Menschenrechte und Demokratie

KURZDARSTELLUNGEN ZUR EUROPÄISCHEN UNION Menschenrechte und Demokratie PE 600.413 1. Menschenrechte....................................................
Author: Gudrun Maus
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KURZDARSTELLUNGEN ZUR EUROPÄISCHEN UNION

Menschenrechte und Demokratie PE 600.413

1. Menschenrechte....................................................................................................... 3 2. Demokratieförderung und Wahlbeobachtung.......................................................... 8

DE - 06/05/2017

ÜBER DIE VERÖFFENTLICHUNG Dieses Faltblatt enthält eine Sammlung von Kurzdarstellungen zu den verschiedenen Politikbereichen, die von den jeweiligen Fachabteilungen des Europäischen Parlaments und dem Referat Unterstützung des wirtschaftspolitischen Handelns zur Verfügung gestellt wurden. Die Kurzdarstellungen werden regelmäßig aktualisiert und auf der Website des Europäischen Parlaments veröffentlicht: http://www.europarl.europa.eu/factsheets/de

ÜBER DEN HERAUSGEBER Herausgeber: Europäisches Parlament Verantwortlich: Referat Koordinierung von Kommunikationsmaßnahmen E-Mail: [email protected]

Veröffentlichungen

und

von

Redaktionsschluss: Mai, 2017 © Europäische Union, 2017

HAFTUNGSAUSSCHLUSS Die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung des Verfassers wieder und entsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt des Europäischen Parlaments. Nachdruck und Übersetzung der Veröffentlichung – außer zu kommerziellen Zwecken – mit Quellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird.

1 - MENSCHENRECHTE - [6.4.1.] Die Europäische Union ist in ihren Außenbeziehungen einer Politik der Unterstützung von Demokratie und Menschenrechten verpflichtet, die auf ihren Gründungsprinzipien Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit beruht. Ziel der EU ist es, in allen ihren Politikbereichen und Programmen Menschenrechtsbelange zu berücksichtigen. Geht es um konkrete Maßnahmen, verfügt sie über verschiedene Instrumente der Menschenrechtspolitik – beispielsweise können einzelne Projekte durch EUFinanzierungsinstrumente bestritten werden.

RECHTSGRUNDLAGE —

Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV): die Werte der EU. Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind „die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören“;



Artikel 3 EUV: die Ziele der EU. In „ihren Beziehungen zur übrigen Welt“ leistet die EU einen Beitrag zur „Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen“;



Artikel 6 EUV: die Charta der Grundrechte und die Europäische Menschenrechtskonvention. Zwar nimmt die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Artikel 6 Absatz 1) ausdrücklich nur auf die Durchführung des EU-Rechts Bezug, doch sind auch die Organe und Einrichtungen der EU sowie die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Charta in den EU-Außenbeziehungen einzuhalten. Auch Länder, die der EU beitreten, müssen die Charta befolgen. Artikel 6 Absatz 2 ermächtigt die EU, der Europäischen Menschenrechtskonvention beizutreten;



Artikel 21 EUV: Grundsätze für das auswärtige Handeln der Union. Diese Grundsätze sind Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde, der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen von 1945 und des Völkerrechts. In Artikel 21 bekräftigt die EU den Grundsatz der „Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten“, und sie verpflichtet sich, wirtschaftlichen und sozialen Rechten die gleiche Bedeutung wie bürgerlichen und politischen Rechten beizumessen;



Artikel 205 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV): allgemeine Bestimmungen über das auswärtige Handeln der Union. In diesem Artikel heißt es, dass das auswärtige Handeln der EU von den in Artikel 21 EUV festgelegten Grundsätzen bestimmt sein muss.

Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 06/05/2017

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MENSCHENRECHTSPOLITIK DER EU Im Jahr 2012 verabschiedete der Europäische Rat einen Strategischen Rahmen für Menschenrechte und Demokratie sowie einen Aktionsplan für die praktische Umsetzung des Rahmens. In dem Rahmen werden die Grundsätze, Ziele und Prioritäten dargelegt, mit denen die Wirksamkeit und die Kohärenz der EU-Politik insgesamt in den nächsten zehn Jahren verbessert werden sollen. Diese Grundsätze sehen vor, dass die Menschenrechte in allen Politikbereichen der EU berücksichtigt werden (als „roter Faden“), und zwar auch dann, wenn sich interne und externe Politikbereiche überschneiden, sodass ein bedarfsgerechterer Ansatz gefunden wird. Der Aktionsplan umfasste konkrete Maßnahmen für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014. Im Juli 2015 wurde ein neuer Aktionsplan für den Zeitraum von 2015 bis 2019 verabschiedet, der auf der Bewertung des ersten Aktionsplans und auf den politischen Leitlinien der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission beruht. Die vom Rat der EU verabschiedeten EU-Leitlinien zum Schutz der Menschenrechte sind zwar nicht rechtlich bindend, geben aber praktische Anweisungen zu: —

Maßnahmen gegen die Todesstrafe,



Dialogen über Menschenrechte,



den Rechten des Kindes,



Maßnahmen gegen Folter und andere Misshandlungen,



dem Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten,



dem Schutz von Menschenrechtsaktivisten,



der Einhaltung des humanitären Völkerrechts,



der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen,



der Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit,



dem Schutz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LGBTI),



der Förderung der Meinungsfreiheit sowohl online als auch offline.

Die EU schließt regelmäßig die Menschenrechte in die mit Drittstaaten oder regionalen Organisationen geführten politischen Dialoge ein. Außerdem führt sie mit mehr als 40 Staaten Menschenrechtsdialoge bzw. hält Anhörungen zu Menschenrechtsangelegenheiten mit diesen Staaten ab. Außerdem führen fast alle 79 Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) einen Dialog mit der EU nach Artikel 8 des Cotonou-Abkommens, in dem festgelegt ist, dass der politische Dialog „eine regelmäßige Bewertung der Entwicklungen bei der Achtung der Menschenrechte“ einschließen sollte. Auch diplomatische Demarchen (vertraulich) und Erklärungen (öffentlich) gegenüber den Staatsorganen von Drittstaaten sind eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit, in internationalen Beziehungen diplomatischen Druck auszuüben. Bilaterale Handelsabkommen und die zahlreichen Assoziierungs- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten oder regionalen Organisationen enthalten als zentrales Element eine Menschenrechtsklausel. Im Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 06/05/2017

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Fall der Nichteinhaltung sind verschiedene Maßnahmen (z. B. eine Einschränkung oder Aussetzung der Zusammenarbeit) vorgesehen. Für die Beitrittsländer wurde ein robuster Konditionalitätsmechanismus eingeführt. Das Konzept des „mehr für mehr“ (mehr Integration und mehr Geldmittel im Austausch gegen mehr Reformen) wurde in die erneuerte Europäische Nachbarschaftspolitik integriert. Entwicklungsländer erhalten im Rahmen der von der EU gewährten präferenziellen Handelsregelungen (APS+) Anreize für Reformen. Die länderspezifischen Menschenrechtsstrategien gründen auf einem Bottom-upAnsatz und zielen darauf ab, die Leitlinien oder Aktionspläne der EU zu Menschenrechten in ein einziges, kohärentes und an das jeweilige Land angepasstes Strategiedokument mit konkreten Zielen für einen Zeitraum von drei Jahren zu integrieren. Auch mit den Wahlbeobachtungsmissionen der EU wird das Ziel verfolgt, die Menschenrechtslage zu verbessern, indem sie von Einschüchterung und Gewalt während Wahlen abschrecken und die demokratischen Institutionen stärken. Darüber hinaus fördert die EU die Menschenrechte durch ihre Beteiligung an multilateralen Foren wie beispielsweise dem Dritten Ausschuss der UNGeneralversammlung, dem UN-Menschenrechtsrat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und dem Europarat. Die Union unterstützt außerdem aktiv die internationale Justiz, beispielsweise durch den Internationalen Strafgerichtshof. Mit Haushaltsmitteln von 1,3 Mrd. EUR für den Zeitraum von 2014 bis 2020 unterstützt das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) (hauptsächlich) Akteure der Zivilgesellschaft bei der Förderung der Menschenrechte und der Demokratie. Ein wichtiges Merkmal dieses Instruments besteht darin, dass die Zustimmung der entsprechenden Regierung nicht erforderlich ist. Weitere Finanzierungsinstrumente im Zusammenhang mit den Menschenrechten sind beispielsweise das Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit (DCI), das Stabilitäts- und Friedensinstrument (IcSP), das Europäische Nachbarschaftsinstrument (ENI) und der Europäische Entwicklungsfonds (EEF). Der Europäische Fonds für Demokratie ist eine privatrechtliche Stiftung, die von der EU und ihren Mitgliedstaaten unterstützt wird. Der Haushalt für die Gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik der Union (GASP) hat im Zeitraum von 2014 bis 2020 einen Umfang von 2,3 Mrd. EUR und deckt verschiedene Aktivitäten, insbesondere das Krisenmanagement, ab. Ein vom Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik erstellter und vom Rat gebilligter Jahresbericht über die Menschenrechte gibt einen Überblick über die Lage der Menschenrechte weltweit sowie über die im Berichtsjahr von der EU ergriffenen Maßnahmen.

