Riexingen Superior Der III gehörnte Stier berichtet von der römischen villa rustica Stierblättle

Mense Septembris Anno MMIX - Asses II

SOMLAIVM IIVIRVM ORO VOS FACIATIS PILZIVM IIVIRVM O.V.F. DIGNVS EST In der toga candida - Amtsinhaber Willi Agricola Serenus trägt sie mit dem roten Streifen - präsentierten sich die Kandidaten den cives von Riexingen Superior. Täglich schüttelten sie, begleitet von großem Gefolge auf dem forum die Hände der Wähler. Sie präsentierten sich nicht nur als große Wohltäter, sondern weckten auch die Hoffnung, dass die civitas in ihren Händen gut aufgehoben ist. Völlig unrömisch waren Themen wie Stadtentwicklung oder Wirtschaftsförderung. Ein Kandidat hatte reich, zu sein folglich hatte er auch genug Sesterzen, um die civitas zu führen. Ob bei den Wohltaten auch ambitus im Spiel war ist, wie in römischer Zeit üblich, ist nicht bekannt. Zumindest scheint sich keiner der Kandidaten so verausgabt zu haben, wie Catilina damals, der eine Revolte vom Zaun brach, um wieder zu Geld und damit zu Amt und Würde zu kommen.

Am Tag der Wahl nahm jeder civis sein Wachstäfelchen, ritzte den

Namen seines Kandidaten ein und legte es in die Urne. as

Das Wahlergebnis war knapp aber eindeutig: 35 Tafeln Vorsprung für SOMLAIVS. Da die Wahl geheim war und die Wähler nicht mehr einem Patron als abhängige Klientel unterstehen sei es dem örtlichen Fabrikbesitzer oder dem Vorsitzenden eines collegiums – verlief der Wahlvorgang ohne moralischen Druck von außen.

Leider verzichteten sie auf das beliebte Wahlkampfmittel Spiele mit Wagenrennen. Auch Gladiatorenkämpfe, die der Selbstdarstellung der Kontrahenten dienten, waren zu teuer. Wahlaufrufe der cives auf Hauswänden wie hier in Pompeij, haben sie durch

eigene Kandidatenportraits Stellwänden ersetzt.

GAVDETE OMNES: VICIT CANDIDATVS GVERNERVS SOMLAIVS : ATQVE IIVIR ELECTVS EST

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Convivium an der villa von Enzberg:Seite Manfredius Corvus lädt ein Stierblättle 1 Mense Julio anno MMIX traf ein Kurier von der villa Enzberg in Riexingen Superior eintraf. Manfredius Corvus Naturalis ließ hochrangige Amtsträger der Region zu einem convivium in die villa einladen. Duumvir Willi Agricola Serenus erwählte erlesene cives und ließ sich um die VIII. Stunde von diesem Gefolge nach Enzberg geleiten.

Manfredius empfing seine Gäste mit einnem Becher Wein. Genüsslich wollte Willi den guten Tropfen auf der Zunge zergehen lassen, als plötzlich eine säuerliche Miene sein Gesicht verdüsterte. „Hast du den guten Falerner etwa verkommen lassen?“ „Nein, nein, es ist Wein aus eigenem Anbau, gepresst und gekeltert hier an der villa“, entgegnete Manfredius und blickte ihn erwartungsvoll an. Stirnrunzelnd anwortete Willi: “Hast du noch viel davon“? „Leider nein“ bedauerte Manfredius. „Das Hochwasser der Enz hat auch meine Keller überflutet und die Vorräte verdorben.“ Erleichtert ließ Willi seinen Becher sinken, als Manfredius auf die gut gefüllten Amphoren zeigte. Echter gewürzter Falerner. Willi folgte ihm gut gelaunt ins Triclinium.

Vocabularium Oro vos faciatis – ich bitte euch macht doch N. zum IIVIR civis – Bürger duumvir – Bürgermeister, immer 2 IIvir facere – z. IIvir wählen forum – Marktplatz vilica – Verwalterin der villa civitas – Gemeinwesen ambitus – Begünstigung collegium – Amtsgemeinschaft gaudere – sich freuen, gefallen vincere – siegen eligere – wählen populus jubilat – Volk jubelt zu

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Willi Agricola Serenus-W.B.d. Heitere pompa – Umzug panis et circenses – Brot und Spiele dies festus - Festtag falx messoria – Sichel musteus - Mostbrötchen publicani – Steuereintreiber mulier – Frau pistor – Bäcker millia passuum – 1000 Doppelschritte, röm. Meile; 1,4 km arcularius - Truhenbauer convivium – Gastmahl Mensis - Monat

