leitender Mitarbeiter des De-
gefälles: Das Fallbeispeil der Insel
Joségrößere und dynamischere Calapan
partment of Budget and Management
Mindoro
weist diesbezüglich in Ansätzen Poten-
und langjähriges Regierungsmitglied,
Ein Abbau des regionalen Entwicklungs-
tiale auf.
diesbezüglich folgende Frage: „Warum
gefälles durch die Förderung von Klein-
Die Bedeutung von kleinen Städten im
sollten wir im Bereich Bildung statt in
und Mittelstädten und damit über eine
regionalen Entwicklungsprozeß ist in
die U.P., die hervorragende Ergebnisse
funktional stärker ausgeglichene Städte-
den Philippinen frühzeitig im Zuge
produziert, in eine peripher gelegene
hierarchie konnte beispielsweise auch
wachsenden Regionalentwicklungs-
Universität investieren, die - wenn über-
nicht auf der Insel Mindoro mit ihren
bewußtseins in den siebziger Jahren
haupt - erst in einigen Jahren gute Ar-
größten
beiten liefern kann?“.
José
thematisiert worden. Wie für Mindoro
(Occidental Mindoro) und Calapan
Gemeinden
San
gesagt, ist die Stellung solcher Klein-
(Oriental Mindoro), erreicht werden.
zentren, die sich im großen Einflußbe-
Die Möglichkeit, daß die Rolle von
Durch die räumliche Nähe zur Metro-
reich der Megastadt befinden, aber bis
Kleinstädten eine substantielle Stärkung
pole Manila konnten sich in Mindoro
heute nur sehr schwach. Die Eigendy-
- sofern nicht endogen ausgelöst - erfah-
keine Städte mit eigenständiger
namik wird gehemmt, es lassen sich
ren kann, sowie sichtbare Erfolge eines
Entwicklungsdynamik entfalten. Die
Struktur- und Versorgungsdefizite fest-
Abbaus der Disparitäten sind also mit-
Provinzhauptstädte sind heute in erster
stellen, Entwicklungsanstöße für das
telfristig in den Philippinen kaum in
Linie Handels- und Dienstleistungs-
agrare Umland bleiben aus.
Sicht. Eine weitere schwerwiegende
zentren. Sie fungieren als Sammelstelle
Die Finanzmittel, die zum zukünftigen
Hypothek für die Entwicklung des Lan-
für landwirtschaftliche Produkte aus der
Ausbau der technischen, sozialen und
des im allgemeinen ist ein fehlendes so-
Provinz zur internen Konsumtion und
institutionellen Infrastruktur erforderlich
ziales Gewissen der Eliten gegenüber
Ausfuhr und besitzen Verteilungs-
sind, stehen allerdings nur in geringem
den Unterprivilegierten. Allgemein muß
funktionen hinsichtlich nicht-lokaler
Umfang zur Verfügung. Dies wirkt sich
für eine Vielzahl von Entwicklungslän-
Güter. Ihre sozioökonomischen Ver-
als bedeutendes Hindernis beimAusbau
dern festgestellt werden: Nicht nur von
flechtungen sind eindeutig und hochgra-
eines ausgewogeneren Zentrensystems
der Mehrheit der Reichen, sondern auch
dig über die sich nördlich anschließen-
aus. Aufgrund der hohen Verschuldung
von der des aufstrebenden Mittelstandes
de Provinz Batangas auf die Hauptstadt-
der Philippinen sind die Möglichkeiten,
vieler dieser Länder werden die Armen
region ausgerichtet. Angesichts man-
sich die notwendigen Mittel auf den in-
eher verachtet.
Wilfried Gebhardt (
[email protected]) ist Geograph und hat über sechs Jahre als Experte für die ländliche Entwicklung auf den Philippinen, Indien und Tanzania gearbeitet.
Webtipp Myanmar Auch zu Myanmar bietet das Internet reichlich Informationen. Wichtige Informationen zu Verhaltensregeln oder gefährlichen Regionen findet am auf der Seite des Auswärtigen Amts (http://www.auswaertiges-amt.de/5_laende/ Mym/). Outdoor- oder Trekking-Freunde werden bei http://www.burma.de/, http://www.asiatour.com/myanmar/ inhalt1.htm und http://www.myanmarreisen.com/ fündig. Die Seite http://www.myanmars.net/ bietet Infos zu Landschaft, Kultur und Geschichte. Wenn das Klosterleben schon immer fasziniert hat, sollte sich diese Seite einmal ansehen http://www.nandawon.demon.co.uk/. Luxusverwöhnte Touristen interessiert eher die Seite des Pansea-Hotel in Yangoon (http://www.pansea.com/yangoon.htm). Einen ersten optischen Vorgeschmack was das Land alles an Interessantem zu bieten hat findet man unter http://www.falax.de/index.html und http:// www.impuls-design.de/matweb/reisefot/myanmar/.
S. 14 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
Dezentrale Landnutzungsplanung in den Philippinen Der Einsatz moderner geographischer Instrumente auf der Bondoc Halbinsel (Quezon Provinz)
Olaf Haub In den Philippinen wurde mit der Revo-
nen sollte mangelhaft. Kartographische
Dezentralisierung umzusetzen und die
lution 1987 die Dezentralisierung der
Daten sind ungenau und veraltet, Stati-
politischen Entscheidungsträger mit der
politischen Entscheidung – und zwar auf
stiken sind unzuverlässig oder fehlen.
Planungsdurchführung auf die Dorf-
der untersten Dorfebene (Barangay) –
Schließlich sind Daten, die für eine
ebene zu projizieren, muß eine Basis für
demokratisch herbeigeführt und im so-
kleinräumige Planung benötigt werden
die Planungsabläufe durch eine moder-
genannten Local Government Code ge-
so gut wie nicht vorhanden, da sich die
ne Landnutzungsplanung geschaffen
setzlich manifestiert. Damit soll eine
Planung bislang auf höherer administra-
werden.
potentialorientierte Entwicklungs-
tiver
planung von unten nach oben getragen
großräumigere Regionen abspielte. Die
Dezentrale Planung und Partizipati-
werden („bottom-up„-Planung). Mit der
Zusammenstellung von Daten jeder Art
on: Die Umsetzung eines Konzeptes
Dezentralisierung wird durch den Trans-
für die Dorfebene wurde daher bislang
auf der Bondoc Halbinsel (südl.
fer von behördlichen Verantwortungen
stark vernachlässigt. Auf der anderen
Luzon, Philippinen)
und der Bereitstellung von finanziellen
Seite sehen die Planungsrichtlinien, die
Ein Konzept für die dezentrale Planung
Ressourcen den Local Government Units
von den zuständigen Behörden in Ma-
unter aktiver Beteiligung der lokalen
(also den Behörden der Dorf- und Stadt-
nila vorgegeben werden, gerade die Ver-
Bevölkerung wird derzeit vom Bondoc
verwaltung) Autonomie eingeräumt.
wendung und Aufbereitung solcher Da-
Development Program (BDP) auf der
Grundlegende Servicefunktionen im Ge-
ten für die Barangay-Planung vor. Die-
Bondoc Halbinsel im südl. Luzon
sundheitswesen, der Landwirtschaft oder
ser Anspruch an Planungsdaten ist voll-
(Quezon Province) umgesetzt. Das BDP
dem Management natürlicher Ressour-
kommen unrealistisch. Den Kommunal-
ist eine deutsch-philippinische Koope-
cen fallen nun in den Verantwortungs-
planern
und
ration mit dem Ansatz der Ländlichen
Ebene,
und
der
damit
Barangays
für
bereich der Local Government Units.
Municipalities fehlt einerseits die ent-
Regionalentwicklung (LRE). Von deut-
Doch mit dem Local Government Code
sprechende Erfahrung, andererseits die
scher Seite ist die Deutsche Gesellschaft
soll nicht nur der Transfer der Macht von
Kapazitäten um diese „Datenlücken„ zu
für Technische Zusammenarbeit (GTZ)
der nationalen Regierungsebene auf die
schließen. Sie sind daher vollkommen
mit der Projektdurchführung beauftragt.
lokale Regierungsebene übertragen wer-
überfordert mit der Erhebung und Zu-
Die Anleitung der lokalen Bevölkerung
den, sondern noch weiter von den loka-
sammenstellung von umfangreichen
um die Durchführung einer dezentralen
len Behörden auf die Bürger. Als zen-
Planungsdaten.
partizipativen Planung zu unterstützen,
trales Anliegen des Local Government
Um dieses „philippinische Modell„ der
ist als eines von mehreren Zielen des
Code ist daher die Integration der ruralen Bevölkerung in politische Entschei-
BDP Project Area
Layers
Bondoc Peninsula, Quezon (Region IV, District III) Administrative Boundaries
Barangay boundary Municipal boundary
dungsprozesse zu verstehen. Dies bedeuCa ma r in
tet die Umsetzung einer „integrierten Planung„ (Area Based Integrated
Padre Burgos
Bondoc Peninsula
Agdangan
Development Planning), durch die Ein-
Unisan
Main road
es No rt
Project Area
e
Buenavista Pitogo
führung von partizipativen Prozessen auf der untersten administrativen Ebene, der
Macalelon
Tayabas Bay
Ragay Gulf
General Luna
Dorfebene (Barangay). Die ‘Summe’ der
San Narciso Catanauan
Dorfpläne muß dann weiter in die nächst
Mulanay
höhere Planungsebene (der Stadtgemeinde, ‘Municipality’) integriert werden.
Marinduque
San Andres
KM
Mit dieser Dezentralisierung ergeben sich eine Reihe von Problemen, die für die philippinischen Kommunalplaner
San Francisco
0
10
20
D Cartography: BDP Databank Team, 1999
neu sind: Einerseits ist das Datenmaterial, das als Planungsreferenz die-
Sibuyan Sea
Abb. 1: Die Bondoc Halbinsel im Süden der Hauptinsel Luzon (Philippinen)
Pacific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 15 Aug.
BDP definiert.
