DOSSIER Armut

HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE (KASSEL) VOM 29. OKTOBER 2013

Menschen hinter der Zahl SERIE Ein Redakteur analysiert den Sozialstrukturatlas der Verwaltung

und zeigt am Beispiel Betroffener die Dramatik der Situation.

DREHBUCH Zeitung HNA Auflage 150.600 Kontakt Holger Schindler Telefon 0561 – 203 15 47 E-Mail [email protected]

Idee  Im Landkreis Kassel nimmt die Armut zu. „Immer mehr Menschen fallen in unseren 29 Kreis­ kommunen unter die Armuts­grenze – das ging aus dem Sozialstruktur­atlas hervor“, sagt Holger Schindler. Den im September 2013 vorgelegten Armuts­bericht der Kreisverwaltung Kassel nahm der Lokalredakteur der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen des­ halb zum Anlass, die Situation in einer vierteiligen Se­ rie näher zu beleuchten. „Das Thema ist zwar latent, wird aber so oft durch andere, dringendere Themen an den Rand gedrängt – das wollten wir ganz bewusst ändern“, sagt Schindler. Recherche  Zuerst las sich der Redakteur, der die Serie alleine schrieb, den 60-seitigen Bericht genau durch. „Das war eigentlich das Aufwendigste

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an der Recherche, genau die Zahlen und Statistiken „In jeweils einstündigen Gesprächen haben wir die zu studieren und zu überlegen, was man davon wie Fälle im Einzelnen durchgesprochen.“ Jeweils eine verwenden kann“, erklärt Schindler. Er wollte die halbe bis dreiviertel Seite räumte die Redaktion für Geschichten hinter den Zahlen erzählen: Was sind die Kurz­serie, die in loser Folge erschien, im Blatt das für Menschen, die Unterstützung bekommen? In frei. Neben einem Aufmacher zum jeweiligen Thema welcher Situation leben sie? Wie wird ihnen gehol­ gab es noch Info­grafiken und einen Hintergrund­ fen? Als Themen der Serie kristallisierten sich dann kasten mit zusätzlichen Informationen. folgende Schwerpunkte heraus: ein Überblick über die soziale Lage im Landkreis Kassel, die Situati­ Holger Schindler ist on von Kindern in armen Familien, Alters­armut und Lokalredakteur der zuletzt Menschen, die durch Armut krank werden. Hessischen/NiedersächProbleme  „Eigentlich wollte ich zu jedem The­ sischen Allgemeinen. menkomplex sowohl Betroffene als auch die verant­ wortlichen Verwaltungs­mitarbeiter an einen Tisch holen“, erklärt der Redakteur. Das gelang aber nicht, denn es ließen sich keine Betroffenen finden, die in diesem Rahmen Auskunft geben wollten. Umsetzung  „Da ich das Thema dennoch wei­ terverfolgen wollte, einigte ich mich mit dem Presse­ drehscheibeTIPP sprecher des Kreises darauf, dass mir wenigstens Gespräch mit einem Arzt: Welche Fälle von armuts­ realistische und konkrete Fall­beispiele mit anony­ bedingter Krankheit hatte er in den vergangenen misierten Personendaten vorgelegt werden“, sagt Monaten? Dazu ein Service­k asten: Hier erhalten Schindler. Vor jedem Artikel der Serie traf er sich mit arme und kranke Menschen Hilfe. dem Pressesprecher und kompetenten Gesprächs­ partnern des Themenbereichs aus der Verwaltung.

drehscheibe

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Dienstag, 29. Oktober 2013

Tote Schafe bewegen Gemüter

HINTERGRUND

Hilfe aus der Nachbarschaft Mit Blick auf die Kosten will der Landkreis verstärkt ehrenamtlich organisierte Nachbarschaftshilfen unterstützen. Nachbarschaftsvereine gibt es in Fuldatal, Kaufungen und Reinhardshagen; in Baunatal, Breuna und Grebenstein werde das Modell geprüft, sagt Kreissprecher Harald Kühlborn. In Fuldatal existiert der Verein bereits seit 1994. Zwei Dutzend Aktive besuchen alte Menschen zu Hause, begleiten sie zu Behörden oder zum Arzt, laden zum Kaffeeplausch ein oder helfen als Leihomas/-opas in Familien aus. (Infos: Tel. 0561/818123) Sehr wertvoll sei auch die private Nachbarschaftshilfe, die von vielen Menschen außerhalb von Organisationen geleistet werde, meint Vize-Landrätin Susanne Selbert. (hog) Infos: www.nachbarschaftshilfe-kassel-land.de

HNA-Online:

Vorfall in St. Ottilien HELSA. Hat ein Luchs vergangene Woche in St. Ottilien vier Schafe gerissen, oder war es womöglich doch ein Hund? Der Vorfall am Rande des Helsaer Ortsteils wird im Internet auf HNA-Online intensiv diskutiert. „Warum ein Jäger den Luchs dafür verantwortlich macht und ein Luchsexperte vom Forstamt Melsungen einen Hund, bleibt wohl ein Geheimnis“, schreibt Icefighter. „Der Luchs gehört nicht in die heutige Zeit (...): Genauso argumentieren die Jäger im Osten über den Wolf, der ihr blutiges Hobby stört“, kritisiert Verbraucher-Tier-Schutz. „Da müssen die Tiere abends in Stallungen gebracht oder ein Herdenschutzhund angeschafft werden. Ich persönlich finde es prima, dass diese Tiere hier wieder heimisch werden. Allerdings darf man die Gefahren auch nicht unterschätzen, Raubtiere sind gefährlich“, gibt ReinhardVanHinten zu bedenken. „Das müsste doch hinsichtlich des obigen Falls auch möglich sein: Eine Bissunterscheidung zwischen Luchs und Hund“, schreibt Werner_Heise. „Das Problem sind nicht die Tiere, sondern wir leben in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft, wo es nicht wirklich Platz für Großbeutegreifer gibt“, so Willylein. (ket) Im Internet ist es üblich, Pseudonyme zu verwenden. Diskutieren Sie über dieses Thema im Internet unter www.hna.de/soehre