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praepositus opulentus – wohlhabender Vorsteher otium – Muse, freie Zeit exoptatus advenias – willkommen Impressum: Civitas Riexingensis, Tel. 07042 909 31, www.oberriexingen.de Hrsg.: Willi Agricola Serenus, Duumvir R.S. Red.: Cornelia Vilica, N.N.? Noch gesucht Lekt.: Monica, Magistra Latina

Rückblick auf des Willi Agricola Serenus römische Vergangenheit Römische Baureste in der Baugrube von BM Louis Geiger stehen. Der Bagger stieß beim Ausheben der Grube auf die Reste eines römischen Gutshofs, den Keller einer villa rustica.

Anno MCMLVII sollten in den Weileräckern Einfamilienhäuser ent-

Bürgermeister Louis Geiger rettete die Gebäudereste. Aus dem fast 2000 Jahre alten Römerkeller wurde ein kleines Museum. Frau, Ursula Geiger, betreute den Römerkeller und dessen Besucher. Heute kein lohnender Betrieb mehr wie damals, als vilica und vilicus im Auftrag des Villenbesitzer für den erforderlichen Errtag sorgen mussten. ANNO MCMLXXVII

Von der villa zur civitas Jahre später, MCMLXXXXIIII, gestalteten das Landesmuseum Württemberg und Oberriexingen unter Bürgermeister Willi Baur den Römerkeller der villa rustica neu. Willi Agricola Serenus ist heute noch Besitzer der villa wie sein Vorgänger anno CXX. Er ist aber auch duumvir der civitas Riexingen Superior, die neben und auf der römischen villa entstanden war.

Römische Landwirtschaft zum Begreifen: E Der römische Getreideanbau sollte nicht nur in der Vitrine ausgestellt, sondern auch auf dem Feld begreifbar sein. Ein duumvir beim Einsäen auf dem Acker, da legte sich selbst die Presse ehrfurchtsvoll an die Furche. MCMLXXXXVIII Das anschließende Dankgebet an Jupiter entpuppte sich lediglich als Pressegespräch.

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Panem et circenses cum pompa – die Feste auf der Enzinsel Victor Romanus Anno MCMLXXXXVIIII, MMII et MMV an einem dies festus zeigte duumvir Willi Agricola Serenus der ganzen Region römisches Leben. In einem Rennwagen, eigens aus dem Circus Maximus in Rom entliehen, hielt er als Victor Einzug auf dem provisorischen forum auf der Enzinsel. Populus Riexingensis jubilat!

Römische Pflugtechnik Auf dem Feld zog ein nachgebauter römischer Pflug fast geradlinige Furchen für die Aussaat. Doch die Ochsen lehnten das römische Nackenjoch ab. Sie bevorzugten ein neuzeitliches Kummet.

Erbarmen, die Gallier…. Nicht nur stadtrömische Nachkommen nahmen an der großen pompa teil. Auch ein paar wohlbekannte Gallier, samt Idefix erregten große Aufmerksamkeit. Es gab aber keinen Grund zur Aufregung, da die wenigen Legionäre zur Getreideernte abkommandiert waren. Auf dem campus übten nur die Nachwuchs- Legionäre.

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Römische Erntetechnik mit der falx messoria im Wettstreit am dies festus Das große Getreide-Wetternten mit der falx messoria gewann der flinke Agricola. Die Legionäre hatten das Nachsehen.

Die dickste Garbe war für den Kaiser bestimmt. Schließlich sollte eine Abordnung der cives mit dem duumvir die Garbe als Steuerabgabe nach Walheim zu den publicani bringen.An einem dies festus natürlich und mit einer pompa.

Steuerzahlung in Naturalien: „Zehnt-Abgabe“ an die publicani des Kaiser Die publicani aus Walheim hatten sich überraschend zur pompa eingefunden und begutachteten das Steueraufkommen. Sie waren gar nicht zufrieden. Doch Willi Agricola Serenus konnte sie schließlich mit einem Krug Falerner Wein und einer cena besänftigen. Man revanchierte sich und besuchte die publicani per pedes in Walheim. ANNO MMV.