AKTEURE Der Europäische Rat legt die strategischen Ziele der EU und die allgemeinen Leitlinien ihrer GASP fest. Die Außenminister der EU beraten im monatlich tagenden Rat (Auswärtige Angelegenheiten) häufig über Menschenrechtsthemen, die im Rahmen der GASP oder der Handels- oder Entwicklungspolitik der EU aufkommen. Die Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 06/05/2017

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Gruppe „Menschenrechte“ des Rates (COHOM), die hochrangig besetzte Debatten und Beschlüsse zu Menschenrechtsthemen vorbereitet, setzt sich aus Menschenrechtsexperten der Mitgliedstaaten und Vertretern des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) und der Kommission zusammen. Den Vorsitz im Rat (Auswärtige Angelegenheiten) führt der Hohe Vertreter der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik – derzeit Federica Mogherini –, der zur Ausarbeitung der GASP der Union beiträgt und dafür sorgt, dass Beschlüsse umgesetzt werden. Der Hohe Vertreter vertritt darüber hinaus die EU in Angelegenheiten der GASP und leitet den EAD sowie die EU-Delegationen in Drittstaaten. Innerhalb des EAD gibt es eine Direktion für Menschenrechte sowie globale und multilaterale Fragen; darüber hinaus verfügt jede EU-Delegation über eine Anlaufstelle für Menschenrechte. Die Kommission handelt internationale Übereinkommen aus, steuert den Erweiterungsprozess und die Nachbarschaftspolitik und verwaltet Entwicklungsprogramme und Finanzierungsinstrumente (in enger Zusammenarbeit mit dem EAD). Die Aufgabe des EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte besteht darin, die Wirksamkeit und die Außenwirkung der Menschenrechtspolitik der EU zu fördern. Der Sonderbeauftragte verfügt über ein breit angelegtes und flexibles Mandat und arbeitet in enger Abstimmung mit dem EAD. Dieses Amt wird derzeit von Stavros Lambrinidis wahrgenommen, der im Juli 2012 ernannt wurde. Er ist der erste Sonderbeauftragte der EU, der für ein bestimmtes Thema zuständig ist.