Baum stürzte auf Spiekershäuser Straße

NIESTETAL. Durch heftige Sturmböen wurde am Montagnachmittag in Niestetal-Sandershausen ein Baum entwurzelt. Wie die Polizei mitteilte, fiel der Baum gegen 15 Uhr auf die Spiekershäuser Straße. Verletzt wurde niemand. Die Straße wurde gesperrt. Die Straßenmeisterei Espenau räumte den Baum beiseite. Gegen 18 Uhr, so Polizeisprecher Wolfgang Jungnitsch, war die Straße wieder befahrbar. (hog)

Von Armut betroffen: Viele Rentner, vor allem Frauen, können ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten. Sie sind auf Unterstützung angewiesen. Archivfoto: dpa

Armut wächst trotz neuer Jobs

Kreis muss immer mehr Menschen unterstützen – 36 300 Einwohner waren 2012 auf Hilfe angewiesen

Das Thema Von Armut sind auch viele Menschen im Landkreis Kassel betroffen. In seinem Armutsbericht beschreibt der Kreis die Situation. In einer Serie stellen wir die Auswirkungen für die Betroffenen dar. Der heutige Serienauftakt gibt einen Überblick über die soziale Lage im Landkreis Kassel. VON HOLGER SCHINDLER KREIS KASSEL. Die Armut im Landkreis Kassel nimmt zu. Immer mehr Menschen in den 29 Kreiskommunen fallen unter die Armutsgrenze, die in Deutschland nach EU-Definition bei einem verfügbaren Monatseinkommen von 869 Euro für Alleinstehende liegt. Das macht der Armutsbericht deutlich, den die Kreisverwaltung zum ersten Mal herausgegeben hat. Im Jahr 2005 lag die Armutsquote noch bei

14,6 Prozent, im Jahr 2012 stieg sie auf 15,5 Prozent, berichtet Wolfgang Engelmohr, der mit einer fünfköpfigen Projektgruppe die Daten für den Armutsbericht aufbereitet hat. Das heißt: 36 300 der 234 206 Einwohner im Landkreis waren im vergangenen Jahr von Armut betroffen. Der 60-seitige Armutsbericht liefert umfangreiche Daten über die LebenswirklichHNA-SERIE

Armut im Kreis Kassel (1) keit der Betroffenen: Rentner, die sich die Busfahrt in die Stadt nicht leisten können; alleinerziehende Mütter, die das Geld für den Sportverein oder den Kinobesuch ihrer Kinder nicht aufbringen können; Familien, die keine Sozialwohnung finden und daher weit aufs Land ziehen müssen, um sich ein Dach über dem Kopf leisten zu können. Die Broschüre sei ein Leitfaden für Politiker, Sozialorganisationen und interessierte Bürger, um Armutsrisiken entgegenzutreten, sagt die stellvertretende Landrätin Susanne Selbert (SPD). „Wir müs-

sen den Zusammenhalt stärken, um ein Auseinanderbrechen der Gesellschaft zu verhindern.“ Es gelte, die ökonomische und soziale Teilhabe aller Bürger umzusetzen, die im Grundgesetz verankert ist. „Sonst ist der soziale Friede gefährdet.“ Der Landkreis Kassel unterstützt Bedürftige entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen in drei großen Bereichen: Hartz IV, Jugendhilfe und Sozialhilfe/Grundsicherung. Dafür sind immer größere Summen notwendig. Fast die Hälfte des 278 Millionen Euro umfassenden Kreishaushalts entfällt auf den Sozialbereich: 137 Mio. Euro. Die Kosten zur Linderung von Armut sind ein Teil davon. 27,6 Mio. gibt der Kreis in diesem Jahr für Sozialhilfe und Grundsicherung aus, 21,9 Mio. für Hartz IV, 19,6 Mio. für die Jugendhilfe. „Die Kostenbelastung für den Landkreis ist dramatisch“, meint die Vizelandrätin, und jedes Jahr gebe es eine Kostensteigerung in Millionenhöhe. Obwohl im Landkreis Kassel in den vergangenen acht Jahren 6460 Arbeitsplätze neu geschaffen wurden, ist die Sicherung des Familieneinkom-

SOZIALLEISTUNGEN DES LANDKREISES Hartz IV

Sozialhilfe/ Grundsicherung

Jugendhilfe

25,4 26,4 21,9 20,5 21,6 +0,3* (1,4%)

2011 2012 2013

16,7

18,3

19,6

mens für immer mehr Menschen ein Problem. Denn bei 22 Prozent der Beschäftigten sei der Lohn so gering, dass sie nicht davon leben können, berichtet Engelmohr. Immer mehr Ältere mit geringer Rente sind auf Grundsicherung angewiesen. 1721 Menschen werden deswegen unterstützt, 68 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Der Großteil davon sind Frauen. Leben in Armut hat auch gesundheitliche Folgen. „Men-

+1,2* (4,6%)

+1,3* (6,8%)

2011 2012 2013

*Differenz 2012/2013

27,6

2011 2012 2013

Angaben in Mio. Euro

schen, die den Lebensunterhalt durch eine geringfügige Beschäftigung bestreiten müssen, sind deutlich häufiger krank“, sagt Markus Heckenhahn vom Gesundheitsamt Region Kassel. Infos: Der Armutsbericht kann im Internet auf www.landkreiskassel.de heruntergeladen werden. In der nächsten Folge beschreiben wir die Situation von Kindern in armen Familien. HINTERGRUND

Großbrand in Lohfelden: Spezialisten ermitteln

Ausbruchsstelle des Feuers im Keller des Wohn- und Geschäftshauses gefunden – Bewohner im Hotel „Zur Post“ untergebracht VON PETER KETTERITZSCH UND HANS-PETER WOHLGEHAGEN LOHFELDEN. Zwei Tage nach dem Großbrand in LohfeldenOchshausen haben Spezialisten der Kasseler Kriminalpolizei am Montag die Stelle gefunden, an der das Feuer im Keller des Wohn- und Geschäftshauses ausgebrochen war. Bei der Suche in dem Gebäude an der Hauptstraße wurden Torben Nebe und Volker Führer von Lohfeldens Gemeindebrandinspektor Klaus Sturm unterstützt. Er hatte den Einsatz geleitet, bei dem die Feuerwehren aus Lohfelden, Söhrewald, Kaufungen und Kassel mehrere Bewohner Video und Fotos zu diesem Thema gibt es auf http://zu.hna.de/brand2810