Appraisal, RRA), die für
Im Rahmen dieses Projektes wird mit
die rasche Abschätzung
modernen Instrumenten Datenmaterial
von Problemen und Poten-
als Grundlage für die Planung auf der
tialen der sozialen, ökono-
untersten administrativen Ebene zusam-
mischen, ökologischen
mengestellt. Dabei werden mittels Fern-
und politischen Rahmen-
erkundung, Global Positioning System
bedingungen einer Region
(GPS) und einem Geographischen In-
gedacht war. DieserAnsatz
formationssystem (GIS) adäquate
wurde von verschiedenen
Planungsgrundlagen zur Identifizierung
Organisationen weiterent-
der Infrastruktureinrichtungen, der ak-
wickelt und führte zu PRA
tuellen Landnutzung etc. zusammenge-
(SCHÖNHUTH u. KIE-
stellt. Der Bedarf der lokalen Bevölke-
VELITZ, 1993: 5).
rung wird über das Participatory Rural
PRA ist eine Methode, die
Appraisal (PRA) und „Social Mapping„
lokale Bevölkerung dazu anzuregen und
ermittelt. Mit der Entwicklung einer
zu unterstützen, ihre Entwicklungs-
Strategie für den kombinierten Einsatz
probleme und -potentiale zu untersuchen
von modernen Technologien (also GIS,
und entsprechende Verbesserungs-
GPS, Fernerkundung, relationale Daten-
maßnahmen (also „Projekte„) vorzu-
die Vision Map bereits als ‘Entwurfsplan’
banken etc.) und partizipativen Metho-
schlagen. Die PRA-Methode greift auf
angesehen werden.
den als Planungsinstrumente wurde eine
eine Reihe von Erhebungsinstrumenten
Die räumliche Genauigkeit (also Topo-
Basis für die Planungsabläufe geschaf-
zurück, die je nach Zielsetzung der Er-
logie, Lagegenauigkeit, Flächengrößen
fen.
hebung entsprechend ausgewählt werden
etc.) der Karten, die über Social Mapping
Eine eigens hierfür entwickelte Strate-
können. Solche Instrumente sind bspw.
erstellt werden, kann natürlich nicht
gie, die ‘Digital Sketch Method’ (DSM),
saisonale Kalender, ‘Venn-Diagramme’,
stimmen, da die Karten mit der Hand und
erlaubt es, beide Informationsarten für
u.a.
‘aus dem Kopf’ gemalt werden. Dennoch
die Erstellung von Plänen zu verwenden
Ein für die Landnutzungsplanung beson-
sind die Informationen qualitativ hoch-
und gleichzeitig die Pläne auf die nächst
ders wichtiges PRA-Instrument ist das
wertig, da sie bei entsprechender Inter-
höhere administrative Ebene zu projizie-
Social Mapping. Beim Social Mapping
pretation sehr deutlich die Bedürfnisse
ren. Damit werden einerseits entspre-
werden von der Bevölkerung zwei we-
der Bevölkerung dokumentieren.
chende Planungsgrundlagen bereitge-
sentliche Karten auf großformatigem
stellt, andererseits wird der bottom-up-
Papier erstellt: die Resource Map und die
PRA wird zunehmend für die Dorf-
Ansatz gewährleistet.
Vision Map. Bei der Resource Map wer-
planung und andere lokale Planungs-
den Status und Potential der sozioöko-
aktivitäten in der Entwicklungs-
Partizipative Planung: der PRA-An-
nomischen und natürlichen Ressourcen
zusammenarbeit eingesetzt. Allerdings
satz
sowie existierende Probleme kartogra-
gibt es nur wenige Beispiele, wo PRA
In der Tat deckt sich der Local
phisch erfaßt. Die Vision Map dokumen-
explizit für die dezentrale Planung an-
Government Code mit den berühmten
tiert wie der untersuchte Raum aus Sicht
gewendet wurde, um anschließend die
„vier D’s„ des Entwicklungsansatzes von
der Bevölkerung nach einem bestimm-
Ergebnisse auf einer höheren Planungs-
Robert Chambers (CHAMBERS, 1997:
ten Zeitraum (z. B. nach 5 oder 10 Jah-
ebene zu aggregieren und anschließend
197 ff): Decentralization, Democracy,
ren) aussehen sollte.
in die Planungsrichtlinien der oberen
Diversity, Dynamism. Entwicklung ist
Resource und Vision Map sind deshalb
Planungsebenen einzubauen.
dabei als fortlaufende Veränderung zu
von besonderem Interesse, da klein-
Mit der Anwendung der PRA-Methode
verstehen.
räumiges Kartenmaterial für Bondoc
durch BDP wird zwar der partizipative
Dieser Ansatz führte zur Methode des
(und für weitere große Teile der Philip-
Ansatz des Local Government Code, die
Participatory Rural Appraisal (PRA) und
pinen) so gut wie nicht existiert bzw.
Bevölkerung in politische Entschei-
wird von BDP als Grundlage für die de-
veraltet oder unzuverlässig ist. Das
dungsprozesse zu integrieren, erfüllt,
zentralisierte Dorfplanung eingesetzt.
Social Mapping bildet daher die einzige
allerdings kann PRA nicht den konkre-
PRA basiert ursprünglich auf einer Me-
aktuelle raumbezogene Informations-
ten Datenanforderungen der Planungs-
thode (dem sogenannten Rapid Rural
grundlage für die Planung. Dabei kann
behörden gerecht werden.
Abb. 2: Vision Map eines Dorfes, erstellt von der lokalen Bevölkerung während eines PRA-Workshops
S. 16 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
Kombination von moderner
material, das die Infrastruktur dokumen-
von Flächen und Einwohnerzahlen ist
Informationstechnologie und
tieren sollte, auf Kartierungen basiert,
daher selten zuverlässig. Gerade solche
partizipativen Planungsinstrumenten
die bis in die 50er Jahre zurückreichen
Informationen sind jedoch Kriterien für
Wie bereits dargelegt, ist großmaß-
und veraltet ist. Es kann daher sogar vor-
die Zuweisung von öffentlichen Geldern
stäbiges Kartenmaterial als Planungs-
kommen, daß ganze Siedlungen (sog.
oder für die Festlegung von Wahlbezir-
grundlage für die Dorfplanung nicht vor-
‘Sitios’) bisher nicht kartographisch er-
ken. Da die Vermessung von Grenz-
handen. Daher gilt es, Wege zu finden,
faßt sind. Bei der Erfassung der Infra-
verläufen recht hohe Ansprüche an die
um diese Planungsgrundlagen zu erstel-
struktur werden sog. ‘Barangay Halls’
räumliche Genauigkeit stellt, müssen die
len und sie unterstützend im Planungs-
(eine Art Mehrzweckgebäude, das für
GPS-Messungen differentiell korrigiert
prozeß einzusetzen.
Treffen verschiedener Art genutzt wird;
werden. Dadurch sind die Erhebungen
Da das PRA wegen der räumlichen Un-
jedes Dorf hat eine die Barangay Hall),
wesentlich aufwendiger als bei der Er-
genauigkeit der Ergebnisse nicht aus-
Schulen, Kindergärten, Einrichtungen
fassung der Infrastruktur.
reicht, um ein endgültiges Planungs-
für die Gesundheitsversorgung (Health
Ein weiteres Instrumentarium für das
dokument zu entwerfen, müssen weite-
Stations, Krankenhäuser), Kirchen,
Erstellen von Planungsgrundlagen ist die
re Methoden als Planungsinstrumente
Brücken, etc. mit einfachen GPS-Mes-
Auswertung von Fernerkundungsdaten.
neben dem PRA eingesetzt werden. Hier-
sungen aufgenommen. Die Agglomera-
Für Bondoc liegt eine panchromatische
für wurden von BDP folgende Metho-
tion bestimmter Infrastruktureinrichtun-
SPOT-Szene vor, die vor allem der Kar-
den und Technologien eingeführt:
gen indiziert eine Siedlung.
tierung von Straßen und Siedlungen
Weiterhin
Landbesitz-
dient. Allerdings konnten hierüber auch
verhältnisse (eine im Zuge der
die Zerstörung der Mangrovebestände
philippinischen Agrarreform außeror-
und die einhergehende Küstenabtragung
dentlich wichtige Information) und ad-
dokumentiert werden. Die Mangroven
ministrative Grenzen mittels GPS ver-
werden hier vor allem deshalb gerodet,
messen. DieAktualisierung von Gemein-
um die Flächen als Fischteiche nutzen
degrenzen ist ein besonderes Problem in
zu können.
Zusätzlich dienen vorhandene, von an-
den Philippinen. Da Änderungen von
Ein multispektrales Satellitenbild des
deren Institutionen erstellte Karten als
Grenzverläufen nicht immer bei den zu-
LANDSAT TM dient zudem der Klassi-
Ergänzung der Informationsgrundlagen.
ständigen Behörden gemeldet wurden
fizierung der aktuellen Landnutzung.
Bei diesen Karten handelt es sich ent-
bzw. diese keine angemessene Daten-
Statistische Grundlagendaten bzgl. De-
weder um Karten im Maßstab 1:250.000,
pflege durchführten, stammen die offi-
mographie, sozioökonomischer Situati-
um Karten, die bereits vor über 15 Jah-
ziellen ‘Boundary Maps’ teilweise noch
on, Probleme und Potentiale eines Dor-
ren erstellt wurden oder um Karten, die
aus den 30er Jahren. Die Berechnung
fes werden über die Befragung von
- Datenerhebungen mit dem Global Positioning System (GPS), - Auswertung von Fernerkundungsdaten, - Erstellung von „Dorfprofilen„ über die Befragung von Schlüsselpersonen und - die Verwaltung und Auswertung dieser Daten in einem Geographischen Informa tionssystem (GIS).
Verzerrungen und Ungenauigkeiten auf-
werden
Vision Map (from Participatory Rural Appraisal, 1999)
weisen. Ihr Nutzen für die Barangay-Pla-
Barangay Padre Herrera, Macalelon, Quezon Layers
nung ist daher stark eingeschränkt wes-
Mu n
halb sie lediglich zum Vergleich herangezogen werden können.
i ci p a li ty
Barangay of Macalelon
of L
ope
Main road
z
Brgy. Binagbag, Agdangan
Padre Herrera FSD Upland pilot areas
Erhebung von Planungsgrundlagen
Œ
Bevor die partizipativen Methoden in
¹ @
den Sitzungen mit der Bevölkerung ein-
Ð
River
¹
Legend
Farm to market road
X
Rural electrification
>
Pathway
¹
W
gesetzt werden (sogenannte „PlanungsWorkshops„), sind zunächst adäquate
KM
Anos
¹
Í
Planungsgrundlagen zu schaffen, die als
Als eine erste wichtige Planungsgrundlage wird die Infrastrukturgemarkung) mit GPS erfaßt, da Karten-
Lahing
Vista Hermosa
,5
1
D
Cartography: BDP Databank Team, Dec. 1999 Source: PRA Results, BDP-DIA, 1999
Tubigan Ilaya
Legend
Legend
Fishpond
Banana
Œ
Developed spring
@
Well
W
Public market
Coconut/banana
Woodland
d
Police post
X
Elementary school
¹
Jetmatic pump
Rice paddy
Pepper plantation
> W
Health center
Church
W
Vocational training center
Barangay hall
] Ð
5
Irrigation
Í
Dam
Coconut
ausstattung eines Barangays (Dorf-
0
W
Referenz für die eigentliche Planung dienen.
