NRW Prozess Fortschritt gestalten
Experten-Workshop der Arbeitsgruppe „Zukunft des Dialogs von Unternehmen und Gesellschaft" zu
„Mehrwert durch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen“ Einführung Am 26. Juni 2014 fand im Kontext des Dialogprozesses „Fortschritt gestalten“ im Wirtschaftsministerium NRW ein Experten-Workshop der Arbeitsgruppe „Zukunft des Dialogs von Unternehmen und Gesellschaft" statt. Der Workshop wurde vom Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP, Wuppertal) organisiert und hatte den „Mehrwert durch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen“ zum Thema. In vier angebotenen Arbeitsgruppen diskutierten die Teilnehmer, wie der Mehrwert von unternehmerischem Handeln und von Produkten und Dienstleistungen für Wirtschaft und Gesellschaft transparenter und bewertbarer gemacht werden kann, welche Verhaltensänderungen aber auch welche Innovationen damit unterstützt werden können und welche Möglichkeiten einer wirkungsvollen Unternehmenskommunikation es gibt. Im Blickpunkt standen die Identifikation wissenschaftlicher Fragestellungen, die Umsetzung in der Unternehmenspraxis sowie mögliche Handlungsempfehlungen für die Politik. Im Plenum hatten die Teilnehmer die Gelegenheit die entsprechenden Resultate der Arbeitsgruppen nach Interesse bzw. Relevanz zu gewichten. Die Ergebnisse sind im folgenden Überblick kurz zusammengefasst.
Zusammenfassung der Ergebnisse Gesammelte Beispiele für den möglichen Mehrwert durch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen Aus unternehmerischer Sicht: -
Performance des Produktes Gesundheit, Sicherheit, Effizienz Rohstoffsicherheit Materialeigenschaften Material-/Energieeffizienz Ästhetik Leichtigkeit Langlebigkeit
Aus gesellschaftlicher Sicht: -
Bequemlichkeit (Erreichbarkeit, Preis) Stärkung der Region, Wirtschaftlichkeit Nicht-Besitz (Besitz belastet) Kurzfristig: Kostenersparnis Langfristig: Bewahrung der Lebensgrundlage Keine Belehrung, Spass, und Erleben des Mehrwerts Transparenz > Wissensdrang stillen Gemeinschaft, Begegnung Gesundheit (z.B. vegane / vegetarische Ernährung) Wohlbefinden
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Mehrwert und Verhaltensänderungen Praktisch könnten Unternehmen nachhaltigeres Verhalten von Konsumenten durch eine bessere Übersichtlichkeit des Angebots von nachhaltigeren Produkten und Dienstleistungen unterstützen. Dies beinhalte auch die Sharing Economy als Geschäftsmodell zu verstehen, eine Verbesserung von Reparatur, Rücknahme sowie zudem den Ausschluss von geplanter Obsoleszenz. Transparenz unternehmerischen Handelns müsse eine Selbstverständlichkeit sein, soziale Medien könnten hier einen Beitrag leisten. Unter den vielen als relevant betrachteten wissenschaftlichen Forschungsfragen wurden v.a. die Frage „Wie wollen wir leben?“ – inkl. Fragen im Hinblick auf die Unterstützung nichtkapitalistischer Unternehmensformen – sowie die Definition des Mehrwertkonzepts in Bezug auf nachhaltige Entwicklung hervorgehoben. Weitere Fragen von besonderem Interesse betrafen das Potenzial des Mehrwerts zu individuellen Verhaltensänderungen beizutragen, die Relevanz des Mehrwerts für unterschiedliche Gesellschaftsgruppen, sowie die Frage nach passenden Governance-Strukturen zur Schaffung einer nachhaltigen Gesellschaft durch und mit Verhaltensänderungen. Die Politik sei insbesondere gefragt bei der Vernetzung von Multiplikatoren und Impulsgebern für die Vertretung des Mehrwerts und bei der Kommunikation und Förderung von nachhaltigen (kapitalunabhängigen) Lebensweisen. Mehrwert und Messbarkeit Einleitend wurden in der Arbeitsgruppe Aspekte wie Internalisierung externer Kosten, durch Transparenz erzielte Glaubwürdigkeit sowie die Verknüpfung von Nachhaltigkeit in verschiedenen Lebensphasen eines Produkts zu einer Gesamtbetrachtung besprochen. Zum Thema