aus dem verqualmten Wohnhaus retteten. Nach Auskunft von Polizeisprecher Wolfgang Jungnitsch muss nun der Brandschutt entfernt werden. Die Staatsanwalt Kassel habe einen Sachverständigen hinzugezogen, der die Kripobeamten unterstützen wird. „Für die Wolfgang noch erforder- Jungnitsch lichen Untersuchungen bleibt der Brandort weiterhin beschlagnahmt“, sagte Jungnitsch. Nach Einschätzung des Polizeisprechers werden die Ermittlungen noch mehrere Tage in Anspruch nehmen. Sieben der 13 Bewohner des durch das Großfeuer völlig

verrauchten, unbewohnbaren Mehrfamilienhauses sind seit Samstag von der Gemeinde Lohfelden in dem nahe liegenden Hotel „Zur Post“ untergebracht. Es sei eine moralische Verpflichtung, den Betroffenen zu helfen, sagte Bürgermeister Michael Reuter (SPD). Der Verwaltungschef traf am Montagvormittag mit den Bürgern zusammen und sicherte ihnen weitere Hilfestellung, wie warme Kleidung oder bei Bedarf auch den Nachweis von Notunterkünften, zu. Mit Kämmerer Jochem Wenigmann sorgte Reuter spontan dafür, dass eine ältere Bewohnerin einen Rollator erhielt. Auch der Eigentümer des Blumengeschäftes war wieder zugegen: „Wir haben einen wirtschaftlichen Total-

schaden erlitten“, sagte Thomas Schmidtke. Mit seiner Frau Heike, die das Geschäft in der Hauptstraße betreibt, sei er jetzt erst einmal auf eine kleine Ausweichfläche in einem Blumengroßmarkt angewiesen, um wenigstens die Abonnenten bedienen oder auf eilige Anfragen reagieren zu können, sagte Schmidtke. Ebenfalls verheerend sieht es in der völ- Ermittlungen aufgenommen: Gemeindebrandinspektor und Einsatzleiter Klaus lig ausgebrannten Sturm (Bildmitte) informiert die Brandursachen-Ermittler der Polizei Volker benachbarten La- Führer (von links) und Torben Nebe über die Geschehnisse vom Samstag. Foto: Wohlgehagen den-Galerie aus.

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Donnerstag, 7. November 2013

B7-Unfall: Prozess geht weiter

HINTERGRUND

Landkreis muss einspringen

Brüder aus Kaufungen wurden schwer verletzt KAUFUNGEN / KASSEL. Der Strafprozess um einen Frontalzusammenstoß auf der B7, bei dem zwei Brüder aus Kaufungen schwer verletzt worden waren, wird erst im kommenden Jahr fortgesetzt. Das Kasseler Amtsgericht habe die Verhandlung auf den 22. Januar terminiert, teilte dessen Pressesprecher Matthias Grund auf HNA-Anfrage mit. Über den Unfall vom Oktober 2012 war bereits am 8. Mai dieses Jahres verhandelt worden. Angeklagt ist ein Mann aus Eschwege. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Körperverletzung sowie Gefährdung des Straßenverkehrs vor. Im Mai hatte das Amtsgericht die Verhandlung ausgesetzt, um ein technisches Gutachten einzuholen. Geklärt werden sollte, ob der Wagen des Eschwegers gebremst oder ungebremst mit dem Auto zusammenstieß, in dem die Kaufunger saßen. Dieses Gutachten liegt dem Gericht inzwischen vor. Zum Prozesstermin im Januar werde neben dem KfzSachverständigen auch ein gerichtsmedizinischer Gutachter geladen, so der Gerichtssprecher. (kaj)

Rettungswagen stieß mit Pkw zusammen FULDABRÜCK / KASSEL. Ein Autofahrer aus Kassel ist bei einem Unfall am Mittwochnachmittag in FuldabrückBergshausen leicht verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, hatte der Fahrer eines Rettungswagens bei seiner Alarmfahrt einen Pkw übersehen und gerammt. Der Unfall ereignete sich gegen 14 Uhr an der Kreuzung Gottlieb-Daimler-Straße / Rudolf-Diesel-Straße. Laut Polizei war ein 32-Jähriger aus Söhrewald mit dem Rettungswagen in Richtung Gottlieb-DaimlerStraße unterwegs. Vor ihm fuhr ein 33-Jähriger aus Kassel. Als der nach links auf ein Firmengrundstück abbiegen wollte, setzte der Rettungswagenfahrer, der keinen Patienten an Bord hatte, gerade zum Überholen an. Es kam zum Zusammenstoß. Der 33-Jährige wurde dabei leicht verletzt und von einem anderen Rettungsfahrzeug ins Krankenhaus gebracht. Der 32-Jährige blieb unverletzt. Die Polizei schätzte den Schaden am Rettungswagen auf 10 000 Euro, am Pkw auf 4000 Euro. (hog)

Kurz notiert Bergmann hieß Justus Anacker

SÖHREWALD. In unserem Bericht über das Buch zum Kohlebergbau in der Söhre wurde ein falscher Name genannt. Auf dem Bild war neben anderen Bergleuten unter Tage nicht Jean, sondern Justus Anacker zu sehen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. So erreichen Sie die Redaktion Kreis Kassel: Peter Ketteritzsch Tel.: 05 61 / 203 15 25 Fax: 05 61 / 203 24 00 [email protected] www.hna.de

Schwieriger Start: Eine alleinerziehende Mutter mit ihrem Säugling. Die ersten Monate können zur Überforderung werden, wenn die Unterstützung durch die Familie fehlt. Archivfoto: dpa

Not wird meist versteckt Fast 4000 Kinder und Jugendliche im Landkreis Kassel wachsen in Armut auf

Das Thema Von Armut sind auch viele Menschen im Landkreis Kassel betroffen. Das zeigt der Armutsbericht, den der Kreis erstmals vorgelegt hat. In unserer Serie stellen wir die Auswirkungen von Armut für die Betroffenen dar. Heute geht es um die Situation von Kindern und Jugendlichen und ihren Familien. VON HOLGER SCHINDLER KREIS KASSEL. Armut hat viele Gesichter, doch die Scham

der Betroffenen ist meist groß, und so wird die Not vor der Öffentlichkeit versteckt. Um die Anonymität zu wahren, beschreiben wir hier Beispiele von Kindern und Jugendlichen mit ihren Familien, ohne Namen zu nennen: Sie ist 28, alleinerziehende Mutter mit einem einjährigen Säugling, der Vater hat sich in die Türkei abgesetzt. Unterhalt zahlt er nicht, auch die Verwandtschaft will von der jungen Mutter mit ihrem Kind wenig wissen. „Ich schaffe das nicht mehr“, sagt die 28-Jährige, als sie bei der Beratungsstelle „Frühe Hilfen“ des Landkreises auftaucht. Geldprobleme, Schlafmangel, Isolation, die alleinige Verantwortung für das Kind rund um die Uhr – sie ist am Ende. Um ihren finanziellen Spielraum zu erhöhen, gewährt

MEHRFACHBEZUG VON HILFELEISTUNGEN Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 20 Jahren, die im Landkreis Kassel unterstützt werden.