ROLLE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS Das Parlament trägt zur Politik der EU bei und überwacht die Arbeit der anderen EUOrgane. Gemäß den Artikeln 207 und 218 AEUV ist für das Inkrafttreten der meisten internationalen Übereinkünfte die Zustimmung des Parlaments erforderlich. Im Jahr 2011 blockierte das Parlament beispielsweise aufgrund von Unklarheiten im Zusammenhang mit Kinderarbeit das Textilprotokoll des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens (PKA) zwischen der EU und Usbekistan. Artikel 36 EUV verpflichtet den Hohen Vertreter, das Europäische Parlament zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der GASP anzuhören und es über die Entwicklung der Politik in diesen Bereichen zu unterrichten. Das Parlament kann Fragen stellen oder Empfehlungen an den Rat oder den Hohen Vertreter richten. Die Entschließungen des Parlaments tragen zur Schaffung eines Bewusstseins in Sachen Menschenrechtsverletzungen bei. Entschließungen können zum Rechtsetzungsprozess gehören, sie können aber auch das Ergebnis eines Initiativberichts eines parlamentarischen Ausschusses oder von Dringlichkeitsdebatten sein, die üblicherweise auf jeder Plenartagung in Straßburg am Donnerstagnachmittag stattfinden und bei denen auf schwerwiegende Verletzungen der Menschenrechte auf der ganzen Welt hingewiesen wird (Artikel 122 der Geschäftsordnung des Parlaments). Der Unterausschuss des Parlaments für Menschenrechte ist dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten angegliedert. Ihm gehören derzeit 30 Mitglieder und 19 Stellvertreter an. Er veranstaltet Anhörungen mit Interessenträgern zu einer Vielfalt von Menschenrechtsthemen und liefert so Informationen als Grundlage für Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 06/05/2017

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Entschließungen. Der Unterausschuss kümmert sich darüber hinaus um die tägliche Arbeit im Bereich der Menschenrechte, und seine Delegationen besuchen regelmäßig maßgebliche Staaten. Weitere Ausschüsse, die sich im Zusammenhang mit den Außenbeziehungen der EU mit den Menschenrechten befassen, sind der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten (AFET), der Ausschuss für internationalen Handel (INTA), der Entwicklungsausschuss (DEVE) und der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM). Die Menschenrechte sind ein zentraler Punkt bei den Zusammenkünften mit Parlamenten von Drittstaaten und in regionalen parlamentarischen Versammlungen. Im Interesse der Kohärenz und der Glaubwürdigkeit der Arbeit des Parlaments wurden 2011 die „Leitlinien zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten bei Reisen interparlamentarischer Delegationen des EP in Drittstaaten“ verabschiedet. Dank seiner Haushaltsbefugnisse (Artikel 14 EUV und Artikel 310 Absatz 1 AEUV) hat das Parlament ein Mitspracherecht bei der Zuweisung von Mitteln an den EIDHR und andere Finanzierungsinstrumente, die der Förderung der Menschenrechte dienen. Außerdem billigt es den Haushaltsplan und stellt dadurch vollständige Rechenschaftspflicht sicher. Jedes Jahr verleiht das Europäische Parlament den Sacharow-Preis für geistige Freiheit an Menschenrechtsaktivisten auf der ganzen Welt. Unter anderem wurden Nelson Mandela, Aung San Suu Kyi und Malala Yousafzai damit ausgezeichnet. 2015 wurde der Preis Raif Badawi, einem saudi-arabischen Blogger und Vorkämpfer für die Meinungsfreiheit, verliehen, der zu 1 000 Peitschenhieben und zehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er Material gepostet hatte, das als blasphemisch angesehen wurde. Die Preisträgerinnen des Jahres 2016, Nadia Murad und Lamiya Aji Bashar, wurden vom selbst ernannten Islamischen Staat (IS) als Sexsklavinnen missbraucht, haben jedoch überlebt und sind heute das Sprachrohr der Frauen, die Opfer des systematischen Einsatzes von sexueller Gewalt durch den IS geworden sind. Sie setzen sich öffentlich für die Rechte der Gemeinschaft der Jesiden in Irak ein, einer religiösen Minderheit, die im Rahmen einer Völkermordkampagne von den militanten Kämpfern des IS verfolgt wurde. Das Parlament hat außerdem das Netzwerk der Sacharow-Preisträger gegründet, mit dem Sacharow-Preisträger unterstützt, die Kontakte zwischen ihnen ausgebaut und gemeinsame Aktivitäten gefördert werden. Wahlbeobachtungsmissionen der EU werden üblicherweise von einem Mitglied des EP geleitet. Delegationen des Europäischen Parlaments zur Wahlbeobachtung gehören Missionen der EU oder anderer internationaler Organisationen an und benutzen deren Einrichtungen und Infrastruktur (für weitere Informationen vgl. Kurzdarstellung 6.4.2 zu Demokratieförderung und Wahlbeobachtung). Der Präsident des Europäischen Parlaments unterstützt die Menschenrechte aktiv, indem er Erklärungen abgibt, Schreiben verfasst und Menschenrechtsanliegen bei Treffen mit wichtigen Persönlichkeiten erörtert. Der alljährliche Initiativbericht des Parlaments enthält Überlegungen über die Menschenrechtspolitik der EU und den EU-Jahresbericht, gibt einen Überblick über die Aktivitäten des Parlaments und legt Prioritäten für die Zukunft fest. Marika Lerch 12/2016

Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 06/05/2017

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2 - DEMOKRATIEFÖRDERUNG UND WAHLBEOBACHTUNG - [6.4.2.] Die weltweite Förderung der Demokratie ist eine vorrangige Aufgabe der Europäischen Union. Demokratie ist nach wie vor das einzige System der Regierungsführung, in dem die Menschen ihre Menschenrechte vollständig wahrnehmen können, und sie ist ein bestimmender Faktor für Entwicklung und langfristige Stabilität. Als einziges direkt gewähltes Organ der EU setzt sich das Europäische Parlament in besonderem Maße für die Demokratieförderung ein.

RECHTSGRUNDLAGE —

Artikel 2 und 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV);



Artikel 205 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

HINTERGRUND Der Ansatz der EU für die Unterstützung der Demokratie ergänzt ihre Arbeit im Bereich der Menschenrechte. Im Jahr 2009 hat der Rat die Schlussfolgerungen zur „Demokratieförderung in den Außenbeziehungen der EU“ und den damit verbundenen EU-Aktionsplan angenommen. Darin wird eine neue Strategie zur Unterstützung der Demokratie entwickelt, die auf einem länderspezifischen Ansatz, einer größeren Kohärenz und der Einbindung aller Interessenträger basiert. Demokratie und Menschenrechte wurden als Querschnittsaufgabe in sämtliche Politikbereiche einbezogen. In der im Jahr 2011 von der Kommission vorgestellten „Agenda für den Wandel“ wurde anschließend die Bedeutung der Unterstützung der Menschenrechte, der Demokratie und der verantwortungsvollen Staatsführung in der Entwicklungspolitik der EU hervorgehoben. Nach den Ereignissen der Arabischen Erhebung im Jahr 2011 erneuerte die EU ihre Europäische Nachbarschaftspolitik. Es wurde eine Herangehensweise nach dem Grundsatz „mehr für mehr“ angenommen und die Unterstützung an demokratischen Wandel und eine „tiefgehende Demokratie“ geknüpft. Ländern, die bereit sind, politische Reformen durchzuführen, wurden Anreize wie eine tiefergehende wirtschaftliche Integration, mehr finanzielle Unterstützung, eine größere Mobilität der Menschen und der Zugang zum EU-Binnenmarkt geboten. Die EU bekräftigte ihr Engagement zur Intensivierung ihrer Bemühungen um die Demokratieförderung in dem im Jahr 2012 vom Rat (Auswärtige Angelegenheiten) angenommenen „Strategischen Rahmen und Aktionsplan der EU für Menschenrechte und Demokratie“. Der Aktionsplan umfasste einen Plan für systematischere Folgemaßnahmen zu den Berichten der Wahlbeobachtungsmissionen der EU (EOM), um den gesamten Wahlzyklus zu unterstützen. Mit dem neuen Aktionsplan für den Zeitraum 2015-2019, der im Juli 2015 angenommen wurde, soll gewährleistet werden, dass die Förderung der Demokratie bei vielen Zielen miteinbezogen wird. In seinen 2012 angenommenen Schlussfolgerungen mit dem Titel „Die Wurzeln der Demokratie und der nachhaltigen Entwicklung: Europas Zusammenarbeit mit der Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 06/05/2017

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Zivilgesellschaft im Bereich der Außenbeziehungen“ betonte der Rat die Rolle der Zivilgesellschaft.