Römer-Radl-Tour nach Walheim O tempora o mores, die tunicae der muliera! Hosen, wie die Barbaren sie tragen. 60 beradelte cives waren dem Ruf des duumvir gefolgt und legten die 15,3 millia passuum (23km) über das Metter- und Baumbachtal in ca. 3 Stunden zurück. Zwischenstopps erfolgten an den Orten ehemaliger Anno MMVI römischer Ansiedlungen. Stierblättle

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Kindertheater auf der pompa: Der verflixte

Außergewöhnlich war die Teilnahme von Kindern an der pompa. Sie spielten auf dem EnzInsel-forum ihre Erfahrungen mit den römischen Götterstatuen im Museum. Die Statuen waren sehr lebendig und kritisierten die Essgewohnheiten der Kinder. Aber nur solange, bis Göttin Fortuna ein entsorgtes Pausenbrötchen aus ihrem Füllhorn zog und kostete.

Aufsatz

Musteus, direkt aus dem römischen Backofen ofenfrisch in den Mund

Kinder backten im Römerbackofen Mostbrot nach einem 2000 Jahre alten Rezept von Marcus Porcius Cato. Er schrieb eine Agrargeschichte und teilte auch ein paar Rezepte mit. Aus 1000kg Lehm, Stroh und einem Korbgeflecht von Lore Wild, hatte Werner Svetecz den Ofen in 80 Arbeitsstunden gebaut. ANNO MCMLXXXXVIIII

Kritisches Beäugen der Ausbeute nach dem Stampfen.

Am dies festus war pistor Franciscus Kilianus für die musteus zuständig. Routiniert schob er anschließend auch das gedroschene Getreide zum Darren in den Ofen. Wer backen will braucht Mehl aus Getreide. Doch die Spelzen der Körner springen erst nach dem Darren und Stampfen im Mörser. Erst dann konnten die Kinder sie in der Mühle zu Mehl vermahlen. ANNO MMV

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Museum zum Begreifen und Anfassen: Das Aktionsprogramm im Römerkeller Panis, ludi et vinum: Dafür warb Willi Agricola Serenus. Geburtstags-, Schulkinder und Erwachsene lud er ein, den Römerkeller der villa zu besuchen. Römisches Leben konnten sie durch einen Rundgang mit der vilica sowie Aktionen begreifen: Spiele, Kleidung, Schmuck und von der Aussaat bis zum Brot! ANNO MMI

Die Kleidertruhe Schließlich bauten arcularius Richard Öhler und architectus Albrecht Noller noch eine Kleidertruhe aus Eichenholz mit typisch römischem Schiebeschloss. Sie verwendeten meist die alten Handwerkszeuge wie Löffelbohrer, Handfeile, Säge, und Hobel. ANNO MMVI Der Worfelkorb Lore Wild flocht den Worfelkorb. Mit ihm wird das Getreide in den Wind geworfen und nur die Körner fallen zurück in den Korb. Die Spreu weht der Wind MCMLXXXXVIIII fort.

Messer und Hippe schmiedete Christian Deminie anno MM. Ein scharfes Messer aus Eisen mit Griff aus Horn fürs Speck schneiden beim Brotbacken.

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Auszeichnung für den römischen Bau(e)r und sein Aktionsprogramm ! ANNO MMIV überreichte minister Rei Publicae Bury dem duumvir Willi Agricola Serenus in Ludwigsburg den Karl - Mommer - Preis. Zusammen mit Johannes Buckius betreuen sie das Aktionsprogramm „von der Aussaat bis zum Brot“. Ziel ist die realitätsnahe Umsetzung römischer Feldarbeit für ein Museum zum Anfassen.

Hier sehen wir den duumvir beim Anlegen der Arbeitskleidung, der groben Leinentunika. Hilfestellung leistet Frau Dr. Wolf vom LMW. Leider konnte er sich mit dieser neu entdeckten, bequemen Dienstkleidung in der curia nicht durchsetzten.

Decuriones der Region Ludwigsburg im Römerkeller - ANNO MMIX Noch einmal versammelt Willi Agricola Serenus die decuriones aus der Region im Römerkeller. Ein bisschen wehmütig, denn mense Septembris wird er sich von seinem magistratus als duumvir verabschieden und sich auf seine villa zurückziehen. Wie wir ihn kennen, wird er sein otium nicht lange genießen. Wir hoffen, ihn bei der res publica Riexingensis weiterhin aktiv zu sehen. Zumindest im collegium der villa rustica von Riexingen Superior wird händeringend ein praepositus opulentus gesucht. Salve, Willi Agricola Serene, gratias agimus atque bonam valetudinem optamus Exoptatus advenias - Willi Agricola Serenus - ad collegium villae rusticae Riexingensis Superioris

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