Förderung der Kindertages(16,4 % der betreuung

Hilfe zur Erziehung

Altersgruppe)

7037 2643

242 523

der Kreis ihr ergänzend zum Hartz-IV-Bezug einen Unterhaltsvorschuss. Auch darüber hinaus versuchen die Sozialarbeiter, der jungen Mutter unter die Arme zu greifen. Der Versuch, eine TaHNA-SERIE

Armut im Kreis Kassel (2) gesmutter zu finden, scheitert jedoch. Denn der Kreis übernimmt nur den Regelsatz, doch dafür seien die meisten Tagesmütter nicht bereit zu arbeiten, berichtet Angela Graichen vom Fachbereich „Frühe Hilfen“ – einen privaten Finanzanteil kann die 28-Jährige aber nicht beisteuern. Eine sozialpädagogische Familienhilfe sucht nun einen Platz zur U3-Betreuung, parallel dazu versucht sie mit der Alleinerziehenden, Kontakte mit anderen Müttern in ähnlicher Situation zu knüpfen. Denn die 28-Jährige ist kein Einzelfall. Für fast 4000 Kinder und Jugendliche zahlt der Land-

kreis zwei oder mehrere Hilfeleistungen, sie gelten damit als arm. Dass Armut nicht nur ein finanzielles Problem ist, zeigt sich bei dieser Familie: Ein 16jähriger Junge wird in der Schule auffällig. Er bedroht andere Schüler und brüstet sich mit seinen – kleinen – Besitztümern. Sein Verhalten ist der Versuch, die für ihn unerträgliche Lage zu Hause zu überspielen: Die dreiköpfige Familie lebt an der Armutsgrenze. Die Mutter, Mitte 40, hat einen Vollzeitjob als geringbezahlte Verkäuferin; der Vater, Anfang 50, einen Minijob. „Die Familie würde aus Scham nie aufstocken, obwohl sie Anspruch darauf hätte“, berichtet Horst Winciers vom Bereich Soziales. Der pubertierende Sohn leidet vor allem darunter, dass sein Vater in seinen Augen versagt, er rebelliert gegen das Familienoberhaupt. Ein ambulanter Jugendhelfer versucht nun, mit dem 16-Jährigen am Thema Männlichkeit zu arbeiten. In manchen Familien, vor allem bei jahrelangem Hartz-IVBezug, blicken die Kinder noch

Für 7429 Kinder und Jugendliche bis zu 20 Jahren – das sind 17,3 Prozent dieser Altersgruppe – zahlt die Kreisverwaltung Unterhaltsvorschuss, weil die Väter sich entziehen. Auch bei der Finanzierung der Kindertagesbetreuung ist der Kreis häufig gefordert: 7037 Kinder und Jugendliche (16,4 Prozent) werden hier unterstützt. Diese Kosten steigen stark an: Im Jahr 2012 musste der Kreis 667 000 Euro aufbringen, fürs laufende Jahr rechnet man mit 887 000 Euro. 3126 Kinder im Landkreis bekommen Hilfen zur Erziehung – 7,3 Prozent ihrer Altersgruppe. Wer zwei oder mehrere dieser Leistungen gleichzeitig bezieht, gilt als arm. Im Landkreis Kassel sind dies fast 4000 Kinder und Jugendliche. (hog) HILFEN FÜR SCHÜLER

Bildungs- und Teilhabepaket (2012) Ausflüge und Klassenfahrten Schulbedarf Schülerbeförderung Lernförderung Mittagsverpflegung (ohne Hort) Teilhabeleistungen

Fallzahlen

Summe der Einzelleistungen Zahl der unterstützten Kinder

904 2 069 215 127 797 557 4 669 2 911

Quelle: Armutsbericht Kreis Kassel

hoffnungsloser in die Zukunft. „Ich habe mit zwölf schon gemerkt, dass sich Anstrengung nicht lohnt, da komme ich sowieso nicht raus“, zitiert Winciers einen Jugendlichen. Die Folgen sind häufig Schuleschwänzen, Diebstähle, Drogen- und Alkoholkonsum oder aggressives Verhalten. Auch für den Kreis sind die Folgen gravierend: Sie bedeuten meist jahrelange Unterstützung und erhebliche Kosten. HINTERGRUND, STICHWORT Die nächste Folge beschäftigt sich mit der Situation von alten Menschen.

STICHWORT

Familienrat trifft Absprachen: Onkel fährt Jungen zum Fußballtraining

3126

(7,3 % der Altersgruppe)

525

7429

(17,3 % der Altersgruppe)

Unterhaltsvorschuss

So versucht der Kreis, Familien mit Kindern und Jugendlichen zu unterstützen. • „Frühe Hilfen“ mit Beratung und Unterstützung für Familien mit Neugeborenen; auch unkonventionelle Lösungen wie Ergänzung von Lebensmitteln durch Tafeln, Vermittlung von gebrauchten Elektrogeräten und Suche nach bezahlbarem Wohnraum.