FINANZIERUNGSINSTRUMENTE Die wichtigste Aufgabe des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) besteht darin, die Menschenrechte, demokratische Reformen sowie die politische Beteiligung und Vertretung zu fördern. Das speziell für diese Ziele entwickelte Instrument dient der Finanzierung von Projekten, Programmen und EU-Wahlbeobachtungsmissionen sowie der Gewährung von Finanzhilfen an zivilgesellschaftliche Organisationen, nichtstaatliche Organisationen sowie Menschenrechtsverteidiger. Mit dem Europäischen Nachbarschaftsinstrument (ENI) wird finanzielle Unterstützung zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit, politischem Dialog und Reformen, Demokratisierung, Pluralismus der Medien und Wahlbeobachtungen gewährt. Zivilgesellschaftliche Akteure in den Ländern der südlichen und östlichen Nachbarregion der EU können zudem mit Fördermitteln der Fazilität zur Förderung der Zivilgesellschaft im Rahmen der Nachbarschaftspolitik für Pläne, Netzwerke, Schulungen und den Austausch bewährter Verfahren unterstützt werden. Auch das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit (DCI) bietet finanzielle Fördermöglichkeiten. Zentrales Ziel des Instruments ist zwar die Armutsbekämpfung, doch es dient ebenfalls der Festigung und Förderung der Demokratie in den Entwicklungsländern. Schließlich kann auch das Stabilitäts- und Friedensinstrument der EU (IcSP) unter bestimmten Umständen für die Unterstützung demokratischer Institutionen genutzt werden. 2012 wurde der Europäische Demokratiefonds (EED) als unabhängige privatrechtliche Stiftung gegründet. Sein Ziel ist die Unterstützung politischer und zivilgesellschaftlicher Akteure, die sich für den demokratischen Wandel in den östlichen und südlichen Nachbarregionen der EU einsetzen, und er bietet individuelle Fördermittel, die schnell, flexibel und unbürokratisch gewährt werden. Den Vorsitz im Verwaltungsrat und Exekutivausschuss führen Mitglieder des Europäischen Parlaments. Zum Vorstand gehören Vertreter aus den Mitgliedstaaten und Institutionen der EU, einschließlich neun MdEP.

ROLLE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS Als einziges von den Bürgern der Europäischen Union direkt gewähltes Organ der EU setzt sich das Europäische Parlament nachdrücklich für die Förderung tragfähiger Demokratien weltweit ein und hat sein Engagement in zahlreichen Entschließungen dargelegt. Das Parlament unterstützt dauerhaft Wahlbeobachtungsaktivitäten sowie Aktionen zur Stärkung der Legitimität nationaler Wahlprozesse und zur Festigung des öffentlichen Vertrauens in den Schutz von Wahlen und der Menschenrechte. In der laufenden Wahlperiode entsandte das Parlament bisher Delegationen zur Beobachtung der Wahlen in die Ukraine, nach Ägypten, Tunesien, Moldawien, Tadschikistan, Nigeria, Sri Lanka, Kirgisistan, Haiti, Tansania, Birma/Myanmar, Burkina Faso, Uganda, Peru, in die Mongolei sowie nach Sambia, Gabun, Montenegro, Georgien, Ghana, Jordanien und in Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 06/05/2017