Messbarkeit wurden Fragen diskutiert nach der Einheit sowie der Skalierung des Mehrwerts, der Qualität von Informationen und Daten, sowie den möglichen Grenzen der Messbarkeit des Mehrwerts. Mut zur ehrlichen Kommunikation sei in der Unternehmenspraxis von besonderer Bedeutung. Dazu zählten transparente Informationen über Leistung (Performance) sowie Zielen von Unternehmen. Kooperation entlang der Wertschöpfungskette wurde in diesem Zusammenhang als Schlüsselmaßnahme genannt. Bedarf zur wissenschaftlichen Aufbereitung wurde vornehmlich zur Schaffung der notwendigen Datenbasis (z.B. in Form von Erstellung von Mehrwert-Tabellen) als Legitimation von Mehrwert-Kommunikationen gesehen. Ferner wurde u.a. die Frage aufgeworfen, welche Rolle MitarbeiterInnen als Change Agents spielen. Potential zur Unterstützung durch die Politik wurde in der Setzung von Standards (z.B. Mindestlöhnen) und eines Rahmens gesehen, um ein „Level Playing Field“ für Akteure im Bereich der Messung des Mehrwerts durch Nachhaltigkeit zu schaffen. Ferner wurde die Unterstützung von und Einbindung in eine entsprechende Multi-Stakeholder-Initiative angeregt.
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Mehrwert und Innovationen Eine einheitliche Definition von „mehrwertschaffenden Innovationen“ bzw. Mehrwert mit Hinblick auf Zielgruppe, Reichweite und Unterschieden zu üblichen Innovationen wurde für weiterführende Diskussionen als zielführend erachtet. Eine Basis dafür könnte auch das Hinterlegen des Mehrwerts mit Kriterien sein. Große Chancen werden in der verstärkten Einbindung von Konsumenten nicht nur als Abnehmer sondern als Mitgestalter für innovative, nachhaltigere Produkte und Dienstleistungen gesehen, um so Angebot und Nachfrage besser zu vernetzen und Innovationssprünge zu erreichen. Eine Öffnung Richtung Mehrwert könne auch über eine Vernetzung von Unternehmen vorangebracht werden. Mit Hinblick auf wissenschaftliche Forschungsfragen wurde angeregt, Innovationen im System- und kulturellen Kontext zu betrachten und begleitende Evaluationen mit Darstellung von Best Practice Beispielen anzustoßen. Zudem waren die Diskutanten sich einig, dass noch mehr Verbraucherforschung auf dem Gebiet des Mehrwerts in NRW notwendig sei. Mehrwert erfordere zudem neue Qualifikationen im Sinne von Green Skills von Unternehmen und Verbrauchern gleichermaßen. Die Rolle der Politik wurde vordergründig in der Entwicklung der gesellschaftlichen Vision und eines gesamtgesellschaftlichen Leitrahmens gesehen.
Mehrwert und Kommunikation Für die Kommunikation des Mehrwerts bedarf es v.a. Raum für Austausch mit der jeweiligen Zielgruppe – sowohl extern (Lieferant, Kunde oder Endverbraucher) als auch intern (Kollegen oder Mitarbeiter). Wichtige genannte Größen in diesem Zusammenhang waren Erlebbarkeit, Inszenierung und Transparenz sowie Image und Reputation; zu vermeiden seien hingegen der „erhobene Zeigefinger“ ebenso wie Greenwashing. Grundsätzlich müsse die jeweilige Zielgruppe berücksichtigt werden. Dazu sei eine breite Palette von Kommunikationsmaßnahmen und –kanälen zu nutzen. Der persönliche Austausch wurde als besonders zentrale Maßnahme hervorgehoben, um insbesondere den Mehrwert nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen vermitteln zu können. Vielversprechende Ansätze für diesen Austausch auf Unternehmensebene wurden in Aktionswochen und Kooperationen innerhalb der Lieferkette gesehen, die durch bestehende Strukturen aber ggfs. auch durch neue Netzwerke gestützt werden könnten. Vorschläge für Forschungsfragen mit Kommunikationsrelevanz beinhalteten Untersuchung der Beziehungen zwischen Gesellschaft und natürlicher Umwelt Gesamtheit nebst der entsprechenden Entwicklungsdynamiken (Systemwissen) sowie Evaluation zur Gewährleistung, dass das entwickelte Wissen auch außerhalb Wissenschaft wirksam sei.