• Frühförderung bei Behinderung. • Bildungs- und Teilhabepaket: Finanzielle Unterstützung bei Klassenfahrten, Schulbedarf, Mittagsverpflegung etc. • Ambulante Betreuung von Jugendlichen. • Familienrat: Ein Sozialarbeiter moderiert Treffen mit Verwandten, Lehrern etc. Ziel sind verbindliche Absprachen

zur Selbsthilfe, z.B. dass der Onkel den Jungen regelmäßig zum Fußballtraining fährt. • Berufliche Orientierung, Unterstützung für benachteiligte Jugendliche bei Berufsfindung. • Jugendgerichtshilfe zur Verbesserung der Chancen jugendlicher Straftäter. (hog) Infos und Kontakt: www.landkreiskassel.de

Quelle: Armutsbericht Kreis Kassel

Feuerwehr zieht um

Einsatzzentrale in Lohfelden fast fertig – Eröffnung am 22. November LOHFELDEN. Es ist so weit: Nach fast zweijähriger Bauzeit ist der Bau des zentralen Feuerwehrhauses in Lohfelden bis auf Restarbeiten abgeschlossen. Die Gemeinde lädt für Freitag, 22. November, zu einer Einweihungsfeier ein. „Die Freiwillige Feuerwehr wird bei Bedarf bereits ab 16./ 17. November Einsätze vom neuen Standort aus fahren“, sagte Gemeindebrandinspek-

tor Klaus Sturm der HNA. Man werde die Feuerwehrhäuser in Ochshausen und Vollmarshausen jetzt komplett räumen und auch mit dem Einsatzmaterial und Gebrauchsgegenständen, der Schutzkleidung und den Schulungsunterlagen in die neuen Räume einziehen, sagte Sturm. Die Gemeinde Lohfelden wendet für das neue Domizil der Freiwilligen Feuerwehr

auf dem Areal neben der Grünen Mitte 4,8 Mio. Euro auf. Entstanden sind eine Halle mit acht Fahrzeugboxen, ein Schulungs- und Dienstbereich, eine Lagerhalle und ein zwölf Meter hoher Übungsturm. Im mehrstöckigen Gebäudeteil gibt es einen Lehrund Veranstaltungssaal. Außerdem befinden sich dort die Einsatzzentrale sowie Umkleide- und Duschräume. (ppw)

Fast fertig: In diesen Tagen zieht die Freiwillige Feuerwehr Lohfelden ins neue Feuerwehrhaus ein. Unser Bild zeigt Gemeindebrandinspektor Klaus Sturm vor der neuen Fahrzeughalle. Foto: ppw

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Dienstag, 19. November 2013

Drohender Steinschlag an Straße

STICHWORT

Hier gibt es Unterstützung • Beratungsstellen für Senioren gibt es in Kaufungen, Niestetal, Baunatal, Vellmar, Wolfhagen und Hofgeismar. Die Mitarbeiter machen auch Hausbesuche. Sie helfen zum Beispiel bei der Vorsorgevollmacht oder wenn das Bad barrierefrei gemacht werden muss. • Demenzberatung des Vereins Barke • Hilfe durch ausgebildete Ehrenamtliche gibt es in Kaufungen, Vellmar, Wolfhagen, Hofgeismar und Bad Karlshafen. Der Kreis sucht weitere Ehrenamtliche, die sich 30 Stunden in Theorie und Praxis schulen lassen, und unterstützt örtliche Gruppen beim Aufbau. (hog) Weitere Informationen: Tel. 0561/10030, www.landkreiskassel.de

Hang bei Dennhausen wird ab heute gesichert

Viele Rentner bleiben außen vor: Alte Menschen mit geringer Rente sind häufig vom sozialen Leben ausgeschlossen, weil sie nicht mobil sind und sich die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben nicht leisten können. Archivfoto: dpa

Alte Menschen oft ausgegrenzt

Immer mehr Rentner leben in Armut – Im Landkreis Kassel sind 989 Personen auf Unterstützung angewiesen

Armut im Kreis Kassel (3) ren geschieden, vom Ex-Mann erhält sie keine Zuwendungen. Sie war als Einzelhandelskauffrau berufstätig, ihre Rente beträgt 650 Euro und liegt damit deutlich unter der Armutsgrenze von 869 Euro.

Dass eine wachsende Zahl von Menschen nicht von der Rente leben kann, hat unterschiedliche Gründe: • Zunahme von Niedriglöhnen • längere Phasen der Arbeitslosigkeit • die Zunahme von Minijobs • Teilzeitbeschäftigung

ONLINE-UMFRAGE In Kaufungen wird über die Größe des geplanten Festplatzes diskutiert. Der Festplatz sollte wie geplant verwirklicht werden.

61

43,3 %

Der Festplatz wird nicht mehr benötigt.

31

Der Festplatz sollte in abgespeckter Form angelegt werden.

Diese Umfrage ist nicht repräsentativ Quelle: HNA.de

Bau eines Schutzzaunes, halbseitige Straßensperrung

Bergshausen

A44

Denn-/ Dittershausen

Das ist Teppanyaki Unsere asiatische Küche verwöhnt Sie mit • chinesischen • japanischen • mongolischen Spezialitäten. Wir haben für Sie 365 Tage im Jahr ein Buffet mit großer Auswahl. Teppanyaki ist auf den öffentlichen Verkehrswegen sehr gut zu erreichen, außerdem bieten wir Ihnen ausreichend Parkplätze am Haus.

Mittagsbuffet

Rentenniveau sinkt auf 43 Prozent

49

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HINTERGRUND

34,7 % 22,0 %

A49

r rte kfu r. n t Fra S

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HNA-SERIE

Arme alte Menschen tauchen in der Öffentlichkeit daher häufig gar nicht mehr auf – weil sie es sich nicht leisten können. Mobilität ist mit zunehmendem Alter ein Problem. Ein eigenes Auto ist zu teuer, Busse fahren auf dem flachen Land nur spärlich, nachts gar nicht. So scheitert etwa der Besuch im Theater, wenn er überhaupt finanzierbar wäre. Die Folge: Die Betroffenen drohen zu vereinsamen. 42 Prozent der Betroffenen haben nur zu maximal zwei wichtigen Personen regelmäßig Kontakt, sieben Prozent der 65- bis 85-Jährigen geben an, dass sie überhaupt keine

STEINSCHLAGSCHUTZ

Fuld

KREIS KASSEL. Armut hat viele Gesichter, auch im Landkreis Kassel reicht vielen Menschen die Rente nicht zum Leben – und ihre Zahl steigt kräftig. Waren im Jahr 2008 noch 836 Menschen auf Grundsicherung angewiesen, so erhielten im Jahr 2012 bereits 989 Personen finanzielle Unterstützung vom Kreis. In den vergangenen zehn Jahren stieg die Zahl um 68 Prozent.

von 40 Prozent der Betroffenen aus, die lieber aufs Geld vom Amt verzichten und ihre Armut in Kauf nehmen. Immer öfter muss der Landkreis auch Menschen unterstützen, die pflegebedürftig sind und die ambulanten oder stationären Kosten allein nicht schultern können. Der Kreis hat an Hilfe zur Pflege im vergangenen Jahr 6,3 Mio. Euro gezahlt. HINTERGRUND STICHWORT

Str.