5
Abb. 3: Digitalisierte Vision Map als ‘Entwurfsplan’
Basketball court
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 17 Pacific Aug.
Schlüsselpersonen (z.B. den Barangay
Kombination
von
präzisen
karte. Die mit GPS vermessenen
Captain, ein gewählter Dorfchef, oder
Fernerkundungs- und GPS-Daten mit
Referenzpunkte dienen dabei als ‘Ori-
Gruppenführer von Genossenschaften
den kartographisch ungenauen aber in-
entierung’, da sie i. d. R. Infrastruktur-
etc.) ermittelt. So kann relativ rasch ein Profil von jedem Dorf erstellt werden,
haltlich wertvollen partizipativen Infor-
einrichtungen darstellen, die auch in den
mationen. Eine eigens hierfür entwickel-
PRA-Karten von der Bevölkerung ein-
um die jeweiligen Charakteristika zu
te Strategie (HAUB, 1998a, 1998b und
gezeichnet werden. So entstehen zwei
dokumentieren. Die Befragung wird für
1999), die Digital Sketch Method
Sketch Maps, die inhaltlich der Resource
jedes Dorf durchgeführt und anschlie-
(DSM), erlaubt es, beide Informations-
und der Vision Map entsprechen.
ßend in ein GIS eingegeben, um die sta-
arten für die Erstellung von Plänen zu
Diese Sketch Maps werden im letzten
tistischen Daten ‘zu verorten’ und räum-
verwenden und gleichzeitig die Pläne auf
Arbeitsschritt der DSM digitalisiert,
liche Sachverhalte und Disparitäten dar-
die nächst höhere administrative Ebene
wobei die bekannten Koordinatenpunkte
zustellen.
(die Municipality) zu projizieren.
als
Schließlich wird bestehendes Kartenma-
Mit der Digital Sketch Method werden
Digitalisierung dienen. Somit werden die
terial der Behörden, falls möglich und
die Resource und Vision Map digital im
Informationen der Resource und Vision
sinnvoll, in dem GIS erfaßt und ergän-
GIS erfaßt, um Analysen, Ergänzungen
Map verortet indem sie in eine Karte mit
zend ausgewertet. Hierbei ist es vor al-
und Korrekturen sowie Vergleiche mit
einer geodätischen Kartenprojektion
lem eine Karte bzgl. der Boden-
den anderen Planungsgrundlagen durch-
übertragen wird. Da sich alle im GIS
verhältnisse, die sich als nützlich erwies.
führen zu können. Resource und Vision
erfaßten Planungsgrundlagen auf diese
Weitere brauchbare Karten sind selten.
Map müssen zunächst in eine geodätisch
Projektion beziehen, sind nun auch die
Die so zusammengestellten Planungs-
genaue Karte transformiert werden, um
PRA-Karten mit diesen Daten vergleich-
grundlagen sind das erste Teilergebnis
diese dann digitalisieren zu können.
bar, etwa durch sogenannte „Overlay-
im Planungsprozeß. Sie werden im GIS
Dabei ist Voraussetzung, daß diese Kar-
Analysen„, weil sie lagegleich sind. So-
aufbereitet und zunächst als Referenz für
te den bereits digitalisierten Daten im
mit wurden aus dem „Entwurfsplan„ (der
die eigentliche Planung – also den PRA-
GIS genau entspricht, um Lücken oder
Vision Map) und der Resource Map di-
Workshop – bereitgestellt. Nach der
Überlappungen zu vermeiden. Hierfür
gitale Sketch Maps kompiliert.
Durchführung des partizipativen
wird mit dem GIS eine Orientierungs-
Basierend auf der Auswertung aller
Planungsworkshops werden die Daten
karte erstellt. Diese Orientierungskarte
Planungsgrundlagen werden nun Kor-
weiterhin für Analysen genutzt.
enthält die administrative Grenze der
rekturen und Ergänzungen am Entwurfs-
Dorfgemarkung auf die sich die jeweili-
plan vorgenommen um abschließend
Planerstellung
ge PRA-Karte bezieht, einige markante
eine kartographische Darstellung des
Nachdem die Planungsgrundlagen zu-
Punkte die als räumliche Referenz die-
Planes zu präsentieren, die räumlich ge-
sammengestellt sind erfolgt im zweiten
nen (zur „Orientierung„) und ca. 5 bis 8
nau ist und deren Inhalt von der lokalen
Schritt des Planungsprozeß‘ die
Punkte, deren geographische Koordina-
Bevölkerung mittels partizipativer Me-
partizipative Planung, um die Bedürfnis-
ten bekannt sind. Die Dorfgrenzen der
thoden erstellt wurde.
se der Bevölkerung zu identifizieren.
Orientierungskarte werden dem entspre-
Die Standardisierung der Dorfpläne ge-
Hierbei wird, neben verschiedenen PRA-
chenden Datenlayer aus dem GIS ent-
währleistet eine einfache Integration in
Dokumenten (u.a. die Resource Map),
nommen, wo sie bereits erfaßt sind. Die
die Planung der nächsten administrati-
das zweite wichtige Teilergebnis der Pla-
Orientierungspunkte sind in der Regel
ven Ebene, der Municipality. Mit dem
nung, die Vision Map als „Entwurfsplan„
mit GPS vermessene Infrastrukturein-
GIS können nun alle Dorfpläne
vorgelegt.
Kontrollpunkte
bei
der
richtungen wie Schulen, Brücken, Kir-
(Barangay-Pläne) einer Municipality in
des
chen etc.. Die geographischen Koordi-
einer Karte dargestellt werden. Diese
partizipativen Planungsworkshops aus-
naten sind willkürlich gewählte Punkte,
Karte wiederum stellt den „Entwurfsplan
zuwerten und in einem abschließenden
die gleichmäßig über das Kartenblatt der
für die Municipality dar, der ebenfalls
Planungsdokument zu präsentieren,
Orientierungskarte verteilt sind. Die
mit partizipativen Methoden verifiziert
müssen die Informationen wie alle an-
Koordinaten können im GIS abgelesen
bzw. korrigiert wird. Ohne die Verwen-
deren Planungsgrundlagen digital im
und mit einem Kreuz gekennzeichnet
dung eines GIS müßten diese Dorfpläne
GIS erfaßt werden. Dabei sind die
werden.
mit der Hand als Municipality-Plan zu-
Resource und die Vision Map von be-
Im nächsten Schritt der DSM erfolgt die
sammengestellt werden.
sonderer Bedeutung.
manuelle Übertragung der Resource und
Die hier vorgestellte Planungsmethode
Ein Schlüsselproblem hierbei ist die
der Vision Map in je eine Orientierungs-
gewährleistet eine erhebliche Arbeitser
Um
nun
die
Ergebnisse
S. 18 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
leichterung beim Erstellen von Plänen.
Entsprechende Trainingsmaßnahmen für
Haub, Olaf (1998b): Database Implementati-
Über die PRA-Methode wird die Parti-
die lokalen Planer sollen die entwickel-
on at BDP- and Municipality Level. Report of
zipation gewährleistet, und der Einsatz
ten Planungsabläufe zum nachhaltigen
a Consultancy for the Bondoc Development
moderner Technologien wie GPS und
Planungsinstrumentarium machen.
Program (GTZ). October 1998, Catanauan
Satellitendaten verbessern die Genauig-
(Philippines), Gießen.
Literatur
Haub, Olaf (1999): Application of Modern
Boguslawski, Michael v. (1998): Regional
Tools for Decentralized Planning. Report of a
the Database Implementation for RRAN.
Consultancy for the Bondoc Development
die gemeinsame Darstellung aller Pläne
Consultancy report on behalf of the United
Program (GTZ). May 1999, Catanauan
die Grundlage für die nächste höhere
Nations Development Program (UNDP). May
(Philippines), Giessen.
Planungsebene geliefert. Somit fließen
1998, Colombo/ Jaffna (Sri Lanka), Gießen.
Schönhuth, Michael und Kievelitz, Uwe
diese Informationen ‘von unten nach
Haub, Olaf (1998b): Database Implementati-
(1993): Partizipative Erhebungs- und Pla-
oben’ (bottom-up), womit der dezentra-
on at BDP- and Municipality Level. Report of
nungsmethoden in der Entwicklungs-
le Anspruch des Local Government
a Consultancy for the Bondoc Development
zusammenarbeit. Schriftenreihe der GTZ, Nr.
Code erfüllt wird.
Program (GTZ). October 1998, Catanauan
231, Universum Verlagsanstalt, Wiesbaden.
keit, die Zuverlässigkeit und die Aktualität der Pläne. Letztendlich wird durch
(Philippines), Gießen.
Olaf Haub [
[email protected]] ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geographischen Institut der Justus-Liebig Universität in Gießen und arbeitet an einer Promotion über die dezentrale Planung in den Philippinen. Davor freiberuflich als Berater für den Aufbau von geographischen Informationssystemen in Entwicklungshilfeprojekten (vorwiegend für die GTZ in den Philippinen und UNDP in Sri Lanka) tätig.
Webtipp Thailand Tourismus: http://www.tourismthailand.org/, http://home.t-online.de/home/suedostasien/start.htm, http://www.cttreisen.de/, http://www.asiatour.com/thailand/inhalt1.htm Touren-Planung: http://www.baanthai.com/zug.shtml, http://www.tourasia.net/bangkok_transport/ Bangkok: http://www.bangkok.com/, http://www.bangkoknet.com/guide.html, http://www.bangkok.news-letter.com/ Nord-Thailand: http://www.chiangmai-online.com/, http://welcome-to.chiangmai-chiangrai.com/ Süd-Thailand: http://www.amazingsamui.com/, http://www.phuket-travel.org/ Cambodia Tourismus: http://asiatours.net/cambodia/tours_ge.html Japan Infos: http://www.japanlink.de/, http://www.jinjapan.org/insight/index.html Botschaft: http://www.embjapan.de/ Onlineführer: http://www.japan-guide.com/d-index.hts Tokyo: http://www.pandemic.com/tokyo/; http://www.so-net.ne.jp/tokyoq/ Hotels: http://www.japanhotel.net/ Australia Infos: http://www.australien-info.de/ Northern Territories: http://www.taunet.net.au/banana/home.htm Sydney: http://www.sydney.com.au/ Alice Springs: http://www.octa4.net.au/alicemm/ · Aborigines: http://www.aboriginalaustralia.com.au/ Whale watching: http://www.sapphirecoast.com.au/whales/default.htm
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 19 Pacific Aug.