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die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien. Das Parlament kann Delegationen von MdEP zur Beobachtung von Wahlen oder Referenden unter der Bedingung entsenden, dass die Wahlen auf nationaler Ebene stattfinden, dass die nationalen Behörden die EU oder das Europäische Parlament eingeladen haben und dass eine langfristige Beobachtungsmission durchgeführt wird. Die Delegationen des Parlaments sind immer in die Wahlbeobachtungsmissionen der EU oder langfristige Missionen des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) integriert. Das Europäische Parlament wird zu der Feststellung und Planung von Wahlbeobachtungsmissionen der EU und den anschließenden Folgemaßnahmen gehört. Langfristige Wahlbeobachtungsmissionen bewerten nicht nur den Verlauf des Wahltags, sondern auch den gesamten Wahlprozess, um den Stand der demokratischen Entwicklung in einem bestimmten Land zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beurteilen. Langzeitwahlbeobachter beginnen ihre Arbeit üblicherweise zwei Monate vor den Wahlen und verfolgen den gesamten Wahlprozess bis zur Bekanntgabe der amtlichen Ergebnisse und zum Einspruchsverfahren. Kurzzeitwahlbeobachter überwachen den Wahltag und die Auszählung der Stimmen. Der leitende Beobachter der Wahlbeobachtungsmission ist in der Regel ein MdEP. Um einen umfassenden Ansatz bei der Förderung der Demokratie sicherzustellen, wird die Wahlbeobachtung von ergänzenden Aktivitäten begleitet, darunter Folgemaßnahmen nach einer Wahl, Maßnahmen im Bereich der Menschenrechte und Initiativen zur Unterstützung der parlamentarischen Arbeit. Das Europäische Parlament bietet Parlamenten jenseits der Grenzen der EU Unterstützung bei der Stärkung ihrer institutionellen Kapazität an. Zu solchen Aktivitäten gehören gemeinsame Schulungsprogramme und Studienreisen für Mitglieder und Beamte der Parlamente von Drittstaaten. Zudem bietet das Stipendienprogramm „Demokratie“ Bediensteten von Parlamenten außerhalb der EU die Möglichkeit, mehrere Wochen beim Europäischen Parlament zu verbringen und mit ihren Kollegen im EP-Sekretariat des Parlaments zusammenzuarbeiten. Die im Parlament eingerichtete Koordinierungsgruppe Demokratieförderung und Wahlen bietet politische Beratung für Aktivitäten zur Unterstützung der Demokratie an, einschließlich der Förderung der parlamentarischen Demokratie und Wahlbeobachtungen. Die Gruppe besteht aus 15 MdEP und wird von den Vorsitzenden der parlamentarischen Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten und Entwicklung gemeinsam geleitet. Marika Lerch 12/2016

Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 06/05/2017

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DIE EUROPÄISCHE UNION AUF EINEN BLICK Die Kurzdarstellungen sollen einen Überblick über den Prozess der europäischen Integration und den Beitrag des Europäischen Parlaments vermitteln. Die Kurzdarstellungen wurden 1979 anlässlich der ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament eingeführt. Sie sollen Laien einen einfachen und prägnanten, aber dennoch präzisen Überblick über die Organe und die Politik der Europäischen Union sowie die Rolle geben, die das Europäische Parlament bei ihrer Gestaltung spielt. Die Kurzdarstellungen sind in sechs Kapitel gegliedert: •

Arbeitsweise der Europäischen Union: Informationen über die Geschichte der EU, ihr Rechtssystem, ihre Organe und Einrichtungen, ihre Beschlussfassungsverfahren und ihre Finanzierung,



Europa der Bürger: kollektiven Rechte,



Binnenmarkt: Verwirklichung des Binnenmarkts und Erläuterung seiner Grundsätze,



Wirtschafts- und Währungsunion (WWU): Überblick über die Hintergründe der WWU und Erläuterung der Koordinierung und Überwachung wirtschaftspolitischer Maßnahmen,



Sektorbezogene Politikbereiche: Beschreibung der Handhabung verschiedener interner Politikbereiche durch die EU,



Außenbeziehungen der EU: Außenpolitik, Sicherheit und Verteidigung, Handel, Entwicklung, Menschenrechte und Demokratie, Erweiterung und über die Nachbarländer der EU hinausgehende Beziehungen.

Beschreibung der individuellen und

Die Kurzdarstellungen werden von den Fachabteilungen und dem Referat Unterstützung des wirtschaftspolitischen Handelns verfasst und das ganze Jahr über regelmäßig überarbeitet und aktualisiert, sobald das Parlament wichtige Standpunkte bzw. Maßnahmen verabschiedet.

www.europarl.europa.eu/factsheets/de Die Kurzdarstellungen werden regelmäßig aktualisiert und in 23 Sprachen auf der Website des Europäischen Parlaments veröffentlicht.