VON HOLGER SCHINDLER

Mobilität ist ein Problem

bedeutsamen Kontakte mehr haben. Wer körperlich dazu in der Lage ist, versucht, seine niedrige Rente aufzubessern. So hatten 1992 Rentnerinnen und Rentner im Landkreis im Jahr 2011 einen Mini-Job, um über die Runden zu kommen – gegenüber dem Jahr 2003 eine Steigerung um 40 Prozent. Die Scham darüber, sich beim Amt finanzielle Unterstützung zu holen, ist gerade bei älteren Menschen weit verbreitet. Sozialplaner gehen

Karte: OSM, CC-BY-SA

Von Armut sind auch viele Menschen im Landkreis Kassel betroffen. Das zeigt der Armutsbericht, den der Kreis erstmals vorgelegt hat. In unserer Serie stellen wir die Auswirkungen von Armut für die Betroffenen dar. In unserer dritten Folge geht es heute um Armut und soziale Kontakte.

Die 67-Jährige berichtet: „Die Arbeitskolleginnen von früher treffen sich einmal im Monat im Café. Da kann ich nicht hingehen. 10 Euro Fahrgebühren, und dann da ein Kaffee für fünf oder sechs Euro mit einem Stück Kuchen – das kann ich mir nicht erlauben. Die haben schon zweimal für mich gesammelt. Und dann schieben sie mir die 15 Euro hin – also, mir ist das so peinlich.“

äuser nnh De

Das Thema

8,1 Mio. Euro musste der Kreis 2012 für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ausgeben. Dabei sei die jetzige Rentnergeneration in der Regel gut versorgt, sagt Karin Tietz vom Fachbereich Soziales der Kreisverwaltung – wenn der besser verdienende Ehepartner noch lebe. Schwierig sei die Situation aber schon heute vor allem für alleinstehende Frauen, die etwa wegen Kindererziehung geringe Rentenansprüche erworben haben. 66 Prozent der Rentenbezieher unter 700 Euro sind Frauen. Ein Beispiel aus dem Landkreis Kassel: Die Rentnerin lebt in einer Kreiskommune, ist 67 Jahre alt, hat drei Kinder, sie wurde nach 25 Ehejah-

FULDABRÜCK / KASSEL. Weil Steine und Geröll auf die Fahrbahn zu stürzen drohen, muss der Hang über der Kreisstraße bei Dennhausen mit einem Schutzzaun gesichert werden. Aus diesem Grund wird die Verbindung zwischen dem Fuldabrücker Ortsteil und Kassel vom heutigen Dienstag an für voraussichtlich zwei Wochen auf einer Länge von 500 Metern halbseitig gesperrt. Nach Angaben von Kreissprecher Harald Kühlborn hatte eine gemeinsame Überprüfung des Hangs durch den Landkreis sowie die Landesbehörden Hessen Mobil und Hessen-Forst ergeben, dass Handlungsbedarf besteht und ein Schutzzaun unerlässlich ist. Die Bauarbeiten werden laut Kühlborn von einer Firma aus Thüringen ausgeführt. Die Sicherung des Hangs an der Kreisstraße kostet rund 40 000 Euro. (ket)

• längere Berufsunterbrechungen für Kindererziehung und zur Pflege von Angehörigen. • Aber auch die Rentenreform wird durch die schrittweise Absenkung des Rentenniveaus von heute 51 auf 43 Prozent (2030) in Zukunft massiv zu Buche schlagen. So erhält ein Rentner, der

heute nach 35 Beitragsjahren mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2500 Euro aus dem Beruf ausscheidet, 816 Euro Rente. Im Jahr 2030 wird ein Rentner mit demselben Bruttoeinkommen nur 688 Euro an Rente erhalten. (hog)

Montag bis Samstag (außer an Feiertagen) 12 – 15 Uhr Erwachsene 6,80 Euro Kinder 3 – 5 Jahre 2,10 Euro Kinder 6 – 11 Jahre 4,20 Euro

Teppanyaki-Grill-Buffet Montag bis Samstag 17.30 – 22.30 Uhr Sonn- und Feiertage 12 – 22.30 Uhr Erwachsene 12,80 Euro

Kinder 3 – 5 Jahre 2,10 Euro · Kinder 6 – 11 Jahre 6,80 Euro

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HNA-Online: Votum über Areal in Kaufungen tigt wird. 22 Prozent der Teilnehmer (31) an der nicht repräsentativen Abstimmung halten einen Festplatz für notwendig, plädieren aber für eine abgespeckte Variante. Der Festplatz wird vom Kreisel auf das frühere Riffer-Gelände verlegt. Das Areal am Kreisel soll bebaut werden. An dieser Stelle sowie auf weiteren freien Grundstücken soll die Neue Mitte von Kaufungen entstehen. (ket)

Am 25./26. + 31. Dezember bieten wir Ihnen von 17.00 bis 22.00 Uhr unser Luxusbuffet an. Mit leckerer Gänsekeule, Hummerkrabben, Haifisch-Steak, Krokodilfilet, spanischem Schinken und noch vielerlei luxuriöser Auswahl. Buffet pro Person 18,80 Euro

GUTSCHEIN

Mehrheit stimmt für großen Festplatz KAUFUNGEN. In der Diskussion über die Notwendigkeit eines neuen Festplatzes in Kaufungen halten die meisten Teilnehmer unserer Online-Abstimmung die aktuellen Pläne der Gemeinde für richtig. 43,3 Prozent der Teilnehmer (61) wünschen, dass der Festplatz wie geplant angelegt wird. 34,7 Prozent (49 Teilnehmer) sind dagegen der Ansicht, dass ein Festplatz nicht mehr benö-