Urban planning in Singapore - An Interview with Mr. Liu Christina Delius Im Anschluß an den Aufsatz über den
Further, we have to define what is meant
residential floor area to satisfy the needs
‘öffentlichenWohnungsbau in Singapur’
by densely populated high-rise. A
and affordability of all Singaporeans
von Will Hammelrath in der letzten
densely developed housing estate does
now and in the long term future. For
PACIFIC NEWS (Nr.13) folgt nun ein
not necessarily have a high population
this reason, even though there may be
Interview mit einem der Chefplaner des
density. The dense appearance is a
ample undeveloped land in Singapore
öffentlichen Wohnungsbaus in Singapur,
function of plot ratio or floor area ratio,
now, we need to maintain a high plot
Liu Thai Ker. Das Interview wurde von
and to a lesser extent, of building height.
ratio of public housing development in
der Hamburger Stadtplanerin Christina
But population density is a function of
order to leave ample space for future
Delius via E-Mail mit Herrn Lui geführt
not only plot ratio, but also the floor area
generations and yet maintain a high
und erschien erstmals in der Nummer 63
occupied per person, which in turn is a
standard of housing.
von INTERPLAN, dem Newsletter der
function of family size and apartment
International Division der American
size. The smaller the family size, or the
Transportation
Planning Association (APA). Wir geben
larger the apartment size, the lower the
Question: Singapore has a good public
das Interview mit freundlicher Geneh-
population density.
transportation network, which obviously
migung der APA hier in leicht gekürzter
As to population density, it averages out
helps to keep the use of private cars
Form wieder. Informationen zur Inter-
to 760 persons per ha, which is definitely
down. But furthermore the Singaporean
national Division derAPA finden sich im
moderate, compared to over 1,500
government has actively discouraged
Internet
Adresse:
person per ha in Hong Kong. In
car ownership, for example through
www.interplan.org; zur APA unter
Singapore, the average household size
road pricing. Could you explain this a
www.planning.org.
is 3.7 persons now and the majority of
little further and give some other
apartment type is the 4-room apartment
examples?
with a net floor area 90m2 . That works
Answer: The Singapore government is
unter
der
Interview questions
2
Housing
out to be 24m per person. So although
very committed to keeping traffic
the plot ratio is moderately high, the
flowing. This minimizes travel time for
Singapore’s
overall floor area occupied per person is
motorists and goods, and ensures that
population lives in New Towns planned
very high, therefore the person per
emergency services reach their
and built by the HDB, which consist
hectare density is relatively low. What
destinations in good time. To do so, the
largely of very densely populated high-
it means is that Singaporeans can enjoy
government has taken a 3-pronged
rise towers. In recent years the strategy
large apartments despite shortage of
approach.
has been to diversify the architecture,
land.
First, good public transportation system.
and also to build less high-rise and more
A word or two more on our apartment
This includes a good taxi service plus a
medium height buildings. Mr Liu, as
sizes. These have evolved over the last
comprehensive mass rail transit system
former Chief Executive Officer of the
four decades, reflecting rapid economic
supplemented by buses and, more
HDB, can you explain why this decision
development and higher affordability
recently, by the light rail transit system.
was made?
among the people. In the last 5 years,
The first LRT will be commissioned in
Answer: Given the small land area of
the government, in anticipation of a
Nov 1999.
Question:
Most
of
2
648km , and projected large population
larger population size than earlier
Second, continuous improvement of
size, over 4.5 million people, Singapore
planned, has found it necessary to
road network through the construction
has no choice but to go for high-rise, high
increase the plot ratio and building
of new roads, widening of roads where
density public housing, if we are serious
height.
possible, and a few tunnels in congested
about providing good housing for every
The government does not arbitrarily
areas.
citizen. There is no known attempt by
increase or decrease building height and
But these measures to improve
the government to go for medium-rise
density. Plot ratios are set to make sure
transportation do not automatically
public housing.
that there is enough land to build enough
reduce traffic in the central area of
S. 20 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
is widespread, with frequent services, comfortable and highly reliable, has gone a
long
way
towards
helping
Singaporeans accept the measures to minimize car ownership and discourage car usage in congested areas. The government is likely to continue to improve
the
availability
and
attractiveness of public transportation as well as to build new roads, expressways and tunnels according to the master plan. Despite all these measures, vehicle ownership continues to rise, from 0.154 vehicles per person in 1980 to 0.176 in 1997. If the traffic volume on roads continues to increase, probably further Singapore. As a third approach, the
Electronic Road Pricing System (ERP)
government has found it necessary to
was thus formally introduced in April 98.
introduce measures to discourage car
This system has the ability to vary the
ownership as well as car usage in the
charges based on vehicle type, location
congested CBD and on heavily traveled
and time of day. The objective is to shift
roads.
the emphasis from vehicle ownership
For example, government
requirements for car parking provision
taxes to usage-based cost.
for buildings in the CBD is lower than
There are other measures to help mana-
those in the outer regions. Car parking
ge car ownership as well as car usage in
charges can be set by car park operators
general. Through taxes and a vehicle
to truly reflect market demand and serve
quota system (VQS) the vehicle
as a deterrent to driving into the CBD.
population is regulated in a manner that
The Area Licensing Scheme (ALS) was
is equitable, controls traffic congestion
introduced in 1975 to discourage traffic
and maintains overall revenue neutrality
entering the CBD during morning peak
for the government.
hours. The system required a license,
The COE is the heart of the Vehicle
costing S$3.00 (1) initially and later
Quota System (VQS) which regulates
S$4.00, displayed on the windscreen
the growth of vehicle population, that
when a passenger car carrying fewer than
takes into consideration existing road
4 persons entered the CBD during peak
capacity, traffic conditions and the
hours. In 1989, the scheme was modified
number of vehicles that will be scrapped
to include all vehicles except emergency
for the year. The COE is essentially the
vehicles and public buses. The hours
right to own a vehicle. All vehicles have
were extended to alleviate the evening
an entitlement for ten years from the date
peak hours. Later, the system was ex-
of registration.
tended from 7.30 am to 7.00 pm on
As an incentive to replace old cars, the
weekdays and 7.30 am to 2.00 pm on
Preferential Additional Registration Fee
Saturdays to even out traffic flow in the
(PARF) scheme was introduced in 1975.
city throughout the day. The cost of the
If a vehicle owner replaces his vehicle
license was also adjusted. However,
before it reaches 10 years old, he can
purchase of the license was cumbersome
enjoy the benefits of PARF when he
and was inflexible for fine-tuning
registers a new vehicle.
charges according to usage.
The fact that the public transport system
The
new measures would be introduced in order to maintain traffic flow. Singapore is a city planned with mass transit in mind. Mass transit lines run along high density population corridors. Rights of way for future rail lines have been reserved. Therefore, the capital cost, not having to pay for high land prices, can be kept low. The operation cost for rail and buses can be selfsufficient. Singapore’s Future Question: Singapore has the image of being clean and green – but also of being very controlled and maybe a little boring. In your contribution to Ooi Giok Ling and Kenson Kwok’s book titled ‘City and The State’, you mention some efforts to „enrich the personality of the city“. Can you describe this approach? What are your projections for Singapore in the future? What will the city look like in 2030? Answer: The image of Singapore as a boring city is a thing of the past. It is true that through the 60’s, 70’s and as late as the ‘80s, many people considered Singapore to be too clinical. However, after the mid-80s these comments suddenly disappeared. In the 90s, visitors would go as far as describing Singapore as an exciting place to visit – a place full of energy and activities.
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 21 Pacific Aug.
There are several reasons for the
essentially remain except that there will
development. However the same cannot
transformation. By mid-80s, Singapore
be more light rail lines to complement
be said of the quality of urban and even
already had about 25 years of solid ur-
the main systems. The clean and green
rural environment in China.
ban development. In the early days, we
quality will remain, except that trees will
many cities seem to have their master
invested heavily in infrastructure – on
be 30 years more mature and majestic.
plans, few, if any, will have workable
things underground, or ports and power
The number of buildings and density of
master plans. Even if there is a workable
stations outside the city, or the road and
the city will increase. Collectively, they
master plan, the decision making process
rail network. Even the buildings had to
demand even greater skill to manage –
in these cities is confusing and tends to
be built with low budgets. In the 80s,
to strike a comfortable balance between
undermine any good plan. Many people
there was spare capacity for more
solid and void, buildings and spaces.
in the government have their say on how
investments above ground, with greater
Certain main streets will be studied in
a
refinement. We could afford to invest in
detail
upgrading,
Developments are often completed
more attractive buildings, public squares,
environmentally, architecturally and
before planning and architectural designs
parks, footpaths and street furniture. On
commercially.
The quality of
are finalised. With few exceptions, Chi-
top of that, with Singapore as a whole
architecture will be of international
nese cities suffer from serious air and
becoming more affluent, there has been
standard in terms of quality of
water pollution, traffic congestion, ugly
increasing enthusiasm and greater need
construction and aesthetic appeal. But,
urbanscape
for arts and culture. That has helped
we are not in the race of vying for taller
environment, particularly for the young
generate more creative human activities
buildings. There will be more cultural
and old. In their quest for uniqueness
and artistic embellishment of public
buildings and urban squares. Footpaths
and variety of building design, these
spaces around the city. Considering that
will become more of an extension of
buildings not only destroy the unity of
it has taken charming European cities
living spaces than a means for pedestrian
urbanscape but also they themselves look
centuries to be where they are, Singapore
traffic. The unique personality of the city
like urban architectural caricatures.
is progressing quite well in the last 34
will become more pronounced, with
There is a great and urgent need to
years.
greater emphasis to highlight its tropical
address the urban problems in China
Urban development is more than a three
and Asian flavour. Existing historical
before they become too difficult and
dimensional exercise. It needs the time
buildings will mostly remain and
costly to rectify.
dimension. When we planned the city,
probably go through another few rounds
The interview was conducted by email.
we were not in a hurry to be interesting.
of renovation to become even more
9 November 1999
We wanted the infrastructure to be done
authentic. Streets will be lined with more
(1) S$ 1 currently is equivalent to about
right, and the urbanscape to be orderly,
varied and good quality street furniture.
US$ 0.50. (C. Delius)
harmonious and user-friendly. We
Singapore River and the downtown
believed that, these would provide a
water courses will be bustling with
Further reading
handsome urban stage for a more
pleasure crafts to reinforce the fact that
Ooi Giok Ling, Kenson Kwok (ed.)
creative urban drama to slowly take
Singapore is an island-city-nation.