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Als Handlungsempfehlung für die Politik wurde vor allem angeregt, Bildung (inkl. Berufsausbildung) noch besser auf Nachhaltigkeit auszurichten sowie sich für gemeinsame Projekte mit dem Mittelstand einzusetzen, um diesen bei seinen Kommunikationsleistungen unterstützen zu können.
Nächste Schritte Die detaillierten Ergebnisse werden in den kommenden Wochen noch genauer ausgewertet, Gemeinsamkeiten herausgearbeitet und anschließend an die im Prozess „Fortschritt gestalten“ beteiligten NRW-Wirtschafts- und Wissenschaftsministerien als Zwischenresultat übergeben. Das CSCP wird weiterhin geeignete Maßnahmen prüfen, um mit den Teilnehmern der Arbeitsgruppe „Zukunft des Dialogs von Unternehmen und Gesellschaft“ das Mehrwert-Thema weiter voranzutragen. Eine erste Gelegenheit dafür bietet sich im kommenden Fortschrittskongress, der am 17. September 2014 in Düsseldorf stattfinden wird.
Hintergrund zum Prozess Am 2. Dezember 2013 hat eine Auftaktkonferenz des Wirtschafts- und des Wissenschaftsministeriums NRW zum Thema „Fortschritt gestalten“ stattgefunden. Dies war der Beginn eines bis zum Jahr 2017 dauernden offenen Dialogprozesses, der in vier Themenbereichen handlungsleitende Prinzipien und zentrale Aktionsfelder zu der Frage entwickeln soll, in welcher Welt wir künftig leben wollen. Einer der Themenbereiche ist die „Zukunft des Dialogs von Unternehmen und Gesellschaft". Dieser Bereich wird vom CSCP organsiert und moderiert.
Die Arbeitsgruppe wird vom Wirtschaftsministerium betreut.
NRW
Kontakt Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP) gGmbh Nora Brüggemann Projektleiterin mail:
[email protected] Tel.: +49 202 45 95 8 – 25
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Anhang: Abschrift der Stellwände mit den Handlungsempfehlungen Mehrwert und Verhaltensänderungen Mögliche operative Maßnahmen in der Unternehmenspraxis Transparenz als Selbstverständlichkeit > neue Medien
Anzahl Punkte
Vereinfachung des Angebots
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Reparatur Rücknahme, Ausschluss geplanter Obsolezenz
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Sharing Economy als Geschäftsmodell
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Produktentwicklung – Wertschöpfungskette im Blick Nutzerintegration – Living Labs
Einigung auf höhere ökologische und soziale Standards
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Konkrete wissenschaftliche Forschungsfragen Wie wollen wir leben? Zwischen Anforderung Nachhaltigkeit und ???. Finanzielle Möglichkeiten Wie ist Konzept des Mehrwerts definiert in Bezug auf nachhaltige Entwicklung? Wie komme ich zu Verhaltensänderun gen über Mehrwert?
Anzahl Punkte
Welche governance Strukturen notwendig um nachhaltige Gesellschaft zu schaffen in Bezug auf Verhaltensänderun gen? Sharing Economy ok. Welche Mehrwerte sind wie relevant in unterschiedlichen Gesellschaftsgrupp en? Und welche Potenziale bietet das für die Entwicklung von nachhaltigen ProduktDienstleistungsSystemen? Was sind die Mehrwerte einer nachhaltigen gesamtgesellschaftl ichen Entwicklung?
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Gewinnwachstum in Frage stellen
(Wie) Kann man Zufriedenheit lernen?
Nachhaltige Verpackungen
Welche Unternehmensform schafft Mehrwert?