Luxusbuffet Weihnachten / Silvester

12,80 F für 2 Personen

Öffnungszeiten: Montag bis Samstag von 10.30 bis 15.00 Uhr und 17.00 bis 23.00 Uhr Sonn- und Feiertag von 10.30 bis 23.00 Uhr (365 Tage im Jahr geöffnet)

(für die 2. Person kostenlos) Gültig bis 22.12.2013, von 17.30 – 22.00 Uhr

(keine Barauszahlung)

Hannoversche Straße 23 I 34266 Niestetal I Inh. Liulin Yuan Tel.: 05 61.400 987 18 I Fax: 05 61.400 987 19 I E-Mail: [email protected]

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Samstag, 7. Dezember 2013

LED-Licht für alle Straßen

„Flinke Nadeln“ helfen

NIESTETAL. Von den 1300 Straßenlampen in Niestetal sind bisher 400 auf die sparsameren und helleren LEDLeuchten umgerüstet worden. Im kommenden Jahr sollen sämtliche 900 anderen Straßenlaternen folgen. Das hat die Gemeindevertretung am Donnerstag einstimmig beschlossen. Um diesen Kraftakt finanziell stemmen zu können, wird die Gemeinde ein Darlehen über 700 000 Euro bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufnehmen. Bei einem Zinssatz von unter 0,8 Prozent und einer Laufzeit von zehn Jahren ist das nach Einschätzung von Bürgermeister Andreas Siebert (SPD) ein prima Geschäft. Die sparsamen LED-Leuchten werden die Stromkosten Niestetals deutlich senken. Heute, so Bauamtsleiter Peter Lieder, verbrauchen die Straßenlampen jährlich rund 540 000 Kilowattstunden (kWh) elektrische Energie, was mit 112 000 Euro zu Buche schlägt. Nach der Umstellung werden es nur noch 254 000 kWh für 57 000 Euro sein. Abzüglich der Kosten für Zinsen und Tilgung spart die Gemeinde durch die neuen Lampen 20 000 Euro im Jahr. Hinzu kommt der verbesserte Wirkungsgrad der LEDLeuchten. Bürgermeister Siebert: „Die neuen Lampen sind heller und lassen sich auch deutlich besser auf die Straßenteile ausrichten, die ausgeleuchtet werden sollen.“ Bisher gebe es zahlreiche Beschwerden von Bürgern über unzureichende Beleuchtung und dunkle Löcher im nächtlichen Straßenbild der Gemeinde. Und: Die niedrigeren Kosten machen teilweise Abschaltungen von Straßenlampen wie in anderen Kommunen überflüssig. (tom)

HELSA/KASSEL. Zu der Patchwork-Ausstellung der Helsaer Quiltgruppe „Flinke Nadeln“, die in der evangelischen Kirche in Wickenrode stattgefunden hat, kamen mehr als 500 Besucher. Zwölf Frauen im Alter von 47 bis 72 Jahren, die aus Helsa selbst, aus Wickenrode sowie aus Kaufungen, Kassel und Witzenhausen kommen, präsentierten in ihrer fünften Ausstellung über 50 Arbeiten. Durch den Verkauf von Kaffee und Kuchen, Losen sowie Arbeiten der 2012 verstorbenen Gründerin der Gruppe, Gudrun Knoblauch, kamen 1300 Euro für einen guten Zweck zusammen. Im Senioren- und Therapiezentrum in Helsa, wo sich die Frauen regelmäßig treffen, übergaben sie den Betrag nun an Maria Johannhörster vom Ambulanten Kinderhospizdienst Kassel, der seinen Sitz in Kassel-Bettenhausen hat. (pbw) Infos: www.deutscher-kinderhospizverein.de, Tel. 05 61/ 5 29 77 10, Kontakt zur Quiltgruppe: Ursula Nödler, Tel. 056 04/72 55.

Frauen aus Landkreis fördern Hospizarbeit

Niestetal will 2014 alle Lampen umrüsten

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Musik und Lesung in der Stiftskirche

KAUFUNGEN. In der Stiftskirche Kaufungen findet im Advent werktags ab 18 Uhr jeweils für eine halbe Stunde eine ökumenische Veranstaltung mit Musik und Lesung statt. Am Montag, 9. Dezember, liest Marianne Sell. Sie wird musikalisch begleitet von Dr. Martina Llaguno (Violine), Jutta Beier (Violine), Dr. HanssGeorg Poppe (Viola) und Dorothea Bendiek (Violoncello). Dienstag, 10. Dezember: Lesung von Matthias Haese mit musikalischer Begleitung von Uschi Grabenhorst, Ute Hoffmann und Ulrike Wittwer an der Flöte und Elke Phieler an der Orgel. Mittwoch, 11. Dezember: Die Lesung von Günter Lehmann begleiten Dr. Albrecht Goldmann und Jutta Beier (Oboe) sowie Dr. Anja Heiderich (Englischhorn). Donnerstag, 12. Dezember: Heiko Führer liest und Gertrud Lutze-Walther spielt Orgel. Freitag, 13. Dezember: Die Lesung von Klaus Hildebrandt begleiten Michael Hintze (Horn) und Martin Baumann (Orgel). (ria)

Wasser marsch auf Schloss Wülmersen „Wasser marsch!“ hieß es für 17 Jugendliche und sechs Erwachsene des Jugendforums der Kreisjugendfeuerwehren Vellmar, Espenau, Kaufungen

und Lohfelden bei Trendelburg. Im Wasserschloss Wülmersen erlebten sie ein abwechslungsreiches Wochenende. Neben Feuerwehrübungen

ging es auch darum, die Jugendlichen an der Gestaltung von Veranstaltungen der Kreisjugendfeuerwehr zu beteiligen. Dazu hatte Kreisjugend-

feuerwehrsprecher Tobias Brücke die Sprecher der 35 Jugendwehren im Altkreis Kassel ins Schloss eingeladen. (sur) Foto: nh

Krank durch sozialen Abstieg

Menschen mit wenig Geld und Alleinerziehende haben schlechtere Gesundheit – Frauen häufig betroffen