1997: ‘City and The State - Singapore’s
for
overall
place. If we had been impatient, or
city
should
be
and
an
While
developed.
unfriendly
Built Environment Revisited’, Institute
overly concerned with criticisms by
Other Places
outsiders, we would have created an
Question:
artificially varied environment with no
experiences in China, where you are
Ooi Kiok Ling (ed.) 1995: ‘Environment
aesthetic depth. Singapore would have
involved as an adviser, how do you see
and the City’, Institute of Policy Studies,
become a theme park rather than a real
the urban landscape changing there?
Times Academic Press, Singapore
city.
Answer:
Martin Perry, Lily Kong, Brenda Yeoh
As to the future of Singapore, I believe
modernisation of China is associated
(ed.)
that the basic form of the city is quite
mainly with economic and technological
Developmental City State’, John Wiley
set. The road and rail networks will
progress as well as some cultural
& Sons, Chichester, UK,
of Policy Studies, Oxford University Drawing
The
from
miracle
of
your
the
Press, Singapore
1997:
‘Singapore -
A
Christina Delius has recently completed her Master of Science in Urban Planning at the Universitaet Kassel, Germany. From 1998 to 1999 she was a scholarship student at Columbia University’s Graduate School of Architecture, Planning and Preservation in New York.
S. 22 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
Forschen in Südostasien – Ein Erfahrungsbericht Harald Leisch Forschen in Südostasien macht Spaß.
Menschen öffnen. Der „private“ Weg ist
lerdings in den meisten Fällen angesagt,
Forschen in Südostasien frustriert. Bei-
ohnehin der beste, um an irgendeine In-
vor allem bei Behörden aber auch an
de Sätze haben durchaus ihre Gültigkeit.
formation oder Unterstützung heranzu-
staatlichen Universitäten. Eine Privat-
Ob der Spaß oder der Frust dominiert
kommen. Haben einen die Menschen
universität reagiert häufig sehr viel fle-
hängt vor allem vom Forscher selber ab,
dort erst einmal in ihr Herz geschlossen,
xibler. So konnte der Autor an einer in-
von seinem Verhalten gegenüber den
ist die Hilfe meist sehr groß. Die mei-
donesischen Privatuniversität, wenige
Einheimischen und seiner Geduld. Der
sten helfen übrigens viel lieber, wenn sie
Stunden nach dem ersten Gespräch mit
Spruch: „Bescheidenheit ist eine Zier,
wissen, dass das was man tut, der eige-
dem Rektor, das eigentlich nur der Vor-
doch weiter kommst du ohne ihr“, trifft
nen Karriere dient, z.B. in Form einer
stellung diente, sein eigenes Büro bezie-
in Südostasien eher nicht zu. Allzu stark
Promotion oder Habilitation. Dann weiß
hen, das ihm für zwei Jahre zur Verfü-
ausgeprägtes Selbstbewusstsein wird
man, dass man diesem Menschen, der
gung gestellt wurde, obwohl nie eine
von den Einheimischen eher als unan-
vor einem steht direkt und persönlich
solche Bitte geäußert wurde und die
genehm empfunden. Dominantes Auftre-
hilft. Wer glaubt, mit einem (letztlich
Gastdozentenräume belegt waren. Inner-
ten (u.a. lautes Sprechen) führt auf der
anonymen) Riesenprojekt protzen zu
halb weniger Tage mobilisierten Pro-
Gegenseite zu Unsicherheit, die für eine
müssen, wird deshalb oft weniger Erfolg
Rektor und Dekan Studierende für die
Zusammenarbeit alles andere als frucht-
haben, es sei denn, es geht dabei um sehr
Mitarbeit am Forschungsprojekt. Bei
bar ist. Einfühlungsvermögen und Ver-
viel Geld, von dem auch den einheimi-
solchen Gelegenheiten fragt man sich,
ständnis für die andere Kultur, Religion
schen Beteiligten etwas zugute kommt,
wie es einem ausländischen Wissen-
etc. sind unabdingbare Voraussetzungen
in Form von Mitarbeiterstellen o.ä.
schaftler, der ohne große Voranmeldung
für erfolgreiche Forschung. Es kommt
Auch wenn die äußeren Rahmenbedin-
an einer deutschen Universität auftaucht,
nicht selten vor, dass die Kolleginnen
gungen stimmen, ist dies noch keine
wohl ergehen würde. Vermutlich hätte
und Kollegen zunächst viel weniger an
Garantie für erfolgreiches Arbeiten vor
die Raumkommission den Antrag auf
der Forschung interessiert sind, sondern
Ort. Hier sollen keine Vorurteile geschürt
einen zusätzlichen Büroraum binnen ei-
erst einmal wissen wollen, ob man ver-
werden, dennoch zeigt sich meist, dass
nes halben Jahres abschließend behan-
heiratet ist, Kinder hat, wie viele, war-
die Zusammenarbeit vor allem dann
delt. Aber es kann eben auch anders lau-
um nicht, wie alt man ist und andere
funktioniert, wenn die Einheimischen
fen. Stundenlanges Warten trotz eines
Dinge mehr. Dieses persönliche „Be-
einen eigenen Vorteil darin sehen. Eine
Gesprächstermines kann zumindest in
schnuppern“ ist einer besseren Zusam-
Eigenschaft, die in Deutschland übrigens
den Großstädten stets leicht mit der ver-
menarbeit durchaus dienlich, wenngleich
auch nicht unbekannt ist. Dabei gilt ein
heerenden Verkehrssituation entschul-
für einen Deutschen doch eher unge-
Vorteil für eine Behörde, ein Institut, die
digt werden. Der indonesischeAusdruck
wöhnlich und vielleicht zu persönlich.
Uni oder gar die Gesellschaft oder das
jam karet (Gummizeit) beschreibt sehr
Es sollte allerdings nicht so weit gehen,
Land für den Einzelnen nicht als beson-
anschaulich den allgemeinen Umgang
dass man die eigene Kultur ganz vergisst.
ders erstrebenswert. Das eigene Fort-
mit Zeit und Terminen. Da fleht so man-
Bei aller Rücksicht auf landestypische
kommen steht natürlich im Vordergrund.
cher: „Herr, gib mir Geduld – aber bald!“
Umgangsformen, Höflichkeiten etc. darf
Es bietet sich also an, sein eigenes Vor-
Es hilft nichts, für ein mürrisches Ge-
und sollte man doch Deutscher bleiben.
haben geschickt zu verkaufen, nach dem
sicht wird man kein Verständnis finden;
Hoch angerechnet wird jede Kleinigkeit,
Motto: „Da hast du dann auch etwas
erwartet wird eher ein entschuldigendes
die beweist, dass man sich über die For-
davon.“ Ansonsten bleibt es oft bei lee-
Lächeln. Dieses Zeitverständnis kann
schung hinaus mit dem Land auseinan-
ren Versprechungen.Aber wie immer gilt
aber auch für den deutschen Forscher
dersetzt, sich dafür interessiert. Vor al-
auch hier: Es hängt stets von der einzel-
von Vorteil sein, wenn er beispielsweise
lem Sprachkenntnisse, und seien sie
nen Person ab. Jeder weiß, dass in einer
vom Monsunregen überrascht wird und
noch so bescheiden, öffnen Türen. Man
deutschen Amtsstube alles und nichts
selbst die Straße nicht überqueren kann,
liest es in jedem Reiseführer und es
möglich ist, je nachdem wer drin sitzt.
ohne bis auf die Haut nass zu werden.
stimmt: Mit wenigen Sätzen in der Lan-
So ist es auch in Südostasien, vielleicht
In einem solchen Fall wäre klar, dass das
dessprache kann man die Herzen der
aber etwas ausgeprägter. Geduld ist al-
Gespräch erst nach dem Regen beginnt.
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000- S. 23 Pacific Aug.
Das Klima als solches muss ohnehin –
gut. Es ist in der Regel sehr leicht, per
man sich „legitimieren“ kann, sei es von
da kaum veränderlich – akzeptiert wer-
Telefonanruf oder vorausgeschicktem
der eigenen Universität oder einer Uni-
den. Im Gegensatz zu den Europäern
Fax mit Kurzerläuterung einen Ge-
versität oder Behörde im Aufenthalts-
flüchten die Menschen in Asien eher vor
sprächstermin zu bekommen. Auch hier
land. Die Deutschen Botschaften und der
der Sonne. Es gibt den Spruch, dass nur
gilt dann aber: Je geringer die Erwar-
DAAD geben im übrigen auch in sol-
verrückte Hunde und Europäer in tropi-
tungshaltung ist desto geringer die Ent-
chen Angelegenheiten gerne Hilfestel-
schen Ländern mittags durch die Stra-
täuschung. Auf einen kritischen Aus-
lung. Lediglich in Malaysia ist es dem
ßen laufen. Bei Terminen außerhalb der
tausch sollte man jedenfalls nicht zu sehr
Autor widerfahren, dass eine Sekretärin
durch Klimaanlagen auf Kühlschrank-
hoffen. Die asiatische Höflichkeit, lässt
in einem Ministerium es abgelehnt hat,
temperatur gehaltenen Büros sollte man
wirkliche Kritik kaum zu, was dann für
einen Gesprächstermin mit ihrem Chef
diesen Umstand beachten.
beide Seiten gilt. Wer mit seiner For-
zu vereinbaren, weil keine Forschungs-
Es gibt auch immer noch Länder, in de-
schung Negatives aufdeckt oder aufzu-
genehmigung vorlag. „Nicht eine Infor-
nen „vertrauensbildende Maßnahmen“
decken gedenkt, sollte sich sicher sein,
mation oder Zahl werden Sie ohne die
in Form von Banknoten – auch „nützli-
alles was er braucht vor der ersten ent-
Genehmigung bekommen“, meinte die
che Projektausgaben“ genannt – außer-
sprechenden Veröffentlichung oder an-
auf den Vorschriften bestehende Dame.
ordentlich hilfreich sein können. Dann
ders geäußerten Kritik zusammen zu
Dass man allerdings selbst in Malaysia
ist sogar häufig mehr möglich als in Län-
haben.
ohne jegliche Genehmigung im Natio-
dern, in denen dieses Verfahren weniger
Forschungsgenehmigungen soll es in
nal Statistical Office oder den Verkaufs-
Anwendung findet. In Vietnam kann
den meisten Ländern auch geben. Zu-
büros der Ministerien alles Wichtige er-
man mit etwas Großzügigkeit jedenfalls
mindest kann und sollte man sie eigent-
werben kann, war ihr wohl nicht be-
viel erreichen. Wer dies allerdings von
lich beantragen. Ob man sie jemals be-
kannt. Und inzwischen setzt sich das
Indonesien, dass wegen seiner Korrup-
kommt, steht auf einem anderen Blatt.