Handlungsempfeh lungen für die Politik Multiplikatoren = Impulsgeber für Mehrwert vernetzen
Anzahl Punkte
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CSR-Praktiken in Start-ups forcieren
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Nachhaltige (Kapitalunabhängig ) Lebensweise kommunizieren, fördern Nicht-kapitalistische Unternehmensform fördern
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Dachlabel fördern Vereinheitlichung der Label auf hohem Standard Klarheit über Konzept des Mehrwerts schaffen über Vernetzung, Forschung, Definition Forschung für Mehrwert & Verhaltensänderun gen stärken bei Konsument und Produzenten Verbraucher in Unternehmensproz ess einbeziehen > Verantwortungsübe rnahme Förderung an Nachhaltigkeitskrite rien binden: - start-ups
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Unternehm en Verhalten Entwickeln, fördern, kommunizieren Möglichkeit schaffen Unternehmen / Start-ups fördern, die nachhaltige Produkte und Dienstleistungen anbieten Bildung
Dienstleistungen anbieten statt Produkte Öffnungszeiten = Erreichbarkeit
Mehrwert nicht ökonomisch betrachten Zufriedenheit lehren Konzept des Mehrwerts in Nachhaltigkeitsfors chung aufnehmen NsB-Plattform initiieren
Mehrwert und Messbarkeit Mögliche operative Maßnahmen in der Unternehmenspraxis Transparente Infos über Performance und Ziele
Anzahl Punkte
Mut zur ehrlichen Kommunikation Value-Chain Kooperation
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Integraler Bestandteil der Unternehmensphilosophie / -führung Sozialpartnerschaft (z.B. IndustrieAll)
Mitarbeiter
Kontrolle CSR-Linien global
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Konkrete wissenschaftliche Forschungsfragen MitarbeiterInnen = Change Agents?
Anzahl Punkte
Legitimation, Datenbasis Mehrwert Tabellen erstellen Fundierte Information
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Diskurs, Prozess, Mehrwert Technische und methodische Zusammenarbeit Modelle für Integration verschiedener Kriterien, Material- / Ressourceneffizien z, soziale Aspekte, ... Diskurse begleiten
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Handlungsempfeh lungen für die Politik Standards setzen (Bsp. Mindestlohn, Tariftreue, u.V.G.) Rahmen setzen, Level Playing Field MultistakeholderInitiative Austausch zwischen Land, Bund und EU Informationspflichte n Rechtliche Standards einhalten Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften, NGOs, etc. zusammenbringen
Anzahl Punkte 3 2 1
Kooperation, Moderation, Transparenz, Kommunikation Diskurse initiieren
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Mehrwert und Innovation Mögliche operative Maßnahmen in der Unternehmenspraxis Konsument nicht nur als Abnehmer sondern Mitgestalter
Anzahl Punkte
Unternehmensvernetzung, Mehrwertschaffung über Unternehmen hinweg
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Konkrete wissenschaftliche Forschungsfragen Begleitende Evaluation (Best Practices)
Anzahl Punkte
Innovation im Systemkontext und kulturellen Kontext Verbraucherforschu ng im NRW Kriterien für Mehrwert
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Green Skills
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Konkrete wissenschaftliche Forschungsfragen Klärung der Ziele nachhaltiger Entwicklung, empirische Betrachtung der unterschiedlichen Bewertungen und Beitrag zu seiner Weiterentwicklung Welche Entwicklungsdynam iken bestehen zwischen Gesellschaft und der Umwelt als Gesamtheit? Wie kann nachhaltige Entwicklung durch gesellschaftliches Handeln verwirklicht werden?
Anzahl Punkte
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Handlungsempfeh lungen für die Politik Entwicklung der gesellschaftlichen Vision; den gesamtgesellschaftl ichen Leitrahmen setzen Green Skills
Anzahl Punkte
Förderungen für Innovationssprünge Reflektion zu Weiterentwicklung der Innovationen Unterschiedliche Rollen der Politik Impulsgeber, Begleiter, Regulierer, Brückenbauer
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Handlungsempfeh lungen für die Politik Austauschforen anbieten Projekte mit dem Mittelstand Politik als Vorbild zum Vorleben und Transparenz Berufsausbildung entsprechend ausrichten Bildung noch weiter auf Nachhaltigkeit ausrichten
Anzahl Punkte
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Mehrwert und Kommunikation Mögliche operative Maßnahmen in der Unternehmenspraxis Persönlicher Austausch
Anzahl Punkte 1
Tranfer von good practices in die Breite Palette an Kommunkationskanälen Vorgeben von Branchenlösungen Kooperation in der Lieferkette Verbände zur Bündelung der Kommunikation Aktionswochen IHK, z.B. CSR-Frühstücke Wirtschaftsjunioren, gemeinsame Projekte, z.B. Wertschöpfungsketten bezogen
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