Das Thema Von Armut sind auch viele Menschen im Landkreis Kassel betroffen. Das zeigt der Armutsbericht, den der Kreis erstmals vorgelegt hat. In unserer Serie stellen wir die Auswirkungen von Armut für die Betroffenen dar. In unserer letzten Folge geht es heute um Armut und Krankheit. VON HOLGER SCHINDLER KREIS KASSEL. Arme Menschen sind öfter krank und sterben deutlich früher als Menschen ohne finanzielle Sorgen. „Die Lebenserwartung ist zehn Jahre geringer“, sagt HNA-SERIE

Armut im Kreis Kassel (4) Markus Heckenhahn von der Abteilung Gesundheitsförderung im Gesundheitsamt Region Kassel. Das belege auch

eine aktuelle Studie des Robert-Koch-Instituts. 1870 Menschen im Landkreis Kassel wurden im Jahr 2012 von einem der sieben Ärzte des Gesundheitsamts begutachtet, um festzustellen, ob sie noch arbeitsfähig sind. Der Hintergrund: Wer Hartz IV bezieht, muss für mindestens drei Stunden pro Tag arbeitsfähig sein. Wer dieses Limit wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht erreicht, erhält Grundsicherung (früher Sozialhilfe): 382 Euro für Alleinstehende zuzüglich Miete und Heizkosten. Fördermaßnahmen finden in der Grundsicherung nicht mehr statt – dies ist das Ende einer Spirale, die vielen HartzIV-Empfängern droht.

Hohe Dunkelziffer Unser Beispiel (siehe Hintergrund) skizziert den Lebensweg einer Frau aus dem Landkreis Kassel, die nach Krankheit und Tod ihres Ehemannes und durch eigene Erkrankungen finanziell und sozial immer weiter absteigt, bis sie – mit jetzt 53 Jahren und schweren psychischen und körperlichen Symptomen – in der Grundsicherung angekommen ist. Hier das Ruder herumzureißen, ist kaum

HINTERGRUND

Mit 53 Jahren am Ende: Protokoll eines langen Abstiegs Lisa Kranz (Name von der Redaktion geändert) wird 1960 als jüngstes Kind einer Handwerkerfamilie im Landkreis geboren. Drei ihrer fünf Geschwister sterben im Kindesalter. Sie ist musisch begabt und lernt Klavierspielen. 1976: Nach Realschulabschluss Lehre als Kauffrau 1977: Heirat eines Taxifahrers; Bezug einer gemeinsamen Mietwohnung auf einem Dorf im Landkreis 1978/1982: Geburt eines Sohns und einer Tochter; von nun an Mutter und Hausfrau 2006: Ehemann ist nach Herzinfarkt berufsunfähig; sehr kleine Rente; Lisa Kranz geht wieder arbeiten: halbnoch möglich. Und die Dunkelziffer ist hoch; niemand weiß, wie viele Menschen in ähnlichen Situationen leben. Denn Menschen aus schwierigen sozialen Verhältnissen gehen seltener zum Arzt. „Die Fürsorge für sich selbst ist reduziert“, sagt Ingrid Strotmann, Fachärztin für öffentliches Gesundheitswesen im Gesundheitsamt. Der Landkreis versucht daher, schon früher

tags als Reinigungskraft 2007: Massiver Geldmangel; das Auto muss verkauft werden; Lisa Kranz pflegt ihren Ehemann; Arbeit als Reinigungskraft wird zu schwer; starke Schmerzen im Rücken; Amtsarzt stellt leichte Depression fest 2008: Das Klavier muss verkauft werden; kein Urlaub mehr möglich 2011: ständige Geldsorgen; Schlafstörungen, starke Schmerzen in Sehnen, Muskeln und Gelenken 2012: Der Ehemann stirbt. Amtsarzt stellt bei Lisa Kranz Bluthochdruck, Diabetes und mittelschwere Depression fest; sie muss ihre Wohnung kündianzusetzen – solange die Betroffenen noch Hartz IV beziehen und durch Schulungen oder aufsuchende Maßnahmen unterstützt werden können. „Auch Alleinerziehende haben im Durchschnitt eine schlechtere Gesundheit“, meint Markus Heckenhahn. Im Jahr 2011 waren im Kreis 1376 alleinerziehende, erwerbsfähige Personen mit Hilfebedarf gemeldet, fast alle GRUNDSICHERUNG Leistungsberechtigte im Alter von 18 bis 65 Jahren bei der Grundsicherung wegen Erwerbsminderung im Landkreis Kassel

Nichts geht mehr: Die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt an. Überproportional betroffen sind Menschen, die nur sehr wenig Geld für den Lebensunterhalt haben. Archivfoto: dpa

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gen – nach 35 Jahren auf dem Dorf zieht sie in kleine Sozialwohnung in sozialem Brennpunkt in Kassel um 2013: starke Vereinsamung; liegt den ganzen Tag auf der Couch; keine Kontakte zu Nachbarn, keine Freundinnen, keine Hobbys, geht nicht mehr raus; schwere Depression; sie bricht Kontakt zu ihren Kindern ab; Amtsarzt bescheinigt ihr Erwerbsunfähigkeit; Geldmangel; stark lärmempfindlich; nach Randale durch jugendliche Nachbarn im Hochhaus kommt sie mit einer Herzattacke ins Krankenhaus. Wenn sie wieder nach Hause kommt, hat sie niemand mehr, der sich um sie kümmert. (hog) waren Frauen. 300 von ihnen gingen einer geringfügigen Beschäftigung nach. „Dieser Personenkreis ist gesundheitlich in hohem Maß gefährdet“, ist im Armutsbericht des Landkreises zu lesen. Im Vergleich mit Müttern in vollständigen Familien leiden sie – statistisch gesehen – dreimal so oft unter Nierenkoliken (15,7 Prozent), Hepatitis (10,2 Prozent) oder psychischen Erkrankungen (24,7 Prozent).

Öfter übergewichtig Auch Kinder aus Familien mit schmalem Geldbeutel sind gesundheitlich stärker gefährdet. Sie sind häufiger übergewichtig oder fettleibig, leiden öfter unter Essstörungen, bewegen sich weniger, rauchen mehr und haben deutlich schlechtere Zähne. Um die Risiken der Betroffenen zu verringern, müsse gemeinsam von Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Verbänden und freien Trägern eine kommunale Gesundheitsstrategie erarbeitet werden, heißt es im Sozialatlas. Die dort gesammelten Zahlen und Daten sollen als Grundlage dafür dienen. HINTERGRUND