Angebot an wissenschaftlich verwertba-
tion berüchtigt ist, erwartet, der irrt. Dort
Doch wer nicht gerade mit schwerem
rem Material im Internet ohnehin über
wird einem eher noch etwas geschenkt,
Gerät ins Gelände zieht, braucht sich
alle
zumindest seit der politischen Wende.
darum kaum Sorgen zu machen. Es wird
genehmigungen hinweg.
Der politische Umbruch in Indonesien
wohl niemand danach fragen. Die DFG
Das Beispiel zeigt, es können immer
hat die Forschung ohnehin sehr erleich-
besteht bei den von ihnen geförderten
wieder ungeahnte Hürden auftauchen,
tert. Niemand weiß so recht wie weit die
Projekten jedoch auf einer Forschungs-
über die man aber letztlich doch nicht
neue Offenheit gehen soll; und so gibt
genehmigung oder aber einem Nach-
stolpern muss. Man sollte nie nach dem
man inzwischen eher etwas mehr heraus
weis, dass das Projekt auch ohne eine
ersten fehlgeschlagenen Versuch aufge-
als zu wenig. Grundsätzlich sind die Ar-
solche durchgeführt werden kann. Hilf-
ben. Jeder ist seines Glückes Schmied,
beitsbedingungen dort, wie auch in Ma-
reich ist allerdings immer irgendein of-
und: Forschen in Südostasien macht
laysia und Thailand überwiegend sehr
fiziell wirkendes Schreiben, mit dem
Spaß!
Grenzen
und
Forschungs-
Dr. Harald Leisch [
[email protected]] ist zur Zeit Habilitationsstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Geographischen Institut der Universität Bonn und forscht seit 1992 in Südostasien.
S. 24 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
G L O SS E
Die Südsee – Wer zählt das Paradies? Anmerkungen zur statistischen Aufbereitung der Pazifischen Inselwelt Tobias Reeh Der Aufbau einer eigenen „statistischen Datenbank“ ist für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Pazifischen Inselwelt ein unumgängliches Muss: Eine Aufgabe, die zahlreiche Probleme, Überraschungen und Besonderheiten für den Bearbeiter bereithält. Aller Anfang ist schwer
denjenigen Kulturraum, der durch die
der hinsichtlich ihres statistischen An-
James Cook (1728-1779) sorgte mit sei-
traditionellen „ozeanischen“ Bevölke-
gebots in vier Klassen kategorisieren.
nen Entdeckungsfahrten für den Beginn
rungsgruppen der Melanesier, Mikrone-
der Vorstellungen vom Südseeparadies.
sier und Polynesier grundgelegt ist. So
Auch sein gewaltsamer Tod im vermeint-
berauscht von der wohlfeilen Formulie-
lichen Garten Eden brachte diesen As-
rung – aber irgendwie auch nicht schlau-
soziationen keinen Abbruch. Ein „neuer
er als vorher - stürzt man sich dann in
Raum“ war geboren und mit ihm das
die nächsten Schwierigkeiten: Karto-
geographische Bestreben, ihn auszu-
graphische Hürden müssen überwunden
leuchten.
werden, denn dem riesigen Ausmaße der
Doch was ist die pazifische Inselwelt
Region (181,34 Mio. Quadratkilometer)
überhaupt und was zählt nun genau zu
steht die winzige Ausdehnung von
dieser vermeintlichen „riesigen Wasser-
Mikrostaaten gegenüber (z.B. Nauru mit
wüste“? Die vielfältigstenAbgrenzungs-
21 Quadratkilometern). Schnell ist ein
kriterien werden hierzu in der Literatur
kleines Atoll, was unter Umständen ei-
herangezogen:
Geomorphologie,
nem ganzen Staat gleichkommen kann,
Klimatologie, Botanik oder etwa auch
kartographischer Generalisierung zum
kulturelle Aspekte. Dieser Vielfalt steht
Opfer gefallen.
die Auswahl der verwendeten Bezeich-
· Zum ersten die Länder, die sich in politischer Abhängigkeit befinden und von ihrem „Mutterland“ fürsorglich statistisch betreut werden. Die Fortführung der traditionsreichen „kolonialen Administratur“ sorgt für die Aufnahme von Zahlenmaterial. Die USA legen hierbei besonders großen Wert auf die statistische Aufbereitung (z.B. Guam). · Dann gibt es diejenigen Gebiete, die sich ebenfalls noch immer in politischer Abhängigkeit befinden, deren Behandlung jedoch eher etwas stiefmütterlich ist. Es lassen sich nur wenig Investitionen in den Aufbau von modernen Verwaltungsstrukturen feststellen bzw. aufgrund von schwierigen politischen Situationen wird Zahlenmaterial bewusst nicht herausgegeben. So etwa aus naheliegenden Gründen bei der indonesischen Provinz Irian Jaya (West Papua). · Die dritte Klasse sind die bereits seit längerer Zeit unabhängigen Inselstaaten, deren Territorium über Atoll-Größe hinaus geht. Die dortigen Statistiker erzeugen teilweise Übersichten, die sich sehen lassen können (z.B. Vanuatu).
nungen in nichts nach: pazifischer Raum,
Mit wem man es zu tun hat...
Ozeanien, Südpazifik, südpazifischer
Nach erfolgreicher Vorarbeit kann sich
Inselraum usw. Doch gerade diese Irri-
der Geograph auf die Suche nach der
tationen bereits auf der Makroebene sind
„Heiligen Zahl“ begeben. Schnell ist er-
es, die einen Geographen zur Höchst-
kannt, dass die statistischen Jahrbücher
form auflaufen lassen. Die theoretischen
wie man sie etwa von den „Zahlmei-
Barrieren und Unklarheiten sind folglich
stern“ aus Wiesbaden kennt, hier nicht
schnell überwunden, denn im Rückgriff
als Maßstab dienen können. Die vielen
...und wie man zu seinen Daten
auf die einschlägige Literatur (z.B. KOLB
Territorien und Staaten (insgesamt 25 –
kommt
1984, K OLB , JASCHKE 1986, KREISEL
aber ganz sicher ist man sich da nie) mit
Hinsichtlich der Kontaktaufnahme mit
1991) lässt sich eine Definition
ihren z.T. gänzlich unterschiedlichen
den behördlichen Einrichtungen vor Ort
zusammenbasteln: „Die pazifische Insel-
hoheitlichen Ausprägungen (von A wie
bzw.
welt soll in diesem Zusammenhang be-
American Samoa als „unorganized
vertretungen soll angemerkt werden,
griffen werden als ein Teil des „pazifi-
unincorporated territory“ über N wie
dass man einiges an Zeit, Geduld aber
schen Raumes“. Hierunter versteht man
Neukaledonien als „territoire d´outre-
auch Nerven investieren muss, da sie
einerseits die gewaltige, inseldurchsetzte
mer“ bis zum W wie West Samoa, das
insbesondere durch Probleme techni-
Wasserfläche des Pazifischen Ozeans
seit 1962 unabhängig ist) weisen große
scher Natur erschwert ist. Frustriert von
und andererseits den „pazifischen Rand-
Unterschiede hinsichtlich der Quantität
stundenlangen Faxorgien und endlosen
saum“ der angrenzenden Kontinente.
und Qualität ihres publizierten Daten-
Warteschleifen mit Musik, die von Bach
Die pazifische Inselwelt umfasst hierbei
materials auf. Grob lassen sich die Län-
bis zum „Telekom-Bitte-warten-Sie-
· Die letzte Klasse bilden die pazifischen Zwergstaaten, in denen statistische Erhebungen nur eine untergeordnete Rolle spielen wie etwa auf Tuvalu oder Nauru.
den
zuständigen
Länder-
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 25 Pacific Aug.
Rap“ reichen, bleibt dem genervten Geo-
bekommt man von vermeintlich statisti-
graphen ein erfrischendes Bad in der
schen Einrichtungen auch schon mal
Datenflut des Internets als Alternative,
Broschüren über Tauchkurse und
um die aufbrausenden Wogen seiner for-
Hotelownerships geschickt, obwohl in
schenden Gemütswelt durch diese Seg-
der Anfrage nichts von Urlaub und
nung des Informationszeitalters glätten
Investmentmöglichkeiten stand. Grund-
zu lassen. Doch recht schnell zeigt sich,
sätzlich empfiehl es sich, Sprachlexika
dass auch in diesem Medium die Recher-
in Griffweite zu haben, denn die Freude
che recht viel Zeit in Anspruch nehmen
über die endlich eingetroffene Post oder
kann. Insgesamt reicht die Angebots-
das völlig unleserliche Fax könnte sich
panne von Homepages von Privatleuten,
ansonsten schnell trüben.
die es sich offenbar zur Aufgabe gemacht
Die Übersichten reichen also von „lük-
haben, dass z.T. fehlende Angebot von
kenhaften Rohdaten“ bis zur „akribi-
öffentlicher Seite durch privates Enga-
schen Erbsenzählerei“. Während man bei
gement zu kompensieren, bis hin zu
einem Territorium keine genauen Ein-
Daten von NGO´s, Immobilien- und
wohnerzahlen findet (z. B. West Papua),
Touristikunternehmen. Umfangreiche
weiß man in anderen Regionen, wie viele
Informationen erhält man aber auch über
Menschen das Schicksal des Marlboro-
die
Man alljährlich teilen (z. B. Hawaii).
Seiten
des
CIA
(http://
w w w. o d c i . g o v / c i a / p u b l i c a t i o n s /
Aufgrund
factbook/index.html), die einen anspre-
„Entwicklungsunterschiede“ führt das
chenden Länderkatalog zusammenge-
eine Land etwa die Häuser mit Wasser-
stellt haben. Trotz der großen Versuchun-
und Stromanschluss auf, während das
gen angesichts der vielen Quellen im
andere seinen prozentualen Anteil an der
Internet sollte sich das Gewissen des
Weltproduktion der Elektronik-Branche
Forschers rühren, will er Aspekte wie die
angibt. Hierbei stehen Rohdaten
Validität und die Reliabilität des Mate-
hochaggregierten Einheiten, von denen
rials nicht gänzlich ausblenden. Bei den
man häufig nur erahnen kann, was sich
Sekundärquellen kommt man natürlich
dahinter verbirgt, gegenüber. Nicht im-
nicht umhin, sich an Einrichtungen wie
mer nachvollziehbar ist auch dieAuftei-
etwa die WHO, WTO oder die Weltbank
lung in die einzelnen Wirtschaftsektoren:
zu wenden. Neuere Zahlen findet man
Unklare Zuordnungen, die einen ange-
auch vereinzelt in Zeitungs- und
strebten Ländervergleich zusätzlich er-
Zeitschriftenartikeln.
schweren.Als echte geographische Her-
der
erheblichen
ausforderung ergibt sich in diesem ZuEs ist nicht alles Gold was glänzt!
sammenhang etwa die Frage, wie der
Bei dem so mühsam zusammengetrage-
Staat zwischen urbanen und ruralem
nen Material handelt es sich dann um
Raum trennt – eine Frage, derenAntwort
einen „farbenfrohen statistischen Waren-
häufig im Dunkel bleiben muss. An vie-
korb“. Hochglanzprospekte konkurrie-
len Stellen verspricht nur noch der be-
ren hierbei mit handgemalten Tabellen
herzte Griff zum Taschenrechner Erfolg.
um die Gunst des Lesers. Hier und da
Dann gilt es beispielsweise zu bestim-
men, wie viel der pazifische Franc 1988 wert war (die Auslandsabteilungen der ortsansässigen Kreditinstitute kennen mittlerweile das Geographische Institut) oder die Bevölkerungsdichte auszurechen. Schwierig insbesondere dann, wenn man hierzu verschiedene Ländergrößen vorliegen hat. Nicht selten rechnen die Territorien nämlich die Seefläche, deren Ausmaß auch noch stets umstritten ist, zu ihrer Ländfläche hinzu. Gegenrechnen bietet sich also an Aha-Effekte inklusive. Für Fortgeschrittene ist die Beschäftigung mit den z.T. doch recht ominösen Fortschreibungen und Schätzungen aller Art ein interessantes Aufgabenfeld. Trotz aller Anstrengungen kommt es unweigerlich zur Dominanz von Einzelangaben, der Mut zur Lücke in den Zahlenreihen wird eine typische Charaktereigenschaft des Bearbeiters. Um so schöner ist es dann, wenn man eine Lücke schließen kann, ohne den Pfad der wissenschaftlichen Tugend zu verlassen. Das Auffinden einer lang und verzweifelt gesuchten Angabe erscheint wie eine gelungene Theaterpremiere. Es muss nur am Rande erwähnt werden, dass sobald einige gesicherte Erkenntnisse zusammengetragen sind, Professoren, Doktoren und anderes Volk in Scharen wie die Motten zum Licht kommen, um die Früchte der mühsamen Arbeit zu ernten. Typisch!
Tobias Reeh ist studentische Hilfskraft in der unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Werner Kreisel stehenden Abteilung der Kultur- und Sozialgeographie der Georg-August-Universität Göttingen. Der pazifische Raum ist ein Forschungsschwerpunkt dieser Einrichtung.
S. 26 - P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 Pacific Aug.
Globalisierung - Regionalisierung - Fragmentierung: Neue Kontexte für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Ost- und Südostasien
Anja Osiander Zum zweiten Mal fand vom 8.-11. Mai
dem Blickwinkel anderer Fachrichtun-
tierung? Was meinen wir, wenn wir da-
dieses Jahres im Ost-West-Kolleg in
gen heraus neue Aspekte und Fragestel-
von sprechen? Mit dieser Ausgangsfrage
Brühl bei Köln eine Tagung zu Ost- und
lungen einbringen können. Nicht zuletzt
konfrontierte Carsten Herrmann-Pillath
Südostasien statt, die speziell als Forum
gewinnen die jungen Forschenden auch
(Witten/Herdecke) in einem didaktisch
für junge Experten und Expertinnen zu
einen Eindruck davon, wie breit das
gelungenen und theoretisch anregenden
diesen Regionen konzipiert ist. Die Idee
Spektrum asienbezogener Forschung
Eröffnungsvortrag die Runde der Teil-
dazu geht auf eine Initiative des Bundes-
jenseits des eigenen Lehrstuhls, Instituts
nehmenden und wies darauf hin, dass aus
instituts für ostwissenschaftliche und
oder Fachbereichs ist. Kurz: Die Nach-
ökonomischer Sicht die Zunahme inter-
internationale Studien (BIOst) zurück.
wuchstagungen in Brühl wirken
nationaler wirtschaftlicher Verflechtun-
Eine ähnliche Veranstaltung findet schon
horizonterweiternd.
gen allein noch kein historisches Novum
länger zu Osteuropa statt. Wie schon im
Der horizonterweiternde Effekt ist nicht
darstelle. Sie wirke nur neu vor dem
vergangenen Jahr wurde die Tagung von
zuletzt auf die Art und Weise zurückzu-
Hintergrund der Erfahrungen aus den
den China- bzw. Ostasien-Referenten des
führen, wie der Ablauf der Tagungen in
Jahrzehnten nach 1945, einer Periode,
BIOst und des Ost-West-Kollegs der
Brühl gestaltet ist. Jeweils drei Vorträge
in der sich die internationalen Beziehun-
Bundeszentrale für politische Bildung,
werden in einem Panel präsentiert. Die
gen ungewöhnlich fragmentiert entwik-
Gudrun Wacker und Christoph Müller-
Panels sind so zusammengestellt, dass
kelt hätten. Zudem lassen die herkömm-
Hofstede, konzipiert und vorbereitet.
sie unter einem gemeinsamen Sachthema
lichen Kennziffern für internationale
Unter achtzig Bewerbungen wurden gut
Beiträge zu verschiedenen Regionen
Handelsverflechtungen derzeit noch kei-
vierzig Kandidatinnen und Kandidaten
vereinen. Jedes wird von einer erfahre-
ne “integrierte Weltwirtschaft” erkennen.
für Magister, Diplom und Promotion aus
nen Fachkollegin oder einem -kollegen
Nach Ansicht von Herrmann-Pillath fin-
der ganzen Bundesrepublik und aus der
kommentiert. Die Vorträge selbst wie
det Globalisierung denn auch nicht auf
Schweiz ausgewählt und außerdem eine
auch die Kommentare sind auf jeweils
den Märkten statt, sondern in der Her-
Reihe von etablierten “Seniors” einge-
zehn Minuten beschränkt. Das wird da-
ausbildung neuer institutioneller Arran-
laden.
durch ermöglicht, dass zu jedem Vortrag
gements jenseits von Nationalstaaten,
Die Brühler Nachwuchstagungen gehen
vorab eine fünfseitige schriftliche Fas-
und zwar sowohl in wirtschaftlichen wie
neue Wege in der wissenschaftlichen
sung mit den Tagungsunterlagen ver-
auch in kulturellen und politischen Zu-
Aufarbeitung aktueller gesellschaftli-
schickt wird. Alle Teilnehmenden reisen
sammenhängen. Einen entscheidenden
cher, politischer und wirtschaftlicher
also mit einem Grundwissen über die
Motor dafür bilde das Reden über
Entwicklungen in Ost- und Südostasi-
Inhalte der Tagung an. Die Vorträge wie
Globalisierung, also Globalisierung als
en. Sie geben jungen Forschenden die
auch die Diskussionen können sich auf
“epistemische Konstruktion”. Dennoch
Gelegenheit, einem interessierten, fach-
die interessantesten Aspekte konzentrie-
erwartet Herrmann-Pillath keine globa-
kundigen und zugleich vielfältigen Pu-
ren - seien sie fachlicher, vergleichen-
le Konver genz zu einheitlichen
blikum ihre laufenden Arbeiten vorzu-
der, thematischer oder methodischer Art.
Ordnungsmodellen. Im Gegenteil:
stellen - eine Gelegenheit, die in dieser
Gleichzeitig lässt diese Gestaltungsform
Globalisierung verstärke die Dynamik
Form in Deutschland einzigartig ist und
viel Raum für Diskussionen im Plenum.
des Wettbewerbs zwischen unterschied-
sich auch in internationalen Zusammen-
Für jedes Panel steht dafür deutlich mehr
lichen institutionellen Arrangements.
hängen nur selten bietet. Die Teilneh-
als eine Stunde zur Verfügung. Abgerun-
Die Vorträge des wissenschaftlichen
menden üben sich im Vortrag, in der
det wird das Programm durch einen ein-
Nachwuchses in den einzelnen Panels
Moderation von Panels und in der
leitenden übergreifenden Vortrag sowie
unterstrichen den Tenor des Eröffnungs-
Diskussionsleitung. Sie erhalten Anre-
abschließend durch eine Podiumsdiskus-
vortrags. Globalisierung wirkt sich zwar
gungen von etablierten Akademikern wie
sion. Diese beiden Programmteile wer-
in einer Vielzahl von Facetten auf aktu-
auch von anderen Nachwuchs-
den von etablierten Forschenden bestrit-
elle Entwicklungen in Ost- und Südost-
wissenschaftlern, die entweder zu einem
ten.
asien aus. Dennoch treffen dieseAuswir-
ähnlichen Thema in anderen empirischen
Was genau ist Globalisierung, und was
kungen vor Ort auf jeweils andere Be-
Zusammenhängen arbeiten oder die aus
bedeutet demgegenüber Fragmen-
dingungen, Akteurskonstellationen und
P acific News Nr. 14 - A ug. 2000 - S. 27 Pacific Aug.
historische Kontexte. Mit anderen Wor-
träge erörterten die Aussichten für die
Trotz aller Vieldeutigkeit ist der Begriff
ten: Globalisierung macht ein genaues
Entwicklung eines stabilen Banken-
Globalisierung aus den Diskussionen
Analysieren lokaler Besonderheiten
wesens in der Volksrepublik China. Das
über Ost- und Südostasien nicht mehr
nicht überflüssig. Im Gegenteil: Nur die
vierte “Panel” konzentrierte sich auf die
wegzudenken. Das machte die abschlie-
Zusammenschau von internationalen
Auswirkungen der Globalisierung auf
ßende Podiumsdiskussion deutlich.
und lokalen Entwicklungen ermöglicht
die japanische Wirtschaft. In vier Vor-
Claudia Derichs (Duisburg), Bettina
es, beides zu verstehen.
trägen wurden die Internationalisierung
Gransow (Berlin), Manfred Mols
Im Einzelnen wurden in sieben “Panels”
von klein- und mittelständischen Un-
(Mainz), Anja Osiander (Köln) und Tho-
Entwicklungen in der Volksrepublik
ternehmen, die wachsende Attraktivität
mas Scharping (Köln) tauschten dabei
China, in Taiwan, in Japan und in Indo-
westlicher
für
ihre Ansichten über die Auswirkungen
nesien sowie im ASEAN Regional Fo-
Hochschulabsolventen in Japan, institu-
der Globalisierung auf die Gegenstände
rum erörtert. Das erste “Panel” hatte ge-
tionelle Arrangements für Forschung
ihrer Forschung wie auch auf die Praxis
sellschaftliche und politische Entwick-
und Entwicklung in den neuen Hoch-
von Forschung und Lehre zu Ost- und
lungen zum Gegenstand. Die drei Vor-
technologiebranchen und der Wandel der
Südostasien aus. Einhellig betont wur-
träge behandelten die Entwicklung der
japanischen Industriepolitik untersucht.
de erneut, dass lokale und regionale
Batik als Medium kultureller Eigenstän-
Das fünfte “Panel” hatte die Medien in
Unterschiede nicht verschwinden wer-
digkeit in Indonesien und das Entstehen
Ost- und Südostasien zum Thema. Zwei
den. Dem entsprechend behalten die bis-
von neuen organisierten Interessen so-
Vorträge behandelten dabei das Internet:
her geltenden Fragestellungen auch wei-
wie Mechanismen der Vermittlung von
Zum einen wurden die subversiven Wir-
terhin ihre Relevanz.
neuen Lebensstilen in der Volksrepublik
kungen des Internet unter den Bedingun-
Allerdings wandeln sich die Kontexte,
China. Im zweiten “Panel” standen die
gen eingeschränkter Meinungs- und Ver-
in denen diese Fragestellungen gesehen
politischen Systeme der Region im Mit-
sammlungsfreiheit in Indonesien erör-
werden müssen - vor Ort, in internatio-
telpunkt. Hier konzentrierte sich das In-
tert; zum anderen wurde die rasante Ent-
nalen Zusammenhängen und nicht zu-
teresse besonders auf Indonesien. Drei
wicklung des Internet in der Volksrepu-
letzt auch in den öffentlichen Debatten
Vorträge erläuterten und analysierten die
blik China vorgestellt. Ein dritter Vor-
hierzulande. Unterschiedliche Auffas-
Dynamik des politischen Übergangs von
trag befasste sich mit der Entwicklung
sungen herrschten in der Frage, wie und
Suharto zu Wahid und die Auswirkun-
des Zeitungswesens nach der Einführung
wie weit Forschung und Lehre zu Ost-
gen der Ideologie des “nation-building”,
marktwirtschaftlicher Steuerungs-
und Südostasien in Deutschland inter-
und zwar einerseits auf Ansätze zur Stär-
mechanismen in China.
nationalisiert werden können bezie-
kung föderaler Strukturen, andererseit
Die letzten beiden “Panels” behandel-
hungsweise internationalisiert werden
auf Konflikte entlang ethnisch definier-
ten Sicherheitsfragen und das Span-
sollten.
ter Fronten. Ein vierter Vortrag porträ-
nungsfeld von Globalisierung im Ver-
tierte die Entwicklung und die Struktu-
gleich
zur
Die Beiträge der Tagung werden in ei-
ren der DPP, der einstigen Oppositions-
Regionalisierung in Ost- und Südostasi-
ner Sonderveröffentlichung des BIOst
partei in Taiwan, deren Kandidat im
en. In Bezug auf Taiwan wurden die
dokumentiert, die voraussichtlich im
März die Präsidentschaftswahlen ge-
Entwicklung, und strategische Optionen
Sommer erscheinen wird. Die Reihe der
wann.
der Verteidigungspolitik thematisiert.
Nachwuchstagungen soll fortgesetzt
Das dritte und vierte “Panel” waren öko-
Außerdem wurden energiepolitische
werden, wiederum im Ost-West-Kolleg
nomischen Fragen gewidmet, insbeson-
Aspekte in der chinesischen Sicherheits-
in Brühl. Eine Ankündigung und ein
dere den Nachwirkungen der Asienkrise
politik analysiert. In einem Vortrag über
“Call for Papers” werden im Herbst ver-
1997 und der wachsenden Internationa-
das ASEAN Regional Forum hob die
öffentlicht werden, u.a. auf der ständi-
lisierung von Märkten, Unternehmen
Fragestellung auf die Besonderheiten der
gen Webseite zu den Nachwuchs-
und auch von Institutionen (im weiten
multilateralen Kooperation in diesem
tagungen. Sie ist zu finden unter
Sinne) für Forschung und Entwicklung.
Gremium ab. Schließlich war ein Vor-
www.biost.de/Nachwuchs/nachw.htm.
Im dritten “Panel” stellte ein Vortrag die
trag der Auflösung und Umdeutung na-
Debatten über eine Reform des Banken-
tionalstaatlicher Ordnungsvorstellungen
wesens in Japan vor. Zwei weitere Vor-
in Japan gewidmet.
zu
Unternehmen
einem
Trend
Anja Osiander [
[email protected]] Doktorandin, Seminar für politische Wissenschaft, Universität Köln
23. Jahrestagung der Gesellschaft für die Neuen Englischsprachigen Literaturen (GNEL) Aachen/Lüttich, 31.5. – 4.6.2000 Peter Marsden Ihre alljährliche Tagung hält die Gesell-
ren Hochschulen nach Aachen bzw. nach
aktion zugunsten des damit praktisch
schaft für die Neuen Englischsprachigen
Lüttich gekommen). Auf die Einbezie-
zensierten Festredners aufzurufen. Groß
Literaturen (GNEL) möglichst an einer
hung und Förderung des wissenschaft-
war die Freude, als Mapanje jetzt am
jeweils anderen deutschen Hochschule.
lichen Nachwuchses legt die GNEL gro-
31.5.2000 aus dem britischen Exil doch
Gelegentlich kommt es zu einer Wieder-
ßen Wert.
leibhaftig in Aachen erscheinen und eine
holung des Standortes. Bereits 1988 fand
Was den Pazifischen Raum angeht, so
Ansprache halten konnte. So konnte das
die Veranstaltung in Aachen statt, aber –
wurde er durch acht Schriftsteller ver-
brisante Thema: Literatur und Men-
auch das ein Novum in der Verbands-
treten. Aus Australien haben Bernard
schenrechte gar nicht erst in die sonst
geschichte - nicht nur in Aachen, son-
Cohen, Peter Goldsworthy, Geoff
vielleicht drohende Abstraktion und
dern auch an einem weiteren, nicht-
Goodfellow, Syd Harrex und Andrew
Theoretisierung abgleiten.
deutschen Standort. Wie vor zwölf Jah-
Sant Lesungen gemacht. Drei von ihnen
Integraler Bestandteil des GNEL-Selbst-
ren wurde auch im Jahr 2000 die Tagung
kommen zufällig aus der gleichen Stadt,
verständnisses anläßlich solcher Tagun-
gemeinsam mit der Université de Liège
nämlich aus Adelaide, aber da hören
gen war von jeher das kulturelle Rah-
im benachbarten Ausland durchgeführt.
schon die Gemeinsamkeiten auf. Eher
menprogramm. Den diesjährigen Höhe-
Mit der diesjährigen Konferenz wollten
wurde die ungeheure Vielfalt deutlich,
punkt bildete sicherlich ein Event, wie
die Organisatoren das Konzept von da-
die inzwischen die Nationalliteraturen
man wohl neudeutsch sagen darf, im
mals neu beleben - zugegebenermaßen
der
Welt
Ludwig-Forum für Internationale Kunst.
auch ein wenig in Nostalgie schwelgen,
charaktisiert. Aus Aotearoa Neuseeland
Aufgeführt wurde das Stück Stemmen
gleichzeitig aber auch die Gelegenheit
waren zu Gast: Jan Kemp, Robert
uit het niets/People of the Void, eine
zum Anlass nehmen, den gegenwärtigen
Sullivan und der gerade eben zum Rit-
vertonte Bearbeitung des Romans
Stand der fachlichen Dinge Revue pas-
ter geschlagene Vincent O’Sullivan.
Jonestown vom guyanesischen Autor
sieren zu lassen. Das Ganze stand unter
Auch hier wurde schon an den drei Per-
Wilson Harris durch den belgischen
dem Thema: „Towards a Transcultural
sonen ein breites kreatives Spektrum
Theaterregisseur Tone Brulin. Die Ku-
Future: Literature and Society in a
deutlich. Einen besonderen Höhepunkt
lisse bildete ein Kunstwerk aus China –
‘Post’-Colonial World“. Unter anderem
bildete in diesem Zusammenhang ande-
eine Trommelinstallation des Künstlers
ging es auch darum, ob man überhaupt
rerseits eine Hommage an die vor kur-
Chen mit dem Titel Fifty Strokes to Each.
schon mit Fug und Recht – selbst mit
zem erst verstorbene neuseeländische
All dies fand im Rahmen einer Ausstel-
Anführungszeichen – so formulieren
Lyrikerin Lauris Edmond.
lung mit dem auch für die Tagung be-
darf. Mit anderen Worten, gehört der Ko-
Ein wichtiger inhaltlicher Schwerpunkt
ziehungsreichen Titel „CONTINENTAL
lonialismus wirklich der Vergangenheit
sollte 2000 wie 1988 das Thema: „Lite-
SHIFT: A voyage between cultures“, die
an? Die Antworten auf diese Frage fie-
ratur und Menschenrechte“ sein. 1988
wiederum gleichzeitig in Aachen, Lüt-
len naturgemäß unterschiedlich aus, im
sollte der Dichter Jack Mapanje die Er-
tich und Maastricht läuft.
Tenor jedoch herrschte grundsätzlich
öffnungsrede in der Aula Carolina hal-
Die begeisterte Aussage einer Tagungs-
darüber Konsens, dass – um im Geiste
ten. Erschienen ist er leider dazu nicht,
teilnehmerin, die vorher gesunde Skep-
der Maori-Schriftstellerin Patricia Grace
denn er saß bereits in seinem Heimat-
sis am Begriff des „Transkulturellen“
zu sprechen – die „Post“ doch noch nicht
land Malawi im Gefängnis. Er sollte sein
geäußert hatte, brachte dieses totale
angekommen ist.
Lehramt an der Hochschule zur Kritik
künstlerische Erlebnis auf den Punkt:
An diesem nicht ganz unehrgeizigen Pro-
an der Regierung Banda missbraucht
„Jetzt weiß ich, was ‘transkulturell’ be-
jekt haben nun vor einem Monat insge-
haben. Damals blieb die Konferenz-
deutet!“
samt 350 Personen aus 45 Ländern teil-
leitung nichts mehr übrig als ihre Bestür-
Allein um eine solche Einsicht zu ermög-
genommen. Alle Kontinente waren ver-
zung über diesen Verhinderungsgrund
lichen, hat sich der nicht unbeträchtli-
treten. Es wurden 150 wissenschaftliche
festzuhalten und zu einer Unterschriften-
che Aufwand der Organisatoren wohl
Vorträge gehalten. Erfreulich auch die hohe und rege studentische Beteiligung (mehr als 50 Studierende sind aus ande-
englischsprachigen
gelohnt. Dr. Peter Marsden, (
[email protected]) ist Mitarbeiter am Institut für Anglistik der RWTH-Aachen und langjähriges APSA-Mitglied.